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Erinnerungen

meine Version der Folge *g*
von

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Aufgelesen

Hi und guten Morgen! Nach einigen Turbulenzen der letzten Tage und Wochen gehts wieder weiter, auch hier ziemlich turbulent. Viel Spaß beim Lesen *g*
 

„Wieso müssen immer wir nachsehen gehen?“, der linke Wrangler hob die Waffe auf die Schulter und sah sich um. Ganz sicher hatte er keinen Spaß an seiner Arbeit, das hatte Colt an der Frage schon heraushören können. Aber der Wrangler hatte ihm auch etwas anderes verraten. Die Ratten schlugen hier mehr Radau als er gedacht hatte.

Der rechte Wrangler zuckte mit den Schultern und brummte, als er niemanden entdecken konnte: „Diese blöden Viecher. Wir sollten beim nächsten Mal Kilometergeld verlangen.“

Der linke blieb erstaunt stehen: „Was ist Kilometergeld überhaupt?“

Nun blieb auch der rechte stehen, genau neben Colts Versteck: „Weiß ich auch nicht, aber die Fleischlinge verlangen auch welches, wenn sie viel gehen müssen.“

Colt biss sich auf die Zunge, wieso hatten die Idioten gleich noch mal einen Krieg angezettelt? Der Kuhhirte hielt die Luft an und hoffte, dass die zwei Blödmänner sich wieder auf den Weg nach unten machten, bevor er losprustete. Er durfte sich nicht verraten, offenbar war der Überraschungseffekt alles, was im Moment für sie sprach. Der Scharfschütze hörte, wie ihre Schritte wieder von ihm wegführten und sie nach unten gingen.

Puh, das war grade noch mal gut gegangen.
 

Auch Saber hatte sich versteckt, er hatte sich hinter die Bar verkrochen und konnte ebenfalls hören, was die Outrider zu besprechen hatten. Sie hatten Colt nicht entdeckt, das war schon verdammt knapp gewesen.

Vorsichtig erhob er sich aus seiner Deckung und bahnte sich den Weg in die Küche. Als er in der Tür erschien, verließ auch Colt gerade sein Versteck. Mit einem Kopfnicken deutete der Kuhtreiber in die Richtung, in die die Wrangler wieder verschwunden waren. Dort mussten sie hinunter. Saber nickte und setzte sich in Bewegung.

Er schlich die Treppen hinunter und traute sich kaum zu atmen. Der Keller war riesig, wesentlich größer als das Erdgeschoß es war. Saber hatte irgendwie das Gefühl, dass das Restaurant nur Tarnung gewesen war, als die Spaßzone noch aktiv gewesen war. Auch Menschen hatten hier ein geheimes Versteck gehabt. Vielleicht sogar die Mafia, aber das waren jetzt nicht Sabers Probleme. Der Rennfahrer saß in einem Kellerraum mit einem winzigen Fenster fest, genau unter dem Lokal.

Colt tapste hinter Saber die Treppen hinunter. Überwältigt hielt er einen Moment inne. Hätte Mandarin Fireball nicht zufällig entdeckt, hätten sie lange suchen können. Auf der Oberfläche hätten sie ihn niemals gefunden. Wie riesig es hier, einen knappen Meter unter der Erde, war. Der Scharfschütze prägte sich sofort alle Besonderheiten ein, sie konnten überlebenswichtig für sie sein. Er war immer einen Schritt hinter Saber, aufmerksam und allzeit bereit.

Nachdem sie ungefähr wussten, wo Fireballs Verließ war, hielten sich die beiden Männer auch in diese Richtung. Aber sie mussten auf der Hut sein, überall wimmelte es von Wranglern. Und als wäre das nicht genug, erstreckte sich das riesige unterirdische Labyrinth in alle vier Himmelsrichtungen. Saber warf in regelmäßigen Abständen einen Blick auf seinen kleinen Kompass, damit sie die Richtung nicht aus den Augen verloren. Er führte seinen Freund rechts um eine Ecke, als sie plötzlich in einer Halle standen.

„Wups! Ich glaub wir haben uns vergaloppiert, Säbelschwinger!“, Colt tippte seinem Gefährten auf die Schulter und brachte diesen somit zum Stehen bleiben. Als Saber irritiert von seinem Kompass aufblickte, fügte der Scharfschütze erklärend hinzu: „Wir hätten bei der letzten links abbiegen sollen.“

Saber wollte Colt energisch widersprechen, seine Orientierung und sein Kompass sagten das Gegenteil, als just in diesem Augenblick in der riesigen Halle das Licht anging. Die beiden Star Sheriffs fanden sich inmitten von Outridern wieder, umzingelt und ohne Fluchtmöglichkeit. Der Befehlshaber der Wrangler trat zwischen ihnen hervor. Überlegen und siegessicher grinste er. Das war leichter gewesen, als einem Kind den Lutscher wegzunehmen. Er verhöhnte die Star Sheriffs förmlich: „Na, habt ihr was verloren?“

Colt entsicherte augenblicklich seinen Blaster lautlos. Mit seinem Mundwerk sorgte er für die nötige Ablenkung: „Weißt du jetzt, weshalb wir da hinten links abbiegen hätten sollen, Boss?!“

Auch der Recke stieg darauf ein. Sie wussten beide, dass sich Outrider von unsinnigen Diskussionen unter den Umstellten verunsichern ließen. Saber schnaubte und merkte sarkastisch an: „Kannst du das nicht früher sagen? Jetzt ist es zu spät, Colt.“

Die beiden Star Sheriffs hatten nicht vor, sich gefangen nehmen zu lassen oder diesen Kampf zu verlieren. Sie hatten noch ein oder zwei Asse im Ärmel und die würden sie auch schamlos nützen. Ramrod würde draußen für das große Ablenkungsmanöver sorgen, während Colt und Saber hier drinnen Verwirrung stifteten. Sie würden den Freund niemals kampflos zurücklassen. Der Scharfschütze stieß die Arme in die Höhe und schnauzte Saber übertrieben sauer an: „Würdest du auf mich hören, wenn der Kompass was anderes sagt? Jetzt haben wir doch glatt mitten ins Wespennest gestochen, haben wir doch.“

Gattler fuhr dazwischen: „Ruhe, Blechsterne! Ihr sitzt in der Falle! Ihr hättet eure Hausaufgaben machen sollen. Dieses Mal gewinne ich.“

Von dieser Drohung reichlich unberührt funkte Saber nach der Unterstützung: „Mandy? Wir sind verdammt nah dran, komm runter und hilf uns.“

Der Kommandant der Outrider blieb allerdings nicht untätig auf diesen Funkspruch von Saber. Er befahl seinem Verbündeten: „Razzle! Verdammt, geh mit deinen Rowdies da raus und mach ihnen Feuer unterm Hintern.“ Wieder lachte er den Star Sheriffs ins Gesicht: „Ihr seid nicht die einzigen, die draußen Hilfe haben!“

Dieses Mal setzte Colt als Reaktion darauf einen Funkspruch ab. Grinsend, wie immer: „Prinzessin? Kümmer dich bitte um die Schmeißfliegen da draußen. Sei so lieb, ja?“

Das war der Punkt, an dem Gattler das Lachen verging. Es berührte die beiden Star Sheriffs überhaupt nicht, was er zu sagen hatte, dabei waren sie dem Tod näher als sie glaubten. Allerdings war sich Gattler immer noch sicher, dass sein Plan aufgehen würde und er seinem Herrscher nicht nur die Star Sheriffs auf einem Serviertablett sondern auch Ramrod präsentieren konnte. Einen davon hatte er mit Leichtigkeit gefangen nehmen können, der war ohnehin nicht auf der Höhe gewesen, nun standen die anderen beiden hier von fünfzig Wranglern umzingelt und das Mädchen würde Ramrod alleine gegen Razzles Truppen nicht lange halten können. Alle Zeichen standen für Gattler auf Sieg. Das war ein erhabenes Gefühl. Abfällig knurrte er die beiden Männer in ihren Kampfanzügen an: „Ihr beide habt soeben euer Grab gefunden.“

Der Blaster von Colt schnellte nach vor und zielte genau auf den Kopf des Kommandanten. Für ihn war der Spaß nun endgültig vorbei. Er fauchte: „Das hier ist maximal der Abfahrtshafen für dich zurück in deine eigene Dimension, Gevatter!“

Der Gesichtsausdruck von Gattler veränderte sich jedoch nicht. Er hatte nicht einmal mit der Wimper gezuckt, als Colt auf ihn zielte. Nun war er an der Reihe, seine Trümpfe offen zu legen. Davon hatte er ja einen knapp 1,70 m großen in Petto. Überheblich entgegnete er dem Kuhhirten: „Mit den Sprüchen wär ich an deiner Stelle vorsichtig, sonst macht’s euer Pilot nicht mehr lange genug.“

Jeder Muskel in Colt spannte sich und er blaffte seinen Feind an: „Wo ist er, du Ratte?!“

Im Gegensatz zu Colt, der Gattler im Augenblick am liebsten an den Kragen gesprungen wäre, blieb Saber die Ruhe selbst. Er tüftelte gerade an einem ausgeklügelten Plan. Er war dankbar, dass Colt so glaubwürdig für die nötige Zeit und Ablenkung sorgte, denn so konnte er die Tücken seines Planes auch noch ausmerzen. Immer wieder warf er ein Auge hinter seinen Rücken um Mandarin ausfindig machen zu können. Sie musste unbemerkt an den Wranglern vorbeikommen, wollten sie Fireball hier raus bringen.

Gattler stemmte die Arme in die Hüften und konterte: „Dann such ihn doch einfach.“

Das ließ sich Colt nicht zweimal sagen. Er packte Saber am Arm und zog ihn wieder in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Schnaubend und fluchend schaffte er es, einige Schritte mit Saber im Schlepptau zu machen, ehe er dessen kräftigen Druck auf seiner Schulter spürte und seine ruhigen Worte hörte: „Blendende Idee, Colt, ehrlich. Aber…“

Frustriert stampfte Colt mit dem Fuß auf den Boden. Er hatte den Sarkasmus von Saber schon gehört und das machte ihn noch viel wütender, als Gattlers selbstherrliches Gehabe. Er keifte den Anführer an: „Was? Er hat gesagt, wir sollen ihn suchen.“

Saber sah Mandarins Gestalt durch die Tür huschen, als er Colt verdeutlichte: „Das weiß ich. Aber erstens war das die falsche Richtung und zweitens hab ich eine viel bessere Idee, Kumpel.“, mit diesen Worten eröffnete Saber das Feuer auf die Wrangler. Er musste nur für genug Tumult sorgen, dann würde der zierliche Sterncaptain in dem Gerangel untergehen. Bevor er sich von Colt weggedreht hatte, hatte er ihm noch zugezwinkert, hoffentlich hatte er ihn auch verstanden. Ein Wrangler nach dem anderen löste sich auf.

Und Colt hatte ihn verstanden. Als auch endlich dem Kuhhirten eingefallen war, dass Mandarin sicherlich nicht auf Gattlers Besucherliste stand, wusste er, dass es Zeit für ein bombastisches Ablenkungsmanöver war, damit die kleine Rothaarige ihren Freund holen konnte. Colt begann auf alles zu schießen, was sich bewegte. Seine Laune war wieder im Steigen begriffen, manchmal war er über Sabers trockene Sprüche ganz froh, die brachten ihn wenigstens wieder auf den Boden der Tatsachen.

So sehr damit beschäftigt, alles abzuballern, was sich vor seiner Nase befand, vergaß Colt in dem Tumult alles hinter sich. Saber rettete ihm mit einem gekonnten Schuss das Leder. Leicht tadelnd hielt er den Freund an: „Vernachlässige deine Deckung nicht, Colt!“

Locker und selbstsicher kam die Antwort darauf: „Aber nie nicht! Meine Deckung ist einsame Spitze.“

Saber schüttelte leicht den Kopf. Noch einmal schoss er auf einen Wrangler, der Colt anvisierte. Er wollte sich vergewissern: „Bist du dir da sicher, Colt?“

Doch der Scharfschütze dachte nicht daran, sich von Saber verunsichern zu lassen. Er grinste übers ganze Gesicht, was aber wegen seines Helmes niemand sehen konnte. Aber Saber konnte auch seiner Stimmlage das Lachen entnehmen, als er die Schultern zuckte und antwortete: „Klar bin ich das! Du bist doch meine Deckung!“

Zum Dank dafür rettete nun auch Colt seinem Boss das Fell, denn dem Schotten wollte ein Wrangler hinterhältig in den Rücken schießen. Die beiden Männer gaben sich inmitten der Outrider gegenseitig Deckung und achteten sorgsam darauf, dass ihr Gast nicht auffiel. Sie waren ein eingespieltes Team und langsam behagte auch Saber die Situation wieder mehr. Leichtfüßig stieß er einem Wrangler seinen Säbel in den Torso und erklärte Colt über die Schulter hinweg: „Wie immer eigentlich.“

Immer hielten sich die beiden gegenseitig den Rücken frei und warfen sich spitze Kommentare über den Kampflärm entgegen. Bis sie es mit ihren Sprüchen auf die Spitze des Eisbergs getrieben hatten. Entrüstet, aber nicht halb so sauer wie es im Endeffekt wirklich klang, blieben sie stehen und zeigten mit dem Finger auf den jeweils anderen. Zeitgleich prusteten sie los: „Dir halt ich nie wieder den Rücken frei!“

Die Star Sheriffs waren die einzigen, die während eines Kampfes die Zeit fanden, sich gegenseitig aufs Korn zu nehmen. Colt liebte es, normalerweise jedoch war zumindest neben Sabers schwarzen und seinem blauen Kampfanzug auch irgendwo noch ein roter Kampfanzug zu gegen, der ihm und seinem Boss weder mit den Worten noch mit den Taten in etwas nachstand. Zu dritt machte es definitiv mehr Spaß, den Outridern in den Hintern zu treten, wie Colt beinahe traurig schon festhielt.

Gattler riss angesichts der Zeit, die die beiden Star Sheriffs für blöde Witze und Sticheleien fanden, der Geduldsfaden. Er befahl seinen Wranglern: „Macht sie endlich fertig!“

Doch die Schüsse der Outrider verfehlten ihre Ziele immer kläglich. Noch kein einziges Mal hatten sie einen Star Sheriff getroffen. Bis schließlich der erste Wrangler frustriert die Waffe herunter nahm und maulte: „Es wäre leichter, wenn die nicht zurückschießen würden.“

Sein Kumpel neben ihm nahm ebenfalls die Waffe herunter und stimmte ihm missmutig zu: „Oder wenn sie mal Stehen bleiben würden.“

Auch ein dritter schaltete sich in die aufkeimende Diskussion ein. Er versuchte allerdings noch immer sein Glück: „So macht das keinen Spaß!“

„Was ist Spaß überhaupt?“, mischte sich ein vierter Wrangler ein, der gerade mit viel Glück einem von Colts Schüssen hatte ausweichen können.

Der fünfte Wrangler, der sich noch dazu stellte und auf die Truppe deutete, erklärte den vier ratlosen Gestalten: „Das, was wir gerade nicht haben!“

Da wurde Colt auf die fünfe aufmerksam und schickte einen nach dem anderen zurück in die Phantomzone. Er grölte quietsch vergnügt: „Also ehrlich, Jungs! Mir macht das irrsinnigen Spaß!“
 

Der kleine Sterncaptain drückte sich unauffällig durch den Tumult. Aber wenn sie doch einmal von einem Wrangler entdeckt wurde, beförderte sie diesen mit einem gezielten Schuss nachhause. Vorbei an der großen Halle taten sich unzähligen Türen in einem langen Flur vor Mandarin auf. Sie wusste, dank ihrer guten Orientierung, dass Fireballs Gefängnis nur auf der rechten Seite von ihr aus gesehen liegen konnte. Wohl oder übel, weil sie die Entfernung nicht gut hatte einschätzen können, musste die kleine Rothaarige jede Tür aufbrechen und hineinspähen. Das frustrierende für Mandarin war dabei vor allem, dass sie niemanden in den ersten fünf Zimmern ausfindig machen konnte. Leise und voll konzentriert schloss sie die nächste Tür mit einer ergaunerten Sicherheitskarte eines Outriders auf. Wieder steckte sie den Kopf hinein und prüfte kurz, ob sich hier jemand aufhielt. Doch in der Dunkelheit konnte sie nichts ausmachen. Mandarin drehte sich gerade aus dem Zimmer als sie glaubte, sie hätte aus den Augenwinkeln etwas Glitzern gesehen. Hastig drehte sie sich wieder dem Raum zu und schärfte noch einmal ihren Blick. Tatsächlich! Flink lehnte Mandarin die Tür an, damit sie nicht sofort entdeckt wurde und huschte in den hintersten Winkel des Zimmers. Beinahe hätte sie ihn nicht gesehen.

Angst machte sich in Mandarin breit, als sie den Kollegen in der Ecke kauern sah. Das fahle schlechte Licht gab ihr allerdings nicht die Möglichkeit, alles genau ausnehmen zu können. Die Pilotin legte den Blaster auf den Boden und kniete sich neben Fireball. Vorsichtig strich sie die Haare nach hinten. Hatten sie Fireball noch schwerer verletzt?

Der Rennfahrer saß zusammengesunken an der Wand, die Beine angezogen und die gefesselten Arme darum geschlungen. Er hatte sich so klein wie möglich gemacht, weil die Kälte in diesem Raum unbarmherzig gewesen war. Sein Kopf lag auf den angewinkelten Knien, mit dem Gesicht zum eigenen Körper gewandt.

Mandarin wusste nicht, ob Fireball bewusstlos war oder schwer verletzt. Sicherlich, es war nicht ihr Kollege, der hier gefangen gehalten wurde, aber im Laufe der letzten Tage hatte sie alle auf Ramrod in ihr Herz geschlossen. Irgendwie auch April. Mandarin griff nach Fireballs Schultern, übte mit ihren Fingerspitzen leichten Druck darauf aus und flüsterte: „Fireball? Fireball, kannst du mich hören? Wie geht es dir, Kleiner?“

Unwillig bewegte sich der Kopf des Japaners. Er hob ihn ein Stück weit und öffnete die Augen. Fireball blinzelte mehrere Male, ehe er auch einen Laut hervorbrachte: „Hm…“

Er hatte geschlafen. Mandarin fiel ein Stein vom Herzen, sie hatte an viel Schlimmeres gedacht, als sie Fireball so gefunden hatte. Sie konnte beobachten, wie die Lebensgeister in Fireballs Körper zurückkamen und die Benommenheit zurückkämpfte. Allmählich kehrte der Glanz in die dunklen Augen zurück und signalisierte zumindest, dass es nicht weiter fehlte.

Mandarin nahm ihre Hände von seinen Schultern, strich ihm dabei die wirre Haarpracht noch hinter die Ohren und forderte ihn milde auf: „Hi, Süßer! Na, kannst du aufstehen?“

Tonlos nickte der Rennfahrer und entknotete sich. Langsam erinnerte er sich daran, was vorher alles geschehen war. Er war völlig starr. Ihm war tierisch kalt gewesen und hier drinnen hatte es nichts gegeben, um sich zu wärmen, deshalb hatte er sich so zusammengekauert. Aber es war nicht besser geworden. Sich selbst irgendwie warm zu halten, hatte Fireball alle Kraft gekostet, deswegen war er irgendwann vor Erschöpfung eingeschlafen. Der Rennfahrer schob die Beine unter den Armen durch und streckte sie aus. Er richtete seinen Oberkörper auf, auch der Rücken war völlig steif von der verkrampften Position. Wie Mandarin es wollte, versuchte Fireball aufzustehen, aber es gelang ihm nicht. Die Sache hatte einen Haken. Um ohne fremde Hilfe hochzukommen, brauchte er seine Hände, um sich mit ihnen auf dem kalten Boden abstützen zu können, aber gefesselt funktionierte das nicht wie gewünscht. Fireball streckte beide Arme von sich und blickte Mandarin mit großen, unsicheren Augen an: „Kannst du mir die Dinger hier abnehmen?“

Fireballs Sinne wurden allmählich wieder schärfer, leider. Er spürte die Kälte, die ihm bis in die Knochen kroch und die blauen Flecken, die er davongetragen hatte. Aber die Hoffnung, die in Fireball aufkeimte, unterdrückte diese Empfindungen. Er würde bald wieder frei sein, seine Freunde würden ihn hier rausholen.

Die kecke Rothaarige knackte die Handschellen ohne großes Aufsehen zu erregen. Sie war fingerfertig und geschickt. Sie strich ihm die geöffneten Handschellen von den Handgelenken. Er war kalt. Fireballs Hände waren eiskalt! Alarmiert strich Mandarin über einen Arm, aber sein Oberarm war genauso kalt wie seine Fingerspitzen. Sofort zog sie Fireball hoch und rieb ihm über die Arme. Besorgt stellte sie fest: „Du bist ja ganz kalt.“

Fireball schlang selbst seine Arme um den Oberkörper um sich zu wärmen, warm war ihm wirklich nicht. Er war froh um Mandarins warme, zarte Hände, die ihm halfen. Er nickte schüchtern: „Danke.“ Doch allmählich formte sich ein kleines Lächeln auf seinen Lippen. Es war ein gutes Gefühl, das ihm das zierliche Mädchen gerade vermittelte. Ein Stück weit brachte es neben Wärme auch Behaglichkeit und Sicherheit mit. Fireball schenkte Mandarin sein umwerfendes Lächeln und zwei fast schwarze Augen strahlten die toughe Rothaarige an: „So sieht also mein Schutzengel aus.“

Schnell senkte Mandarin den Blick. Zum Glück trug sie immer noch ihren Helm, denn ansonsten hätte Fireball gesehen, wie er ihr gerade die Farbe ins Gesicht getrieben hatte. Der Sterncaptain versuchte sich wieder zu beruhigen, doch ihr Herz machte es ihr nicht einfach. Mandarin war dieses Gefühl bis dato völlig unbekannt gewesen. Weshalb nur schlug ihr ihr kleines Fliegerherz gerade bis zum Hals? Nur, weil ein unheimlich süßer Junge sie angelächelt hatte? Mandarin versuchte sich selbst eines besseren zu belehren. Sie war doch kein Schulmädchen, das wegen der Blicke eines Jungen gleich den Himmel voller Geigen hängen hatte. Und dennoch. In Fireballs Lächeln und seinen dunkelbraunen Augen lag etwas. Mandarin konnte es nicht beschreiben, aber sie konnte es fühlen.

Noch einmal atmete Mandarin tief durch und drehte sich völlig von Fireball weg: „Ich weiß nicht, Kleiner. Aber auf jeden Fall bring ich dich hier raus.“

Sie setzte sich langsam in Gang und hoffte, dass Fireball ihr folgen würde. Auch Fireball machte einige unsichere Schritte über den eiskalten Boden. Er fühlte jede kleine Unebenheit unter seinen nackten Fußsohlen und spitze kleine Steinchen, die sich in seine Haut bohrten. Als Fireball bemerkte, dass Mandarin nicht auf ihn warten würde und sie schon einen beachtlichen Vorsprung hatte, schloss der Rennfahrer zur Pilotin auf und griff nach ihrer Hand. Er fühlte sich unsicher und wollte nicht riskieren, dass er Mandarin verlor. Sie war seine Fahrkarte nachhause, aber sie war auch eine Freundin.

Mandarin durchfuhr ein Kribbeln, als Fireball sie berührte. Was hatte er bloß mit ihr angestellt? Der Sterncaptain spürte, wie ihr wieder eine zarte Röte ins Gesicht stieg. Schweigend führte sie Fireball auf den Gang hinaus. Als ihr auffiel, dass er noch schwach war, legte sie ihm kurzerhand ihren Arm um seine Taille und stützte ihn: „Wir haben’s gleich geschafft, Fireball.“

Fireball fiel als erstes der ohrenbetäubende Lärm auf. Seine anderen Freunde mussten mit den Outridern kämpfen. Diese drei seltsamen Menschen, die allesamt seine Freunde waren. Fireball hatte in den letzten Tagen im Krankenhaus zwar keinerlei Erinnerung an seine Kollegen wiedererlangt, aber er hatte durch ihr Verhalten gespürt, dass sie gute Freunde waren. Jeder auf seine Weise. Abgekämpft hielt sich Fireball an Mandarin fest: „Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sage, aber ich freue mich auf Colt.“

Mandarin umschloss Fireball stärker, als sie bemerkte, dass ihm die Kraft ausging. Leicht lächelnd bekräftigte sie: „Sie freuen sich auch alle auf dich. Sie freuen sich alle.“
 

„Ich hab ihn und ich würde deshalb vorschlagen, dass wir uns verkrümeln.“, Mandarin stieß Colt die Schuhspitze in die Ferse und erlangte so seine volle Aufmerksamkeit. Saber hatte Mandarin und Fireball schon bemerkt, als sie zusammen in die Halle getreten waren und hatte für ihre Rückendeckung gesorgt, lediglich Colt war so in seinem Element gewesen, dass er nichts um sich herum mitbekommen hatte.

Als er sich stirnrunzelnd zu ihr umdrehte, blickte er direkt über sie hinweg. Mandarin war ein kleines, zierliches Persönchen und Colt hatte sich an ihre Größe noch überhaupt nicht gewöhnt. Er strahlte stattdessen Fireball ins mit Blessuren übersäte Gesicht und richtete danach den Blick auf ihre Aushilfskollegin: „Gut gemacht, Baby!“

Ohne weitere Anordnung nahm nun der Kuhtreiber den Hitzkopf in den Arm und brauste mit ihm, vorbei an verstörten Outridern, hinaus. Mandarin und Saber sahen sich kurz an, zuckten aber dann lediglich die Schultern und taten es Colt gleich. Sie zündeten ihre Jetpacks und verschwanden nach draußen.

Wieder im Freien wurde der Tumult aber nicht besser. Gattler war ihnen mit seiner Gefolgschaft hinterher gejagt und in den Straßen der ehemaligen Spaßzone lieferte sich Razzle mit seinen Rowdies eine heiße Schlacht mit Ramrod. Saber funkte nach seiner Navigatorin: „April? Mach die Rampe auf, wir kommen rein!“

Dieses Mal bekam Saber keinen endlosen Vortrag gehalten. Er vernahm nur Aprils erleichterte Stimme über den Funk: „Alles klar. Ich bin gleich bei euch, Jungs.“

Mandarin und Saber flankierten Colt mit Fireball im Arm jeweils auf einer Seite und eskortierten die beiden durch die feindlichen Truppen. Auch Colt schoss immer wieder mal, aber mit Fireball, den er mit seinem Schussarm umklammert hielt, traf er auch mit der gut geschulten linken Hand nichts.

Endlich schien ein Ende des Kampfes absehbar. Mandarin keuchte. So anstrengend war ihre Arbeit bei weitem nicht, wie das, was sie mit den Star Sheriffs zu tun hatte. Sie gestand: „Mann, bin ich froh, dass ich eure Arbeit nicht jeden Tag machen muss.“

April hatte mittlerweile das interne Kommunikationssystem komplett für alle frei geschaltet und konnte auch hören, was Mandarin zu sagen hatte. Für sie war es eine Bestätigung für ihre Vermutungen. Mandarin war schwach, viel zu schwach für einen richtigen Job wie den eines Star Sheriffs. Sie schnappte: „Mimose.“

Doch der Sterncaptain war in keiner Situation auf den Mund gefallen. Sie schoss gezielt auf April zurück: „Wenn ich eine Mimose bin, weshalb hab ich dich hier draußen noch nicht gesehen?“

Saber verdrehte genervt die Augen, ging das schon wieder los? Welches Problem hatten die beiden Mädels miteinander? Sie kannten sich doch erst ein paar Tage und trotzdem. Seit der ersten Minute konnten sie sich nicht ausstehen. Der Schwertschwinger schoss auf einen Wrangler: „Klärt das bitte später, ja?“

Auch Colt vertrug das im Moment überhaupt nicht. Sich blöd anzuquatschen während eines Kampfes war eine Sache, sich aber anzufeinden eine ganz andere und gehörte in diese Situation überhaupt nicht hinein. Er keuchte: „Könnt ihr zwei euch auch mal um etwas streiten, das sich auch erinnern kann.“

Da war Stille im Funkverkehr der Star Sheriffs. Colt hatte wieder einmal den Nagel auf den Kopf getroffen. Und die beiden Mädels hätten sich am liebsten unter dem nächst besten Stein versteckt. Mandarin war froh, dass man sie dank ihres Helmes nicht sehen konnte und April war dankbar, überhaupt auf Ramrod zu sein, ihren knallroten Kopf hätte man auch mit Helm noch leuchten sehen können.

Langsam wurde es hier draußen gefährlich. Saber befahl Mandarin unverzüglich zu Ramrod zurückzukehren. Er selbst ließ sich knapp hinter Colt zurückfallen, um ihm und Fireball eine bessere Deckung geben zu können.

Da fluchte ihm der Cowboy in den Funk: „Ach, verdammt ich… Hey, Boss! Kannst du mal…?“, Colt hatte direkt unter ihnen Gattler ausgemacht, der immer wieder auf ihn und Fireball schoss. Da der Rennfahrer aber weder Kampfanzug noch Erinnerung an derartige Situationen hatte, zappelte der Japaner für Colts Geschmack etwas zu heftig und er konnte keinen richtig guten Treffer erzielen. Das ging mit Fireball im Arm einfach nicht.

Saber richtete seinen Blick unter sich, zielte und schoss. Auch er traf Gattler nicht, aber wenigstens war der Schuss so exakt auf den Wagen gegangen, dass der explodierte. Und mit ihm Gattler. Wieder vernahm der Schotte Colts Worte über Funk: „Das wurde auch langsam Zeit!“

Das war Colts Art sich bei Saber zu bedanken. Der Schotte wollte gerade anfangen, seinen Scharfschützen zu tadeln, da fuhr eine riesige, mechanische Hand an ihm vorbei. Saber wich geschickt aus, jedoch machte er seiner Verblüffung bei Colt Luft: „Wohowww! ….Ich kann grad nicht, Colt!“

Verdattert drehte sich Colt nach hinten und schoss. Er gackerte: „Was bist du denn für ein Hampelmann?“

„Meinst du mich?“, Saber zog skeptisch eine Augenbraue hoch. Colt war doch sonst nicht schadenfroh. Schon gar nicht in so einem Augenblick.

Wieder schoss der Kuhhirte hinter Saber, während er ihm erklärte: „Nicht du. Ich mein den Outrider hinter dir. …Und den da!“, noch einer fand den Weg zurück in die Phantomzone.

Der Arm des Renegades hatte Sabers Aufmerksamkeit derart in Anspruch genommen, dass der Schotte für einen Moment die anderen Verfolger vergessen hatte. Wieder einmal hatte ihm sein Freund das Leben gerettet. „Gut. Das will ich dir auch geraten haben.“, aber für ein ‚Danke’ blieb keine Zeit. Sie mussten zu Ramrod!

Dieses Mal war es Colt, der Saber aufzog: „Ich rate dir, deine Rückendeckung nicht zu vernachlässigen, Boss!“, die beiden Kollegen waren an diesem Tag nicht zu bremsen. Ein doofer Konter jagte den nächsten.

Und auch Saber schwieg darauf nicht. Trocken gab er zurück: „Selbiges gilt für dich, alter Freund. Und ein Fluggast ist dabei keine Ausrede!“.

Saber widmete sich nun allerdings wieder dem Renegade, der aus der Erde aufgetaucht war und hinter ihnen her war. Er musste Colt und Fireball Rückendeckung geben. Die drei wichen dem Koloss immer wieder aus, Colt entfernte sich langsam aber sicher von dem Ungetüm Richtung Ramrod, während Saber der Köder für das Monster war.
 

Das mächtige Antlitz von Ramrod tauchte vor den Jungs auf. Unweigerlich schloss Colt seinen Arm fester um Fireball, sie hatten es gleich geschafft. Rettung war schon zu sehen und die Outrider hinter ihnen so gut wie vernichtet. Dachte Colt zumindest.

Fireball starrte auf das große Kampfschiff der Kavallerie. Die breite Nase des Friedenswächters mit dem großen Panoramafenster fesselte seinen Blick. Das war Ramrod. Noch ehe Fireball richtig begriff, dass er ohne fremde Hilfe auf den Namen des Kampfschiffes gekommen war, übermannten ihn unerträgliche Kopfschmerzen. Benommen und ohne jede Kontrolle ließ Fireball Colt los und presste die Hände an den Kopf. Er schrie vor Schmerzen auf. Der Cowboy hatte keine Zeit mehr, richtig zu reagieren.

Fireball hatte ihn losgelassen! Und Colt hatte ihn nicht mehr festhalten können. Er konnte nur noch beobachten, wie Fireball nach unten fiel. Der Scharfschütze fluchte: „Hey, hier geblieben, Turbofreak!“

Sofort änderte Colt die Richtung und stürzte dem fallenden Rennfahrer kopfüber hinterher. Hoffentlich erwischte er ihn noch, bevor Fireball auf dem Boden aufschlug. Es waren bange Sekunden für die Star Sheriffs. Der Abstand zwischen Colt und Fireball schien sich nicht zu verringern, eher noch zu wachsen. Colt reckte sich, versuchte sich länger zu machen, als er tatsächlich war, doch immer noch fehlten Zentimeter um Fireball vor dem Tod zu bewahren. Endlich! Colt bekam Fireball irgendwie zu fassen. Er zog den Rennfahrer an seinen Körper heran und drehte sich, damit Colt zwischen dem Boden und Fireball war. Kaum war das geschehen, schlugen die zwei Jungs auch schon auf dem Boden auf und rutschten über den Sand.

Colt maulte und fluchte, als er sich aufrappelte und Fireball von sich runter schob. Allerdings lag das nicht an seiner schlechten Laune, sondern an der Angst, die Colt in diesem Moment ausgestanden hatte. Sofort hob er den reglosen Körper und trug ihn hinter einen Felsen, damit sie vor Schüssen geschützt waren und nicht sofort wieder entdeckt wurden. Behutsam legte Colt seinen jungen Freund auf die Erde. Er zeterte in den Funkverkehr: „Verdammt, Saber. Fireball hat’s erwischt.“

Anders konnte sich Colt das eben Geschehene nicht erklären. Aber er konnte kein Blut sehen. Fireball blutete nicht. Colt beugte sich über Fireball. Wieder stiegen unerträgliche Sorgen in ihm auf, den kleinen nicht gut genug im Auge gehabt zu haben. Fireball war doch sein kleiner Bruder, er hätte besser aufpassen müssen. Verzweifelt zog sich Colt den Helm vom Kopf. Seine Finger strichen über Fireballs Arm, während er ihn immer wieder ansprach: „Hey, Kumpel! Turbofreak, verflucht, mach endlich die Augen auf. Abgestürzt und abgekratzt wird hier nicht, solange Saber und ich bei dir sind, verstanden?“

Mit Saber trafen auch mehrer Schüsse der Outrider ein. Allerdings traf keiner der Schüsse die beiden Männer hinter dem Felsen. Saber krabbelte geduckt zu seinen beiden Freunden, den Blaster gezogen und schussbereit. Er hatte nicht gesehen, was passiert war, dafür war er zu sehr mit Colts Rückendeckung und der Ablenkung des Renegades beschäftigt gewesen. Aber der Anblick verschlug ihm schier die Sprache. Der Blondschopf riet perplex ins Blaue: „Colt? Himmel, was hast du gemacht? Hast du Fireball los gelassen?“

„Ich?“, Colt drehte sich zu seinem Freund und Vorgesetzten um und hob beide Hände zur Brust. Entrüstet, aber viel mehr schuldbewusst, weil er den Rennfahrer nicht fest genug gehalten hatte, setzte er sich zur Wehr: „Ich? Er hat mich losgelassen, Säbelschwinger. Der kleine Selbstmörder da.“

„Ich wünschte, ich wäre tot.“

Mit großen Augen starrten Saber und Colt auf Fireball, der die Augen wieder aufschlug und sich sofort schmerzverzerrt den Kopf hielt. Fireball hatte offenbar nichts von seinem Absturz mitbekommen, sonst hätte er solche Worte nicht ausgespuckt. Saber schluckte schwer.

Der Kuhtreiber jedoch stieß Fireball sachte an und brummte: „Das sag mir das nächste Mal, bevor du mich los lässt, dann mach ich mir nicht mehr die Mühe, dich aufzufangen. Mensch, Fire, Flügel sind dir noch keine gewachsen!“

Colt stand die Sorge nach wie vor ins Gesicht geschrieben. Was immer auch mit Fireball gerade geschehen war, es war Furcht einflößend gewesen. Dem Kuhhirten hatte es den Angstschweiß auf die Stirn getrieben und das weiße Antlitz des Freundes beschwichtigte ihn auch nicht sonderlich.

Unbeholfen setzte sich Fireball auf. Er funkelte Colt kurz an: „Kannst du bitte die Klappe halten?“, sein Kopf tat auch so genug weh, da musste Colt nicht auch noch so laut sein. Kaffee… Fireball freute sich schon auf das braune Getränk und auf eine Dusche. Jeder Knochen tat ihm mittlerweile weh und wenn er an sich hinab sah, war das auch kein Wunder.

Hektisch zog Saber den Freund auf die Beine. Dieses Mal würde er Fireball Huckepack nehmen und Colt sollte für die Rückendeckung sorgen. Er legte Fireball einen Arm um die Taille und nickte ihm zu: „Wir müssen hier weg. Schaffst du’s?“

Der Recke nickte Colt noch einmal zu, ehe er mit Fireball im Arm startete. Sie hatten keine Zeit, den Vorfall genauer zu besprechen, wenn Ramrod nicht bald alle Besatzungsmitglieder an Board hatte, würden sie ohnehin nicht mehr lange genug leben. Saber warf immer wieder einen prüfenden Blick nach hinten. Colt hielt den Renegade gut in Schach.
 

… „Es tut uns so leid, Shinji. Aber du wirst es gut haben, bei Onkel Derek, versprochen.“, mit diesen Worten setzte ihn seine Großmutter in den Raumgleiter nach Crimson Desert. Sein Großvater hatte einen Schlaganfall gehabt und Großmutter sah sich alleine nicht in der Lage, einem siebenjährigen Jungen ein gutes Zuhause zu geben. Sie hatten ihn aufgenommen, nachdem seine Mutter gestorben war und nun, kaum hatte sich Fireball eingelebt, schickten sie ihn fort. Fort, aus seinem Zuhause, fort von seinen Freunden…

… „Ich erwisch dich schon noch, Alex, darauf kannst du wetten!“, lachend trat der junge Japaner ins Gas und verfolgte seinen besten Freund. Jedes Mal wieder gab er Alex beim Kart fahren einen Vorsprung, damit es nicht ganz so langweilig für Fireball wurde. Alex’ Vater gehörte eine kleine Werkstatt in Crimson Desert. Die beiden Jungs verbrachten beinahe ihre gesamte Freizeit hier, halfen mit den Autos oder hetzten sich mit den Karts über die kleine Bahn…

… „Der jüngste Champion aller Zeiten hat wieder zugeschlagen. Fireball gewinnt den Yuma Grand Prix.“ Colt hätte ihn beinahe um den Sieg gebracht, indem er ihn angegriffen hatte. Es war knapp geworden, aber trotzdem hatte er es noch geschafft. Die Trophäe gehörte ihm. Dem jüngsten Champion in der Rennsportgeschichte…

… „Man nennt mich Fireball.“, mit einem leichten Lächeln im Gesicht hatte er sich bei seinen neuen Freunden vorgestellt. Sie standen zu viert im Kontrollraum des neu entwickelten Friedenswächters. Seinem neuen Zuhause. Fireball spürte, dass das hier sein Zuhause war…
 

Immer noch klingelten Fireball die Ohren vom letzten Erinnerungsschub, doch dafür blieb keine Zeit mehr. Auch der junge Rennfahrer warf einen Blick hinter sich. Dann blinzelte er Saber an: „Wir sollten uns beeilen, der schaut verdammt ungemütlich aus, Schwertschwinger. Also, rein mit uns in die gute Stube und die Challangephase einleiten. Sonst haben wir keine Chance.“

„Was?!“, ungläubig riss Saber die Augen auf und hätte Fireball beinahe losgelassen. Was hatte der Japaner da gerade vom Stapel gelassen? Challangephase? Der Schotte verbesserte den Griff und nickte. Nach dem ersten Schrecken hatte er sofort verstanden. Erleichtert brachte er hervor: „Schön, dich wieder an Board zu wissen, Kumpel.“

Fireball grinste verlegen: „War ja auch lange genug weg.“
 

April und Mandarin ließen die drei Jungs an Board kommen. Während sich Colt und Saber sofort auf ihre Plätze setzten, stand Fireball neben seiner Satteleinheit und runzelte fragend die Stirn. Da saß schon jemand. Schmunzelnd entschied sich das jüngste Mitglied, vorläufig stehen zu bleiben und zu beobachten. Als er aber aus dem Panoramafenster schaute und den Renegade auf sie zukommen sah, überlegte er es sich noch einmal anders.

„Rutsch mal ein Stück, Baby!“, damit zwängte er sich zu Mandarin in die Satteleinheit.

Völlig überrumpelt und überfahren machte die Rothaarige zwar Platz, aber einordnen konnte sie das nicht. Ebenso wenig, wie April und Colt. Der Kuhtreiber fand sogar die Zeit für einen doofen Spruch: „Ich weiß, dass du das Mädel magst, Fireball. Aber das hier ist nicht der richtige Zeitpunkt zum Anbandeln!“

Saber platzte dazwischen: „Colt! Schieß endlich. Uns kokeln gleich die Schwanzfedern an, wenn du nicht sofort schießt.“, es war kein herrischer Befehl gewesen, aber doch energisch. Saber verstand den Ernst der Lage und im Augenblick waren er und Fireball die einzigen beiden, die die guten Nachrichten kannten. Saber verstand Colts verblüffte Reaktion durchaus, aber ein gut gezielter Schuss war ihm in diesem Moment viel lieber als ein unsinniger Spruch von seinem Scharfschützen.

Colt tat wie ihm geheißen und nach dem ersten Treffer entlockte es ihm ein entzücktes Lächeln. Noch einmal versetzte er dem Renegade einen gut gezielten Schuss. Es ging auch ohne den verwandelten Cowboy! Colt fand schon wieder richtig Gefallen an seiner Arbeit, vergnügt beobachtete er, wie dem Renegade ein Glied nach dem anderen vom Rumpf abfiel, weil er es abgeschossen hatte.

Als endlich der gesamte Renegade in Flammen stand und die kleineren Jumper die Flucht ergriffen, ließ sich Colt in seine Satteleinheit zurückfallen und verschränkte die Arme vor der Brust. Er klopfte sich selbst auf die Schulter: „Was würdet ihr nur ohne mich machen, Leute?“

Es war ausgerechnet Fireball, der als erstes etwas darauf erwiderte. Er lehnte sich ein Stück nach vor, damit er an Mandarin vorbeischauen konnte und grinste seinem Freund schief entgegen: „Dafür wirst du schließlich auch bezahlt, also bilde dir nichts darauf ein, Viehtreiber. Und jetzt mal unter uns: Du wirst langsam alt, Mann. Ich hab dich schon schneller aus so einem Renegade Schaschlik machen sehen.“

Saber lächelte erleichtert. Fireball war tatsächlich wieder voll da. Er war froh darüber, behielt seine Euphorie allerdings für sich.

Während Mandarin ihrem Sitznachbarn leicht auf den Schenkel klopfte und ihm lächelnd zunickte, hatte es Colt doch glatt die Sprache verschlagen. Ungläubig zog er abermals den Helm vom Kopf und blinzelte zur mittleren Satteleinheit hinüber. Von April vernahm man ein Tränenersticktes: „Oh, Fireball.“. Endlich war auch dem letzten an Board klar geworden, dass die Erinnerung zurückgekommen war. Fireball war wieder er selbst, mit all seinen Macken und Stärken.

Auch April hatte sich den Helm vom Kopf gezogen. Sie saß in ihrer Satteleinheit und wischte sich verstohlen die Tränen aus den Augen. All die Ängste und Sorgen lösten sich mit einem Mal in Luft auf und die Anspannung wich endgültig der Erleichterung. Sie hatten ihn wieder. Sie hatte ihn wieder. April hatte ihren Fels in der Brandung wieder, sie musste nicht länger stark sein. Die Blondine ließ ihren Helm auf den Boden fallen und sprang aus ihrer Satteleinheit. Sie lief diese paar Schritte zu Fireball, fiel vor seiner Satteleinheit auf die Knie und fiel ihm stürmisch in die Arme. April zog ihn zu sich, sie wollte ihn nie wieder los lassen. Sie schmiegte sich an Fireball und raunte: „Ich hatte solche Angst um dich!“

Von Aprils Umarmung völlig überrascht, rutschte Fireball komplett in seine Satteleinheit. Dabei schubste er Mandarin unabsichtlich raus und auf den Boden. Er erwiderte Aprils Umarmung zögernd und zog sie vom Boden hoch. Sie musste sich unendliche Sorgen um ihn gemacht haben. Fireball schloss die Augen. Er strich April die Haare auf den Rücken und schmunzelte: „Nicht so stürmisch, Süße. Du brichst mir gleich was.“

Mandarin stand vom Fußboden auf und rieb sich ihre geschundenen vier Buchstaben. Aber sie lächelte dabei. Das war ja eine lustige Truppe, in die sie da hineingesetzt worden war. Kurz ruhten ihre Augen auf dem jungen Mann, den sie ersetzt hatte, ehe sie zu Saber wanderten und schließlich auch zum Kuhhirten. Das war also das unschlagbare Vierergespann des Oberkommandos. In der kurzen Zeit war Mandarin hinter das Geheimnis der vier gekommen. Die Freundschaft machte sie unbesiegbar. Aber gleichzeitig war es auch ihre größte Schwäche. Es machte sie angreifbar und verletzbar. Auch das hatte sie in den wenigen Tagen gesehen und verstanden. Freundschaft war das wichtigste und zugleich zerbrechlichste Gut der Ramrodcrew.

Colt grinste die Rothaarige keck an und klopfte auf seinen Oberschenkel: „Na, komm her, Mandy. Auf meinem Schoß ist noch Platz für dich.“

Prompt vermeldete Saber von seinem Platz aus: „Lass das Robin nicht hören, Colt.“

Die Schlacht war geschlagen. Alles war noch einmal gut gegangen. Saber befand es war an der Zeit, endlich die trübsinnigen Gedanken zu verscheuchen. Er hatte nichts dagegen, dass Fireball und April sich in den Armen lagen, seine Vermutung war diesbezüglich richtig gewesen. Und Colt würde das mit Sicherheit auch in den nächsten paar Minuten herausfinden.

Eine ganze Weile ging der Schlagabtausch zwischen den Freunden noch hin und her, auch Mandarin beteiligte sich rege daran. Und wie sie feststellte, hatte ihr der kleine Rennfahrer einen neune Kosenamen verpasst. So, wie April Fireballs Süße war, so war Mandarin sein Baby geworden.

Langsam aber bemerkte der Recke, dass Fireball immer ruhiger und auch blasser wurde. Er zog schließlich den Schlussstrich unter die Blödeleien: „Du solltest zurück ins Krankenhaus, Fireball. Dr. Ambolat vermisst dich sicherlich schon.“

„Ja, der Doktor soll dich noch mal untersuchen und dann wieder ab ins Bett mit dir, Fire.“, April war Sabers Meinung. Das erste Mal seit Tagen. Die Blondine teilte Sabers Auffassung und auch die Sorge.

Der Rennfahrer schob April von sich und nickte. Er atmete schwer aus und bat: „Okay… Krieg ich noch zwei Minuten für mich?“

Verständnisvoll erhoben sich die Freunde aus ihren Satteleinheiten und verließen den Raum. Fireball wollte zuerst das Geschehene verarbeiten, bevor er ins Krankenhaus zurückging, das konnten alle nachvollziehen. Sie würden in die Küche gehen und noch einmal Frühstück machen. Ausnahmslos alle verließen die Brücke, Saber bildete das Schlusslicht. Er warf noch einen kurzen Blick auf Fireball, ehe er sich umdrehte und Colt zur Tür raus schob.



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  Misano
2008-07-24T09:28:47+00:00 24.07.2008 11:28
Tolles Kapitel!!! Ich kann mich meinen Vorgängern nur anschließen - so hätte die Folge sein müssen und nicht so enttäuschend wie sie tatsächlich war!
Von:  mitsuki11
2008-06-25T09:25:02+00:00 25.06.2008 11:25
Super er erinnert sich wieder! Ich hoffe er kommt jetzt endlich mit april zusammen!!


Von: abgemeldet
2008-06-23T22:07:49+00:00 24.06.2008 00:07
Das war doch noch was schönes vorm schlafen gehen.
Super spannendes und schönes Kapitel.
Colt und Saber als Super Team. Es hat richtig viel Spaß gemacht zu lesen.
Und das Gesicht von Colt, wie Fire endlich wieder Gas gegeben hat, hatte ich Bildlich vor Augen. Zum schießen *gg*

Es wäre ein tolles Ende, aber wie ich dich mitlerweile kenne, kommt da noch was ;-)
Von: abgemeldet
2008-06-23T20:24:35+00:00 23.06.2008 22:24
ganz große klasse!
besonders treffend waren Saber und Colt im Kampf, sowas von authentisch.
ich bin total begeistert und hoffe wie meine Vorkommentatoren, dass es weiter geht.

lg Sam
Von:  Kittykate
2008-06-23T19:02:19+00:00 23.06.2008 21:02
UUUUUIIIII! Das war ja super! Und wie Fireball Saber zum Staunen und Colt zum Schweigen bringen kann :-) Super super toll! Gehts noch weiter?

Von:  Sannyerd
2008-06-23T14:42:52+00:00 23.06.2008 16:42
juhuuuu, ich hatte mir schon sorgen gemacht, gar nix mehr von dir zu hören.
Um so schööööööner jetzt.

JUHUUUUU Fire ist wieder daaaaaa *knuddel*knutsch*

geht es jetzt noch weiter????
das mit den geschichten, was früher war, würde mich schon noch interesieren ;), ich glaub nicht nur mich...

knuddel
Von: abgemeldet
2008-06-23T09:09:34+00:00 23.06.2008 11:09
Erster im 6. Kapitel^^

Hi Süße!

Super Kapi mal wieder, wie alles deine Storys.
Fire hat endlich seine Erinnerung wieder, alerdings würde mich ineressieren, wie es jetzt weiter geht. Die FF scheint ja noch nicht abgeschlossen.

*knuddles*

Turbo


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