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Ein bisschen hier von, etwas davon und das da auch bitte

Sammelsorium von Kurzgeschichten
von

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Ausgesprochen unausgesprochen II

20.30 Uhr.

Ich stehe an diesem ersten Advent am Gleis 9 Abschnitt E und mir ist kalt. Mein Zug ist vor fünf Minuten abgefahren, jedenfalls laut Fahrplan. Eigene Beobachtungen, die ich seid 15 Minuten mache sagen mir aber etwas anderes. Um es kurz zu machen, natürlich hatte mein Zugverspätung. Aber gut, shit happens, mich grimmt dies nicht. Jedenfalls nicht heute.

Zu Weihnachten kann leider nicht die Familie zusammen kommen, dafür an diesem ersten Advent. Ich habe also meine 10 Monate alte Nichte wieder gesehen, meine beiden Schwestern und meine Mutter und das ist schon ein Grund sich auch von Wind und Regen die Laune nicht trüben zu lassen. Ja nicht einmal von einer verspäteten Bahn.

Ein wenig muss ich zurück an meine letzte Heimfahrt denken. Es war sogar der selbe Zug gewesen nur gut 2 Monate zuvor. Damals war ich eher sauer gewesen und ich wurde immer noch sauer wenn ich an damals zurück dachte...

‚Vielleicht gibt es ja ein Weihnachtswunder?’, denke ich und steige endlich in den Zug ein. Ich hatte mich ein Stück zu weit nach vorne gestellt um in mein Abteil einzusteigen, aber da es ohnehin nicht so voll ist (erneut frage ich mich, warum ich überhaupt reserviert habe, aber wer kann das schon an einem ersten Advent ahnen?) steige ich halt ein, wo ich gerade bin und will einfach durchgehen.

Im Gehen krame ich in meiner Tasche, um die Reservierung zu suchen. Wagen 254 Sitz Nummer....

Doch soweit komme ich gar nicht. Mein Herz bleibt stehen, um schließlich in meiner Brust Salsa zu tanzen.

Schwarzes Haar, welches elegant über ein etwas kantiges, blasses Gesicht fällt, welches müde gegen das Fenster gelehnt ist. Es ist ein vierer Platz und nur ein anderer Mann sitzt da und es handelt sich dieses mal um keinen alten Bekannten.

Ich schaute meine Reservierung nicht mehr an und stecke sie wieder ein. Nicht noch einmal den selben Fehler begehen. „Ist hier noch frei?“, frage ich der Höflichkeit halber, bin jedoch schon dabei meine Reisetasche hoch zu verfrachten und setze mich gegenüber dem Jungen, dessen Name ich noch immer nicht kannte.

Das dritte zufällige Treffen in einem halben Jahr. Ich MUSSTE ihn ansprechen! Ich hatte es mir geschworen!!!!

Mit einem Ruck setzte der Zug sich in Bewegung und ich starre nur dumm mein Gegenüber an, was dieser nicht merkt, da er schläft.

Na super... ich kann ihn auch schlecht wecken nur weil ich meine ihn wieder zu erkennen! Also echt, das geht ja nun nicht. Außerdem habe ich ja genug Zeit...

Ich krame in meiner Tasche und hol meine Biologie Mappe hervor.

Natriumionen strömen ein, wodurch eine Depolarisation stattfindet, am Höchstpunkt beginnt ein Kaliumionen Ausstrom, wodurch die Repolarisation beginnt und... man sieht er süß aus wenn er schläft... wie das schwarze Haar über sein Gesicht fällt... aber da war ich ja nicht! Also weiter... Repolarisation durch Kaliumionen, genau und schließlich die.... die.... Hat er rüber geguckt? Ich bin mir fast sicher er hat rüber geguckt... ach quatsch, wahrscheinlich hat nur sein Auge gezuckt...

Also, wo war ich? Ach ja das Endpotenzial, ein Hyperpolarisation dadurch das Natrium Einstrom auf Null und Kalium Ausstrom noch aktiv ist... oder war es Kalium Einstrom und Natrium Ausstrom???

Ich erwische mich dabei wie ich, statt meine Notizen zu durchsuchen wieder aufsehe und meinen schlafenden Gegenüber anschmachte.

Es hat ja doch keinen Sinn, beschließe ich und die Mappe wandert wieder in meine Tasche. Eine weile Stille. Okaaay...

Der Zug rattert, die schwarze Landschaft fliegt vorbei. Keiner sagt etwas, anscheinend sind sie alle viel zu kaputt, um irgendwas zu sagen. Das gilt auch für meinen Sitznachbarn.

Ich frage mich, ob mein Gegenüber mich wohl wieder erkannt hat, und einfach nichts sagt, denn richtig schlafen tut er nicht. Er döst nur von Zeit zu Zeit, dann wird die Pose unbequem und geändert.

Wahrscheinlich eher nicht... ich bin ja nur so verrückt...

Ich frage mich auch, wie er wohl so ist.. ich bin mir fast sicher, dass er viel mit Musik zu tun hat. Ja die meisten Jungs mit langen Haaren machen viel Musik, das ist einfach eine Erfahrung, die ich gemacht habe. So richtig erklären kann ich mir das nicht, aber ich kenne 3 Fälle auf die das zu trifft und das sind 100% der Jungs mit langen Haaren, die ich kenne. Das sollte dieses kleine Vorurteil wohl erklären.

Ich stelle mir auch vor, dass er sehr kühl ist, und seine Meinung hat und eher ein Einzelgänger ist. Ich stelle mir vor, dass er ziemlich cool ist, und einen auf unnahbar macht, aber in Wahrheit eigentlich sehr nett ist und dass ich diese Nettigkeit hervor zaubere. Wie in einem Manga, oder einer Liebesgeschichte.

Ratlos, was ich tun soll hole ich schließlich meinen Block heraus. Ich hole einen Bleistift hervor, natürlich habe ich kein Radiergummi, oder Spitzer dabei, und beginne den schlafenden zu skizzieren.

Wenn der das mitkriegt hält er mich für bescheuert.

Andererseits... vielleicht ein Grund für in, mich anzusprechen?

‚Sprich mich bitte an’, denke ich die ganze Zeit, jedes Mal wenn ich aufgucke, um meine Skizze zu erweitern. ‚Bitte sprich mich an’, aber er schweigt und dreht nur den Kopf und so beginne ich eine neue Skizze.

Nun wenigstens die eine mit Bleistift gefällt mir recht gut, die mit Fineliner überhaupt nicht, aber eine Reicht ja.

Wie sein Haar über die arme, aus die er seinen Kopf gebettet hat fällt... einfach süß. Nach der zweiten Station höre ich dann aber doch auf. Langsam gebe ich die Hoffnung auf, dass er mir deswegen mehr Aufmerksamkeit schenkt, auch wenn er von Zeit zu Zeit mit offenen Augen aus dem Fenster starrt.

Seine Augen sind übrigens braun, wie ich leicht enttäuscht feststelle.

Ich hatte nämlich einmal so einen Traum... also nicht dass ich ihn so ernst nehmen würde, aber dennoch, wenn man sich nie an Träume erinnert und dann aber schon an einen und dieser eine beinhaltet einen Kuss, obwohl man noch nie geküsst hatte, und einpaar strahlend blaue Augen, und wenn dieser jemand noch so romantisch veranlagt ist wie ich, da spielt es doch irgendwo eine Rolle. Nun egal, auch braune Augen sind wirklich sehr, sehr schön... sie haben immer etwas ruhiges, angenehmes.

Wir kommen zwei Haltestellen vor meiner an. Ich sehe auf die Uhr... „Also die Verspätung holt der ja auch nicht auf.“, murmle ich, halb auf eine Antwort hoffend. „Ach, bis Bremen holen wir das wieder auf, hoffe ich.“ Es ist der blonde Sitznachbar, nicht mein heimlicher Schwarm. Nun egal, besser, als keiner.

„Ja und da kann endlich raus.“, erwider ich, und da von ihm keine Reaktion mehr kommt „Und Sie?“ „Hamburg.“ „Ach soweit ist das doch nicht mehr“ „Ja nur noch eine Stunde“ „Na immerhin ist das Ziel in Sicht.“ „Ja“ „Ja“ „...“ „...“

So viel zum Thema Konversationen im Zug um zehn Uhr.

Jetzt höre ich zwischen durch Musik, mache sie jedoch immer wieder aus. Es ist ein ewiges Hin und her: Annhören, oder nicht? Wenn ich mit Ohrenstöpseln dasitze, wird er mich ja doch nicht ansprechen... aber das wird er ohnehin nicht!!! Also warum nicht die Zeit irgendwie totschlagen?

Aber ich sollte ihn auch ansprechen!

Alleine der Gedanke lässt mein Herz schneller schlagen, dass ich meine ich könne gar nicht mehr reden, weil es bis zum Hals schlagen muss. Aber ich MUSS!!! Wenn nicht jetzt wann dann??? Ich würde es immer bereuen! IMMER.

Ich schweige und höre ‚My immortal.’.

Inzwischen haben wir die letzte Station vor meiner passiert. Passiert ist im Abteil jedoch nichts nennenswertes außer dreimaligem ein und auspacken meines MP3-players.

Jetzt singe ich auch noch leise.

Ich deduziere: Er Typ hat lange Haare, er mag sicher Musik. Selbst wenn er nicht speziell Musik macht, mögen tut sie doch ohnehin irgendwie jeder, oder? Also singe ich. Um Aufmerksamkeit zu kriegen.

‚Reflection’, ‚A whole new world’, ‘Someone like you’, ich singe alles mögliche wild durch einander. Er schaut nicht einmal auf. Vielleicht bin ich zu leise... aber lauter kann ich ja auch nicht singen, schließlich versuchen mehrere, er eingeschlossen, zu schlafen.

Egal ich singe leise weiter vor mich hin. Jedenfalls kriegt man so die Zeit rum, wobei ich mich frage, ob mein Gegenüber wohl gerne sang, und wenn ja was für Lieder, und ob wir wohl jemals gemeinsam etwas sängen.

„Nächster Halt...“, erklag die Stimme des Schaffners, der mich aus meinen Tagträumerein weckte. Ich packe meine Sachen wieder zusammen und auch er erhebt sich. Ok ,die Chance. „Ha, ich wusste du steigst hier aus, ich habe dich nämlich schon einmal im Zug gesehen.“

Er geht seine Tasche holen, schließlich habe ich auch nichts gesagt, nur gedacht. Ich selber hole meine Tasche herunter. „Entschuldigung, kannst du mir mal helfen?“ Ich hole die Tasche alleine herunter, denn ich habe ja nicht um Hilfe gebeten. Sie ist ja auch nicht schwer.

In meiner Rechten halte ich einen Zettel. Darauf geschrieben steht mein Name und meine Mailadresse.

Sie zufällig in seine Tasche stecken, das wäre doch etwas!!! Sie einfach rein fallen lassen und hoffen er würde sie finden....

Der Zettel wandert durchaus in eine Tasche, jedoch in meine, statt in seine.

Wieder die letzten Meter, in denen ich denke, der Zug könne ruhig abrupter halten, damit ich zufällig gegen ihn fallen könnte. Aber, nichts. Konnte Gott denn nicht noch ein klein wenig nachhelfen? Er musste doch wissen wie unfähig ich war, wenn es denn einen Gott gibt. Aber sein Glück hat wohl jeder in der Hand.

Die ganze Zeit denke ich, ich sollte ihn ansprechen, überlege mir Sätze und alles. Aber meine Lippen bleiben verschlossen, mein Herz schlägt zu doll, als dass ich auch nur einen Ton hätte heraus bringen können.

Ich verfluche den Zug, als dieser hält.

‚Nein’, denke ich. Und wieder ‚nein.’

Es wird ein ganzer Regen ‚neinneinneinneinnein’ ,aber es hilft ja doch nichts. Die Türen öffnen sich. Er steigt aus, ich hinter ihm, laufe neben ihm her. ‚du wohnst in Bremen, nicht wahr?’ ‚Hey warte mal, mir ist das zwar peinlich ,aber wie heißt du?’ ‚Im Zug wollte ich nicht stören, also frage ich jetzt einfach...’

So viele Möglichkeiten und dazwischen immer wieder der Gedanke: ‚Ich kann ihn nicht gehen lassen. Ich kann das einfach nicht!!!’

Ich stehe mit ihm im Lift. Ich benutze nie einen Lift um vom Gleis runter zu kommen, aber ich denke wenn man da so zu zweit steht... aber nichts. Er geht ich folge. Ja, er geht zu den Haltestellen.

Ich sehe meinen Bus, muss eine Entscheidung fällen.

„Warte!!!“ Ich kann nicht glauben, dass diese Worte aus meiner Kehle gekommen sind, dass meine Beine rennen. „Hi, ähm ich weiß das klingt komisch, wo wir uns die ganze Zeit gegenüber gesessen haben, aber wie heißt du???“ Er antwortet, aber weil er leise spricht und gerade eine Bahn hält verstehe ich es nicht, traue mich auch nicht weiter zu fragen.

Ich sage ihm meinem Namen, wenn auch stotternd. Er sieht verwirrt aus, das kann ich verstehen. „Oh man, du muss mich für total bescheuert halten.“, sage ich verlegen und verstecke meine zitternden Hände in der Jackentasche. Ich verhasple mich beinahe beim sprechen. Immer wenn ich aufgeregt bin rede ich viel zu schnell. „Ich... ich habe dich schon mal im Zug gesehen.... und ... ich würde mich einfach hassen wenn ich nicht gefragt hätte.“, sage ich wahrheitsgetreu. „Mir sind Sie noch nie aufgefallen.“ Oh mein Gott, er SIEZT mich, ich will lachen, obwohl das doch gar nicht lustig ist, aber wenn man nervös ist, ist wohl alles lustig.

„Ja... ist auch egal... ich wollte nur... also ich sehe so selten Jungs bei denen langes Haar gut aussehieht und darum frage ich... um so ganz ehrlich zu sein.“ Jetzt hält er mich erst Recht für bekloppt. Ja, jemand der Leute wegen ihrer Haare anspricht ist doch bekloppt!

Nein, jetzt er redet er mit mir, wir kommen ins Gespräch.

Er ist... eher zurückhaltend. Ich erfahre, dass er eigentlich studieren wollte und nun doch eine Ausbildung macht, weil er Angst hat fürs Studium nicht gut genug zu sein und einfach kein Durchhaltevermögen hat. Ich erfahre, dass er eher ruhig ist und er seid kurzem hier ist noch keinen kennt.

Ich gebe ihm meine E-mail Adresse, wenn er Internet hat kann er sich melden.

Ich bin glücklich, ja ich könnte vor Freude in die Luft springen, als ich in meine Bahn steige. Ich habe ihn angesprochen!

Ich kann es nicht glauben, es überwältigt mich. „Ich habe ihn angesprochen“ grinse ich in mich hinein „ICH habe IHN angesprochen!!!“

Er selbst ist nicht so wie ich es erträumt habe. War ja klar, hatte ich mit gerechnet. Aber trotzdem, ich bin glücklich. Ich habe Mut bewiesen, habe es mir selbst gezeigt: Ich habe mich überwunden und vielleicht einen neuen Freund so kennen gelernt, ich weiß ja nicht, wie die Zukunft aussieht, aber immerhin: Ich habe es ausgesprochen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  lexi16
2007-12-03T18:58:12+00:00 03.12.2007 19:58
*Lol*
Also...meine Kommentare hast du im grunde schon bekommen.
*lol*
Ich kanns nur immer wieder sagen. ><
Find cih klasse.
Aber..langsam ist es schicksal..oder zufall?? hmmm...
Nenn es wie du willst, ich nenn es fügung. ^^


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