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Leben mit Liebe - aber wie?

NEU - vollkommen überarbeitet!
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Es war kalt an diesem Tag. Natürlich, es war Winter aber trotzdem wusste ich: Heute passierte etwas Besonderes. Ich grub meine Hände noch tiefer in die Manteltasche. Der eisige Wind drang sogar durch meine Kleidung. Zumindest fühlte es sich so an, denn jeder kleine Windstoß lies mich schaudern. Endlich war ich da. Die neue Schule. „Was wird bloß auf mich zu kommen“, dachte ich, während ich das große, weiße Gebäude anstarrte. Insgeheim hasste ich meine Mutter für diesen Umzug. Immer wieder wurde sie versetzt, suchte das Abenteuer und wollte die Welt sehen. Was ich, ihre Tochter, dabei dachte, war ihr egal. Sie war ei egoistischer Mensch, das war mir schon klar gewesen, als mein sie sich von meinem Vater scheiden ließ und ich nicht zu ihm gehen durfte. Sie dachte nur an sich, ihren Ruf und die Dinge, die ihr wichtig waren. Nur zu dumm, das ich nicht zu den wichtigen Dingen zähle. Am liebsten hätte ich auf die Schule gespuckt aber jetzt konnte ich auch nichts mehr ändern. Wie sollte ich auch?
 

Langsam machte ich mich auf den Weg zur Direktion. Es war schon Still in den Gängen. Der Unterricht konnte doch nicht schon begonnen haben, oder etwa doch?
 

"Sara? Bist du Sara?", fragte eine Stimme hinter mir. Langsam drehte ich mich um. Wozu auch die Eile? Man sollte mir ruhig ansehen, dass mich dieser ganze Ort nicht interessierte. Das mich die Leute an diesem Ort nicht interessierten und das ich auch nicht versuchen wollte mich zu integrieren. Es war unnötig, in spätestens sechs Monaten war ich wieder an einer neuen Schule. Endlich riss ich mich aus meinen Gedanken, als ich in das Gesicht einer jungen Frau blickte. Ich erinnerte mich daran, dass das die Direktorin der Schule war. Ihren Namen hatte ich mir nicht gemerkt, dafür hatte ich schon zu viele Direktorinnen und Direktoren kennengelernt. Erst nach einigen Sekunden bemerkte ich, dass ein Junge neben ihr stand. Er musste in meinem Alter sein.
 

"Ich bin Sara, das ist mein erster Schultag.“, sagte ich, als mein Blick wieder auf die Direktorin gerichtet war. Man musste höflich sein, sonst überlebte man die ersten drei Tage an einer neuen Schule nicht. Freundlich verneigte ich mich, allerdings nicht zu tief. Das ließ mein Stolz nicht zu.
 

"Ich habe dich erwartet. Das hier ist Noy. Er ist in deiner Klasse und wird dir alles zeigen. Wenn du Hilfe brauchst, wende dich an ihn."
 

„Eine Frechheit! Ich benötige von niemandem Hilfe!“, dachte ich und drehte mich zu meinem neuen ‚Helfer und Klassenkameraden’. In jeder Schule war es das Selbe, man bekam einen Wachhund der einem alles zeigte. So viel konnten die Lehrer dieser Schule doch nicht zu tun haben, oder etwa doch? Vielleicht war es auch besser, dass Schüler diese Einführung übernahmen. Die Warnung vor unangenehmen Lehrern war oft hilfreich.
 

Mir war wohl entgangen, dass ich Noy anstarrte. Der Junge lächelte mich schon die ganze Zeit an.
 

"Komm, wir müssen in den Unterricht.", sagte er, als sich mein Blick wieder bewusst auf die Welt richtete.
 

Ich schob meine Brille auf ihren Platz zurück und folgte Noy. Er schien nicht sehr interessiert daran zu sein, mir auch nur irgendetwas zu erklären. Aber das war auch gar nicht nötig. Jeder Raum war beschriftet und die Schule war auch nicht so groß, dass man sich hätte verlaufen können. Ich hatte bereits einen kleinen Plan im Kopf, von den Dingen die ich bisher gesehen hatte.

Letztendlich kamen wir zu der Klasse, die meine werden sollte. Im ersten Moment war ich verwundert, da die Klasse sehr leer wirkte. Doch dann erinnerte ich mich daran, dass wir nur in einem kleinen Ort waren. Das hier waren nicht Tokyo und nicht Osaka.

Wie lange ich brauchte, um den winzigen Lehrer zu bemerken weiß ich gar nicht. Erst als er mich bat, mich vorzustellen, erkannte ich die Person vor mir als Lehrer.
 

„So ein Spinner“, war mein erster Gedanke. Doch auch diese Prozedur hatte ich schon oft hinter mir. Ich wusste, was diese Menschen wissen wollten.
 

"Mein Name ist Sara, ich komme aus Tokyo und bin sechzehn Jahre alt. Ich habe keinen Vater und keine Geschwister. Meine Mutter und ich sind aus geschäftlichen Gründen hier. Schön, euch kennenzulernen. Allerdings bezweifle ich, dass diese Bekanntschaft lange dauern wird."
 

Ich verneigte mich vor der Klasse, die es anscheinend nicht ganz glauben konnte, verneigte mich vor dem Lehrer der zufrieden vor sich hingrinste und ging zu einem leeren Platz. Da saßen sie nun, sahen mir nach und konnten nicht glauben, dass eine so unhöfliche ‚Großstadtzicke’ in ihr Dörfchen gefunden hatte.

Und ich genoss dieses Gefühl. Es war eine Genugtuung zu zeigen, wie wenige mich das hier alles Interessierte.
 

Da es mein erster Tag an dieser Schule war, hatte ich noch immer meine Wintersachen an. Der Lehrer begann bereits mit dem Unterricht, während ich mich meiner Kleider entledigte. Was ich bisher gehört hatte war nicht so miserabel wie ich es mir erwartet hätte. Die Lehrer aus kleinen Dörfern waren also nicht die dummen Menschen, es waren nur die Schüler, die zu dumm waren um zu lernen…
 

Da, endlich war die Schule aus! Ich orientierte mich kurz und wusste auch sofort, wo ich hingehörte. Meine Mutter war so gnädig mir eine kleine Wohnung zu verschaffen. Für die paar Monate war das sicher kein Problem, Geld verdiente sie immerhin genug. Alles in allem fühlte ich mich hier doch ganz wohl. Doch das Gefühl, das heute Morgen so stark gewesen war, war noch immer da. Etwas stimmte nicht. Ich fühlte mich verfolgt. Und tatsächlich hörte ich Schritte hinter mir. Sicherheitshalber bog ich in eine Seitengasse ein um mich zu vergewissern, dass mich wirklich jemand verfolgte. Ich hatte keine Angst, immerhin war es in Tokyo viel gefährlicher. Und dort war ich bis spät in die Nacht unterwegs! In diesem Moment war ich einfach nur unsicher. Ich kannte dieses Dort noch nicht, woher sollte ich wissen welche Gruselgeschichten hier umgingen?

Einige Sekunden stand ich alleine in der Seitengasse bis tatsächlich jemand einbog. Ich kannte diese Person.
 

Heute Morgen war er vor der Schule gestanden und hatte mich beobachtet. Ich nahm solche Dinge nicht sonderlich ernst, vor allem weil er nicht bedrohlich gewirkt hatte. Das war jetzt allerdings anders, denn er war nicht alleine. Einen Augenschlag später war ich umzingelt. Ein ungutes Gefühl stieg in mir hoch, selbst wenn ich nicht so wehrlos war, wie ich aussah. Ich mochte es nicht, wenn mich jemand bedrohte und erst recht nicht, wenn es so unfair war wie in diesem Moment. Ich überlegte, wie ich ohne schmerzen aus dieser Lage entkommen konnte, als sich jemand einmischte.
 

"Hey! Was mach ihr da!?"
 

Es war dieser Junge, der mir in der Schule helfen sollte. Noy. Wieso mischte er sich in meine Angelegenheiten? Niemand hatte ihm gesagt mir auch außerhalb der Schule zu helfen.
 

"Lass mich in Ruhe", fauchte ich Noy an. Er hatte nicht das Recht sich einzumischen. Selbst wenn ich insgeheim Dankbar war, dass er hier war…

Es war diese verfluchte Schuluniform. Sie ließ mich wehrlos wirken. Ein schwarzer, schlichter Mantel, der über einen kurzen blauen Rock geworfen war und eine weiße Bluse, die unter einer Weste lag, die die gleiche Farbe hatte wie der Rock. Es war sowieso unsinnig einen Rock als Schuluniform zu wählen, wenn man in einem kleinen Bergdorf wohnte. Aber es stand mir nicht zu, diese Regeln in frage zu stellen. Bis zum Sommer war ich wieder verschwunden, so lange musste ich eben frieren.
 

Angesichts meines Mutes und meiner Reaktion auf Noy stutzte die Gruppe, die mich umzingelt hatte, bis sie sich beschlossen hatten meinen Klassenkameraden zu ignorieren.

Ich machte mich darauf gefasst heute mehr als nur einen kleinen Bruch davonzutragen, als Noy aufschrie und sich auf einen der jungen Männer stürzte. Ich hieß diese Ablenkung willkommen und versuchte mein Glück bei dem, der mir noch am schmächtigsten aussah.

Eine rasante Schlägerei brach aus, bis ein Passant letztendlich die Jungs vertrieb, indem er schreiend mit dicken Schneekugeln auf die Bande schoss.

Ich betrachtete meine Schürfwunden und versuchte das Gefühl in den Beinen nicht zu verlieren. Ich konnte gar nicht glauben, dass ich bereits an meinem ersten Tag angegriffen wurde. Ich kannte diese Horde gar nicht! Erst jetzt bemerkte ich, dass Noy nicht sofort losplapperte. Wo war er überhaupt?

Ich blickte mich suchend um und entdeckte ihn letztendlich am Boden. Ich hörte ihn vor Schmerzen stöhnen und entdeckte, dass seine Nase blutete.
 

"Wieso tut der Dummkopf das?!", fragte ich mich im Stillen. Was sollte ich nun mit diesem Tölpel anfangen? Nachdem er mir geholfen hatte konnte ich ihn unmöglich hier liegen lassen. Kurzerhand half ich Noy beim Aufstehen und murmelte „Nachhause“.
 

Schon stand ich in meiner Wohnung. Behutsam legte ich Noy auf mein Bett, er hatte inzwischen das Bewusstsein verloren. Männer waren eben doch kleine Schwächlinge.

Da lag er also, in meiner kleinen Wohnung und schlief. Meine Augen glitten über sein verletztes Gesicht. Er hatte mich zwar den ganzen Tag lang begleitet, aber angesehen hatte ich Noy noch nicht

Er hatte schöne Gesichtszüge und unter der Schuluniform hatte er anscheinend einen guten Körper. Meine Hand glitt kurz über seinen Oberkörper. Sollte er aufwachen würde ich sagen, ich wollte sehen ob er sich verletzt hatte. Ich war verwundert über den passablen Körperbau, den Noy versteckte. Deshalb war er also so mutig an meine Seite gesprungen.
 

Ich entledigte mich meines Mantels und verstaute die Schulsachen unter meinem Schreibtisch. Bis morgen früh würden sie dort liegen bleiben. Ich wollte mich nicht mehr bewegen. Nicht nach dieser Aktion, nach diesem Vorfall. Ich konnte mir inzwischen vorstellen, wer mich überfallen hatte. Nicht etwa Menschen. Es waren Monster. Es war ein Wunder, dass sie Noy nicht stärker verletzt hatten oder ihn gar getötet hatten. Die Kreaturen des Bösen…

Ich wurde von ihnen verfolgt. Ich wusste nicht warum, aber ich konnte mich sehr gut gegen sie wehren. Zumindest entdeckte ich, dass es Dinge gab, die ich besser konnte als andere. Das es Dinge gab, die ich schnell lernte um mich zu wehren.

Langsam bewegte sich Noy. Sofort war ich wieder an seiner Seite und griff nach seiner Hand.
 

"Psst,... Beweg dich nicht! Du musst dich ausruhen.", sagte ich leise.
 

"Wie kommst du überhaupt dazu mir zu helfen? Und warum bist du hinter mir hergegangen?" fragte ich Noy direkt heraus. Wenn er erwartete, dass ich ihm dankte, dann hatte er sich geschnitten. Er hätte lieber verschwinden sollen.

"Naja, ich habe bemerkt, dass wir nebeneinander wohnen. In den Unterlagen die die Direktorin von dir kontrolliert hat habe ich deine Adresse gesehen.“ Noy deutete aus dem Fenster. "Das dort ist mein Zimmerfenster."

Noys Stimme klang schön. Warum bemerkte ich das gerade jetzt? Ich ließ seine Hand los und stand auf. Mir waren meine eigenen Gedanken peinlich. Schnell musste ich eine Ablenkung finden. Natürlich, er brauchte Tee. Ich stellte mich in die Küche, setzte Wasser auf und suchte nach dem Tee, den meine Mutter mir gekauft hatte.
 

"Warum hast du dich in meine Angelegenheiten eingemischt!?", fragte ich in scharfen Ton. Ich war es gewohnt niemanden zu vertrauen. Wie auch, wenn man permanent von menschlichen Bestien verfolgt wurde? Außerdem wollte ich meine positiven Gedanken über ihn verdrängen.

Noy wusste allerdings nicht, was er falsch gemacht hatte. Er setzte sich verwirrt auf und griff sich an die schmerzende Nase.
 

"Es...es tut mir leid wenn etwas falsch gemacht habe nur... Ich kann dich nicht einschätzen. Ich kenne dich erst ein paar Stunden und du siehst nicht gerade sehr, wie soll ich sagen, stark aus. Du bist ein Mädchen, ich habe mir eben Sorgen gemacht. Also wenn du mich nun entschuldigst, ich muss gehen."
 

Je länger er gesprochen hatte, umso lauter war er geworden. Noy konnte also auch böse sein. Er jetzt wurde mir klar, was für einen Fehler ich gemacht hatte. Es wollte endlich jemand mit mir reden und mir helfen, und ich war so eine Zicke.

"Warte, es tut mir leid!", rief ich und rannte meinem kleinen, unbeholfenen Retter hinterher. Er war bereits bei der Türe und drehte sich genervt um. Ich blickte ihm in seine tiefblauen Augen. Sie passten gut zu seinen schwarzen Haaren.
 

"Ich kann dir leider vieles nicht erklären aber, ich möchte doch, dass du mir verzeihst. Ich bin nun mal so, wie ich bin. Akzeptier es oder nicht.“, sagte ich. Warum tat ich das? Mir wurde bewusst, wie dumm das aussehen musste, sodass meine Wut wieder stieg. Sollte er doch gehen. Natürlich, es ging mich sowieso nichts an. Ich blieb doch höchstens sechs Monate in diesem Dorf. Mit einer eleganten Handbewegung öffnete ich die Tür.
 

„Und nun entschuldige. Ich habe noch zu tun." Natürlich hatte ich nichts mehr zu tun aber ich wollte alleine sein. Noy ließ sich nicht lange bitten und ging hinaus. Der Ausdruck in seinen Augen gefiel mir allerdings nicht so gut…
 

Inzwischen konnte ich mir nichts mehr erklären. Meine Mutter sah ich fast nie und wenn doch, dann sprachen wir nicht oder nur sehr wenig miteinander. Das Böse verfolgte mich noch immer, das spürte ich, aber angegriffen hatten sie mich seit der Geschichte mit Noy nicht mehr. Selbst dieses Gefühl war noch immer da.

Dieses "es passiert etwas, weil du in diesem Dorf bist."

Langsam dachte ich, meine Gedanken spielten verrückt. Ich musse mich wieder auf den Weg machen, die Schule würde gleich beginnen. Auf der Straße traf ich Noy. Er war immer lieb zu mir. Noy, der etwas ganz besonderes war. Sogar meinen ungenießbaren Stolz hielt er aus. Wie er das schaffte frage ich mich,… Und er sah mich immer anm also ob er in mich-
 

"Was hast du Sara?", fragte mich Noy unsicher. Was war mit mir passiert? Ich lag auf dem Boden. Mein eigener Schrei hallte unwirklich in meinen Ohren. Ich wusste es nicht. Ich hatte so ein Gefühl in mir. Langsam richtete ich mich wieder auf.

"Es... es geht schon wieder. Nur ein kleiner Anfall."
 

Ich wusste, dass Noy mir nicht geglaubt hatte. Warum sollte er auch denken, dass mit mir alles in Ordnung war, wenn ich plötzlich auf der Straße zusammenbrach? Etwas, das Noy auch an mir akzeptierte. Meine seltsame Art und Anfälle, die keinen Grund hatten. Ich wusste Dinge und Gefühle von Menschen, obwohl sie mir nie etwas gesagt hatten. Natürlich war ich froh über diese – man könnte sagen Gabe – doch selbst mir war es manchmal unheimlich. Was sollte dann erst Noy darüber denken?

Noy betrachtete mich immer wieder unsicher von der Seite. Langsam ging mir das auf die Nerven. "Noy... Warum siehst du mich so an..."
 

Natürlich wusste ich, dass er sich Sorgen machte. Aber dieses andere Gefühl in seinen Augen konnte ich

nicht beschreiben.
 

"Sara ich muss dir was sagen..." Mit einem Ruck blieb Noy stehen und hielt mich am Arm fest. Ich wollte ihn nicht ansehen. Ich wüsste sonst, was er mir gleich sagen wollte. Ich wusste es jetzt schon. Es tat mir Weh. Es tat unheimlich weh. Warum schmerzte die Stelle, an der mich Noy berührte? Ich wollte, dass er aufhörte. Die Schmerzen wurden unerträglich und ich riss mich von ihm los. Doch Noy sprach weiter, als würde es um sein Leben gehen.
 

"Ich mag dich sehr, sehr gerne. Ich könnte es sogar schon Liebe nennen."
 

Die Schmerzen wurden unerträglich. Abermals brach ich zusammen. Mein Herz verkrampfte sich, als würde es explodieren wollen. Die Hand, die Noy auf meinen Rücken gelegt hatte um mich zu beruhigen verursachte ein Gefühl der Taubheit. Dieses Geständnis, die Tatsache, dass Noy mich liebte tat weh. Ich mochte Noy genauso gerne. Aber diese Schmerzen ließen mich alles vergessen. Ich wollte das alles nicht hören und ihn nicht spüren oder sehen müssen. Meine Hand machte sich selbstständig und schlug die seine Weg.
 

Und da war noch etwas. Das Böse war wieder da. Ich konnte nichts dagegen tun. Noch immer verkrampfte sich mein Herz, meine Beine wollten nicht hören. Ich wollte Noy sagen, dass er davonlaufen sollte. Doch sogar meine Zunge schien vor Schmerzen gelähmt zu sein. So konnte ich nichts tun, als hilflos zusehen wie Noy sich schützend über mich beugte, um mich vor einem seltsamen hellen Licht zu schützen.
 

Ich erwachte. Wo war ich nur? Ich fühlte nur einen eisigen Schauer über meinen Rücken laufen. Das Erlebte war so schlimm gewesen. Die Schmerzen waren fort, aber die Erinnerung daran war noch da. Langsam schaute ich mich um. Ich war in einer Höhle. Der Boden war hart, das spürte ich. Als ich umherblickte entdeckte ich Noy. Er lag auf dem Boden und rührte sich nicht. Was ich sah, wunderte mich jedoch. Er hatte Flügel. Verzweiflung machte sich in mir breit. Was ging hier vor? War Noy wegen mir so? War Noy etwa tot? Was war passiert?
 

"Noy!", schrie ich und wollte zu ihm stürzten, um zu sehen, ob er noch lebte. Kaum hatte ich einen Schritt getan knickte ich zusammen. Die Schmerzen waren wieder da. Ich hielte die Hand an meine Brust und krabbelte zu meinem treuen Freund.
 

"Noy, bitte,..... wach auf und sieh mich an!", sagte ich verzweifelt, während ich seine Hand berührte. Es war so, als würde Noy brennen. Erschrocken zog ich die Hand zurück. Aber endlich bewegte sich Noy. Ich keuchte vor Schmerzen und dennoch konnte ich nicht den Blick von ihm abwenden. Warum öffnete Noy nicht seine Augen?
 

Dann hörte ich ein leises Lachen. Als ich mich herumdrehte sah ich eine Gestalt, die sofort einen Namen in meinen Kopf drängte. Das musste das Böse sein. Er machte mir Angst…
 

Das Böse hatte lange, dunkelrote Haare. Was war er bloß? In mir begann es zu brodeln und es tat gut, die Schmerzen wurden schwächer und ich schaffte es mich langsam aufzurichten. Der Hass, den ich auf diesen Mann fühlte schien mich zu heilen.
 

"Na was sagst du nun, Lady Malicya? Ich dachte mir schon, dass du leicht zu bewältigen bist, da du immerhin bei den Menschen aufgewachsen bist..."
 

Ich erschauderte. Diese Stimme war unerträglich kalt, aber angenehm ruhig. Warum wollte mich dieser Mann reizen? Und warum tat es so gut ihn zu hassen? Es fühlte sich sogar besser an als Noy zu mögen. Woher kannte er mich überhaupt und was bedeutete dieser seltsame Name? Malicya? Am meisten hasste ich es, wenn man an meinen Kräften zweifelte.
 

"Ja, nur weiter Lady. Hasse mich, so wie du noch nie in deinem Leben gehasst hast. Vergiss die Liebe, du wurst dafür auch keine Schmerzen mehr leiden. Hasse mich, hasse mich und du bist mein!"

"Wer bist du? Woher weißt du das alles? Drück dich gefälligst klarer aus!", sagte ich um Zeit zu schinden. Ich brauchte einen Plan, eine Idee, irgendetwas Gutes.
 

"Ich bin Lord Angelo. Ich war einst ein angesehener Engel. Nun bin ich aber hier ein sehr berühmter Lord, um nicht zu sagen König." Schon wieder grinste er so kalt und siegessicher.
 

"Willst du zu Noy? Willst du ihm sagen, wie sehr du ihn liebst und wie gerne du in berührst? Oder hast du angst davor, wieder Schmerzen zu haben? Ich weiß, warum du leidest. Ich weiß, warum es so unerträglich ist, wenn er dich berührt. Du bist immerhin Lady Malicya, meine Frau. Du warst noch nie besonders treu. Du wolltest lieber zu den Menschen. Du wolltest am liebsten mit einem von ihnen zusammen sein – aus Liebe! Du Verräterin. Doch das wird dir nie mehr möglich sein. Du wirst nie mehr lieben können. Ich habe dich verflucht. Und es ist mir klar, dass du angefangen hast diesen Jungen zu lieben!"
 

Der Lord deutete auf Noy. Ich verstand nur die Hälfte der Dinge, die er erzählte. Mein Kopf entspannte sich, als würde ein Knoten darin gelöst werden. Warum sprach mich Lord Angelo immer mit diesem komischen Namen an? Was steckte hinter dieser Geschichte? Ich war doch keine Lady und ich hatte auch nie zuvor einen Engel gesehen… Konnte es möglich sein…?
 

"Deshalb konnte ich dich auch leicht finden und überwältigen. Jeder der liebt ist schwach. Und ich mache mir diese Schwäche zum Nutzen. Du leidest dank mir. Du leidest, weil du die Seele meiner geliebten Frau in dir trägst."
 

Das war es also. Ich war eine Wiedergeburt. Lord Angelo machte eine Handbewegung und schmetterte Noys bewusstlosen Körper gegen eine der harten Felswände.

Ich fühlte mich unwohl. Noy hatte sich für mich geopfert, weil er,... Er liebte mich. Genau wie ich ihn auch! Ich liebte Noy!

Der Lord merkte, welch’ Schmerzen ich ertrug.
 

"Du denkst, dass du Noy liebst? Glaub es nur, du wirst bald damit aufhören. Die Schmerzen werden dich leichter vergessen lassen. Bald kannst du wieder beruhigt in meinen Armen schlafen und mich hassen. Du wirst nie wieder lieben"
 

Und mit diesen Worten hatte Lord Angelo mir die Augen geöffnet. Mir wurde klar, dass alles besser war, als ohne Liebe zu Leben. Ich wollte mit Liebe – leben aber wie? Warum durfte ich nicht bei Noy sein und ihn umarmen, wie jedes andere Mädchen auch? Warum hatte sich diese verfluchte Seele gerade mich ausgesucht?
 

Mein Hass stieg ins unermessliche und ebenso schnell stieg meine Kraft. Ich wollte das nicht mehr, Noy sollte leben dürfen und der Lord sollte sich zum Teufel scheren.
 

"Das bringt dir nichts,... Du bist zu schwach geworden, weil du liebst...", sagte der Lord, wobei es vielmehr so klang, als wollte er sich selbst beruhigen.
 

Ich stürzte auf Lord Angelo zu. Geschickt drehte er sich weg, wich meinem Angriff aus wie einer Windstoß und attackierte Noy. Der Lord wusste was er tat.

Noy war das, was ich beschützen wollte und er griff ihn an! Der Lord formte etwas, das aussah wie eine Kugel und schleuderte es gegen Noy. Warum wusste ich nur, dass dieses Ding so gefährlich war?
 

Ich tat es. Ich warf mich über Noy, wollte ihn schützen und auf ihn aufpassen. Es tat nicht so weh, wie ich dachte. Die Kugel traf meinen Rücken und ich zuckte ur kurz zusammen. Es war vielmehr mein Herz, das mir schmerzen bereitet. Es pochte in der Brust, meine Haut zog sich zusammen, wo ich versucht hatte Noy schützend zu berühren. Da regte er sich. Ich lächelte.

Noy sah mich an. Es war Angst, die in seinen Augen lebte. Für eine Sekunde war es pure Freude und Liebe, bis er sah, wie ich vor Schmerzen zusammenzuckte. Sein Angsterfüllter, verliebter Blick machte mich fertig. Ich drückte die Handflächen gegen meine Augen um es nicht sehen zu müssen, doch ich fühlte es noch immer. Er liebte mich so sehr und ich musste ihn verlassen.
 

Meine Hände schmerzten, meine Augen tränten und was nicht durch die Kugel verletzt war, brannte durch die zärtlichen Berührungen von Noy. Er nahm mich in die Arme und wiegte mich hin und her, versuchte mich zu beruhigen und betrachtete das verbrannte Fleisch an Armen und Rücken. Es war schön aber zugleich unerträglich schmerzhaft. Ich weinte nur noch. Jede Träne war für mein verlorenes Leben ohne Liebe.

Ich weinte auch für Noy. Bald würde ich nichts mehr fühlen. Für mich war es gleich, ob ich starb oder lebte. Aber Noy musste leiden.

Und eine Träne galt dem Lord. Er tat mit leid. Er hatte sicher viel leiden müssen, wenn er versuchte anderen die Liebe zu verwehren. Vielleicht war die Seele in mir einst schrecklich zu ihm gewesen, aber selbst sie hatte nur aus Liebe gehandelt. Der Lord hätte es verstehen müssen…

Die Schmerzen wurden schwächer. Ich konnte mich inzwischen nicht mehr rühren und genoss das brennende Gefühl, das Noys Berührungen hinterließ.
 

"Noy,... Ich bitte dich. Werde nie so wie Lord Angelo. Du musst mir versprechen, dass du weiterhin liebst. Bitte Noy, vergiss mich nicht…"
 

Ich sah, dass Noy weinte. Es tat nicht mehr weh. Mein Herz tat nicht mehr weh. Ich wusste, es hatte aufgehört zu schlagen. Ich hob meine Hand, die so schwer war wie zehn Säcke voller Mehl und wischte meinem Freund eine Träne weg. Es tat nicht weh. Ich starb glücklich und zufrieden. Besser tot als voller Hass. Noy sollte nur glücklich weiter leben. Mein Herz zuckte ein letztes Mal zusammen, als ich heißer „Nachhause“ flüsterte, um Noy wieder in seine Welt zu bringen…
 

Ich weiß nun, dass ich dank Lord Angelo wusste, wer Freund und Feind war. Ich wusste dank ihm, dass mich meine Mutter nie so geliebt hatte wie ich es mir gewünscht hätte. Und ich wusste dank ihm auch, was wahre Liebe ist. Ich kann mir sicher sein, mit meinen zarten sechzehn Jahren die richtige Liebe gefunden zu haben. Wem wird dieses Glück schon gegönnt?

Und selbst wenn es meinen Tod bedeutet hat…

Ich warte nun hier, vor der Himmelstüre auf Noy und wache über ihn. So lange, bis er zu mir kommt…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2004-10-21T17:05:14+00:00 21.10.2004 19:05
Das ist eine traurige-und zugleich schöne Geschiochte. Mach weiter so^^ sie hat mir sehr gut gefallen*knuddel*

ashley13


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