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Divine Justice

Göttliche Gerechtigkeit
von

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Kapitel 1 - Zwei Philosophien

Anmerkungen und Worterklärungen finden sich am Ende.

Natürlich ist dies eine rein zum Spaß geschriebene FF mit keinerlei Profitinteressen und ich besitze auch keinerlei Rechte an überhaupt irgendwas, schluchz.
 


 


 

1. Kapitel: Zwei Philosophien
 


 

Ein leichter Nieselregen hatte eingesetzt. Nicht weit entfernt von den schlammig gewordenen Trainingsfeldern, auf einer leichten Anhöhe, stand der Anführer der Choshuu Ishin Shishi und beobachtete die Menschen zu seinen Füßen, die trotz des Wetters eifrig im Schlamm trainierten. Neben ihm stand der Anführer der Kiheitai, lässig sein Schwert über die Schulter lehnend und breit grinsend.
 

„Siehst du, Katsura? Hier sind alle Kugeln, die wir brauchen, um die Schlacht gegen das Shogunat zu gewinnen. Einfache Bauern mögen sie sein, Händler oder sogar Ronin – egal, woher auch immer sie sind, alle sind zum äußersten entschlossen. Und wie du weißt, ein entschlossener Bauer, der die Zukunft seiner Familie verteidigen will, kämpft besser als zehn gelangweilte, schlecht bezahlte Samurai“.
 

Katsura Kogoro blieb skeptisch. „Meinst du, das reicht aus?“
 

Bevor ihm Takasugi Shinsaku eine Antwort geben konnte, hatte ein kleiner Junge mit roten Haaren – er schien nicht mehr wie 12 Jahre alt zu sein – seine Aufmerksamkeit gefesselt. „Was...“ entfuhr es ihm, „...sind wir so verzweifelt, das wir Kinder rekrutieren und ihnen Schwerter in die Hand drücken müssen?“
 

Takasugis Grinsen weitete sich noch mehr. „Du hast ihn schon entdeckt? Eigentlich wollte ich dich mit ihm überraschen. Du wirst es nicht glauben, aber der Junge – er ist übrigens schon 14 und hat das Schwert selbst mitgebracht – ist wohl ohne Zweifel der beste Kämpfer der ganzen Kiheitai. Da, schau!“
 

Und Katsura schaute und seine Augen wurden immer größer, während er sah, wie der schmächtige Junge in Battoujutsu-Stellung ging, sein Schwert mit einer unglaublichen Geschwindigkeit zog und den dicken Holzpfosten wie einen Strohhalm durchtrennte um dann das wegfliegende Stück anschließend mit der Schwertscheide in der Luft zu Staub zu zermalmen.
 

„Takasugi...“
 

Er war sprachlos. Was war das für ein Junge? Den Kämpfergeist, sein Ki, dass er eben von ihm verspürt hatte...

Tausend Gedanken schossen Katsura Kogoro durch den Kopf. „Da steht der Mann, nein, der Junge auf den ich die ganze Zeit kaum zu Hoffen gewagt habe. Seine Schwertfähigkeiten sind unglaublich. Selbst ich als erfahrener Kämpfer konnte seine Bewegungen nicht fassen, sie waren einfach zu schnell für das Auge.

Dass er ausgerechnet jetzt auftaucht. Wo wir die ganze Zeit auf jemanden wie ihn gewartet haben... Kann ich es wagen...? Darf ich dieses Talent nutzen? Er ist noch ein Junge... aber ich muss. Er ist der Vorbote unserer Gerechtigkeit. Der göttlichen Gerechtigkeit –Tenchuu! Da sind alle Mittel und Wege recht...“
 

„Takasugi...“ Katsura hatte sich gefangen und blickte in die Augen seines Freundes. „Dieser Junge... er muss mit mir nach Kyoto kommen!“
 


 

--
 


 

„Was machst du denn hier, Kenshin? Ich dachte, du wärst in einer anderen Gruppe?“
 

Mit schweißnassem Gesicht hielt der Mann in seinem Training inne und musterte den kleinen, rothaarigen Jungen.
 

„War ich auch, Mazaki-san. Heute morgen habe ich mit den jüngeren Anfängern trainiert, aber der Gruppenleiter hat mich nach einigem Kopfschütteln zu sich gerufen und gemeint, ich solle heute Nachmittag hier zu der Erwachsenengruppe kommen und mit euch auf dem Feld trainieren.“
 

„So?“ Mazaki blinzelte sich den Schweiß aus den Augen. „Na, da kommst du auf jeden Fall genau richtig. Schau!“ Er stupste ihn an. „Da drüben! Auf dem Hügel, siehst du? Da ist unser Heermeister, Shinsaku-sama und neben ihm ist Kogoro-sama. Das ist der Anführer der Ishin Shishi in Choshuu, der Mann, der uns zum Sieg führen wird. Zeig ihm dein bestes Können!“
 

„Ja genau!“ mischte sich einer der Männer ein, die sich auch schon auf dem Weg zum Trainingslager über Kenshin lustig gemacht hatten. „Zeig uns, was du drauf hast!
 

Der Anführer der Patrioten von Choshuu? Kenshins blaue Augen weiteten sich, als er die Gestalten auf der Anhöhe musterte. Trotz der Entfernung war ihre Erscheinung beeindruckend und er spürte ihren außergewöhnlichen Kampfesgeist.

Das Ki eines Schwertmannes zu erspüren und zu lesen war eine der letzten Lektionen, die ihm sein Shishou beigebracht hatte. Und auch seine eigene Ki vollständig zu kontrollieren und sie wie jetzt zu unterdrücken war eine Kunst, die zu erlernen es vieler, harter Trainingsstunden bedurft hatte.
 

Mit ernstem Gesicht musterte Kenshin den Holzpfosten vor ihm und war gerade dabei, in Battoujutsu-Stellung zu gehen, als er hinter sich schon wieder Sticheleien hörte.
 

„Na, Junge,“ lachte einer der Männer, „einen Ryo, wenn du den Pfosten mit deinem Schwert durchtrennst!“

Kenshins Mundwinkel zuckten. „Durchtrennen?“ Er lachte bei sich im Stillen, während sein Gesicht äußerlich unbewegt und konzentriert blieb. „Wartet nur ab...“
 

Er packte seinen Schwertgriff mit der Rechten Hand und ehe einer der Männer noch mehr Witze machen konnte, hatte er den dicken Pfosten durchtrennt. Das abgetrennte Holz flog durch die Luft und kaum jemand hatte auch nur Zeit, ein erstauntes „Oh!“ von sich zu geben, da hatte Kenshin mit der Linken seine Schwertscheide schon voller Kraft gegen das Holz gehämmert, so dass es in tausend Splitter zerbarst.
 

„Hiten Mitsurugi Battoujutsu – So Ryu Sen...“ murmelte Kenshin zu dem, was noch von dem Holzpfosten übrig war, während die Männer hinter ihm ungläubig ihre Augen rieben.
 

Ein leichtes Gefühl von Genugtuung verspürend drehte sich Kenshin zu ihnen um und lächelte den Mann an, der ihn eben noch so schamlos verspottet hatte und dem jetzt die Worte fehlten. „Einen Ryo, bitte!“
 

Da bemerkte er, dass die Männer ihre erstaunten Gesichter von ihm abgewandt hatten und statt dessen auf etwas hinter ihm starrten. Erstaunt drehte auch er sich zu den zwei Männern um, die ihren Zuschauerplatz auf der Anhöhe verlassen hatten und nun vor ihm im schlammigen Feld standen.
 

Schnellverbeugten sich alle Männer und ein ehrfürchtiges und verwundertes Gemurmel ging durch die Reihen, als Katsura Kogoro den rothaarigen Jungen durch eine Geste aufforderte, näher zu treten.
 

„Du musst Kenshin sein?“ sprach ihn Takasugi an.
 

„Hai, Shinsaku-sama?“ Erneut verbeugte sich Kenshin tief.
 

“Mir wurde heute morgen schon von deinem außergewöhnlichen Können berichtet. Wie hieß diese Technik eben?“
 

„Hiten Mitsurugi Ryu – So Ryu Sen.“
 

„Aaa.“ Takasugi lächelte mit einem Seitenblick auf Katsura, dessen Gesicht immer neue Stadien der Erstauntheit annahm. „Du bist also wirklich ein Vertreter der alten Mitsurugi-Schule. Und ich dachte schon, mein Ausbilder hätte übertrieben, als er mir total entgeistert davon erzählt hatte. Komm mit!“

Verwundert und auch ein bisschen verängstigt auf Grund der durchdringenden Blicke, die Katsura ihm nun zuwarf, folgte Kenshin den beiden Männern in die trockenen Baracken.
 


 

--
 


 

„Takasugi,“ murmelte Katsura zu seinem Freund, während den rothaarigen Jungen hinter ihm im Auge behielt, „diese alte Technik aus der Sengoku-Zeit... man hat von ihr gehört, sie ist legendär, aber nie hätte ich geglaubt, das sie wirklich noch existiert!“
 

„Mhhm.“
 

„Das ist nicht das Einzige, was ich mich so erstaunt. Es ist die Tatsache dass genau jetzt, wo wir allen göttlichen Beistand brauchen, um unsere Ziele durchzusetzen, dieser Junge wie ein Geschenk auftaucht, ausgerüstet mit der mächtigsten Schwerttechnik des Landes. Das kann doch kein Zufall sein, oder?“
 

Takasugi schaute seinen Freund nicht an. Auch er wusste, wie wichtig jemand mit diesem sagenhaften Können für das Gelingen der Revolution werden könnte. Und eine düstere Vorahnung beschlich ihn, wenn er an die unschuldigen blauen Augen des Jungen dachte – und an Kyoto.
 

In der trockenen Baracke angekommen, bat Katsura Kenshin, ihm gegenüber Platz zu nehmen. Takasugi schloss die Tür und setzte sich davor.
 

„Kenshin. Was für ein passender Name für jemanden aus der Hiten-Mitsurugi-Schule,“ begann Katsura und lächelte den ängstlich unter seinem roten Pony hervorspitzenden Jungen vor ihm aufmunternd an.

Schüchtern erwiderte es Kenshin schließlich und Katsura fuhr fort.

„Darf ich dich etwas fragen?“
 

Kenshin hätte nicht gewusst, wie der dem Mann vor ihm überhaupt irgendeine Bitte hätte abschlagen können. Jetzt, von Angesicht zu Angesicht, war er noch überwältigter von Katuras hoheitsvoller Ausstrahlung und seiner kraftvollen Ki. Er konnte fühlen, dass er hier nicht nur einen Meister der Schwertkunst, sondern auch einen intelligenten Strategen und Anführer vor sich hatte.
 

„Hai, Kogoro-sama.,” antwortete er, „natürlich dürft ihr mich alles fragen.“
 

„Gut... hast du jemals einen Menschen mit deiner Hiten-Mitsurugi-Technik getötet?“
 

Diese unverblümte Frage verblüffte Kenshin zwar, aber sie kam nicht unerwartet.
 

„Nein.“
 

„Aber... denkst du, du könntest es tun?

Bist du bereit, mit deinem Schwert Menschen zu töten?“
 


 

--
 


 

Das Echo von Katsura Kogoro’s sanfter aber kraftvoller Stimme hallte noch Kenshins Ohren, während er den ganzen restlichen Nachmittag allein in der leeren Barake saß und vom Fenster aus die draußen im Nieselregen und Schlamm trainierenden Männer beobachtete.
 

Immer und immer wieder ließ er sich das Gespräch mit ihm durch seinen Kopf gehen, während von draußen dumpf die gebrüllten Kommandos und Angriffsschreie in seine Ohren drangen und sich auf seltsame Art und Weise mit seinen Gedanken vermischten.
 

„Bist du bereit, Menschen zu töten?“ hatte Katsura gefragt.
 

Die Frage hatte zuerst Kenshin wie ein Schlag ins Gesicht getroffen, aber sie hatte ihn nicht überrascht.
 

„Töten...“ hallte es in seinem Schädel und er hörte die Stimme seines Meisters Hiko Seijuro:

„Hiten Mitsurugi Ryu ist die mächtigste aller Schwerttechniken! Und die tödlichste.

Du willst sie benutzen, um Menschen zu beschützen? Dann musst du töten.“
 

Natürlich hatte sich Kenshin darüber Gedanken gemacht und in seiner Ahnungslosigkeit den eisernen Entschluss gefasst, dass – falls Töten notwendig sein würde – er es tun würde.
 

Er wusste ja, was töten bedeutete. Er hatte es zwar noch nie selbst getan, aber er war dabei gewesen, als andere es getan hatten – damals die Banditen und anschließend Hiko. Das Töten der Banditen war böse. Aber Hiko’s Töten, das war gut, den er tötete nach den Prinzipien des Hiten Mitsurugi Ryu um Menschen zu beschützen!
 

„Am Töten ist nicht schönes!“ hatte Katsura weitergeredet. „Ich kann es in keiner Weise beschönigen.“
 

Das hatte auch Hiko nicht getan, nein. Auch sein Shishou hatte ihm klar zu machen versucht, dass „das Schwert eine Waffe ist. Die Schwertkunst ist die Kunst des Tötens! Allen beschönigenden Worten zum Trotz ist dies ihre wahre Bestimmung!

Einige Töten um andere zu Beschützen!“
 

Diese Sätze in anderer Form aus dem Mund eines anderen Menschen zu hören... erst jetzt schien Kenshin sie vollkommen zu begreifen.
 

„Er brauch mich“, dachte er in diesem Moment, „der Anführer der Ishin Shishi in Choshuu, dieser mächtige Mann braucht mich?!

Da ist sie also, die Möglichkeit für mich, etwas zu verändern! Ich wusste es, ich kann mit meinem Schwert für ein neues Japan kämpfen. Ich kann die Menschen von ihrem Leiden befreien. Hier steht der Mann, der mir die Möglichkeit dazu gibt!“
 

In Gedanken erschien plötzlich die Gestalt Hikos wie eine Erscheinung vor ihm.

„Was willst du tun, nachdem du dich mit deinem Schwert an diesem Aufruhr beteiligst?“ hatte er bei ihrem letztem Wortwechsel ärgerlich gerufen. „Wenn du die Situation ändern willst, musst du früher oder später für die eine oder andere Seite Partei ergreifen! Und egal für welche Seite du dich entscheidest, sie werden deine Kraft zu nutzen wissen. Sie werden dich benutzen! Dafür habe ich dir die Schwerttechnik des Hiten Mitsurugi nicht beigebracht!“
 

Doch vor wenigen Stunden hatte Kenshin sich für Katsura entschieden. Er hatte sich dafür entschieden, benutzt zu werden. Auch wenn Katsura es anders ausgedrückt hatte.
 

„Ich brauche dein Können, um für mich Menschen zu töten!“ hatte er gesagt.

„Um eine neue, friedliche Welt aufbauen zu können, müssen wir erst die alte Welt zerstören. Das ist nicht angenehm, aber es MUSS getan werden! Um das Böse in dieser Welt auszuschalten, müssen wir selbst zu wahnsinnigen Taten schreiten. Taten, die einen verzweifeln lassen könnten, wenn man kein klares Ziel, keinen klaren Traum vor Augen hat. Doch ich sehe in dir den Idealismus, die Reinheit, dass du willens bist, alles zu tun, um unseren Traum Realität werden zu lassen.
 

Willst du mir helfen, Tenchuu über unsere Gegner zu bringen? Kannst du der Vorbote der göttlichen Gerechtigkeit sein?
 

Ich weiß, dass du dein Talent einsetzten willst, um Menschen zu beschützen. Das ist ja das Prinzip der Schwertkunst, einige zu töten um andere zu beschützen.

Ich frage dich hier und jetzt, bist du willens, mir dein unglaubliches Talent zu leihen? Auf meinen Befehl hin zu töten?“
 

„Hai, Katsura-sama!“ hatte Kenshin nach einigem Nachdenken entschlossen und überzeugt geantwortet.

„Wenn ich mit meinem Schwert und den Leben, die ich nehmen muss, so den Weg in eine neue Ära ebnen kann.. eine Ära, in der jeder in Frieden leben kann..“
 

„Hai...“ antwortete er auch jetzt in der stillen und leeren Baracke noch einmal.
 

Sie werden dich benutzen, hatte Hiko gesagt.

„Ja!“, dachte Kenshin, „wenn ich mit meinen Händen so eine neue und bessere Welt schaffen kann, dann bin ich bereit, zu töten. Bereit, die alte, böse Welt zu zerstören. Aus der Asche der Zerstörung kann Neues entstehen.

Katsuras Prinzipien sollen meine sein und ich werde Katsuras sein. Er soll sich meinem Schwert bedienen. Ich weiß, Meister, auch wenn du mir dafür Hiten Mitsurugi Ryu nicht beigebracht hast. Ich bin eine Enttäuschung für euch gewesen. Ich schäme mich und kann nicht zurückkehren. Doch das spielt keine Rolle mehr.
 

Menschen... Kasumi-san, Akane-san, Sakura-san... haben ihr Leben für mich geopfert! Sie erwarten von mir, dass ich das auch für andere tue. Ich habe damals versagt. Ich konnte sie nicht beschützen. Das wird mir nie wieder passieren. Um andere zu beschützen, werde ich mein freies Schwert opfern und mich Katsuras und dem Prinzipien des Tenchuu unterwerfen!
 

Einige Töten um andere zu Beschützen! Ja, Hiko, das werde ich tun. Genau das hast du auch getan, als du mich vor den Banditen beschützt hast“.
 

Kenshin schloss die Augen. Er war jetzt ein Untergebener Katsura Kogoros und nicht länger der Schüler Hiko Seijuros. Dennoch ließen ihn seine letzten Worte nicht los.
 

„Wenn du diese Berge verlässt, wirst du das Leben eines Mörders führen, unter der Anleitung derer, die ihre eigenen Gesetzte der Gerechtigkeit haben. Wenn du dich mit ihnen einlässt, wird dich die Mitsurugi-Technik zu einem Massenmörder machen!“
 

„Ja, das mag so sein,“ hatte er damals - es war erst gestern gewesen – hitzig geantwortet. „Aber ich will mit meinen eigenen Händen die Menschen beschützen. Viele Menschen, zahllose Leben will ich verteidigen. Ich will ihr Beschützer, ihr Retter sein!“
 

Erste Regel des Hiten Mitsurugi Ryu: Das Schwert soll für die Menschen dieser Welt geschwungen werden. Für den Schutz der Schwachen.
 

„Wenn ich mit meinem Schwert eine neue Welt erschaffen kann... eine Welt, in der jeder friedlich und ohne Angst leben kann... Wenn mein Arm diese Welt erschaffen kann... dann werde ich der Bote des Tenchuu sein... dann werde ich der Vollstrecker der höheren Gerechtigkeit sein. Ich werde töten!“
 

Noch lange nach Einbruch der Nacht saß Kenshin grübelnd am Fenster und beobachtete die Sterne. „Hiten Mitsurugi Ryu... Tenchuu... Menschen beschützen... töten...“
 

Weder hatte er die geistige Reife noch die Erfahrung um zu begreifen, was ihn die Entscheidung der Unterwerfung seines Schwertes unter das Tenchuu kosten würde.
 


 

--
 


 

„Glaubst du, der Junge weiß, worauf er sich eingelassen hat?“ fragte Takasugi mit schneidender Stimme, nachdem der Junge den Raum verlassen hatte. Er war von Katsuras Entscheidung, Kenshin mit nach Kyoto zu nehmen, überhaupt nicht begeistert und von Kenshins Zustimmung noch viel weniger.

Nicht nur, dass Katsura ihm seinen besten Mann der Kihei-tai wegschnappte...

„... du ruinierst die unschuldige Seele dieses Jungen, bist du dir dessen bewusst? Ich bin mir sicher, er hat nicht einmal verstanden, was du von ihm verlangt hast!“
 

Langsam trank Katsura seinen Tee zu Ende, bevor er das Schälchen sanft absetzte und er seinen langjährigen Freund fixierte. Nur das leichte Beben seiner Stimme verriet seine innere Unruhe. „Du weißt, ich würde es selbst tun, wenn ich könnte!“
 

„...Ich weiß,“ seufzte Takasugi. „Aber niemals kann die Revolution von jemand angeführt werden, dessen Hände blutig sind. Du musst sauber bleiben... und andere im Verborgenen für dich töten lassen.
 

Dieser idealistische Junge wird bald die blutige Realität der Revolution kennen lernen. Er wird zu dem Vorboten des Tenchuu. Nach dieser Philosophie haben wir alle zu handeln geschworen. Deshalb weiß ich, dass du ihn benutzen musst – ich weiß, dass dir das nicht leicht fällt. Daher bitte ich dich: entsage dem Schwert. Als potentieller Anführer eines neuen Japans muss dein Leben vorbildlich und rein sein. Du darfst nicht die Macht in der einen und eine blutbefleckte Klinge in der anderen Hand halten. Entsage dem Schwert. Konzentriere dich auf das Führen der Patrioten Choshuus!“
 

Langsam verließ Katsura Kogoro den Raum. Vor der Tür blieb er stehen. „... du hast mein Wort. Als Anführer von der Ishin Shishi Choshuus werde ich nie wieder ein Schwert ziehen.“ Dann verließ er den Raum.
 

„Tss..“ Mit einem Achselzucken nahm Takasugi sein Saiteninstrument zur Hand und begann, sich in die Musik zu vertiefen. „Während der eine sich als Anführer in das Licht der Geschichte emporhebt, steigt der andere in das Dunkel der Hölle hinab... Wir Menschen sind doch alle nur Spielbälle in den Händen des Schicksals...“
 

Wie Kenshin verbrachte auch Katsura die Nacht ohne viel Schlaf.

Morgen würden sie nach Kyoto aufbrechen. Morgen würde es beginnen...
 

„Göttliche Gerechtigkeit zu erreichen scheint manchmal reiner Wahnsinn zu sein... doch es ist Gerechtigkeit. Das ist, was mich und den Choshuu-Clan motiviert! Am Ende Gerechtigkeit.... auch wenn die Mittel und Wege wahnsinnig erscheinen. Yoshida-Sensei...“
 

Er umklammerte den Griff seines Schwertes, dem er heute für immer entsagt hatte.

„Kenshin... mit deinem Schwert können wir das alte Zeitalter zerstören und ein Neues errichten. Endlich wird die wahre Revolution beginnen...“
 


 

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Anmerkungen:

In diesem Kapitel wollte ich besonders den fundamentalen Unterschied zwischen den zwei Philosophien, die hinter der Mitsurugi-Technik und hinter dem Tenchuu stehen, herausarbeiten. Und Kenshins Naivität, der sich blindlings für etwas entscheidet, was er gar nicht versteht.
 

Danke für’s Lesen, und bitte schreibt mir Reviews, damit ich weiß, wo meine Stärken und Schwächen liegen und ob sich die Mühe des Weiterschreibens lohnt ;) Danke!
 


 

Worterklärungen:
 

Battoujutsu: Techniken des Schwert-Ziehens. Schwerpunkt vor allem auf dem Schneiden.
 

Ken-ki: Kämpfergeist
 

Katsura Kogoro:

Führer der Choshuu Ishin Shishi. Später mit Saigou Takamori und Satchou Doumei zusammen verbündet (genannt: Ishin Shishi-Triumverat). Zwang den Shogun 1868 zum Abdanken und gab die Macht an den Kaiser zurück.
 

Takasugi Shinsaku:

Anführer der Kihei-Tai, der Armee, die Choshuu gegen das Shogunat aufstellte.
 

Ryo: jap. Geldwährung.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2009-03-15T14:45:32+00:00 15.03.2009 15:45
Hmmm... Kenshins Naivität und die beiden Philosophien hast du wirklich gut rüber gebracht... außerdem gefällt mir, dass du scheinbar wirklich Ahnung von der Geschichte hast und nicht falsche Fakten einbaust. (<=Das bei manch anderen FF's hasse!!!)
Übrigens muss ich Schneekatze widersprechen: Ich mag die Absätze, für mich ist es dann irgendwie leichter zu lesen weil man nicht ständig die Zeile verliert. Wenn alles in einem Block geschrieben ist, finde ich es bei weitem anstrengender zu lesen (vor allem am Computer)
Muss gleich weiterlesen gehen,
lg
naias
Von: abgemeldet
2008-11-25T23:05:40+00:00 26.11.2008 00:05
Man, wieviel Ahnung du hast da erblasse ich ja regelrecht vor Neid .//.
Studierst du japanischer Geschichte oder ist das nur das Ergebnis sehr guter Recherche?
Meine Güte ist das ne miese sau, dieser kerl... n unschuldiges Kind zum Mörder machen, das nenn ich mal skrupellos... aber irgendwie... muss man da auch zwei Seiten sehen... das Wohl der Gesamtheit vor dem Wohl des einzelnen :/, naja über diesen Ausdruck lässt sich streiten und das möchte ich nicht länger vertiefen.
Und Kenshin in seiner kindlichen Naivität,lässt sich auch noch darauf ein, einem Traum von einer besseren Welt nachhängend...
Armes Bengelchen ;__;
Achja, du hattest ja gesagt du möchtest Kritik haben ^^; nur eine kleine Sache hätte ich anzumerken; mach doch bitte nicht nach jedem Satz oder nach jedem zweiten eine Leerzeile, das stört den Lesfluss und man muss nur unnötig scrollen... ausserdem verhackstückelt es den Text total ^^"
Aber ansonsten nix zu meckern und das ist recht selten bei mir der Fall.
Die FF hat übrigens schon jetzt einen festen Platz in meiner Favoliste und ich werde sie bestimmt weiter empfehlen!

lg, Katze
Von:  Carcajou
2008-01-06T01:43:29+00:00 06.01.2008 02:43
Die beiden Philosophien sind sehr schön deutlich geworden, aber auch vor allem Kenshins Naivität, die von seinem Idealismus noch überflügelt wird- eine gefährliche Mischung.
Einmal Töten für eine Idee, eine Vision, eigentlich beinahe etwas abstraktes- und dem gegenüber Töten, um direkt und unmittelbar zu schützen (Auf Uhrzeit schielt) hab ich doch richtig verstanden, oder?
Und auch Kogoro trifft seine Entscheidung nicht leichtfertig, weiß er doch genau, was er Kenshin damit antut... Alle verlieren, damit das Volk gewinnt.
Ich mag die gezielte Verwendung japanischer Begriffe!
Damit taucht man tiefer in diese Welt ein, es wirkt realer, unmittelbarer. Wenn ich diesbezüglich einmal Fragen haben sollte, dann darf ich dich nerven?
Ein sehr schönes Kapitel, das einem Kenshin und seinen "Mentor" noch einmal deutlich näher bringt.

LG,
Carcajou


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