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Die Blutfinke

Wenn die Phantasie zur Waffe wird
von

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Eile

Marie-Louise eilte durch die enge Gasse. Ihre hastigen Schritte halten an den dunklen Fassaden der dreistöckigen Häuser wider. Da und dort war ein Fenster schwach beleuchtet, ihre Bewohner hatten die Vorhänge zu gezogen um die Helligkeit in den Wohnungen zu halten, oder um die Dunkelheit nicht hinein zu lassen. Die Straßenlampe gab nur spärliches Licht von sich und erhellte widerwillig die Pflasterung der Gasse.

Sie keuchte und presste den Geigenkasten an sich um leichter laufen zu können. Ihre langen Haare wippten im Takt ihrer Schritte. Sie war spät! Sehr spät!

Der Bus würde nicht warten. Und sie musste ihn noch erreichen, denn er wäre der letzte gewesen.

Die Gasse öffnete sich und mündete in eine Seitenstrasse, die von einem Park flankiert wurde. Marie-Lousie rannte über die Straße, bog ab und eilte über die Wiese, beachtete nicht das „Betreten-Verboten“-Schild und sprang über einen kleinen Zaun. Unter ihren Sohlen knirschte der Kies, als sie flink über den Weg huschte.

Durch die Bäume hindurch sah sie die Beleuchtung des Linien-Bus. „Er ist noch da“, dachte sie sich. Und hastete weiter.

Da hörte sie das Starten des Motors. Sie beschleunigte so gut sie konnte, sie schoss auf die Haltestelle zu.

Der Linienbus fuhr ab.

Marie-Louise konnte nur mehr den Schlusslichtern nachsehen. Sie winkte und rief noch „Halt!“ aber es nützte ihr nichts.

Keuchend stand sie da.

Der letzte Bus war weg.

Sie hatte vorher zu sehr getrödelt, sah sie ein. Sie blickte um sich und biss sich in die Lippen. Was sollte sie tun? Sie musste nach Hause!
 

Sie atmete die feuchte Abendluft ein. Allmählich beruhigte sich ihre Atmung wieder und sie begann zu frösteln. Ihre Hände klammerten sich um den Griff des Geigenkastens.

„Di di diiii“, summte sie. Gerade jetzt fiel ihr die Melodie ein, die sie im Unterricht nicht gekonnt hatte. Es klang doch so einfach! Aber sie hatte nicht begriffen, wie sie sie korrekt ausführen sollte...

Seufzend verdrängte sie diese Gedanken wieder. Sie musste nach Hause!

Marie-Louise hörte von fern ein Motorengeräusch. Sie gab acht. Das Geräusch verstummte wieder. Jemand ist in eine andere Richtung gefahren.

Sie wartete.

„Di, di diii, di di ...“

Nun ließ sie die Melodie zu. „Es wird doch wohl noch jemand hier vorbei fahren“, überlegte sie sich.

Sie summte die Melodie weiter.

Nach einer Weile Stehens in der Dunkelheit des Parks hörte sie wieder ein Motorengeräusch.

Sie schaute erwartungsvoll in die Richtung aus der das Fahrzeug kommen sollte. Die Lichtkegel huschten über die Wände der Häuser und das Brummen wurde immer lauter.

Ein Auto bog aus der Gasse, umrundete den Park und fuhr auf die Bushaltestelle zu.

Sofort reckte Marie-Louise die Hand hervor und bog den Daumen in die gewünschte Richtung. Aufgeregt stand sie da. Eigentlich hatte man ihr das verboten...

Verkrampft lächelte sie den Fahrer entgegen. Die Lichter blendeten sie und sie konnte nicht erkennen, ob er oder sie allein im Auto saß.

Ein Ruck und das Auto hielt vor ihr an.

Sie zuckte zusammen. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass jemand sofort halten würde. Sie lief zur vorderen Seitentür und öffnete sie aufgeregt.

„D-danke, dass Sie mich mitnehmen wollen“, stotterte sie.

„Wohin?“ fragte die Stimme hintern Steuer.

Sie atmete erleichtert auf, als sie eine freundliche Frauenstimme hörte. Freudig erklärte sie der Frau, die dem Aussehen nach wohl eine Geschäftsfrau um die 50 war, wo sie wohnte. Sie setzte sich neben die Fahrerin und schloss die Wagentür. Umständlich gurtete sie sich an, den Geigenkasten hatte sie sich zwischen die Beine geklemmt. Die Geschäftsfrau erklärte sich bereit, einen kleinen Umweg zu nehmen, damit Marie-Louise sicher zu Hause ankam. Diese bedankte sich vielmals.

Das Auto, ein Mercedes neueren Typs, fuhr sanft an und glitt elegant durch die Straßen. Die Scheinwerfer streiften flüchtig den dunklen Asphalt, huschten über Menschen am Gehsteig, streichelten am Straßenrand parkende Autos und suchten unbeirrt ihren Weg und durch die nächtlichen Stadt.

Marie-Louise nahm schüchtern die Mahnung entgegen, dass es gefährlich sei, per Anhalter zu fahren. Sie hätte ein Taxi nehmen oder sich bei den Eltern melden sollen, mahnte die Frau.

Marie-Louise schaute in die Dunkelheit jenseits der Windschutzscheibe, an das Taxi hatte sie nicht gedacht, und die Eltern anrufen ... nein! Schuldbewusst nickte sie und hielt sich am Geigenkasten fest. „Das mache ich sonst auch nie“, versicherte sie der Fahrerin, „aber ich muss unbedingt heute Abend noch zu Hause sein.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  EzraGallagher
2011-01-08T12:43:54+00:00 08.01.2011 13:43
Das hört sich ganz interessant an:) Ich mag es, dass du auch die Umgebung so genau beschreibst, nur an manchen Stellen finde ich es ein bisschen übertrieben( wie zum Beispiel an der Stelle mit den Autoscheinwerfern), aber im Ganzen finde ich es doch ziemlich gut geschrieben.
Von:  nufan2039
2008-10-31T12:18:52+00:00 31.10.2008 13:18
Bis jetzt klingt es ganz gut, finde ich. Bin gespannt, wie es weiter geht! ;)


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