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Seelenopfer

von

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Tote weinen nicht, sagt man

Stille zaghaft

doch sieh'

ist dies was du erträumtest?

Oder ist es nur falscher Glanz

stehst du hier in Zufriedenheit?
 

Yami blickte die regennasse Straße entlang, auf der sich Lichtstrahlen vereinzelt wie goldene Perlen reflektierten, als wolle selbst das Wetter ihm mitteilen, dass es Hoffnung gab und dass er es versuchen sollte - versuchen, sehenden Auges in seinen Tod zu gehen und Seto Kaiba mitzuteilen, dass er ihn liebte. Bei dem Gedanken krampfte sich sein Magen zusammen. Er fühlte sich so ängstlich wie kaum jemals zuvor. Was, wenn Seto ihn mit Verachtung strafen würde? Was, wenn seine wunderschönen blauen Augen bald mit Leidenschaft, allerdings mit leidenschaftlichem Hass, auf ihn herabsehen würden? Würde er dem standhalten können?

Allerdings bestand doch die winzige, ganz kleine Chance zumindest, dass Seto seine Gefühle vielleicht erwiderte? Okay, der Gedanke daran war albern. Für Yami sah diese Chance so verschwindend gering aus, dass sie nicht von Bedeutung war. Oder vielleicht doch. Vielleicht genügte es auch schon, wenn er erst Sicherheit hätte, dass Seto ihn wirklich hasste, wenn er die Wahrheit erfuhr. Wahrscheinlich würde Yami ohnehin bald tot sein und vor dem wenigstens dies noch tun können, seiner großen Liebe seine Gefühle gestehen…er musste es wagen, bevor er alles verlor.
 

So machte er sich entschlossenen Schrittes auf den Weg zu Kaibas Haus, das eigentlich eher die Bezeichnung Villa verdient hätte, während das Gefühl auf seinem Magen und die Wolke in seinem Kopf immer drückender wurden. Was wollte er eigentlich sagen, wenn er die Türklingel betätigte? Aus einem nichtigen Grund würde Kaiba ihn sicher nicht hinein lassen. Und ihn direkt an der Tür mit seinem eigentlichen Anliegen überfallen, ging schon mal gar nicht. Vielleicht die Aufforderung zu einem Duel-Monsters Spiel? Aber würde er sich darauf einlassen, so inoffiziell, ohne den Anlass eines Turniers? Gab es etwas, das er einsetzen könnte, etwas, das Kaiba reizen und ihn zum Mitmachen bewegen würde? Ja, vielleicht, wenn er…
 

Yami fand sich unversehens vor dem großen Tor des Kaiba-Anwesens wieder. Er hatte nur am Rande registriert, dass er schon so weit gekommen war, so tief war er in Gedanken versunken gewesen. Nun, er holte noch einmal tief Luft, er würde seinen Gedanken in die Tat umsetzen. Er klingelte und wartete auf Antwort, jedoch kam diese nicht von Kaiba persönlich, stattdessen konnte er einen seiner Angestellten davon überzeugen, ihn hineinzulassen.
 

Er trat durch das große Metall-Tor, welches mit seinen hübschen, silbernen Schnörkeln das Anwesen - neben der hohen, blickdichten Hecke - abgrenzte und auf einen mit dicken Steinen gepflasterten Pfad. Links und rechts erstreckte sich grüne Wiese und aus der Ferne drang das Plätschern eines Brunnens, der von hier aus aber nicht zu sehen war. Die Seiten des Hauses waren von dichten Büschen umgeben, so dass Besucher daran gehindert wurden, diese einzusehen.
 

Tief Luft holend, wandte sich Yami der Eingangstür zu, welche auch bereits vor seiner Nase aufgerissen wurde und ihm ein älterer Herr mit grauem Haar und Schnurbart entgegenstarrte.
 

“Sie wünschen, bitte?”
 

“Ich möchte zu Seto, äh, Seto Kaiba”, brachte Yami etwas ungeschickt hervor. “Bitte sagen Sie ihm, dass der andere Yugi mit ihm sprechen möchte und dass es wichtig ist.”
 

“Sehr wohl. Wenn Sie dann bitte hereinkommen und im Vorzimmer Platz nehmen wollen?” Yami folgte dem älteren Herrn im schwarzen Anzug und ließ sich auf einem bequemen weißen Ledersessel, in einem geräumigen, aber ziemlich steril aussehenden Zimmer, dem man anmerkte, dass es nur für Gäste gedacht war, nieder, während sich Setos Angestellter entfernte, um diesem Bescheid zu geben.
 

Yami seufzte wieder einmal - in letzter Zeit war er nur am Seufzen, wie er ärgerlich feststellte - und stützte sein Kinn auf seine Hand. Seit er an diesem verdammten Liebeskummer litt, kam es ihm so vor, als wäre sein Körper doppelt so schwer und seine Energie wie weggeblasen. Träge schleppte er sich durch jeden Tag. Im Moment jedoch war er unglaublich nervös und wäre am liebsten die Wand hoch gelaufen, trotz der Schwere in seinen Gliedern. Alles in ihm kribbelte und krampfte sich zusammen und er konnte absolut nichts gegen das Gefühl der Übelkeit tun, welches in ihm aufkommen wollte.
 

“Yami…”, stellte plötzlich eine wohlbekannte, angenehm klingende Stimme fest und ein Schaudern überlief seinen Körper. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Kaiba so schnell hier auftauchen würde, hatte schon fast mit einer Abfuhr oder einer absichtlich in die Länge gezogenen Wartezeit gerechnet. Er blickte auf, in die strahlend blauen Augen über ihm, die einen ungewöhnlichen Kontrast zu den mahagonifarbenen Haaren und der leicht gebräunten Haut bildeten. Ja, irgendwie hatte Kaiba in letzter Zeit mehr Farbe ins Gesicht bekommen und das stand ihm, wie Yami mit einem sehr feuchten Schlucken feststellen musste.
 

“Und, was willst du?”, erkundigte sich Kaiba schroff, ohne jedwede Anwandlung von Höflichkeit. Yami stand ruckartig auf, entschlossen, sein Vorhaben durchzuziehen, straffte die Schultern und zwang sich dazu, seinem Rivalen und mittlerweile heimlichen Liebe, fest in die Augen zu sehen.
 

“Ich möchte dich zu einem Duell herausfordern!”, erklärte er und erkannte ein Funkeln in Kaibas Augen, welches auf ihn überspringen wollte - oder bildete er sich das nur ein? Ja, es war ihm, als suchten dessen Augen bis in sein Innerstes zu dringen, ihn regelrecht zu sondieren. Yami wurde schlecht - auf seltsam angenehme und willkommene Weise.
 

“Ein Duell”, wiederholte Kaiba und schnaubte, so, als habe er etwas anderes erwartet, fuhr sich durch die braunen Haare, auf eine Weise, die Yami äußerst verführerisch erschien und das Kribbeln in seinem Bauch verstärkte.
 

“Ja, ich biete dir eine Wette an. Wir duellieren uns wie immer, aber diesmal setzen wir etwas ein, das wir uns vom anderen wünschen. Der Verlierer muss den Wunsch des Gewinners erfüllen.” Kaibas Augen funkelten. Mit einem Mal schien er wieder Interesse an Yamis Worten zu haben. Es war, als wisse er bereits ganz genau, was er von ihm wollte und als wäre dies die Gelegenheit, es zu bekommen. Seine Lippen umspielte ein schmales, eigentümliches Grinsen, welches Yami eine Gänsehaut bereitete.
 

“Gut, einverstanden”, erklärte er knapp. “Folge mir!”, mit diesen Worten wandte er sich um, führte den Pharao hinunter, in die Tiefen seines Hauses, zwei Stockwerke unter die Erde. Dort verbarg sich eine riesige Duell-Arena, in der sich das Spiel problemlos projizieren ließ. Eines musste man Kaiba lassen, er fackelte nicht lange. “Und?”, verschränkte er die Arme vor der Brust, “Was willst du von mir, falls du gewinnen solltest - nicht, dass das geschehen wird, trotzdem bin ich neugierig.” Yami ließ lächelnd den Kopf sinken, starrte den sandigen Boden an, den Kaiba hier eingerichtet hatte.
 

“Ich möchte”, schloss er kurz die Augen, "dass du mir einfach einmal zuhörst, ich meine, richtig zuhörst und mich nicht unterbrichst, wenn ich dir etwas erzähle. Und außerdem möchte ich etwas, das ich dir jetzt noch nicht verraten kann.”
 

“Ein seltsamer Wunsch. Nun, denn, ich bin einverstanden, da ich sowieso gewinnen werde.” Bildete sich Yami das nur ein, oder wurden Kaibas Augen bei dieser Aussage etwas düster? Zweifelte er gar an sich selbst und sagte dies nur, weil er dies schon immer so gehandhabt hatte, oder weil er sich selbst glauben machen wollte, dass er auf jeden Fall gewinnen würde? Oder steckte etwas anderes dahinter?
 

Yami fragte nicht, was Kaiba sich seinerseits wünschen würde, wollte nur alles daran setzen, zu gewinnen und keinen Gedanken daran verschwenden, er könne verlieren. Ihr Duell begann. Sie spielten es mit einer Leidenschaft wie eh und je, diesmal vielleicht sogar noch intensiver, denn für den Pharao stand etwas so Bedeutendes auf dem Spiel, wie es nie zuvor der Fall gewesen war. Es war kein gewöhnliches Duell - das war es noch nie zwischen den beiden gewesen - sondern viel eher wie eine Leidenschaft, in die sich beide immer mehr hineinsteigerten und je weiter das Spiel fortschritt um so klarer wurde Yami, weshalb er sich in Seto verliebt hatte. Dessen Feuer, der Stolz, die Intelligenz, die ihn auszeichneten, waren einfach einmalig, nicht zu vergessen seine Charakterstärke und sein gutes Aussehen. Irgendwie fühlte sich Yami im tiefsten Inneren von ihm berührt, so als wäre Setos Seele mit seiner verbunden, mit ihr verwandt und er sehnte sich danach, diesen Teil von ihm hervorzuholen, der versteckt war unter der kalten Arroganz und der abweisenden Mauer, die ihn umgab.
 

Yami gewann. Er hatte tatsächlich gewonnen. Kaiba wunderte sich, dass sein Rivale über das ganze Gesicht strahlte. Natürlich konnte er nachvollziehen, dass dieser sich freute, da er gewonnen hatte, aber der Pharao war noch nie jemand gewesen, der seine Gefühle dermaßen überschwänglich gezeigt hatte. Da steckte doch etwas dahinter. Lag dies etwa in Zusammenhang mit der Wette, die er nun einlösen musste? Kaiba blickte ihm misstrauisch entgegen.
 

“Bitte, können wir uns irgendwo hinsetzen?”
 

“Gut”, nickte der mit abweisender Haltung, die Arme auf der Brust verschränkt und wandte sich um, damit Yami ihm folgte. Er führte ihn in das oberste Stockwerk des Hauses, zeigte diesmal sogar ein wenig mehr Höflichkeit, indem er ihm ungefragt etwas zu Trinken hinstellte. Offenbar war dies hier eine Art Wohnzimmer mit angeschlossener Bar. Allerdings musste der Pharao husten, als er einen kleinen Schluck von dem durchsichtigen Getränk nahm. Was war denn das für ein Zeug? Kaiba grinste verhalten und setzte sich an den Tresen.
 

“Und, was wolltest du mir nun so Wichtiges mitteilen?”, erkundigte er sich mit ernster Miene. Er sah so aus, als sei er jederzeit bereit, Yami den Kopf abzubeißen, sollte der nicht etwas Vernünftiges hervorbringen. Er schluckte, setzte sich aber nicht. Jedoch war es gut, dass Kaiba saß, bei dem, was er ihm mitzuteilen hatte…
 

“Nun gut, Kaiba, du weißt ja, dass ich aus dem Jenseits zurückgekehrt bin, obwohl ich dort eigentlich hätte bleiben sollen.”
 

“Ja, ich weiß. Deine kleinen Freunde haben mir von deiner Rückkehr berichtet. Als ob es mich sonderlich interessiert hätte.” Yami zuckte bei diesen harten Worten zusammen. In jenem Moment war ihm auf sonderbare Weise klar, wie Kaiba auf sein Liebesgeständnis reagieren würde. Dennoch konnte er jetzt keinen Rückzieher machen, wollte es auch gar nicht. Selbst wenn Kaiba danach sagen würde, dass er ihn hasste, er konnte jetzt einfach nicht aufhören, nicht bevor er sich alles von der Seele geredet hatte.
 

“Ja, ich bin zurückgekehrt, aber der eigentliche Grund dafür war nicht, dass ich wieder leben wollte - natürlich das auch, aber das war nicht der Hauptgrund. Es geschah auch nicht aus dem Grund, weil ich unbedingt meine Freunde wieder sehen wollte, ich habe mich zwar nach ihnen gesehnt, doch dafür hätte ich nicht…nun, aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls, der eigentliche Grund, warum ich zurückgekehrt bin, ist…”
 

“Nun, willst du nicht endlich fortfahren?” Man konnte Kaiba nun doch ansehen, dass er ein wenig interessiert war, was Yami zu sagen hatte, obwohl er oberflächlich betrachtet immer noch genervt aussah, oder auch auszusehen versuchte, um bloß nicht zu viel Interesse seinerseits zu offenbaren.
 

“Ich bin zurückgekehrt, weil…wegen dir, Seto.” Yamis Stimme hatte mit einem Mal einen liebevollen Klang angenommen. Nun wurden Kaibas Augen groß. Ihm stand die Überraschung förmlich ins Gesicht geschrieben. Damit hatte er nicht gerechnet.
 

“W-was? Wieso das denn? Was willst du denn von mir?”, hatte er eine Hand auf den Tisch gestützt, so dass es aussah, als hätte er sich selbst gerade noch davon abgehalten, vom Stuhl aufzuspringen.
 

“I- ich…”, Yami schluckte und fasste plötzlich einen Entschluss. Wenn schon, denn schon! Er machte einen Satz nach vorne, platzierte sich auf dem Schoß des überrumpelten Kaiba und erklärte, ihm tief in die blauen Augen blickend:
 

“Ich liebe dich!” und drückte ihm einen kurzen, aber intensiven Kuss auf, bevor dieser wusste, wie ihm geschah. Eine gute Schrecksekunde genoss es Yami, auf seinem Schoß zu sitzen und dieser eine, kurze Kuss fuhr durch seinen Körper wie ein Blitz, der die Dunkelheit erhellte. Für diesen einen Augenblick, in dem er die Augen schloss, war er glücklich und eine unbeschreibliche Wärme durchflutete ihn. Er überlegte, wie es wohl wäre, würde Seto ihn auch lieben.

Kurz darauf fand er sich auf dem Boden wieder, sich das schmerzende Steißbein reibend und das Gesicht verziehend, während Kaiba ihn bedrohlich von oben herab wütend anfunkelte. Für einen Moment fürchtete Yami, er würde sich auf ihn stürzen und verprügeln oder schlimmeres. Er dachte an die Worte Yugis, als er in die vor Abscheu triefenden Augen über sich blickte. Abscheu? Aber, nein, das war kein Abscheu, wie er erkannte, als sich plötzlich ein schmerzlicher Zug über Kaibas Gesicht legte, allerdings war er sich nicht sicher, ob er sich diesen nur eingebildet hatte, da er ihm mit einem Mal den Rücken zuwandte und aufgebracht flüsterte:
 

“Verschwinde!” Als Yami nicht reagierte, wiederholte er seine Forderung, diesmal laut, energisch, so als stünde ein Gewitter vor dem Heranziehen. Einen Moment, einen endlos langen Augenblick war Atemu zu gelähmt, um sich zu rühren, der Schock fuhr ihm förmlich in die Glieder. Zum letzten Mal sammelte er alle seine Kraft und stand zitternd auf. Ihm war plötzlich so kalt, so fürchterlich kalt. Er schlang die Arme um seinen Körper, betrachtete Kaibas vor Wut - so schien es - bebenden Rücken. Irritiert registrierte er, dass sich Tränen über seine Wangen bahnten, schmeckte unerwartet das salzige Nass auf seinen Lippen und wunderte sich darüber, dass er plötzlich weinen musste. So lange war er immer stark und selbstbewusst gewesen, aber jetzt schien sich seine ganze Welt auf den Kopf zu stellen, war nichts mehr sicher. Bald würde er wieder fort sein, im Jenseits, sein neues Leben hier einfach verlieren, seine Freunde…seine Liebe - die nichts von ihm wissen wollte.
 

“Entschuldige”, brachte er mit erstickter Stimme und gesenktem Kopf hervor, bevor er sich ohne ein weiteres Wort umdrehte, um diesen Ort zu verlassen und nie mehr wieder zu kehren.
 

Schweißüberströmt fand sich Yami auf einem grünen Hügel, umgeben von einer Reihe von Nadelbäumen, die düstere Schatten warfen, wieder. Keuchend lag er auf dem feuchten Boden, bemerkte irritiert, dass die Sonne inzwischen untergegangen war und dass vereinzelt Regentropfen über sein Gesicht liefen. Seine Brust hob und senkte sich in einem ungesund schnellen Rhythmus - es kam ihm so vor, als müsse seine Lunge bersten, denn er fühlte einen tiefen Schmerz, der von Überanstrengung herrühren musste und wunderte sich darüber.
 

Wie war er hier her gekommen? Ach ja, er war gelaufen…gerannt, als wäre der Teufel höchst persönlich hinter ihm her. Er konnte sich nicht mehr an den Weg erinnern, den er zurückgelegt hatte. Er wusste auch nicht, wie lange er gerannt, noch hatte er bemerkt, wie die Sonne untergegangen war. Und jetzt lag er hier, auf einem Grashügel und blickte in den düsteren Himmel, an dem der Wind die Wolken mit hoher Geschwindigkeit vor sich her trieb und nur ab und zu den Mond durchblitzen ließ. Nur das ferne Licht von vereinzelten Laternen ließ die Umgebung umrisshaft aus der Dunkelheit hervortreten.
 

Yami kam sich wie auf dem Vorhof des Schattenreiches vor. Yami…wie treffend Yugi diesen Namen für ihn doch gewählt hatte. Wahrscheinlich treffender, als er selbst geahnt hatte. Dunkelheit war sein Name und die Dunkelheit würde er auch niemals wirklich verlassen, egal, was er sich vormachte. Er hatte für einen Augenblick die Süße des Lichts geschmeckt, doch jetzt musste er wieder zurück in das Reich, aus dem er entstanden war. Dunkelheit und Licht passten nun mal nicht zusammen, sie waren ein Gegensatz-Paar. Sie konnten nicht ohne einander, aber auch niemals miteinander.
 

Der Pharao spürte, wie ihm heiße Tränen die Wangen hinunterliefen, während er mit aufgerissenen Augen in den schwarzen Himmel starrte. Die Tränen schienen das Einzige zu sein, was heiß an ihm war. Der Rest war so kalt…so unendlich kalt. Er zitterte, wollte die Arme um seinen Körper schließen, aber…es ging nicht. Er war wie gelähmt. Er war…tot. Ja, das war es. Er war tot und dürfte eigentlich gar nicht leben und das machte ihm sein Schicksal nun unmissverständlich klar.
 

“Es gibt kein Schicksal! Du allein bestimmst, was aus dir wird! Und du allein bist auch schuld, dass du nun am Boden liegst. Steh auf, Pharao, denn diese Rolle steht dir nicht! Oder willst du jämmerlich vor deinen Feinden auf dem Boden kriechen?”, ertönte plötzlich eine bekannte Stimme, die Atemu Schauder über den Rücken trieb.
 

“Aber es ist egal, ich will nicht mehr und ich kann nicht mehr, es ist alles so sinnlos geworden. Vielleicht hast du Recht, vielleicht hast du für dich den richtigen Weg gefunden, doch ich habe meinen verloren. Ich wusste immer genau, wo ich hinwollte und was mein Schicksal mir bestimmte. Aber jetzt, wo mir mein Schicksal genommen wurde, weiß ich nicht mehr weiter. Ich dachte, du könntest mir meinen Weg zeigen, aber du hast mich zurückgewiesen.”, flüsterte der Pharao mit gebrochener Stimme vor sich her. Ja, es stimmte, jeder hatte ihm stets gesagt, was er zu tun hatte und was seine Bestimmung war, doch jetzt war niemand mehr da, jetzt war er frei…und leer. Welch Ironie! Endlich hatte er seine Freiheit und jetzt wusste er nichts damit anzufangen! Er lächelte verzweifelt und wünschte, Seto wäre wirklich hier. Für ihn würde er noch mal aufstehen, nicht mehr auf dem Boden kriechen… Doch dieser hatte deutlich genug gezeigt, was er von ihm hielt.
 

Für kurze Zeit - Atemu hatte keine Ahnung wie lange - musste er weggedämmert sein. Inzwischen war der Regen stärker geworden, lief in Bächlein an seiner Kleidung hinab und darunter hindurch, brachte ihn dazu, stärker zu zittern und ließ eine Kälte in seinem Inneren zurück, die er nie für möglich gehalten hätte. Diese Kälte war so tief, so betäubend, als würde das Leben selbst aus ihm hinaus gesogen. Mit einem Mal wusste er, bliebe er weiter hier liegen, würde er sterben. Er ballte die Hände zu Fäusten und merkte, dass selbst dies ihm unglaublich schwer fiel. Er war so weit weg… Ein formloser Geist, ein dunkles, rauchartiges Etwas schwebte vor ihm, neben ihm, schlug Wellen, hinterließ ein Kribbeln auf seiner Haut.
 

“Und, Pharao? Bereit zu gehen?”, wisperte ihm eine vertraute Gestalt zu. “Aber nein, so geht das nicht. Deine Seele ist so geschwächt…Was soll ich damit? Dein Fall soll niederschmetternd sein…Er soll plötzlich kommen, wenn du schon gar nicht mehr daran denkst, dann, wenn du am glücklichsten…und am stärksten bist.” Die Stimme schien wie aus weiter Ferne zu kommen und gelegentlich fast auszusetzen. “Ich will deine Macht, wenn du… Deshalb gebe ich dir jetzt noch Lebenskraft. Ich halte mich an meinen Pakt.” Ein kurzes, fernes Lachen erklang. “Du weißt, du hast sechs Monate. Um genau zu sein, sind es ja nur noch fünf Monate und ein paar Tage. So viel Zeit schon verschwendet…” Das Lachen klang spöttisch, verlor sich in der Ferne. Die gespenstische Gestalt verschwamm, machte einem fernen Licht platz, welches ihn zu sich holen wollte.
 

“Nein, nicht, ich wollte doch noch… Seto! Aibou!”



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Kassia
2007-08-14T18:42:56+00:00 14.08.2007 20:42
Nicht erschrecken, bitte. Ich fang zwar mit ein paar kleinen Beschwerden an, aber das zieht sich nicht durch den ganzen Kommentar (ich zitiere viel, deswegen auch die Länge):

Na ja, über Grammatik lässt sich streiten, aber ich erwähn es trotzdem mal, auch auf die Gefahr hin, dass ich falsch liege:

<Yami blickte die regennasse Straße entlang, auf der sich Lichtstrahlen vereinzelt wie goldene Perlen reflektierten, als wolle selbst das Wetter ihm mitteilen, dass es Hoffnung gab und das er es versuchen sollte…>

Mh, müsste es nicht heißen: …Hoffnung für ihn gab und dass… (Doppel-s)?

<Allerdings bestand doch die winzige, ganz kleine Chance zumindest…>

Hast du vielleicht wegen des „Klanges“ gewählt (zumindest mach ich das deswegen immer, auch unbewusst und blöderweise), aber für mich besteht zwischen winzig und ganz klein kein sonderlicher Unterschied, weswegen die Formulierung im Grunde, denk ich mal, doppeltgemoppelt ist.

<…das Gefühl auf seinem Magen und die…>

Das Gefühl in seinem Magen fände ich logischer, aber vielleicht trügt das.

<Tief Luft holend, wandte sich Yami der Eingangstür zu, welche auch bereits vor seiner Nase aufgerissen wurde und ihm ein älterer Herr mit grauem Haar und Schnurbart entgegenstarrte.>

Irgendwie find ich die Satzkonstruktion merkwürdig. Der Teil mit dem älteren Herrn hätte auch gut ein eigenständiger Satz sein können oder ggf. z.B. „….welche vor seiner Nase aufgerissen wurde und von wo ihm nun ein…
Mir fehlt die Ortsangabe bzgl. des alten Herrn. Sie ist zwar gedanklich nachvollziehbar, also dass der Mann in der Tür steht, aber sie fehlt halt im Satz an sich. (Laut Word 2007 schreibt sich entgegenstarrte übrigens getrennt. Ob man nun aber wirklich was auf Word geben sollte, bleibt jedem selbst überlassen.)

<Gab es etwas, das er einsetzen könnte, etwas, das Kaiba reizen und ihn zum Mitmachen bewegen würde? Ja, vielleicht, wenn er…>

Das find ich gut, also dass Yami einen Anreiz für Kaiba sucht. Das bringt nämlich ohne viele Worte die bestehende Rivalität zwischen ihnen und ihr konstantes Herausforderungsgehabe zur Geltung, also mit die Grundlage ihrer „Beziehung“.

<“Ich möchte zu Seto, äh, Seto Kaiba”, brachte Yami etwas ungeschickt hervor. “Bitte sagen Sie ihm, dass der andere Yugi mit ihm sprechen möchte und das es wichtig ist.”>

„Dass es wichtig ist“, also wieder Doppel-s. Aber ansonsten: Find ich super, dass du die Bezeichnung mit dem anderen Yuugi reingebracht hast! Habe ich bisher in noch keiner anderen, deutschen Story gesehen. Es ist zwar eigentlich nur ne Kleinigkeit, aber ne wichtige, weil es ja zeigt, dass Kaiba sehr gut zwischen Yuugi und Yami unterscheiden kann und auch weiß, dass es Yami gibt (es ist ja nur der ganze Ägypten und Pharaonenteil, den er verleugnet. Schade, dass das im Dub so vermurkst wurde).

<Im Moment jedoch war er unglaublich nervös und wäre am liebsten die Wand hoch gelaufen...>

Na, das wäre doch ein bemerkenswerter Anblick gewesen ^^

<Yami stand ruckartig auf, entschlossen, sein Vorhaben durchzuziehen, straffte die Schultern und zwang sich dazu, seinem Rivalen und mittlerweile heimlichen Liebe, fest in die Augen zu sehen.>

Ebenfalls ein Lob hierfür. Schön, dass Yami trotz Nervosität nicht stammelnd und errötend wie ein kleines Schulmädchen vor Kaiba steht (lese ich viel zu oft), sondern etwas von dem für ihn typischen Selbstbewusstsein zeigt.

<Es war, als wisse er bereits ganz genau, was er von ihm wollte und als wäre dies die Gelegenheit, es zu bekommen.>

Neugierig wie ich bin, würde mich ja jetzt mal interessieren, was das sein könnte…

<Zweifelte er gar an sich selbst und sagte dies nur, weil er dies schon immer so gehandhabt hatte, oder weil er sich selbst glauben machen wollte, dass er auf jeden Fall gewinnen würde? Oder steckte etwas anderes dahinter?>

Noch so eine nebulöse Aussage, von der ich zu gern wissen würde, was damit gemeint ist. Na ja, vielleicht klärt sich das noch später.

<Irgendwie fühlte sich Yami im tiefsten Inneren von ihm berührt, so als wäre Setos Seele mit seiner verbunden, mit ihr verwandt und er sehnte sich danach, diesen Teil von ihm hervorzuholen, der versteckt war unter der kalten Arroganz und der abweisenden Mauer, die ihn umgab.>

Dass ich Parallelen zum Original mag, ist ja nichts Neues. Von daher kann ich diesen Part mit den verbundenen Seelen ja nur mögen. Wurde ja schließlich auch im Original mehr als einmal aufgegriffen. Und ist immer wieder schön.

<Yami gewann. Er hatte tatsächlich gewonnen.>

*hust* Gewinnen gegen Kaiba tut er doch immer…(okay, okay, aber diesmal war ja auch der Einsatz anders, von daher nehm ich ihm die Überraschung über seinen Sieg mal ab)

<Allerdings musste der Pharao husten, als er einen kleinen Schluck von dem durchsichtigen Getränk nahm. Was war denn das für ein Zeug? Kaiba grinste verhalten und setzte sich an den Tresen.>

Klingt irgendwie wie Kaibas kleine, versteckte Rache an Yami wegen der Niederlage ^^°.

<Yami zuckte bei diesen harten Worten zusammen. In jenem Moment war ihm auf sonderbare Weise klar, wie Kaiba auf sein Liebesgeständnis reagieren würde.>

Ich mag diesen Teil, einfach, weil er eine gewisse, nun, ich nenn es mal Traurigkeit ausdrückt und das auf eine sehr schlichte Weise, weil der Leser ja weiß, wie wichtig Yami Kaibas Zuneigung eigentlich ist.

<… obwohl er oberflächlich betrachtet immer noch genervt aussah, oder auch auszusehen versuchte, um bloß nicht zu viel Interesse seinerseits zu offenbaren.>

Recht so, Kaiba. Wir wollen ja nicht, dass Yami noch auf falsche Gedanken kommt -_-
Ich find Kaiba bisher ziemlich IC, muss ich sagen. Er verhält sich hier genauso idiotisch wie teilweise in der Serie.

<“W-was? Wieso das denn? Was willst du denn von mir?”, hatte er eine Hand auf den Tisch gestützt, so dass es aussah, als hätte er sich selbst gerade noch davon abgehalten, vom Stuhl aufzuspringen.>

Ach, man hört richtig raus, wie geschmeichelt und begeistert Seto von diesen Neuigkeiten ist. Dieser alte Charmeur ^^

<“Entschuldige”, brachte er mit erstickter Stimme und gesenktem Kopf hervor, bevor er sich ohne eine weiteres Wort umdrehte…>

Kleiner Tippfehler: Ein weiteres Wort, nicht eine weiteres Wort.

<Keuchend lag er auf dem feuchten Boden, bemerkte irritiert, dass die Sonne inzwischen untergegangen war und das vereinzelt Regentropfen über sein Gesicht liefen.>

Haben die da gerade Regenzeit? Da ist ja nur schlechtes Wetter; merkwürdigerweise immer passend zu Yamis schlechter Stimmung. „Dass“ vereinzelt Regentropfen…übrigens. Also wieder Doppel-s.

<“Es gibt kein Schicksal! Du allein bestimmst, was aus dir wird! Und du allein bist auch schuld, dass du nun am Boden liegst. Steh auf, Pharao, denn diese Rolle steht dir nicht! Oder willst du jämmerlich vor deinen Feinden auf dem Boden kriechen?”, ertönte plötzlich eine bekannte Stimme, die Atemu Schauder über den Rücken trieb.>

Hm, sofern das Setos Stimme ist, die er da hört, find ich das sehr geschickt gemacht, auch wenn es vielleicht nur unbewusst von dir war. Damit greifst du nämlich wieder den Begriff der „Herausforderung“ zwischen Yami und Seto auf, der ja sowohl am Anfang vorkam, als Yami sich überlegt hat, wie er in Kaibas Haus kommt sowie als es um das Duel ging und nun nochmal am Schluss. Bloß dass Yami dies zu Beginn noch Hoffnung und Mut gemacht hat und ihm nun mehr oder weniger den Rest gibt. Oder, wie mein alter Deutschlehrer immer so schön zu sagen pflegte: Linearer Aufbau vorhanden. Der „rote Faden“ ist erkennbar.

< Welch Ironie! Endlich hatte er seine Freiheit und jetzt wusste er nichts damit anzufangen!>

Ebenfalls sehr gut, denn was viele oft übersehen: Yami hat wirklich immer nur ein Ziel vor Augen gehabt, welches es zu erreichen gab. Nun aber steht er völlig orientierungslos da. Dass er jetzt nicht mehr weiter weiß, finde ich mehr als nur nachvollziehbar. Vor allem gibt es dem Chara mehr Tiefe und Glaubwürdigkeit.

Tja, und was die böse Gestalt angeht: Ich könnte jetzt zwar raten, um wenn es sich dabei handeln könnte, aber weil ich ja nicht einmal weiß, ob es überhaupt ein bekannter oder nicht doch ein neuer Charakter ist, halte ich das für ziemlich witz- und sinnlos. Von daher lass ich mich erst einmal überraschen. Oder warte auf weitere Hinweise.

Zum Endfazit (ja wirklich, dieser Kommentar hat auch ein Ende):
Den Anfang fand ich nicht so ganz überzeugend. Er war irgendwie etwas zähflüssig zu lesen, was auch an den oftmals langen, mitunter sehr detaillastigen Sätzen lag. Einige musste ich sogar zweimal lesen, um aus ihnen schlau zu werden (und dabei fallen einem dann halt die Fehlerchen auf).
Nach dem mäßigen Anfang jedoch fand ich das Kapitel richtig klasse. Die ganze Interaktion zwischen Yami und Kaiba zum einen, aber auch Yamis „Wechselbad der Gefühle“, war sehr schön beschrieben. Und natürlich auch die kleinen „Cliffhanger“ mitten im Kapitel, also z.B. was war Kaibas Wunsch? War er wirklich von seiner Niederlage von Anfang an überzeugt? Was genau hat er nach Yamis Kuss gedacht/gefühlt und vor allem warum, wenn es denn nach Yamis Worten keine Abscheu, sondern eher Schmerz war etc.

Die völlige geschichtliche Fixierung auf Yami zeigt dem Leser schließlich immer nur eine Sicht der Dinge, weswegen ich vor allem dem Mittelteil sehr interessant finde. Den Schluss natürlich auch, aber der Cliffhanger ist ja weniger subtil, weswegen ich jetzt nicht näher darauf eingehe.

Selena (die sich schon mal entschuldigt, wenn sie Blödsinn geschrieben hat. Passiert mir ja mal hin und wieder)
Von:  co-neko
2007-08-10T10:27:43+00:00 10.08.2007 12:27
Oh endlich geht es weiter ^^
Man das kapi war toll d^^
ich hab bei dem Libesgeständnis richtig mitgefühlt und als yami seto dann auch noch den flüchtigen kuss geschenkt hat, musste ich mich echt zusammenreißen nicht loszuheulen ^^°
naja, dein schreibstil war wieder klasse und besonders yamis verzweiflung hast du sehr anschaulich rübergebracht!
Freu mich schon auf das nächste und bin echt gespannt was jetzt passiert *~*
*wink*
die kleine neko
Von:  Statjana
2007-08-10T09:12:59+00:00 10.08.2007 11:12
ahh, armer Yami *shnif* er darf nicht weg, bitte schreib schnell weiter, bin gespannt was weiter pasiert, an so spannende stelle hörst du auf.
Ich muss sagen schöne story, mach nur weiter so =)
lg statjana =)

P.S weiter, weiter =) schreiben ^^


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