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Stumme Tränen

Darfst du mich denn lieben, Inuyasha?!
von

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Ein neuer Konkurrent

Nachts erwachte Inuyasha, weil er dringend aufs Klo musste. Er verfluchte sich dafür, so viele Milchschocks getrunken zu haben. Aber Anjaanis Milchschocks waren so köstlich!

Er streckte sich leise und linste zu ihr rüber, bevor er sie erhob. Das Blut gefror ihm in den Adern. Eine schwarze Schattengestalt kniete schon fast demütig an ihrer Seite, direkt neben ihm, ohne dass er es bemerkt hatte. Sofort sprang er schreiend auf und zog Tessaiga. „Sag mir wer du bist und was du willst, bevor ich dich in Stücke schneide! Na los, rede!“

Langsam richtete sich das Wesen auf. Es war gleich groß wie Inuyasha, doch schwarz und gesichtslos. Ein schattenhafter Körper.

„Du weißt sie nicht zu schätzen“, flüsterte die tonlose Stimme voller Ehrfurcht.

„Wie bitte?“ Inuyasha war kurz wie vor den Kopf gestoßen.

„Sie ist einmalig.“

„Und du bist tot!“

„Du kannst sie nicht vor mir beschützen“, flüsterte es.

„Sag das meinem Schwert“, brüllte Inuyasha und schwang das leuchtende, gigantische Schwert. Ein Schritt ins Mondlicht und das Wesen war verschwunden. Der Angriff glitt ins Leere. Rasend vor Hilflosigkeit starrte Inuyasha den Fleck an, an dem der Typ verschwunden war. Im Zimmer ging das Licht an und er spürte, dass Anjaani neben ihn trat. Statt in ein verschrecktes Gesicht zu blicken, funkelten ihre Augen ihn zornig an.

„Sag mal, willst du mit dem Ding mein ganzes Zimmer in Schutt und Asche legen?!“

„Es ist doch nichts passiert!“, verteidigte er sich kleinlaut, von ihrer Rüge eingeschüchtert.

„Und die Schnittspuren im Parkettboden? Das ist Parkett, Mister! Schwing dein Zauberschwert nicht in der Wohnung! Her damit!“

„Spinnst du?! Finger weg von Tessaiga!“

„Dann benutze es nicht in der Wohnung!“

„Ich hätte ihn aber fast erwischt. Der Kerl entwischt mir nur jedes Mal.“

Anjaanis blitzende Augen verschwanden im Schatten, als sie den Kopf senkte. „Jetzt wissen wir wenigstens, wie er hier auftauchen konnte“, wisperte sie leise, doch ihrer Stimme war das Zittern deutlich anzuhören.

„Hä?“ Inuyasha sah sie verwirrt an. „Sag schon, wie ist er hier aufgetaucht?“

„Durch das Mondlicht.“

„Dann ziehen wir die Vorhänge zu.“

„Die weißen, gewebten Spitzenvorhänge? Da dringt Licht durch!“

„Dann mach die Fensterläden zu.“

„Nein“, rief sie schrill. „Ich will nicht in purer Finsternis gefangen sein. Ich hasse die Dunkelheit!“

„Aber der Kerl wird wieder kommen!“

„Dann sei du bei mir.“

„Ich bin doch schon bei dir!“

„Und es nützt nichts“, erklang die düstere Stimme. Anjaani schrie auf, doch ehe Inuyasha reagieren konnte, sagte das Wesen einen rätselhaften Satz, ehe es endgültig verschwand: „Du kannst sie nicht einmal vor dir selbst schützen, Hanyou, und sie weiß es. Sie kennt die Konsequenzen, die sie davon zu tragen hat.“

Die beiden waren wie erstarrt und zu jeder Regung unfähig. Anjaanis Hand glitt wie von selbst zu ihrem Bauch. Langsam drehte Inuyasha sich zu ihr um. Dieselbe Überraschung war auch in seinen Augen zu sehen. „Was meint er denn damit?“, hauchte er irritiert.

Anjaani wurde nervös. „K-keine Ahnung“, stotterte sie zaghaft.

Skeptisch hob er eine Augenbraue. „Wieso habe ich dann das Gefühl, dass du lügst? Was ist los?“

„Ich habe seit einigen Tagen ein seltsames Gefühl.“ Sie schlug die Hände vors Gesicht und ließ sich aufs Bett plumpsen.

„Hast du das nicht immer?“

„Jetzt mach dich nicht über mich lustig! Ich -“ Wütend schüttelte sie den Kopf und schwieg dann. „Ich bin wahrscheinlich schwanger von dir “, vollendete sie den Satz in Gedanken. Doch sie würde schweigen. „Inuyasha, wir haben ein anderes Problem.“

„Hä? Was für ein anderes Problem?“

„Hast du vergessen, wer gerade noch in mein Zimmer eingedrungen ist?“

Das hatte Inuyasha kurz völlig vergessen. Er ließ sich viel zu leicht von ihr ablenken.

„Wir hatten darüber diskutiert, was wir machen, wenn er zurückkommt.“

Ratlos starrte der Hanyou an die Decke. Beim besten Willen konnte er sich daran nicht mehr erinnern.

„Das ist jetzt nicht dein ernst“, seufzte sie genervt. „Wir haben doch bis vor 2 Minuten noch darüber geredet.“

„Ich erinnere mich aber nicht!“

„Ich wollte, dass du bei mir bist, damit er mir nichts mehr antun kann.“

„Aber das bin ich doch... Ah, jetzt erinnere ich mich wieder.“

„Glückwunsch“, meinte sie trocken.

„Ich weiß trotzdem nicht, was du willst. Ich halte doch neben dir Wache.“

Sie schüttelte langsam den Kopf. „Du verstehst nicht. Ich meine wirklich nah bei mir. So kann er nicht in meine Nähe.“

Inuyasha Augen weiteten sich in der Erkenntnis.

„Ich schlafe an der Wand und du neben mir, Saajan.“

„Nein!“ Knurrend sprang er auf, mit schon fast gehetzt wirkendem Gesichtsausdruck.

„Denk erst einmal in Ruhe darüber nach.“

So schluckte Inuyasha all den Protest herunter, der sich in seiner Kehle gestaut hatte und grübelte nach.

„Du brauchst aber lange“, bemerkte Anjaani nach einer Weile.

„He, hetze mich nicht!“ Dann gab er sich geschlagen. „Du hast recht. Das ist die einzige Möglichkeit dich zu schützen. Außer wir dunkeln alles ab.“

„NEIN!“

„Schon gut, dann eben nicht.“

Zufrieden nickte sie, legte sich ins Bett und rutschte an die Wand. Kritisch beäugte er seinen neuen Schlafplatz. Doch er hatte genug Raum sich auszustrecken, ohne sie berühren zu können.

„Keine Sorge Inuyasha.“ Ihre Stimme klang tröstlich. „Ich werde dir schon nichts antun.“

„Rede nicht so einen Unsinn“, brauste er auf und setzte sich aufs Bett. „Ich musste nur dran denken, wie du das letzte Mal reagiert hast, als wir hier zusammen aufgewacht sind.“

„Das ist jetzt etwas anderes“, meinte sie kühl. „Ich vertraue dir.“

„Seit wann? Bevor, oder nachdem der Typ wieder bei dir aufgetaucht ist?“

Ihr Blick hätte den Teufel aus der Hölle verjagen können. „Weißt du was? Halt jetzt deinen Mund und schlaf, oder ich erwürge dich!“, fauchte sie, knipste das Licht aus und drehte sich von ihm weg.

„Bist du jetzt sauer?“

„Nein!!!“

„Menno, was habe ich jetzt falsch gemacht?!“

„Schlaf, verdammt noch mal!“

Knurrend legte er sich hin. Was hatte er denn jetzt getan, um sie aufzuregen? Vielleicht war es die allgemeine Aufregung? Aber sobald er neben ihr lag, verflogen alle Gedanken an die Bedrohung.

„Inuyasha?“, ertönte ihre leise Stimme. „Was wäre, wenn ich schwanger wäre?“

„Von wem?!“, fragte er reflexartig.

Ihre Augen blitzten zornig im Licht der Nachtlampe auf. „Von dir, Mann! Von wem denn sonst?!“

„Bist du doch nicht! Oder?“, fügte er dann zaghaft hinzu.

„Wenn dies der Fall wäre, es hätte ja alles passieren können, schließlich waren wir betrunken. Was würdest du tun?“

„Muss ich so ne blöde Frage beantworten?“

„Ja, sonst lass ich dich nicht schlafen.“

„Gut, aaaalso...“ Inuyasha schwieg lange, dachte gründlich über diese Frage nach. Und sie ließ ihm Zeit. Er brauchte Zeit, sie wollte eine ehrlich Antwort. „Wir machen einfach das Beste daraus“, sagte er dann.

Verwundert sah sie ihn an, mit unendlicher Erleichterung in den großen Augen. „Wirklich?“

Er setzte sich auf starrte nachdenklich an die Decke. „Wenn es so wäre, wären wir beide dafür verantwortlich. Und ich lasse dich damit nicht allein.“

„Saajan...“ Ihre Stimme überschlug sich vor Rührung. „Was passiert, wenn du deine Erinnerungen wiedererlangst und gehen musst?“

Jetzt richtete er den Blick auf sie. Seine Augen glühten vor Überzeugung. „Ich kann dann nicht gehen. Ich werde dich und das Ding nicht allein lassen können.“

„Nenn unser Baby nicht „Ding“!“, regte sie sich auf.

„Beruhige dich mal, du kriegst ja kein Baby.“

„Da wäre ich mir nicht so sicher.“ Aber solange sie es nicht mit Sicherheit sagen konnte, würde sie ihn damit nicht konfrontieren. Als dieser Gedanken endlich verdrängt war, schaffte sie es einzuschlafen. Inuyasha dagegen blieb ruhelos. Ihr reizvoller Körper war ihm doch näher, als er vermutet hatte. Es fühlte sich so seltsam an, so verboten. Die Nähe ihres warmen Körpers war regelrecht spürbar und er roch intensiver, betörender. Er nahm sie so deutlich war, als würde er sie berühren, ja regelrecht in ihr versinken und das versetzte ihn in Unruhe.

„Es ist beruhigend, dich neben mir zu wissen, Saajan. Lass mich nicht allein...“, murmelte sie und drehte sich zu ihm. Seine scharfen Augen konnten in der Dunkelheit erkennen, dass sie schlief. „Tue ich nicht“, hauchte er, um sie nicht zu wecken.

„Jetzt habe ich keine Angst.“

„Wovor?“

„Vor der Dunkelheit.“

Er rückte näher zu ihr. Es war eine reflexartige Reaktion, um ihr spürbaren Schutz zu bieten.

„Die Dunkelheit tut dir nichts. Nicht solange ich da bin“, beruhigte er sie.

„Warst du je als Kind in einem stockfinsteren Raum eingesperrt, Saajan?“

Inuyasha schluckte. War sie es etwa? Ehe er antworten konnte redete sie weiter. „Dann kannst du dich vor der Finsternis auch nicht fürchten.“

„Wieso warst du eingesperrt?“

„Ich weiß es nicht. Wieso wurdest du als Hanyou gejagt?“

Inuyasha überlegte nicht lange. „Weil man mich hasste.“

„Dann erübrigt sich meine Frage.“

„Was?!“ zischte er überrascht und weckte sie somit.

„Was ist los, Saajan?“, nuschelte sie.

„Nichts, warum?“, tat er unschuldig.

Sie nickte nur und schloss wieder die Augen. Sie wirkte so friedlich, aber er hatte das Gefühl, dass sie innerlich unzählige schwere Narben hatte. Wie viel Leid hatte sie erfahren?

„Anjaani? Du musst keine Angst mehr vor der Dunkelheit haben.“

Ob sie ihn gehört hatte, wusste er nicht, aber sie lächelte sanft.

Wie schön sie doch war. Wenn sie wirklich ein Kind von ihm erwarten würde, müsste er sie nicht verlassen. Nein, er dürfte sie nicht verlassen. Er würde bei ihr bleiben, er dürfte sie lieben und sich ein Leben mit ihr aufbauen. Dann hätte er eine Familie. Das Baby, er und die schönste und wundervollste Frau, die er kannte. Das wäre ein Traum, der wahr werden würde. Dann würde sie ihm keiner wegnehmen können.

Lange lag er so auf der Seite und betrachtete sie. Bis seine Augen schwer wurden und er langsam in die Schwerelosigkeit hinüber glitt. Ihr Bild vor seinen Augen begleitete ihn bis in seine Träume hinein mit dem Wunsch, sie zu lieben und ewig bei ihr zu bleiben.
 

Tief in der Nacht erschien das Wesen wieder. Was es sah, gefiel ihm nicht. Wie sollte es denn jetzt ins innere des Mädchens kommen?! Es war zurückgekommen, um den winzigen Keimling in ihrem Bauch zu entfernen, der ihr nur Unglück bringen würde. Wie konnte es Anjaani beschützen, wenn dieser Hund im Weg war? Nun konnte er dieses Fleisch gewordene Band zwischen ihr und dem Hanyou nicht zerstören, das Anjaani ins Verderben reißen würde. Aber es hatte andere Möglichkeiten sie zu schützen. Ein Glück, dass es alle nötigen Informationen über das Mädchen hatte. Es wurde Zeit, in Erscheinung zu treten.
 

Trotz beunruhigender Träume von Windeln, Geschrei und Babybrei, schlief Anjaani so gut, wie lange nicht mehr. Als sie am Morgen in diesem tranceähnlichen Zustand zwischen Schlafen und Wachen glitt, bevor sie völlig erwachte, bemerkte sie seine Nähe und dass ihre Hand in seiner lag. Langsam schüttelte sie den weichen Mantel des Schlafes ab und öffnete die Augen. Sie lagen sich gegenüber und ihre Finger waren ineinander verschränkt. Dass sie es gar nicht bemerkt hatte, wie sie sich im Schlaf berührt hatten, ließ sie sanft lächeln. Vorsichtig ließ sie ihre Hand aus seiner gleiten, konnte es aber nicht vermeiden, ihn anzustarren. So entspannt und friedlich sah sie ihn selten. Mit seinen weißen Haaren und dem sanften Gesicht sah er aus wie ein Engel. Ein Engel mit feurigen Augen. Es war das krasse Gegenteil zu dem gereizten und ungeduldigen Inuyasha, den sie kannte. Und er würde bei ihr bleiben, sie müsste nicht befürchten, dass er sie irgendwann einmal verlässt. Vorausgesetzt, sie war schwanger. In dieser einen Nacht hatte sie viel Alkohol getrunken und das verringerte den Verhütungsschutz. Hatte sie zu viel getrunken?? Anscheinend schon. Ein Kind mit ihm... wurde ein Traum nun doch endlich Wirklichkeit werden?

Ein süßes kleines goldäugiges Baby mit niedlichen Hundeöhrchen. Verträumt strich ihr Finger über sein seidiges Ohr, das unter ihrer Berührung zuckte.

Inuyashas Mund verzog sich zu einem leichten Lächeln und sie beobachtete, wie sich seine Augen öffneten und dieses Bernsteingold unter den Lidern größer wurde. Aus großen, klaren Augen schaute er sie an. Inuyasha schien sofort hellwach zu sein und verwirrt darüber, dass er neben ihr lag.

„Wie hast du geschlafen?“, fragte sie. Ihre Stimme kam ihr unnatürlich laut vor.

„Normal“, antwortete er und drehte sich auf den Rücken. Doch das war gelogen. Er hatte geschlafen wie ein Bär im Winter. Das musste sie aber nicht wissen. Sein Blick fiel auf den Wecker. Es war 8 Uhr. „Du musst zur Arbeit“, rief er erschrocken und war mit einem Satz auf den Beinen. „Komm, steh auf!“

Seine unbegründete Hast ließ sie schmunzelnd. „Ich arbeite heute nicht“, erklärte sie und reckte sich genüsslich. „Mittwoch ist mein freier Tag. Du kannst dich also beruhigt wieder hinlegen und noch ein wenig dösen.“

„Warum sollte ich jetzt schlafen, wenn ich schon wach bin“, fragte er verständnislos. „Außerdem habe ich Hunger.“

„Was denn auch sonst“, seufzte sie und stand auf. „Ich geh zuerst ins Bad, ja? Dann mache ich das Frühstück, Saajan.“

„Kannst du nicht zuerst Frühstück machen?“

„Lass mich bitte in Ruhe mein Gesicht waschen.“

„Aber nicht Nägel lackieren! Ich hasse den Geruch!“

„Keine Sorge, das mache ich, wenn du im Bad fertig bist.“

Irgendwie hatte alles eine unerwartete Wendung genommen. Er hatte Einzug in ihr Bett erhalten. Wenn das mal gut ging! Aus irgendeinem nicht ganz unerklärlichen Grund hatte er ein ungutes Gefühl. Selbst sein so geliebter gebratener Speck zum Frühstück, vertrieb die beunruhigenden Gedanken nicht. Selbst nach dem Frühstück war er unruhig, als würde etwas Schlimmes geschehen. Mit immer weiter sinkender Laune betrat er die Duschkabine. Normalerweise munterte ihn Wasser stets auf, aber sein Gespür für Gefahr ließ sich nicht eindämmen.

Und das Klopfen an der Türe löste den Alarm bei ihm aus. Sein Magen zog sich schmerzhaft zusammen, als er Anjaanis erstauntes Keuchen hörte. Anjaani starrte den Besucher einen Moment verblüfft an, fasste sich aber sofort wieder.

„Einen schönen guten Morgen!“, hauchte sie überwältigt.

„Mit deiner freundlichen Begrüßung wird mein Morgen wunderschön“, entgegnete die freundliche Baritonstimme, die an Wärme und Sanftheit fast an Inuyashas Stimme heranreichte.

Anjaani konnte es nicht fassen, für einen Moment hatte sie geglaubt, Raj vor sich zu sehen. Aber dieser Mann sah auf dem zweiten Blick ein wenig anders aus, hatte breitere Schultern eine weichere Stimme. Ganz zu schweigen von diesen Augen! Die verblüffenden grünen Augen des Mannes funkelten wie eine von Tautropfen gespickte Wiese im Sonnenschein. Das intensive Grün, das mit kleinen, goldenen Sprenkeln verziert war, überwältigte sie und für einen Moment verlor sie die Stimme. Dies war er! Er stand vor ihr, der Mann, den sie wie keinen zweiten bewunderte. Das konnte doch nur ein Traum sein... Dass der junge Mann sie genauso überwältigt betrachtete, war ihr nicht bewusst.

„Sie sind…“, fing sie an.

„…sprachlos“, lachte er leise. „Wahrscheinlich zum ersten Mal in meinem Leben.“

Da wurde es Inuyasha zu bunt. Grimmig baute er sich neben der Inderin auf und funkelte den jungen Mann misstrauisch an, doch plötzlich stockte ihm der Atem. Anjaani beschwichtigte ihn sofort: „Saajan, das ist nicht Raj! Das ist Ary-“

„Wer ist dieser Schleimer dann und was will er?“

„Inuyasha!“ Entsetzt schlug sie ihm auf den nackten Arm. Sie schien gar nicht zu bemerken, dass er nur eine Hose an hatte. Zu gebannt war sie von dem nicht minder attraktive Besucher.

„Du bist also der berühmte Inuyasha. Es ist mir eine Freude, dich kennenlernen zu dürfen.“

„Von mir aus.“ Inuyasha bedachte die ihm dargebotene Hand kurz mit düsterer Miene und verschränkte dann demonstrativ die Arme vor der Brust.

Beschämt schüttelte Anjaani den Kopf. Sie öffnete gerade den Mund, um sich zu entschuldigen.

„Das muss dir nicht peinlich sein“, erriet der Fremde ihre Gedanken. „In seiner Position muss man immer misstrauisch sein.“

„Und was willst du hier... Fremder?“

„Ich bin hier neu eingezogen und habe dämonische Energie aus dieser Wohnung wahrgenommen. Aber jetzt weiß ich ja, dass sie von dir kommt.“ Dann sah er Anjaani mit einen intensiven Blick an. „Mera naam hai Aryan Suraj.“

Inuyasha knurrte genervt. Noch einer, der Hindi quakte!

Anjaani ignorierte den Halbdämon und ließ sich von den strahlend grünen Augen des Inders fesseln. Solche Augen hatte sie noch nie zuvor gesehen. Er war es tatsächlich!

„Ich weiß, wer du bist“, hauchte sie überwältigt auf Hindi, wechselte aber auf Inuyashas Knurren hin ins Japanische. „Die ganze Welt kennt dich, den legendären General der indischen Armee. Deine Heldentaten sind berühmt! Du meine Güte, du bist doch nicht älter als 26!“

„Bin ich nicht“, bestätigte er freundlich.

„E- es ist mir eine Ehre! Oh, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll... Was machst du in Japan?“

„Ich bin hierher versetzt worden, um den Dämonensondereinsatz zu leiten. Darf ich deinen wundervollen Namen erfahren?“

„Du kennst ihren Namen nicht?“, wunderte sich Inuyasha, vergaß für einen Moment seinen Groll über Anjaanis Schwärmerei. „Sie ist fast schon so berühmt wie ich, ihr Name fällt immer gemeinsam mit meinem und du kennst ihn nicht? Wieso weißt du dann, dass sie Inderin ist, wieso sprichst du Hindi mit ihr?“

Anjaani ignorierte Inuyashas grobe Zurechtweisung. Sie wollte General Suraj ihren Namen nicht nennen. Sie hasste es, Leuten ihren Namen zu nennen, die dessen Bedeutung verstanden. Gerade ihm, jemanden, den sie zutiefst bewunderte.

„Nun ja, dass sie Inderin ist, hatte ich im Gefühl. Und ich traue meinem Gefühl immer“, erklärte Aryan. „Ich kann dir auch einen Namen geben, der wundervoll zu dir passt... es sei denn, ich erfahre den richtigen Namen.“ Sein Lächeln war umwerfend. Vom ersten Augenblick an hatte sie sich bei ihm wohl gefühlt, als würde sie ihn schon ewig kennen, als sei er ihr vertraut, wie ein Bruder. Da war ihr Fleisch gewordener Held aus den Nachrichten. Er stand leibhaftig vor ihr und bat um ihren Namen! Oh, Yami würde sterben, um an ihrer Stelle zu sein!

„Natürlich“, lachte Anjaani. „Für dich bin ich Anjaani.“

Sein Lächeln erblasste. „Oh, verzeih, wenn ich zu direkt war.“ Der neue Nachbar war plötzlich reuevoll. „Ich hoffe, du erlaubst mir, dich kennenzulernen. Und danach kann ich deinen Namen erfahren.“

Eine unangenehme Stille trat ein, die Inuyasha nicht entging. Hä, warum redete der Schleimer so seltsames Zeug? „Hä?! Bist du taub, sie hat dir ihren Namen doch genannt.“ Inuyasha war überaus irritiert über das Verhalten des Schleimers. „Anjaani, was redet er da?!“

Aryans Augen wurden riesig. „Dein Name ist Anjaani?“ Sein Fettnäpfchen wurde ihm plötzlich bewusst und er entschuldigte sich demütig bei ihr. „Bitte verzeih mir, ich war unsensibel. Ich war mir sicher, du heißt anders. Anjaani klingt wunderschön.“ Seine Stimme war so weich und samtig, fast so wie Inuyashas und ließ ihre Haut prickeln.

„Mal abgesehen von der Bedeutung ist der Name schön“, stimmte sie ihm zwinkernd zu. „Aber du kannst mich auch Aani nennen.“

„Welche Bedeutung?“, meldete Inuyasha sich nun und blickte ungeduldig von einem zum anderen.

„Unantastbarkeit und Erhabenheit... Anjaani bedeutet eine unantastbare und erhabene Frau...“ Aryan nahm ihre Hand in seine und hauchte einen sanften Kuss drauf. „An Schönheit nicht zu übertreffen. So schön wie die Morgenröte.“ Seine Augen drangen tief in ihre. „Aurora. Ich dachte, dies wäre dein Name.“

Mit errötenden Wangen starrte sie ihn an. Diese Lippen waren so weich auf ihrer Haut. Nie zuvor hatte ihr jemand einen Handkuss gegeben. Und dieses Lächeln... es brachte sie ganz durcheinander. Seine wunderschönen Augen...

Niemand bemerkte, dass Inuyasha vor Wut zitterte. „Was soll das Geschmalze?!“ Knurrend riss er ihre Hände auseinander. „Fass sie noch ein Mal an und ich werde dir deine gierigen Finger nacheinander abbeißen, du Verräter!“

Beide blinzelten ihn überrascht an, als wären sie soeben aus einer Trance erwacht. Das ließ seinen Zorn dramatisch in die Höhe schnellen, er verlor fast die Beherrschung.

„Wenn du hier bist, um dich an sie ranzumachen, dann jage ich dich wortwörtlich in die Hölle!“

„Ich habe sie nur begrüßt“, verteidigte sich Aryan arglos.

„Du hast sie geküsst!“, brüllte er. „Und du! Wieso macht dir sowas plötzlich nichts mehr aus?“

„Es war doch nur ein harmloser Handkuss.“ Anjaani schaute ihn Verständnis heischend an.

„Exakt. Nur ein Zeichen von Respekt und Höflichkeit. Was dir anscheinend fehlt, so grob wie du zu ihr bist.“

„W-was?! Wie kannst du... Wie kannst du es wagen, du...“ Inuyasha verschlug es die Sprache. Schäumend vor Wut, packte der Aryan am Kragen und zückte die Krallen. Dieser verzog keine Miene. Doch Anjaani geriet in Panik.

„Inuyasha! Spinnst du, du weißt nicht, wer er ist?! Lass ihn los, bevor du ihn verärgerst!“ Entsetzt riss Anjaani an seinem Arm, bis er Aryan losließ. Die goldgelben Augen starrten sie an mit einer Mischung aus Wut und... tatsächlich, Enttäuschung!

„Was ist nur mit dir los, Saajan“, seufzte sie. „So kenne ich dich ja gar nicht. Das ist nicht Raj, wieso benimmst du dich so?“ Ihrem verstörten Blick ausweichend, verschwand er in der Küche.

„Es tut mir so leid“, flüsterte Anjaani dem neuen Nachbarn zu, ganz vergessend, dass Inuyashas Hundeohren sie hören konnten. „Du siehst jemandem aus meiner Vergangenheit ähnlich.“

„Er ist eifersüchtig“, lächelte Aryan besänftigend. „Das verstehe ich.“

„Ich bin NICHT eifersüchtig!“ Das Donnern von Inuyashas Stimme ließ die Wände erzittern. „Ich kann nur solche Schleimer wie dich nicht ausstehen!“

„Ich bin ihm nicht böse, Aurora“, beruhigte er die überraschte Anjaani, da er anscheinend ihre Gedanken erraten hatte. „Mir würde es an seiner Stelle vermutlich ähnlich gehen. Mach dir keine Sorgen, als sein Vorgesetzter werde ich mich um ein friedliches Miteinander bemühen. Aber ich glaube, ich sollte wiederkommen, wenn die Situation ein wenig entspannter ist. Sonst wird das Dämonenjagen unnötig verkompliziert.“ Peinlich berührt verabschiedete sie ihn.

„Ist er endlich weg? Mein sogenannter Chef, dein ehrenwerter General?“

„Wie konntest du nur?!“, brauste sie auf und stampfte auf Inuyasha zu.

„Was habe ich denn getan?“ Der Hanyou tat ahnungslos.

„Du hast dich unmöglich benommen!“, fauchte sie und trommelte mit dem Zeigefinger gegen seine Brust. „Ich habe schon immer davon geträumt, ihn persönlich kennen zu lernen! Er war so nett und freundlich und was hast du gemacht?!“

„Hast du nicht bemerkt, wie ähnlich er diesem Verräter sieht?!“

„Du siehst ihm ähnlicher“, knurrte sie, was Inuyasha kurz aus dem Konzept brachte.

„Ich kann doch nichts dafür. Ich habe mit dem Verräter nichts zu tun!“

„Aryan auch nicht!“

„Er interessiert sich für dich!“, rief Inuyasha trotzig.

„Na und wenn schon!“ Ihre Augen funkelten böse. „Ist es so schlimm, wenn mich jemand mag?! Soll ich mein Leben lang allein sein?“

Der Vorwurf traf ihn wie ein harter Schlag. „Du hast ihn so angesehen“, flüsterte er fassungslos. „Er schleimt sich bei dir ein und gibt dir diesen blöden Namen...“

„Arora?“, fuhr sie ihm über den Mund. „Das ist auch mein Nachname, du Leuchte!“

„Ich rede von Aurora!“

Anjaani atmete tief ein und senkte den Blick. „Aryan hat Recht, das ist mein echter Name. So heiße ich.“

„Hä, was?“

„Ich heiße nicht Anjaani. Mein Geburtsname ist Aurora-Luna. Ich heiße Aurora-Luna Arora!“

„Du lügst mich an?!“ Seine Stimme überschlug sich, so empört war er. „Du lässt ihn an dich ran, schaust ihn so an und belügst mich!“ Mit wehenden Haaren rannte er über den Balkon und war im nächsten Augenblick verschwunden.

Anjaani dachte angestrengt nach. Wie hatte sie Aryan denn angesehen? War Inuyasha wirklich eifersüchtig? Ging es ihm nicht nur darum, sie zu schützen?

„Wieso macht dir sowas plötzlich nichts aus?“, hatte er gefragt... Da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen und sie eilte zur Tür hinaus. Dieser dumme, kindische, voreilige Inuyasha! Im Stock unter ihr traf sie auf Aryan, der gerade seine Wohnung betreten wollte.

„Es tut mir leid, dass ich dir Schwierigkeiten gemacht habe“, entschuldigte er sich ehrlich. Für so einen ranghohen, wichtigen und berühmten Menschen, war er ziemlich bescheiden.

„Mach dir keinen Kopf. Inuyasha ist einfach viel zu besitzergreifend.“

„Er will dich nur beschützen“, korrigierte er sie.

„Aber das nimmt er manchmal etwas zu ernst“, seufzte Anjaani. „Und leider kann ich ihm nicht böse sein.

„Weil du ihn liebst.“

„Was? Ist das so offensichtlich?“

„Nein“, gestand Aryan. „Aber ich merke, wie sanft deine Energie wird, wenn du ihn ansiehst.“

Überrascht trat sie einen Schritt von ihm zurück.

„Ich bin feinfühlig“, erklärte er.

„So feinfühlig, dass du mir meinen Namen ansiehst...“

„Das ist eine ausgeprägte Menschenkenntnis. Die ist sehr nützlich in meinem Beruf. Weiß Inuyasha, was Saajan bedeutet?“

„Saajan?“

„So nennst du ihn.“

„Nein.“ Traurig schüttelte sie den Kopf. „Er weiß so einiges nicht.“

„Deinen Namen wohl auch nicht, wie ich aus seinem Verhalten schließen konnte.“

„Es ist nur, dass er sich nun ausgeschlossen fühlt...“

„Und vermutlich hat er Angst, du könntest ihm weggenommen werden. Du solltest ihn finden und dich mit ihm aussprechen. Ich würde dir ja gerne helfen, ihn zu suchen, aber ich bin überzeugt, dass das keine so gute Idee wäre.“

Anjaani musste lachen. Sie konnte sich ganz genau vorstellen, wie Inuyasha reagieren würde, wenn sie mit Aryan auftauchen würde. Das wollte sie sich ersparen. Jetzt war es wichtig, ihren aufbrausenden Halbdämon zu beruhigen. Zum Glück wusste sie, wo er sich befand. Er hatte da seinen Lieblingsbaum am Teich im Park. Genau dort saß er auch, in dem Baum, in dem sie zusammen von einer Zukunft geträumt hatten mit Baumhaus und selbst geschnitzter Holzwanne.

„Was willst du hier?“, ertönte seine Stimme aus dem grünen Geäst und riss sie aus ihren Gedanken. „Hast du Angst, dass ich nicht mehr zurückkommen werde? Da kann ich dich beruhigen.“

„Kommst du runter, oder muss ich zu dir rauf?“ Doch sie wartete seine Antwort gar nicht erst ab, sondern hangelte sich geschickt zu ihm hinauf. Sie verbot sich, auf seinen nackten Oberkörper zu starren. Jetzt, da Aryans Augen sie nicht von Desideros Anblick ablenken konnten. „Ich wusste, dass du zurückkommen würdest. Aber ich wollte dir hinterher.“

Als er nicht reagierte, ganz so, als wäre sie nicht da, setzte sie sich hin und betrachtete die grüne Pracht um sich herum und das Glitzern der Sonnenstrahlen, die vereinzelt durch das Blätterdach drangen. Der Wind rauschte singend in der Baumkrone. „Ich liebe Bäume“, seufzte sie. „Ihre Atmosphäre ist so entspannend. Gibt es denn was schöneres als die Natur?“

Mit dem Rücken gegen den Baumstamm gelehnt, hörte er ihr zu. „Was ist deine Lieblingsfarbe?“, fragte er dann.

„Du erwartest jetzt, dass ich Grün sage, oder? Grün wie ein Smaragd... oder Aryans Augen.“

Inuyashas unglaublichen, brennenden Augen öffneten sich, aber er schwieg.

„Meine Lieblingsfarbe ist Gelb oder Gold. Gelb wie die Sonne, golden wie deine Augen, Saajan. Denn nichts liebe ich so sehr wie die Sonne.“ Und die Sonne war eine Metapher für Inuyasha. So wie die Sonne die größte Sehnsucht der Morgenröte war, so war Inuyasha Anjaanis Sehnsucht.

Stumm starrten sie sich an, bis sie plötzlich sagte: „Anjaani.“

„Was?“

„Anjaani“, sagte sie wieder. „Du sollst wissen, warum ich meinen Namen so hasse. Mein richtiger Vorname lautet Aurora-Luna, aber ich war nie so genannt worden. Deswegen habe ich ihn auch fast vergessen. Alle nannten mich immer nur Anjaani oder Aani. Anjaani bedeutet fremd oder unbekannt. Wortwörtlich die Fremde.“

„Fremd. Unbekannt“, wiederholte er laut. Sie schwieg, bis er begriff was dies bedeutete.

„Warum geben dir deine Eltern solch einen Namen?“, wurde ihm endlich klar.

Anjaani holte tief Luft. „Weil meine Eltern mich hassen.“

Sein Gesicht wurde ernst, doch er sagte nichts.

„Ich habe schon immer gewusst, dass meine Mutter mich hasste. Anjaani war nie wirklich mein Name. Es war eine Bezeichnung. Für meine Mutter war ich immer nur „die Fremde“. Sie nannte mich nie anders, es hat sich verfestigt. Sie ließ keine Gelegenheit aus, mir zu zeigen, dass ich unerwünscht war. Mein Vater hatte mich einst geliebt. Er nannte mich immer Aurora oder Luna, manchmal auch als Doppelnamen. Aurora bedeutet Morgenröte und Luna ist der Mond. Ich wünschte, das wäre mein Name geblieben. Aber ich vergaß ihn mit der Zeit. Ich wurde zu Anjaani, zur Fremden. Mein Vater hatte mich geliebt, bis er erfuhr, dass ich nicht sein leibliches Kind bin. Ich bin das Ergebnis einer Liebesnacht mit einem fremden Mann. Diese Affäre bereut meine Mutter bitter. Um ihr Gewissen zu erleichtern, gibt sie mir die Schuld.“

„Was kannst du denn dafür?“ Inuyasha war ehrlich entsetzt.

„Sie erträgt die Schande nicht, untreu gewesen zu sein. Es macht es ihr leichter, die Schuld in mir zu finden. Und als Sündenbock hasst sie mich. Ich war nie ihr Kind. Ich war wirklich eine Fremde.“

„Woher weißt du das denn?“, wagte Inuyasha zu fragen, da sie ruhig und sachlich sprach. „Hat sie es dir gesagt?“

„Nein. Ich habe meine Eltern bei einem Streit belauscht. Mein Vater war wütend auf meine Mutter, wegen der Art, wie sie mich behandelte. Und dabei hatte sie ihm das gebeichtet. Ich war sieben Jahre alt. Mein Vater hatte die Wahl, meine Mutter hassen, sie zu verlassen und damit die Familie zu zerstören, oder seine Wut an mir auszulassen.

Damit hatte ich die einzige Person verloren, die mich geliebt hatte. Meine zwei älteren Brüder mochten mich auch nicht, weil meine Mutter sie immer gegen mich aufhetzte. Ich hatte keine Familie mehr. Ich war eine Fremde und genau das sagt mein Name. Dein Name sagt, wer du bist. Und ich bin eine Fremde, ein Niemand. Unwichtig und ungeliebt. Von Aurora-Luna wurde ich zu einem Nichts. Mein Name ist mein Stempel, mein Fluch, der auf mir lastet, den ich nicht abwaschen kann. Aus diesem Grund hasse ich meinen Namen.“

„Aber ich mag deinen Namen“, protestierte er. „Er klingt schön.“

„Danke, Saajan.“ Ihr herzliches Lächeln ließ ihn erröten. „Dein Name sagt auch, wer du bist. Stark, unbesiegbar. Deine Mutter muss dich sehr geliebt haben.“

„Ich erinnere mich nicht an meine Mutter, aber ich weiß, dass sie mich geliebt hat. Ich kann mir nicht vorstellen, wie eine Mutter ihr Kind hassen kann? Wie kann man dem Kind nur solche furchtbaren Gefühle zeigen?!“ Für Inuyasha war es unfassbar. Wie konnte man Anjaani nicht lieben?!

„Indem sie ihrem Kind so einen kränkenden Namen gibt. Meine hat mich gehasst. Sie hat mich wirklich wortwörtlich wie eine Fremde behandelt. Sie ignorierte mich auch und beachtete mich nicht. Oft vergaß sie mich oder verschwand und ließ mich allein. Aber ich fand immer den Heimweg.“

Entsetzt weiteten sich seine Augen. „Sie hat dich ausgesetzt?!“

„Sozusagen. Oft ließ sie mich irgendwo zurück, beim Einkaufen, oder im Vergnügungspark. Einmal hat sie mich wirklich im Wald allein gelassen. Dort am Fluss, wo wir gepicknickt haben. Ich fand nach Hause und habe Ärger gekriegt, weil ich angeblich einfach verschwunden war. Dabei hat sie mich allein gelassen. Die Tatsache, dass meine Familie mich nicht liebt, spiegelt sich in meinem Namen wieder.“

Inuyasha war fassungslos, ihm fehlten die Worte. Ihr Leben war tatsächlich nie schön gewesen... Sie war nie glücklich gewesen...

„Haben sie dich nur ignoriert... oder...“ Er traute sich nicht auszureden, aber das übernahm sie für ihn. „Ob sie gewalttätig wurden? Ab und zu. Am häufigsten wurde ich den dunklen Keller eingesperrt. Ich hatte dort keine Lichtquelle, es war pure Finsternis. Manchmal spüre ich die Ratten und Spinnen immer noch über meine Haut laufen, deswegen hasse ich die Dunkelheit. Weil die Erinnerungen im Keller dann zurückkommen. Das war schlimmer als alle Schläge und Tritte. In Momenten, wo sie mich nicht ignorieren oder einfach einsperren konnten, waren sie grob. Ich bekam für alles die Schuld, wurde geschubst, gestoßen und geschlagen. Oft hatte ich gebrochene Finger oder angeknackste Rippen.“

„Wofür?“, hauchte er fassungslos.

„Wegen Belanglosigkeiten. Meine Mutter hasste es, mich morgens als erste zu Gesicht zu bekommen. Das vermieste ihr immer den Tag. Allein dafür, dass mein Gesicht als erstes in ihr Blickfeld kam, musste ich Ohrfeigen einstecken. Sie schlug mit voller Kraft zu, mein Vater rührte mich nie an. Seine Schläge hätte ich vielleicht nicht überlebt.“

Das schiere Entsetzen in Inuyashas Bernsteinaugen ließ sie ironischerweise lächeln. „Aber sie hat mich nie bis zur Besinnungslosigkeit geschlagen und auch nie auf meinen Kopf gezielt. Wenigstens habe ich dadurch gelernt, meine Energie einzusetzen, um meine Wunden zu heilen. All die toten, energieberaubten Ratten...“

„Und das soll ein Trost sein?“ Er schrie vor Wut. „Das entschuldigt nichts! Und ich dachte, dieser Verräter sei ein Monster.“

„Nein, er liebte mich, wenn auch auf eine egoistische Weise. Du kannst es dir vielleicht nicht vorstellen, aber im Gegensatz zu meiner Familie hat er mich geliebt. Er hatte mich von meiner Familie befreit. Raj hat seine Fehler, aber er hat mich nie Anjaani genannt.“

„Zumindest das!“

„Verstehst du jetzt, warum du mir so viel bedeutest?“

Seine Augen wurden kugelrund vor Verwunderung.

„Begreifst du jetzt, warum du mir der wichtigste Mensch im Leben bist? Ahnst du endlich, was es für mich bedeutet, dass du mich brauchst? Du bist wirklich der allererste, der mich braucht. Du bist wirklich der erste, der mich wertvoll macht!“

„Jetzt wird mir das Ganze so richtig klar“, hauchte er. Es war keine hübsche Redensart von ihr oder eine liebevolle Übertreibung. Jetzt wurde ihm das Ausmaß der Wahrheit ihrer Worte bewusst. Er konnte sich gar nicht vorstellen, wie wertvoll er für sie sein musste. Gab er ihr wirklich so ein schönes Gefühl?

„Wie kommst du drauf, dass Aryan mir wichtiger sein könnte als du?“, unterbrach sie seine Gedanken sanft. „Wie kommst du drauf, dass er mir mehr bedeuten könnte als du? Wie kommst du drauf, dass er besser ist als du? Du hast mich wertvoll gemacht, nur du. Ist dir denn nicht aufgefallen, dass du der einzige bist, der mich Anjaani nennen darf?“

„Ich...“ Er wich ihrem glitzernden Blick aus. „Was soll ich denn ohne dich?“, fragte er leise.

Sie richtete sich auf, ohne zu wanken. „Saajan, du musst nicht ohne mich, denn er könnte mich dir niemals wegnehmen. Ich werde bei dir bleiben, ich verlasse dich nicht. An dich kommt keiner heran.“

Er sah zu ihr hoch und liebevoll lächelnd, trat sie einige Schritte auf ihn zu.

„Seine Augen können aussehen, wie sie wollen, er kann mir so viele Handküsse geben, wie er will, aber er wird nie an dich heranrei-!“

„Anjaani!!!“

Ein Schritt ging daneben und sie fiel. Er griff nach ihr, verfehlte sie und konnte nicht verhindern, dass sie in die Tiefe stürzte.

Anjaani konnte nur noch die Augen zukneifen und auf den Aufprall warten. Doch sie landete in starken Armen. „Oh danke, Saajan!“

Doch Inuyashas Augen waren nicht grün.

„Anjaani!“ Inuyasha keuchte erschrocken. „Ist dir was passiert?“

Als sie nickte, blaffte er Aryan an: „Nimm deine Pfoten von ihr!“

„Inuyasha!“ Anjaani, die von Aryan sanft abgesetzt wurde, richtete sich zu ihrer vollen Größe auf und blies empört die Backen auf. „Aryan hat mir gerade das Leben gerettet! Vielen, vielen Dank dafür!“ Ihr Retter erntete ein liebliches Lächeln und erwiderte es glücklich. „Ich habe zu danken, Aurora. Sorglos hab ich den Himmel betrachtet und plötzlich fiel ein Engel direkt in meine Arme.“

„Du kamst genau im richtigen Moment.“

„Von dem Geschleime wird mir übel! Und du hättest vorsichtiger sein können!“, motzte Inuyasha. „Ich kann dich keinen Moment alleine lassen.“

„So wie ich das gesehen habe, warst du ja bei ihr“, bemerkte Aryan trocken. Er wirkte plötzlich größer und gefährlicher in seiner schwarzen DSE-Uniform. Wie ein Agent auf einer riskanten Mission sah er aus.

Inuyashas Augen wurden zu schmalen Schlitzen und seine Gesicht lief Rot an vor Wut, als er sich direkt vor Aryan aufbaute. Sie hatten exakt dieselbe Größe. Aryan sah ihn ungerührt an, zuckte mit keiner Wimper. Er hielt dem Dämon stand, war der erste, der sich nicht einschüchtern ließ. Und das steigerte Inuyashas Zorn.

Inuyasha bebte unter Anjaanis beschwichtigenden Fingern. Ein Blick aus ihren schokobraunen Augen, die im Sonnenlicht einen goldigen Metallglanz hatten, sagte Aryan mehr als genug und mit einem Kopfnicken verabschiedete er sich. Er, der praktisch immer im Dienst war, musste sich nun in der Stadt umsehen, um sich zurecht zu finden. Sein Job war es nun, immer überall zu sein. Und wie Anjaanis Rettung bewies, tat er das gut.

Mit vorwurfsvoll gerunzelten Augenbrauen drehte sie sich zu Inuyasha um, der unschuldig den Himmel musterte. „Zufrieden?“

„Und wie, danke!“ Sein strahlendes Lächeln löste mit einem Schlag ihren ganzen Verstand aus. Nie hatte sie etwas Schöneres gesehen, als dieses glückliche Gesicht. Und sie konnte ihm nicht mehr böse sein.

„Hör auf, hier halbnackt rumzurennen und hör auf ihn so zu hassen“, bat sie.

„Wen?“

„Inuyasha!“

„Was?“

„Du kennst General Suraj nicht. Er ist der netteste und heldenhafteste Mensch der Welt. Aber er ist nicht du. Du musst dich nicht so fürchten, mich zu verlieren.“

„Darum geht es doch gar nicht! Und überhaupt, ich habe keine Angst! Ich bin ein Dämon, ich kenne keine Angst! Warum lachst du????“

„Weil du süß bist, Saajan.“

„Ich bin nicht-“

„Was machen wir heute? Ich habe heute frei.“

„Kannst du aufhören ständig das Thema zu wechseln? Ich bin hier gerade am streiten.“

„Ok“, lächelte sie. „Mach weiter.“

Seine Augen weiteten sich kurz überrascht, dann blies er wütend die Backen auf. Anjaani wartete. „Du hast mich jetzt aus dem Konzept gebracht! Menno!“

„Weißt du, wie süß du bist?“ Ihr Lächeln, dass sogar noch strahlender war, als das, was sie Aryan zugeworfen hatte, ließ sein Gesicht brennen.

„Niemand ist süßer als du“, kicherte sie.

„Ich bin aber ein Dämon...“ Sein Protest fiel aufgrund ihres umwerfenden Strahlens, ziemlich mickrig aus.

„Aber kein Aryan der Welt sieht besser aus als du. Er hat nicht deine Öhrchen.“

Inuyasha fand seine Sprache wieder, die er für einen Moment verloren hatte. „Du definierst mich nur über meine Ohren?!“

„Ohne wärst du nicht so putzig.“

„PUTZIG???!!!“

„Schau, ein Waffelstand!“ Sie überhörte sein schrilles Geschrei.

Mit einem Schlag war die Stimmung entspannt. Ein süßlicher, köstlicher Geruch verführte all seine Sinne.

„Hier.“ Sie reichte ihm einige Geldscheine. „Geh hin, ich bin mal schnell in der Apotheke.“

Kurz drauf kaute Inuyasha so selig an seiner Waffel, dass er ihren finsteren Blick nicht bemerkte. Das unprofessionelle Verhalten des Apothekers hatte sie aufgeregt. Sein Blick war vorwurfsvoll gewesen, als er ihr den Schwangerschaftstest gereicht hatte und dabei keinen Ehering an ihrer Hand entdeckt hatte. Zum Glück hatte er nichts gesagt.

„Schmeckt's?“ Der Hundedämon nickte nur heftig.

„Wo ist denn meine Waffel?“

„Wu waffscht wit wewaft, waff wu wane wimm!“

„Inuyasha. Schluck, bevor du sprichst!“

„Du hast nicht gesagt, dass du eine willst!“

Sie kniff kurz die Augen zusammen, um nicht in Raserei zu verfallen, schlecht gelaunt war sie sowieso schon. „Wenn ich zum Waffelstand gegangen wäre, hätte ich dir auch eine gekauft?“

„Natürlich, das ist doch selbstverständlich.“

Anjaanis Mund klappte empört auf und knurrend stampfte sie davon.

„Was hab ich denn jetzt gemacht?“ Irritiert stolperte er hinter ihr her.

Der Zipfel ihres hellblauen Saris klatschte ihm ins Gesicht, als sie damit nach ihm schlug ohne stehenzubleiben.

„Es ist für dich selbstverständlich, dass ich sowas tue, aber ein Unding, wenn du mal an mich denkst! Wieso hast du mir keine gekauft? Ich bin dir völlig egal!“

Inuyasha war völlig irritiert. Wieso war sie denn beleidigt? Sie wollte es ihm nicht sagen, trottete beleidigt Richtung Heim, bog aber zum Supermarkt ab. Als sie hinauskam, mit zwei vollen Einkaufstüten, tat sie, als würde es ihn nicht geben. Langsam riss ihm die Geduld.

„Es tut mir leid, dass ich nicht an dich gedacht habe“, murrte er. „Da vorne ist noch ein Waffelstand. Ich habe noch etwas Geld übrig, ich kauf dir eine Waffel.“

„Darum geht es nicht. Außerdem ist das mein Geld!“, grollte sie, funkelte ihn böse an. „Du bist ein Egoist! Bleib stehen, ich will keine Waffel. Oh, da ist Aryan!“ Ihr Gesicht erhellte sich plötzlich, als sie den neuen Nachbarn am Waffelstand erkannte. Freudig lief sie auf ihn zu.

„Und wieder sehe ich dich, Aurora. Heute scheint mein Glückstag zu sein“, lächelte Aryan, nahm ihr die vollen Tüten ab, ehe sie es verhindern konnte.

„Ich habe mich gar nicht für die Rettung bedankt.“

„Das musst du auch nicht. Das ist mein Beruf und eine Ehre.“

„Hörst du, das musst du auch nicht“, wiederholte Desidero patzig. „Und jetzt lass uns gehen.“

„Du kannst gehen und dir endlich ein Hemd anziehen“, knurrte sie und riss überrascht die Augen auf, als ihr Aryan eine knusprige, dampfende Waffel hinhielt. „Für mich?“, fragte sie zaghaft.

„Aber natürlich. Möchtest du auch eine, Inuyasha?“

Statt einer Antwort erntete Aryan einen vernichtenden Dämonenblick.

„Siehst du, er weiß, was Anstand bedeutet!“, schimpfte Anjaani, nahm Aryan die Einkäufe ab und drückte die Inuyasha in die Hände.

„Mach jetzt nicht so ein Theater drum. Was ist so schlimm dran?“

„Was hat er denn angestellt?“

„Geht dich nichts an!“

„Inuyasha war vor einer Stunde an einem anderen Waffelstand...“

Aryan durchschaute die Lage sofort. „Und er hat nur sich eine Waffel gekauft?“

„Ihr tut alle so, als wäre das ein furchtbares Verbrechen!“

„Nein das ist es nicht. Es geht ums Prinzip“, entgegneten Anjaani und Aryan wie aus einem Munde. Zuerst sahen sie sich überrascht an, dann lachten sie. Inuyasha war nicht nach Lachen zumute. Es machte ihn wütend, dass er angeprangert wurde und Anjaani gegen ihn war. Dieses Theater wollte er sich nicht länger antun. Knurrend wandte der Hanyou sich ab und stampfte davon. Anjaani ließ ihn ziehen und knabberte an ihrer Waffel.

„Willst du ihm denn nicht hinterher?“, fragte Aryan sanft.

„Sollte ich etwa?“

„Nein, aber ich würde dich davon nicht abhalten.“

Ihr strahlendes Lächeln ließ ihn erröten. Anjaani mochte ihn und was seltsam war, sie fühlte sich wohl in seiner Nähe, obwohl er Raj ähnlich sah. Er sah sie nicht als Sexobjekt, wie so viele andere. Und er verstand sie. Anjaani und Aryan verbrachten den ganzen Mittag zusammen. Die Zeit flog nur so dahin. Es war schon fast Magie, wie gut sie zusammenpassten. Fröhlich plaudernd saßen sie sich gegenüber im Gras. Es stellte sich heraus, dass sie dieselben Ansichten und Einstellungen hatten. Sie waren wie Seelenverwandte.

Aryan war wie der große Bruder, den sie sich immer gewünscht hatte. Noch nie hatte sie so gut mit jemanden reden können. Sie dachte es und er sprach es aus. „Ich habe noch nie so gut mit jemanden reden können“, sagte er.

Anjaani musste lachen. „So geht es mir auch.“

„Was ist denn mit deinen Freundinnen Häschen, Kätzchen und Mäuschen?“ Aryan vergaß nichts so schnell.

„Die sind...“ Anjaani zögerte. „In manchen Dingen sind die mit etwas zu... naja offen.“

„In Liebesdingen?“ Aryan hatte es sofort erraten.

„Wenn es dabei wenigstens um Liebe gehen würde“, meinte sie errötend. „Die Drei sind so offenherzig und ich...“

„Du hasst sowas, das sehe ich.“

„Woran?“

„Du hast eine völlig unschuldige Ausstrahlung.“

„Aber...“ Anjaani erzählte ihm, dass sie sich nach Inuyashas Nähe sehnte.

„Verwechsel Liebe und Begierde nicht, Aurora“, riet Aryan. „Du liebst Inuyasha. Da ist es natürlich, dass du gewisse Sehnsüchte hast. Liebe und Lust gehen Hand in Hand. Es ist etwas anderes, wenn es nur um Lust geht. Lust ohne Liebe ist nicht verwerflich, aber ich kann es nicht nachvollziehen.“

„Warum hast du keine Freundin?“, wunderte sie sich. Das war momentan das größte Thema der indischen Klatschpresse und diese Frage brannte Anjaani unentwegt auf der Zunge.

„Warum wundert dich das?“ Die goldenen Sprenkel in den grünen Augen glitzerten lustig.

„Na, weil du umwerfend bist“, sagte sie ehrlich heraus. „Du hast einen wundervollen Charakter und dein Aussehen- .“

„Ich sehe Inuyasha ähnlich, nicht wahr?“

„Ein wenig“, gestand sie. „Aber Inuyasha sieht haargenau so aus wie Rajesh, mein ehemaliger Verlobter. Seit ihm hatte ich die Nase voll von Indern.“

„Und ich hatte mein Leben lang keine Zeit, eine Frau kennen zu lernen, um mich zu verlieben. Alle Frauen sehen in mir meinen Rang und meine Abzeichen. Mehr als mein Aussehen und meine Leistungen interessieren sie nicht.“

„Lass mich raten. Sie sehen einen jungen Krieger, die Muskeln und die grünen Augen. Niemand interessierte sich für dich.“

Aryans Lächeln war so warm wie das Sonnenlicht auf ihrer Haut. „Glaubst du, ich kämpfe in Schlachten, gewinne Kriege und lege mich mit Dämonen an, um Frauen zu beeindrucken? Ich fühle mich den Menschen verpflichtet, doch niemand will das wissen. Für Inderinnen bin ich nur eine schöne, starke Puppe. Deswegen wollte ich fort aus Indien.“

„Und in der Ferne läuft dir als erstes eine Inderin über den Weg“, lachte Anjaani.

„Nein. Nur die bemerkenswerteste Frau der Welt. Ich fühle mich wohl bei dir. Du schaust mich an und siehst mich. Dafür danke ich dir. Ich hätte dich gerne als Freundin.“

„Sind wir denn nicht schon Freunde?“

„Ja, aber ich wollte es von dir hören.“

„Kommst du heute zu uns zum Abendessen?“

„Wenn dir das keinen Ärger mit Inuyasha einhandelt.“

Anjaani lachte. „Keine Sorge. Du solltest dir mehr Gedanken um Yami, als um Inuyasha machen. Yami ist dein größter Fan. Sie hatte für dich geschwärmt, bevor sie wusste, wie du aussiehst. Du wirst sie mögen.“

„Na, dann komme ich gerne“, zwinkerte er.

„Hast du eine Generalsuniform?“

„Natürlich.“

„Zieh die bloß nie an, wenn die Drillinge in der Nähe sind“, riet ihm Anjaani. „Und die DSE- Kampf- Uniform auch nicht. Sonst werde ich sie nicht von dir fernhalten können.“

„Ich werde es mir merken. Ich freue mich drauf.“

Oh, darauf freute sie sich! Doch Inuyasha wäre wirklich ein Problem. Er schmollte, als sie zurück in die Wohnung kam. Da er so rücksichtsvoll gewesen war, die Einkäufe einzuräumen, mixte sie ihm seinen geliebten Erdbeermilchshake, bevor sie ihm die Nachricht vom Abendessen zu Dritt verkündete.

„Was soll denn dieser Unsinn?“, brüllte er trotz des Beruhigungsdrinks.

„Weil es meine Wohnung ist und ich einladen darf, wen ich will.“ Darauf wusste er keine Antwort.

„Außerdem sollte ich mich bei ihm bedanken. Er hat etwas für mich getan, also will ich auch etwas für ihn tun.“

„Und ich? Was tust du für mich?“

Anjaanis Lächeln wurde eine Spur zu sanft. „Was hättest du denn gerne, Inuyasha?“ In ihrer lieblichen Stimme lauerte ein gefährlicher Unterton. „Was soll ich dir denn geben? Soll ich dir ein Dach über den Kopf geben, Kleidung und täglich warmes Essen? Und zwar kostenlos. Willst du mehr? Sag Inuyasha, was soll ich dir zum Dank geben? Meinen Körper? Den hast du ebenfalls bekommen. Nenne mir, was ich dir noch nicht gegeben habe und du bekommst es.“

Entsetzt sah er sie an, doch sie lächelte friedlich. „Also rede nicht so einen Unsinn, sonst werde ich Miete von dir verlangen. Was soll ich zum Abendessen kochen?“

Als plötzlich das Telefon klingelte, wurde ihre Stimme scharf. „Das sind die Drillinge, versuche, sie abzuwimmeln!“

„Was ist?“, meldete sich Inuyasha. „Nein, wir haben keine Zeit. Der neue Nachbar kommt zum Essen.“

Anjaani seufzte genervt. Das war´s dann mit dem Abwimmeln. Eigentlich hatte sie es kommen sehen. Jetzt konnte sie Yami nicht mehr auf den Schock ihres Lebens vorbereiten.

„Keine Ahnung... weiß ich nicht... nein, er ist hässlich! Ich bin nicht nackt draußen rumgelaufen! Wenn es im Fernsehen kam, dann hast du doch gesehen, dass ich eine Hose an hatte! Nein, das zählt nicht! Nein! Nein! Spinnst du?!“ Wutschnaubend hatte er den Hörer auf die Gabelnd geknallt.

„Und?“, fragte Anjaani, als er aufgelegt hatte.

„Sie verstehen nicht, warum wir keine Zeit für sie haben, wenn der Typ hässlich ist.“

„Das heißt, sie kommen“, stöhnte sie.

„Ich weiß, dass das schlimm ist, aber warum stört es dich?

„Weil ich verhindern wollte, dass sie sich sofort auf Aryan stürzen. Besonders Yami wird ihm nicht widerstehen können. Sie würde für ihn sterben. Ich wollte sie langsam auf Aryan vorbereiten. Die Drei werden ihn sich krallen und... oh, der arme Aryan! Warum grinst du so?“

„Tu ich nicht. Brauchst du Hilfe beim Kochen?“

Wenn er ihr nicht öfters helfen würde, wäre sie jetzt verwundert. Aber er liebte es, ihr das Gemüse mit seinen Krallen zu zerkleinern. Im Zerhacken und Zerkleinern war er der Beste.

„Ist das dein Karottencurry?“, fragte er, als das Essen fast fertig war.

„Du erinnerst dich daran?“ Anjaani war gerührt.

„Das war das erste, was du mir gekocht hast.“

„Du weißt gar nicht, wie süß du manchmal bist.“

„Süß?!“ Die Türklingel unterbrach sein aufwallendes Geschrei.

„Das sind die Drillinge“, meinte Anjaani.

„Die kommen aber nie so früh.“

„Glaub mir, sie wollen Aryan unbedingt sehen.“

Und sie waren es tatsächlich. „Hallo, Nackedei“, grüßte Yoko.

„Nackedei?“, wunderte sich Inuyasha.

„Die Nachrichten zeigen dich schon den ganzen Tag, wie du halbnackt draußen rumrennst. Willst wohl deinen Konkurrenten ausstechen. Wo ist er denn?“

„Keine Ahnung, wen du meinst“, sagte Inuyasha.

„Keine Sorge, den vergraulen wir schon. Der wird hier nie wieder auftauchen.“

„Na wenigstens zu etwas sind die gut“, dachte Inuyasha zufrieden.

Doch er wurde bitter enttäuscht. Aryan kam, mit vier kleinen Blumensträußen, als Gastgeschenke, ganz so, als wüsste er, dass die Drillinge ebenfalls da wären.

Und kaum war er da, waren die Drillinge hin und weg. Sie waren plötzlich lieblich und freundlich. Sobald Aryan seine grünen Augen auf sie richtete, erröteten sie. Dass er ein General bei der Armee war, wussten sie genauso wie Anjaani zuvor und es faszinierte sie nicht minder. Was war nur so besonders daran? Besonders Yami schien von ihm angetan. Angetan? Sie war hin und weg!

Nachdem man sie überzeugen konnte, dass wirklich Aryan Suraj vor ihr stand, war sie der Liebreiz in Person. So glücklich hatte er den jüngsten Drilling noch nie erlebt. Sie wirkte schon fast süß. Und was noch seltsamer war, keine der Drillinge sprach Hindi, obwohl Aryan Inder war. Doch die Krönung war, dass keine mit ihm ernsthaft flirtete. Keine Berührungen, keine Avancen, keine eindeutigen Aufforderungen... nichts. Naja, Yoko und Yuki hielten sich jedenfalls zurück. Was war nur los? Selbst Anjaani hatte prophezeit, dass sich alle drei auf ihn stürzen würden. Dabei war es nur Yami.

„Ihr seid euch so ähnlich, du und Aani“, bemerkte Yuki im Laufe des Abends.

„Ja“, nickte Yami. „Obwohl ich dich so gerne für mich hätte, du bist netter als Inuyasha.“

„Du hast nicht verdient, dass ich nett zu dir bin“, knurrte Inuyasha.

„Sag mal, Aryan, du bist nicht verliebt, oder? Wie wäre es mit mir? Ich verehre dich schon lange und möchte deine Prinzessin sein. Vielleicht verliebst du dich ja auch in mich.“

„Yami!“ Anjaani schlug sich entsetzt die Hände vors Gesicht.

„Was ist? Ich bin total nervös und rede Unsinn und du weißt genau, wie ich für ihn schwärme. Aber ich habe bisher nie bemerkt, dass er Inuyasha ähnlich sieht!“

„Findest du?“, fragte Yoko. „Als ich ihn gesehen haben, habe ich ihn mit Raj und nicht mit Inuyasha verglichen. Seltsam, im Fernsehen ist mir die Ähnlichkeit nie aufgefallen.“

„Hey!“, zischte Anjaani wütend. „Aryan ist nicht wie Raj! Und erst recht nicht wie Inuyasha.“

„Was soll das heißen?“, mischte der Hanyou sich ein. „Wieso sagst du das, als wäre ich schlimmer als dieser Verräter?“

„Weil du der Hahn im Korb warst. Doch jetzt hat dich Aryan ausgestochen“, erklärte ihm Yami. „Niemand ist besser als Aryan.“

„Keine Sorge, Inuyasha“, tröstete ihn Yuki. „Ich will dich immer noch.“

„Ich wähle Aryan“, lachte Yami, unterbrach Inuyashas aufbrodelnden Wutausbruch. „Was hältst du davon, Herr General?“

„Du ehrst mich, Prinzessin“, zwinkerte Aryan ehrlich. „Ich befürchte nur, deine Erwartungen nicht zu erfüllen. Ich habe nämlich keinerlei Erfahrung mit Frauen, besonders nicht mit so schönen.“

Noch nie in ihrem Leben hatte Anjaani die Freundinnen so erschüttert erlebt. Die Drei konnten es einfach nicht fassen. Mit offenem Mund starrten sie Aryan an. Sie hoffte, die Frage käme nicht, doch sie kam: „Du bist Jungfrau?!“

„Ich hatte nie Zeit“, entschuldigte er sich. Doch die Drillinge reagierten nicht, waren aus allen Wolken gefallen. „Habe ich was schlimmes gesagt?“, wandte er sich dann an Anjaani.

„Nein, tut uns leid“, entschuldigten sich die Drillinge. „Du bist so geil, wie kannst du da Jungfrau sein? So attraktive Menschen sind keine Jungfrauen!“

Aryan lachte amüsiert. „Und was ist mit Aurora, oder gilt das nur für Männer?“

„Och, Aani ist keine Jungfrau!“

Anjaani verschluckte sich an ihrem Bissen und ihre Augen weiteten sich entsetzt, als Aryans verwunderter Blick sie traf. Dann sah er Inuyasha an. „Was ist?“, murrte dieser.

„Nein, es war nicht Inuyasha“, belehrte Yuki ihn.

„Obwohl er in ihrem Bett schläft!“

„Yoko!“

„Ich bewache sie nur, du Irre!“

„Und da ist nie was passiert?“, neckte ihn Yami.

„Raj war es“, stillte Anjaani die Neugier des Inders.

„Dein Verlobter, dem ich ähnlich sehen soll? Vermutlich gegen deinen Willen.“

Sie nickte mit gesengtem Blick.

„Und als es mit Inuyasha passierte, war sie sternhagelvoll“, plapperte Yuki vergnügt.

„Yuki!“, schrien Inuyasha und Anjaani.

„Du tust so, als wäre es eine Sünde, Aurora“, schmunzelte Aryan zu ihrer Überraschung.

Und damit hatte er die Herzen der Drillinge gewonnen. Mit Ausnahme dieser Peinlichkeit verlief der Abend lustig und fröhlich. Sogar Inuyasha taute auf. Erst recht, als Anjaani Milchshakes machte. Er fühlte sich wohl in dieser Gruppe. Sogar die Nähe der Drillinge störte ihn nicht, solange sie sich nicht an ihn ran machten. Zum ersten Mal wurde ihm die unterhaltsame Seite der Schwestern bewusst. Er war sogar so gut drauf, dass er sich auf dieses seltsame Spiel „Twister“ einließ.

Yuki drehte den Pfeil, der entschied auf welches Farbfeld man Hand oder Fuß setzten musste. Und Yoko war der Schiedsrichter.

Schon bald waren sie kreuz und quer über die viel zu kleine Spielmatte verteilt, total verdreht und wankend. Yami war über ihn gebeugt und sein Kopf befand sich unter Anjaanis Bauch, deren Gelenkigkeit und hervorragender Gleichgewichtssinn ihr zugute kamen. Dieses Spiel sorgte für reichlich Gelächter, da Inuyasha anscheinend den schlechtesten Gleichgewichtssinn besaß und Aryan fehlerlos war, was ihn ziemlich aufregte. Dazu kam noch der nervige, grapschende Drilling.

„Hey, behalte deine Hände bei dir“, zischte er.

„Also bitte“, schnaubte Yami. „Als ob du mich interessierst, wenn Aryan da ist. Ich befummel ihn gerade.“

„Das kann ich bestätigen“, bemerkte Aryan schmunzelnd.

„Du lieber Himmel, du hast aber Bauchmuskeln“, hauchte sie.

„Hey, wer fasst dann mich an?!“

„Das bin ich, Inuyasha“, grinste Yuki.

„Hey, Finger weg! Du bist Schiedsrichter, roter Zwerg. Wieso sagst du nichts?“

„Ich hab nichts gesehen, Inuyasha“, lächelte Yoko scheinheilig.

„Das stimmt doch gar nicht! Ihr habt das Spiel doch nur mitgebracht, um -!“

„Inuyasha, wackle nicht so!“, rief Yami, heftig wankend.

„Ich wackle, wie viel ich will!“

„Saajan, hör aarghhh!“

Mit viel Gekreische krachte die Gruppe zusammen. Anjaani fiel auf Inuyasha und Aryan landete geschickt neben ihr, Yami dabei auffangend. So verlief der Abend lustig. Noch nie hatte Anjaani einen unbeschwerteren Abend in Gesellschaft verbracht. Irgendwann ließen sie den Musiksender laufen. Es war so eine ausgelassene Stimmung, dass Anjaani nicht stillsitzen konnte. Die Mädchen so ausgelassen tanzen zu sehen, Anjaanis Freude, ihre strahlenden Augen, entlockten ihm ein Lächeln. Doch es gefror, als sich Aryan von Yami zu ihr umwandte, um mit ihr zu tanzen. Die Hände in ihren, sie an sich ziehend, herumwirbelnd. Wie er sie leicht berührte, welche Freude er ihr entlockte. Und wie selbstverständlich sie seine Umarmung genoss.

Es war kein Vergleich zu ihrem Tanzen mit Zuma. Aber dieses hier war so vertraut und selbstverständlich, dass ihn die Wut brodelnd heiß packte. Da sie am nächsten Tag arbeiten musste, verabschiedete sich Aryan irgendwann und schleppte die Drillinge gleich mit raus, um sie nach Hause zu begleiten. Damit erfüllte sich für Yami ein weiterer Traum.

Die selbstverständliche Abschiedsumarmung zwischen Aryan und Anjaani, ließ Inuyasha erzittern und als ihre Lippen seine Wange berührten, wurde alles Rot vor Wut.

„War das nicht schön, Saajan“, lachte sie , schloss die Tür und wandte sich zu ihm um. Doch seine wütende Energie erschreckte sie. Seine Aura war hart und seine zu Fäusten geballten Hände zitterten. „Was hast du?“

Als er den Blick hob, sank ihr das Herz in die Hose. Seine Augen glühten blutrot.

„Du hast ihn geküsst!“

„Was?“

„Du hast ihn zum Abschied geküsst, ich habe es gesehen!“, rief er und schlich auf sie zu. Seine Stimme klang fremd. „Was empfindest du für ihn?“

Sein Zorn jagte ihr Angst und sie schreckte vor ihm zurück. Das war nicht ihr Inuyasha. „Nur Freundschaft, ich -“

„Lüge nicht!“ In seiner eifersüchtigen Raserei griff er nach ihr, packte fest ihr Kinn. Ihr Kopf prallte schmerzhaft gegen die Wand. „Ich habe es doch gesehen, diese Blicke, die Umarmungen und der Kuss!“

„Nur auf die Wange...“ Ihr Atem rasselte vor Angst, Funken tanzten vor ihren Augen. Seine Krallen bohrten sich in Haut. Und er drückte zu.

„Damit fängt doch alles an! Sag, wenn ich verschwinden soll!“

„W-was? Nein!“

„Soll ich gehen? Dich für immer in Ruhe lassen? Ich bin dir doch egal!“ Er ließ sie los und wandte sich um. „Ich verschwinde, du und dieser Schleimer könnt machen, was ihr wollt. Ich tue mir das nicht an!“

„Nein warte!“ Sie rannte zu ihm, doch er stürzte sich auf sie, warf sie zu Boden. Der Sari löste sich von ihrer Schulter, entblößte Bauch und Dekolletee.

„Lass mich lieber in Ruhe… sonst wirst du es bereuen! Solche Schönheit ist eine Qual… “ Sein Körper legte sich fest auf ihren, eine Hand würgte ihren Hals, die andere zerriss ihr Oberteil. Der BH sollte folgen...

„Inuyasha, ich bin schwanger!“ Es war raus, ohne, dass sie darüber nachgedacht hatte. Eine letzte, verzweifelte Tat.

Inuyashas Hände erstarrten, lösten sich von ihrem Körper. Sein Atem ging schwer von seinem Gebrüll, doch keine Spur von Zorn war mehr in seinen goldenen Augen zu sehen. Er war wieder normal.

„Was?!“, japste er nur, zog sie und sich auf die Beine, während sie sich mit dem Sari bedeckte.

„Ich habe vorhin einen Schwangerschaftstest gemacht. Du wirst Vater.“

Dass sie ihm offen in die Augen sah, bewies ihm, dass sie nicht log.

„W-wie kannst du schwanger sein?“, brachte er hervor. „Wirklich von mir?“

Seine Naivität machte sie wütend. „Von wem denn sonst?“, zischte sie böse. „Willst du mich mit dieser Frage beleidigen?“

„A-aber ich dachte, du kannst nicht...“

„Anscheinend doch. Ich glaube, wir müssen reden.“

Voll Reue zog er sie in seine Arme, sanft, behütend. Die rasende Wut hatte sich in reißende Schuld verwandelt. Inuyasha konnte selber nicht erklären, was in ihn gefahren war. Er hätte tatsächlich... Er traute sich nicht, den Gedanken zu ende zu führen. Jedenfalls nahm sie seine Entschuldigung für sein unverzeihliches Verhalten an. Hier in seinem Armen, seinem Herzschlag lauschend, hätte sie ihm alles verziehen. Doch sie ließ sich nicht auf Diskussionen über sein grobes Verhalten ein. Seine enorm zugenommene dämonische Aura war im Moment eher zweitrangig. Im Vordergrund war die nun bevorstehende Schwangerschaft. Es war offensichtlich, er würde sie nicht allein lassen. Nachdem dies geregelt war, schmiedeten sie Pläne für die Zukunft. Und Inuyasha wurde klar, dass sich alle Verbote und alle Bedenken in Luft aufgelöst hatten. Er würde Vater werden und damit hatte sich alles geändert. Er hatte die Verantwortung für Anjaani und ihr gemeinsames Kind. Er dürfte bei ihr bleiben...

Lange saßen sie auf dem Sofa und unterhielten sie sich darüber, was nun geschehen würde. Sie wurden nur kurz von einem vor Freude übersprudelnden Anruf von Yami unterbrochen, die himmelhochjauchzend davon berichtete, dass Aryan sie zum Abschied umarmt hatte.

„Stell dir vor, ein kleiner Inuyasha mit winzigen Zähnchen und winzigen Öhrchen...“

Inuyasha sah sie an, wie ihre Augen träumerisch wurden und sie von einen glücklichen Leben zu dritt schwärmte. „Wird es dann ein Vierteldämon?“, fragte sie plötzlich erschrocken und sah zu ihm hoch. Sie schmiegte sich immer noch in seinen Armen.

Mit verdutzter Miene zuckte er die Schultern. Doch dann entgleiste ihm das Gesicht. „Was? Was hast du, Saajan?“

Wie sollte er es sagen, ohne dass sie in schamvolle Hysterie verfiel? „Anjaani, das wird nichts mit den Ohren und Krallen.“ Erwartungsvoll schwieg sie. „Es war doch eine Neumondnacht. Ich war zu dem Zeitpunkt ein Mensch.“

Einfühlsamer konnte er wirklich nicht sein. Doch er sah keine Enttäuschung in ihrem Gesicht, was ihn ehrlich verwunderte. „Dann wird es halt ein vollblütiger Mensch, es könnte dir trotzdem ähnlich sein. Sobald es faucht weiß ich, dass es nach dir kommt!“ Wider Willen musste er lachen. „Und wenn der Hintern wackelt, kommt es nach dir.“

Gemeinsam stimmten sie in ein befreiendes Lachen ein. Inuyasha war atemberaubend, wenn er fröhlicher Stimmung war.

„Dann soll es lieber nach dir kommen“, gluckste Inuyasha.

„Warum?“

„Naja, was wäre dir lieber? Wenn das Ding in die Küche rennt, um Essen zuzubereiten, oder um es zu verschlingen?“

„Da muss ich ernsthaft überlegen. Sobald es die Drillinge anknurrt, wissen wir Bescheid.“

„Ja, dann werde ich stolz auf ihn sein. Dann muss ich seinen Verstand nicht anzweifeln.“

„Morgen rede ich mit Zuma.“

„Hä? Warum?“

Während sie es ihm erklärte, beschlichen sie Zweifel. Würde es ihre Karriere, die kaum begonnen hatte, komplett zerstören? Welche Veränderungen würde dieses Baby mit sich bringen?

Sie wusste es nicht, doch eines wusste sie: Inuyasha würde ihr zur Seite stehen. Diesen Gedanken hatte auch der Hanyou. Anjaani schlief friedlich als er spät in der Nacht von seiner ersten Dämonenjagd gemeinsam mit Aryan zurückkam.

Dieser verdammte General war ein genialer Stratege mit blitzschnell arbeitendem Verstand. Von seinen kämpferischen Fähigkeiten ganz zu schweigen! Aryan hatte ihn überrascht. Obwohl ihm Inuyashas dämonischen Fähigkeiten fehlten, war er ein unberechenbarer und gefährlicher Gegner. Inuyasha wollte es nicht zugeben, aber einen besseren Chef und Kameraden im Kampf konnte man nicht haben. Anjaani bewunderte Aryan zu recht, doch er war etwas ganz besonderes in ihren Augen. Vorsichtig legte er sich zu ihr ins Bett. Ein Gedanke leuchtete hell in seinem Bewusstsein auf: Er würde jetzt für immer bei ihr bleiben. Also war es ihm erlaubt, sie zu lieben.

Sanft strich er ihr eine Strähne aus dem Gesicht und eine Welle der Zärtlichkeit überkam ihn. Keine Zurückhaltung, kein Verstecken mehr. Jetzt konnte er seine Gefühle austesten und ausleben. Jetzt konnte er austesten, ob er sie liebte. Tief in seinem Herzen kannte er die richtige Antwort. Ehe er sich versah, hatte er sich vornübergebeugt und sein Gesicht an ihres geschmiegt. Es wäre so schön, sie lieben zu dürfen, sie genießen zu können, das fremde, vertraute Mädchen zu vergessen. Die Ketten der Reue an seinem Herzen zu brechen und frei lieben zu dürfen. Und plötzlich hatten seine Lippen ihre gefunden.



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