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Release Me!

Zwispalt Hass & Liebe -- ♥♥ Seto X OC X Yami Yugi ♥♥ ~~ >Wird überarbeitet!<
von

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A Dinner With Consequences (I)

Ein paar Worte vom Autor
 

Und mal wieder habe ich zu lange gebraucht, ich weiß. Aber ich habe einfach keine Zeit mehr gefunden und war - zugegeben - alles andere als dazu motiviert, dieses Kapitel zu vollenden.
 

Wegen der Länge musste ich's mal wieder in zwei Teile teilen, Teil zwei folgt entweder noch spätestens in zwei Tagen, also am 17. Mai '09 (wenn ja, dann gegen Abend) oder auch erst Ende nächster Woche, weil ich ab dem 19. Mai, also ab Dienstag Nachmittag ein ganz arg verlängertes Wochenende habe! Ich freu' mich ja so!

(Und ihr dürft euch auch freuen, dann kriegt ihr schneller den zweiten Teil! XD)
 

Auch weiterhin bedanke ich mich herzlich bei meinen lieben Lesern für die Kommentare, die Bewertungen und die vielen Favoriten. Ich hoffe sehr, dass ihr noch immer Lust habt, meine Fanfic zu Ende zu lesen und ein Feedback zu geben, trotz langer Pause.
 

Viele liebe Grüße und viel Spaß beim Lesen wünscht euch

eure Ri-chan
 


 

~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~
 


 

„Eins sage ich dir: Ich werde dich nicht kampflos diesem Typen überlassen, den keiner außer dir kennt.“

„Wir gehen aus, wir heiraten nicht, schnallst du's immer noch nicht?“

„Das ist mir egal. Du gehörst mir und niemandem anderes...“, flüsterte er mir ins Ohr, worauf ich die Augen schloss...
 


 

Kapitel 14:

A Dinner With Consequences (I)
 


 

...und ich ihn sanft, aber dennoch bestimmend von mir stieß.

„Du solltest weiterarbeiten. Außerdem sollte ich langsam damit beginnen, mich herzurichten.“

Seine Reaktion war komisch. Er sagte kein Wort, obwohl ich groben Protest erwartet hatte. Kein 'Was kümmert es dich.', kein 'Du hast mir nichts vorzuschreiben' oder etwas dergleichen. Scheinbar schien er zu wissen, dass ich Recht hatte – zumindest mit dem Teil, dass er noch zu arbeiten hatte.
 

Als er das Arbeitszimmer betrat, drehte ich mich zu ihm um und sah ihn an.

„Sag mal, Seto...“

Ein 'Hm' kam von ihm, als er sich umdrehte.

„Was macht die Kaiba Corp? Kannst du sie vor dem Bankrott retten?“

Seto dachte wohl, dass ich scherzte und lachte. „Du glaubst doch nicht, dass ich meine Firma einfach hergebe. Auch wenn es deine Mutter oder sonst wer ist, der sie mir abnehmen will. Ich habe zu viel aufgegeben, um sie zu dem zu machen, was sie heute ist. Außerdem verdient niemand außer mir die Kaiba Corporation. Gerade du solltest das mittlerweile wissen.“

Meine Fingerkuppen streiften über das Holz der Arbeitsplatte nahe der Spüle. „Ich hoffe nur, dass sie bald aufgibt... wir haben schon viel zu viel durchgemacht. Sie hat uns schon oft genug bedroht, gar verletzt hat sie uns. Wenn wir nicht aufpassen, wird sie einen von uns bald...“

„Schon wieder so ein naiver Gedanke. Der konnte ja nur von dir kommen.“ Er sprach danach etwas lauter, als er ins Arbeitszimmer ging, damit ich ihn noch hören konnte. „Diese Frau weiß nicht, mit wem sie sich anlegt.“
 

Ich ging ihm nach und stellte mich vor den Schreibtisch, an dem Seto Platz nahm und einige Akten durchblätterte.

„Du verstehst anscheinend, dass sie nicht so eine leichtgläubige Person ist. Sie ist nicht geisteskrank oder so was. Sie ist eiskalt, berechnend und sie weiß, was sie will.“

Seto war weiterhin unbesorgt und suchte scheinbar nach einer bestimmten Akt, die er partout nicht finden konnte. „Wovor hast du Angst? Wenn du nachgedacht hättest, wäre dir aufgefallen, dass ich nicht anders bin. Und ich trachte dir nicht nach dem Leben. Also, wovor hast du Schiss?“ Er hatte nicht einmal aufgesehen, als er mir antwortete. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich es lieber gesehen, er hätte mir in die Augen gesehen, dann hätte er auch gemerkt, wie sehr ich mich um ihn und unsere Brüder ängstigte.

„Hör' mir verdammt nochmal zu!“ Ich stützte mich über den Schreibtisch, was dazu führte, dass Seto aufhörte, in den Ordnern zu wühlen, doch noch immer konnte ich Seto nicht dazu bringen, mich endlich anzusehen. >Sieh' mich an! Sieh' mich doch endlich an! Versteh' doch, dass ich Angst um dich habe!< fluchte ich in Gedanken. „Diese Frau mordet, wenn es sein muss! Sie wird nicht eher ruhen, bis sie mich von euch getrennt und euch ruiniert hat! Du verstehst sie nicht! Ich kenne sie, ich weiß, zu was sie fähig ist.“

„Du solltest dich hinlegen. Anscheinend hast du nicht gut geschlafen.“

„Verkauf' mich nicht für blöd! Weder bin ich betrunken, noch habe ich schlecht oder zu wenig geschlafen, noch stehe ich unter Drogeneinfluss oder so was!“
 

Auch er lehnte sich über den Tisch, sein Gesicht stoppte wenige Zentimeter vor meinem. Eiskalt sah er mir in die Augen, was mir einen Schauer über den Rücken jagte. So sollte er ich nicht ansehen, es war das genaue Gegenteil von dem, was ich erreichen wollte. „Hör' mir mal gut zu, Kleine. Du zerbrichst dir hier über Dinge den Kopf, über die du spekulierst, stellst hier Behauptungen auf, von denen du keine einzige beweisen kannst. Sie ist deine Mutter. Umbringen wird sie schon keinen von uns. Das ist mal wieder eines deiner Hirngespinste. Ich meine, welchen Profit würde sie machen, nachdem sie einen von uns töten lässt? Wenn dann bin ich die Zielscheibe, dich wird sie am Leben lassen – was würde der ganze Aufruhr sonst bringen?“

Er verstand mich einfach nicht – ob er es wollte oder es nicht konnte wusste ich nicht. Doch fest stand, dass er nicht merkte, wie besorgt ich tatsächlich war. Wie es in meinem Inneren aussah, davon hatte er keinen blassen Schimmer.

Seto sprach weiter. „Wenn sie dich ernsthaft töten wollte, dann hätte sie es längst getan. Gelegenheiten gab es genug, dich aus dem Weg zu räumen.“

>Wie kann man nur so ungehobelt sein und mir, wo ich schon so geängstigt bin, diese Worte so ins Gesicht sagen?!<
 

Meine Hand zuckte bedrohlich, erhoben hatte ich sie bereits, ich hätte ich ihn für diese Aussage geohrfeigt, hätte ich es gekonnt. Doch ich konnte nicht und wollte es nicht. Vielleicht gab es hier ja die Hoffnung, dass er es doch einsehen würde, vielleicht verstünde er ja noch, was mich so kränkte.

„Aber gerade das ist das Pro...“

Nein, er ließ mich nicht einmal mehr zu Worte kommen, er unterbrach mich, wie fast immer, wenn wir eine Unterredung führten. Satz für Satz, den er aussprach, starb mehr und mehr die Hoffnung, er würde sehen, dass ich Angst hatte, ein wenig Angst um ihn, obwohl ich mit ihm abschießen wollte, besonders aber um unsere beiden Brüder.

„Schluss mit dem Theater. Komm' wieder, wenn du deine Theorien beweisen kannst. Ich will jetzt in Ruhe arbeiten, wenn du verstehst. Schließ' die Türe hinter dir, ich will für die nächsten Stunden nicht gestört werden.“

„Mach' doch was du willst.“ Ich ging auf die Türe zu, blieb stehen, drehte mich noch einmal zu ihm um und sagte: „Aber lass' dir eins gesagt sein. Ich habe dich gewarnt. Wenn du sie nicht ernst nimmst, hast du schon verloren.“ Hinter mir knallte ich die Türe zu, ich schloss sie, wie er es wollte.
 

Mein Körper bebte, als ich mich von ihm entfernte, mehr und mehr, mit jedem Schritt, den ich zurücklegte und mich weiter von Seto distanzierte.

>Wieso muss es so sein? Wieso muss alles so enden? Kann er nicht etwas rücksichtsvoller mit mir umgehen? Er sagte doch, er wolle mich beschützen und wolle, dass ich bei ihm bin, aber... ich will weg von ihm... seine Gegenwart bereitet mir nichts mehr als Schmerzen in meinem tiefsten Inneren; aber wieso, wieso versteht er das nicht? Ist er zu blind, zu egoistisch, um in mein Herz zu sehen? Ist er so gefühllos und kalt geworden, weil er mich nicht verstehen will? Es war doch eine so schöne Zeit, damals, bis Mutter kam... und die Zeit, die ich bei Seto lebte, sie war wunderschön. Ich konnte wieder lieben, aber wieder wurde ich enttäuscht, so wie damals. Ist es Schicksal, dass ich weder lieben, noch geliebt werden kann, ohne daran kaputtzugehen?<
 

Langsam fragte ich mich, ob es nicht einfacher wäre, meine Gefühle einfach auszuschalten, einfach zu ignorieren. Ob es eine Möglichkeit gab, sie auszuschalten wie bei einem Schalter, den man drückte, wenn man Licht brauchte, eine Tasse Kaffee aufsetzte oder den Fernseher anstellte; ob es eine Möglichkeit gab, die eigenen Gefühle auf Eis zu legen und ohne sie einfach weiterleben.

Ist es überhaupt möglich, ohne jegliche Emotion zu leben? Oder sind sie wie Wasser, das eine Pflanze zum Überleben brauchte? Ohne das sie schnell vertrocknete und starb? Waren Gefühle so von Bedeutung? Hat es einen Nutzen, Freude und Leid zu empfinden oder ist das alles nur Gefühlsduselei?

Scheinbar war alles nur eine Leinwand wie im Theater. Ohne verstünde man nicht, was wie und wo passierte und doch konnte man auch ohne Bildern klar machen, was das Schauspiel darstellt, wo und wann es spielt und wie es passiert.

War es wirklich notwendig, Emotionen zu zeigen, zu sehen und zu verstehen?

Nie wieder Liebe, Hass, Enttäuschung. Alles würde mir gleichgültig werden. Ein Unfall, bei dem Menschen ihr Leben lassen würden, ein Streit mit meinen Mitmenschen, hätte ich noch welche, gutes oder schlechtes Wetter. Alles wäre mir egal, ich würde keinerlei Regung empfinden. Nichts, was mich mehr verletzen könnte. Es wäre ein Neuanfang, der Beginn einer neuen, meiner eigenen kleinen Welt.
 

~Einige Zeit später~
 

Seufzend schloss ich die Augen und dachte nach. Mit Jun saß ich nun im Wohnzimmer sprach mit ihm über alle möglichen Dinge. Aber nicht nur über die zahlreichen Missverständnisse. Auch hatte er mir endlich erlaubt, dass ich mit Ren ausgehen könne, was ich auch ohne sein Einverständnis getan hätte, aber wenn er mich gehen ließ, dann bedeutete dies auch, dass er mir erstens vertraute und zweitens konnte auch Seto keinen Einspruch mehr erheben, was mich glücklich stimmte. Doch das Glücksgefühl währte nicht sehr lange. Ich hatte zwar nach langer Zeit endlich mal wieder die Gelegenheit gefunden, mich mit ihm auszusprechen, was mich sehr beruhigte und mich auch erfreute, allerdings war es nun an der Zeit, ihm davon zu erzählen – von dem, das mich schon seit Tagen und Wochen wie ein Schatten folgte, den ich nicht abschütteln konnte, der immer an mir haften blieb.
 

Ich saß auf dem schneeweißen Sofa und zog die Beine an den Körper.

„Du, Jun.“

„Hm?“

„Was unser Urlaubstrip angeht...“

„Was ist damit?“

„Nun ja...“ Meine Augen schloss ich leicht. „Seto hat mir schon oft gesagt, ich soll mir keine Sorgen machen. Ihm wollte ich es nicht sagen, weil er es mir nicht glauben würde... und weil ich Angst hatte, dass er mich dann für total gestört halten würde...“

„Wovon redest du da, Riiko?“

„Ich habe letzte Nacht geträumt, dass unser Flugzeug gekidnappt wird und ich angeschossen werde. Und dann...“ Mir liefen Tränen über die Wangen. „Und dann... schlossen sich meine Lider und sie... sie haben sich nicht wieder geöffnet...“
 

Mein großer Bruder legte seinen linken Arm um meine Schultern, worauf ich mich leicht an ihn lehnte. „Hey, nicht weinen. Es war nur ein Alptraum, weiter nichts.“

„Das ist nicht nur ein Alptraum gewesen. Es wiederholt sich alles, immer und immer wieder. Immer habe ich diese Alpträume, bevor etwas schreckliches passiert. Als hätte ich eine Zukunftsvision oder so was. Ich habe Angst, so fürchterliche Angst...“ Ich lehnte mich weiter an in und hielt ihn fest. „Ständig diese Alpträume, die mich nicht loslassen. Sogar habe ich vor dem Einschlafen Angst, es könnte wieder so etwas schlimmes passieren.“

„Es wird bestimmt bald enden, vertrau' mir.“
 

„Ich will, dass es jetztaufhört und nicht bald! Dass ich endlich wieder ein normales Leben leben kann. Mutter, sie bedrängt mich schon so lange. Es gibt so viele Sorgen, die auf mir lasten. Aber bei Seto und bei dir, bei Mokuba, da kann ich für einige Zeit alles vergessen und so sein, wie ich bin. Nicht das verstellte Ich, dass sich hinter einer Maskerade verstecken muss, damit die Welt meine schwächliche Schattenseite sieht. Nicht das Mädchen, dass sich vor den anderen anders gibt, als es wirklich ist.“

„Du musst deine Sorgen nicht allein tragen. Wir sind alle bei dir und wollen dir helfen.“

„Aber ich will es allein schaffen! Bis jetzt bin ich immer, ausnahmslos immer, vor meinen Problemen davongelaufen! Habe gehofft, jemand kommt und rettet mich, löst diesen Konflikt für mich, hilft mir, die Situation zu bewältigen. Aber jetzt will ich auf eigenen Beinen stehen und mich nicht mehr auf die verlassen, die an meiner Seite sind. Ich will in der Lage sein, für meine Fehler geradezustehen, egal, was es mich kostet. Ich will unabhängig sein, ein anständiges Leben führen. Niemand soll mir mehr helfen, ich will ein eigenständiger Mensch werden. Niemand soll mich bemitleiden oder mich an der Hand nehmen, ich will alles allein und aus eigener Kraft schaffen.“
 

Was ich nicht wusste, war, dass außer mir und Jun noch jemand jedes unserer Wörter vernahm...
 

~Bei Seto~
 

Die Türe war einen Spalt geöffnet, vielleicht zehn Zentimeter. Aber es genügte, dass ich Riiko mit ihrem Bruder sprechen hörte, zumindest, als ich nahe der Türe stand. Ich suchte noch immer nach einer bestimmten Akte, doch ich fand sie einfach nicht.

Aber das war eher nebensächlich. Meine Bewegungen verlangsamten sich und verursachten kaum noch hörbare Geräusche, bis sie ganz stoppten, um ihre Stimme nicht zu übertönen. Allerdings bereute ich es kurz darauf, als ich sie etwas sagen hörte, was mir für einen Sekundenbruchteil das Blut in den Adern gefrieren ließ.
 

„Ich habe letzte Nacht geträumt, dass unser Flugzeug gekidnappt wird und ich angeschossen werde. Und dann... und dann... schlossen sich meine Lider und sie... sie haben sich nicht wieder geöffnet...“
 

Ich lehnte mich an die Wand, die rechts neben mir bereits an die Türe grenzte und schloss die Augen.

„Alpträume...“, kam es leise von meinen Lippen.

Vor einiger Zeit hatte ich auch einen schlimmen Traum gehabt. Der Traum, in dem Riiko von einem Auto erfasst wurde und vor meinen Augen starb.
 

~Flashback~
 

Ich lief Kyoko nach, ich konnte sie schluchzen hören und ihre klackenden Stiefel hallten in den Gängen wieder.

„Kyoko, warte! Du missverstehst da etwas!“

Sie rannte jedoch unbeirrt weiter, aus der Villa hinaus auf den Vorhof.

„Was soll ich denn da missverstehen? Du und diese Frau habt miteinander geschlafen, obwohl du mir versprochen hast, dass du nie mehr mit einer anderen Frau etwas anfängst. Wir waren ein Paar, Seto! Du wolltest mich lieben und mich eines Tages heiraten! Ich hasse dich!“

Sie lief auf die Straße, ich konnte sie nicht mehr einholen, da ihr Vorsprung viel zu groß war.
 

Im nächsten Moment sah ich das Licht von Autoscheinwerfern, die die Straße durch den niederprasselnden Regen erhellten. Ein lauterwerdender Motor war neben dem Rauschen des Regens zu hören. Ein Knall. Ein lautes Scheppern. Der Wagen hielt nach einer Vollbremsung an, eine Türe ging auf, eine Männerstimme, die laut „Scheiße!“ brüllte und ein lautes Knallen einer zugeworfenen Autotüre, der Motor, das Quietschen von Reifen und schon war der Wagen verschwunden. Sie wurde angefahren. Wenn nicht gar überfahren.
 

Ihr Körper lag mitten auf dem Asphalt und rührte sich nicht mehr. Ich rannte auf sie zu und drehte sie um, auf den Rücken, und sah ihre Wunden, die Kratzer und Flecken an ihrem Körper. Und die klaffende, stark blutende Wunde an ihrer Stirn.

„Halt durch! Ich rufe einen Krankenwagen.“ Ich nahm verzweifelt ihre Hand und drückte sie.

„Es ist zu spät.“

„Nein! Sag' so etwas nicht! Du wirst weiterleben! Gib' nicht auf.“

„Nein, Seto. Ich schaffe es nicht mehr. Mein Leben ist zu Ende. Aber meine Liebe zu dir wird unaufhörlich weitergehen, bis wir uns irgendwann wiedersehen.“

Sie schloss ihre Augen und ihr Kopf sank in meine Richtung.

„Nein! Nein! Neeeeeeeeeeeiiiiiiiiiiiiiiiiiiiin!“, brüllte ich in die Nacht hinein und drückte ihren leblosen, blutverschmierten Körper an mich.
 

~Flashback: Ende~
 

„Hey, nicht weinen. Es war nur ein Alptraum, weiter nichts.“

Wieder hörte ich ihre Stimme, ihre ängstliche, fast von Tränen erstickte Stimme. „Das ist nicht nur ein Alptraum gewesen. Es wiederholt sich alles, immer und immer wieder. Immer habe ich diese Alpträume, bevor etwas schreckliches passiert. Als hätte ich eine Zukunftsvision oder so was. Ich habe Angst, so fürchterliche Angst... Ständig diese Alpträume, die mich nicht loslassen. Sogar habe ich vor dem Einschlafen Angst, es könnte wieder so etwas schlimmes passieren.“
 

Ihre Worte geisterten noch Minuten und Stunden in meinem Kopf herum, bis ich hörte, dass ihre Konversation eskalierte und ihre wütende, aufgebrachte Stimme widerhallte.

„Ich bilde mir das nicht ein! Es ist wahr! Wieso glaubt mir denn niemand? Wieso denken alle, ich wäre verrückt?!“, schrie sie aufgebracht.

„Du bist nicht verrückt, niemand behauptet das!“

„Sicher? Dann denk' du mal nach und geh' mal zu Seto, der wird dir bestätigen, dass er auch so denkt! Ach', leckt mich doch alle!“

„Riiko...“

„Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, ich habe noch wichtiges zu erledigen...“

Ich hörte, wie sie eine Türe schwungvoll zuwarf. Es wurde still.
 

Hatte sie es wirklich so aufgefasst? Glaubte sie wirklich, ich hätte sie für verrückt erklärt? Habe ich sie damit so sehr verletzt... dass sie glaubt, ich würde ihr nicht glauben? Sie glaubt gar nicht, wie sehr ich ihr glauben würde. Aber dass ihre eigene Mutter sie umbringen will, ist etwas zu weit her geholt. Aber da bleibt noch die Tatsache, dass man auf sie geschossen hat und sich Riikos Mutter dazu bekannt hat. „Dann brauchte ich auch nicht mehr meine Handlanger nach dir suchen zu lassen.“ hatte sie beim zweiten Telefonat gesagt.

Und das mit den Alpträumen kann auch Zufall oder eine Krankheit sein.
 

Noch immer schossen mir ihre Worte durch den Kopf.

>„Sie wird nicht eher ruhen, bis sie mich von euch getrennt und euch ruiniert hat!“

Wer weiß, vielleicht ist an der Sache doch etwas dran. Es wäre nichts neues, würde sie versuchen, uns erneut zu trennen. Aber dieses Mal werde ich sie daran hindern. Sie wird uns Riiko nicht wieder entreißen. Mokuba würde das nicht durchstehen. Und ich will auch nicht, dass sie geht - vielleicht sogar für immer verschwindet...

„Ich kenne sie, ich weiß, zu was sie fähig ist.“<

Ich hatte die Angst in ihren Augen gesehen, die sie auch nicht vor mir verstecken wollte. Sie war ganz sicher überzeugt davon, dass uns in baldiger Zeit etwas zustoßen würde.
 

Aber glaube ich das wirklich? Kann ich so etwas glauben?

Nein, sie war nicht eine von denen, die sich das ganze einbilden. Nicht sie. Sie war ein kluger Mensch und alles andere als psychisch labil.

Doch wie sollte ich ihr das glauben? Es war einfach zu weit her geholt, zu spekulativ, zu thesenhaft, wie sollte ich so etwas glauben? Nie hatte ich Leuten ihre Märchen abgekauft, mag es von Ufos und Außerirdische, vom Armageddon oder von so manch einem anderen Schwachsinn handeln. Spekulationen an sich waren für mich nur Wunsch- oder Alpträume von irgendwelchem Gesindel, dass keine Ahnung vom wahren, echten Leben hatte.

Doch Riiko konnte ich nicht in diese Schublade stecken, ob ich wollte oder nicht. Insgeheim wollte ich es nicht, sie war weit mehr als dieses Pack, was ich sonst in diese Abteilung steckte.
 

~Derweil im Bad~
 

Mit Seto konnte man wieder einigermaßen reden, naja, im Grunde so wie immer, also nicht in einem vernünftigen Umgangston. Er war mal wieder so unausstehlich wie immer.

Eigentlich wollte ich noch etwas mit Mokuba unternehmen, doch dafür fehlte die Zeit. Schade drum. Er muss sich allein fühlen, jetzt, wo unsere Brüder arbeiten und ich nachher nicht hier bin...

>Ich kann nichts mehr daran ändern. Wir werden sicher bald wieder nach Hause fahren und dann habe ich wieder jede Menge Zeit... vorausgesetzt, ich bin dann noch bei ihm...<

Ich seifte meinen gesamten Körper ein, duschte mich nach einigen Minuten ab, wickelte ein großes Handtuch um meinen Körper und ein weiteres um meinen Kopf. Kurz riskierte ich einen Blick auf die Uhr.

>Ich muss mich ein wenig beeilen, in zwanzig Minuten hab' ich den Termin bei der Massage.<
 

Schnell schlüpfte ich in ein paar Schlappen, schloss die Badezimmertüre auf, worauf Seto vor mir stand.

„Wird auch höchste Zeit!“

„Wie wär's damit: Du hältst dein Maul bis ich gleich endlich diese beschissene Suite verlassen habe und du meine Abwesenheit genießen kannst. Dann kannst du so viel Mist reden, wie du willst. Wäre das was?“

„Ich halte nichts von Leuten, die mir vorschreiben wollen, was ich zu tun und zu lassen habe.“

„Das geht da rein“, ich deutete auf mein linkes Ohr, „und da wieder raus.“ und auf mein rechtes. „Reicht das, Mister Großkotz? Ich habe wichtigeres zu tun, als meine Zeit mit einem Ekelpaket wie dir totzuschlagen.“

„Ganz meinerseits. Würdest du jetzt bitte zur Seite treten, ich würde gern das Bad benutzen.“

Langsam ging ich an ihm vorbei, die Kiefer aufeinander gepresst, um mich nicht noch mehr über ihn auszulassen. Doch es gelang mir nicht so ganz, da ich mich dabei ertappte, wie ich ihm ein „Bleib' am besten in der Klobrille stecken – würde uns alle erfreuen.“ an den Kopf warf.
 

Während der Herr im Bad verschwand, ging ich in mein Zimmer, um mich anzuziehen.

Ich kramte in einem meiner Koffer, zog eine Dreiviertel-Jeans und ein Neckholder-Top heraus, was ich zugleich überstreifte. Schnell suchte ich noch ein paar Sandalen, die ich gleich anzog.

Sichtlich entnervt ging ich daraufhin zum Bad zurück, wo Seto nicht mehr auf der Toilette hockte, sondern vor dem Spiegel stand.

„Seit wann kannst du in den Spiegel sehen, ohne, dass dieser dabei zerspringt?“

„Sehr amüsant, meine Kleine. Wirklich, dein Humor ist mal wieder unausstehlich.“, antwortete er belustigt.

Fest stand, dass ich nicht länger in seiner Nähe sein wollte. Ich setzte mir neue Kontaktlinsen in Blau, die zudem leicht grünlich wirkten, in die Augen und sah kurz in den Spiegel. „Ich bin nicht deine Kleine. Und jetzt verschwinde, ich habe gleich einen wichtigen Termin und will rechtzeitig fertig sein.“

Ich nahm einen Föhn aus dem Schrank, der rechts neben dem Spiegel hing und stellte ihn an, nachdem ich dessen Netzstecker in eine Steckdose gesteckt hatte. Mit einer Bürste fuhr ich mir gleichzeitig durch das Haar.
 

Setos Lippen bewegten sich, worauf ich ihm allerdings ein lautes „Ich verstehe dich bedauerlicherweise nicht.“ entgegen rief, bevor er das Zimmer verließ. Ich war nicht gut im Lippenlesen, doch ich meinte, er hatte etwas wie „Tu' was du nicht lassen kannst.“ gesagt oder etwas in der Richtung.

Okay, hier muss ich meinen Gedanken von eben revidieren. Mit Seto konnte man nicht reden, auch nicht im normalen Umgangston mit Brüllerei und Rumgezicke. Na gut, ich war teilweise selbst daran Schuld, aber warum die Schuld nur bei sich selbst suchen? Jun und Seto waren doch auch Schuld, dass ich so ausgerastet bin und noch immer so drauf bin.
 

Nun war ich fertig. Sowohl mit de Nerven, als auch mit meiner Vorbereitung für meine nächsten Termine. Ich klebte noch einen kleinen, rosa Zettel an die Kühlschranktüre, dass ich vor halb sieben nicht zurück sein werde und sie mit dem Abendessen nicht warten und mir auch nichts übrig lassen sollten, dann verließ ich die Suite.
 

Die Stunden vergingen, ich hatte meine Termine bereits hinter mir. In etwas mehr als einer Stunde würde ich mit Ren ausgehen, er würde mich zum Essen einladen, wir würden uns einen schönen Abend machen.

Ich stand in meinem Zimmer vor dem riesigen Spiegel und beobachtete meinen mehr oder minder femininen Körper. Einzige Lichtquellen waren einige kleine Lampen, die ein warmes Licht erzeugten, und der Laptop meines Bruders, der plötzlich ein Signal von sich gab und einen Brief auf dem Bildschirm erschien.

>Eine neue E-Mail.<, dachte ich, als ich schnell die Tasten drückte, um dessen Inhalt zu lesen.
 

Reflexartig griff ich nach meinem Handy und wählte Yamis Nummer.

>Moment, was tue ich hier? Was ist, wenn er ran geht? Was soll ich dann sagen?<

Nun war es zu spät, Yami meldete sich, er klang etwas müde.

„Oh, ähm...hallo. Hier ist Kyoko.“

„Ah, hallo. Wie geht es dir? Hast du meine E-Mail von heute Nachmittag gelesen?“

„Ja, das habe ich.“

Ich vernahm einen dumpfen Knall. „Tut mir Leid wenn ich dich belästige, Yugi...“

„Du störst doch nicht. Ich bin froh, dass du angerufst.“

Mein Herz schlug stärker. >Wieso klopft mein Herz denn jetzt? Wegen Yami? Aber wieso...<

„Bist du noch da?“, fragte er, als ich einige Zeit nichts mehr sagte.

„Ja, ja, entschuldige.“
 

„Dürfte ich fragen, warum du mitten in der Nacht anrufst? Ich will dich nicht drängen, aber ich habe morgen einen langen Tag...“

„Was, bei dir ist es schon Nacht? Verdammt, ich habe nicht auf die Zeitverschiebung gedacht... das tut mir so Leid! Wie kann ich nur so blöd sein, dich aufzuwecken...“

„Nein, ist schon gut, du hast mich nicht geweckt. Ich liege schon einige Zeit wach. Also, worum geht es?“

„Naja, ich wollte eigentlich nur sicher gehen, dass es dir gut geht.“

„D – Das ist nett von dir, Kyoko. Aber sag' mal, dich bedrückt doch etwas, nicht wahr?“

„Es geht in letzter Zeit so viel drunter und drüber, da will ich sicher gehen, dass es euch allen gut geht. Meine Mutter hat sich noch nicht wieder gemeldet und Seto will mich nicht zu ihr gehen lassen, um den Streit zwischen mir und ihr zu schlichten. Vielleicht ist das ganze das vorbestimmte Schicksal...“ Ein Schluchzen entwich mir. „Das Schicksal, dass mich daran hindert, mit meiner Mutter ins Reine zu kommen, was alle Menschen in meiner Umgebung in Gefahr bringt.“ Weiterhin schluchzte ich. „Entschuldige mich bitte, ich habe mich mal wieder nicht unter Kontrolle...“
 

Zunächst schwiegen wir eine Weile, bis Yami das Wort ergriff. „Was redest du denn da. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich werde immer für dich da sein. Wenn du Hilfe brauchst, dann kannst du dich jederzeit an mich wenden. Mach' dir nicht so viele Gedanken über sie – ich bin mir sicher, euer Konflikt wird bald gelöst.“

Ich hielt den Hörer in beiden Händen. Ich zitterte. „A – Aber...“

„Kaiba wird seine Gründe haben, wenn er dich nicht zu ihr schicken will. Hör' auf dir Vorwürfe zu machen. Dich trifft keine Schuld.“
 

Wieder schwiegen wir beide und wieder ergriff er zuerst das Wort. „Es gibt da übrigens noch etwas, was ich dich fragen wollte...“

„Okay, frag schon.“

„Nun ja, wie soll ich sagen... erinnerst du dich noch an den Abend, an dem wir uns zufällig über den Weg gelaufen sind?“

„Ja klar erinnere ich mich. Das war doch der Abend, an dem wir das Duell vereinbart haben.“

„Da haben wir doch einen Deal vereinbart...“

„Ja, stimmt... und ich glaube, du willst mich nun fragen, wann wir uns treffen, richtig?“

„Du hast recht. Also, was sagst du?“

„Tut mir Leid, dir das sagen zu müssen, aber ich weiß noch nicht, wie lange ich noch weg bleibe. Es kann sein, dass ich in zwei oder drei Tagen wieder zurückkomme, aber es könnte auch noch eine Woche dauern. Von daher möchte ich dir nichts versprechen, was ich nicht einhalten kann.“

„Das macht nichts. Sag' mir einfach, wenn du Zeit hast.“

„Werde ich. Ach ja, kann ich mir, sobald ich zurück bin, mal deine Mitschriften aus der Schule leihen? Ich würde dann gerne den Stoff nachholen, wenn es für dich okay ist, meine ich, das mit den Heften...“
 

„Natürlich, ich kann dir auch Nachhilfe geben, in Mathe haben wir mit einem neuen Thema begonnen, das nicht ganz einfach ist...“

„Ich nehme deine Hilfe nur zu gerne in Anspruch!“ Ein Lachen. „Danke für deine Hilfe.“

„Gern.“

„Ich verabschiede mich hiermit einmal, ich habe noch zu tun.“

„Ja, tu' das. Ich versuche, bis morgen früh noch einige Stunden zu schlafen.“

„Sobald ich weiß, wann ich zurückkomme, melde ich mich.“

„Das musst du auf jeden Fall! Dann komme ich und hole dich vom Flughafen ab.“

„Das musst du doch nicht...“

„Ich sagte ich hole dich ab, dann hole ich dich auch ab. Dabei bleibt es.“

„D – Danke. Gute Nacht, schlaf' gut.“

„Du auch. Bis die Tage.“

„Bis dann. Und danke für's zuhören.“

„Immer gern.“
 

Er legte auf, ich tat es ihm gleich.

Ein Seufzten entfuhr mir, als ich mich rückwärts auf das Bett fallen ließ und an die Decke starrte. Ich strich mit den Fingern über das Lacken, spürte den weichen Samt an meinen Fingerspitzen.

Kurz schloss ich die Augen und dachte nach. Wie würde es weitergehen? Ich hatte meine Zweifel, ob es richtig war, weiterhin bei Seto und Mokuba zu bleiben. Lieber wollte ich in mein altes Leben zurück, am Stadtrand wohnen, allein, nur mit meinem Bruder, der mir abends nach der Arbeit Gesellschaft leistete. Ich konnte wieder selbst kochen, hatte mein eigenes Zimmer und durfte wieder tun und lassen was ich wollte. Alles was ich sein wollte, war so unabhängig und eigensinnig sein, wie früher, wollte nicht weiterhin in dem goldenen Käfig Setos sitzen. Ich wollte rebellieren, gegen ihn und alles, was mich davon abhielt, in mein altes Leben zurückzukehren. Nicht weiter ein Gegenstand für alle sein, den man behüten und vor allem Schlechten schützen musste, damit ich nicht zerbreche. Zumal ich doch das Risiko liebte. Wie oft in meinem Leben hatte ich mich in Gefahr begeben, egal, ob mich Schmerz und Leid als Folge davon quälen würden. Schon vor zehn Jahren und davor auch schon viel zu oft war ich vor meiner Mutter davongelaufen und geflohen, in der Hoffnung, sie fände mich nie mehr wieder. Eine Chance auf ein neues Leben ohne Drohungen, Prügel, Hass und Angst.
 

Doch zuallererst wollte ich das Abendessen genießen.

>Oh, verdammt, das Abendessen!<

Zeitgleich klopfte es an der Türe, ich bat die Person vor der Türe einzutreten, nachdem ich sie nach ihrem Namen gefragt hatte. Es war die Kosmetikerin, die ich für halb sieben bestellt hatte.

„Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend, Miss Honami.“ Die junge Frau begrüßte mich höflich, schaltete das Licht ein, damit es nicht mehr so dunkel im Zimmer war. Darauf schloss sie die Türe hinter sich und legte zwei größere Koffer auf einen Tisch, in dem sich ihr 'Werkzeug' befand.

„Guten Abend.“

„Nun, ich habe Ihre bestellten Kleider dabei, Sie sollten sie nun anziehen.“

Ich warf einen schnellen Blick auf den Wecker auf dem Nachtschrank neben mir, der bereits 18:33 Uhr anzeigte.

„Wollen Sie eher dezent oder kräftig geschminkt werden?“

Meine Antwort war ein Zucken mit den Schultern.
 

Da stand ich nun skeptisch vor dem Spiegel, eine schwarze Corsage und einen ebenfalls schwarzen, knielangen Rock und die schwarz-silbernen High Heels, die die Frau für mich ausgesucht hatte, weil sie dieser so gut gefielen, tragend.

„Ich finde, es steht ihnen ausgezeichnet.“

„Warten Sie einen Moment.“ Langsam ging ich auf die Türe zu, es war ein Kunststück, auf den zwölf Zentimeter hohen Absätzen zu laufen. „Äh... Jun?“ rief ich nach draußen auf den Flur, doch es antwortete niemand. Also beschloss ich, Jun zu suchen, der mich beraten sollte, was ginge und was nicht.

„Rii-chan! Du siehst wundervoll aus!“

Erschrocken wandte ich mich um. „Mokuba! Erschreck' mich nie wieder so!“

„Oh, tut mir Leid.“

„Sorry, habe gerade überreagiert. Liegt wohl an den Nerven...“

„Jun ist nicht da, er muss irgendwas für die Arbeit erledigen... kann ich dir nicht helfen?“

„Naja, ich benötige noch eine Beratung, was mein Outfit nachher betrifft. Ich weiß nicht, was ich anziehen soll. Ich hab ein paar Kleider und Zweiteiler, aber ich kann mich einfach nicht entscheiden!“

„Ich helf' dir gern, ich hab' gerade eh' nichts zu tun.“
 

„Oh, da sind sie ja. Entschuldigen Sie die Frage, aber was macht er“ die Frau deutete mit skeptischem Blick auf Mokuba „hier?“

„Er berät mich, da mein großer Bruder beschäftigt ist.“

„O – okay. Also, wie gefällt es Ihnen?“

„Ich finde es zu gewagt, um ehrlich zu sein. Die Absätze sind zu hoch und ich sehe aus wie Leberwurst in Pelle. Außerdem wird damit meine Oberweite zu sehr betont, es sieht aus, als wolle ich alle Männer in meinen Bann ziehen und um den Finger wickeln... nein, das nehme ich nicht für diesen Anlass.“

„Versuchen sie dieses hier.“ Sie reichte mir ein rosé-farbenes Kleid, was bis zu den Knien ging, allerdings recht eintönig und unverziert war.

Als ich hinter dem Raumteiler hervor kam und es trug kam diesmal grober Protest von Mokuba.

„Das geht gar nicht! Zieh' das sofort wieder aus!“

Zwar wollte die Frau noch etwas sagen, doch sie hielt sich mit ihren Bemerkungen zurück, als ich ihr klar machte, dass es Mokuba und mir gefallen müsste, damit ich es trage.

Also verschwand ich einige weitere Male hinter dem Raumteiler und probierte einige Kleider an. Rote, Schwarze, violette.
 

Etwa eine knappe Stunde später, als wir scheinbar das perfekte Kleid gefunden hatten. Es war ein hellblaues, fast eisblau, schulterfrei, mit Strass am gesamten Oberkörper, bis zum Boden reichend und ab der Hüfte leicht ausfallend. Unter der linken Schulter befand sich eine größere Blume.

„Es steht Ihnen ausgezeichnet, Miss Honami.“

„Danke.“

„Das sieht bezaubernd aus! Das behältst du an! So kann man dich übergeben!“

Kurz lachte ich auf. „Ich bin aber kein Gegenstand, den man übergibt!“

„Du weißt was ich meine!“

„So, jetzt aber raus hier, ich muss noch in die Maske und meine Haare machen!“ Mokuba konnte sich nicht einmal wehren, bevor die Türe von mir geschlossen und abgeschlossen wurde.
 

Vorsichtig setzte ich mich auf einen Stuhl, um das Kleid nicht gleich zu zerknittern, worauf die junge Frau sich niederkniete und mir die Schuhe reichte. „Was sagen Sie zu diesen? Ich persönlich finde sie sehr schön, sie passen gut zu Ihrem Kleid.“

„Ja, sie sind... wunderschön...“

Egal was sie sagte, ich bekam es kaum noch mit. Von Minute zu Minute schwelgte ich mehr in Gedanken, wie der heutige Abend wohl enden würde. Ob ich Spaß haben werde? Sicher! Ich werde zum Essen ausgeführt, zum ersten Mal in meinem Leben! Das ist wie ein schöner Traum; ich dachte nie, dass mir so etwas einmal passieren würde.

„Schauen Sie mal, dieses Make-up habe ich bereits für die zusammengestellt. Es bringt ihre Augen perfekt zur Geltung und ist kräftig, aber nicht zu aufdringlich. Stark, aber dezent.“
 

Es musste wirklich ein Traum sein. Endlich mal abschalten und entspannen, den Abend genießen, ohne Stress und Hektik. Ich konnte wieder so sein, wie ich es wollte, weil er mich nicht kannte. Kein verstellen, weil ich hoffte, er würde meine zweite Seite nicht sehen. Nein, es war Schluss damit; es war Zeit, alles einer Veränderung zu unterziehen. >Ich schließe endgültig mit Seto und der Liebe ab und lege meine Gefühle auf Eis, werde wieder die Einzelgängerin von früher, die sich von allen distanziert und unabhängig ist.< Nie wieder Gruppenzwang und der Wunsch, dazuzugehören. Rebellion, eine einzige Rebellion, das war es, was ich wollte. Alles umkrämpeln, allem und jedem den Rücken zukehren, auch wenn es meinen Mitmenschen Schaden würde. Auf kurz oder lang wäre es besser für sie, wenn ich sie nicht weiter in mein Leben verwickelte, auch, wenn es für Mokuba bestimmt schwer sein würde, sobald ich ihm und seinem Bruder ein für alle Mal den Rücken zu kehrte.
 

Um kurz vor acht war ich fertig und meine Kosmetikerin verließ die Suite. Kurz darauf kam auch ich aus meinem Zimmer, Seto, Mokuba und Jun aßen zu Abend.

„Riiko, du siehst bezaubernd aus!“, kam es von Jun, der gleich aufsprang, mich an den Händen nahm und mich genauer musterte. „Ob ich dich so einem anderen Mann übergeben kann?“

„Hast du dich mit Mokuba abgesprochen? Er hat auch so was angedeutet...“

Meine Frage blieb unbeantwortet, was ich aber nicht sonderlich schlimm fand.

Auch Mokuba kam zu mir.

„Das Kleid steht dir. Du siehst wunderschön aus. Sag' auch mal was, Seto.“

>Oh nein, nicht das noch. Jetzt darf ich mir noch etwas anhören. Mir soll es egal sein, auf seine Meinung pfeife ich.<

Doch er reagierte nicht einmal, sah nicht von seinem Laptop auf, das vor ihm stand.

Ein bedrückendes Schweigen entstand zwischen uns.

„Ich wüsste nicht, was es zu sagen gibt, Mokuba. Meine Meinung ist ihr sowieso egal, also wozu etwas sagen? Mir ist egal wie sie aussieht. Dass sie mit einem wildfremden Kerl ausgeht, lässt sich ebenso wenig ändern.“

Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Mein Blick wandte ich dem Boden zu. „Deinen Kommentar wollte ich auch gar nicht hören. Was du dazu sagst oder darüber denkst ist mir egal, ich tue und lasse, was ich will. Deine Meinung kannst du also bei Trost für dich behalten, weil sie mich nicht im geringsten interessiert.“ Ich wandte mich von den Herren ab und beendete die Unterhaltung mit einem sarkastisch klingenden „Angenehmen Abend wünsche ich.“.
 

~Seto's Sicht~
 

Nach diesen Worten wandte sie sich von mir ab und ging in Richtung Türe. Es klingelte, ich hörte, wie sie sich freudig mit einem jungen Mann unterhielt.

„Sie sehen wundervoll aus, Riiko.“

>Dieser Kerl dutzt sie?<

„Sie finden nicht, dass es für diesen Anlass unpassend ist? Wir gehen ja nicht auf einen Ball...“
 

Mein gesamter Körper verkrampfte sich scheinbar wie von selbst, als ich die beiden gehört hatte. Meine Hände hatten sich zu Fäusten geballt. >Was biedert sie sich auf für diesen Mann? Tut so höflich und schüchtern, verstellt sich.< Unerträglich war es für mich, mir dieses Geschwätz weiterhin mit anzuhören. Dieses förmliche, sinnlose Gerede zwischen diesen beiden Menschen hatte mich nicht im geringsten zu interessieren. Es war nicht gerecht und außerdem war es gegen meinen Stolz und meine Würde, mich dem Niveau hinabzulassen, die Konversation zu beenden und mein Mädchen von diesem wildfremden Kerl zu trennen, der sie wahrscheinlich nur für kurze Zeit ausnutzen und fallen lassen würde.

In meinem Kopf waren so viele Gedanken, ich solle sie doch hindern, solle sie hier behalten, um sie nicht ganz zu verlieren. Doch diese beiden zu trennen würde Riiko nur noch mehr provozieren - besser würde es diese heikle Situation nicht machen, das stand ganz außer Frage.
 

„Ganz und gar nicht. Dieses Kleid steht Ihnen ganz ausgezeichnet und ist fast so schön wie sie, Riiko.“

Sie sprach noch kurz mit Mokuba und danach mit ihrem Bruder, ich klappte mein Laptop zu und ging in mein Arbeitszimmer zurück, ohne das Abendessen auch nur angerührt zu haben. Selbst die dampfende Tasse Kaffee ließ ich auf dem Esstisch zurück.
 

Die Türe trat ich mit dem linken Fuß zu, dementsprechend war der Knall auch alles andere als leise. Dieses Mädchen ging mir nur noch auf den Nerv, den letzten, den ich noch hatte und von dem ich nicht hoffe, das jemand diesen letzten verbliebenen noch, nötig oder unnötig, strapazieren würde.
 

Für mich waren ihre Worte wie eine verbale Ohrfeige gewesen. Ich hätte Protest auf meine Aussage erwartet, egal, ob sie es mit Körpersprache oder Worten ausdrückte. Doch von ihr kamen nur ablehnende, gar verletzende Ausdrücke, die ich von ihr nicht erwartet hatte, obwohl ich wusste, wie schlecht sie gelaunt gewesen war.

Sie war hübsch gewesen, daran hatte ich keinerlei Zweifel. Sie war immer ein sehr hübsches Mädchen gewesen und wird es auch in Zukunft sein, egal, was sie trug, für mich war sie niemals nicht schön genug. Wäre sie bei mir geblieben, wäre es nie eine Genugtuung gewesen, eine andere Frau zu haben, nein, Riiko war für mich bisher die einzige gewesen, mit der ich mir ein längeres, fortwährendes Beisammensein hätte vorstellen können. Sie war eine Frau, die nicht nur auf mein Geld aus war oder nur mit mir schlafen wollte, weil ich so gut aussah oder weil sie sich Respekt und Ansehen verschaffen wollte. Für sie gab es keinen Ersatz, sie war die, die ich um jeden Preis für mich haben wollte, das war mir schon seit dem Vormittag in der Kirche klar. Doch war sie angespannt und nicht gut auf mich zu sprechen, lehnte sich gegen mich auf und verabscheute mich nun mehr und mehr. Auch das war mir aufgefallen, zu meinem Missfallen.

Kurz hatte ich sie im Augenwinkel betrachtet, als die anderen es nicht bemerkt hatten. Sie war so wunderschön gewesen, dass ich eifersüchtig wurde.

>Für mich hätte sie sich nie so schick gemacht, aber für diesen wildfremden Kerl, den sie einen Tag kennt putzt sie sich heraus, als wäre ihr ihr zukünftiger Mann.<
 

Sie war für mich eine Versuchung, der ich nicht mehr nachgeben dürfte. Ich hatte ihren Körper betrachtet, ihre betonten, weiblichen Reize, ihren nackten Hals und ihre Schultern, ihren entblößten Nacken, da sie die Haare hochgesteckt trug, sogar ihre feinen, langen Finger hatte ich mir angesehen, habe mir vielleicht sogar gewünscht, sie würde mich so berühren, wie während unserer gemeinsamen Nacht vor einigen Wochen.

Sie war ein Genussmittel, eine Droge, von der ich nie genug bekam, möge ich sie noch so oft ansehen, sie anfassen, sie küssen. Je mehr ich bekommen hatte, umso mehr wollte ich beim nächsten mal. Ein Blick, der mir früher niemals gereicht hätte und auch heute keine Genugtuung mehr war, eine Berührung ihrer weichen, hellen Haut, das Aufeinandertreffen unserer Lippen, ihren Lipen, die immer so süßlich schmeckten, das mich süchtig machte, wonach ich mich selbst in diesem Augenblick sehnte, sogar die Nacht, die wir zusammen verbracht hatten – manchmal wünschte ich mir, sie wäre wie diese naiven Weibstücke, die nur nach meinem Geld und meinem Aussehen bei ihm wären. Und für ein Schäferstündchen versteht sich. Sie wäre wie jede andere, ich könnte sie einfach ersetzen. Keine Suchtgefahr, keine Eifersucht, keine Gefühle, die ich sonst nie gespürt hatte, die mich so irritierten. Ich wollte ihr nah sein, wollte der einzige sein, dem sie alles gab, was ich wollte, weil sie nicht ohne mich konnte und umgekehrt. Sie sollte mir verfallen und nicht umgekehrt.
 

Doch diesem Wunschtraum zum Trotz spürte ich, dass ich nicht nachgeben durfte, ich so kalt sein musste, wie früher. Nicht wieder durfte ich dem inneren Druck nachgeben und unbedacht handeln. Außerdem sah ich, wie abweisend sie wurde, dass sie schnell gereizt war, Angst hatte, die sie zu vertuschen versuchte. Würde ich ihr nun zu nahe kommen oder falsch handeln, würde er die Beziehung, die kaum mehr bestand, ganz zerstören – was das genaue Gegenteil von dem war, was mich innerlich drängte. Ich wollte nicht riskieren, sie schon wieder ganz zu verlieren, denn eine dritte Chance würde es für mich garantiert nicht mehr geben, weil es schon bei der zweiten mehr oder weniger Zufall war, dass ich mich wieder in sie verliebte. Hätte sie sich nicht bei meinem Turnier eingetragen, wäre ich nie auf sie aufmerksam geworden, hätte sie nie mehr getroffen, hätte sie nie bei mir aufgenommen, wäre ihr nie so nahe gewesen, wie bisher, wäre ihr nie mehr verfallen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  GarudaPhoenix
2009-05-17T19:36:52+00:00 17.05.2009 21:36
so ich schreib jetzt nur das ich was geschrieben hab. bin noch net so groß dazu gekommen richtig zu lesen. bin sozusagen im stress. aber ich les es mir auf jeden fall richtig durch, wenn der 2. teil hochgeladen ist. dann schreib ich auch wieder n gscheiden kommi dazu :-)
hoffe du verzeihst mir ^^
lg
Von:  Quadrat-Latschen
2009-05-16T09:10:14+00:00 16.05.2009 11:10
cool, wieder ein langes kapi^^
hoffentlich gesteht seto ihr bald seine Liebe...
freu mich schon auf das nächste kapi^^
lg
jadey

Von:  fahnm
2009-05-16T01:54:01+00:00 16.05.2009 03:54
Oh! Oh!
Mal sehen wie es weiter gehen wird.
Freue mich schon darauf.

mfg
fahnm


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