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Drachenkind

von

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Gefangen

Es war früher Nachmittag und Alexander war bei ihr. Annie konnte nicht anders, als die Veränderungen an ihrem Bruder zu bemerken. Obwohl sein Gesicht von einem dichten, schwarzen Bart eingerahmt war, nahm sie dennoch die dunklen Ringe unter seinen Augen wahr und die Sorgenfalten, die wohl nie wieder aus seinem Gesicht verschwinden würden. Er sah älter aus als er eigentlich war, dachte sie ein wenig traurig

Sie hatten sich bereits eine ganze Weile unterhalten und Alexander hatte ihr von der Treibjagd und Dracos Beteiligung an dieser erzählt. Es sei wohl niemanden etwas seltsames an ihm aufgefallen. Doch Annie konnte dies nicht so recht glauben, besonders da Alexander nichts Genaueres erzählen wollte.

„Wo ist eigentlich Barrington?“, fragte Alexander und es schien ihr fast, als wollte er sie von ihren ständigen Nachfragen ablenken. „Er wollte unbedingt mit mir auf den Erfolgt anstoßen, wie er es nannte.“

„Ich weiß es nicht.“, antwortete sie etwas verblüfft. „Seit wann bist du so erpicht darauf ihn zu sehen?“ So einfach würde sie es ihm dennoch nicht machen.

„Ich halte es für besser, ihn nicht noch misstrauischer zu machen. Du weißt, dass es nicht gut sein kann ihn zum Feind zu haben.“

Annie musterte ihren Bruder einen Moment irritiert. Etwas an seinem Satz hatte sie aufhorchen lassen.

„Noch misstrauischer?!“, hakte sie nach.

Er wich ihrem Blick aus und sie fühlte sich in ihrer Vermutung nur bestätigt, dass doch etwas vorgefallen sein musste.

„Alexander.“, sagte sie deswegen mit nachdrücklicher Stimme, als er ihr nicht gleich antwortete.

„Es ist nichts.“, erwiderte er endlich und machte eine abwehrende Handbewegung um seine Worte zu unterstreichen. „Barrington fand es nur so seltsam, dass Draco Hera ritt, wo sie doch so ein prächtiges Tier ist, wie er immer wieder betonte. Außerdem war da noch die Sache mit seinen Haaren.“ Nun klang seine Stimme schon weitaus bissiger und abermals breitet sich Sorge in Annies Körper aus. Sie hatte es ja gewusst. Trotzdem verstand sie nicht alles.

„Wieso seine Haare?“, wollte sie genauer wissen.

„ Barrington ist aufgefallen, dass Dracos Haare im Mondlicht silbern sind und bei Sonnenlicht golden. Eben wie bei den Monddrachen.“

„Oh.“, erwiderte Annie kurz. „Er hätte nicht mitgehen dürfen.“

„Ja, ich weiß, aber er wollte es, wie ich dir schon gesagt habe.“

„Ja, natürlich wollte er es, aber... Warum versteht er nicht, dass er sich so weit wie möglich von Barrington fernhalten sollte?“ Die Frage war nicht an ihren Bruder gerichtet und auch nicht an sich selbst. Sie kannte die Antwort ja bereits.

Alexander stand auf und lief ein wenig im Zimmer auf und ab. Etwas, was sonst ganz und gar nicht seine Art war. „Ich verstehe das nicht.“, sagte ihr Bruder dann.

„Was?“

„Das Barrington nicht da ist. Er wollte doch extra, dass ich zu ihm komme. Er hat mich mehrmals gefragt, wann ich wieder in der Stadt und bei dir bin.“

Annie zuckte mit den Schultern. Sie wollte diesen Menschen so schnell nicht wieder in ihrer Nähe wissen.

„Er ist wahrscheinlich ausgeritten. Ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen. Ich wusste ja auch nicht, dass du auch mit auf der Treibjagd bist, geschweige denn Draco. Wahrscheinlich ist er wieder jagen und erlegt irgend so ein armes Tier. Er machte es ja nicht einmal weil er müsste, sondern nur weil es ihm Spaß macht andere leiden zu sehen.“, antwortete sie und wusste genau wovon sie sprach. Seit sie diese Träume hatte, war es ihr als könnte sie Dracos alte Verletzungen spüren.

„Mmh.“, brummte Alexander und trat ans Fenster und gleich darauf sagte er: „Er kommt zurück und war offenbar erfolgreich. Was hat er da?“ Seine Stimme war von Unzufriedenheit in Neugier umgeschlagen.

Annie machte sich nicht einmal die Mühe aufzusehen oder zu ihm zu gehen. Was interessierte es sie, was Barrington schon wieder getötet hatte. Das tote Tier würde beim Metzger landen und ihnen heute als Abendessen serviert werden und wenn sich herausstellen sollte, dass es zu mager war, würde es gleich den Hunden vorgeworfen.

Plötzlich hörte sie Alexander nach Luft schnappen und ihr Kopf fuhr sofort herum. Ihr Bruder war plötzlich so blass wie der Tod selbst und seine Finger klammerten sich an den Fenstersims, so als müsste er sich daran festhalten, um nicht zu stürzen. Noch nie hatte sie ihn so gesehen. Augenblicklich sprang sie auf.

„Alexander?! Was ist los?! Was ist passiert?!“, fragte sie nervös und trat ebenfalls an das Fenster. Er antwortete ihr nicht, sondern blickte weiter starr nach unten. Sie tat es ihm gleich und im nächsten Augenblick hörte ihr Herz auf zu schlagen. Annie konnte ganz genau spürten, wie sich alles in ihr verkrampfte, ihr Blut aufhören durch ihren Körper zu fließen, wie ihre Lungen keine Luft aufnahmen, wie sie steif und kalt wurde. Kleine, schwarze und weiße Punkte tanzen wild vor ihren Augen. Sie verlor jegliches Gefühl in ihren Armen und Beinen. Gleich würde sie ohnmächtig werden, dachte sie mit vernebeltem Verstand und wenn sie wieder aufwachte, würde das alles vorbei sein. Sie würde erkennen, dass es nur ein schlechter Traum war. Denn nichts anderes konnte es sein!

Plötzlich schlangen sich Alexanders Arme um ihren Körper und mit seiner Berührung erwachte sie aus ihrer Starre. Sie schnappte nach Luft und schlug die Hände vor den Mund, um den Schrei zu dämpfen, der ihr entkam. Aus seinen Armen entwand sie sich und stellte sich direkt vor das Fenster und beobachtete mit weit aufgerissenen Augen, was sich da unten im Hof abspielte. Sie wollte nach unten stürzen, sich davon überzeugen, dass es ein Irrtum war, dass es nicht sein konnte. Abermals hielt sie Alexander fest und dumpf realisierte sie, dass er Worte in ihr Ohr flüsterte, deren Bedeutung sie nicht verstand. Sie empfand nur noch eines: blankes Entsetzen.

Und dann fühlte sie den Schmerz.

Scharf sog sie die Luft ein und die Angst verwandelte sich in Panik. „A-Alexander...“, wisperte sie fast tonlos. „I-Ich... Ich...Ich...“, stammelte sie, brachte aber keinen Satz heraus.

„Ich werde gleich nach unten gehen.“, sagte er, ohne abzuwarten. „Er... Er muss darauf gewartet haben, dass ich nicht da bin. Deswegen hat er so oft gefragt. Er hat es von Anfang an geplant.“

Er wollte sie bereits loslassen, doch Annie ließ ihn nicht gehen. Krampfhaft klammerte sie sich an seiner Hand fest. Sie hielt ihn so fest, dass es ihr selbst wehtat.

„Das Kind...“, brachte sie schließlich atemlos hervor.

„Was?“

„Es tut weh...“, sagte sie und ihre Stimme war nicht mehr als ein Wimmern.

Augenblicklich legte Alexander wieder beide Arme um sie und führte sie wortlos zum Bett. Er half ihr sich darauf zu legen und strich ihr behutsam über das Gesicht.

Annie nahm tiefe, ruhige Atemzüge. Sie musste einfach auch wenn vor ihren Augen immer wieder ein anderes Bild schwebte und ihr Herz fest umklammert hielt. Es konnte nicht wahr sein, was sie gesehen hatte.

Eine Weile blieben sie still und der Schmerz in ihrem Unterleib ebbte zumindest ein bisschen ab.

„Geht es wieder?“, fragte Alexander leise und seine Stimme zitterte. Schwach schüttelte sie den Kopf.

„Warum? Wieso?“, fragte sie und krümmte sich dann vor Schmerz erneut.

„Annie, sieh mich an.“, sagte er langsam und hielt ihren Kopf zwischen seinen Händen. Auch in seinen Augen konnte sie die Angst sehen. „Er ist nicht tot.“, sagte er und trotz der Angst klang seine Stimme überzeugt.

„Woher willst du das wissen?“, fragte sie und ihre Stimme war merkwürdig hoch.

„Wenn Barrington auch nur den leisesten Verdacht hat, dass Draco wirklich der Drache ist, nachdem er suchte, wird er ihn nicht töten. Ich denke eher, dass er will, dass er wieder zu einem Drachen wird oder zumindest herausfinden will, wie er ein Mensch geworden ist. So oder so, nützt er ihm tot noch weniger.“

Bei diesen Worten wurden ihre Augen nur noch größer und eine neue Welle der Panik erfasste sie. Im gleichen Augenblick wurde auch der Schmerz in ihrem Unterleib stärker. Wieder schrie sie kurz auf.

„Er wird es nicht herausfinden.“, redete Alexander weiter und sprach dabei leise und eindringlich. „Woher sollte er auch? Draco wird es ihm nicht sagen und er weiß nicht, dass du es warst. Er glaubt, dass du nur eine schwache, hilflose Frau bist. Annie, du musst dich beruhigen, hör auf dir Sorgen zu machen. Ich werde nachschauen und dir erzählen, was ich erfahren habe. Aber du musst an das Kind denken. Ich weiß es fällt dir schwer, aber wenn du dich nicht beruhigst, kannst du ihm ernsthaft schaden.“

Diese Worte drangen zu ihr durch und sie schloss die Augen. Sie versuchte das Bild zu verdrängen, welches sie vor wenigen Augenblicken auf dem Hof gesehen hatte. Dracos Körper, der auf dem Rücken eines Pferdes lag, die Arme und Beine gefesselt. Genauso, wie die Tiere die Barrington sonst nach der Jagd zurückbrachte. Nein, sie musste an das Kind denken, an Dracos Kind. Sie musste es beschützen.

„Ich gehe nach unten. Bleib hier, hörst du!“, sagte Alexander und wie betäubt nickte sie. Sie versuchte sich ganz auf das Kind zu konzentrieren, versuchte seine Bewegungen zu erspüren, auch wenn sie noch so schwach waren. Sie versuchte alles wahrzunehmen, alles, wenn es sie nur ablenkte.
 

Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, bevor Annie wieder etwas von ihrem Bruder hörte.

Bis dahin hörte sie keine Geräusche aus dem Hof zu ihr dringen, nichts bewegte oder rührte sich. Alles was sie wahrnahm war ihr eigener stetiger Atem, den sie versuchte flach und gleichmäßig zu halten. Etwas was ihr sehr schwer fiel, waren ihren Gedanken doch immer nur bei ihm. Das Kind in ihr war still und es beunruhigte sie zusätzlich. Jede ihrer Erinnerungen wurde zu einer der seinen, dachte sie. Es wusste also war geschehen war, was sie gesehen hatte.

Annie malte sich die schrecklichsten Bilder aus, was Barrington Draco antun konnte. Warum hatte Barrington sich gerade jetzt dazu entschieden Draco zu holen? War es wirklich nur wegen der Treibjagd? Wegen den Haaren? Oder war noch etwas anderes vorgefallen, was Alexander ihr verschwiegen hatte?

Sie wollte selbst gehen, doch sie wusste genauso gut, dass ihre Beine sie nicht tragen würden. Außerdem wusste sie auch nicht, was sie tun sollte, sollte sie Draco wirklich finden. Wo Barrington ihn wohl hingebracht hatte?, fragte sie sich. Das Verließ war wohl wahrscheinlich.

„Annie?“, hörte sie Alexanders Stimme plötzlich neben sich und sie öffnete erschrocken die Augen. Wann war er eingetreten? Warum hatte sie ihn nicht gehört? Hatte sie geschlafen? Nein. Letzteres war ausgeschlossen. Niemals würde sie jetzt ein Auge zubekommen.

„Was ist mit ihm?!“, fragte sie sofort und setzte sich auf. Ein Fehler, denn ihr wurde sofort schlecht. Alexander fasste sie sanft an den Schultern und drückte sie sanft in die Kissen zurück.

„Es ist...“

„Nichts ist in Ordnung, wenn du das sagen wolltest.“, fuhr sie ihn scharf an und bedauerte es im nächsten Augenblick. Er konnte ja nichts dafür, aber sie brachte es auch nicht über sich, sich zu entschuldigen.

„Nein, wollte ich nicht.“, erwiderte er und setzte sich auf die Bettkannte.

„Was ist passiert?“, fragte sie nun und zwang sich zu einem ruhigen Tonfall.

„Barrington war sehr überrascht mich zu sehen. Offenbar hat er nicht damit gerechnet, dass ich so lange auf ihn warten würde. Ich hab ihn natürlich gleich gefragt, was vor sich geht. Warum er Drake wie ein Stück Vieh auf dem Rücken seines Pferdes trägt und was das Ganze bedeuten soll.

„Er... Er sagte, dass er zu wissen glaubt, dass Drake der Drache ist, den er im vergangen Jahr gefunden und fast getötet hätte.

„Natürlich habe ich gefragt, wie er darauf kommt. Wie ein Drache würde er schließlich nicht aussehen und er benimmt sich auch keinesfalls so. Barrington antwortete, dass ihm schon das erste Mal, als er ihn gesehen hatte, etwas an seinem Blick aufgefallen sei. Er hätte den Monddrachen ausgiebig beobachtet und er erinnerte sich noch zu gut an den Blick des Tieres, als er ihn angegriffen und aus seiner Höhle gelockt hatte. Die hasserfüllten Augen begleitete ihn seitdem jede Nacht im Schlaf und bescherten ihm wohlige Schauer.“

Annie legte die Hand auf die Augen, um das Bild zu verdrängen, dass sich an die Oberfläche ihres Geistes zwang. Sie wusste aus nächtelangen Träumen zu gut, wovon Barrington sprach.

„Ich wollte es als Unsinn abtun. Es seien nur Augen und gäben ihm noch lange nicht den Beweis. Doch dann sagte er, dass er ja nicht spricht und dass nur ein weiterer Hinweis für ihn gewesen wäre. Den letzte bekam er dann schließlich auf der Treibjagd. Nicht nur, dass ihm Dracos wechselnde Haarfarbe im Sonnen- und Mondlicht aufgefallen sei, sondern auch jener Moment als sie den Eber erlegten.“

Jetzt nahm Annie die Hand vom Gesicht. Dies war es, was ihr Bruder ihr bisher verschwiegen hatte. „Was ist da geschehen?“

Alexander schüttelte den Kopf, als wollte er nicht darüber reden oder wüsste nicht, wo er beginnen sollte.

„Die Jagd dauerte schon recht lange. Wir waren den ganzen Nachmittag unterwegs und als die Nacht hereinbrach hatten wir das Tier immer noch nicht aufgespürt. Wie auch, wenn wir in so einer großen Gruppe danach suchten? Sobald es dunkel war, trennten wir uns dann doch und schließlich stießen wir auf das Tier. Wir versuchten es in die Enge zu treiben, aber es war zu schnell und wir standen uns gegenseitig im Weg. Draco war die ganze Zeit neben mir, doch irgendwann sah ich aus den Augenwinkeln, wie er mit Hera in den Büschen verschwand. Das nächste Mal als ich ihn sah stand er plötzlich direkt vor uns und dem Eber. Verstehst du? Das Tier lief direkt auf ihn zu und eigentlich hätte es ihn umreisen müssen. In Todesangst ist es ihnen egal, was oder wer ihnen im Weg steht. Doch es war anders.

„Es war vielmehr so als hätte Draco den Eber nur gesehen und das Tier schien plötzlich alles zu versuchen, um nicht in seine Nähe zu kommen. Es blieb so plötzlich stehen, dass es stürzte. So war es ein leichtes für die anderen es zu töten. Ich dachte niemand außer mir hätte es bemerkt, aber ich habe mich geirrt.“

„Ich verstehe nicht ganz. Das Tier kann sich doch auch wirklich nur erschrocken haben.“

„Nein. Wie ich schon sagte, sie machen vor nichts halt und... es schien wirklich als hätte es Angst vor Draco und sein Blick war... irgendwie... eisig und bedrohlich vielleicht.“, sagte Alexander unsicher.

„Also weiß er es wirklich.“, sagte sie monoton.

„Nein, er bezeichnet es zwar als Beweis, aber eigentlich hat er gar nichts. Draco ist ein Mann, ganz gewöhnlich, zumindest äußerlich. Er wird nichts finden, was seinen Verdacht ganz bestätigen wird.“

„Aber... was macht er mit ihm? Wo ist er jetzt?“

Alexander sah erst weg und sie dann doch wieder an. Es sah so aus, als müsste er sich dazu zwingen sie bei den nächsten Worten anzusehen.

„Er sagte, er wird ihn schon dazu bringen, zuzugeben, wer er ist.“, flüsterte er leise.

„Was?“, fragte sie erstarrte.

„Ich sagte wieder, dass er nicht spricht, darauf erwiderte er nur, dass er es ihm schon anders zeigen wird. Er ist fest davon überzeugt, dass er recht hat und wird alles tun, um es zu beweisen. Ich kann nichts machen. Ich habe ihm gesagt, dass Drake ein freier Mann ist, der nur im Moment bei mir arbeitet. Kein Sklave oder so.“, fuhr Alexander fort, ohne weiter auf sie zu achten.

„Wo ist er?!“, fragte sie noch einmal und dieses Mal klang ihre Stimme schrill und voller Angst.

„Unten im Verließ. Er wird in eine Zelle gesperrt. Bis auf eine Wunde an der Schulter geht es ihm gut, aber ich denke nicht, dass das lange so... Sie sagen sie haben die Pfeile vergiftet, so dass er betäubt wurde. Er wollte fliehen als er sie sah. Ein weiterer Beweis in ihren Augen.“

Schweigen trat ein und Annie konnte nicht anders als auf dem Boden zu starren. Sie suchte fieberhaft nach einem Ausweg, irgendeine Möglichkeit, wie sie Draco würde helfen können, doch nichts kam ihr in den Sinn. Alexander stand auf einmal auf und erwartungsvoll sah sie ihn an. Sicher war ihm schon etwas eingefallen. Er wusste immer eine Lösung.

„Annie, hör zu... Ich will dich nicht allein lassen, aber... ich weiß nicht, was mit Susan ist.“ Bei der Erwähnung seiner Frau zuckte Annie zusammen. An sie hatte sie gar nicht mehr gedacht. Es ging ihr nicht gut. Alexander musste in Sorge um sie sein. Vielleicht genauso sehr, wie sie um Draco.

Deswegen nickte sie schwach, um ihn zu zeigen, dass sie verstanden hatte.

„Ich komme morgen früh zurück. Versprich mir, dass du nichts unüberlegtes unternimmst.“, bat er sie eindringlich und wieder nickte sie nur. Was sollte sie auch tun? Sie wusste nicht, wie sie sich Barrington entgegen stellen konnte, ohne das Kind zu gefährden. Wäre es nur im ihr eigenes Leben gegangen, wäre sie augenblicklich nach unten gestürmt und hätte alles versucht um Draco zu befreien. Aber so... so konnte sie nur zusehen, wie er langsam unter Barringtons Hand vergehen würde.
 

Schmerz.

Wieder nur Schmerz.

Überall.

Jede Faser seines Körpers schien zu brennen und gleichzeitig zu zerreißen. Er könnte nicht einmal aufstöhnen oder einen anderen Laut von sich geben, so sehr Schnürte ihm die Pein die Luft ab. Schon einmal hatte er so empfunden. Damals hatte er sich bereits totgeglaubt und sich dann in einer vollkommen neuen Umgebung wiedergefunden, in einem vollkommen neuen Körper. Was würde er jetzt sehen, wenn er die Augen öffnete. Wieder einen anderen Körper?

Vielleicht war auch alles nur ein Traum gewesen. Die letzten Monate, Annie und Alexander nur geträumt. Er würde im Wald aufwachen, verletzt aber noch er selbst.

Doch dazu roch es zu falsch. Wenigstens das nahm er wahr.

Draco schluckte. Nein, er war nicht im Wald und mit Gewissheit wusste er auch, dass es kein Traum gewesen war. Aber wo war er? Was war geschehen?

Er musste husten. Ein Druck breitete sich auf seinen Schultern aus und drückte ihn noch mehr nach unten. Er versuchte gleichmäßig zu atmen, zu warten, bis der Schmerz abgeklungen war, dann würde er versuchen die Augen zu öffnen, herauszufinden wo er war. Doch je länger er bei Bewusstsein war, desto mehr lichtete sich der Nebel in seinem Kopf.

Er war von Heras Rücken gerutscht. Warum? Etwas hatte ihn an der Schulter troffen. Was? Ein Pfeil. Ein Pfeil von... Barrington und Semerloy waren auf einmal auf dem Hof gewesen. Sie waren nur zu zweit gewesen, unangekündigt. Susan war im Garten, Alexander war... in der Stadt, bei...

Barrington hatte darauf gewartet, bis er allein gewesen war, bis Alexander nicht da war, dachte Draco. Seine Gedanken wurden immer klarer. Er hat es gewusst. Wie lange schon? Unwichtig...

Sie hatten ihn... Wo war er?

Draco riss die Augen auf. Sein Atem ging hektisch und sein Herz schlug heftig in seiner Brust. Einen Moment lang war er verwirrt, doch dann gewöhnten sich seine Augen schnell an das Dämmerlicht.

Er lag auf einem Steinboden und vor sich erblickte er eine Wand aus Gitterstäben. Darin befand sich auch die einzige Tür. Auf dem Boden lag Stroh. Das war der Geruch, der im falsch vorgekommen war. Es war faulig und alt. Die anderen Wände bestanden aus großen, dicken, schweren Steinen. Es gab kein Fenster.

Langsam versuchte er sich aufzurichten. Er stützte sich mit einer Hand am Boden ab und etwas klirrte aneinander. Ketten waren um seine Handgelenke gelegt worden. Etwas Schweres zog ihn nach unten und als er danach griff, fühlte er das kalte Metall von weiteren Ketten. Ruckartig richtete er sich in eine sitzen Position auf. Er ignorierte den Schmerz und nun auch Schwindel, der immer noch durch seinen ganzen Körper schoss. Wie konnte es sein, dass sein ganzer Körper schmerzte, wenn die Pfeile ihn nur an der Schulter getroffen hatten?

Gleichzeitig flog sein Blick unruhig im Raum hin und her. Auf der anderen Seite der Gitterwand erkannte er nun einen kleinen Tisch, auf dem ein Kerzenleuchter stand. In diesem brannte eine einzelne Kerze. Davon ging das Licht aus.

Was wollte Barrington noch mit ihm? Er war kein Drache mehr, sein Leben nützte ihm nichts mehr. Er war nur ein Mensch. Noch immer zog sich alles in seinem Inneren bei dem Gedanken zusammen.

Barrington hatte ihn damals töten wollen, weil er sich Macht durch seinen Körper versprochen hatte. Würde er das immer noch wollen? Vielleicht. Und er würde sich nicht einmal wehren können oder doch?

Mit zitterenden Beinen stand Draco auf und stützte sich an der Wand ab, damit seine Knie nicht gleich nachgaben. Mühsam ging er einen Schritt vorwärts, noch einen und noch einen. Er wollte sehen, wie groß der Raum hinter der Gittertür war. Nach dem vierten Schritt hielten ihn die Ketten zurück. Langsam drehte Draco den Kopf und sah, dass die Ketten in der Wand verankert waren. So, dass er auf keinen Fall würde fliehen können. Dennoch zog Draco heftig an ihnen, doch nichts veränderte sich. Vielmehr hatte er das Gefühl, dass sich die Ketten um seinen Hals weiter zuzogen. Konnte er die Ketten wirklich nicht heraus reisen? Er drehte sich wieder um und riss ruckartig die Händen nach vorn. Das Metall schnitt ihm ins Fleisch und er wurde von ihrer Unnachgiebigkeit zurückgerissen, fiel zu Boden. Schwer atmend lag er da und starrte die Decke über sich an. Er würde sie nicht losbekommen. Doch der Schmerz an seinen Handgelenken, war nichts im Vergleich zu dem an seinem Hals. Die Ketten hatten nicht nur in das dünne Fleisch geschnitten, sondern ihm auch den Atem genommen.

Von den Ketten konnte er sich nicht befreien. Was sollte er tun? Blieb ihm nichts anderes übrig, als darauf zu warten, was mit ihm geschehen würde? Sollte er sich Barrington einfach ausliefern und sich seiner Gefangenschaft und dem Schicksal das ihm damit erwartete fügen?

Niemals.

Aber kämpfen konnte er auch nicht. Er hatte keine Waffen und auch wenn ihm die Vorstellung mehr als Verlockend erschien, traute er es sich nicht zu John Barrington mit bloßen Händen zu überwältigen. Dieser Mann hatte weit mehr Körpermasse als er selbst.

Aber, wenn er... wenn er bereits tot wäre, würde er Barrington den Triumph über ihn nehmen. Das wäre das einzige, was er noch tun konnte.

Konnte er das tun? Konnte er so feige sein und davon laufen?

Was war ihm wichtiger?

Er würde sich in dieser Situation nicht an Barrington rächen können. Dazu braucht er zumindest ein Schwert und eine Gelegenheit. Aber angekettet und ohne Waffe, würde er nicht gegen ihn bestehen können. Barrington würde sicher nicht erfreut sein, ihn bereits tot vorzufinden, überlegte Draco weiter. Wo er sich doch die ganze Mühe gemacht hatte. Doch was war mit Annie und Alexander? Alexander brauchte ihn nicht. Vielmehr könnte er dann unbesorgt sein altes Leben wieder aufnehmen, ohne ständig in Gefahr leben zu müssen, in Barringtons Fänge zu geraten.

Und Annie? Schon lange hatte sie ein eigenes, ein anderes Leben. Nein, auch sie brauchte ihn nicht. Vielleicht hat sie das auch nie getan. Und hätte er sein Leben nicht schon längst enden lassen, wenn Alexander ihn nicht gefunden hätte?

Außerdem hätte er an jenem Tag vor mehr als einem Jahr bereits sterben sollen, an dem Tag an dem Annie ihn gefunden hatte.

Erneut stand Draco auf. Dieses Mal ging er mit festen Schritten nach vorn, merkte wie die Ketten ihn zurückzogen und in die dünne Haut schnitten. Doch er blieb nicht stehen. Er ging weiter, beugte den Kopf nach vorn, damit die Ketten um seinem Hals, sich fester zuzogen. Er spürte, wie ihm das Atmen schwerer fiel, doch er blieb so, versuchte noch weiter nach vorn zu gelangen. Langsam sah er kleine, weiße Punkte vor seinen Augen. Seine Beine gaben nach und er sank auf die Knie. Alles in ihm schrie danach zurückzuweichen, den Druck zu entkommen, der seine Kehle zuschnürte, doch er blieb, beugte sich noch weiter nach vorn, bis die weißen Punkte langsam zu schwarzen Flecken wurden.

Sein Körper wollte atmen, aber er hörte nicht auf ihn. Er zog noch fester, spürte wie die Metallketten Wunden gruben, doch er verschaffte sich keine Erlösung. Immer weiter entwich das Leben aus seinem Körper. Draco hoffte, dass wenn das Schwarz sich ganz vor seinen Augen ausgebreitet hatte, es vorbei sein würde.

Plötzlich spürte er einen heftigen Schlag gegen das Gesicht und wurde davon zurückgestoßen. Die Enge löste sich um seinen Hals und gierig schnappte er nach Luft. Im nächsten Augenblick wurde sie aber erneut aus seinem Körper gepresst, als jemand ihn in den Bauch trat.

„So einfach wirst du mir nicht entkommen!“, hörte er eine Stimme über sich, während er sich vor Schmerzen krümmte. Kaum hatte er diese Stimme jedoch gehört vergaß er seinen Schmerz und blickte den Mann über sich an.

John Barrington.

Dieser blickte auf ihn herab und in seinen Augen lag das gleiche bösartige Funkeln, welches er schon mehr als einmal sehen musste.

Barrington packte ihn am Kragen und zog ihn nach oben. Draco versuchte Halt zu finden, ließ sein Gegenüber aber nicht mehr aus den Augen. „Ich habe so lange nach dir gesucht, da werde ich dich doch nicht so leicht wieder gehen lassen.“, flüsterte er und stinkender Atem schlug Draco ins Gesicht.

„Du bist es doch oder?“, sprach Barrington weiter und Draco antwortete ihm nicht. Nie würde er ein Wort an diesen Mann richten.

„Antworte!“, verlangte Barrington und schüttelte ihn. „Ich werde dich schon zum Reden bringen.“, drohte Barrington. „Alexander, der Dummkopf, sagte zwar, dass du nicht sprichst, aber ich glaube das nicht. Dein Blick ist viel zu intelligent, um als Schwachkopf durchzugehen.“

Intelligenter als deiner allemal, dachte Draco. Jetzt ließ John Barrington von seinem Hemd ab und packte ihn am Hals. Sein Daumen legte er genau auf Dracos Kehlkopf und drückte zu. Draco zog scharf die Luft ein, gab aber sonst keinen Laut von sich, auch ließ er den Blick nicht von ihm. Stattdessen hob er die Hand und packte Barrington am Handgelenk. Seine Fingernägel gruben sich in Barringtons Fleisch und ein Kräftemessen begann. Wer würde wohl den Schmerz als erstes nicht mehr ertragen können?

„Na los!“, befahl Barrington und verstärkte seinen Druck noch mehr. Dieses Mal schaffte es Draco nicht, den Blick auf ihn zu lassen. Nicht weil er es nicht wollte, sondern weil er nicht konnte. Seine Augen huschten wahllos umher ohne irgendwas zu sehen. Wieder wurde ihm schwarz vor Augen und er spürte, wie er langsam wegtrat. Seine Hand löste sich von Barrington und er verfluchte sich dafür.

„Verdammt!“, hörte er Barrington noch sagen, bevor der Schmerz ihn wieder einfing und davon trug.
 

Irgendwann später erwachte er. Er hatte kein Zeitgefühl mehr. Es war Mittag gewesen, als sie aufgetaucht waren, aber wie lange er bewusstlos gewesen war, wusste er nicht. Dieses Mal versuchte er gar nicht, sich aufzurichten. Doch sein Hals fühlte sich leichter an und vorsichtig tastet danach. Die Kette war verschwunden, offenbar hatte Barrington Angst, er könnte noch einmal versuchen, sich selbst das Leben zu nehmen.

Erneut sah Draco sich um und erkannte an dem Tisch einen Mann auf einem Stuhl sitzen. Wahrscheinlich hatte er Barrington vorhin auch geholt, als er das erste Mal erwacht war. Vielleicht hatte er die Aufgabe dies jedes Mal zu tun, wenn er wach wurde. Also schloss Draco die Augen und atmete tief durch. Als er schluckte schmerze es immer noch und er konnte beinah noch fühlen, wo Barrington zugedrückt hatte. Außerdem hatte er Durst, aber das war wohl noch das kleinste seiner Sorgen, dachte er träge, bevor er wieder einschlief.
 

Das nächste Mal wurde er von einem Tritt in die Rippen geweckt. Barrington stand drohend über ihm und dieses Mal Semerloy daneben. „Du wirst mir sagen, wie du zu einem Menschen geworden bist und dann wirst du wieder zu einem Drachen werden.“ Seine Stimme war ruhig gewesen, dennoch hörte Draco die Drohung dahinter.

Zeit verging in Schweigen, bis Barrington wieder nach ihm trat. Erneut krümmte sich Draco, doch kein Laut drang über seine Lippen. Er biss die Zähne zusammen und den Schmerz hinweg.

„Du willst wieder nicht antworten?“, fragte Barrington erst und Draco glaubte fast, so etwas wie Frustration aus seiner Stimme zu hören. Dann legte sich ein Grinsen auf Barringtons Gesicht.

„Semerloy, gibt mir doch bitte mein Spielzeug.“, sagte er mit beinah sanfter Stimme und Draco bekam eine Gänsehaut. Seine Augen sahen, wie Semerloy die Hand hob und Barrington etwas reicht. Es hatte einen ledrigen Griff und Lederbänder hingen aus einem Ende hinab. Jedes dieser Bänder hatte einen Knoten am Ende.

„Du wirst sprechen.“, sagte Barrington noch einmal, dann gab er Semerloy ein Zeichen. Dieser trat zu Draco und packte ihn an dem Schultern. Er riss ihn herum, so dass er auf dem Bauch lag, der Rücken zu Barrington gekehrt. Semerloy fasste ihn dann im Nacken und drückte ihn gewaltsam nach unten. Mit den Knien setzte sich Semerloy auf Dracos Arme. Was hatte Barrington vor?

„Henry!“, brüllte Barrington und die Wache, die auf dem Stuhl gesessen hatte, erhob sich. „Auf die Beine!“, befahl Barrington.

Henry kam herein und stellte sich auf Semerloys Seite. Er packte Dracos Beine und kniete sich darauf. Es war Draco unmöglich zu bewegen.

Kaum hatte er das Gedacht, hörte er ein Surren, anders als das der Pfeile, und spürte dann einen sengenden Schmerz auf seinem Rücken. Vor Schreck und Schmerz weiteten sich seine Augen und ein kleiner Schrei entfuhr ihm. „Ach, es geht also doch.“, sagte Barrington selbstzufrieden. Noch einmal das Surren und dann wieder der Schmerz. „Die Peitsche wird dich schon zum Reden bringen.“, fauchte John Barrington und ließ die Peitsche gleich noch einmal nach unten sausen. Dieses Mal sagte Draco nichts, er presste die Lippen zusammen, biss sich auf die Zunge. Alles würde er tun, um ihm keine weitere Schwäche zu zeigen.

Dann sprach Barrington nicht mehr und nur das Surren der Peitsche war zu hören, wie sie immer und immer wieder auf seinen Rücken niederfuhr und erst sein Hemd und dann sein Fleisch zerfetzte.

Nach 15 Schlägen jedoch, die Draco gezählt hatte, hörte es auf und er war einmal mehr am Rande der Bewusstlosigkeit. Aber er ließ es nicht Barrington fest in die Augen zu sehen, als er sofort die Gelegenheit dazu hatte. Der Mann, der ihn gerade ausgepeitscht hatte, stand schnaufend und mit hochrotem Gesicht über ihm. „Überleg es dir, sonst wird Semerloy das nächste Mal weiter machen und seine Schläge sind noch härter als meine. Entweder du sagst mir, wie du es gemacht hast oder du verwandelst dich gleich in einen Drachen zurück.“, sprach Barrington noch bevor er den Raum verließ. Die Gewichte von seinen Armen und Beinen entfernten sich, aber Draco rührte sich nicht. Er konnte einfach nicht. Hatte er vorher schon geglaubt, sein Körper würde schmerzen, so erfuhr er erst jetzt, was Schmerzen wirklich waren. Er spürte das Blut seinen Rücken herunterlaufen. Vorsichtig drehte der den Kopf zu Seiten, den Blick auf die steinerne Wand gerichtet. Der Stein unter seiner Wange war angenehm kühl und ein leises Seufzen entfuhr ihm.

Wie lange würde es anhalten?

Wan würde er ihn so sehr gequält haben, dass er nicht mehr aus der Dunkelheit zurückkehrte?
 

„Hast du etwas gehört?“, fragte Annie ihren Bruder sofort, als dieser den Raum betreten hatte. inzwischen waren zwei Tage vergangen, seit sie Draco hergebracht hatten.

„Nein, er sagt gar nichts.“, antwortete Alexander und umarmte Annie stark. „Ich habe ihn gestern gefragt und heute auch, aber er weicht mir aus, sagte immer nur, dass er mich getäuscht hat und ich es nicht einmal gemerkt habe, schließlich hätte ich noch nie einen Drachen gesehen.“

„Kannst du nicht wenigstens zu ihm? Nachsehen, wie es ihm geht.“

„Er lässt mich nicht. Ich habe ihn bereits danach gefragt und Annie... was glaubst du wie es ihm geht?“, fragte Alexander vorsichtig.

Annie schüttelte den Kopf. „Ich hoffe er lebt noch, mehr wünsche ich mir im Moment gar nicht.“, flüsterte sie leise.

„Er lebt noch und das wird er auch noch eine Weile.“

Fragend sah Annie ihn an. „Er will wissen, wie er es geschafft hat ein Mensch zu werden. Wie es ihm gelungen ist, so menschlich zu werden. Er hat ihn selbst erlebt, bis auf das Sprechen, ist Draco durch und durch Mensch.“

„Hat er schon mit ihm gesprochen?“, fragte Annie weiter.

„Nein, noch nicht und das macht ihn wohl wahnsinnig. Er will ihn dazu zwingen, er will Antworten und dazu...“

Annie sah wie er die Lippen zusammenpresste. „Was?“, hakte sie nach.

„Ihm wird jedes Mittel recht sein.“

Sie konnte nicht einmal mehr schockiert darüber sein. Sie hatte es ja bereits geahnt. Deswegen nickte sie nur steif und setzte sich dann auf das Bett.

„Ich habe nichts anderes erwartet. Er wird nichts sagen.“, erwiderte sie schließlich.

„Woher willst du das wissen?“, fragte Alexander und Annie hörte die Unsicherheit.

„Nicht, um mich zu schützen, wenn du das denkst, nicht nur jedenfalls. Er wird Barrington niemals die Genugtuung geben, sich seinem Willen zu beugen. Lieber würde er sterben.“

Alexander nickte kurz, dann sagte er: „Natürlich.“

„Hat Susan sich inzwischen erholt?“, fragte Annie schließlich.

„Es geht. Es hat sie sehr mitgenommen. Sie glaubt immer noch, dass sie es hätte verhindern können.“

„Natürlich hätte sie das nicht. Barrington hätte niemals Rücksicht auf sie genommen.“

„Ich weiß.“, brummte Alexander.

„Wir müssen ihn rausholen.“

„Ja.“, stimmte er ihr schlicht zu. „Aber ich habe noch keine Ahnung wie. Barrington wird ihn nicht aus dem Augen lassen.“

Wieder nickte sie und versank dann in Ratlosigkeit.
 

Er hörte das Quietschen der Tür und riss die Augen auf. Er hatte nicht geschlafen, höchstens ein wenig vor sich hingedämmert, aber nicht geschlafen. Er wagte es nicht. Er war diesem Menschen ohnehin schon ausgeliefert bis auf den Tod.

„Ach, wieder munter?“, fragte Barrington höhnisch. „Und wie ich sehe immer noch Mensch. Nun, willst du mir jetzt sagen, wie du es gemacht hast?“

Draco starrte stumme zurück, rührte sich nicht. Inzwischen war er auf alles gefasst und er war sicher, dass es lange dauern würde. Die Peitsche hatte Barrington abermals in der Hand. Er vermied es sie direkt anzusehen. Barringtons könnte es sonst als Angst interpretieren.

„Wie du willst.“, sagte dieser auf Dracos Schweigen hin. „Henry!“, rief Barrington und wieder trat der Wachmann herein. Auch ihn sah Draco nicht an. Sein Blick blieb unverändert auf Barrington haften. „Ich bin gespannt, ob du mich auch noch so ansehen wirst, wenn du dieses Mal ein paar mehr Peitschenhiebe zu spüren bekommst.“

Der Mann namens Henry packte ihn dieses Mal an den Handgelenken und zog ihn nach oben. Draco ließ es geschehen. Im Moment würde Gegenwehr nur in noch mehr Schmerzen resultieren, das war ihm bewusst. Bei jeder Bewegung kratze das zerrissene Hemd auf seinen noch frischen Wunden und die, an deren Stellen das Blut bereits getrocknet waren und ein Stück Stoff daran klebte, wurden wieder aufgerissen.

Draco saß nun vor Barrington auf den Knien. Die Hände wurden ihm von Henry nach hinten auf den Rücken gelegt. Dann verband dieser sie anschließend mit dem längeren Ende der Kette. Draco versuchte die Handgelenke ein wenig zu bewegen, doch es gelang nicht. Barrington trat hinter ihn und im nächsten Augenblick hörte er auch schon das Surren der Peitsche. Vor Schmerz und einem Impuls folgend drückte Draco den Rücken durch und Barringtons Lachen erklang. Dies genügte um ihn dazu zu bringen den Rücken so rund wie möglich zu machen und John Barrington eine noch größere Fläche zum Zuschlagen zu bieten. Seinen Blick richtete er auf den Kerzenhalter und fixierte die Flammen. John Barrington mochte seinen Körper schlagen, aber nicht seinen Stolz.
 

Dieses Mal zählte Draco bis 25 ehe die Peitsche verstummte. Sein gesamter Körper zitterte. seine Knie und seine Hände, die auf dem Rücken zusammengebunden waren, waren taub und ein Beben furch immer wieder durch seine Schultern. Kalter Schweiß rann ihm über die Stirn, ihm war schlecht und einer Ohnmacht nahe. Und doch nahm er das stoßweise Atmen von Barrington hinter sich wahr.

„Du willst also immer noch nichts sagen.“, brachte Barrington keuchend hervor. „Aber ich werde deinen Willen schon brechen.“ Dann hörte Draco Barringtons Stimme direkt neben seinem Ohr: „Vielleicht, in dem ich dir etwas breche.“, flüsterte er bedrohlich.

Abermals blickte Draco ihn starr an. Er konnte sehen, wie sein Blick und Schweigen Barrington die Wut in das hässliche Gesicht trieb. Ein Gefühl, das er wegen diesem Mann selbst schon allzu oft empfunden hatte. Blitzschnell hob Barrington die Hand und schlug ihm hart ins Gesicht. „Das werde ich dir auch austreiben. Henry, mach ihn los.“

Henry befand sich wieder hinter Draco und löste die Ketten um seine Handgelenke. Mit einer Handbewegung wies Barringtons ihn an, Dracos rechtes Handgelenk festzuhalten. Barrington nahm seine linke Hand und zog sie nach oben.

„So feine Finger“, sagte er beinah sanft, „als hätten sie noch nie schwere Arbeit verrichtet. Sie sehen zerbrechlich aus, nicht wahr? Ich frage mich, ob sie wirklich so schnell brechen. Möchtest du es herausfinden?“, sagte er und Draco wusste nicht, mit wem er eigentlich sprach. „Ich schon.“, beantwortete Barrington die Frage selbst. Dann nahm er Dracos kleinen Finger zwischen seine eigenen und bog ihn langsam nach hinten. Zuerst spürte Draco nichts, dann wurde es langsam zu einem unangenehmen Ziehen, das schnell schmerzhaft wurde, je weiter Barrington den Finger zurückbog. Draco biss sich auf die Zunge, um nicht zu schreien. Sein Finger war auf eine unnatürliche Weise nach hinten gespannt. Ihm wurde abwechselnd heiß und kalt und der Schweiß stand ihm in dicken Perlen auf der Stirn. Er konnte an Barringtons Grinsen sehen, dass er es ebenfalls bemerkte und sehr genoss. Inzwischen hatte Barrington den Finger soweit nach hinten gedehnt, dass nicht mehr viel fehlte, ehe der Nagel seinen Handrücken berührte. Der Schmerz war so unerträglich, dass Draco sich nach der Bewusstlosigkeit sehnte. Doch bei diesem Schmerz würde sie nicht kommen.

Der Fingernagel berührte den Handrücken und im gleichen Augenblick gab es ein knackendes Geräusch, als etwas in Dracos Hand zerbrach. Dracos Augen traten weit aus ihren Höhlen heraus und er schnappte nach Luft, als würde er in seiner eigenen Pein ertrinken.

Er sah das Lächeln auf Barringtons Lippen, hörte das Kichern in seiner Kehle und roch den Triumph, der ihm dick aus den Poren zu dringen schien.

Widerwärtig.

Doch damit war sein Peiniger noch nicht zufrieden. John Barrington bewegte den Finger vor und zurück, zog an ihm ganz so als wäre es ein beliebiges Spielzeug. Die schwarzen Punkte breiteten sich in Dracos Blickfeld aus und er wünschte sie schneller herbei. Dann würde er von all dem nichts mehr spüren. Die gebrochenen Knochen rieben aneinander und die Punkte wurden zu Flecken. Barrington ließ die Hand sinken und legte sie auf den Boden. Draco wagte es nicht sie zu bewegen. Jede Bewegung würde neuen Schmerz bringen, dachte er. Er dachte auch, dass es für dieses Mal vorbei sein. Dann sah er wie Barrington die Peitsche nahm, sie dieses Mal aber anders herum hielt. Der Griff zeige nach unten und bevor Draco sich wundern konnte, was geschehen sollte, ließ Barrington den Griff mit voller Kraft auf Dracos kleine, gebrochenen Finger fahren, so dass weitere Knochen splitterten. Ein schwarzer Mantel breitete sich in seinem Blickfeld aus und verschluckte ihn schließlich.

Der angenehme Zustand des Nichts, hielt nicht lange. Etwas Kaltes, Nasses wurde über ihn geschüttet und er riss sofort die Augen auf. Barrington stand über ihm, einen Eimer Wasser in der Hand und noch immer dieses Grinsen auf dem Gesicht, dass er ihn am liebsten mit den Händen zerkratzt hätte.

„Ich wusste doch, dass man dir beikommen kann und ich verspreche dir, das war er der Anfang. Hör auf mich so ANZUSEHEN!“, brüllte er am Schluss, nachdem Draco ihn erneut angestarrt hatte.

Er würde niemals aufhören ihn anzusehen. Es war die einzige Waffe, die er im Moment gegen diesen Mann besaß und wenn es ihm damit gelang Barrington wenigsten für ein paar Augenblicke das Grinsen vom Gesicht zu wischen, würde er ihn so lange ansehen, wie es ihm möglich war. Und er würde nicht Schreien. Niemals.

Barrington drehte sich um. Beim Rausgehen sagte er: „Henry, sorg dafür, dass er was isst und trinkt. Ich will ja schließlich noch länger meine Freude an ihm haben.“

Henry nickte kurz. Draco zog die linke Hand an den Körper und erst jetzt bemerkte er, wie sehr er wirklich zitterte. Es war nicht mehr nur der Schmerz, sondern auch das kalte Wasser, das durch seine Kleidung gedrungen war und nun in seinen Körper zu kriechen schien.

Es war erst der Anfang, dachte Draco träge. Wie lange würde Barrington dieses Spielchen mit ihm spielen bis er genug von ihm hatte. Wann würde er die Gelegenheit bekommen, die er brauchte?

Draco wusste nicht was mehr schmerzte, der Rücken oder sein Finger? Würde ihm Barrington auch die anderen Finger brechen? Langsam, einen nach dem anderen? Er würde es versuchen und er würde es schaffen.

Er hörte Schritte neben sich und sah wie etwas vor seinen Augen abgestellt wurde. Ein Becher und ein Kanten Brot daneben. Draco schluckte und schmeckte Blut. Er hatte seine Zunge blutig gebissen, um nicht zu schreien.

Unbewusst krümmte Draco seinen Körper soweit es ihm möglich war, die linken Hand fest an ihn gepresst, als glaubte er sie dadurch schützen zu können und den Schmerz zu lindern. Er schloss die Augen und fragte sich einmal mehr, wie viel ein menschlicher Körper an Schmerz und Qual ertragen könnte, bevor er daran zu Grunde ging.

Es schien, als würde er es bald herausfinden.
 

Jedes Erwachen brachte neue Schmerzen. Es waren nicht nur die Wunden, die Barrington ihm bereits zugefügt hatte, sondern auch jene, die neu hinzu kamen.

„Da du das letzte Mal nicht reden wolltest und auch deine alten Gestalt nicht genommen hast, wird nun wie versprochen Jonathan die Peitsche führen.“, sprach Barrington mit einem Lächeln auf dem Gesicht, als sie das nächste Mal zu zweit in seinem Gefängnis erschienen waren. Dieses Mal glaubte Draco zu wissen, was ihn erwartete und er war bereit dafür, doch er irrte. Henry erhielt den Befehl Draco an den Füßen festzuhalten, während Barrington seine Handgelenke packte. Dieses Mal sollte er nicht auf dem Rücken ausgepeitscht werden, wie er realisierte, sondern auf der Brust. Noch im gleichen Moment spürte er die Lederriemen auf seiner Haut. Er hörte den Knall, wenn das Leder auf seiner Haut aufschlug, sie zerriss und glaubte etwas vor seinen Augen explodieren zu sehen. Sein Körper zuckte und Barrington lachte neben ihm laut auf. Semerloy schien davon unbeeindruckt zu sein und führte das Werkzeug mit sicherer Hand weiter. Es war das erste Mal, das Draco wirklich wahrnahm, wie viel empfindlicher die Haut auf seiner Brust doch war, noch so viel mehr als die bereits zerschundene auf seinem Rücken.

Es sah Semerloy nicht an, sondern suchte den Blick zu Barrington, der über ihm kniete. Seinen Kiefer presste er so fest zusammen, wie es ihm möglich war und biss sich gleichzeitig auf die Zunge. Er wollte unter keinen Umständen schreien, das war alles. Irgendwann würde es vorbei sein, irgendwann...
 

Als die Schläge endeten, war ihm jegliches Zeitgefühl abhanden gekommen. Er wusste nicht, ob Tag oder Nacht war, geschweige denn, wie viele Schläge er bekommen hatte. Er hatte es nicht geschafft sie zu zählen. Er hatte nur nicht schreien wollen.

Zum ersten Mal an diesem Tag erwiderte Barrington seinen Blick und er war fragend. Offenbar wollte er sehen, wie sehr er Draco geschadet hatte. Doch als Draco nicht einmal mit der Wimper zuckte, schlug er ihn abermals.

„Ich sagte, du sollst aufhören mich so anzusehen!“, fauchte er ihn an.

Wie war das möglich, dachte Draco kurz. Wie konnte sein Blick Barrington so sehr reizen? Was sah er darin? Sich selbst? Seine eigene Grausamkeit? Oder gar etwas anderes? Sah er in seinen Augen nicht den Drachen, den er sehen wollte, sondern nur einen Menschen? Nichts anderes war er... sein früheres Ich hatte er schon längst verloren.

„Jonathan gib mir das Messer.“

„Natürlich. Ich dachte schon, du willst es gar nicht mehr tun.“, sagte Semerloy beinah sanft. „Ich wäre dir sonst zu vorgekommen.“

„Das wagst du nicht.“, erwiderte Barrington und nahm das Messer, welches Semerloy ihm über Draco hinweg reichte. Draco fragte sich nicht einmal was sie damit vorhaben mochten.

„Es wird höchste Zeit, dass du ihn zeichnest und ihn als dein Eigentum kenntlich machst. Nicht, dass ihn jemals jemand zu sehen bekommt, aber wer weiß? Wenn er sich doch noch dazu entscheiden sollte, seine wahre Gestalt anzunehmen, wird jeder gleich wissen, wem er gehört.“

Draco schauderte bei den Gedanken und stellte sich doch gleichzeitig vor, was er mit diesen Männern tun würde, wenn er seine wahre Gestalt hätte. Warum hatte er damals gezögert? Warum war er so unvorsichtig gewesen? Warum war er geflohen? Selbst, wenn er gestorben wäre, hätte er sie noch immer mit sich genommen.

Barrington hielt seine Handgelenke immer noch und Draco spürte, wie er die Spitze des Messers auf seiner Haut des rechten Armes ansetzte. „Ich werde es ganz besonders gründlich machen.“, erklärte John Barrington beinah liebevoll.

Das Messer schnitt in seine Haut und Barrington führte es auf seinen Arm entlang. Draco wusste, dass es ein Muster sein musste, etwas mit einer Bedeutung, doch sein Verstand war zu vernebelt, als das er gleich verstehen konnte. Selbst der Schmerz war im Vergleich zu dem vorherigem leicht zu ertragen.

„Fertig.“, vollendete Barrington den letzen Zug und setzte das Messer ab. Jonathan Semerloy beugte sich kurz über ihn und nickte, offensichtlich anerkennend. „Es ist kein S“, sagte er dann fast enttäuscht. „Natürlich nicht. Du musst dir schon deinen eigenen Drachen jagen.“

„Schade.“, erwiderte er bloß und wandte sich ab.

„Lass uns nach oben gehen, unsere Gäste warten sicher schon.“, sagte Barrington und damit war das Gespräch eindeutig beendet. „Ach eines noch.“, fügte er an, als er sich gerade erheben wollte und Draco sah bereits in seinem Gesicht, was er tun würde. Dann holte Barrington zum Schlag aus.
 

Zu schnell erwachte Draco wieder, aber möglicherweise war es auch genau das, was Barrington damit bezweckte hatte. Er sollte sich nicht zu lange sicher fühlen. Draco konnte nicht einmal mehr auf dem Bauch liegen, also lag er auf der Seite. Wieder hatte das Wort Schmerz eine vollkommen neue Bedeutung für ihn erhalten.

Dann blickte er auf seinen rechten Arm, auf jene Stelle in der Barrington etwas in sein Fleisch geschnitten hatte. Zuerst war sein Blick noch verschwommen, doch als erkannte, was es war, schloss er die Augen und schluckte heftig.

Eine erneute Demütigung die Barrington ihm zugefügt hatte und diese wog noch schwerer, als die körperliche.

John Barrington hatte ihm die Buchstaben J und B in die Haut geritzt. Draco war für immer sein Eigentum.
 

Langsam suchte sie sich ihren Weg nach unten. Von Weitem konnte sie die Stimmen der Männer hören. Sie klangen weit entfernt und Annie wusste, dass sie wohl keinem von ihnen begegnen würde. Barrington hatte einige seiner engsten Freunde – pah, als wüsste er überhaupt, was das Wort bedeutete – eingeladen, um ein kleines Fest zu feiern. Soweit sie gehört hatte, hatte er niemanden verraten, warum dieses Fest gehalten wurde, doch Annie ahnte es nur zu genau.

Sie hatte 10 Männer durch das Portal reiten sehen, also würden diese, John und Jonathan gerade in der großen Halle sein und es sich schmecken lassen. Besonders den Wein, wie sie annahm. Sie hatte beobachtet, dass ein ganzen Fass in die Halle gebracht wurden war. Offenbar sollte lange und ausgiebig gefeiert werden und so lange, wie es Alkohol kostenfrei und in solchen Mengen gab, würde wohl auch niemand nach dem Grund dieses Festes fragen.

Beobachten... das war alles, was sie in den letzten drei Tagen getan hatte, seit man Draco hergebracht hatte. Immer hatte sie Ausschau gehalten nach einer Möglichkeit ihn fortzuschaffen oder wenigsten nach ihm zu sehen. Sie wusste ja nicht, wie es ihm ging, ob er überhaupt in der Verfassung sein würde zu fliehen und wie sollte sie sich mit Alexander einen Fluchtweg ausdenken, wenn sie nicht einmal wusste, wie die Bedingungen waren, geschweige denn, wo Draco war.

Den Weg zum Verließ hatte sie in den letzten drei Tagen auf ihrem Weg zum Garten herausgefunden. Sie hatte einfach neue Wege gewählt und dann behauptet, sie hätte sich verlaufen, wenn sie seltsam angeschaut worden war. Dabei war sie auf eine Tür aufmerksam geworden, die von schweren Balken verriegelt wurde. Das nächste Mal hatte diese Tür aber offen gestanden und als sie einige Atemzüge gelauscht hatte, hatte sie Barringtons Stimme von unten schreien gehört. Nur Barringtons und sonst keine.

Doch sie war sich sicher, dass dies der Weg zum Verließ sein würde. Etwas in ihr, vielleicht auch das Kind, sein Kind, wussten mit Sicherheit, dass sie ihn dort am Ende der Treppe, die nach unten führte, finden würde. Aber sie wusste nicht, was man ihm bereits angetan hatte. Das würde sie jetzt erst herausfinden.
 

Lautes Gebrüll weckte ihn abermals. Er erkannte die Stimme gleich als Barringtons, der sich ihm näherte. Sofort erhob sich der Mann, der am Tisch gesessen hatte und stand steif. „Du kannst gehen.“, sprach Barrington, doch es hörte sich nicht so flüssig an wie sonst. Draco wurde aufmerksam und richtete sich langsam auf.

„Aber Sir, glauben sie wirklich...“, wagte er Mann zu widersprechen und erst jetzt erkannte Draco, dass es nicht Henry war. Nun stand Barrington vor der Tür aus Eisengitter und Draco bemerkte, dass er nicht gerade stand. Vielmehr schwankte er merkwürdig, als wäre er nicht sicher auf den Beinen.

„GEH, habe ich... hicks... gesagt!“, befahl Barringtons noch einmal und dieses Mal erwiderte der Mann nichts, sondern ging. „HALT!“, rief Barringtons plötzlich und offenbar blieb er plötzlich stehen, denn seine Schritte verstummten. „Die.... Schl-Schlüssel.“, brachte Barringtons zischend hervor.

Draco hörte ein Klimpern und dann den Mann zurückkommen. Er übergab Barrington die Schüssel und ging anschließend. John Barrington drehte sich zu seinem Gefängnis um und Draco beobachtete – beinah ungläubig – wie er sich abmühten den Schlüssel ins Schloss zu stecken. Der Schlüssel rutschte aus seiner Hand und fiel zu Boden. Unter lautem Fluchen bückte sich Barrington danach und schwankte abermals gefährlich. Für einen Moment sah es sogar danach aus, als würde er vornüberkippen. Doch er hielt sich an dem Eisengitter fest und fand wieder halt. Im nächsten Versuch schaffte er es endlich die Tür aufzusperren und wankte in die Zelle hinein.

„Du bischt immer noch ein Mensch.“, lallte er und zeigte mit seinen dicken Fingern auf Draco. Dieser wusste nicht, was er davon halten sollte. Wäre er wohl nicht in Ketten gelegen und sein Körper bereits quält, hätte er wohl darüber gelacht. Doch so starrte er Barrington auf die gleiche Weise an, wie zuvor.

„Na warte... hick... ich werde dich schon zum reden bringen.“ Dann holte Barrington seine Peitsche aus einer Tasche hervor und schwang sie in Dracos Richtig. Dieser wurde dieses Mal nicht festgehalten und obwohl er sich schwach und zittrig fühlte gelang es ihm beinah mühelos den Lederriemen auszuweichen.

„ARG!“, brüllte Barrington nachdem sich das Schauspiel noch drei Mal wiederholt hatte. „Halt still!“ Dann warf er schließlich die Peitsche weg und zückte das Messer, welches Draco vorher schon auf seiner Haut gespürt hatte. Jetzt fiel ihm auf, dass es einen goldenen Griff hatte. Er rührte sich nicht, obwohl es wohl das klügste gewesen wäre, davon zu laufen. Aber er lag noch immer in Ketten, die in das Mauerwerk eingelassen waren. Er konnte nur nach hinten und dann würde ihn Barrington in die Enge getrieben haben, noch mehr als bereits jetzt schon. Also blieb er sitzen, starrte ihn weiterhin an und wartete darauf, dass der Mann vor ihm das Messer nach unten in seinen Körper fahren ließ.

„Diese Augen! Daran habe ich dich erkannt! An diesem Blau, schon fast eisig!“, sagte er. „Daran und an deinen Haaren! Sie schimmern golden im Sonnenlicht und silbern bei Mondschein! Vielleicht hätte ich es sogar geglaubt, dass du ein Mensch bist, aber diese Haare... die Schuppen des Monddrachen leuchten im Mondlicht wie reines Silber. Aber deine Augen, in ihnen ist kaum etwas von deinem alten Wesen zu erkennen, nur noch der Stolz und die Farbe! Was für eine Verschwendung!“, sagte Barrington polternd und wirr zugleich. „Ich frage mich, wie du wohl ohne sie aussehen wirst. Vielleicht könnte ich dann glauben, du seist nur ein ganz normaler Mann, wie es Alexander mich glauben machen wollte!“, brüllte er. Dabei hob er das Messer und die Spitze zeigte nicht auf seinen Körper.

Draco gefror das Blut in den Adern. John Barrington wollte nicht sein Leben beenden.

Er wollte nur seine Augen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Noch ein Kapitel vor meinem Umzug, danach wird es wohl erst mal wieder dauern. Zum einen weiß ich nicht, wann ich wieder Internetanschluss habe und zum anderen hab ich im nächsten Schuljahr ja eine eigene Klasse (noch dazu ein Lehrwerk mit dem ich noch nie gearbeitet habe, ach und eine Vollzeitstelle) und werde mich wohl damit erst mal genug rumschlagen müssen. Noch dazu gilt es ja auch Leipzig zu erkunden.
Aber wie immer kann ich euch nur versprechen, dass ich mich bemühe. Ich will ja schließlich auch in diesem Jahr endlich mit der Story fertig werden.^^° Es wird höchste Zeit!

Das Ende ist...mmh... fieß? Vielleicht. Was wird wohl geschehen? Lassen wir uns überraschen. Allerdings habe ich mehr und mehr das Gefühl, dass ich Draco ein wenig zum Experimentieren missbrauche. Das geht so in die Richtung, was kann ich schreiben... Muss man nicht verstehen, ich finde es auch noch heraus.^^°

Ich hoffe wie immer, dass wir uns auch das nächste Mal lesen, wann immer das sein wird.

Grüße maidlin
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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: enni
2011-07-24T15:12:33+00:00 24.07.2011 17:12
Ein neues kapitel ist fast wie Ostern und Weihnachten zusammen! XD Darum werd ich mich auch schön für das mit einem Kommi bedanken! >.<

1. Absatz
Ach du lieber Himmel... um wen muss ich mir jetzt mehr sorgen machen, um Draco verschnürt wie ein Paket auf einem Pferd oder um Annie die fast keine Luft mehr bekommt oder um das kleine etwas in ihr, daß ich wirklich nicht tod sehen will? Hilfe ein Absatz und man muss sich um drei Personen gleichzeitig sorgen, sowas soll einer erstmal schaffen! ^^; Eigentlich müsste ich mich auch um Alexander sorgen, aber der ist ein großer Junge, ich glaub der ist in moment grad nicht so akut und ich hoffe das bleibt auch erstmal so! Ja genau, Alexander geh mal runter und frag was da los ist! O.O

2. Absatz
Ach ja, die szene mit dem Wildschwein! Nun mir hat sie äußerst gut gefallen, Barrington scheint wohl auch dieser meinung zu sein wie es scheint, was mir nicht so gefällt weil mit ihm möchte ich jetzt nicht unbedingt die gleiche Meinung haben. Annie wiederrum kann leider an dieser szene überhaupt nichts tolles finden, was aus ihrer sicht auch wieder total verständlich ist. XD So Draco ist also jetzt im Verließ, eine erschreckende vorstellung! Wie wir Barrington kennen und lieben gelernt haben, wird er wohl mehr als nur ein paar äußerst schmerzhafte Mittel in Gedanken haben um Draco die Wahrheit zu entreisen. Au weia!

3. Absatz
Oh Draco, so sehr ich es hasse es zu sagen, seine Idee sich selber umzubringen um Barrington den Spass zu verderben, ist klasse. Auch wenn ich es überhaupt nicht gern sehe, daß er denkt das Annie ihr eigenes Leben hat und er nicht mehr dazu gehört. Dummerweise (für ihn) und glücklicherweise für mich (und Annie) wurde dieser Plan aber dann vereitelt. Und dann kommt es auch noch zum Kräftemessen zwischen den beiden wobei ich es als glück ansehe, daß Draco wieder unmächtig wurde!

4. Absatz
Wow, Draco steht also unter 24 Stunden beobachtung, er ist Barrington ganz schön was wert, daß muss man sagen.

5. Absatz
Die neunschwänzige Peitsche? Barrington du Arschloch!
Am schlimmsten empfinde ich wohl das Draco einen Schmerzenschrei ausgestoßen hat. Verflixt! ;__; Da hilft leider auch nichts das er bei den anderen ruhig geblieben ist. Und dann kann Draco auch nicht anders als Barringtons Blick zu erwidern! Ahhh... man das will mir nicht gefallen, überhaupt nicht. Ich mach mir sorgen!

6. Absatz
Gnnngdh...! X.X
Nein, bitte bitte, lass das was jetzt in meinen Gehirn beim lesen rumgespukt ist nicht wahrheit werden!!! ich will nicht sehen, daß Barrington Draco zum reden bringt in dem er droht Alexander und Susan irgendetwas anzutun. Von Annie ganz zu schweigen obwohl er sie wohl doch hoffentlich aus dem Spiel hält. Sie ist schließlich Schwanger mit "seinem" Kind!. Aber wenn ich schon hören muss das Barrington jedes Mittel recht ist um ihn dazu zu bringen zu reden wird es mir ganz anders, auch wenn ich das natürlich nur zu gut wusste! Und arme Susan, sie darf sich wirklich keine Vorwürfe machen, daß tut ihren Kind überhaupt nicht gut...
Und ich bin mal genauso Ratlos wie Annie und Alexander wenn es dazu kommt Draco rauszuhauen!

7. Absatz
Meine güte, was für eine schreckliche Fantasie du doch hast Maidlin! Und so vorzüglich beschrieben! ^^; Man kann es sich direkt vor Augen vorstellen. Das gefällt mir schon sehr *hust*. Natürlich das beschreiben, nicht das was Draco passiert. XD Aber ich dachte ich muss das mal loswerden! *lach* Und so sehr ich es manchmal auch als nervend empfinde, ich bin grad übelst froh über Dracos stolz!

8. Absatz
Ugh! Die Peitsche war viel leichter zu ertragen als es jetzt das Finger brechen war! Das nimmt ich jetzt schon mit, armer Draco. Und dann noch zu lesen das Barrington den Finger dann noch so bewegt und mit den Peitschenstil darauf...AUA! Das schmerzt schon beim lesen. Wenigstens kann Draco etwas zurückgeben indem er Barrington anstarrt. Hast recht Junge, starr weiter. Und wo ist eigentlich Semerloy? o_O

9. Absatz
Wenn man vom Teufel redet, dann kommt er. Vllt hätte ich doch nicht nach ihm fragen sollen, wenn ich das jetzt so lese. ^^; Nur leider wäre er dann trotzdem dagewesen! XD Und es ist trotzdem so, Peitschen läßt sich leichter ertragen wenn man es liest, selbst wenn es Semerloy ist, der zuschlägt!

10. Absatz
Schrecklich, aber auf makabre art cool zu lesen! ^^ Am besten hat mir wohl Semerloys sanfte Stimme gefallen als er Barrington das Messer gegeben hat. Es mir eine Gänsehaut verschafft und gleichzeitig ein grinsen ins Gesicht gezaubert. (Und ich frag mich grad wie krank ich bin, daß ich auf sowas dann auch noch abfahre! ^^;). Bist du sicher das du weiterhin meine Freundin sein willst Maidlin? XP Na ernsthaft das hat was, wenn man es liest! *__* Wobei ich sagen muss das Barrington sanftes grinsen dann eher ein Abkatsch von Semerloys ist. Mein lieber Barrington, sieh es ein, Semerloy kommt einfach besser! XD
Jetzt aber mal ohne Lachen, ich hoffe Draco gibt Barrigton irgendwann das zurück was er grade erhalten hat. Draco Zeichnen.. stirb du Hund!

11. Absatz
Kann ich den letzten Satz meines Kommis wiederholen?
Barrington STERB!
Verdammt ich will nicht das Draco das sein Leben lang rumtragen muss!

12. Absatz
Ou Annie du bist mutig! Bist du aber wirklich bereit dazu das zu sehen was da auf dich zukommen wird? Ich hoff nur jetzt passiert nichts allzu schlimmes! *Auf den Nägeln kaut*...

13. Absatz
...
...
...
OMG
Das ist jetzt nicht dein ernst, oder? Das ist aber jetzt echt NICHT DEIN ERNST!
Ich bin mir jetzt nicht sicher was schlimmer ist, das was du vorhast oder das du jetzt hier aufhörst! Ich möchte jetzt am liebsten irgendetwas nach dir werfen vor Frust! Hallo, her mit dem nächsten Kapitel, am besten sofort! Und wage es ja nicht das nächste erst nach deinen Umzug zu bringen, sonst werd ich dir deine Mangas alle durcheinander einräumen nur um dich leiden zu sehen, du übles sadistisches Weibsbild du! XP Semerloy, die Peitsche bitte! Ich möchte sie für meine Freundin die Maidlin heißt benutzen. Ich werde sie auch ehrenvoll zu benutzen wissen, versprochen! *Sanft grinst* Warte nur maidlin, warte nur...

Annie du gehst jetzt da sofort zum Verlies runter und machst irgendetwas zum deinen Gatten aufzuhalten. Am besten erschlag ihn oder bring ihn sonst irgendwie um, aber lass den Kerl auf keinen Fall zu Dracos Augen! O_o Oh mei, wie soll ich das nur bis zum nächsten kapitel aushalten? Oh mei!

Wundervoll, von Anfang bis zum Ende, ein wundervolles Kapitel!Bitte lass mich nicht zu lange auf die fortsetzung warten, ja? Bitte!

hdgdl enni :D

Von:  funnymarie
2011-07-24T11:31:15+00:00 24.07.2011 13:31
hi^^ schön, dass es wieder ein neues kapi gibt^^
aber dass drake so misshandelt wurde, das war echt fies und ich kann behaupten, dass barrington die pest an den hals wünsche!
er soll jämmerlich verrecken, wegen seiner feigheit und seiner mordlust!
hoffentlich lässt du dir ein fieses ende für ihn einfallen! er soll eines quallvollen todes sterben! diese kleine miese kackerlacke!
so genug geflucht auf john barrington! aber ich hasse den kerl wirkich, obwohl er nur erfunden ist von dir!
naja^^
nun zu anni und drake! ich hoffe, sie schaffst es ihn irgendwie daraus zu kriegen, aber so wie du ihn hast leiden lassen, bezweifle ich das sehr.
dennoch bestehe ich wenigstens darauf, dass barrington seine gerechte strafe kriegt, wenigstens das muss sein! immerhin hat drake soviel leiden müssen, wegne diesem mistkerl!
ach, eigentlich wollte ich ja aufhören, zu fluchen!
nun gut neuer versuch!
annis ängste und sorgen kommen sehr real rüber und auch das empfinden, wie drake mit den schmerz umgeht, sehr authentisch^^
das kind scheint seinen vater wohl zu mögen, wenn es anni scheinbar den weg zu ihm weist!
ob es ihn wohl kennenlernen wird?
was wohl aus alexander und seiner frau wird?
ich bin sehr gespannt auf dein nächstes kapi!
viel erfolg bei deinem umzug und der neuen arbeitsstelle^^
lg funnymarie
die wikrlich sehr hofft, dass barrington noch durch die hölle gehen muss und das barfuß, damit seine haut schön veretzt und verbrannt wird^^
ist mir wohl doch nicht gelungen mit dem fluchen, naja, trotzdem ibs zum nächsten kapi^^


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