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Der Französischlehrer

Heathcliff St. John's
von

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So, wer hat die kranke Autorin bestellt, die wäre jetzt fertig!

Ja, mich hat die Grippe erwischt.

Wie? Das tut hier nichts zur Sache? Mir egal, jetzt wisst ihr's!

Nun, vielen Dank wieder für die Kommentare! Ich habe es wieder nicht geschafft zu antworten... Asche auf mein Haupt!

Zu diesem Kapitel habe ich noch eine kleine Anmerkung:

Marmite ist eine Art Brotaufstrich typisch für den britischen Geschmack... es ist süß, sauer und salzig zugleich... sehr seltsam.

Nun aber viel Spaß beim Lesen!
 


 

Verdammt!

Warum hatte er es schon wieder mit Nemours getan?

Sie rauchten wie gewöhnlich vor dem Schultor eine Zigarette und schwiegen, bis Louis fragte: „Wieso hast du eigentlich was mit mir angefangen? Du könntest von der Schule geworfen werden.“

„Das gilt für dich genauso und immerhin warst du derjenige, der klitschnass zu mir ins Zimmer kam und mich geküsst hat“, grinste Nemours und warf Louis einen süffisanten Seitenblick zu. Louis seufzte genervt auf und entgegnete: „Aber du hättest es fast als Erster getan, auf dem Parkplatz, während des Polospiels, als es so geregnet hat.“

„Mag sein, aber es war nur fast.“

„Ist mir egal. Beantwortest du mir jetzt meine Frage?“ Er nahm fröstelnd noch einen Zug seiner Zigarette. Warum musste es nachts auch immer so schweinekalt sein?

„Du siehst gut aus, bist gut im Bett und es ist eine nette Abwechslung.“ Nemours zuckte die Achseln. „Ist es bei dir anders?“, fragte er dann und hob skeptisch, fast drohend die Augenbrauen.

„Nein!“, antwortete Louis hastig. Eher zu hastig. Er wollte nicht, dass Nemours etwas Falsches dachte.

Aber war es bei ihm das Gleiche? War es bei ihm anders?

Er hatte nie darüber nachgedacht. Die Frage hatte er eigentlich nur gestellt um sich selbst von seinen ursprünglichen Gedanken abzulenken und nun hatte er eine Neue unangenehme Frage im Raum stehen.

Schlief er wirklich nur mit Nemours, weil der Sex gut war?

Er hatte damit angefangen, weil ihn der Franzose gereizt, ihn geradezu herausgefordert hatte. Wegen diesem Ausdruck in seinen Augen, diesem Ausdruck, der immer seltener wurde. In Frankreich war er wieder da gewesen, doch hier in England verschwand er. Jeden Tag ein bisschen mehr.

„Nacht.“ Mit diesem Wort riss ihn Nemours aus seinen Gedanken. Er hatte seine Zigarette ausgetreten und war auf dem Weg ins Schulgebäude.

„Nacht“, murmelte Louis und sah auf seine vor Kälte roten Finger.

Noch einmal ließ er die Zigarette aufglimmen, schnippte sie dann auf die Straße, lehnte den Kopf erschöpft in den Nacken und stieß den Rauch aus.

Zu was hatte er sich da nur hinreißen lassen?

Er steckte die klammen Finger in die Hosentaschen, vergrub das Gesicht tief in seinem Schal und machte sich ebenfalls auf den Weg ins Schulgebäude.

Doch gerade als er in die Halle kam, wurde er gepackt und unsanft gegen die Wand geschleudert. Er keuchte unterdrückt auf, sein Rücken schmerzte und er sah Nemours irritiert ins Gesicht. Auf des Franzosen Gesicht war ein hinterlistiges Lächeln zu erkennen und Louis wusste, was das bedeutete: Zurück in Nemours’ Bett.

Aber diesmal nicht kampflos!

„Lass das“, murmelte er, als Nemours begann seinen Hals zu küssen und seine Jacke öffnete. Er nahm den starken Geruch nach Rauch an Nemours wahr. Ihm wurde davon schlecht.

Doch sein Lehrer hatte es jetzt geschafft ihm das Hemd aus der Hose zu ziehen und seinen nackten Bauch zu berühren. Louis überzog eine Gänsehaut, als die kalten Finger ihn berührten und ein Schauer überkam ihn. Er spürte, wie Nemours’ Hände langsam hinauffuhren, wieder hinab, an Flanken, Bauch und Rücken.

„Nicht…“, setzte Louis an, bis Nemours ihm die Lippen mit einem gierigen Kuss verschloss, doch Louis versuchte weiter zu sprechen: „Nicht hier!“

Er hatte nur leider nicht das Standhaltevermögen um Nemours von sich zu schieben. Er wand sich unter den Berührungen und je länger es dauerte, desto mehr wollte Louis es auch. Nemours kannte ihn schon zu gut. Wusste zu genau, wo er empfindlich war, was er wollte und brauchte.

„Nicht hier“, wiederholte Louis, doch seine Stimme schwankte, klang schwach, es war keinerlei Überzeugung darin. Es war ihm schon längst egal aber irgendetwas hielt ihn doch noch zurück.

„Dann lass uns zu mir gehen“, erwiderte Nemours und ließ abrupt von Louis ab, was diesem überhaupt nicht gefiel, weswegen er sich eilte in das Zimmer des Lehrers zu kommen.

Er hatte sich kaum mehr unter Kontrolle, als er Nemours ungeduldig zu sich aufs Bett zog, ihm die Kleider nahezu vom Körper riss. Er zerrte und zog tatsächlich daran, bis Nemours ihm gnädig zur Hand ging.
 

Er dachte darüber nach wie er sich verhalten hatte. Es war ihm peinlich.

Nicht vor Nemours, der war ihm egal.

Mehr vor sich selbst. Er schaffte es nicht, sich im Zaum zu halten, wenn Nemours ihn provozierte. Er ging voll auf Nemours ein, ließ sich darauf ein, was der von ihm wollte, ganz gleich, was er selbst wollte.

So lag er neben dem schlafenden Nemours.

Eigentlich hätte er sich sofort anziehen und in sein Zimmer gehen müssen, doch stattdessen lag er hier neben seinem Lehrer und verweilte in seinen Gedanken. Er spürte, wie seine Lider schwer wurden und er wusste, dass er eigentlich spätestens jetzt aufstehen und gehen sollte, doch es war einfach zu bequem, zu mollig warm, zu gemütlich.

So schloss er für einen Moment die Augen. Nur für einen winzigen… kleinen… Augenblick…
 

Als er die Augen wieder öffnete, war es bereits Tag. Er rieb sich müde über die Augen und fuhr sich verschlafen durchs Haar, als er gähnte. Erst als er Nemours neben sich bemerkte, wusste er wieder, dass er nicht in seinem Zimmer sein konnte; nicht in seinem Zimmer war.

Verdammt! Er konnte doch nicht wirklich eingeschlafen sein!

„Nemours! Nemours, wach auf!“ Er rüttelte diesen solange, bis der unverständlich und krächzend murmelte: „Qu’est-ce que tu fais, connard, je veux encore dormir.“

„Laber keinen Scheiß, es ist Morgen! Ich bin eingeschlafen!“ Nemours blinzelte hinsichtlich Louis’ panischer Stimme ein paar Mal und richtete sich schließlich auf, um sich mit der Hand übers Gesicht zu reiben.

„Was ist los?“, fragte er gähnend, hielt es nicht für nötig die Hand vor den Mund zu nehmen.

„Es ist Morgen und ich bin noch hier“, wiederholte Louis langsam und sehr angespannt.

„Was? Wieso bist du nicht gestern Nacht gegangen?“, fragte Nemours entgeistert und starrte auf Louis, der inzwischen aufgestanden war und sich anzog. Für einen Augenblick sah er auf und funkelte Nemours zornig an, dann fuhr er fort und fauchte: „Du bist doch derjenige, der immer ungefähr zwei Sekunden danach schläft wie ein Murmeltier! Entschuldige, dass ich auch einmal eingeschlafen bin!“

„Ich kann doch wohl von einem 17-Jährigen erwarten, dass er nach dem Sex noch fähig ist ein paar Treppen hinaufzugehen, wenn davon sein Schülerdasein auf dem Spiel steht. Aber mein Problem ist es ja nicht“, sagte Nemours und ließ sich wieder nach hinten in die Kissen fallen.

„Nicht dein Problem?“, fragte Louis und kam auf ihn zu, nachdem er seine Jeans angezogen hatte. „Mein lieber Nemours. Du weißt, dass du wegen Verführung eines Minderjährigen angezeigt werden kannst und garantiert deinen Job hier verlierst, wenn das auffliegt?“

„Dann gib dir Mühe, dass es nicht auffliegt“, erwiderte Nemours gleichgültig, nahm den Wecker vom Nachttisch, um einen kurzen Blick darauf zu werfen, stellte ihn gleich darauf wieder zurück und drehte sich auf die Seite, sodass Louis seinen Rücken zu sehen bekam.

„Arschloch! Ich muss nicht nur meine Haut retten!“

„Also musst du dich doppelt anstrengen. Viel Glück“, sagte Nemours und schien fast schon wieder im Halbschlaf zu sein. Ob er überhaupt schon richtig wach gewesen war?

Louis schüttelte den Kopf. Der verdammte Franzose war ihm also keinerlei Hilfe. So zog er sich seine restlichen Klamotten an und brummte noch ein paar Worte des Abschieds an Nemours, der wahrscheinlich schon längst wieder schlief. Dieser Kerl war einfach nur wahnsinnig ignorant! Und Louis musste es wissen, denn er war selbst oft ignorant genug.

Vorsichtig lugte er zur Türe hinaus. Es war gerade keiner zu sehen, also schlüpfte er durch den Türspalt und schlich auf Zehenspitzen den Lehrergang entlang.

„Louis? Was machst du denn um diese Uhrzeit hier?“

Scheiße!

Ausgerechnet Mrs. Russel!

Er war in seiner Bewegung erstarrt und drehte sich nun langsam um, fieberhaft nach einer Erklärung suchend. Sie hatte die Haare in einem Handtuchturban hochgesteckt und trug einen Bademantel und Louis versuchte krampfhaft sich nicht vorzustellen, wie seine Englischlehrerin nackt aussah. Dennoch schaffte er es nicht ganz und einige Bilder entstanden in seinem Kopf.

„Guten Morgen, Mrs. Russel“, sagte er langsam und versuchte nun die Bilder zu verdrängen und gleichzeitig eine Erklärung zu finden.

„Also?“, fragte sie und hob die Augenbrauen.

„Louis, du hast etwas vergessen…“, vernahm er nun Nemours’ Stimme und erkannte, wie dieser aus der Türe heraustrat, seinen Schal in der Hand.

„Mr. Nemours?“, fragte Mrs. Russel erstaunt. „War Louis etwa bei Ihnen?“

Nemours warf Louis einen vernichtenden Blick zu, doch sagte dann an Mrs. Russel gewandt: „Ja natürlich war er bei mir. Ach und Louis, dein Französischzeug liegt auch noch auf meinem Schreibtisch. Komm das nächste Mal aber lieber rechtzeitig zu mir, wenn du ein Problem hast und weck mich nicht so früh.“ Louis starrte finster zurück. Was konnte er denn dafür, dass er einmal nach dem Sex direkt eingeschlafen war und dann Mrs. Russel gerade auf dem Flur sein musste, wenn er sich wegschleichen wollte?

„Hör auf Mr. Nemours, Louis, du weißt auch genau, dass es euch eigentlich untersagt ist auf dem Lehrerflur zu sein, geschweige denn in den Zimmern der Lehrer“, mischte sich nun Mrs. Russel ein. Sie hob noch drohend die Augenbrauen, doch Louis wusste ganz genau, dass von ihr keine weitere Gefahr ausging; sie hatte die dämliche Geschichte Nemours’ voll geschluckt. Dennoch erwiderte er sehr leise und unter zusammengepressten Zähnen: „Ja, Ma’am, tut mir leid, es wird nicht wieder vorkommen.“

Dann ging er zu Nemours, riss ihm beinahe den Schal aus der Hand und ging in dessen Zimmer.

Nemours schloss die Tür hinter ihm und musterte ihn schweigend. Louis war extrem verstimmt. Der Tag hatte schon schlecht begonnen und wie sollte er denn noch gut weitergehen? Drecks Tag!

Doch Nemours schien sich nicht für seine schlechte Laune zu interessieren, sondern kam auf ihn zu, nahm sein Gesicht in die Hände und küsste ihn. Der Engländer allerdings ließ sich das nicht gefallen, sondern machte sich von ihm los, trat einen Schritt zurück und fauchte wütend: „Fass mich jetzt gefälligst nicht an!“

Nemours hob wie unschuldig die Hände, erwiderte nichts, sondern drehte sich einfach um und legte sich wieder ins Bett, um noch vielleicht eine halbe Stunde Schlaf zu bekommen, wie Louis es vermutete.

Elender Dreckskerl! Louis ging zum Schreibtisch, griff nach dem Französischbuch seiner Klasse, das fein säuberlich mit den anderen hinten aufgereiht war, und stapfte damit hinaus.

Er hatte es zur Sicherheit mitgenommen, falls Mrs. Russel ihm noch einmal begegnen sollte, doch der Flur war nun ganz und gar verlassen.
 

Zum Frühstück ging er alleine. Allerdings sah er, als er sich gerade seine übliche Portion Cornflakes mit einem gehäuften Löffel Zucker in der Milch holte, dass Richard schon da war und mit einigen anderen am Tisch saß. Anscheinend hatte der ihn auch entdeckt, und winkte ihn zu sich her, doch Louis ignorierte es geflissentlich, holte sich den Rest seines Frühstücks und setzte sich dann allein an einen Tisch.

Er spürte Richards irritierten Blick auf sich ruhen, doch das brachte ihn nicht aus der Ruhe, sodass er gemächlich seinen Toast mit einer hauchdünnen Schicht Marmite überzog.

Nicht viel später allerdings kam Richard zu ihm und setzte sich ihm gegenüber, ein unpersönliches „Morgen“ murmelnd. Louis erwiderte den Gruß gleichgültig. In Gedanken war er noch dabei Nemours zu verfluchen.

„Wo warst du heute Nacht?“, fragte Richard unverblümt und Louis verschluckte sich an seinem Schwarztee, sodass er sich Zunge und Rachen verbrannte und stark husten musste. Als er sich wieder beruhigt hatte und in Richards fragende Augen sah, entgegnete er, noch immer etwas nach Luft ringend: „Im Bett, wo sonst?“

„Aber nicht in deinem“, sagte Richard daraufhin, sah ihn durchdringend an. Louis mochte diesen Blick nicht. Er wusste, dass Richard ihn in letzter Zeit häufig mit diesem kritischen Blick bedachte und genau deswegen konnte Richard auch so viel aus seiner Mimik, seinen Gestiken lesen.

„Wie kommst du darauf?“ Einfach nicht lügen, aber auch nicht die Wahrheit sagen, dann würde schon alles glimpflich enden, sagte sich Louis und wartete auf die Antwort Richards, die auch kurz darauf folgte: „Weil ich in der Nacht in deinem Zimmer war und auf dich gewartet habe. Und zwar mehr, als es braucht um zwei oder drei Zigaretten zu rauchen.“ Er hatte die Stimme gesenkt, sprach leise, damit niemand ihr Gespräch mithören konnte.

„Wieso warst du denn bei mir?“ Langsam wurde es brenzlig, das musste Louis sich eingestehen.

„Weil ich bei dir schlafen wollte.“ Die Antwort war gleichförmig wie die zuvor und auch Richards scharfer Blick änderte sich keinen Deut.

„Ah ja und jetzt kommst du dich beschweren, weil ich dich nicht sanft in den Schlaf gewiegt hab?“ Sarkasmus, der seine Unsicherheit überspielen sollte, schwang in seiner Stimme mit, doch er wusste genau, dass Richard es bemerkt hatte.

„Nein, ich wollte nur fragen, warum du nicht da warst.“

„Ich bin halt wo anders eingepennt!“ Jetzt hatte Richard seinen Triumph: Louis war aggressiv geworden, was bedeutete, dass er sich im Prinzip selbst für schuldig erklärt hatte.

„Und wo?“, fragte sein Gegenüber, blieb weiterhin ernst und konzentriert. Doch nun stand Louis auf, ging um sein Tablett zu versorgen und sagte, als Richard ihm folgte: „Was geht’s dich an?“

Verdammt, die Sache wuchs ihm langsam über den Kopf!

Er musste endlich etwas dagegen unternehmen, doch was das war wusste er nicht, aber er wusste, dass es wohl auch nicht in nächster Zeit geschehen würde, denn noch lief ja alles glatt.

„Haben wir heute Französisch?“, fragte er an Richard gewandt und der bejahte. Das vorige Thema war gegessen. Der Rotschopf schien zu wissen, dass er nichts weiter aus Louis herausbekommen würde, so machten sie sich auf den Weg zum Tutor.
 

Diesen Abend war Richard lange bei ihm; sie hatten begonnen einen Film zusammen anzuschauen, doch war der Oxforder nach einer Weile eingeschlafen und sein Kopf lehnte nun an Louis’ Schulter, während seine Brust sich sanft hob und senkte. Louis lehnte seinen Kopf gegen den Richards und achtete mehr auf dessen gleichmäßigen Atem als auf den Film.

Er war wohl tatsächlich die halbe Nacht lang aufgeblieben um auf ihn zu warten. Wie enttäuscht und verletzt er gewesen sein musste; und nun völlig erschöpft.

Doch auch an Louis war die letzte Nacht nicht spurlos vorbeigegangen. Er war ebenfalls ausgelaugt, hatte es aber dennoch geschafft in der Französischstunde Nemours verachtende Blicke zuzuwerfen, die dieser mit einem leichten Kopfschütteln abgetan hatte.

Aber trotzdem wusste er, dass er spätestens nächste Woche wieder bei Nemours im Bett liegen würde.

Es fiel ihm nicht leicht die Augen weiterhin geöffnet zu halten; sie brannten und die Lider wurden schwer. So schaltete er den Laptop aus und legte ihn beiseite. Dann bettete er vorsichtig Richard, sodass der nicht aufwachte, legte sich neben ihn und deckte sie zu.

Ruhig nahm er Richard in seine Arme und schmiegte sich an ihn, lauschte wieder seinen gleichmäßigen Atemzügen. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass Richard genau über ihn und Nemours bescheid wusste, dass er es schon lange wusste. Eigentlich war es auch kein Wunder, denn es war einfach zu offensichtlich gewesen.

Sollte er Richard reinen Wein einschenken?

Nein, lieber nicht, wer wusste wie Richard reagieren würde; Louis wollte das nicht riskieren.

Er atmete tief durch und langsam glitt er hinüber ins Land der Träume.
 

Es war mitten in der Nacht, als ihm kühl wurde. Er zog die Beine eng an den Körper, rollte sich zusammen, doch erst sein eigenes Niesen weckte ihn auf. Sein Hals kratzte, als er sich räusperte und er bekam kaum die Augen auf. Doch die Nase rümpfend zwang er sich dazu sich aufzusetzen. So bemerkte er, dass er nicht zugedeckt war und Richard nicht neben ihm lag. Verwundert suchte er sein Bett nach der Decke ab und schaute dann auch daneben, falls Richard aus dem Bett gefallen war und sich so sehr an die Decke geklammert hatte, dass er diese mit sich gezogen hatte.

Wobei das eher unwahrscheinlich war, weil der Rotschopf stets an der Innenseite des Bettes schlief. Und das Nachschauen bestätigte die Vermutung: Keine Decke, kein Richard.

Wo Richard war, interessierte ihn im Moment nicht so sehr. Ihm war kalt und er wollte seine Decke! Er ließ den Blick durchs Zimmer streifen und erkannte nun endlich die Ursache dafür, dass ihm so kalt war: Richard saß zusammengekauert auf seinem Schreibtischstuhl, hatte das Fenster weit aufgerissen, die Decke um sich gelegt.

„Rich?“, fragte Louis heiser. „Rich, was soll das? Komm wieder ins Bett, mir ist kalt.“ Erst jetzt sah Richard zu ihm, blickte ihn verständnislos an.

„Es war so stickig hier drinnen“, entgegnete er leise. Louis fuhr sich übers Gesicht und stand auf, um das Fenster zu schließen.

„Los jetzt, komm ins Bett, mir ist schweinekalt. Und wenn ich morgen erkältet bin, bist du Schuld.“ Er streckte Richard die Hand entgegen, um ihm aufzuhelfen und der stellte tatsächlich die Füße auf den Boden und griff nach Louis’ Hand, doch anstatt sich hochziehen zu lassen, zog er Louis mit einem Ruck zu sich in die Arme.

Louis, überrascht von dieser Aktion keuchte unwillkürlich auf. Seine Schulter schmerzte von dem plötzlichen, heftigen Ruck, doch da spürte er, wie Richard die Decke um ihn schloss und seine Wange auf sein Haupt legte.

Louis rührte sich nicht. Er wusste mit dieser Situation nicht so recht umzugehen. Sein Herz schlug schneller und schließlich fragte er: „Was wird das, Richard?“ Er fühlte sich irgendwie gedemütigt, wie er so vor Richard kniete – ja, er war auf seine Knie gefallen.

„Weißt du, Lou?“, begann er und weil Louis’ Kopf an seiner Brust lehnte, spürte der, wie sie leicht beim Sprechen vibrierte. Er sprach nicht weiter und Louis wusste nicht, ob er etwas von ihm erwartete, vielleicht, dass er die Umarmung erwiderte?

Nein. Immerhin kniete er hier zwischen Richards Beinen, den Kopf an dessen Brust gedrückt. Und seine Arme würden weiterhin nutzlos an seinen Seiten herabhängen!

„Was weiß ich?“, fragte Louis skeptisch, spürte endlich, wie ihm langsam wärmer wurde.

„Wenn du schläfst, dann brauchst du immer irgendetwas, woran du dich klammern kannst, wenn ich nicht da bin, dann benutzt du dein zweites Kissen und wenn du das aus dem Bett bugsiert hast, dann kommt die Decke zwischen Arme und Beine. Hauptsache, du hast etwas zum Festklammern.“ Louis spürte wie Richard leicht lächelte und er die Umarmung enger werden ließ.

Na und? Dann klammerte er sich halt ständig an irgendwas fest, da war doch wohl nichts Schlimmes dran, oder?

„Und jetzt?“, fragte er, noch immer heiser. Er hatte schon vor einigen Minuten bemerkt, dass ihm der Hals beim Schlucken wehtat und seine Nase lief, sodass er sie hin und wieder rümpfte.

„Ich hab es nur festgestellt“, antwortete Richard, küsste Louis auf sein dunkles Haar.

Eigentlich wollte er Richard jetzt anbrüllen, dass er ein totaler Trottel sei und seine Zeit nicht für so unwichtige Beobachtungen verschwenden sollte, doch stattdessen blieb er ruhig, atmete den Duft des Anderen ein und sagte leise: „Und deswegen musstest du mir die Decke klauen und das Fenster aufreißen?“ Seine Füße hingen noch immer im Freien und er glaubte, dass nicht mehr viel fehlte, bis ihm der erste Zeh abfror. Aber er ignorierte es einfach, schließlich war Richard ja warm.

„Nein, ich hab dir doch schon gesagt, dass ich das Fenster aufgemacht habe, weil es so stickig war und die Decke habe ich genommen, weil mir kalt war.“ Er klang ruhig und ausgeglichen, atmete gleichmäßig, fast als würde er schlafen.

„Du Schwein. Und mich lässt du frieren“, murrte Louis verstimmt und stieß sich einen Moment später von ihm, was ihm einen verdutzten Blick Richards einbrachte. Doch er hatte das Kribbeln in seiner Nase gespürt, das auf ein baldiges Niesen deutete.

„Ha-“ Abgehackt holte er Luft. „Haa-“ Noch einmal. „Haaa-tschuu!“ Er hatte sich von Richard abgewandt um ihn nicht anzuniesen. Nun stand er auf und öffnete die erste Schreibtischschublade, um eine Packung Taschentücher herauszuholen und sich ordentlich die Nase zu schnäuzen. Anschließend wischte er sich mit dem Handrücken über die feuchten Augen.

„Können wir jetzt bitte wieder ins Bett gehen?“, fragte Louis etwas verstimmt, weil er spürte, dass nun auch noch leichte Kopfschmerzen dazukamen.

Richard erwiderte nichts, sondern stand auf und kam auf Louis zu, noch immer die Decke wie einen Mantel um sich geschlungen. Er blieb ganz knapp vor dem Londoner stehen und als dieser seine Absicht ihn zu küssen bemerkte, wandte er rasch ein: „Nicht, sonst…“, doch da legte Richard flüchtig seine Lippen auf die Louis’. Und als er seine warmen, weichen, süßen Lippen wieder löste, sprach Louis seinen Satz zu Ende: „… steckst du dich an.“ Er war in dem Moment nicht fähig noch einen vernünftigen Gedanken zu fassen. Auf seinen Lippen brannte die warme Erinnerung an die Richards und als der lächelte und weiter in Richtung Bett schlurfen wollte, packte Louis ihn bei den Schultern und küsste ihn leidenschaftlich.

Er wollte in diesem Augenblick einfach nur noch einmal diese honigsüßen Lippen schmecken.

Richard ließ sich, etwas zu Louis’ Überraschung, zu dem Kuss hinreißen und ließ die Decke fallen, um seine Arme um sein Gegenüber zu schlingen, sich näher an ihn zu drücken.

Louis genoss es Richards Körper an seinem zu spüren, seinen Kopf in seiner Hand zu halten und durch das weiche, orangefarbene Haar zu streichen, sich darin festzukrallen.

Richards Finger hingegen krallten sich in Louis’ T-Shirt, als wollten sie es nie wieder loslassen.

Louis wollte, dass dieser Kuss ewig andauerte, niemals abbrach, doch Richard machte ihm einen Strich durch die Rechnung, indem er sich von ihm löste und seine Stirn an seine Schulter lehnte. Atemlos starrte Louis in die dunkle Leere seines Zimmers. Noch nie hatten sie sich so geküsst.

Auch Richard schien es nicht anders zu gehen, denn er bebte am ganzen Leib und sein Atem war flach geworden. Seine Finger waren noch immer in den Stoff über Louis’ Schulterblättern gekrallt, ließen nicht locker.

Der Londoner hingegen ließ sanft seine Hand durch das Haar Richards streicheln und die andere hatte er in dessen Kreuz gebettet.

„Du zitterst“, flüsterte er, noch immer überwältigt.

„Weil mir kalt ist“, murmelte Richard gegen seine Schulter, doch Louis wusste, dass es nicht die Wahrheit war. Zwar lag die Decke zu ihren Füßen auf dem Boden, doch war ihm nach diesem Kuss ganz sicher nicht kalt.

„Dann lass uns endlich zurück ins Bett gehen. Ich wärm dich dann.“ Er ging einfach darauf ein. In diesem Moment hatte er anderes im Sinn als ihn zu provozieren; beispielsweise sein heftig gegen seinen Brustkorb pochendes Herz zu beruhigen.

Richard löste vorsichtig seine Finger und ging zum Bett, wodurch es an Louis hängen blieb sich zu bücken und die Decke, die wohlgemerkt Richard fallen gelassen hatte, wieder aufzuheben. Er legte sich Richard gegenüber, deckte sie wieder zu und schloss ihn aufs Neue in seine Arme.
 

Er hatte sich Gott sei Dank keine schlimme Erkältung zugezogen, sondern konnte die Symptome mit einer ASS-Tablette aus seinem Versteck, hinter den Büchern im Nachttischschränkchen, bekämpfen. Zur Schulschwester hatte er um keinen Preis der Welt gewollt und schließlich hatte er schon seit der III das gleiche Versteck, damit er nicht zu der Frau musste, denn eigentlich war es den Schülern untersagt Medikamente zu besitzen.

Aber der Tag verlief gut. Ohne Krankenschwester, ohne Französisch.

Doch schon der übernächste brachte wieder die nun plötzlich gefürchtete Stunde. Nemours stand vorne am SMARTboard und erklärte ihnen die Sprache, gab ihnen hin und wieder Arbeitsanweisungen. Zum Glück wandte er Louis nicht mehr Aufmerksamkeit zu als den anderen Schülern und so ging der Londoner sogar relativ gut gelaunt aus der Stunde, plante schon einmal, was er nun in seiner Freistunde machen würde.

Als erstes startete er seinen Laptop um seine Nachrichten zu checken, was er heute noch nicht getan hatte, doch da sah er den Absender der einzigen neuen Mail:

Olivier Nemours.

Mit aufeinander gepressten Lippen öffnete er die Mail und las:

„Lieber Louis,

Du scheinst gerade ein paar Probleme mit dem Französischen zu haben, deswegen würde ich dich gerne morgen Mittag, in der Mittagspause in L2 sprechen, damit wir regeln können, wie ich dir helfen kann.

Mit freundlichen Grüßen, Olivier Nemours.“

Er hätte am liebsten aufgeschrieen. Diese Zweideutigkeiten mit denen er das Zensurwerk der Schule umging!

Er würde hingehen. Und wenn er Nemours nur eine Faust verpasste und dann wieder ging.
 

Er ging wirklich am nächsten Tag in der Mittagspause in L2, fand die Tür geschlossen vor. So öffnete er sie und entdeckte Nemours am Pult sitzend, ihn anstarrend.

„Du bist gekommen“, stellte der Franzose fest, schien geringfügig überrascht zu sein. Louis schloss die Tür wieder hinter sich, kam auf Nemours zu.

„Hast du etwas Anderes erwartet?“, fragte Louis und setzte sich aufs Pult.

„Vielleicht so etwas wie in Paris.“

„Ich lerne aus Fehlern. Noch eine Ohrfeige kassiere ich bestimmt nicht von einem Franzosen.“

„Na, na, du bist ja heute so bissig, Louis.“ Nemours blickte ihm überlegen entgegen. „Lass mich dir sagen, dass du in dieser Beziehung in meiner Hand bist und nicht umgekehrt.“ Er fuhr mit der Hand über Louis’ Brust und Bauch und ließ sie auf seinem Oberschenkel ruhen. Louis spürte die Berührungen genauso intensiv als wäre zwischen Nemours’ und seiner Haut nicht noch Hemd und Pullover gewesen und er musste schwer schlucken.

Nemours erhob sich nun und stellte sich ihm gegenüber, legte nun beide Hände an Louis’ Hüfte, der unter der Berührung kaum merklich zusammenzuckte. Er wusste, was jetzt kommen würde. Er wusste, dass Nemours ihn nun küssen würde und er nicht den Willen hatte sich dem zu widersetzen, schließlich gefiel es ihm ja auch.

Also würde er gar nicht erst versuchen sich zu wehren, sondern kam Nemours lieber gleich entgegen.
 


 

Wahaha! Es kommt dem Höhepunkt immer näher >D



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Dreaming
2009-01-26T21:50:03+00:00 26.01.2009 22:50
damit sich alle mal wiederholen: Ich bin immer nach dafür, dass Richard definitiv nicht zu louis passt. das sind beides 2 relativ typische ukes XD


Von:  Angelcerise
2009-01-25T15:56:19+00:00 25.01.2009 16:56
Klasse Kapitel^^
Und vor allem so lang...
Also Nemours ist ein richtiges Arschlosch...

Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel ;-)
Von:  Klein_Ryu
2009-01-25T14:39:17+00:00 25.01.2009 15:39
huhu^^
tolles pitel :D
und so schön lang ♥
maaaan... nemours is so ein arsch .__. okay.. ich glaub ich wiederhole mich? .__.
was solls xD
freu mich aufs nächste pitel ^^
Von: abgemeldet
2009-01-25T11:47:11+00:00 25.01.2009 12:47
woah...
nemours dieses dreckstück!! dem scheint es ja sowas von egal zu sein ob er seinen job verliert und louis von der schule fliegt!!
wie ich diesen mann verachte...<.<
nja aber rich...benimmt sich auch immer seltsamer..
louis is sowieso verwirrt wie immer...nja wenn man so im zwispalt is..

war aber wieder ein sehr interessantes kapitel ^^
weiter so


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