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神奈川KINGDOM - 与太者

Kanagawa-KINGDOM - good-for-nothing
von

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Spitfire

Während des Spiels achtete er sorgsam auf jede Veränderung der Mienen, zog jeden Ausdruck der Überraschung, des Triumphes oder Bedauerns in Rechnung und sammelte so viel verwendbares Wissen. Die Art, wie ein Spieler einen Stich aufhob, verriet ihm, ob dieser noch einen zweiten Stich in der gleichen Farbe hatte, und je nach dem wie die Karte gespielt wurde, erkannte er, ob es sich um eine Ablenkung handelte. Ein zufällig oder unbedacht hingeworfenes Wort - das gelegentliche Fallenlassen oder Umwenden einer Karte, das der betreffende Spieler durch eine ängstliche oder gleichgültige Bewegung zu vertuschen versuchte - das Zählen der Stiche und die Art, sie zu ordnen - verwirrtes, zögerndes, hastiges oder zitterndes Ausspielen - all das gewährte ihm einen, scheinbar schon intuitiv gewonnenen, Einblick in den Gang des Spiels. Schon nach den ersten zwei bis drei Runden kannte er die Karten, die jeder Spieler in der Hand hielt, als ob er sie offen vor sich liegen hätte, und spielte daher mit unfehlbarer Sicherheit.

Und das musste er auch, denn in diesem Spiel ging es nicht nur um seine Ehre als Rennfahrer, nein, es ging auch um eins der schnellsten Bikes der umliegenden Gangs - eine XV 535 Virago.

Natürlich hätte die ganze Angelegenheit auch einfach durch ein Motorradrennen geregelt werden können, doch da die Polizei in letzter Zeit sehr viel in ihrem Gebiet patrouillierte, fiel diese Möglichkeit zwangsläufig ins Wasser, denn niemand von ihnen war besonders erpicht darauf ein Bußgeld zu bezahlen oder den Führerschein abgezogen zu bekommen.

Der Blonde betrachtete den Spieltisch. Poliertes Mahagoni.

Eher selten in diesen Breiten. Nakamura musste viel Geld in diesen Club investiert haben.

Der Letzte, ein ziemlich schmieriger Typ, warf seine Karten laut fluchend auf den Boden.

"Gib es zu! Du trickst, du Arsch! Wenn ich das rausfinde, dann bist du dran!"

Soweit er sich erinnerte, war er ein Stuntbiker gegen den er schon einmal gewonnen hatte. Kein Wunder also, dass der Andere sich aufregte.

Der Blonde lächelte nur leise, stand auf und ging zu Toshiaki hinüber, der ihm murrend und mit gesenktem Kopf den Schlüssel und die Papiere übergab.

Toshiaki war selbst ehemaliger Stuntfahrer und Besitzer einer Kneipe im Nachbarbezirk. Ein langer, dürrer Mann, dem das Haar in fettigen Strähnen bis auf die Schultern hing, und trotzdem mochte der Blonde ihn recht gerne.
 

Vegetarische Pizza aß er für sein Leben gern. Er zog den goldgelb gebräunten Teig, beladen mit vielen verschiedenen Gemüsesorten, aus dem Backofen. Gewöhnlich probierte er sofort ein Stück, aber heute verlief alles anders als sonst, sein Magen geriet erneut in Aufruhr, rebellierte, verweigerte jede Nahrung...

Kopfschüttelnd ließ er sich auf seine schon etwas ramponierte Couch fallen und legte die Hände in den Nacken. Nach einer Weile wagte er einen Blick aus dem Fenster. Es bot freien Ausblick auf eine der Straßen des Viertels. Die Häuser waren schon ziemlich alt, aber letztens erst neu gestrichen worden. In den unteren Etagen waren ein paar Geschäfte, Kneipen, Cafés und Mini-Supermärkte. Wegen der sommerlichen Temperaturen zog es alle nach draußen ins Freie. Irgendwo gurrten Tauben.

...Ja, er mochte seine Wohnung. Sie war etwas zu groß für ihn allein und durch die fehlenden Schränke und Tische, sahen die Zimmer etwas kahl aus, in einem großen Zimmer standen beispielsweise nur Kartons mit irgendwelchem Kram herum, aber sonst?

Hohe Wände, teilweise mit allen möglichen Schriftzügen besprayt, Flyer an den Türen, ein bequemes Futon, eine mittlerweile fast schon zu große Platten- und CD-Sammlung... aber irgendwas fehlte noch...
 

Viele Gäste saßen draußen unter den Sonnenschirmen vor Yasushis Snack-Bar. Überall frohes Lachen und Gequatsche. Manchmal hörte er es bis oben in seine Wohnung, bei offenem Fenster.

Mit einem leichten Lächeln setzte er seinen Rucksack auf, stieg auf seine Suzuki und gab Gas, erntete dafür bewundernde Blicke einiger Jugendlicher. Aus dem Lächeln wurde ein Grinsen. Kurze Zeit später war er außerhalb der Stadt und fuhr kilometerweit den Fluss entlang, genoss das Gefühl des Windes in seinen Haaren. Durch den Hafen, dann durch ein Dorf bis in die Gegend, wo oberhalb des Strandes Parkanlagen das Ufer säumten und Gartengrundstücke mit Landhäusern. Hier stieg die Küste an. Wer hier wohnte, schaute weit über das Meer, über die Dörfer und das Land. Und überall roch es nach Blumen, Gras, Bäumen und Wasser.

Manchmal brauchte er das. Ruhe, Natur und Zeit zum Nachdenken. Manchmal war ihm das Leben um ihn herum zu hektisch. Dann fuhr er los, einfach in irgendeine Richtung und erst wenn er genug hatte, kehrte er um. Solche Phasen konnten bis zu drei Tagen dauern. Drei Tage, in denen er sich von allem Stress der letzten Wochen erholte und statt Anspannung nur noch Adrenalin beim Fahren verspürte.

Am höchsten Aussichtspunkt stellte er sein Motorrad ab, um den Hügel hinunterzulaufen. Nebenbei zog er seine Lederjacke aus und fühlte wie die frische Luft angenehm über seine Haut strich. Unten angekommen, weg von Straßen und Häusern, dicht am Wasser fühlte er sich glücklich.

Das Rauschen der Wellen klang so friedlich in seinen Ohren. Schnell zog er seine Stiefel und Socken aus und grub seine Zehen tief in den sonnenwarmen Sand. Dann erst lief er langsam los, beobachtete einen kleinen Krebs, der seitlich aufs Wasser zu eilte.

Auf seinem Weg kamen ihm nur wenige Menschen entgegen. Die meisten nahmen keine Notiz von ihm. Bald erreichte er den Strand und Hafen eines kleinen Städtchens. Hier waren schon etwas mehr Menschen unterwegs. Doch er mochte es zu wissen, nicht ganz allein zu sein.

Er lief auf eine Mauer zu, warf nacheinander Rucksack und Schuhe über die Kante, packte einen vorspringenden Steinbrocken und zog sich hinauf. Das Mauerwerk war breit genug und warm, um sich darauf auszustrecken und hineinzudämmern in den Abend.

Am Himmel die letzten rötlichen Spuren des Sonnenuntergangs, um ihn herum die Strandgesellschaft in Faulenzerstimmung - Ruhe, Frieden, begleitet von leichten Wellenschlägen, halblauten Gesprächen und gedämpfter Musik.

Er beobachtete eine elegant gekleidete junge Frau, die allein und mit schnellen Schritten barfuss am Strand entlang lief. In einer Hand hatte sie eine kleine Handtasche, die sie leicht zur Seite ausstreckte um das Gleichgewicht zu halten. Sie hatte rote Haare und trug ein leichtes dunkelblaues Sommerkleid. Hübsch.

Er ließ den Blick weiter durch die Gegend schweifen.

"Ey, was machst du auf meiner Mauer?", erklang es allerdings plötzlich links von ihm, weder ärgerlich noch neckend, ziemlich neutral eigentlich.

"Sie belagern, siehst du doch~", antwortete er freundlich. "Ist nun mal ein beliebter Platz."

Der Blonde setzte sich auf, betrachtete nun eingehend den Neuankömmling, der sich grade neben ihm niederließ und eine Zigarettenpackung aus seiner Hosentasche fischte.

Sah ja eigentlich ganz nett aus.

"Auch eine?"

Der Andere hielt ihm die Schachtel hin.

"Ja klar, danke~"

Eine angenehme Stille entstand und er nahm sich die Zeit seinen neuen Sitznachbarn vorsichtig genauer zu mustern.

Gebleichte Haare, ein halb zugeknöpftes Hemd, ausgewaschene Jeans und Chucks. Und faszinierende blau-graue Augen.

Matsumoto, der junge Anführer der Kanazawa-Kingdoms - dem angeblich vorgeworfen wurde, bei einer Verkehrskontrolle einen Polizisten erstochen zu haben. Oder jemand, der ihm ganz unglaublich ähnlich sah, denn besonders gefährlich oder bösartig schien er heute nicht drauf zu sein.

Die Meisten, die ihn schon mal getroffen hatten, erzählten, er sei meistens ruhig und relativ höflich. Er hätte seinen eigenen Ehrenkodex, an den er sich gebunden fühle.

In der Kanazawa Gangstruktur sei er ein ziemlich hohes Tier - hätte ungefähr fünfzig Leute unter sich.

Und eben deshalb war er auf der Hut. Man konnte nie wissen, welche Auswirkungen ein falsches Wort oder eine falsche Bewegung hatten.

Kurz blickte er in die Augen des Anderen, die ihn dieses Mal auch kurz fixierten. Sein Temperament war bekannt. Den Polizisten nicht mitgezählt, stand er im Verdacht, persönlich acht Morde begangen zu haben. Sieben davon fielen unter die Rubrik Bandenkriminalität. Das achte Opfer war ein junger Mann gewesen, der sich vermutlich an Matsumotos frühere Freundin herangemacht und dafür auf dem Parkplatz einer Tankstelle drei Schüsse ins Gesicht kassiert hatte.

"Du bist nicht von hier, nicht wahr?"

Matsumotos Stimme schien nicht ganz zu seiner Vergangenheit zu passen, denn sie klang weder schroff noch kratzig, wie er es am Anfang erwartet hätte.

"Nein. Aus der Nähe von Toyama."

Der Blonde senkte wie gewohnt den Blick, wenn er mit jemandem sprach, der höher gestellt war, erntete jedoch nur ein entnervtes Murren dafür.

"Man, lass die Scheiße. Man kann auch ohne den ganzen Höflichkeitsmist miteinander reden!"

Solche Worte aus dem Mund eines Gangführers...

Also hob er den Blick wieder. Und Matsumoto grinste, als hätte er seine Gedanken gelesen, und streckte ihm die Hand hin.

"Matsumoto, Takanori. Aber nenn mich ruhig Ruki."

Er lächelte und schlug ein.

"Suzuki, Akira. Kannst auch Reita zu mir sagen."

Vielleicht war es dumm, ihm so schnell zu vertrauen. Aber auf Rukis Gesicht lag ein offener, freundlicher Ausdruck. Er schien es also ernst zu meinen.

Die Sonne war bereits untergegangen und trotzdem herrschte am Strand noch helle Aufregung. Jetzt sorgten Strandclubs für angenehme Hintergrundmusik und Reita bemerkte ab und an, dass sein Sitznachbar im Takt dazu mit dem Fuß gegen die Mauer tippte.

"Du fährst Motorrad, oder?"

"Japp."

"Und wieso trägst du dieses Ding da im Gesicht?", fragte Ruki weiter mit unverkennbarer Neugier.

"Wegen Aufmerksamkeit. Und wie du siehst, krieg ich sie auch."

"Stimmt."

Damit beschloss er offenbar das Thema fallen zu lassen und konzentrierte sich wieder auf etwas anderes.

"Seit wann fährst du Motorrad?"

"Ähm...seit knapp sechs Jahren. Ich fahr auch bei Rennen..."

Es war äußerst selten, dass Reita von sich aus erzählte, denn eigentlich war er eher ein stiller Zeitgenosse, der seine Zeit mit wichtigeren Dingen verbrachte. Aber Motorräder waren ein Thema, dass ihn wirklich auftauen ließ. Und Ruki hörte auch interessiert zu, während er erzählte, stellte Fragen und brachte eigene Erfahrungen mit ein.

Doch selbst jetzt war er noch immer vorsichtig was er Ruki anvertraute. Denn selbst wenn ein Mensch erst mal freundlich reagierte, bei so einer Vorgeschichte konnte seine Laune sicherlich von jetzt auf gleich umschlagen.

Allerdings schien das nicht in seinem Interesse zu liegen.

Ruki selbst erzählte von seinem Zuhause, denn eigentlich kam er nicht aus Kanazawa. Sein Zuhause lag weiter nördlich auf Hokkaido. Aber dort war es ihm zu langweilig und kalt gewesen und so war er, weg von seiner Familie und Vergangenheit, auf die Hauptinsel Honshu gezogen. Und offenbar gefiel es ihm hier, das bemerkte man an seiner Mimik, wenn er darüber sprach.

Dann wieder eine etwas längere Schweigepause, in der sie eine Zigarette rauchten.

Ruhe und Entspannung auf der Mauer am Strand.

Von der Mauer, ursprünglich Fassade eines einfachen Häuschens, standen heute nur noch die Grundmauern, stetig weiter zerfallend. Reita hatte sie bei einem seiner Trips entdeckt und seitdem kam er immer wieder hierher.

Ruki seinerseits hatte hier einmal Schutz vor einer anderen Gang gefunden und sich dann in diesen Platz verliebt.

Lange noch redeten sie, bis sie bemerkten, dass selbst die Musik aus den Clubs immer leiser wurde und schließlich ganz verschwand.

Ruki gähnte hinter vorgehaltener Hand und zündete sich dann schon die nächste Zigarette an.

"Wie spät ist es?"

Reita kramte sein Handy heraus. Vier Uhr. Mittlerweile war es auch kühler geworden.

"Ich denke, wir sollten langsam gehen. Wo steht dein Bike?"

"Hier gleich um die Ecke. Ich bin zu faul zum Laufen~", gab Ruki grinsend zu.

"Willst'es mal sehen?"

Reita nickte nur und schon sprang Ruki von der Mauer und schnappte sich seine Tasche.

"Dann komm. Wo steht deins? Wenn's weit ist, bring ich dich hin~"

Reita lächelte.

Der Weg war wirklich kurz. Knappe 50 Meter vom nächsten Strandclub entfernt stand Ruki Maschine gut versteckt in einer Nische. Ein Chopper mit verlängerter Vordergabel. Außerdem war die meiste Verkleidung entfernt, sodass man die imposante Mechanik sehen und betrachten konnte.

"Hübsches Teil. Was hat's gekostet?"

"Reden wir besser nicht drüber. Das Ding hat mich am Anfang fast arm gemacht. Das war früher ne Suzuki VS 1400 Intruder. Erkennt man zwar nicht mehr, aber das is ja der Sinn dabei, ne?"

Ruki lachte leise. Dann stieg er auf und klopfte hinter sich auf das mit Leopardenmuster besprayte Leder.

"Na komm schon. Oder willst du lieber laufen?"
 

Eine knappe Stunde später schloss er die Tür zu seiner Wohnung auf. Dann legte er seinen Schlüssel auf die Kommode und drehte sich wieder zu Ruki um.

"Kommst du noch mit rein, oder nicht?"

Mittlerweile hatte er seine Scheu vor Ruki verloren. Er schien ganz ok zu sein.

"Aber nur noch kurz. Bin müde..."

Ein verständnisvolles Lächeln.

Eine Stunde später allerdings, saß Ruki immer noch auf Reitas altersschwacher Couch, sichtlich angeheitert von den zwei Flaschen Sake, genau wie Reita auch, und erzählte spontan Parodien aus seinem Leben, sprach zum ersten Mal auch von sich aus von den Kanazawa-Kingdoms und seiner Einstellung dazu.

Nach eigener Aussage war Ruki mit achtzehn Jahren in die asiatische Unterwelt abgetaucht und hatte seitdem Verbindungen zu vietnamesischen, thailändischen und chinesischen Gangs aufgebaut, was ihm anscheinend viel Respekt hier in Japan verschaffte und ihn nicht zuletzt an die Spitze der Kanazawa-Kingdoms gebracht hatte. Aber sehr zu genießen schien er es nicht. Es sei ihm einfach zu stressig und er würde auch lieber wieder sein eigenes Ding durchziehen.

Langsam aber sicher gingen neben dem Alkohol auch die Zigaretten zur Neige und kurz vor sieben Uhr morgens war Ruki in einer sehr merkwürdigen Pose auf seiner Couch eingeschlafen. Reita hatte es immerhin noch geschafft, sich ins Bett zu schleppen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2008-04-14T19:20:40+00:00 14.04.2008 21:20
uiii hört sich schonmal spannend an ^^
nur gefällt mir das ende de kaps nicht~
is irgendwie mittendrin~
aber sonst so voll niedlich
ich bin ja gespannt was noch so passiert ^^
haste toll geschrieben
*knuddel*
*kisu*
hab dich lieb
deine myv
Von: abgemeldet
2008-04-11T08:17:51+00:00 11.04.2008 10:17
Seh grad das du noch kein Kommi hast
also mach ich mal den anfang^^
ich finde das FF bis jetzt gut
ud es verspricht ja auch spannend zu sein
naja aba ob das in so einer situation wie sie bei Reita und Ruki ist
wirklich was werden wird ...
ich lass mich jedenfalls überraschen und freu mich schon aufs nächste kapi
kannste mir vlt ne ens schreiben wenns weiter geht?

lg Taka


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