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Night Chat

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Night Chat

Kaoru wollte dieses Wochenende noch unbedingt eine Probe machen, weil Dir en grey in der darauffolgenden Woche einige Konzerte zu spielen hatten und das Repertuar seit ihrem letzten Auftritt ein wenig verändert wurde. Die fünf Musiker trafen sich also am Samstag Abend in ihrem Aufnahmestudio und probten fast sechs Stunden lang, bis Kaoru endlich mit dem Ergebnis zufrieden war.

„OK, das reicht für heute“ stellte er fest, als die letzten Töne von ‚Jessica‘ verklangen. „Gute Arbeit Leute, wir sind wirklich gut für nächste Woche vorbereitet. Ruht euch morgen ordentlich aus, damit ihr am Montag auch genug Kraft habt.“

„Ja ja, werden wir machen...“ murmelte Kyo, als er sich mit einer Wasserflasche aufs Sofa fallen lies.

„Otsukaresama“ sagte Shinya leise und machte sich sogleich auf den Weg zum Umkleidereaum. Auch Die verlies den Raum, ohne sich von den anderen zu verabschieden. Kaoru und Toshiya trödelten rum, verpackten sorgfältig ihre Instrumente und unterhielten sich dabei über Toshiya’s Part bei „Bottom of the death valley“, während Kyo immer noch stumm dasaß und aus seiner Flasche trank. Kurze Zeit später kam Shinya wieder zurück.

„Also dann Jungs, wir sehen uns am Montag.“

„Wohin denn so eilig?“ kam es hinter Shinya’s Rücken gefragt. Der Drummer drehte sich um, auch die anderen drei starrten fragend zur Tür. Vor ihnen stand Die, hielt in beiden Händen ein Sixpack Bier. „Wir müssen doch noch auf den Erfolg der anstehenden Konzerte trinken.“

„Klasse! Bier!“ Toshiya sprang begeistert auf und lief sofort zu Die rüber, um ihm ein Sixpack abzunehmen. Er trennte eine der Flaschen ab und hielt sie Kaoru unter die Nase.

„Nein danke, ich kann nicht, bin heute mit dem Auto hier“ stellte der Leader fest. Toshiya guckte ihn schief an, ging dann rüber zu Kyo, aber der machte sofort eine abweisende Geste.

„Ne, danke, hab heute wirklich keine Lust.“

Toshiya und Die sahen sich fragend an, dann blickte der Rothaarige zu dem Drummer.

„Shinya?“

Shinya schüttelte nur den Kopf und sah zu Boden.

„Meine Güte, was seit ihr nur für Trantüten...“ brummte Die unzufrieden.

„Mach dir nichts draus Die, ein andermal. Wir holen das nächste Woche nach. Also, bis Montag“ Kaoru winkte den Anwesenden und verschwand. Sofort erhob sich auch Kyo von seinem Platz und trottete ihm nach. Shinya starrte Die und Toshiya noch einen Moment lang an, nickte schließlich leicht und verlies ebenfalls den Raum. Mit einem enttäuschten, fast schon beleidigtem Gesichtsaudruck, schleppte sich der Gitarrist zu der schwarzen Ledercouch, setzte sich mit einem schweren Seufzer hin und kreuzte die Arme auf der Brust.

„Ist doch nicht zu fassen, die haben morgen alle frei und wollen nicht mal ein einziges Bier zusammen trinken.“

„Ach, vergiss die Langweiler doch einfach. Ich bin ja noch hier“ Toshiya setzte sich neben den Gitarristen und grinste ihn an. Die hörte auf zu schmollen, sah den Basissten mit einem Lächeln an, während er eine Bierflasche öffnete.

„Hast Recht. Gut dass wenigstens auf dich Verlass ist“ der Rothaarige hob seine Flasche, Toshiya machte das gleiche. „Prost! Auf die anstehenden Konzerte!“

„Kanpai!“
 

Es blieb nicht bei dem einem Bier, es folgte das zweite und dritte. Es war schon ziemlich spät, aber keiner von beiden merkte, wie schnell die Zeit verflog. Sie unterhielten sich lebhaft über alles mögliche und lachten dabei immer wieder herzlich. Gerade diskutierten sie über das letzte Konzert in Osaka, wobei die Erinnerung daran, wie Toshiya auf der Bühne über einen Scheinwerfer stollperte, einen weiteren Lachanfall verursachte.

„Du hast dich aber gut aus dieser Situation gerettet“ kicherte Die. „Der Purzelbaum nach hinten sah fast schon beabsichtigt aus.“

„Tja, Talent muss man haben mein guter Freund!“ Der Schwarzhaarige streckte stolz seine Brust aus und sah hochheitsvoll zu dem Gitarristen. Die pickte ihn mit einem Finger in die Brust, worauf Toshiya zusammenzuckte und sich lachend an der Stelle massierte. „Autsch! Das hat wehgetan!“

„Dann hör doch auf dich aufzuplustern wie ein Gockel. Wir sind hier nicht bei einem Konzert, brauchst jetzt nicht einen auf ‚Sexgott‘ zu machen“ der Rothaarige grinste ihn fies an, während er seine Flasche an die Lippen führte.

„Ach was! Sag jetzt bloß dass es dir keinen Spaß macht zuzusehen, wie die Weiber sich nach uns verzehren!“

„Na ja, ab und zu ist das schon ziemlig lustig... aber auf Dauer nervt es. Vor allem da viele von ihnen bei den Konzerten fast ununterbrochen kreischen... und zu jung sind sie mir auch. Und dann noch diese Mädchen, die in nicht immer gelungenen Cosplay Kostümen aufkreuzen... oder diese Gothic Lolitas...“

„Ich find diese Gothic Lolitas eigentlich ziemlich niedlich.“

„Ist ja auch kein Wunder, du bist ja selbst schon fast so eine Lolita“ wieder grinste Dai den Jüngeren an.

„Hey! Soll das jetzt ne doofe Anspielung auf meine Kostüme sein? Stimmt, meine Bühnenoutfits waren immer weiblicher als deine, aber wie ne Gothic Lolita sah ich darin nie aus. In dem Fach war schon immer Shini der herausragende Star.“

„Ein typisches Gothic Lolita Outift hattest du wohl wirklich nie an, aber bei der Macabre Tour hattest du bei einigen Auftritten so ein Amaloli Kleidchen an und dazu passend ein süßes Krönchen auf dem Kopf. Und Shinya hatte, soweit ich mich erinnern kann, auch nur ein oder zweimal ein typisches Lolita Outfit. Sonst trug er immer längere Kleider, so wie du.“

„Hört hört, der Lolita Experte hat gesprochen. Meinetwegen, ich werd jetzt nicht länger mit dir darüber streiten, du Lolitenkenner. Kann mir ja letztendlich auch egal sein, ob ich wirklich ein Lolita Outfit getragen hab oder nicht. Tatsache ist, dass eigentlich nur Shini und ich bei Auftritten und Photoshootings Kleider getragen haben. Ich muss mal ernsthaft mit Kaoru darüber reden. Wär doch ein Spaß, wenn er dich mal in so ein Lolita Kleidchen zwingen würde, meinst du nicht auch?“

„Das wird nie passieren und das weißt du auch. Ich würde in so einem Kostüm niemals glaubwürdig wirken. Dazu bin ich nicht weiblich genug.“

Langsam nervten Toshiya diese kleinen Gemeinheiten. Es war höchste Zeit das dem Gitarristen heimzuzahlen:

„Stimmt auch, du hast offensichtlich kein Talent eine beliebige Seite deiner selbst zu exponieren, so wie ich. Merke: abhängig davon, wie ich mich kleide, wirke ich entweder sehr weiblich oder sehr männlich. Du hast nur eine Seite – eine männliche. Und Shinya hat auch nur eine Seite. Egal wie er sich kleidet, er sieht immer wie eine Frau aus. Er ist so weiblich, dass sogar einige Kerle sich in ihn verknallen“ nun grinste Toshiya sein Gegenüber triumphierend an, Die lies sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen.

„Boshaft wie immer, was Toshi? Das war lange lange her, Shinya hatte damals sehr lange Haare und sah noch weiblicher aus, als jetzt. Ich kannte ihn sehr kurz, hatte wenig Kontakt zu ihm und als ich ihn von weitem beobachtet hab, war ich mir sicher, dass er eine Frau ist. Ich hatte Interesse an ihm, aber ich war nicht in ihn verknallt. Und als ich dann erfahren habe, dass er ein Mann ist, war’s ja auch sofort vorbei mit dem Interesse. Dafür fing aber später ein anderer Bandkolege an sich für Shinya zu interessieren, und das mit dem vollen Bewusstsein, dass er ein Mann ist.“

„Wie? Wen meinst du denn?“

„Na wen schon – dich natürlich.“

Toshiya lachte auf.

„Spinnst du? Wann hab ich mich denn bitte schön für Shini interessiert?“

Die blickte sich kurz im Raum um.

„Schade dass wir hier keinen Computer haben, ich könnte dir einen kurzen, aber ziemlich interessanten Film zeigen, auf dem man sehen kann, wie ihr euch küsst.“

„Ah, stimm ja!“ Toshiya klatschte sich die Hand auf die Stirn. „Jetzt weiß ich’s wieder, diese Afterparty nach dem Auftritt in Zepp Sendai. Aber das war doch nur Spaß!“

„Bist du sicher? Vielleicht war es doch mehr? Vielleicht habt ihr euch dadurch einen innigen Herzenswunsch erfüllt?“

„Aber klar doch. Bist du etwa neidisch? Du hast ja damals mit Kaoru nur ein wenig rumgekuschelt...“

„Hast du sie noch alle?!“ Die richtete sich auf, sah Toshiya beinahe erschrocken an. „Ich hab mit Kaoru doch nie ‚rumgekuschelt‘!“

„Doch, hast du, zumindest kam es so rüber auf dem gleichen Film, den du schon angesprochen hast“ Toshiya grinste breit. „Und dabei wärst du wohl lieber an meiner Stelle gewesen, was?“

„Du bist ein Idiot“ der Gitarrist schüttelte resigniert seinen Kopf. „Willst du mir jetzt unbedingt einreden, dass ich auf Kerle stehe?“

„Vielleicht nicht auf Kerle allgemein, aber ich würde es schon begrüßen, wenn du zugeben würdest, dass du was für Shini empfunden hast... oder sogar immer noch empfindest.“

„Tut mir leid, aber sowas bekommst du nicht zu hören. Da kannst du noch so wilde Theorien aufstellen. Aber warum reden wir jetzt nich mal über deine Zuneigung zu Männern?“

„Klar, wieso nicht. Grundsätzlich steh ich ja nur auf Frauen, aber für Experimente bin auch jederzeit offen.“

Der Gitarrist blickte sein Gegenüber halb mißtrauisch, halb verwundert an.

„Ist das jetzt dein Ernst? Oder versuchst du mich wieder zu verarschen?“

„Die, ich bin zu tiefst verletzt!“ der Bassist legte sich mit einer theatralischen Geste die Hand an die Stirn und sprach mit gespielter Empörung: „Wie kannst du nur behaupten, dass ich versuche dich zu verarschen?! Ich, die einzige Person, die immer ehrlich mit dir ist und dich nie im Leben betrügen würde!“

„Aber natürlich“ lachte Die. „Hör jetzt auf mit dem Scheiß“ er schubste den Bassisten leicht nach hinten, wodurch der seine ‚dramatische‘ Pose aufgeben musste um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Toshiya setzte sich wieder richtig hin und griff nach seiner Bierflasche, nahm einen ordentlichen Schluck bevor er mit einem leichten Grinsen wieder zu Die blickte.

„Sag mal... hast du denn schon mal einen Mann geküsst?“

Die verschluckte sich an dem Bier, das er gerade trank, sah den Bassisten mit weitaufgerissenen Augen an.

„Wie bitte?!“ fragte er verstört, nachdem er seinen Hustenanfall wieder unter Kontrolle bekam. Toshiya verdrehte die Augen.

„Oh Mann, jetzt tu doch nicht so erschrocken Die. Ich hab doch nur gefragt, ob du mal einen Kerl geküsst hast.“

„Nein, hab ich nicht“ antwortete der Ältere mit ernster Stimme.

„Nie?“

„Nie.“

„Warst du denn nie neugierig, wie das ist?“

„Nicht wirklich.“

Toshiya hielt sich seine Bierflasche wie ein Mikrofon vors Gesicht und blickte zur Seite, auf ein nicht existierendes Publikum.

„Meine Damen und Herren – die Enttäuschung des Abends! Daisuke Andou ist NICHT schwul!“

„Was soll denn jetzt dieser Quatsch?“

„Die, stell dir doch mal vor, wie enttäuscht deine Fans wären, wenn sie wüssten, dass du nicht schwul bist!“

„Hä? Wieso denn enttäuscht? Darüber sollten sich doch insbesondere die Mädels freuen, oder?“

Der Bassist beugte sich leicht zu Die rüber und sah ihn mit einem gutmütigen Lächeln an, wie ein Kind, dem man versucht einen sehr schweren Begriff zu erklären.

„Weisst du denn was unsere weiblichen Fans gerne in ihrer Freizeit machen?“

„Äh... nein... weißt du’s etwa?“

Toshiya schloß die Augen und nickte ein paar mal, bevor er wieder sprach:

„Sie schreiben. Sie schreiben Storys über uns. Schon mal was von Yaoi Fanfics gehört?“

Der Gitarrist sah ihn verständnislos an, also seuftzte Toshiya nur und erhob sich von der Couch.

„Hey! Wo willst du hin?“

„Ich komm gleich wieder.“

Keine fünf Minuten später spazierte Toshiya wieder in den Proberaum mit seinem Laptop unter dem Arm.

„Du hast deinen Laptop heute mit dabei? Also hätten wir uns doch diesen Film ansehen können!“

„Das ist jetzt nicht mehr wichtig“ der Bassist hockte sich neben Die und fuhr den Computer hoch. „Ich will dir jetzt was anderes zeigen.“

Der Rothaarige beobachtete aufmerksam, was Toshiya macht. Er startete die Internetverbindung, ging auf seine ‚Favorites‘, suchte dort irgendeine Fanfic Seite aus und bestimmte auf dieser die Suchparameter: Kategorie Dir en grey, Genre Shounen-Ai/Yaoi. Die Suche ergab 187 Treffer. Er klickte die erste Fanfic auf der Liste an: ‚A night full of dreams – eine Kyo x Die FF‘.

„Kyo und Die? Soll das heißen, dass mich da jemand mit Kyo verkuppelt hat?“ der Gitarisst starrte seinen jüngeren Bandkolegen schockiert an. Toshiya kicherte.

„Genau. Lies dir mal ein paar Zeilen durch.“

Die hatte nicht wirklich Lust sich das ganze durchzulesen, also überflog er den Text nur: ‚... löste den Kuss langsam, küsste noch ein paar mal nach als Kyo nach seinen Lippen schnappte und blickte ihn schließlich sanft an... drehte ihn auf den Rücken und winkelte seine Beine an... als er die Berührungen in sich spürte, bewegte er sich Die leicht entgegen... ihre Zungen liebkosten sich verlangend... krallte sich laut stöhnend in Die's Rücken... Mitten in ihrem Kuss stieß er wieder fester zu...‘

„Oh mein Gott...“ flüsterte der Rothaarige „das ist ja... entsetzlich...“

„Du darfst das nicht zu persönlich nehmen. Stimmt, ist wirklich schockierend wenn man das zum ersten mal liest... aber wenn man dann lernt mit ein wenig Distanz solche Geschichten zu betrachten, wirken sie sogar ziemlich amüsant. Ich meine... die Leute haben doch keine Ahnung, wie wir wirklich sind. Sie stecken uns Worte in den Mund, die wir niemals sagen würden, statten uns mit Gedanken und Gefühlen aus, die uns vollkommen fremd sind, verkuppeln uns miteinander ohne darauf zu achten, dass die Pairings wenigstens ein bisshen logisch erscheinen. Die Geschichten konzentrieren sich nur darauf, dass sich zwei Charaktere die Liebe gestehen oder zusammen in der Kiste landen – und das wird dann detailiert beschrieben. Und dann noch diese idiotischen ‚Ideen‘ für eine Handlung – einmal hab ich gelesen, dass Shinya von mir schwanger wurde, ein andermal, dass Kaoru Kyo vergewaltigt hat.

„Kaoru? Kyo?! Vergewaltigt?! Ist den Leuten etwa nichts heilig?! Shinya Schwanger?! Und solchen Schwachsinn denken sich unsere ‚Fans‘ aus?!“

„Yep“ Toshiya lehnte sich entspannt zurück und zündete sich eine Zigarette an. „Und das passiert JEDER Band. Jedem Anime, jedem Manga, nichts wird verschont. Es gibt tausende solcher Geschichten.“

Die nippte an seinem Bier, starrte gedankenverloren und noch immer fassungslos zur Seite. Der Bassist rauchte schweigend seine Zigarette, bis er plötzlich laut loslachte.

„Ja genau! Das ist es!“ Toshiya richtete sich auf und nahm leise kichernd seinen Laptop wieder auf die Knie.

„Was ist? Was machst du?“

„Wart’s ab!... Einen Moment noch... Jetzt hab ich’s!“

Die setzte sich näher an Toshiya um auch zu sehen, was auf dem Bildschirm passiert.

„Nein!“ stöhnte der Rothaarige und machte ein angewidertes Gesicht. „Nicht schon wieder eine von diesen Fanfictions!“

„Keine Sorge, diesmal ist es was neutrales, keiner von uns beiden kommt vor – es ist ne Shinya und Kaoru Liebesgeschichte.“

„Shinya und Kaoru?!“ Die lachte laut auf. „Stimmt ja, die beiden sind ein wirklich perfektes Paar! Lass mal sehen!“

Sie lasen abwechselnd laut vor und kringelten sich vor lachen, als sie versuchten sich die beschriebenen Situationen und Dialoge lebhaft vorzustellen. Bei dem Happy End, in dem Kaoru nach einer Romanze mit Kyo Shinya endlich seine Liebe gesteht, hatten Toshiya und Die Lachtränen in den Augen und waren komplett außer Puste.

„Das nenn ich doch mal Comedy pur“ stellte der Gitarisst fest.

„Siehst du? Ich wusste, es würde dir gefallen“ lachte der Schwarzhaarige.

„Wir müssen die Story unbedingt den anderen zeigen.“

„Keine gute Idee, Kyo würde uns dafür umbringen.“ Nachdem beide sich wieder einigermaßen beruhigten, blickte Die auf seine Uhr. Er starrte sie eine Zeit lang verwundert an, bis Toshiya schließlich fragte:

„Hey, was ist? Hast du vergessen wie man die Uhrzeit abliest?“

„Weißt du eigentlich, dass es mittlerweile 3.17 ist?“

„Was, schon so spät?!“

„Eher so früh.“

„Ich glaub wir sollten langsam los“ der Bassist holte sein Handy raus, wählte eine Nummer und legte es ans Ohr. „Ja, guten Abend. Oder eher guten Morgen“ er kicherte leise, nahm sich dann aber wieder zusammen. „Entschuldigen Sie. Wir möchten ein Taxi bestellen.“ Er gab der Frau am Telefon die Adresse von dem Aufnahmestudio und machte sich mit Die auf den Weg ins Erdgeschoss. Langsam schlenderten sie die Treppe hinunter. In dem Gebäude war es zu dieser Uhrzeit komplett still, nur ihre Schritte und das leise klimmpern der zwei letzten vollen Bierflaschen, die Die in seiner linken Hand hielt, hallten durch den Korridor.

„Ach, verdammt! Es regnet“ missbilligend blickte Die durch die gläserne Eingangstür auf das Unwetter draußen.

„Egal, dann warten wir eben hier drin“ meinte Toshiya gelassen. Sie standen eine Zeit lang an der Wand und beobachteten den Wolkenbruch ohne ein Wort zu sagen. Plötzlch gähnte Toshiya und lehnte lachend seinen Kopf an Die.

„Ich bin so müde... Ich könnte glatt auf deiner Schulter einschlaffen.“

„Wie? Im stehen?“ lachte der Gitarrist.

„Klar, wir sind Rockstars, wir können in jeder Position schlafen.“

„Eben weil wir Rockstars sind, sollten wir nicht im stehen schlafen.“

„Wir sollten überhaupt nicht schlafen.“

„Wir Rockstars schlafen doch auch nie.“

„Genau. Und scheißen tun wir auch nicht.“

Nach Toshiya’s letztem Satz legte sich für einige Sekunden Totenstille zwischen den beiden, dann brachen sie gleichzeitig in lautes Gelächter aus, brauchten einen Moment um sich zu beruhigen.

„Tja Tosh, du bist dann wohl kein richtiger Rockstar. Wenn du die Toilette verlässt, dann stinkt’s dort wie die Pest.“

„Das sagst ausgerechnet du. Wenn du fertig bist, duftet es dort aber auch nicht nach Veilchen, weisst du?“

„Oh, na jetzt fühl ich mich aber ertappt.“

Sie beendeten ihr seltsames Gespräch, als vor dem Studio endlich ein Taxi anhielt. In bester Laune quetschten sie sich hintereinander auf den Rücksitz und knallten die Tür zu.

„Wo soll’s hingehen?“

„Zur nächsten Tankstelle“ erwiderte der Basisst. Die sah ihn verwundert an, als der Wagen losfuhr.

„Zur Tankstelle? Was wollen wir dort?“

„Wir müssen noch ein paar Handgranaten kaufen“ Toshiya deutete auf die Flaschen, die der Gitarrist in der Hand hielt. „Der Abend ist noch längst nicht zu Ende!“

„Was?“ lachte Die. „Gerade eben warst du doch so müde...“

„Die Müdigkeit hat sich mittlerweile wieder verflüchtigt!“ erwiderte der Schwarzhaarige enthusiastisch. „Wenn du nichts dagegen einzuwenden hast, fahren wir noch zu mir und feiern ein paar Stunden länger! Hey Sie!“ er drehte sein Gesicht zu dem Taxifahrer, „machen Sie doch mal das Radio an!“

Der Taxifahrer war eindeutig alles andere als begeistert von dem Verhalten seiner Passagiere, dennoch tat er, worum er gebeten wurde. Aus den Lautsprechern dröhnte Kyo’s Stimme und die harten Töne von ‚FILTH‘.

„Na das nenn ich mal einen Zufall“ lachte Toshiya „selbst nach der Arbeit werden wir von unserer Arbeit verfolgt!“ Er schnappte sich eine der Flaschen, hielt sie an seinen Mund und machte Kyo’s Lippenbewegungen bei dem Song nach. Die schaltete sich sofort in das Spiel mit ein, tat höchstkonzentriert während er Luftgitarre spielte. Ihr Fahrer starrte immer wieder in seinen Rückspiegel, überlegte wohl, ob es doch nicht besser wäre die zwei rauszuwerfen. Die waren doch sturzbesoffen. Was für einen Blödsinn wollten die denn noch anstellen?

An der Tankstelle stieg Die aus (der eindeutig nüchterner war als der Basisst), kaufte vier weitere Bierflaschen und stieg zurück ins Taxi, das sie ein paar Minuten später vor Toshiya’s Haus absetzte.

„Vielen Dank für Ihre Mühe!“ Toshiya winkte noch dem empörten Taxifahrer zu, bevor er an seine Haustür ging, diese aufmachte und Die hineinbat. Sie machten es sich im Wohnzimmer gemütlich; Toshiya machte Musik an und öffnete zwei weitere Bierflaschen.

„Kanpai!“ grölte der schwarzhaarige Musiker, bevor er einige Schlücke nahm und die Flasche beinahe bis zur Hälfte leerte. Der Gitarisst sah ihn teils beunruhigt, teils amüsiert an.

„Hey, Tosh! Übertreib es nur nicht, hörst du?“

„Wieso denn? Wir haben den ganzen Sonntag frei, also werden wir auch reichlich Zeit haben uns zu erholen. Außerdem sind wir mittlerweile bei mir zu Hause, du brauchst dir also keine Sorgen zu machen, dass du mich eventuell nach Hause bringen müsstest, wenn ich denn nicht mehr laufen könnte“ er kniff ein Auge zu und streckte die Zunge aus.

„Trotzdem, du verträgst nicht viel, also verlangsame besser das Tempo.“

„Ich vertrage nicht viel? Weißt du eigentlich mit wem du grad redest?!“

Die lachte.

„OK, ich korrigiere: du verträgst zwar viel, aber längst nich so viel wie ich.“

„Kein Grund um stolz zu sein“ Toshiya versuchte beleidigt zu tun. „Wir werden ja sehen, wer am Ende der nüchterne sein wird.“
 

Es wurde immer heller im Raum, draußen ging langsam die Sonne auf. Die streckte sich und gähnte laut.

„Tosh, war wirklich toll heute, aber ich mach mich jetzt besser auf den Weg nach Hause.“

„Wenn du willst, kannst du ja heute hier schlafen.“

„Nein, ist schon OK, ich glaub ich weiß immer noch, wo ich wohne.“

Sie bestellten für Die ein Taxi und gingen vor die Eingangstür. Lange Zeit starrten beide in den Himmel ohne ein Wort zu sagen, bis der Gitarisst plötzlich meinte:

„Toshiya, du hast mir heute Abend noch etwas wichtiges nicht gesagt.“

„Was denn?“

Sie sahen sich eine Weile schweigend an und schließlich fragte der Rothaarige unsicher:

„Hast du denn mal... einen Mann... so richtig geküsst?“

Der Jüngere zuckte mit den Schultern.

„Diesen kleinen Schmatzer mit Shinya ausgenommen? Nein.“

„Bist du denn nicht neugierig... wie das ist?“

Toshiya grinste, verstand sofort worum es geht. Als er auch auf Die’s Lippen ein leichtes Lächeln entdeckte, kam er ihm einen Schritt näher, blickte ihm direkt in die Augen. Er näherte sein Gesicht noch einige Zentimeter an das von Die. Von dem Rothaarigen kam keine Reaktion – das war eine genügende Einladung für den Basissten. Er gab seinem Freund einen leichten Kuss, doch sofort nachdem er von ihm ablies, saugte er sich erneut an seinen Lippen fest, und wieder, und wieder, bis er schließlich seine Zunge in Die’s Mund schob. Die erwiederte diese Zärtlichkeiten, hörte erst dann auf, als hinter ihm das laute quietschen eines bremsenden Autos zu hören war. Die zwei Musiker grinsten sich nach dem Kuss an, kicherten leise. Dann hob der Ältere seine Hand in einer Abschiedsgeste und spazierte los zu dem Taxi, das einige Meter weiter auf ihn wartete.

„Die!“ der Rothaarige stand schon am Wagen, als er Toshiya’s Stimme hörte und sich umdrehte.

„Ja?“

„Dieser Abend heute... Das wäre doch perfektes Material für eine Fanfiction, meinst du nicht auch?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Shouri
2009-09-29T14:48:51+00:00 29.09.2009 16:48
*______________________*
Die hab ich ja noch gar nich gesehen!! naja jetzt^^
Herrlich, die FF ist wunderbar geschrieben, wie immer :3
Auch sehr lustig^^
Das mit den FF-Girls is toll, ich bin so hardcore Yaoi-FF-schreibendes-Fan Girl*0* XDDDDDDDDDDDDD
Mach weiter so^^
*knuddel*
Shouri
Von:  -K
2008-11-02T11:23:35+00:00 02.11.2008 12:23
Herzlichen Glückwunsch zum 2. Platz :)

Deine FF hat mir richtig gut gefallen, vor allem fand ich die Idee total süß. Schade nur dass sie so kurz geworden ist!

Auf jeden Fall, danke nochmal für die Teilnahme ;)
Von:  Angel_of_Thursday
2008-10-07T16:59:46+00:00 07.10.2008 18:59
Tatsächlich...es ist weg... ._.,
..Alsou nochmal: Tolle Ff!!+auf Favoliste gepackt hab+
Echt typisches Männer-gespräch..xD
Und..joah...
Wiesou isses weg?!?>____< +grumml+
Von: abgemeldet
2008-09-23T16:22:47+00:00 23.09.2008 18:22
XD Uii, lustig XD
Und ich fühl' mich mich bei den "Yaoi-Fanfiction-Schreibenden-Fangirls" irgendwie gar nicht angesprochen, obwohl ich auch welche schreib' XD
Hmmmh, na ja. ^__^
Seeeeehr amüsant x3
Ich mag deinen Schreibstil :D
Mach' weiter so!~
LG ♥


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