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Out of Time

In der falschen Zeit!
von

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Begegnungen

Das nächste Kapitel folgt sogleich... Vielen Dank an meine Leser und Reviewer Sarai-san und roter Mondschein! Ihr motiviert mich zum weiterübersetzen ^_^
 

Out of Time

In der falschen Zeit
 

Kapitel 6: Begegnungen
 

--
 

1878
 

“Ich kenne ihre Namen,” sagte Battousai ruhig zu Sano, während sie sich zusammen auf die Stufen draußen vor dem Eingang zum Aoi-ya setzten.

„Du musst sie mir nicht beibringen. Misao ist die mit dem Zopf und nennt mich Himura. Megumi ist die Ärztin. Und das andere Mädchen ist Kaoru.“
 

Sano zuckte zurück, als Battousai von Kaoru nur als „anderes Mädchen“ sprach. Aber immerhin war es ein Anfang. „Gut,“ sagte er. „Nur redest du alle mit der Endung –dono an.“ Er unterbrach sich. „Eigentlich sprichst du alle Frauen mit –dono an.“
 

Battousai nickte. „Gut. Misao-dono, Kaoru-dono und Megumi-dono. Und dich soll ich Sanosuke nennen.”
 

„Du sollst gar nichts,“ erwiderte Sano verstimmt. „Ich bin dein Freund. Nenn mich, wie du Lust hast. Wir sind hier nicht bei irgendeinem militärischen Manöver, Himura. Du lernst die Namen der Menschen, die sich um dich sorgen.“

Der Junge antwortete nicht, sondern starrte nur in seine Hände.
 

Sano hielt inne, als er sah, wie unwohl sich sein Freund zu fühlen schien. „Himura, alles in Ordnung?“

Battousai schluckte und nickte dann kurz. „Sind wir hier fertig?“

„Was ist los? Fühlst du dich wieder krank?“

„Mir geht es gut,“ sagte Battousai kalt. Dann nach einer längeren Pause: „Können wir jetzt reingehen?“
 

“Was?”

“Jeder starrt mich hier an. Ich kann mich den Menschen hier nicht so offen zeigen. Ich bin zu leicht erkennbar.“
 

Sano sah auf die Strasse vor ihnen, auf der viel los war. „Ich hab mich wohl schon daran gewöhnt. Die Leute schauen dich immer an. Ich meine, wie viele rothaarige Samurai kriegen sie schon zu Gesicht? Deswegen verstehe ich auch nicht, warum du dir überhaupt die Mühe machst, deine Narbe zu verdecken. Wer allein durch deine Haare noch nicht auf den Trichter gekommen ist, wer du bist, dem hilft die Narbe auch nicht weiter.“ Sano schaute auf das Pflaster auf Kenshins linker Wange.
 

„Ich sollte nicht hier sitzen,“ sagte Battousai wieder. „Du kannst das nicht verstehen.“

„Erklär’s mir!“
 

Der Rothaarige sah endlich auf. “Ich fühle eine ganze Menge an negativer Ki. Es ist fast so, als ob die Shinsengumi um die Ecke warten würden.“

Sano lachte. „Das ist alles? Nun, ich kann dir versichern, dass es mit den Shinsengumi keine Probleme mehr geben wird, die gibt’s schon seit Jahren nicht mehr. Und die negative Ki kommt vermutlich von irgendwelchen Polizisten, die nicht begeistert darüber sind, dass du ein Schwert trägst.“ Er lehnte sich zurück an die Stufen.
 

Battousais Augen verschmälerten sich, während er die Menschen auf der Strasse musterte. Er sah einen Polizisten etwas weiter entfernt stehen und ihn beobachten. Vielleicht hatte Sanosuke ja recht. Vielleicht kam dieses negative Gefühl nur von diesem Mann. Aber irgendwie kam ihm die Ki dieses Mannes auch bekannt vor.
 

„So, jetzt fehlt nur noch Yahiko.“

Der Junge verlagerte seine Aufmerksamkeit von der Strasse wieder auf Sano neben sich. „Was?“

Sano grinste. „Du musst nur noch Yahiko treffen und dann kennst du alle hier. Hoffentlich kannst du wieder zurück, bevor du noch mehr Leute kennen lernen musst.”

Batousai sah zurück zu der Stelle, an der der Polizist gestanden hatte, aber er war verschwunden. „Yahiko? Ist das der, den du kleiner Bengel genannt hast?“
 

Sano lachte. “Ja, das ist er. Aber nenn du ihn ja nicht so. Ich meine, es ist zwar die Wahrheit – er ist ein Bengel - aber Yahiko verehrt dich als Helden und es würde ihn verletzen, wenn du ihn so respektlos anreden würdest. Er nervt zwar, aber er ist ein guter Junge. Wenn du ihm nur zunickst, dann reicht das schon.“

Sano schmunzelte. „Ach ja, und nenn ihn auch nicht Yahiko-chan, außer du willst, dass er explodiert. Das ist zwar lustig, aber nicht notwendig.“ Er kratzte sich. „Als ich ihn das letzte Mal so genannt habe, ist er mir mangels einer Waffe auf den Kopf gesprungen und hat mich doch tatsächlich gebissen.“
 

Battousais Augen weiteten sich und für einen kurzen Moment kam ein leises Lachen zwischen seinen leicht gekräuselten Lippen hervor. „Das hört sich nach dem an, was ich als Kind immer getan habe.“

Sano starrte den normalerweise bitterernsten Mann neben ihm für einen Moment an. Hatte er wirklich gelacht? „Irgendwie fällt mir diese Vorstellung schwer.“
 

Gerade wollte er noch mehr sagen, als Megumi aus dem Inneren vom Aoi-ya nach ihm rief. Sano seufzte. Sie rief nicht, sie kreischte. Entschuldigend sah er zu dem Jungen an seiner Seite. „Ich komme gleich wieder. Warte hier auf mich.“ Er zögerte noch kurz, bevor er schließlich mutig hineinging.
 

Battousai lehnte sich an die Stufen zurück und schloss die Augen, ein Versuch, sich zu so entspannt zu fühlen, wie Sano es tat. Doch er kam sich immer noch vor wie auf dem Serviertablett, und das war nicht gerade das, was einen locker werden ließ. Noch dazu ging hinter ihm plötzlich die Tür auf und ein braunhaariger Junge stolperte in hohem Bogen über ihn drüber.
 

„Was soll das, du versperrst den Ausgang!“
 

Battousai starrte den Jungen mit den braunen Stachelhaaren an, der sich vor ihm wieder aufrappelte. „Yahiko?“
 

Der Ärger des Jungen schien ein bisschen abzuklingen, als er sah, wie der Mann vor ihm Mühe hatte, seinem Gesicht den Namen zuzuordnen. Yahiko beruhigte sich und er setzte sich neben Battousai, ihn kritisch von der Seite musternd. „Die haben gesagt, du hast irgendein Fieber. Deswegen bist du so verwirrt.“
 

„Mir geht es gut,“ sagte Battousai sanft.

Yahiko zog eine Grimasse. „Das sieht man.“

Keiner von ihnen sprach die nächsten Minuten und beide schauten schweigend dem Treiben auf der Strasse zu.

„So,“ brach Yahiko schließlich das Schweigen, „hast du schon was gegessen? Du hast heute morgen das Frühstück verpasst.“
 

Battousai verneinte kopfschüttelnd. „Ich bin nicht hungrig.“

„Ich hol dir trotzdem was. Wenn du krank bist, dann solltest du was essen.“ Der Junge stand auf und ging an ihm vorbei wieder zurück ins Aoi-ya. In Rekordzeit war er wieder da, ausgerüstet mit einer Schüssel Suppe, die er dem Rotschopf in die Hand drückte.

Etwas zögerlich bedankte sich Battousai und aß vorsichtig einige Löffel. Yahiko beobachtete ihm dabei. „Vorsicht, sie ist noch heiß. Kaoru hat sie gerade erst gekocht.“
 

Der Junge Mann schielte zu Yahiko herüber.

„Was soll das sein?“ fragte er mit verzogenem Gesicht. „Es schmeckt... scheußlich...“
 

„Kaoru hat sie gemacht,“ sagte Yahiko nochmals, als ob das irgendwas erklären würde.
 

„Aber...“ Battousai suchte nach den richtigen Worten. “Aber was IST das? Es schmeckt... verbrannt. Sie hat die Suppe verbrannt!“

Er schaute fassungslos die Schüssel an, als ob nicht glauben konnte, das so etwas möglich war.
 

Langsam würgte er dann doch die flüssige Brühe herunter, dankbar, wenigstens etwas im Magen zu haben. Yahiko beobachtete ihn dabei. Unterdessen überlegte sich Battousai, wie er sich wohl für die Suppe bedanken könnte, ohne beleidigend zu werden. Er hatte das Gefühl, dass das so ähnlich sein würde, wie sich bei Katsura-san für einen weiteren Mordauftrag zu bedanken.
 

„Wer bist du?“ fragte Yahiko plötzlich.

Battousai verschluckte sich und hustete. Angespannt und abwartend schaute er den Jungen an.

„Du bist nicht Kenshin. Du siehst so aus... na ja, ziemlich... Aber du bist es nicht.“ Wegen Battousais abwartendem Blick fügte er erklärend hinzu: „Kenshin würde NIEMALS so schlecht von Kaorus Essen sprechen, selbst wenn er gerade daran sterben würde. Außerdem lächelst du zu wenig.“
 

„Lächeln?“
 

Yahiko nickte, ohne den Mann neben ihm anzuschauen. „Jaaah. Kenshin lächelt immer, auch wenn er eigentlich nicht lächeln will. Es sind Kleinigkeiten, die anders sind. Das Lächeln. Deine Haare: sie sind zu gekämmt. Und deine Augen sehen anders aus. Sano sagt zwar, du bist Kenshin und die Mädchen glauben ihm das auch, aber ich nicht. Also, wer bist du? Bist du ein Verwandter?“
 

Battousai sah den Jungen an. Sano hatte ihm gesagt, er sollte ihn mit Respekt behandeln. Das würde nicht sehr schwierig sein, denn der Junge war wirklich scharfsinnig. „Du würdest einen guten Schwertkämpfer abgeben,“ stellte Battousai schließlich fest. „Du bemerkst die kleinen Dinge.“

Yahiko versuchte, ein stolzes Grinsen hinter seinem trotzigen Blick zu verstecken. „Du hast meine Frage nicht beantwortet! WER bist du? Ich werde nicht gehen, bevor du es mir gesagt hast!“ Ein anderer Gedanke schien plötzlich sein Gehirn zu durchzucken.

„Warte! Wenn du nicht... wo ist der echte Kenshin?”
 

Battousai stellte die leere Nudelschüssel neben sich auf die Stufe. „Ich weiß nicht, wo dein Freund gerade ist. Tut mir leid.“
 

Yahiko wurde ein bisschen blass, verbarg es aber schnell hinter einem neuen Wutanfall. „Es wäre besser für dich, wenn das die Wahrheit ist. Denn wenn du irgendwas mit Kenshin gemacht hast, dann werde ich, Myojin Yahiko, persönlich dafür sorgen, dass du dafür bezahlst. Ich habe Kenshin kämpfen gesehen und ich kann dich, wenn ich muss, mit dem Hiten Mitsurugi Stil angreifen! Oder zumindest mit etwas ähnlichem. Ist auch egal, es wird auf jeden Fall weh tun!“ Er sprang einen Schritt nach vorne, wie aus dem Nichts plötzlich sein Bo-ken in der Hand.
 

Battousai lächelte schwach. „Besser, du kämpfst nicht mit dem Hiten Mitsurugi Stil. Damit macht man sich keine Freunde..“

„Ich mache, was ich will!“ schrie Yahiko. „Du bist nicht Kenshin, du kannst mir gar nichts vorschreiben!“
 

Battousais Lächeln wurde breiter. Es kam ihm so vor, als ob er sich selbst in dem Jungen wiedererkennen würde. Hatte er sich auch so bei seinem Shishou aufgeführt?

Yahiko funkelte ihn immer noch an, sein Bo-ken demonstrativ durch die Luft schwingend. „Ich werde eines Tages Kenshin schon noch dazu kriegen, dass er mit mir trainiert! Warts nur ab! Und wenn er es nicht tut, dann werde ich eben zu Hiko gehen und den fragen!“
 

Battousais augenblicklich erlöschendes Lächeln brachte Yahiko zum Schweigen.

„Hiko Seijuro? Er lebt noch?“

Yahiko zog eine Grimasse. „Du KENNST ihn? Hast du auch bei ihm trainiert? Hat er etwa eure ganze Familie trainiert?“
 

Der junge Mann antwortete nicht. „Er LEBT? Jetzt? Wo?“

Er wollte nicht so verzweifelt klingen, aber das war vielleicht seine einzige Chance! Sanosuke schien ja eine nette Person zu sein, aber er hatte ihm bis jetzt nicht großartig weitergeholfen. Und ohne seinen einzigen Vertrauten, Katsura-san, war die letzte noch übrige Person auf der Welt, auf deren Hilfe er hoffen konnte, sein Shishou. Wenn er denn wirklich noch am Leben war – und ihn nicht beim ersten Anblick töten würde.
 

„Jaah,“ sagte Yahiko. „Natürlich lebt Hiko noch. Er ist irgend so ein komischer Einsiedler geworden.“
 

“Komischer Einsiedler?” flüsterte Battousai. Gott, wie alt WAR Hiko jetzt eigentlich? Es waren fünf... nein, fünfzehn Jahre seit ihrer letzten Begegnung vergangen. Wie alt war sein Shishou jetzt? Battousai war sich nicht wirklich sicher, wie alt er überhaupt damals gewesen war, als sie sich zum ersten Mal getroffen hatten. Sein Meister war ihm immer so zeitlos vorgekommen. Er konnte ihn sich einfach nicht als alten Mann vorstellen – und ehrlich gesagt, das wollte er auch gar nicht. Der Mann, der für ihn wie ein Vater gewesen war konnte nicht alt werden... und schwach.
 

„Hey!“ Yahikos Stimme schnitt durch Battousais Gedanken. “Hörst du überhaupt zu? Du hast mir immer noch nicht gesagt, wer du bist. Bist du Kenshins jüngerer Bruder oder so was?“
 

Battousai stand genau in dem Moment auf, in dem Sano zurückkam. Der ehemalige Straßenkämpfer musterte die beiden Gestalten vor sich, die sich anfunkelten und seufzte. „Du hast ihn Yahiko-chan genannt, oder nicht?“
 

Yahiko starrte Sano wütend an. „Nein, Hahnen-Kopf! Er ist nicht so blöd wie du, wer auch immer er ist.“

Sano stürmte die Stufen hinab, rannte Battousai beinahe um und wollte gerade Yahiko erwürgen, als er mit ausgestreckten Armen innehielt. „Was meinst du mit ´wer auch immer er ist?“ Er sah zu dem rothaarigen Mann. „Hast du es ihm etwa gesagt?“

Yahiko schnaufte ungehalten. „Das musste er gar nicht, es war auch so offensichtlich. Er benimmt sich nicht richtig. Ich kenne Kenshin länger als du!“
 

„Länger! Um was – eine Woche?!“
 

“Er ist es nicht.”
 

Die zwei funkelten sich schon wieder an, Sanosuke mit den Händen an Yahikos Kragen und Yahiko mit seinen Zähnen auf dem Weg zum weichen Fleisch seines Widersachers.
 

„Sanosuke,“ sprach Battousai sanft. „Warum hast du mir nicht von meinem Shishou erzählt?“
 

“Huh?” Beide Streithähne hielten mitten in ihren Angriffen inne.

„Warum hast du mir nicht gesagt, das mein Shishou noch lebt? Ich hatte angenommen, dass... wenn Katsura-san auch tot ist...“ Er schüttelte den Kopf und brach den Satz ab.
 

Yahiko befreite sich aus Sanos Würgegriff mit einem kräftigen Biss und schaute verwirrt zwischen den beiden Männern hin und her. „Wer ist Katsura?“
 

„Anführer der Choshu Ishin Shishi während des Bakumatsu,“ sagte Sano und rieb sich die Bisswunde an seiner Hand. „Hast du denn überhaupt keine Allgemeinbildung?“
 

„Ich weiß viele Dinge!“ protestierte der Junge und zog durch sein lautes Rufen nur noch mehr die Blicke der ohnehin schon neugierig starrenden Passanten auf sich. „Aber wie soll ich über die bescheuerte Revolution bescheid wissen? Ich war da noch nicht mal geboren! Hat ER da auch gekämpft?“ Yahiko zeigte mit dem Finger auf den Jugendlichen am Fußende der Stufen.

Sano wusste nicht, was er darauf antworten sollte.
 

„Er denkt, ich bin der jüngere Bruder deines Freundes,“ sagte Battousai.
 

“Er ist nicht Kenshin,” wiederholte Yahiko stur, „also wer sonst könnte es sein? Vor allem, wenn er Hiko kennt!“
 

„Wo genau IST mein Shishou jetzt?“
 

Sano hielt sich nur den Kopf und setzte sich auf die Stufen. Das würde für alle Beteiligten ein langes und anstrengendes Gespräch werden. Mit den zwei Jungen fertig zu werden zu müssen, brachte Sano nur eines: die Erkenntnis, warum Hiko Seijuro ein Einsiedler geworden war.
 

--
 

1865
 

Kenshin beobachtete den Sonnenuntergang vom Stadtrand von Kyoto aus. Er hatte so viel von der umlegenden Gegend und den Wäldern durchsucht, wie bei dem schwindenden Licht noch möglich gewesen war – aber der Junge war nirgendwo mehr zu finden. Jetzt wo es Nacht wurde, wäre es für den Ex-Hitokiri leichter, unbemerkt in das Stadtgebiet von Kyoto vorzudringen und dort den Jungen ausfindig zu machen. Er konnte nur hoffen, dass das Kind nicht schon längst die Stadt verlassen hatte, während er bei Hiko gewesen war. Wenn dieser Junge wirklich sein einziger Weg nach Hause war... Kenshin wusste nicht, was er tun sollte, würde er hier für immer festsitzen. Er würde wahrscheinlich wirklich durchdrehen.
 

Der kleine Rotschopf seufzte, während sich der Himmel hinter ihm in flammendes Rot und Orange färbte. Er hatte Hiko gesagt, dass – wenn alles gut gehen würde – sie sich für eine lange Zeit nicht mehr sehen würden. Was Kenshin NICHT erwähnt hatte, war, dass er Hiko sehr wohl noch ein letztes Mal treffen würde – nämlich dann, wenn Kenshin hier festsitzen, durchdrehen und seinen Schwur, niemals mehr zu töten, brechen würde.
 

Hiko Seijuro war die einzige Person, die ihn dann noch aufhalten könnte. Und wenn Kenshin seinen Verstand letztendlich im Blutrausch verlieren würde, dann wäre es die Verantwortung seines Meisters, sein Leben zu beenden.
 

Das Rot des Himmels hatte sich schon längst zu einem dunklen Violett gefärbt als sich Kenshin langsam zur mit Laternen beleuchteten Innenstadt aufmachte, seine Hand immer in der Nähe seines Sakabatous. Er MUSSTE den Jungen einfach finden. Es gab keine andere Alternative – weder seinen Freunden noch Hiko wollte er das zumuten, was passieren würde, wenn er...
 

Leise schlich sich Kenshin in die belebte Stadt. Es war noch früh am Abend und viele Leute hatten sich noch nicht in die Sicherheit ihrer Häuser zurückgezogen, doch auch das war ein Vorteil. Im Gedränge einer Menge konnte er sich fast genauso unsichtbar machen wie im Schutz dunkler Schatten. Es waren noch wenige, die zu diesem Zeitpunkt seines Lebens wussten, wie Hitokiri Battousai wirklich aussah. Und so lange Kenshin die Shinsengumi und die Ishin Shishi vermeiden konnte, wäre alles in Ordnung.
 

Kenshin seufzte bei diesem Gedanken. Genau – Vermeide einfach die Begegnung mit den zwei gegnerischen Seiten der Revolution, wenn du ganz oben auf der schwarzen Liste der Shinsengumi stehst und du selbst der Top-Killer der Ishin Shishi bist. Zum Glück ließ das dämmrige Licht der Laternen seine roten Haare nicht zu sehr aufleuchten.
 

Es dauerte eine Stunde, bevor sich die Strassen langsam leerten und Kenshin die Deckung durch die Passanten verlor. Er hatte immer noch nicht die leiseste Spur zu dem Jungen gefunden. Bald würden die Patrouillen durch die Strassen gehen und er musste auf sein Glück vertrauen, sich wie ein Schatten unsichtbar zu machen. Kenshin fühlte sich zunehmend entmutigter. Wenn der Junge um diese Uhrzeit noch unterwegs sein würde, dann nicht mehr lange. Ein Herumstreicher würde ohne viele Fragen von den Shinsengumi-Einheiten getötet.
 

Vielleicht saß er aber ja auch in einer der Kneipen?... Kenshin lief nun alleine durch die Strassen und hielt sich an die Schatten und immer, wenn er Stimmen näher kommen hörte, verschwand er rasch in einem Hauseingang oder zwischen zwei Gebäuden. Seine Augen gewöhnten sich schnell an die Dunkelheit und seine Ohren wurden empfindlich für das leiseste Geräusch. Sein Körper war angespannt und handelte fast von alleine und sein Geist konzentrierte sich vollkommen auf eine entfernte Aura – die Shinsengumi waren tatsächlich unterwegs. Und zwar ganz in der Nähe! Seine rechte Hand umschloss den Griff seines Schwertes. Schnelligkeit wäre jetzt das einzige, was ihn bei einem Zusammenstoß mit den feindlichen Kämpfern retten würde.
 

Kenshin glitt in die Schatten eines dunklen Hauseingangs. Er konnte sie schon fast hören und ihre Ki war wirklich leicht zu spüren – irgendetwas hatte die Shinsengumi aufgeregt. Lautlos sprang er wie eine Katze aus dem Eingang und auf das Dach des Gebäudes und vorsichtig überblickte er die Strasse. Die erste Einheit der Shinsengumi näherte sich. Kenshins Augen wurden schmaler. Etwas war nicht in Ordnung. Okita, der Anführer der Einheit, fehlte.
 

Kenshin musterte die umliegenden Strassen, während die Einheit wieder aus seinem Blickfeld verschwand. Nichts ungewöhnliches war zu erkennen, aber damit hatte er auch nicht gerechnet. Dennoch fühlte er eine ganze Menge Schwertkämpfer in der Nähe. Dann sah er in der Ferne Bewegung: Vier Männer rannten eine Strasse entlang, einen Fünften bewachend. Es waren Ishin Shishi, die irgendjemanden eskortierten. Anscheinend jemand wichtigen, denn es waren vier Leibwächter. Einen davon erkannte Kenshin als Ushiro Ryu – dieser Mann gehörte zu den besten Männern Katsuras und Kenshin hatte mit ihm zusammen öfters als Leibwächter gearbeitet.
 

Plötzliches Aufflammen von Ki’s verriert Kenshin, dass die Ishin Shishi entdeckt worden waren. Sekunden später hörte er Geschrei – die dritte Einheit der Shinsengumi war wie aus dem Nichts in der dunklen Strasse erschienen. Sie hatten offensichtlich im Verborgenen gewartet und die erste Einheit nur zur Ablenkung vorausgeschickt. Ein Hinterhalt. Kenshin spürte die Anwesenheit beider Anführer, sowohl von der ersten als auch von der dritten Einheit. Die Situation sah nicht gut aus.
 

Fast direkt vor ihm wurde Ushiro mit seinen Männern von den beiden Shinsengumi-Einheiten schließlich eingekreist. Ushiro winkte seine Männer in eine dunkle Seitengasse zurück und ging davor alleine in Verteidigungs-Stellung.
 

Selbstmord.
 

Er wollte sich selber opfern um die anderen zu retten. Und Ushiro war nicht einmal ein guter Schwertkämpfer – sein Talent bestand darin, dass er die Stadt wie seine Westentasche kannte und sich im Dunkeln gut unsichtbar machen zu können. Doch jetzt zog er sein Schwert. Und er würde sterben. Jeder der Anwesenden wusste, dass er für die Flucht seiner Mitstreiter sterben würde.
 

Kenshins Augenbrauen jedoch zogen sich zweifelnd zusammen - denn ER wusste auch, dass Ushiro erst im Jahr Eins der Meiji-Zeit gestorben war. Aber so wie die Situation jetzt aussah... Was ging hier vor sich?
 

Kenshin sah, wie die beiden Anführer sich zum Angriff bereit machten. Sie hatten nicht vor, viel Zeit zu verschwenden – die Shinsengumi waren nicht bekannt dafür, lange mit ihren Opfern zu spielen. Die Wölfe von Mibu waren sehr effiziente Schwertkämpfer.
 

Okita stürmte auch Ushiro zu und schaffte es, ihn zu verwunden. Es würde nicht mehr lange dauern.
 

Kenshin’s Gesicht verzog sich. Was sollte er tun? Er konnte sich nicht einmischen und wenn, dann war er nicht sicher, ob er mit seinem Sakabatou überhaupt gegen die Feinde ankommen könnte – geschweige denn gegen seinen eigenen, gesunden Verstand, der ihn jeden Moment mehr zu verlassen schien. Aber gleichzeitig... er hatte geschworen, Leben zu retten. JEDES Leben...
 

„Es tut mir leid,“ flüsterte er, während er an seine Freunde dachte, „aber ich kann nicht einfach zuschauen... das kann ich nicht...“
 

Dann sprang er vom Dach hinab.
 

--
 

Saitou Haijme befahl rasch der einen Hälfte seiner Einheit, die durch die Seitengasse geflohenen Ishin Shishi zu verfolgen. Dabei zog er langsam sein Schwert und wollte gerade auf den schon verwundeten Mann zustürmen, der kläglich versuchte, den Weg zu versperren – als plötzlich ein zweiter Schwertkämpfer aus dem Nichts auftauchte und mit dem Schwert auf ihn einhieb.
 

Saitou wich elegant aus und fixierte seinen Angreifer. Sofort erkannte er ihn.
 

„Battousai.“
 

Saitou lächelte kalt. „Du bist also nicht tot. Gut. Ich hatte schon Angst, jemand wäre mir zuvorgekommen.“
 

Der rothaarige Mann vor ihm antwortete nicht, sondern stand still, das Schwert gezogen.
 

Saitou nickte ihm zu und hob sein Katana mit der Linken an, während seine rechte Hand die Spitze zum Gatotsu-Angriff stützte. Battousai steckte langsam sein Schwert ein und bereitete sich zum Battou-jutsu vor. Saitou schmunzelte. „Wir sind beide so berechenbar, nicht? So wird es sein, bis einer von uns den anderen schließlich tötet. Wessen Schwert wird dieses Mal zuerst Blut zu trinken bekommen?“ Dann stürzte er nach vorne.
 

Battousai reagierte sofort, aber dennoch kam er Saitou ungewöhnlich langsam vor. Warum?
 

Beide Männer trafen ihre Gegner. Battousai wandte sich um, sofort in Verteidigungsstellung und einen tiefen Schnitt in der Seite. Er atmete schwer, wenn auch sein Gesicht ausdruckslos wie immer war. Saitou spürte, wie einige seiner Rippen geknackt hatten, aber als er nach unten sah, war er überrascht – er blutete nicht. Langsam richteten sich seine Augen auf Battousais Schwert, das im fahlen Mondlicht schimmerte.
 

Unmöglich!
 

Battousai trug nur ein Schwert, ein Sakabatou! Das erklärte zwar die Langsamkeit seines Battou-jutsu aber sonst ergab nichts einen Sinn. Battousai sollte fast 24 Stunden verschwunden sein, nur um dann wieder aus dem Nichts aufzutauchen, mit einem Schwert, das nicht tötet?
 

Und noch dazu griff der Mann nicht an. Battousai wollte ihn nicht verletzten – er wollte den verletzten Ishin Shishi neben sich schützen.
 

Saitou spukte aus und griff erneut an. Dieses Mal war Battousai schneller, aber nicht schnell genug, um dem ganzen Angriff zu entgehen. Eine zweite Wunde an der Schulter gesellte sich zu der Ersten. Seine Ki pulsierte voller Unsicherheit. Saitou spürte, dass Battousai ihn jetzt am liebsten töten wollte, aber irgendetwas hielt ihn immer noch zurück. Es ergab einfach keinen Sinn. Das war nicht der selbe Battousai, mit dem Saitou in der Vergangenheit schon so oft gekämpft hatte.
 

„Was für ein Spiel spielst du hier, Battousai?“ fragte er kalt, aber er wusste, dass sein Gegenüber nicht antworten würde. Wenige der Shinsengumi hatten überhaupt jemals seine Stimme gehört. Battousai tötete und verschwand. Das war alles.
 

Aber nicht dieses Mal. „Ich spiele kein Spiel. Ich habe nicht den Wunsch dich zu töten, Saitou Hajime.“ Seine Stimme war laut und hell genug, um die Geräusche des Kampfes von Uchiro und Okita nebenan zu übertönen.
 

Saitou schnaubte vor Verachtung. Wie konnte Battousai innerhalb von nur einem Tag so weich geworden sein? Was war mit ihm passiert?

Dann kam ihm ein anderer Gedanke: Was, wenn dieser Mann, der nur körperlich Battousai zu sein schien, es gar nicht war? Der Mann vor ihm war gar nicht so jung, wie Battousai sonst aussah. Nein, Saitou bekam das unangenehme Gefühl, dass der Mann sogar älter wie er selbst sein könnte. Es machte keinen Sinn! Es machte ihn nur wütender. Er griff erneut an.
 

Dieses Mal sah er ein bernsteinfarbenes Glitzern in den Augen seines so vertrauten und doch unbekannten Gegners – die Reaktion erfolgte in unglaublicher Geschwindigkeit.
 

„Ryu Tsui Sen!“
 

Der rothaarige Mann war plötzlich in der Luft und stieß von oben auf Saitou herab.

„Wer ist er?“ überlegte Saitou entgeistert. „Er KANN nicht Battousai sein... aber das ist eine von Battousais Techniken...“
 

Der Angriff hatte so viel Kraft, dass Saitous Schwert selbst unter der stumpfen Klinge des Sakabatous brach. Der Anführer der dritten Einheit fluchte über sich selbst. Sein Nachdenken hatte ihn unaufmerksam gemacht. Ungerührt ging er mit dem, was von seinem Schwert noch übrig war, erneut in Gatotsu-Stellung. „Wer bist du? Und wo ist der echte Battousai?“
 

Die Augen des Rotschopfes weiteten sich und wurden wieder zu einem tiefen violett. Sanft antwortete er, „ich hätte damit rechnen sollen, dass du es bemerken würdest.“ Ein trauriges Lächeln umspielte seine Lippen. „Du wirst auf einen anderen Tag warten müssen, um wieder mit Hitokiri Battousai kämpfen zu können.“
 

Saitou bereitete seinen letzten Angriff vor und erwartete, dass der rothaarige Mann ihn jetzt, da er nur noch ein halbes Schwert in den Händen hielt, töten würde – doch sein Gegner wandte sich einfach um und sprang mitten in den Kampf zwischen Okita und dem verwundeten Uchiro. Die sich zwischen ihn und sein Ziel stellenden Shinsengumi hieb er mit einem Streich nieder.
 

Saitou folgte ihm nicht und überließ ihm nun dem Anführer der Ersten Einheit. Der rothaarige Mann war definitiv talentiert aber nicht Battousai. Deswegen dürfte Okita mit ihm fertig werden.
 

Aufmerksam beobachtete Saitou ihren Kampf. „Seine Technik ist auf jeden Fall Hiten Mitsurugi. Aber auch anders. Ist... Ist das Himura Battousais Vater?? Das würde viel erklären!“
 

Okita und der vermeintliche Battousai standen sich nun gegenüber, griffen an, blockten ab – Saitou beobachtete jede kleinste Bewegung. Die Geschwindigkeit des Fremden. Sein Geschick. Beides wurde mit jedem Schwertstreich, den der Kampf dauerte, tödlicher. Saitou kaute auf seiner Unterlippe. „Wer zur Hölle ist der Mann?“
 

Der junge Anführer hatte für einen Moment die Oberhand über den Kampf – aber er bekam einen plötzlichen Hustenanfall und sein rothaariger Gegner konnte ihm das Schwert aus der Hand schlagen. Saitou spürte deutlich die Ki eines Killers dicht unter der Oberfläche brodeln.
 

„Geh zurück zum Stützpunkt,“ befahl Battousai Ushiro.
 

„Ich lasse dich hier nicht allein,“ entgegnete Ushiro knapp. „Du bist verwundet.“
 

Die Augen des kleineren Mannes blitzten gelblich im Mondlicht.
 

„Geh!“
 

Als Antwort bekam er nur ein trotziges Kopfschütteln. „Ich bleibe.“
 

Sie starrten sich für einen kurzen Moment an. Dann schloss Kenshin die Augen, sein Gesicht verzog sich. Schließlich blickte er wieder auf, diesmal mit klaren, blauen Augen. Seine Aura strahlte keinerlei Mordlust mehr aus. „Wenn du nicht allein gehen willst, gehen wir zusammen.“
 

„Was?“
 

Der Rotschopf griff Ushiro um Arm und zog ihn hinter sich her, während er davon rannte, nicht ohne vorher Saitou noch mit einem kurzen Nicken zu verabschieden.
 

Okita wollte hinterher, doch er bekam einen neuen Hustenanfall und musste sich einen Moment an die Hauswand anlehnen. Saitou beobachtete die Flüchtenden, blieb aber bei seinem Freund.

In diesen blauen Augen gerade eben...dort hatte er keine böse Absicht entdecken können. Keine Wut oder Hass. Keinen Wunsch, zu töten.
 

Aku Soku Zan. Töte Böses Sofort! Das war das Motto der Shinsengumi, genau wie das des Hitokiri. Das war ihre einzige Gemeinsamkeit. Ehrbar kämpfen, bis zum Tod und so den Krieg zu beenden, der in den Strassen von Kyoto tobte.
 

Aber es gab selbst für Saitou Hajime Zeiten, in denen er sich nicht sicher war, wer es verdient hatte, seinem Schwert gegenüber zu stehen.
 

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Vielen Dank für's Lesen ^^ Wie gesagt, nicht nur ich sondern auch die Autorin des englischen Originals möchte wissen, wie ihr die Geschichte findet *g*

Und es wird in dieser Geschichte noch mehr von den Shinsengumi geben... viel mehr, hehehe *händereib*
 

NÄCHSTES KAPITEL: Battousai ist plötzlich verschwunden. Und Kenshin trifft auf die Ishin Shishi. Und was machen Saitou und Okita?

Bis dahin,

LG, Mina



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  _Momo-chan_
2008-05-12T22:28:43+00:00 13.05.2008 00:28
XDDDD *rumlol* yahiko ist so lustig. aber ich denke jeder andere wäre bei genauerem hinsehen auch darauf gekommen, wobei sano battosai ja gloreich von kaoru und co ferngehalten hat. für kenshin wirds allerding brenzlich wie ich das sehe. nya, bin gespannt wie es weiter geht ^.~
Von:  Sarai-san
2008-05-12T21:34:11+00:00 12.05.2008 23:34
Ja, Yahiko ist nicht dumm. Aber Kenshin hat sich nun mal sehr verändert. Armer Sanosuke, er tut mir echt Leid, da versucht er sonst immer jeder Verantwortung aus dem Weg zu gehen und jetzt muss er sich um alles kümmern. Witzige Erkenntnis, die er da hat ;-)
Kenshin kann sich einfach nicht raushalten und dann verwirrt er auch noch Saito.Gut dass er erkannt hat, dass es ein anderer war, sonst wäre es wahrscheinlich nicht so gut ausgegangen.
Also auf zur nächsten Begegnung und wohl auch einer Erklärung für Yahiko.

Bye
Sarai


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