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Stumme Tränen

Darfst du mich denn lieben, Inuyasha?!
von

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Liebesgeständnisse

Anjaani war in gleißend helles Sonnenlicht getaucht, das warm auf ihrer Haut prickelte. Um sie herum fröhliches Vogelgezwitscher. Und vor ihr in diesem Zauber aus Licht und Grün stand Inuyasha, ihr Saajan, nur mit einer Jeans bekleidet.

„Warum sind wir im Wald?“, fragte sie ihn, gebannt von diesem muskulösen, göttergleichen Anblick.

„Wir sind hier, um dir deine Qualen zu nehmen“, antwortete er mit rauer Stimme und zog sie sanft in seine Arme. „Hier, am selben Ort, will ich dich mit meinen Berührungen die seinen vergessen lassen.“

Und ehe sie etwas erwidern konnte, lagen seine Lippen auf ihren. Schnell entfachte die Flamme des Kusses ein Inferno, das ihr brennend durch den Körper floss. Keuchend presste Inuyasha sie mit seinem Körper gegen einen Baumstamm, die Lippen wild, heiß begehrend auf ihren.

Im weichen Moos, im Zauber dieser grünen Welt, nahm er ihr alle Qualen und erfüllte sie, verschmolz mit ihr und führte sie zu den Sternen hinauf.

Keuchend riss sie die Augen auf, doch der Schmerz in ihrer Schulter vertrieb den Traum.

„Anjaani, geht es dir gut? Hattest du einen Alptraum?“

Sie sah in Inuyashas besorgte Augen.

„Mir geht es gut“, erwiderte sie und unterdrückte Scham und Enttäuschung in ihrer Stimme.

„Ich bin bei dir, dir kann nichts geschehen“, tröstete er sie sanft. Dass sie in seinen Armen lag, an seiner nackten Brust, half nicht gerade dabei, die heißen Traumbilder zu verdrängen oder das heiße Pochen zwischen ihren Schenkeln. Und die Morgensonne ließ seine Augen wie Edelsteine funkeln.

So wäre es mit Inuyasha gewesen, wenn sie mit ihm in den Wald gegangen wäre und nicht mit Inu-chan. Anjaani stöhnte gequält auf, Tränen traten ihr in die Augen. Sie war eine schamlose Person! Und das schlimmste war, dass die Lust stärker war, als die Scham. Das Verlangen ließ ihren Körper immer noch Zittern.

Inuyasha schrieb ihr Benehmen ihren Verletzungen zu. Er zischte leise, seine Muskeln unter ihrem Körper versteiften sich. Und seine Sorge, die sie plötzlich so deutlich spürte, vertrieb die quälenden, sinnlichen Gedanken. Was ihr auch gelegen kam, denn so, wie sie beieinander lagen, konnten wirklich nur seine Sorge und ihre schmerzenden Knochen sie daran hindern, über ihn herzufallen.

Seine seidige Haut unter ihren Fingern und ihrer Wange, die stahlharten Muskeln, sein Herzschlag, gepaart mit dem Heben und Senken seiner Brust beim Atmen. Dazu sein Atem, der ihr Gesicht streichelte, wann immer er den Kopf zu ihr drehte. Die schützenden Arme um ihren so schwachen, verwundeten Leib und die Wärme seiner Haut. Und nicht zu vergessen, das, was dem Ganzen die Krone aufsetzte: sein Duft! Dieser warme, rauchige, zuckersüße und so weiche Geruch. Sie konnte es nicht beschreiben, es war einfach nur der herrlichste Duft, den es gab. Nach Sonne und Wald und Männlichkeit und... ach, einfach nur ein Traum! Sie drückte die Nase an die Stelle, wo er am intensivsten duftete- seinen Hals- und sog seinen Geruch tief ein. Inuyasha versteifte sich und sein Puls wurde schneller.

„Was machst du da?“, flüsterte er so leise, dass sie es kaum hören konnte.

„Entschuldige“, murmelte sie. „Ich konnte nicht widerstehen, du duftest so gut.“

Er schnaubte nur abfällig. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung, wie gut sie duftete! Und wie viel Mühe es ihm bereitete, ihr zu widerstehen. Denn seine Nase war um einiges feiner als ihre. Er ließ sich nichts anmerken, doch seinen Herzschlag hatte er nicht unter Kontrolle.

Selbst ohne dieses deutliche Indiz, wusste sie, dass ihn ihre Nähe ebenso wenig kalt ließ. Er war unbeschreiblich gut darin, seine Gefühle- außer Wut- zu verdrängen. Doch er schaffte es, sein Verlangen zu verbergen, weil es etwas gab, das stärker war, als alle Begierde und das war sein Drang sie zu beschützen. Anjaani wusste nicht, dass es in Wirklichkeit Liebe war.

Doch als ihr unerwartet die Überzeugung kam, dass er ihr nur so Nahe kam aus Reue, weil er es war, der ihr wehgetan hatte, überkam sie Enttäuschung. Nie hätte er sie von selber so an sich gezogen. Er tat es nur ihr zu liebe, weil er wegen Inu-chan ein schlechtes Gewissen hatte.

Dass er jede Nacht danach brannte, sie so im Arm zu halten wie jetzt und diesen Moment genoss, wie nichts zuvor in seinem Leben, wusste sie nicht. So seufzte sie traurig und rückte von ihm weg, entwich seiner Wärme. Im Reflex umschlangen seine Arme sie erst fester, bevor er sie freigab. Inuyasha war, als wäre ein Teil seiner Selbst fortgerissen worden, als der sanfte Druck ihres weichen Körpers verschwand. Er hatte sich so vollkommen gefühlt.

„Ich habe Hunger“, murmelte sie und streckte ihre Glieder vorsichtig.

„Dir geht es ja gar nicht besser“, warf er ihr düster vor. „Ich dachte, du hättest etwas von meiner Energie genommen. Ich habe doch genug davon.“

„Entschuldige. Ich habe mich so wohl gefühlt, dass ich sofort eingeschlafen bin.“ Als sie auf ihren zerkratzten und blaugefleckten Beinen schwankte, stand er sofort neben ihr.

„Meine Güte, Saajan“, seufzte sie genervt. „Ich bin kein Krüppel. Raj hatte mich schwerer verletzt als Inu-chan. Inu-chan war vergleichsweise sogar zärtlich gewesen.“

Reißende Wut entstellte sein schönes Gesicht, brodelte wie ein Donnergrollen tief in seiner Brust.

„Raj war extrem stark für einen Menschen, vergleichbar mit Aryan-nii. Es hätte mich fast das Leben gekostet.“

Sie beantwortete den Gedanken, der ihm in den Augen stand: „Die Drillinge haben mir ihre Energie gegeben. Beziehungsweise ließen sie sich von mir aussaugen. Sonst hätte ich wahrscheinlich überall Narben.“

„Ich werde ihn umbringen“, war das einzig Verständliche, was Inuyasha zwischen den Zähnen hervor pressen konnte.

„Dazu wird es hoffentlich nie kommen müssen“, sagte sie. „Ich habe nicht vor, ihn jemals wieder zu sehen. Geh schnell ins Bad und zieh dich an, bevor Yuki und Yoko aufwachen.“

Das war eine wirklich gute Idee gewesen. Er war fertig, als Anjaani die Freundinnen sanft weckte. Zum Frühstück erschienen Aryan und Yami exakt auf die Sekunde genau. Ein Blick in Yamis Augen und Anjaani musste schmunzeln. Trotz Yamis Entsetzen und der Sorge um Anjaanis Gesundheit, sah sie die leichte Enttäuschung in ihren Augen. Yami nickte nur leicht, als sie sah, dass die Freundin sie durchschaute.

„Was ist passiert?“, hauchte sie ihr so leise zu, dass vielleicht nur Inuyasha es hören konnte, denn Aryan besaß ebenfalls ein überaus sensibles Gehör.

„Er ist weg, als ich eingeschlafen war.“ Mehr brauchte Yami nicht zu sagen, der Unmut über Aryans Verhalten war ihr auch so deutlich anzusehen. Anjaani nannte es Wohlerzogenheit, für Yami war es Ignoranz.

„Wie sauer ist sie auf mich?“, fragte Aryan seufzend, als er mit ihr allein im Badezimmer war, um sie zu heilen. „Sie will es nicht zugeben.“

„Sie sieht deine Ritterlichkeit als Abweisung“, meinte Anjaani. „In ihren Augen willst du sie nicht. Du vergisst, dass du es mit Yami zu tun hast, nicht mit mir.“

Er stöhnte auf. „Ich lag bei ihr, bis sie eingeschlafen ist. Ich begehre sie zu sehr. Das ist ja das Problem. Ich weiß nicht, wie ich es ihr begreiflich machen kann. Aber in ihrer Nähe verliere ich den Verstand...“

„Und damit auch die Kontrolle“, verstand ihn Anjaani. „Ich weiß. Nur für Yamis Geschmack bist du etwas zu beherrscht. Sie ist zwar die Jungfrau, aber sie ist nicht unschuldig. Für sie wirkt deine Disziplin wie Ablehnung.“

„Ich weiß, das will ich ja auch nicht. Mein Problem ist es, dass ich es kaum ausgehalten habe, nur neben ihr zu liegen. Sie selbst war einfach nur glücklich, dass es mir gut ging, dass sie nicht auf sündige Gedanken kam. Aber ich hatte sie. Wenn sie es drauf anlegen würde, wer weiß, was dann passiert... Sie bringt meine Selbstbeherrschung ins Wanken, Aurora. Ich habe Angst, die Kontrolle über mich zu verlieren.“

„Das liegt nur daran, dass du sonst Herr deiner Selbst bist und alles im Griff hast. Lass dich einfach mal gehen, Nii-san.“

„Das sagt sich so leicht.“

„Es wird schon nichts schlimmes passieren.“

„Dass gerade du das sagst...“

„Hey, du bist nicht wie Raj“, schimpfte sie. „Komm nicht auf so blöde Gedanken! Du kannst gar nicht grob und rücksichtslos sein! Es liegt dir nicht im Blut.“

Aryan schüttelte nur lächelnd den Kopf. Es würde sie erschrecken, wenn sie wüsste, wie grob er sein konnte. Aber Yami gegenüber oder Aurora? Niemals!

„Du hast Angst, was passiert, wenn du dich nicht beherrscht. Aber wenn Begierde und Liebe sich vereinen, kannst du ihr nicht weh tun. Du sehnst dich so nach ihr, glaubst du, Yami geht es anders?“

Aryan musste auf diese rhetorische Frage hin lachen.

„Siehst du? Yami kann dir nicht einmal in die Augen sehen, schon schwinden ihr die Sinne. Es stößt sie nur vor den Kopf, dass sie bei dir so machtlos ist, während du ihren Reizen nicht ausgeliefert zu sein scheinst.“

„Aber ich bin es“, gab er leise zu. „Ich bin ihr ausgeliefert. Schau.“ Er nahm ihre Hand. „Ich bin mit der wunderschönsten und beeindruckendsten Frau der Welt befreundet und doch bringt mich Yami aus der Fassung und nicht du. Ich sehe in dein Engelsgesicht, ich liebe dich, Aurora. Ich sehe deinen Liebreiz jeden Tag. Sehe dich lachen, dich Tanzen, bewundere deine Schönheit und erliege deinem Zauber dennoch nicht. Denn du bist meine kleine, geliebte Schwester, wir sind Seelenverwandte.

All diesen Zauber, diese Sehnsüchte, das brennende Begehren, fühle ich bei Yami. Ich verstehe das nicht, wo wir zwei doch so gut zusammenpassen würden. Wir beide wären perfekt zusammen. Aber mein Herz gehört Yami.“

„So wie ich dich sehe, bewundere, verehre, liebe. Aber Inuyasha gehört mein Herz. Hai yeh pyaar“, flüsterte Anjaani. „Man sucht sich nicht aus, wen man liebt. Und zu wahrer Liebe gehört die Begierde dazu. Das hast du selbst einmal gesagt. Yami hat sich für dich aufgehoben.“

„Genau wie du für Inuyasha.“

„Nein, Raj ist -“

„Raj ist ihm nicht zuvorgekommen“, unterbrach Aryan sie sanft. „Raj hat vielleicht deine Jungfräulichkeit, was bedeute das schon? Deine wahre Unschuld hast du Inuyasha geschenkt.“

„So habe ich das noch nie betrachtet.“ Ein zartes Glühen breitete sich auf ihren Wangen aus. „Kläre das Missverständnis rechtzeitig, Aryan-nii. Sage ihr das, was du zu mir gesagt hast.“

„Mache ich“, versprach er. „Und was das sich gehen lassen angeht, in drei Tagen hat sie Geburtstag.“

„Wenn sie es so lange aushält“, zwinkerte Anjaani.

„Wenn ich es so lange aushalte“, knurrte Aryan.

„Die Location steht?“

„Ja, alles erledigt. An Yukis Überraschung arbeite ich gerade. Nur Zuma fehlt.“

„Das regle ich heute, deshalb bitte ich dich, meine Wunden nicht zu heilen. Genieße du erst deinen freien Tag.“

Aryans protestierender Gesichtsausdruck erhellte sich erst, wurde dann aber düster. „Ich glaube, wir sollten ins Wohnzimmer zurück. Hörst du das? Inuyasha nervt Yami gerade.“

„Inuyasha nervt Yami?“ Anjaani schrie fast vor Verwunderung.

„Sie weigert sich, ihm zu sagen, was Saajan bedeutet.“

„Wahnsinn, hast du gute Ohren. Wo geht ihr zwei heute eigentlich hin?“

Aryan antwortete nicht, beugte sich nur vor und schnupperte an ihren schimmernden Locken. „Benutzt du das gelbe Shampoo da hinten?“

Anjaani nickte überrascht. „Ja, es heißt JasminDream.“

„Ich weiß. Benutzt Yami dasselbe?“

„Ja.“

„Puh, das passt ja perfekt!“ Und leise flüsterte er ihr das große Geheimnis ins Ohr.

Sie mussten fast lachen, als sie Yamis und Inuyashas misstrauische Gesichter sahen.

„Was habt ihr zwei da drinnen gemacht“, wollte Yami mit eifersüchtigem Tonfall wissen. „Die Bisswunde ist ja gar nicht verheilt! Und sie humpelt immer noch! Du bist doch so gut im Heilen.“

„Das tut er später“, beschwichtigte sie Anjaani und zog sie mit in die Küche.

„Hey, Chef! Was bedeutet Saajan?“ Inuyasha hatte sich neugierig an Aryan gewandt, setzte sich neben ihn an den Esstisch.

„Er ist beleidigt, weil ich es ihm nicht will sagen“, lachte Yami, die gerade anfing das Geschirr zu spülen.

„Das ist eine Frage, die du nicht mir stellen sollst“, lächelte Aryan entschuldigend. Und Inuyasha wandte den Kopf schnell in Anjaanis Richtung, doch diese reagierte nicht, sondern machte sich am Kühlschrank zu schaffen.

Grummelnd wandte der Hanyou sich an Yoko, die in einem spanischsprachigen Buch versunken war.

„I olvídalo, vergiss es“, hob sie abwehrend die Hände, ohne aufzuschauen. „Das ist eine Sache zwischen Aani und dir.“

Ihm blieb nur eine Wahl, denn Anjaani gab ihm immer nur dieselbe Antwort: „Das ist dein Name.“ Er ergriff die Gelegenheit, als Yuki allein auf dem Balkon eine Zigarette rauchte. Yuki hatte ihm noch nie widerstehen können. Er ignorierte den beißenden Rauchgestank und sah ihr tief in die Augen, als er sie fragte und sein Blick zeigte Wirkung. Yuki war wie vor den Kopf gestoßen. „W- warum fragst du mich?“

„Du weißt, was das bedeutet. Sag es mir bitte.“ Seine Stimme wurde samtig rau, seine Augen zärtlich. Yuki schnappte hörbar nach Luft, ihre Wangen färbten sich Rot.

„I-ich... Frag Aani. Ich sage es dir nicht!“ Mühevoll wandte sie das Gesicht von seinem Antlitz ab.

Anjaani lachte leise, als sie den Balkon betrat. „Wenn du glaubst, mit Yuki hast du leichtes Spiel, dann täuscht du dich. Sie ist vielleicht verrückt nach dir, aber mich liebt sie.“

„Mehr als alles auf der Welt“, bestätigte sie und legte Anjaani den Arm um die Taille. „Du bist die Liebe meines Lebens!“

Inuyasha wusste nicht, ob er ihre Worte richtig verstanden hatte. „Liebe deines Lebens?“, wiederholt er. Wieso sagte sie das so komisch?

„Du weißt doch, dass ich in Aani verliebt bin“, antwortete Yuki, als wäre es das Normalste der Welt. „Ich würde mich nie gegen sie wenden, mein Lieber. Du bist so sexy, aber sie reizt mich mehr.“

Auf Inuyashas Gesichtsausdruck hin, mussten alle lachen.

„Sag bloß, du hast es noch nicht bemerkt“, lächelte Aryan aus dem Wohnzimmer.

„W-woher sollte ich bitte...? Die grapschen doch alle Drei immer an ihr rum!“

„Weil Yuki anhänglicher ist als die anderen beiden, auf alle in meiner Nähe eifersüchtig ist und sie es mir ständig sagt“, erklärte Anjaani. „Aber gewöhne dir endlich da Rauchen ab.“

„Ich bin ja dabei, hab nur einen stressigen Tag vor mir...“

„Wenn du es sein lässt, hänge ich an Weihnachten hier Mistelzweige auf.“

„Oh ja! Und was ist, wenn du drunter stehst?“

„Dann hast du freie Bahn. Vorausgesetzt, du schmeckst nicht nach Rauch.“

„Juchuuu! Weihnachtsküsse für mich!“

Inuyasha fühlte sich veräppelt. Da standen sie alle und sprachen darüber, als wäre es etwas Normales. Gut, Yuki war manchmal völlig hingerissen von Anjaani, sie hing ihr immer an den Lippen und wich ihr selten von der Seite. Auf ihre ständigen „Ich liebe dich“, hatte er sich nie etwas eingebildet. Vorallem, weil sie ihn begehrte. Noch dazu war Anjaani ebenfalls eine Frau...

„Ich bin bisexuell“, beantwortete Yuki die unausgesprochene Frage in seinem Gesicht mit einem Schulterzucken. „Das heißt, ich fühle mich zu beiden Geschlechtern hingezogen. Keine Sorge, ich nehme sie dir nicht weg.“

„A-aber“, Inuyasha war völlig verwirrt. „Bist du nicht...“

„Eifersüchtig auf dich?“, beendete Yuki die Frage.

„Yukis Gefühle sind mittlerweile so normal wie die Luft zum Atmen für uns“, erklärte ihm Yoko. „Jap, die Sache haben wir hinter uns.“

„Und ich bin eifersüchtig auf dich. Wenn du wüsstest, wie sehr! Wärst du nicht so scharf, würde ich dich am liebsten erwürgen!“

„Yuki-Hase“, seufzte Anjaani und trat zurück in die Wohnung, da sie den Zigarettengestank nicht länger ertrug.

„Aani kann mich nie so lieben, wie ich es gerne hätte, darüber bin ich hinweg“, sagte Yuki nun leise. „Ich liebe sie und deshalb will ich sie nicht verlieren. Ich wünsche mir, dass sie glücklich ist. Nur du kannst sie glücklich machen. Deswegen macht es mir nichts aus, sie bei dir zu wissen. Dass sie den Menschen findet, der mit dem sie glücklich wird, ist mein allergrößter Herzenswunsch.“

Inuyasha hatte es die Sprache verschlagen. So hatte er den Drilling noch nie erlebt. So ernsthaft, so selbstlos, so bewundernswert. Yuki legte den Kopf schief und lächelte ihn lieblich an. Plötzlich war sie wunderhübsch. „Siehst du, ich liebe Aani. Und ihr Glück ist mein Glück. Davon kannst du dir eine Scheibe abschneiden.“

„Was passiert da draußen eigentlich“, fragte Yami neugierig von der Küche aus.

„Ich glaube, Inuyasha fängt an, Yuki in einem Neuen Licht zu sehen.“ Aryan war zu ihr getreten.

„Na hoffentlich verdirbt sie sich das nicht wieder. Was machst du eigentlich da?“ Yamis Frage war an Aryan gerichtet, der gerade die Küchentüre schloss. Sie war allein mit ihm. Er schmiegte sich an ihren Rücken und streichelte mit seinen Lippen ihren Hals. Yami zitterte und biss sich auf die Zunge, um keinen Laut von sich zu geben. „Lass das“, hauchte sie. Doch Aryan ignorierte sie.

„Dein Haar duftet wundervoll und es glänzt so schön. Was benutzt du eigentlich für ein Shampoo?“, flüsterte er nah an ihren Lippen.

„Dasselbe wie Aani“, meinte Yami nur knapp, ihr Atem ging schneller. „Das v-von N-Natural Beauty... l-lass das, so kann ich nicht denken!“

Er löste die brennenden Lippen von ihrem Hals. „Hm, Natural Beauty...“ Aryan tat, als würde er nachgrübeln. „Soweit ich weiß, will diese Firma gerade für genau dieses Jasminshampoo einen neuen Werbespott drehen und sucht noch eine Stimme für den Titelsong. Zufällig bin ich mit dem Produzenten befreundet. Er ist auch der Regisseur.“

Yami drehte sich in seinen Armen zu ihm um. „Du weißt nie etwas zufällig, Herr General. Du weißt immer alles. Und du redest um den heißen Brei herum. Worauf willst du hinaus?“

„Ich habe dich für den Titelsong vorgeschlagen.“

Sprachlosigkeit machte sich in ihrem Gesicht breit.

„Die Gage für das Lied beträgt 120000 Yen.“

Ihr klappte die Kinnlade herunter und sie begriff. „Ich kriege 120000 Yen!“

Es stand natürlich außer Frage, dass sie diesen Job nicht bekommen würde. Darum machte Anjaani sich keine Sorgen. Doch in Aryans Augen meinte sie mehr gesehen zu haben. Als sie vom Balkon aus zusah, wie er mit der überglücklichen Yami auf seinem Motorrad davonbrauste, konnte sie den Verdacht nicht abschütteln, dass Aryan noch mehr im Schilde führte.

Darüber musste sie sich aber keine Gedanken machen, sie hatte jetzt Mühe mit Yoko. Diese wollte sie unbedingt zu ihrem anstehenden Gespräch mit Zuma begleiten. Da es sich aber um die geheime Überraschungsparty für die Drillinge handelte, konnte sie Yoko schlecht mitnehmen. Inuyasha, der in das Geheimnis eingeweiht war, rollte genervt mit den Augen, als er nach einer Ewigkeit auf Anjaanis flehenden Blicke reagierte.

„Ich muss einkaufen“, grummelte er. „Und-“ Er hatte nicht einmal Zeit zu Ende zu reden, schon riefen die Schwestern begeistert: „Wir begleiten dich!“

„Du bist mir was schuldig“, zischte er Anjaani leise zu, als die Drillinge ihn voller Vorfreude nach Draußen bugsierten.

Na hoffentlich verlangte er einen Kuss. Der Gedanke an seine Lippen hob ihre Laune. Wenn er sie festhielt, um ihre Schuld zu tilgen, sie es wehrlos geschehen lassen musste... So lange schon war es her, dass sie sich kaum noch daran erinnern konnte, wie seine Küsse schmeckten. Der Gedanke daran, wie ihre Wiedergutmachung aussehen konnte, stimmte sie fröhlich und vertrieb die Nervosität.

Da sie mit ihrem malträtierten Körper unmöglich die halbe Stunde zur Tanzschule laufen konnte, nahm sie den Bus. Sie hatte Zuma nach ihrer Entführung durch den Schlangendämon Fuu nicht mehr gesehen und wusste nicht, wie er auf sie reagieren würde. Doch er lehnte lässig an der Eingangstür, als hätte er sie schon erwartet. Seine Augen glitzerten silbern im Sonnenlicht. Kühl wie eh und je war er, als sie auf ihn zukam, aufmerksam drauf bedacht, langsam zu gehen, um nicht zu humpeln, die Bisswunde und die Blutergüsse vom Schleier gut bedeckt. Ihre Wange bedeckte ein großes Pflaster.

„Guten Tag, Zuma-san“, begrüßte sie ihn. Sie hatte schon fast vergessen, wie heiß er mit der neuen Haarfarbe aussah.

Er ließ sich mit seiner Antwort Zeit, musterte sie erst von oben bis unten. Sie war ein ungewohnter Anblick in einem Salwar Kameez. Aber er verbarg besser als ein Sari. Die Augen blieben an ihren verwundeten Lippen hängen. „Wird es ein längeres Gespräch oder wolltest du nur Hallo sagen?“

„Ich habe ein kleines Anliegen“, gestand sie.

„Dann komm mit.“

Sie folgte ihm in sein Büro und setzte sich vorsichtig in den ihr angebotenen Stuhl.

„Wie geht es dir?“, fragte Zuma kühl. Obwohl keine Sorge in seinem Blick lag, wusste sie, dass er sich diese Frage schon öfters gestellt hatte. Schließlich hatte er sich vor sie gestellt gehabt, um sie zu schützen.

„Es hätte schlimmer sein können“, sagte sie ehrlich und schaute ihm offen in das schöne, verschlossene Gesicht. „Wie geht es Ihnen?“

„Lenke nicht ab. Wie schlimm ist es? Du warst im Krankenhaus.“

„Inuyasha fand mich rechtzeitig“, wich sie nur aus und Zuma riss der Geduldsfaden.

Plötzlich wurden seine Augen schmal. Mit wenigen Schritten war er bei ihr und riss ihr den Schleier vom Körper. Argwohn wich dem Entsetzen, als er den Verband und die Blutergüsse sah, die sich dem Anschein nach nach unten fortsetzten. Alles Anzeichen einer brutalen Vergewaltigung.

Entsetzt krallten sich seine Finger in seinem goldblonden Haar fest. Zuma verabscheute Gewalt. Jemanden geistig zu quälen war das eine, aber körperliche Qualen waren ihm zuwider. Langsam zog er das Pflaster von ihrem Gesicht, strich es aber sofort wieder glatt, als er sah, was es verbarg. „Was ist unter dem Verband?“

„Eine Bisswunde.“

„Sind das die Wunden dieses Dämons?“, zischte er erzürnt.

„Nein. Diese Wunden verheilen schon. Neulich hat ein Youkai Inuyashas Seele gespalten und seine böse Seite von seiner guten getrennt.“

„Der kleine weißhaarige Junge bei dir?“ Zuma hatte die Nachrichten verfolgt.

„Ja, der Kleine ist rasend schnell gewachsen. Er war das gewesen. Ich habe mich ihm verwehrt.“

Nun drang deutlich die heiße Wut durch seine kühle Fassade. „Verdammter Dämon! Hat er dich vergewaltigt?“

Sie schüttelte den Kopf. „So weit ist es nicht gekommen.“

„Hast du Schmerzen?“ Für einen Moment dachte Anjaani, dass seine Silberaugen wie Sterne funkelten, bis sie sich erinnerte, dass er eine Antwort auf seine Frage erwartete.

„Es schmerzt nur, wenn ich mich bewege. Aber deswegen bin ich nicht hier. Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten.“

„Ich höre.“

„Wissen Sie, diesen Samstag...“

„... ist Yokos Geburtstag.“

Anjaani überspielte ihre Verwunderung. Sie hatte nicht erwartet, dass Zuma Yokos Geburtsdatum wusste. „Genau. Ich plane eine große Überraschungsparty im King´s Club.“

„Oho. Wie hast du den King´s Club buchen können?“

Aryan kannte jeden Menschen dieser Stadt. „Ein Freund hat Kontakte. Jedenfalls wollte ich Sie einladen.“

„Sozusagen als Yokos Geschenk.“ In seinem Gesicht konnte sie nicht sehen, was er davon hielt. Meine Miene war verschlossen, doch seine Finger strichen zärtlich und gedankenverloren über die dunklen Flecken an ihrer Schulter. Anjaani zuckte leicht zurück. Zuma lächelte.

„Ich komme unter einer Bedingung. Ich habe dir eigentlich noch eine Woche frei gegeben und das hast du deiner Freundin zu verdanken. Wenn du willst, dass ich ihretwegen komme, fängst du gleich am Montag wieder an. Deine Schüler sind mit der Vertretung nicht zufrieden. Sie wollen Aurora Luna zurück.“

Er beugte sich nah zu ihr herab, doch Anjaani hielt seinem Blick stand. Wie sehr hatte er ihren Anblick vermisst. Den sanften Blick der braunen Augen. Er wäre auch ohne Bedingungen der Einladung gefolgt, doch er wollte ihr keinen Gefallen tun.

Sie wich vor seiner Nähe nicht zurück, wie sie es sonst tat, als würde sie wissen, dass von ihm keine Gefahr drohte. Sie war verletzt und das waren schlimme Wunden. Er wurde sie nie anrühren... er verabscheute körperliche Gewalt!

„Bleiben Narben?“, fragte er leise und heftete seine Augen auf ihre Wange. Den Körper konnte man verdecken, doch das Gesicht nicht.

Anjaani wusste ganz genau, warum er das fragte. Und plötzlich kam ihr ein gemeiner Gedanke. Es war gegen ihre Natur, so hinterhältig zu sein, aber Zuma hatte sie genug leiden lassen. Und er würde sie bestimmt weiterhin quälen. Sie würde später ein schlechtes Gewissen haben, aber Yokos Gesicht, wenn sie ihr offenbarte, dass es Zuma schlecht ginge und Pflege brauche...

„Ich muss das hinnehmen...“

Zuma biss an. „Wie meinst du das?“ Er zog seinen Stuhl heran und setzte sich zu ihr, so nah, dass seine Knie ihre berührten. Skeptisch beugte er sich vor.

„Ich bin feinfühlig“, begann sie betont zaghaft.

„Ich weiß“, nickte er ungeduldig. „Yoko erklärte mir das mit deinen Gefühlen und deiner Energie. Was ist jetzt mit den Narben?“

„Es werden Narben bleiben. Aber wenn ich die Wunden mit Hilfe von Energie heile, bleibt mein Gesicht unversehrt.“ Sie wählte absichtlich das Wort Gesicht.

„Dann heile dich doch“, murmelte er genervt.

„So einfach geht das leider nicht.“ Beschämt sah sie zu Boden. „Ich müsste die Energie eines anderen Menschen nehmen. Ich selber kann keine neue Energie in mir produzieren.“

„Dann saug jemanden aus.“

Bei dieser Wortwahl zuckte sie zusammen. „Das geht nur, wenn ich die Befugnis habe. Die Drillinge sind mit Inuyasha unterwegs und bis heute Abend nicht zurück. Dann wird es zu spät sein. Ich kann die Narben ja überschminken...“

Zumas Augen blitzten gefährlich auf. „Dein Gesicht ist nicht so wichtig. Sind deine Beine verletzt?“

Doch ohne die Antwort abzuwarten, riss er sie auf die Beine. Anjaanis Knie gaben bei dem unerwarteten Körpergewicht nach und die stöhnte vor Schmerz.

„Lauf“, befahl Zuma.

Ihre Schnittwunden und Blutergüsse würden sie am Gehen nicht hindern, wäre ihr Knöchel nicht verstaucht und angeschwollen.

„Mit verletzten Beinen kannst du nicht tanzen. Herrgott, Arora, was hat der Kerl mit dir gemacht? Du bist ein Krüppel!“

„Wenn ich mich schone, verheilen meine Beine bestimmt bis Montag“, verteidigte sie sich.

„Du bist schlimmer verletzt, als du mir weiß machen willst. Nimm meine Energie“, befahl er düster. „Ich mache mich nicht dafür verantwortlich, dass deine Makellosigkeit entstellt wird. Wie machst du das? Musst du mich beißen?“ Mit einem anzüglichen Grinsen entblößte er die Kehle. Anjaanis Lippen an seinem Hals würden ihm gefangen.

„Nein, ich muss Sie nur berühren.“ Sie nahm seine Hand, diese war überraschenderweise warm. Sie assoziierte Zuma immer mit Kälte. „Erschrecken Sie nicht“, warnte sie. Doch er riss erstaunt die Augen auf, als sich der helle Ring um ihre Pupille weitete und die braune Iris in pures Gold tauchte.

„Himmel Herrgott, das sind Augen!“, hauchte er. Wie gebannt starrte er sie an, versunken in diesem rauschenden, metallischen Glanz. Er kannte diesen kleinen, goldenen Kranz in ihren wunderschönen Augen, aber was er da sah, überwältigte ihn. Und zwar so sehr, dass er gar nicht bemerkte, wie ihm die Energie entwich. Als das Braun langsam wieder zurückkam und nur noch der vertraute goldene Kranz in ihren Augen blieb, überkam ihn die Erschöpfung und kraftlos sackte er im Stuhl zusammen.

„Geht es Ihnen gut?“, fragte sie. Die Blutergüsse waren verschwunden und als er ihre vollkommene Wange sah, nickte er müde, aber zufrieden.

„Mir ist nur ein wenig schwindelig. Aber ich wusste ja, worauf ich mich einlasse. Pass in Zukunft besser auf deinen Körper auf, Püppchen. Sonst kann ich dich nicht mehr gebrauchen.“

Anjaanis aufkeimendes schlechtes Gewissen war bei diesen Worten vernichtet. Sie bereute es nicht, Zuma für die Heilung missbraucht zu haben. Aryan hätte es heute Abend getan und ihm hätte es nicht zugesetzt. Doch sie bereute nichts. Im Gegenteil, sie wollte ihm noch eins auswischen!

„Sie sind blass“, erwähnte sie mit besorgtem, unschuldigen Tonfall und zückte das Handy.

„Mir fehlt nichts“, knurrte er nur unwirsch. Sprechen und sogar Atmen kostete ihm Kraft. „Du kannst jetzt gehen.“

„Ich rufe Yoko zu Ihrer Hilfe.“

„Das brauchst du nicht. Verschwinde einfach.“

Doch Anjaani wählte schon die Nummer. Sie musste lachen, als sie im Hintergrund Inuyashas wütende Protestschreie hörte. „Ich höre, ihr habt Spaß“, lachte sie.

„Oh, ich könnte mich kringeln vor Lachen! Inuyasha ist zum schießen, wenn er wütend ist.“

„Ich bin sicher, unser Mäuschen würde diese Meinung nicht teilen.“

„Arora“, zischte Zuma böse. „Verschwinde endlich! Wehe, du rufst sie her!“

„Ist das Zuma bei dir? Hallo, Zumalein!“

Anjaani hielt das Handy in sicherem Abstand weg von ihrem Ohr und Zuma knurrte nur wütend.

„Was ist los, Aani?“

„Zuma-san hat mir geholfen, die Wunden zu heilen...“

Yoko begriff sofort. „Oh, Aanilein, du böses Mädchen. Wie geht’s ihm denn jetzt?“

„Was denkst du denn, warum ich anrufe?“

„Überrascht, dass er so viel Energie hat, um dich vollkommen zu heilen?“

„Ja.“

„Tja, mein Kerl ist nicht zu unterschätzen. Ich bin gleich bei ihm. Ich weiß nicht, ob Inuyasha froh sein wird, mich los zu sein, oder noch zorniger darüber, nun mit Yuki allein zu sein. Wir sind im großen Einkaufszentrum, geh du hin. Ich bin sofort bei Zuma.“

Mit einem zufriedenen Grinsen verschwand Anjaani so schnell aus Zumas Büro, dass dieser keine Gelegenheit hatte, sich zu beschweren. Und eigentlich fehlte ihm dazu die Kraft. Schade, dass der Energieraub nicht durch einen Biss oder einen Kuss erfolgt war. Ihre Lippen an seiner Haut hätten diese Kraftlosigkeit wett gemacht. Und nun hatte er auch noch einen wollüstigen Drilling am Hals.

Inuyasha hingegen war erleichtert, dass Yoko durch Anjaani ersetzt wurde. So wurde dieser furchtbare Tag noch durch einen goldenen Lichtstreifen erhellt.

Zuma kochte dafür vor Zorn, als Yoko in seinem Büro auftauchte. Was ihm noch gefehlt hatte, war dieser lüsterne Drilling. Doch entgegen einer erwarteten, verlangenden Miene, sah er Besorgnis in ihren ungewöhnlichen, hellbraunen Augen. So oft hatte er sie ohne Kontaktlinsen gesehen, doch erst jetzt wurde ihm diese Schönheit bewusst.

„Was starrst du mich so an?“, fragte sie anstelle einer Begrüßung.

„Deine Augen“, flüsterte er. „Ockerfarben... fast golden.“

„Ach verstehe“, meinte sie eingeschnappt. „Du hast Aanis Augen gesehen. Und diese Augen haben dich wortwörtlich schwach gemacht. Kannst du arbeiten?“, fragte sie dann sanfter und drückte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange.

„Nein“, gab Zuma seufzend zu. Yoko machte er nichts vor. „Ich bin nicht müde, aber kraftlos.“

„Ist Aani deswegen zu dir gekommen?“

„Sie wollte mit mir über den Arbeitsplan reden“, log er. Gut, er machte ihr nicht immer was vor. „Und sie fängt am Montag wieder an.“

„Was soll das denn?!“, regte der Drilling sich auf. „Aani braucht ihre Erholung, wie kannst du nur so gemein sein?!“

„Weil ich es bin. Wenn du hier bist, um wieder mit mir wegen Arora zu streiten, kannst du gleich wieder gehen.“

„Du bist furchtbar“, seufzte sie. „Komm, wir erholen uns heute.“

„Erholen?“ Er blinzelte sie misstrauisch an. „Was verstehst du unter Erholung?“

„Nicht das, was du wieder denkst.“

„Ach, wirklich? Ich weiß, was du unter Krankenpflege verstehst.“

„Du warst nicht krank, sondern verletzt.“ Dann blitzten ihre hellen Augen lüstern auf bei der Erinnerung. „Und soweit ich das feststellen konnte, hattest du gegen meine Pflege nicht das geringste einzuwenden.“

Zuma zog vorwurfsvoll die Augenbrauen hoch. Er hasste es, wenn sie recht hatte. „Als hätte ich dich aufhalten können, Kätzchen. Sag, wie soll deine Erholung aussehen?“

„Wie entspannen uns einfach ein wenig. Ein schöner, ruhiger Tag zu zweit.“

„Entspannend und ruhig?“

„Schau nicht so ungläubig. Kann ich deine Gesellschaft nicht einfach mal genießen, ohne mit dir die Laken zu zerwühlen?“

„Der Gedanke ist mir zwar unbekannt, aber nicht unangenehm“, gestand Zuma.

So verlebten alle Drillinge einen schönen Tag.

Yuki verbrachte den Tag an der Seite zweier begehrter Menschen. Yoko genoss glückliche Stunden mit einem zahmen, liebevollen Zuma und was Yami widerfuhr... Yami konnte es selbst kaum glauben!

Ungläubig sah sie in Aryans funkelnde Augen. Er beobachtete gerade, wie sie frisiert wurde.

„Erklär mir bitte, was gerade geschehen ist“, bat sie verwirrt.

„Du hast die Hauptrolle im Werbespott bekommen“, lächelte er zufrieden.

Yami musste sich daran erinnern, nicht den Kopf zu schütteln, den gerade zwei energische Hände bearbeiteten.

Sie war einfach am Drehort erschienen und in das darauf anschließende Aufnahmestudio gebracht worden. Als sie das Lied gesungen hatte, hatte sie jeden im Hörradius verzaubert. Aryan hatte die Lautsprecher eingeschaltet und ihre Stimme hallte durch das ganze Gelände. Völlig hingerissen war der Regisseur erschienen, um sich das Gesicht dieser Engelsstimme anzusehen.

Yamis Schönheit hatte ihn umgehauen. Sie war genau die Art von Märchenfee, die er für den Werbespott des Shampoos suchte: Nicht zu japanisch, aber auch nicht zu westlich. Aryan hatte ihr helfend zur Seite gestanden. Nun ging er mit ihr das Drehbuch durch, während sie gestylt wurde. Es war alles furchtbar schnell geschehen. Und genau das hatte der Inder geplant!

Der Regisseur hatte sie praktisch gezwungen, die Rolle im Werbespott zu übernehmen. Es war ein einfacher, sehr kurzer Werbespott, ohne Sprechrolle. Die Szene war ein Märchenwald. Ein junger Mann wandert durch die verzauberte Flora und Fauna, dem traumhaft schönen Gesang folgend. Bis er an einem kleinen Teich die singende Fee entdeckt. Sie wäscht sich mit dem angeworbenen Shampoo die Haare. Das Schimmern ihrer Haarpracht fesselt ihn. Sie wirft sich das (plötzlich trockene) Haar aus dem Gesicht und weht ihm somit den erotischen Jasminduft in die Nase. Dem lockenden Duft, dem betörenden Gesang und der fesselnden Schönheit kann er nicht widerstehen und nähert sich ihr völlig verzaubert. Ihre Blicke treffen sich. Sanft legen sich ihre Hände um sein Gesicht, ziehen ihn zu sich... und dramatisch endet die Szene.

Dieses Shampoo soll Männer bezirzen, lautete die Aussage. Wenn Yami daran dachte, wie der Duft von Anjaanis Haaren auf die Männer wirkte, konnte sie dem nicht widersprechen. Oder wie derselbe Duft in ihren Haaren auf Aryan wirkte. Er roch immer heimlich an ihr. Dieses Shampoo war gut und ihm hatte sie ihre glänzenden Haare zu verdanken. Auch die Männer am Filmset drehten sich nach ihr um. Sie sah auch zum Anbeißen aus in diesem knappen Kleidchen aus Blättern und Blüten und passte perfekt in die glitzernde grüne Traumwelt. Die schillernden Feenflügel würden noch digital hinzugefügt werden.

Doch als sie ihren Filmpartner sah, stockte ausnahmsweise ihr der Atem. Sie wusste genau wer er war, deshalb beachtete sie den Regisseur nicht, als dieser die beiden vorstellte. Vor sich sah sie Yuichi Yamada, gefragtestes Männermodel Japans und aufsteigender Jungschauspieler. Ihre Schwester Yuki war verrückt nach ihm. Wahrscheinlich wäre er der Mann, der ihr über Anjaani hinweghelfen könnte. Und Yami stand ihm nun gegenüber und sah in diese verblüffenden meerblauen Augen. Es war schon ein seltsamer Anblick, ein blauäugiger Japaner. Aryans grüne Augen fand sie zwar schöner, doch Yuki würde wahrscheinlich sterben, um mit ihr tauschen zu können.

Sie sah auch die Bewunderung in Yuichis Saphiraugen. Er war über seine Partnerwahl höchst erfreut. Demnach musste er die verzauberten Blicke, mit denen er sie verschlang, gar nicht schauspielern. Oh, es würde ihr gefallen, ihm den Kopf zu verdrehen!

Er war ein hervorragender Schauspieler. Yami, Gott sei Dank, auch. Die verführerisch unschuldige Schönheit war ihr wie auf den Leib geschneidert. Auch die Szene, in der sie ihre Haare wusch, war beim ersten Versuch im Kasten. Schnell wurden die Haare geföhnt und neu frisiert. Doch alle Freude war zu früh. Die letzte Szene stimmte einfach nicht.

Dem Regisseur passte die letzte Szene nicht, konnte aber nicht sagen, woran das lag. Yami wurde müde. So langsam verlor sie die Lust. Zwei Stunden probten sie die letzte Szene in allen möglichen Perspektiven und auf verschiedene Arten. Nichts war perfekt.

Sie bewunderte Aryan Geduld. Die ganze Zeit stand er neben der Kamera und sah ihr zu. In seinen Augen sah sie, dass ihm ihr freizügiges Kostüm gefiel, doch die Begierde, die in allen anderen Männeraugen lag, war in seinen verborgen. Verdammt sei seine eiserne Disziplin! Warum gierte er nicht nach ihr? Sie konnte jeden hier im Raum haben, aber sie wollte nur den, der sich ihr verweigerte.

Als sich Regisseur und Kameramann in einem verzweifelten Zank vertieften, wandte sie sich Aryan zu. „Du hast mir noch gar nicht gesagt, ob ich dir gefalle.“

„Wunderschön“, hauchte er nur. Seine Augen nahmen ihre gefangen... Da war wieder der Zauber, der sie fesselte.

„Das ist es!“, schrie der Regisseur plötzlich. Yami schreckte auf. „Hier fehlt die Leidenschaft, Yami-chan! Die Leidenschaft, die gerade zwischen euch beiden spürbar war.“

Sie sah ihn nur verwirrt an. Wovon redete er jetzt?

„Verstehen Sie nicht“, rief er begeistert. „Ein Kuss! Ein Kuss verleiht der Szene die perfekte Stimmung. Sie muss mit einem Kuss enden.“

Yami überkam es eiskalt. „Wie bitte?“ Sie hoffte, sich verhört zu haben.

„Aber natürlich! Meinen Sie nicht auch, General Suraj?“

Aryan nickte nur und erntet einen fassungslosen Blick von ihr. „Das gehört zur Schauspielerei dazu“, erklärte er ihr mit versöhnlicher Stimme. „Ein Kuss wird dem Zauber dieser Szene die nötige Essenz geben.“

„Also, auf! Alles an seinen Platz!“, rief der Regisseur in die Hände klatschend. „Wir enden mit einem Kuss voller Verlangen und Zauber.“

Yami warf Aryan einen letzten, giftigen Blick zu. „Wie konntest du nur“, zischte sie und stolzierte davon. Der Stein im Magen drückte schwer. Doch seit wann störte sie ein einfacher Kuss? Dieser verfluchte Aryan! Sie wollte den Typen nicht küssen. Egal, wie sexy er war! Er war Yuichi Yamada, Yukis große Liebe! Es war gegen die Goldenen Regeln, ihn zu küssen! Diese Regeln waren heilig. Yuki hatte Aryan nie angemacht, nie mit ihm geflirtet, weil diese Regeln heilig waren. Weil sie Yami liebte. Wie konnte sie das ihrer Schwester antun?

Yuki würde das verstehen. Es zählte doch nicht wirklich als Betrug, oder? Selbst Aryan, ihr Freund, hatte nichts dagegen einzuwenden. Und er kannte die heiligen Goldenen Regeln der Drillinge. Also war es seine Schuld!

Yami kam nicht drum rum. Und wenn es Aryan recht war, bitte! Soll er haben! Sie würde es ihm schon zeigen. Bevor er kam, hatte sie etlichen Männern den Kopf verdreht. Ihre Küsse raubten Herzen.

„Also, die letzte Szene. Wie geprobt! Yami-chan, zieh ihn wieder zu dir, nur jetzt küsst du ihn! Yuichi-kun, du wirst wissen, was du zu tun hast. Action!“

Yamis Hand zitterte leicht. Sie zog den hübschen, jungen Mann zu sich, schloss die Augen, drehte aber den Kopf weg. Yuichis volle Lippen trafen ihre Wange. Einen Feigling schimpfte sie sich.

„Cut! Was ist da los? Warum ist die verführerische Fee so verkrampft?“

Sie schluckte schwer. „Es tut mir leid, jetzt kriege ich es hin.“ Dabei vermied sie es, Aryan anzublicken. Sie würde ihn ignorieren! Für den Rest ihres Lebens!

Wieder konnte sie das nervöse Zittern nicht unterdrücken. Sie kniff die Augen zusammen und küsste ihn, die Zähne fest zusammengepresst. Es fühlte sich nach nichts an, nur weich. Seit Aryan fühlte sie nichts mehr für andere Männer.

„Cut! Wo ist die Leidenschaft? Ich will den Zauber sehen! Noch mal!“

Doch sie schaffte es nicht. Es ging nicht. Immerzu sah sie das anklagende Gesicht ihrer Schwester vor sich. Nach dem siebten Versuch stand Aryan plötzlich auf, das Sinnbild eines griechischen Gottes - stolz, vor Kraft strotzend, mit funkelnden Augen - und ging auf sie zu. Ihr Drehpartner machte ihm überrascht Platz. Aryan kniete sich zu ihr, in seinen Augen stand das ganze Verlangen, das er für sie empfand. Voll Sehnsucht legte sich ihre Hand auf seine Wange und zog ihn zu sich. Als ihre Lippen sich berührten, stockte ihm der Atem. Süße Hitze überkam sie und ihre Blut fing Feuer. Völlig verzückt erwiderte Aryan ihren Kuss, und Yami vergaß, wie wütend sie auf ihn war.

„Wundervoll! Hervorragen! Fantastisch!“, kreischte der Regisseur. „Genau so muss es aussehen! Sie sind ein Genie, General Suraj!“ Zu Yuichi gewandt sagte er: „Siehst du, genau so musst du es machen!“

Yamis Sinne waren wie benebelt. Sie bekam kaum mit, was um sich herum geschah. Sie spürte Aryans Energie in sich, die ihr Kraft gab, ihre Scheu zu überwinden. Sie war verführerisch, sie war klug und verdammt noch mal unwiderstehlich! Sie würde jedem hier die Magie schon zeigen! Wenn es nicht Yuichi war, den sie küsste... Wenn es Aryan war, dann war das nicht gegen die Goldenen Regeln. Yami beschwor ihre Fantasie und tatsächlich, sie schaffte es, dass Yuichi wie Aryan aussah. Die Saphire verwandelten sich in Smaragde.

Wie in Trance spielte sie die Fee. Ihre Augen glühten, als sie ihn ansah und Yuichis Wangen färbten sich Rot. Er war von ihrem Anblick gefesselt. Verzaubert folgte er der Aufforderung in ihren Augen. Mit fast schwebenden Bewegungen kam sie auf ihn zu. Legte ihm leicht die Fingerspitzen an die Wange, zog ihn zu sich und küsste ihn. Der Kuss war voller Zauber und Leidenschaft. Und entfachte eine Hitze, die jeder am Set förmlich spüren konnte. Und Yuichis Arme pressten sie von selber an sich, sogen ihren Zauber ein. Nie mehr würde er sie loslassen! Er war wie vor den Kopf gestoßen, als Yami den Kuss abrupt beendete.

Der Regisseur war begeistert. Yami war nur erleichtert, endlich fertig zu sein. Und sie war wütend. Als sie endlich gehen konnte, verschwand sie wortlos in der Umkleidekabine. Aryan hatte die ganze Meute nun am Hals, er würde alles Nötige für sie regeln. Zornig zog sie sich ihre eigenen Klamotten wieder an. Da trat Yuichi plötzlich ein und schloss die Tür. Sie würdigte ihn keines Blickes.

„Kannst du nicht anklopfen?! Was willst du hier?“ In ihrem Zorn auf Aryan vergaß sie ihre guten Manieren. Schließlich konnte Yuichi ja nichts dafür.

„Dich bitten, mit mir auszugehen.“

Es überraschte sie nicht im geringsten. So war es jedem Mann ergangen. Und sie kannte ihre Antwort, doch Yuichi kam ihr zuvor. In seinen Augen glühte etwas nur allzu Bekanntes. „Nie hat mich eine Frau so geküsst. Yami-chan, ich will dich. Nur dich.“

„Ich habe kein Interesse“, meinte sie kühl. Solche Gespräche hatte sie nur allzu oft gehabt.

Yuichi ließ sich nicht beirren. „Ich habe es gespürt. Wieso hättest du mich sonst so geküsst? Tut, mir leid, Kleine, aber ich will mehr.“ Mit zwei großen Schritten war er bei ihr und riss sie in die Arme. Yami wand sich, doch sein Mund legte sich hart auf ihren, wollte sie bezwingen.

„Küss mich!“, bat er und drängte sie gegen die Wand. „Küss mich so wie vorhin!“

„Nein!“ Sie stemmte die Hände gegen seine Brust. Sie war vor Ekel so erfüllt, dass sie genauso reagierte, wie sie es nicht sollte. In so einer Situation bewahrte sie sonst Ruhe. Sie hatte doch nicht umsonst den schwarzen Gürtel in Karate. Aber sie war außer sich. „Lass mich los, lass mich sofort los!“

Sein Mund erstickte ihren Protest. In dem Moment, in dem sie das Knie hoch riss, betrat Aryan die Kabine. Seine grünen Augen weiteten sich, als er sah, wie sich Yuichi stöhnend zusammen krümmte und eine völlig zerzauste Yami sich von ihm befreite. Ihre Lippen waren geschwollen, in ihren Augen blitzte die nackte Wut. „Da hast du die Konsequenzen von deinem verdammten Kuss“, schrie sie und rannte davon.

Tränen der Wut wurden vom Wind mitgetragen, als sie ziellos vom Filmgelände rannte. An der Bushaltestelle stieg sie einfach in den nächsten Bus, um sich bei Anjaani auszuheulen. Es war auch eine gute Gelegenheit, Yuki alles zu beichten. Wenn Yuichi ihr schon nicht widerstehen konnte, würde er Yuki mit Haut und Haaren verfallen. Yami hatte quasi die Vorarbeit geleistet.

Als sie an der letzten Bushaltestelle ausstieg, hörte sie plötzlich ein nur allzu bekanntes Motorengeräusch. Aryan sprang vom Motorrad, kaum, dass es angehalten hatte und schritt langsam auf sie zu, doch Yami wich vor ihm zurück. Sie wollte ihn nicht sehen, diesen Verräter!

„Wieso rennst du weg?“, fragte er sanft.

„Weil ich wütend auf dich bin!“ Ihre sonst so melodische Stimme wurde schrill vor Wut.

„Ich bin zu spät gekommen. Ich habe deine Schreie nicht rechtzeitig gehört. Entschuldige bitte.“

„Das ist es nicht und das weißt du genau!“

„Was hätte ich denn tun sollen?“, fragte er schlicht. Sie schnaubte nur und drehte ihm den Rücken zu. Doch plötzlich stand er vor ihr.

„Es tut mir so leid.“

„Es tut dir leid? Erzähl das deiner -“ Sein Kuss verschloss ihre Lippen, süß, brennend, lähmend. Mit funkelnden Augen sah er sie an. „Glaubst du, mir hat es nichts ausgemacht?“, raunte er mit heiserer Stimme, wenige Zentimeter von ihren Lippen entfernt. Yami neigte sich weg von ihm und seiner betörenden Hitze, wich den lockenden Augen aus.

„Glaubst du, mir macht das nichts aus? Für was hältst du mich eigentlich, Aryan?“ Yamis Stimme überschlug sich. „Du hältst mich für eine Schlampe, nicht wahr?“

Er wollte widersprechen, doch sie fuhr ihm über den Mund. „Eines will ich dir sagen, Mister Ich-kann-alles-denn-niemand-kann-meinen-Wunderaugen-widerstehen, mal abgesehen davon, dass ich die Regel gebrochen habe, habe ich mittlerweile ein Problem damit, andere Männer zu küssen. Ich wollte das nicht. Es war widerlich!“

Schmerz zuckte in seinen Augen auf. Aryans sonst immer so ruhige und beherrschte Maske zerbröckelte. „Ich wollte nicht, dass du diesen Job verlierst. Ich dachte an einen kleinen, harmlosen Kuss. Ich dachte, ich werde damit fertig. Aber ich habe es nicht ertragen. Ich wollte ihn erwürgen!“ Seine geballten Fäuste zitterten. Zum ersten Mal sah sie Wut in seinem Gesicht.

„Weißt du, was es für ein Gefühl ist, Mordgelüste zu haben? Und das, obwohl ich fast jeden Tag die abscheulichsten Gräueltaten sehe, fast jeden Tag selber Dämonen töte. Und ein Kuss löst in mir zu ersten Mal das Verlangen aus, zu töten. Ich bin fast wahnsinnig geworden vor Eifersucht, als ich sah, dass er deine Lippen berührt. Und wie du ihn küsst!“

Du wolltest das so“, zischte sie. „Du wolltest, dass ich diesen Kerl verführe. Ich habe nur getan, was du wolltest.“

„Du hast es etwas zu gut getan. Den Verstand hast du ihm geraubt.“ Vorwurf, aber auch ein winziger Hauch von Stolz klang in seiner Stimme.

„Ich habe mir vorgestellt, er wäre du! Sonst hätte ich das meiner Schwester nicht antun können. Ob du es glaubst oder nicht, Herr General, auch ich besitze einen Funken Unschuld! Du bist der einzige, den ich will!“

Er blickte sie so intensiv an, dass sie die Augen nicht von seinen nehmen konnte. „Ich bereue meine Worte bitter. Ich hatte nicht geahnt was ich dir antue... und mir!“ Er nahm ihr Gesicht in beide Hände, seine Stimme wurde heiser. „Berühre nie wieder einen Mann so. Ich will der einzige sein, der dich berührt.“

„Dann berühre mich“, flüsterte sie.

Er schlang die Arme um ihren bebenden Leib und presste sie an seine Brust. Sein Herz raste. „Ich will der einzige sein, der dich liebt...“

„Dann liebe mich“, flehte sie.

Aryan lächelte und endlich, endlich schenkte er ihr die Erfüllung. Der brennende Kuss, der nur ihm gehörte. Dies war der Zauber, den keiner brechen konnte. Ohne den Kuss zu unterbrechen, hob er sie auf seine Arme und trug sie hinauf in seine Wohnung, zu seinem Bett, um Buße zu tun... Voll Verzückung vergab sie ihm alles.
 

„Inuyasha! Halt sie auf!“, schrie Anjaani im oberen Stockwerk panisch.

„Ich fasse sie nicht an“, widersprach Inuyasha und schon war Yuki aus der Tür gestürmt.

„Vielen Dank, du Idiot!“, fauchte Anjaani und stürzte der Freundin hinterher.

Yukis Fäuste hämmerten gegen Aryans Wohnungstür. „Yami Marie Hirashi!“, schrie sie schnaubend wie ein Stier. „Du hast Yuichi-kun getroffen ohne es mir zu sagen?! Hast du die Regel gebrochen? Komm sofort raus!“

„Yuki-Häschen, bitte lass uns gehen“, flehte Anjaani eindringlich und wollte die Freundin mit sich ziehen, als eine wutschäumende Yami die Tür aufriss.

„Verdammt noch mal, Lisa!!! Was willst du?!“, knurrte sie, nur noch mit ihrer Unterwäsche bekleidet.

„Yuichi Yamada!“ Dieser Name sagte alles.

„Du störst!“

„Mein Yui-“

„Du hast gegen die Goldene Regel verstoßen, Lisa!“

Anjaani wurde schlagartig Rot, doch Yuki zog nur eine säuerliche Miene. „Aber nur, weil du gegen die andere Goldene Regel verstoßen hast!“

„Schon gut. Ich habe verstanden. Wenn du jetzt endlich verschwindest, erzähl ich dir nachher von dem Kuss.“

„Was?!“

„Immer mit der Ruhe“, mischte sich nun Aryan beschwichtigend ein. Er war vollständig angezogen, knöpfte gerade den letzten Knopf seines Hemdes zu. Sein Haar war zerzaust. „Wir erzählen es dir, wenn du dich beruhigt hast.“ Er legte Yami seine Jacke über die Schulter.

„Ich wusste nicht, dass sie so reagieren wird“, entschuldigte sich Anjaani. „Komm jetzt bitte, Yuki, mein Liebling.“

Yuki wandte sich ihr mit funkelnden Augen zu. „Dein Liebling“, säuselte sie. „Du willst mich doch nur rumkriegen, damit ich Marie in Ruhe lasse.“

Doch es war bereits zu spät. Yuki hatte die knisternde Stimmung zwischen den zwei Liebenden bereits gründlich zerstört. Im selben Moment kam der dritte Drilling vorbei.

„Was ist denn hier los?“, wunderte sich Yoko, starrte Yamis Erscheinung stolz an. Hatte sie es geschafft, Aryan zu verführen?

„Yami hat Yuichi Yamada geküsst“, seufzte Anjaani.

Yoko riss geschockt die Augen auf. „Du hast die Goldene Regel gebrochen“, grollte sie ihre Schwester mit blitzenden Augen an. Der Stolz war sofort verflogen.

„Und Lisa hat gerade die zweite gebrochen“, beschwerte sich Yami wütend.

Yoko stolperte entsetzt rückwärts, ihre Knie drohten nachzugeben. Inuyasha kam im selben Moment herunter und packte sie gerade am Ellenbogen, sonst wäre sie die Treppe hinuntergefallen. „D-die Goldenen Regeln“, stammelte sie. „Habt ihr denn völlig den Verstand verloren?!“

„Yoko-Neko, beruhige dich“, beschwichtigte sie Anjaani.

„Beruhigen!“, schrie Yoko. „Sie haben die Regeln gebrochen! Du weißt, was das bedeutet!“

„Hey!“ Inuyasha packte wieder ihren Arm und zog sie dicht an sich. Seine bedrohliches Gesicht beugte sich über ihres. „Hör auf so rumzuschreien, oder ich bringe dich zum schweigen.“

Yoko errötete, versunken in seinen funkelnden Goldaugen. „Ich bin ja schon ruhig“, schnurrte sie. „Himmel, wie dein Atem duftet! Küss mich!“

„Verschwinde!“ Mit einem angewiderten Schrei stieß er sie von sich, bemerkte dann die irritierten Gesichter.

„Küss mich?“, wunderte sich Anjaani.

„Küss mich passt doch nicht zu dir“, stimmte Yuki ihr zu, den Zorn einen Moment vergessend. „Ich hätte schwören können du sagst: Nimm mich!“

„So ein Unsinn!“, widersprach Yoko patzig. „Ich habe Zuma! Ich würde ihn nie betrügen, nicht einmal mit Inuyasha!“

„Ach und küss mich ist weniger schlimm? Ein Kuss ist auch Betrug an den Liebsten“, belehrte sie Yami.

„Sie mal einer an! Das sagt ja die richtige“, giftete Yuki.

„Was ist hier überhaupt los?“ Inuyashas Stimme grollte immer noch am lautesten. „Warum ist hier so ein Theater? Was sind die Goldenen Regeln? Und warum hat der grüne Zwerg nichts an?“

Alle drei Drillinge fingen gleichzeitig an zu reden, was schnell zu einer hitzigen Diskussion ausarterte, die einen brennenden Streit verursachte. Aryan und Anjaani tauschten einen Blick und nickten sich dann zu. Anjaani packte den überforderten Inuyasha und zu dritt gingen sie in ihre Wohnung. Überrascht verstummten die streitenden Schwestern und blickten sich im leeren Flur um.

„Wie erträgst du die denn?“, knurrte Inuyasha genervt.

„Ich liebe sie“, verteidigte Anjaani die Schwestern. „Sie sind die meiste Zeit wundervoll. Ich wüsste nicht, was ich ohne sie tun würde.“

„Dann erkläre mir mal, was die Goldenen Regeln sind und warum die so ein Theater machen.“

Jetzt errötete Anjaani und die Art, wie sie beschämt die Augen nieder schlug, ließ ihn genug ahnen. „Hast du dich denn nie darüber gewundert, warum Yuki und Yoko sich nie an Aryan rangemacht haben? Dich springen sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit an, aber von ihm haben sie immer die Finger gelassen.“

Stimmt, das verwunderte ihn Tag für Tag aufs Neue.

„Wegen der ersten goldenen Regel“, fuhr Aryan fort. „Ein Mann, der an einen der Drillinge vergeben ist, ist tabu für die anderen beiden. Yami hat diese Regel gebrochen, weil sie Yuichi Yamada küsste, den Yuki liebt. Aber das ist meine Schuld.“

„Und die zweite Regel?“, bohrte Inuyasha nach.

Aryan sah ihn ausdruckslos an. „Rate mal.“

„Nie beim Sex stören“, flüsterte Anjaani so leise, dass es selbst für sein Gehör fast zu leise war.

„Das ist ja widerlich!“ Er warf Aryan einen angeekelten Blick zu und wünschte sich, nicht gefragt zu haben. Das letzte, was ihn auf dieser Welt interessierte, war das Liebesleben der Nervensägen.

Aryan sah ihn mit seinen unergründlichen Augen an. „Wie gesagt, Yuki hat die Regel gebrochen.“

„Aber es wäre passiert! Bäh! Schämst du dich nicht?“

„Was geht dich das denn überhaupt an?“, wunderte sich Aryan. „Und gerade du musst mir keine Moralpredigt halten.“

Anjaani schlichtete, bevor Inuyasha noch ausrasten konnte. Aryan war immer gelassen und brachte ihn mit seiner ruhigen Art erst recht auf die Palme.

„Aryan ist eben der reifere von euch beiden“, zog sie ihn auf. Und Inuyasha schmollte. Zu seinem Glück tauchte keine der Dreien mehr bei ihnen auf.

„Die werden jetzt Kriegsrat halten, weil beide Regeln gebrochen wurden“, meinte Anjaani. „Die Diskussion wird wahrscheinlich die ganze Nacht dauern. Ihr werdet sehen, morgen früh, wenn sie hier zum Frühstück auftauchen, werden sie versöhnt, aber todmüde sein.“

Irgendwann würde Inuyasha einsehen, dass Anjaanis Vermutungen immer zutrafen. Yokos Kopf ruhte neben dem Frühstücksbrett, Yami saß an Aryans Brust geschmiegt und Yuki lehnte an Anjaanis Schulter. Alle Drei waren eingeschlafen. „Was hab ich gesagt?“, meinte Anjaani seufzend. „Die nehmen diese Regeln viel zu ernst.“

„Und was mache ich mit ihr?“, wandte sich Aryan an sie und streichelte Yami sanft durchs Haar. „Sie muss zur Arbeit, aber sie ist so müde. Ich kann sie doch nicht wecken.“

„Aber die hier werde ich wecken“, knurrte Inuyasha die schlummernde Yuki an, die sich enger an Anjaani schmiegte und die Hand in ihre Brust gekrallt hatte. „Selbst, wenn sie schläft, hat sie nur eines im Sinn.“

„Du weckst sie nicht“, verbot ihm Anjaani. „Ich koche Kaffee mit einen Spritzer Energie. Der wird sie munter machen. Hier, halt mal.“

Sie schob ihm Yuki in die Arme und machte sich am Kühlschrank zu schaffen.

„Hey!“, protestierte Inuyasha. „Was soll ich mit der?!“ Er schubste Yuki von sich, die im Stuhl zusammensackte und friedlich weiter schlief.

Als Anjaani fertig war, mussten die Drei nur noch geweckt werden. „Bei Yoko reicht es, sie zu rufen, Yuki übernehme ich und Yami...“

„... ist empfindlich am Ohr“, beendete Aryan den Satz.

Inuyasha konnte schon nicht mit ansehen, wie Aryan Yami liebevolle Worte ins Ohr hauchte und sie bei dem sachten Kuss, wie von der Biene gestochen hochschreckte. Doch, als er sah, wie Anjaani Yuki weckte, kochte die Eifersucht wie Säure in ihm hoch. Unfassbar! Er war eifersüchtig auf eine Frau!

Anjaani hauchte einen zarten Kuss auf Yukis Wange und wisperte: „Aufwachen, mein Häschen.“

„Mein Herz?!“ Yuki gähnte herzhaft. „Ich habe geschlafen.“

„Nicht nur du“, nuschelte Yoko. „Himmel, was mach ich nur, ich bin so müde!“

„Aani kommt zu Hilfe, meine Süßen“, zwitscherte Anjaani fröhlich. „Trinkt die, Inuyasha und ich müssen jetzt los. Ihr könnt zu Ende frühstücken. Aryan-nii, schließt du ab?“

„Natürlich.“

„Moment!“, riefen die Drillinge. „Wo wollt ihr hin?“

„Geht euch nichts an!“, grinste Inuyasha. „Ach, Anjaani. Ich hab die Spinne, die ich entfernen sollte, nicht gefunden.“ Über das plötzliche Gekreische der Drillinge lachend, warf er sich Anjaani auf den Rücken und sprang vom Balkon.

Anjaani konnte sich bei seinem schnellen Tempo nicht über diese gemeine Lüge beschweren. Kaum, dass sie beim Konditor gelandet waren, bei dem sie die Torten für die Geburtstagsparty bestellen wollten, klingelte auch schon Anjaanis Handy.

„Seid ihr nun auf festem Boden?“, meldete sich Aryans Stimme über ängstliches Gekreische hinweg. Sein Timing war perfekt wie immer.

„Auf die Sekunde genau. Tut mir leid, dass du nun solchen Ärger hast.“

„Hier ist keine Spinne, aber keine der Drei glaubt mir. Jedenfalls sind sie jetzt auch ohne Kaffee wach. Aber sie sind außer sich vor Angst, klär das bitte, oder Inuyasha hat wirklich großen Ärger am Hals.“

„Gib mir mal bitte eine der Drei. Yuki-Hase? Ich bin hier Häschen, bitte beruhige dich. Da ist keine Spinne, Inuyasha wollte euch nur ärgern. Wenn du dich jetzt beruhigst, bekommst du nachher einen Kuss von mir, ja? Du weißt doch ganz genau, dass ich sie alle entferne, bevor ihr herkommt. Yoko-Neko, hast du gehört? Sag das bitte auch Yami.“

„Yami hat sich in deinem Zimmer verkrochen“, meinte Yoko nun beruhigt. „Aryan wird wissen, wie er sie beruhigen kann.“

Errötend beendete Anjaani das Gespräch und wandte sich an den unschuldig lächelnden Inuyasha.

„Welche Spinne, Saajan?“

„Och, habe ich Spinne gesagt? Ich muss mich geirrt haben.“

„Du liebst es, ihnen einen Schock zu versetzen, was? Armer Aryan-nii“, lachte Anjaani.
 

So arm war Aryan gar nicht dran. Er verfluchte Inuyasha zwar innerlich, als er Anjaanis Schlafzimmer betrat, aber als er Yami zusammengekauert auf Anjaanis Bett sah, musste er bei dem Gedanken, wie er sie beruhigen konnte, lächeln.

„He, meine kleine Nachtigall, es gibt keine Spinne. Inuyasha hat euch nur einen Streich gespielt.“

Yami hörte ihm gar nicht zu. Ihr Körper zitterte leicht. „Wo ist die Spinne?“

„Yami“, sagte Aryan lauter und ging auf sie zu. „Es war nur ein Streich.“

„Du lügst“, hauchte sie.

Aryans Augen blitzten auf. Er stieß sie aufs Bett und ergriff ihre Handgelenke. „Seit wann fühlst du dich bei mir gar nicht mehr sicher?“

Yami starrte ihn mit rasendem Herzschlag an. Und Aryan konnte nicht widerstehen. „Ich nehme dir deine Angst“, flüsterte er und küsste sie verlangend. Völlig überwältigt beugte sie sich ihm entgegen und erwiderte seinen Kuss, gefangen unter seinem Körper.

„Schau, wie es hilft“, raunte er an ihren Lippen und intensivierte den Kuss. Yami schwanden alle Sinne.

„A-Aryan“, keuchte sie erregt. „Hör bitte auf...“

„Nein. Genau das wolltest du doch, weitermachen, wo wir gestern aufgehört haben...“

„Ja“, hauchte sie berauscht. „A-aber das ist A-Aanis Bett. Wenn du so weiter machst, wird mir das egal sein.“

Seine Lippen an ihrem Hals entlockten ihr ein sündiges Stöhnen und Aryans Muskeln spannten sich an. „Yami... wenn du so weitermachst, vergesse ich mich.“
 

„Du warst eine tolle Hilfe beim Konditor, Saajan.“ Anjaani strahlte ihn von seinem Rücken aus herzlich an. „Danke! Dafür vergebe ich dir auch die fiese Spinnen-Lüge“, lachte sie und schlang die Arme um seinen Hals. Ihre Wange schmiegte sich an seine.

Für den Moment war der Hundedämon völlig überrumpelt und geriet ins Straucheln. Wenn er jetzt leicht den Kopf drehte, würden sich ihre Lippen berühren... Gerade im Sprung war das keine gute Idee.

„Sie nerven mich schließlich die ganze Zeit“, beschwerte er sich. „Eigentlich quäle ich sie zu wenig! Wieso musst du mich immer daran hindern?“

„Du quälst Yami mit deinen Wutausbrüchen schon genug.“

„Das kommt davon, wenn man sich mit einem mächtigen Dämon anlegt. Leider unterschätzen mich die anderen Zwei, sonst hätten sie erheblich mehr Respekt vor mir.“

„Komm bloß nicht auf dumme Gedanken“, schimpfte sie. „Ich weiß, wie gefährlich du bist, lass es!“

Inuyasha zuckte bei diesen Worten zusammen. Der Damm brach. Der Damm, der seine Gefühle so sicher vor ihr verwahrt hatte.

„Was ist los? S-Saajan?!“

Inuyasha war auf einem Flachdach stehen geblieben und hatte sie abgesetzt. Seine Augen so voller Schmerz, versetzten Anjaani einen Schock.

„Es tut mir leid“, flüsterte er und wandte sich von ihr ab. Er konnte sie nicht ansehen. „Ich habe nicht nachgedacht, als ich gesprochen habe. Ich würde ihnen nie die Schmerzen antun, die ich dir angetan habe.“ Seine Schultern bebten, seine Zähne knirschten, er quälte sich vor Schuldgefühlen. Wie hatte er sie so lange vor ihr versteckt? „Ich würde nie... aber ich habe dir wehgetan. Gerade dir! Ich bin ein Monster. Ich-“

„Saajan!“ Anjaani warf sich in seine Arme. „Sag sowas bitte nicht“, flehte sie, schmiegte den Kopf an seine Brust und drückte sich fester an ihn. Inuyasha war wie erstarrt, als er sah, dass sie weinte. „Rede nie wieder so, mein Herz“, schluchzte sie leise. „Es tut mir weh, wenn du sowas sagst. Du bist und bleibst das wundervollste Wesen, das es gibt.“

„Ist ja g-gut“, stotterte er. „Nur bitte, hör auf zu weinen.“

„Ich weine, weil ich deine enormen Schuldgefühle fühle. Wie sehr sie dich quälen!“

„Weil ich dir nicht gut tue“, stöhnte Inuyasha und raufte sich die Haare. „Ich bin eine Gefahr für dich.“

„Wie bitte?!“ Anjaani blieb vor Entsetzen das Herz stehen. „Was redest du da? Das war Inu-chan, nicht du!“

„Ich denke darüber nach, seit dem ich dich vor mir selbst retten musste, dich vor mir selbst beschützen musste. Seit dem ICH dich fast getötet hätte! Ich frage mich, ob du ohne mich nicht in Sicherheit wärst.“

Anjaani versagte der Atem. NEIN! Er wollte sie verlassen! NEIN!!!

„Ich frage mich, ob es nicht besser für dich wäre, wenn ich nicht bei dir wäre. Aryan kann dich besser beschützen. Es ist besser für dich, wenn ich gehe...“

„Nein, ich will nicht ohne dich!“, schrie sie und schlang verzweifelt die Arme um seinen Hals. „Mein Leben ist nichts ohne dich! Du bist die Sonne in meiner Welt! Ich liebe dich, Saajan!“

Inuyasha sah sie an, der Schmerz verschwand aus seinem Gesicht. „Mein Engel“, raunte er und legte die Arme um sie.

„Nimm die Finger von ihr, dreckiger Hanyou!“

Reflexartig stieß Inuyasha sie hinter sich, stellte sich dem störenden Dämon entgegen.

„Was willst du?“, knurrte er zornig.

„Ich will deine Kleine. Du als wertloser Hanyou erhebst Rechte auf sie. Das geht mir gegen den Zeiger.“

„Weißt du, was mir gegen den Zeiger geht“, schrie Anjaani zornig und schob Inuyasha weg. Das letzte Mal, als er sie so wütend erlebt hatte, hatte sie einen Bankräuber in der Tankstelle verprügelt.

„Ich hab es so satt, dass ihr bescheuerten Dämonen mir hinterher rennt, wie die Dackel! Das steht mir bis hier oben!“ Anjaanis Toben und Fäustefuchteln verschreckte den Youkai, er entfernte sich langsam von ihr. „Sucht euch verdammt noch mal eine Dämonin, der ihr hinterher hecheln könnt! Du hast gerade einen der schönsten Momente meines Lebens zerstört! Was fällt dir eigentlich ein?! Verschwinde, du Vollidiot!“

„Vollidiot?!“

„Äh, Anjaani...“ Inuyasha zog sie sanft fort. „Hör auf, ihn zu beleidigen. Ich erledige ihn schon.“

„Lass mich! Was bildet der sich ein? Was erlaubt der sich eigentlich?! Rechte auf mich zu erheben, bin ich ein Spielzeug, oder was?!“

Der Youkai war von ihrem Verhalten so verwirrt, dass er nicht wusste, wie er reagieren sollte. „Du liebst ihn“, meinte er nur deprimiert. „Du verschwendest deine Gefühle für einen Hanyou. Dieser Wicht ist nicht halb so viel Mann wie ich.“

Anjaanis Zornesgesicht entgleiste und sie brach in schallendes Gelächter aus. Verdutzt starrten die zwei Dämonen sie an. „Was ist denn jetzt los?“, fragte der Youkai.

„Das weiß ich auch nicht“, wunderte sich Inuyasha. „Anjaani?“

„Ich krieg mich nicht mehr ein“, kicherte Anjaani. „Du lächerlicher Wicht nennst dich einen Mann! Der einzige Mann, den ich hier sehe, ist Inuyasha. Und wenn er dir nicht gleich das Fürchten lehrt, kriegst du es mit mir zu tun!“

„Das hat kein Dämon verdient“, zwinkerte ihr Inuyasha zu und zog sein Schwert.

„Ihr wagt es, euch über mich lustig zu machen?! Ich werde vielleicht draufgehen, aber ihr werdet eure Unverschämtheit büßen!“

„Das sehe ich nicht so!“

„Saajan, pass auf!“, schrie Anjaani. Der Youkai erzeugte gerade eine schwarz glühende Energiekugel, doch das Schwert war schneller. Anjaani wandte den Blick ab. Sie konnte nie zusehen, wenn Inuyasha einen Dämon tötete. „Anjaani, was ist das?!“

Überrascht sah Anjaani, dass die dunkle Energiekugel noch am selben Ort schwebte. „Das ist ein Fluch“, meinte sie ängstlich. Wir müssen Aryan schnell anrufen, um ihn zu neutralisieren.“

Doch ehe sie ihr Handy zücken konnte, erstrahlte die Fluchkugel und hüllte alles in gleißendes violettes Licht. Anjaani kniff geblendet die Augen zu und biss die Zähne zusammen, als etwas an ihrem Körper riss. Diese Kraft war so stark, dass es sie zu Boden warf. Doch plötzlich verschwand das Licht wieder. Der Fluch war anscheinend nicht so gefährlich wie gedacht.

Völlig benommen sprang Anjaani auf die Beine, war jedoch so geblendet, dass sie immer noch nichts sehen konnte. Dafür schien sie aber in bester körperlicher Verfassung zu sein. Seltsam, so leichtfüßig wie eben war sie noch nie aufgestanden. Sie fühlte sich so fit wie noch nie. Ihr Körper schien vor Kraft zu strotzen, als könnte sie ganze Bäume ausreißen. Langsam erholten sich ihre Augen und als sie wieder scharf sehen konnte, erschrak sie fast zu Tode. Sie sah etwas zu scharf! Was war hier nur los? Sie hatte zwar immer eine perfekte Sehschärfe gehabt, doch nun konnte sie Dinge scharf sehen, die eigentlich zu weit entfernt waren. Und wieso nahm sie plötzlich so viele Gerüche wahr? Ein Geruch drang ihr besonders in die Nase. Ein Duft, der so unwiderstehlich war, dass ihr ganz schwindelig vor Verlangen danach wurde. Sie wandte sich nach diesem traumhaften Duft um und vor Schreck fuhr es ihr eiskalt den Rücken runter. Eine junge Frau lag neben ihr auf dem Boden. So etwas Schönes hatte sie nie zuvor gesehen. Die schwarzen Engelslocken schimmerten wie reine Seide in der Sonne. Die dunklen Wimpern, waren unnatürlich lang und dicht, ganz zu schweigen von den dunkelroten, vollen Lippen. Sie hatte einen Körper für den Anjaani sterben würde. War das ein leibhaftiger Engel? Und dann erkannte sie die hauchzarte, smaragdgrüne Pumphose der jungen Frau. Sie besaß denselben Salwar Kameez... Das war SIE! Neben ihr lag ihr eigener Körper auf den Boden! Gute Güte, war sie tot?!

„Inuyasha!“, schrie sie. Im selben Moment wurde ihr speiübel. Ihre Stimme klang genau wie die von Inuyasha. Sie senkte den Kopf, um sich zu betrachten, die Haarsträhnen, die ihr über die Schulter fielen, waren nicht wie gewohnt schwarz, sondern weiß. Ihre Krallen blitzten in der Sonne. Wie von selbst griff ihre Hand an ihre Brust... nichts! Alles nur Muskeln. Aber was für Muskeln!

Anjaani begriff. Sie steckte in Inuyashas Körper! Himmel, nein! Das würde dann bedeuten.... Sie blickte auf ihre Gestalt hinab. Duftete sie wirklich so gut? Zum ersten Mal sah sie sich an und fand sich mehr als nur schön. Sie war traumhaft! Die glänzenden Locken, die roten Lippen, die weiche, goldene Haut... Sie sah sich mit Inuyashas Augen... war sie so schön für ihn?

Oh Gott, wie würde er darauf reagieren? Das Mädchen neben ihr öffnete die braunen Augen und ihr schönes Gesicht wurde leichenblass. „Ich bin tot!“, japste es entsetzt, hielt sich im selben Moment den Mund zu, als Anjaanis Stimme erklang.

„Saajan, wir haben ein Problem“, seufzte Anjaani mit Inuyashas Stimme.

„Waaaas?! Ich bin eine Frau!“ Mit schockgeweiteten Augen blickte er an sich herab. „Das darf doch nicht wahr sein! NEIN!!!“

Mit Anjaanis nun empfindlichen Ohren, tat sein Gezeter richtig weh. Sie hielt sich die Ohren zu, vergaß, dass sie ihr jetzt auf dem Kopf saßen. „Das ist ja toll!“, rief sie begeistert und fasste sich an die Hundeohren. Oh, die waren aber empfindlich! Kein Wunder, dass Inuyasha es liebte, wenn sie ihn da streichelte. Inuyasha hielt in seinem Gemecker inne. „Was ist bitte so toll dran?! Ich habe verdammt noch mal Brüste!“

„Fass da nicht hin?! Spinnst du?!“ Anjaani packte seine Hände, die sich automatisch an die Brüste gelegt hatten. „Aua! Anjaani!“

Anjaani bemerkte nicht, dass sie ihn zu fest gepackt hatte und ließ sofort los. „Es tut mir leid“, entschuldigte sie sich hastig. „Ich bin so stark und ich bemerke es gar nicht. Wie machst du das, so sanft zu sein?“

„Gewohnheit“, erklärte er mit ihrer Frauenstimme. „Wie hältst du es aus, so schwächlich zu sein? Guck dir nur mal deine dünnen Ärmchen an!“

„Pass ja auf, mein Lieber. Sonst kriegst du deine Krallen mal selbst du spüren. Aber jetzt mal ernst. Was machen wir jetzt? So können wir nicht bleiben. Es ist komisch, wenn ich mit deiner Stimme spreche.“

Stumm sahen sie sich an. Diese Situation war unheimlich und ziemlich peinlich.

„Wie müssen besprechen, was wir jetzt tun“, entschied Anjaani. „Am besten nach Hause. Wie hältst du diesen Lärm eigentlich aus?“ Doch als sie ihre Hundeohren berühre, erhellte sich ihr Gesicht und sie grinste glücklich.

„Nimmst du die Hände da weg“, beschwerte sich Inuyasha. „Hör auf, die ganze Zeit an deinen Ohren rumzufummeln. Das sieht peinlich aus. Verdammt, Anjaani!“

Anjaani starrte ihn an, in ihr Gesicht! Ihre braunen Augen blitzen, ihre roten Lippen bebten. War sie wirklich so sexy, wenn sie wütend war? Und plötzlich bemerkte sie es, dieses Ziehen in den Lenden. „Meine Güte, ich bin ja ein MANN!!!“

Vor Schreck zuckte sie zusammen, wandte sich um und rannte weg. Doch sie vergaß, wie schnell sie nun war, wie hoch sie sprang. Sie geriet vor Überraschung ins Straucheln und stürzte. Der Schmerz kam schnell, verflog aber auch sofort wieder.

„Das ist ja nicht zum Aushalten“, schimpfte Inuyasha hinter ihr. „Du bist peinlich!“ Er verschränkte die Arme vor der Brust, errötet, weil der Busen im Weg war. Himmel, er hatte fast vergessen, dass er in einem Frauenkörper steckte! Und nicht in irgendeinem Körper, nein in ihrem! Er sah den Unmut darüber in den Bernsteinaugen. Zum ersten Mal sah er sein Gesicht durch ihre Augen. Er hatte wirklich schöne Augen. Kein Wunder, dass sie ihn immer so verträumt in die Augen sah. Aber wenn das so war, musste sie sich selbst durch seine Augen sehen können! Oh Gott und er war gerade wütend gewesen! Anjaani war wütend so attraktiv.

„Bitte lass uns gehen, Inuyasha“, bat sie. „Ich halte den Lärm hier nicht aus.“

„Also gut, aber du musst mich tragen. Ich will, dass du weißt, wie schön es ist, über Dächer zu springen.“

Es war unheimlich, wie stark sie jetzt war. Inuyasha auf ihrem Rücken war federleicht, nur die Brüste spürte sie deutlich gegen ihre Schulterblätter gepresst.

„Was ist“, beschwerte er sich. „Spring los!“

„Sag mal...“

„Ja?“ Misstrauisch betrachtete er das knallrote Gesicht. Sah er immer so bekloppt aus, wenn er errötete?

„Drücken meine B-Brüste immer so an deinem Rücken?“

„Was?!“ Vor Schock wäre er glatt von ihrem Rücken gepurzelt. „Wie kannst du sowas fragen? Wie können die dich nicht stören? Die hüpfen bei jedem Schritt.“

„Sag mal, spinnst du!“, brüllte Anjaani. „Hör auf, dich zu befummeln!“

Den Heimweg verbrachten sie zankend. Vor allem, weil Inuyasha sich darüber beschwerte, wie langsam sie war. Sein Körper konnte eindeutig mehr. Anjaani traute sich nicht, die volle Kraft ihres neuen Körpers zu entfesseln, weil sie nicht wusste, ob sie die Kraft kontrollieren konnte. Sie sprang zwar nicht so hoch wie Inuyasha immer, aber es machte Spaß. Ignorierend, dass sie ihren Frauenkörper verletzte, ließ sie ihn unsanft zu Boden fallen, als sie auf den Balkon sprang.

„Hey, aua!“ Inuyasha rieb sich den schmerzenden Hintern. Den runden, festen Hintern...

„Nimmst du deine Finger da weg!“, keifte Anjaani.

„Ich kann nun mal nicht verhindern, mich zu berühren“, grollte er zurück. „Wenn es dich so sehr stört, dann hol Aryan her!“

„Der ist heute Abend bei den Drillingen zum Essen eingeladen. Er wird offiziell als Yamis Freund vorgestellt. Gott sei Dank, ich will nicht, dass die Drei davon wissen.“

„Aha, werden die dich etwa nerven? Wirst du ihre kreischenden Stimmen nicht ertragen?“

„Inuyasha! Müssen wir wirklich so ein peinliches Gespräch führen? Wenn ich praktisch du bin, glaubst du, die lassen ihre Finger von mir? Dann erst recht nicht! Vor mir haben sie keine Angst. Und ganz im ernst, sie werden wissen wollen, wie es sich anfühlt...“

„Wie sich was anfühlt?“

„Wie es sich anfühlt, ein Mann zu sein“, hauchte sie leise und wackelte eindeutig mit der Hüfte. „Die nennen das DingDong. Und darüber will ich nicht reden!“

Inuyasha begriff und sein Gesicht ging in Flammen auf.

So beschlossen sie, den Freundinnen nichts zu verraten, bis Aryan die Sache nicht geregelt hatte. Dafür mussten sie den anderen aber überzeugend spielen können.

„Das schaffe ich“, behauptete Anjaani.

„Ach ja?“, funkelte Inuyasha. „Hör auf, deine Haare zu zwirbeln! So benimt sich kein Mann!“

„Entschuldige. Ich fühle mich mit deinen langen Haaren weiblicher.“

„Weiblicher?! Ich bin ein Mann!“

„Weißt du wie lächerlich das aussieht, wenn eine Frau das sagt?“, grinste Anjaani. „Ich schaffe das, wie du zu sein. Ich muss einfach nur meckern und motzen und auf alles patzig antworten. Ich werde mich auch im männlichen Benehmen üben. Du hingegen musst dich in Freundlichkeit üben. Und lass deine Brüste in Ruhe!!!

„Die sind im Weg, verdammt!“

„Ach ja, glaubst du mich stört das beim Gehen nicht?!“

Stunden später hatte sich Inuyasha von dem Schock, in den sie ihn versetzt hatte, immer noch nicht erholt.

Geschah ihm recht! Sie war schließlich diejenige die darunter litt, in einem anderen Körper zu stecken. Er hatte nur ihre Brüste und er schien es sogar heimlich zu genießen. Sie dagegen war es nicht gewohnt, etwas zwischen den Beinen baumeln zu haben. Etwas, das sie hasste, wie nichts anderes auf der Welt. Zwischen den Beinen baumeln...? Als sich Anjaani dabei ertappte, dass sie genau mit den Worten der verdorbenen Drillinge dachte, stieß sie einen entsetzten Schrei aus. Das Glas, das sie gerade spülte, zersprang in ihrer Hand. Sie rümpfte die Nase vor dem kalten, metallischen Geruch des Blutes.

Inuyasha stürmte in die Küche, ihr Schrei hatte seine Starre gelöst.

„Was ist passiert?!“, rief er. Anjaani überraschte es immer wieder, wie erträglich ihre Stimme war, selbst wenn sie so schrill kreischte. Kein Wunder, dass Inuyasha von ihrem Gebrüll nicht so genervt war.

„Warum bist du nackt?“, entsetzte sich Inuyasha. Anjaanis Frauenkörper, den er nun besaß, reagierte auf die entblößten, männlichen Muskeln und Inuyasha errötete.

„Erstens bin ich nicht nackt“, belehrte ihn Anjaani mit blitzenden Sonnenaugen. „Ich habe nur das Hemd ausgezogen, weil mir zu warm ist. Zweitens, wenn ich schon ein Mann bin, will ich auch die Freiheit genießen, unbekleidet rumlaufen zu dürfen. Und drittens...“ Sie beugte sich mit einem fiesen Grinsen zu ihm herab. „Stört dich der Anblick?“

„D-das ist mein Körper! Warum sollte es mich stören“, stammelte Inuyasha. Der goldene Ring um seine Pupille weitete sich. Anjaani registrierte das kommentarlos

„Weil du dich durch meine Augen siehst“, lachte sie. „Ein schöner Männerkörper hat auf eine Frau eine ganz andere Wirkung, als auf einen Mann. Und du weißt, wie ich reagiere, wenn du so rumläufst. Jetzt weißt du, warum es mich stört!“

„Du bist schrecklich“, fauchte er. Doch Anjaani hatte noch nicht genug. „Sag mal Inuyasha? Sehe ich immer so sexy aus, wenn ich mich aufrege?“

Mit flammendem Gesicht schnappte er nach Luft.

„Es tut so gut, zu siegen, Saajan. Jetzt kannst du deine billigen Drohungen nicht einsetzen. Ich glaube nicht, dass du dich selbst gerne küssen wollen würdest. Selbst wenn, ich könnte dich jederzeit daran hindern.“

„DU!!!“ Inuyasha bebte vor Zorn. „Ich habe deine Energie! Also pass aus!“

Anjaanis Grinsen schwand kurz, dann prustete sie los. „Meine Energie steckt nicht in meinem Körper, du Genie. Sondern in meiner Seele. Soll ich es dir zeigen?“

Inuyasha erschrak, als die Bernsteinaugen plötzlich golden wurden und dann spürte er sie in sich. Es dauerte keine Sekunde, Anjaani zuckte weg. Für einen Moment hatte sie einen Ausdruck im Gesicht, den er nicht zu deuten wusste, dann verschwand es hinter der steinernen Mauer seiner undurchdringlichen Mimik.

„Hast du wirklich geglaubt, du hättest meine Feinfühligkeit? Lass uns mit dem Streiten aufhören, ich habe mich vorhin nur geschnitten, weil ich deine Kraft nicht unter Kontrolle habe. Schau. Huch!“ Anjaani untersuchte ihre Hand. Da war doch eben ein tiefer Schnitt gewesen.

Inuyasha grummelte. „Du steckst in einem Dämonenkörper, schon vergessen?“

„Das geht mir langsam auf die Nerven. Ich fühle mich in mir viel wohler. Obwohl ich zugeben muss, dass deine Kraft und deine scharfen Sinne wundervoll sind.“

„Warte, bis die Nervensägen hier auftauchen. Dann wirst du dein gutes Gehör verfluchen.“

„Wenn es so schlimm ist, wie du sagst, fliehe ich einfach durchs Fenster. So würdest du dich benehmen.“

„Wenn du dich traust von da runter zu springen.“

„Ich werde fliehen müssen, wenn sie uns durchschauen. Und du wirst dich sicher verraten.“

„Warum ich?“, plusterte er sich auf und stellte sich auf die Zehenspitzen. Es regte ihn mächtig auf, dass er zu ihr herauf sehen musste. Er hatte das Verlangen danach, die weißen Harre zu packen und Anjaani zu sich runter zu ziehen, wie sie es bei einem Streit immer tat. Aber Vorteile hatte dieser Körper auch. Er bewegte sich geschmeidiger und federleicht. Außerdem waren diese zierlichen Finger geschickter und er war biegsamer.

„Wie reagiere ich, wenn die Drillinge uns besuchen?“, wollte Anjaani wissen.

Und Inuyasha begriff. „Du freust dich sie zu sehen.“ Er spie die Worte aus wie Gift.

„Und wie reagierst du?“

„Ich renne weg.“

„Du musst die Drei täuschen. Das wird nicht schwer, ich werde immer versuchen, sie von dir abzulenken. Aber Aryan-nii ist ein harter Brocken.“

„Ich schaff das schon. So schwer ist das nicht. Ich muss nur mit dem Hintern wackeln, die Haare schütteln, diese komischen Bewegungen mit den Händen machen und mich über jede Kleinigkeit wie eine durchgedrehte Hyäne freuen.“

Ein Knurren sammelte sich in Anjaanis Kehle. „Ach ja? Und weißt du, was du nicht tun darfst? Keine patzigen Antworten, keine genervtes Stöhnen, kein Fauchen, kein Brüllen, kein noch so winziges Knurren, kein Ignorieren, keine bösen Blicke, kein Geschrei, keine Widerworte, kein-“

„Ist ja schon gut! Hört das denn nie auf?“

„Oh, mein Lieber, ich kann lange so weitermachen“, lachte sie.

„Was mache ich, wenn sie Hindi sprechen?“

„Saajan, wir sehen sie erst morgen. Bis dahin müssen wir die Nacht überstehen. Und das wird nicht ohne Streit gehen.“

„Wieso das denn?“

Das bemerkte er nur früh genug. Sie verbot ihm nämlich, sich umzuziehen, beziehungsweise auszuziehen.

„Glaubst du, ich bin scharf darauf, so ein Mädchennachthemd zu tragen“, keifte er. „Aber ich kann in dieser Kleidung nicht schlafen!“

„Darum geht es nicht“, schrie Anjaani zurück. Sie selbst saß nur noch in Boxershorts da. Die Privilegien eines Männerkörpers genoss sie sichtlich. „Du musst dich ausziehen, wenn du das Nachthemd anziehst! Ich will das nicht!“

„Als ich auf die Toilette musste, hast du mich gelassen.“

„Ja, aber danach habe ich dir die Erinnerung genommen.“

„Und du hast deine noch!“

„Du hast auch gewisse Erinnerungen, die ich nicht mehr habe!“

Daraufhin errötete Inuyasha und wandte den schwarzen Lockenkopf ab. „Dann schlafe ich eben gar nicht!“

„Meine Güte, dann zieh dich aus, aber lass den BH an!“

„Aber der stört so! Wie haltet ihr Frauen das in diesen engen Dingern aus?!“

Bevor sie endgültig die Beherrschung verlor, besann sie sich, dass es für ihn genauso unangenehm war. Sie war bei seinem Körper zwar zimperlich, aber das wusste er nicht.

„Ich ziehe dich aus“, seufzte sie.

„Wie bitte?!“

„Das ist mein Körper, verstanden? Mach die Augen zu.“

Grummelnd gehorchte Inuyasha. „Wenn du sie aufmachst, kriegst du deine Krallen zu spüren“, drohte sie und es war keine leere Drohung.

„Ach, du meine Güte, wie machst du das mit diesen langen Krallen“, schimpfte sie dicht hinter ihm, mühte sich mit dem BH-Verschluss ab.

Gar nicht. Das einzige Mal, als er sie entkleidet hatte, hatte er das Teil zerfetzt. Er spürte, wie sie die Haken öffnete. Der BH glitt von seinen Schultern, der Stoff streifte seine Brustwarzen und erschrocken bemerkte er, wie empfindlich er dort war.

„Die sind sehr empfindlich, besonders wenn ich kurz vor meiner Periode bin“, brummte sie und ohne nachzudenken, stupste sie es mit den Fingern an.

Inuyasha zuckte zusammen und ehe er losschreien konnte, hatte sie ihm das Nachthemd über den Kopf gezogen.

„Sag mal, spinnst du, Anjaani?!“

„Die gehören immer noch mir, Saajan. Außerdem war es nicht absichtlich.“

Inuyasha mied es, an sich herabzusehen, wütend starrte er sie an, mit golden blitzenden Augen. Verdammt, diese Berührung war so intensiv gewesen, es war fast unerträglich. In dieser einen Nacht hatte er sie genau dort geküsst. Sie war vor Verlangen fast wahnsinnig geworden. Jetzt verstand er warum.

Und die Erinnerung daran raubte ihm den Schlaf. Verdammt, er wollte in seinen eigenen Körper zurück! Obwohl er ihren Duft neben sich nicht wahrnahm, konnte er nicht schlafen.

„Sag mal, Saajan“, flüsterte seine Stimme im Dunkeln. Er wandte sich seiner Stimme zu. Und sein neuer Körper zuckte automatisch vor seinen gelb glühenden Augen zusammen. Sie hatte ihm nie gesagt, dass sie sich vor diesem Anblick fürchtete. Deswegen machte sie also immer das Licht an.

Klang seine Stimme eigentlich wirklich so schön, oder lag es daran, dass er sich durch ihre liebevolle Sicht wahrnahm?

„Du, Saajan?“

„Was ist“, flüsterte er leise. Er konnte sie nicht genau erkennen, aber er wusste, wie gut ihre Augen sahen.

„Nimmst du meinen Geruch immer so stark wahr?“

„Ja.“

„Wie kannst du bitte schlafen?“

„Das ist Gewohnheit. Jeder riecht so intensiv für mich. Aber ich bin an deinen Duft gewohnt. Um ehrlich zu sein, beruhigt er mich. Wie riechst du deinen Körper?“

„Ich rieche gut“, sagte sie nur.

„Ich kenne keinen schöneren Duft.“

Darauf antwortete Anjaani nichts. Schnell schlief sie ein. Es war zum Glück nur ihr eigener Duft, den sie so stark wahrnahm. Wäre es Inuyashas Duft... Himmel, das wäre unerträglich schön!

Und Inuyasha, von seinen scharfen Sinnen befreit, schlief ebenfalls schnell ein. Er fiel in dunkle, Träume, voller Schmerz, Demütigung, Verachtung und Einsamkeit. Bis er begriff, dass es Anjaanis Erinnerungen waren. Harte, verletzende Worte, schmerzende Schläge, hasserfüllte Blicke. Das Gefühl ungeliebt und wertlos zu sein. Dann diese Dunkelheit, pure, drückende Dunkelheit, in der ab und zu das Trippeln kleiner Füße ertönte. Das grauenhafte Gefühl der Ratten am Körper, diese Angst.

Die Verzweiflung, die jedes Mal mächtiger über ihn brach, tief in sein Herz stieß und es zerriss. Er träumte von Anjaanis 10. Geburtstag. Niemand war da, sie war allein. Drei Tage war die Familie fort, Anjaani hungerte. Der Wunsch wurde unerträglich, einen einzigen Geburtstag zu feiern, mit Menschen, die sie liebten. In dieser Nacht kam zum ersten Mal die Hoffnung. Anjaani träumte von ihm! Es war tatsächlich er, der ihr erschien. Seine Stimme, die ihr ein schönes Leben versprach. Inuyasha, ihr Saajan, wurde ihre Hoffnung und ihre größte Sehnsucht. Und er spürte, wie stark die Liebe war, die sie für diese Traumgestalt empfand und wie bedingungslos. Nun konnte er sich ungefähr vorstellen, wie sie empfunden haben musste, als er tatsächlich erschienen war.

Saajan beherrschte ihre Träume jede Nacht, gab dem kleinen Mädchen Kraft, ihr furchtbares Leben zu ertragen. Auch tagsüber stellte sie sich ihn vor in Momenten der Einsamkeit. Dann erschien Rajesh zum ersten Mal. Anjaani war 14 als sie ihm begegnete. Er rettete sie vor der Bedrängnis durch ihren älteren Bruder. Es war das Gesicht ihrer Träume und Anjaani wähnte sich glücklich. Doch Inuyasha spürte, dass ihr etwas fehlte.

Verbissen suchte sie Saajan in ihm, ließ sich von der Ähnlichkeit blenden. Er war ihr Retter, nahm sie bei sich auf und befreite sie von ihrer Familie. Raj war zu dem Zeitpunkt 18, besaß eine eigene Wohnung. Doch er war launisch und selbstsüchtig. Er begehrte Anjaani, war aber egoistisch. Stets kritisierte er sie, beschwerte sich und Anjaani litt stumm. Sie glaubte fest daran, in Raj den Retter aus ihren Träumen zu sehen. Trotz allem verschwand Inuyasha nie aus ihrem Herzen. Sie sah ihn immer noch vor sich, wenn sie die Augen schloss. Dabei hatte sie ihn doch in Raj gefunden, oder?

Vier Jahre vergingen, mittlerweile war Anjaani verlobt. Sie liebte Raj, genoss seine Berührungen jedoch nicht wirklich. Je mehr sich Anjaani veränderte und schöner wurde, desto stärker war Rajs Verlangen nach ihr. Bis es unerträglich war. Sie sah es in seinen Augen. Die Angst vor ihm erwachte.

Letztendlich herrschte zwischen beiden jede Nacht schlechte Stimmung, da sie sich weigerte, in sein Bett zu kommen. Sie blieb bei ihm, zu ihrer Familie konnte und wollte sie nicht zurück. Überall war es schöner, als bei ihrer Familie. Da sie ihn so liebte, nahm sie ihren Kummer hin. Bis zu jenem schicksalhaften Tag...

Inuyasha wusste, was jetzt geschehen würde. So sehr er es auf versuchte, er wachte nicht auf. Und mit Grauen konnte er nur abwarten, was geschehen würde. Anjaani trat aus dem Zimmer, nur in Unterwäsche gekleidet. In dem Moment betrat Raj die Wohnung. Inuyasha sah alles aus Anjaanis Augen. Er spürte ihr nacktes Grauen, als sie Rajs besessene Augen sah. Ehe sie sich versah, war er bei ihr. Er erlebte diesen Augenblick, als würde er tatsächlich geschehen, sogar ihre Schmerzen nahm er war. Diese Pein, die Qual, die Demütigung, ihm schutzlos ausgeliefert.

Raj riss sie zu Boden. Er war stark, viel zu stark für einen Menschen und er verging sich voll Gier an ihr. Er riss an ihren Haaren, zerkratzte, zerquetschte, zerbiss, in blinder, rasender Gier. Und Anjaani wollte sterben. Vor Schmerzen blind, wehrte sie sich, wodurch ihr Raj nur noch mehr Verletzungen zufügte. Doch dann, völlige Lähmung, als sie der sengende Schmerz durchbohrte... als er sie beschmutzte. Ohnmächtig ließ sie geschehen, dass er seine Gier nach ihr stillte, niemand hörte ihre Schreie. Und der Schmerz nahm zu, bis er so unerträglich wurde, dass er sie in tiefe Finsternis riss.

Als Anjaani erwachte, war es dunkel und kalt in der Wohnung. Der Schmerz zwischen ihren Beinen war so groß, dass er sie lähmte. Ihr Körper war übersät mit blutenden Wunden... sie lag in ihrer eigenen Blutlache.

Mit einem Schrei erwachte Inuyasha aus dem Alptraum. Er zitterte und bebte, vor Grauen geschüttelt. Dieses Bild ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Anjaani verwundet, blutend, fast zerfetzt, halb tot.

„Saajan!“ Die weiche, samtige Stimme aus den sehnsuchtsvollen Träumen drang durch den Schleier aus Blut und Schmerz und gleichzeitig erfüllte diese unglaubliche Wärme den Raum. Sie durchdrang alles, vertrieb diese alptraumhaften Bilder, vertrieb das Gefühl, durchstochen zu werden. Da war es, das hell leuchtende Gesicht ihrer Träume. Saajan...

„Inuyasha, komm zu dir!“

„Saajan?“

„Du bist Saajan, ich bin Anjaani! Was ist denn nur los?“

Inuyasha schüttelte den Kopf. Er war so gefangen in Anjaanis Erinnerungen gewesen, dass er vergessen hatte, dass er nicht Anjaani war. Für einen Moment hatte er es gefühlt... Er war alles für Anjaani. Er war die Sonne und die Sehnsucht. Wie sehr musste sie ihn lieben, wenn er die grausamen Erinnerungen verblassen lassen konnte?

„Inuyasha, geht es dir gut?“

„Raj“, stammelte er keuchend. „R-Raj. Blut...“

„Oh nein!“ Anjaani begriff und tiefer Schmerz erfasste sie. Er hatte es mit angesehen. Er hatte es erlebt. Doch Inuyasha wäre nicht Inuyasha, wenn er sich nicht schnell wieder beruhigen konnte.

„Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, raunte er voll Qual in der Stimme. „Wie hast du das überstanden?“ Doch er wusste die Antwort.

„Ich hatte dich“, meinte sie. „Die Hoffnung, dich irgendwann zu finden hat mich alles ertragen lassen.“

Ihre Worte klangen ihm noch lange im Gedächtnis. „Erzähl mir, was du gesehen hast“, bat Anjaani.

„Viele deiner Erinnerungen“, sagte Inuyasha. „Und keine einzige war auch nur angenehm. Allein die Momente mit den Nervensägen waren schön. Und ich habe Raj gesehen. Du hast recht, er ist nicht wie ich. Deine Gefühle für ihn und für mich sind ganz anders. Ich habe ihn keinen einzigen Moment mit mir verglichen.“

„Weil ich dich nicht mit ihm vergleiche“, flüsterte Anjaani leise. „Und du hast es gefühlt. Siehst du jetzt, dass ich Raj und dich unmöglich vergleichen kann? Siehst du, warum ich Raj nicht in dir sehe? Unterschiedlicher können zwei Personen nicht sein. Du warst das schönste in meinem Leben, meine größte Freude, meine schönste Wonne, obwohl du nur ein Gedanke warst, ein Traum. Wo hat denn meine Erinnerung aufgehört?“

„Als du verwundet und allein aufgewacht bist.“

Anjaani schauderte bei der Erinnerung. „Schade, dann hast du nicht gesehen, was die Drillinge für mich taten. Sie waren immer an meiner Seite. Sie waren immer für mich da. Sie würden ihr Leben für mich geben und ich meines für sie. Ich verstehe nicht, warum du sie nicht leiden kannst.“

„Es ist nicht so, dass ich sie nicht leiden kann, aber ich kriege Kopfschmerzen von ihnen.“

„Inuyasha!“

„Nein, ich meine es ernst. Ihre Stimmen tun mir wirklich in den Ohren weh, besonders wenn sie laut sind. Es ist ein so penetranter, hoher Piepston. Aber als Mensch höre ich ihn nicht.“

„Du meinst, sie haben einen Ton in der Stimme, den nur so Wesen wie Hunde hören können? Wie bei einer Hundepfeife?“ Anjaani musste lachen. „Na, die werden sich darüber aber freuen.“

„Du dafür um so weniger. Yami hat diesen Ton nicht, deshalb kann ich sie so gut unterscheiden.“

„Duften sie nicht auch alle anders?“

„Wirst du schon bemerken.“

„Wie duftet Aryan? Duftet er für dich auch so würzig und frisch?“

„Ja. Wie rieche ich?“

„Was?“

„Naja“, begann er zögernd. „Ich kenne meinen Geruch, nehme ihn aber nicht so bewusst wahr. Wie rieche ich?“

„Ich weiß es sicher nicht so genau, wie du es wissen würdest... Aber du hast einen so warmen und süßen Geruch, leicht rauchig und doch ganz weich, mit einem Hauch Natur. Du duftest atemberaubend!“

Das wusste er. Sie hatte es so oft im Schlaf gemurmelt.

„Ich möchte so schnell wie möglich die Körper tauschen“, nuschelte sie schon halb schlafend. „Damit ich mich wieder an deine duftende Haut schmiegen kann. Jahrelang habe ich nur davon geträumt, nun will ich es ausleben.“

Ja, das wollte er noch dringender. Sie hatte ihm offen und ehrlich gesagt, dass sie ihn liebte. Nach dem er am eigenen Leib erfahren hatte, was er ihr bedeutete, war er ihr eine Antwort schuldig. Doch die würde er ihr als er selbst geben. Er wurde sie mit seinen starken Armen umschlingen, ihr in die warmen, braunen Augen sehen und die Worte in ihre schwarzen Locken hauchen. Sie hatte das verdient. Sie hatte sich ihr Leben lang nach ihm gesehnt, nur nach ihm. Er würde ihr ihren größten Wunsch erfüllen.

Auch für ihn wäre das die Erfüllung. Anjaani wäre sein, für immer. Und ab dem Moment, in dem er ihr seine Gefühle gesteht, würde nichts auf der Welt sie auseinander bringen. Nicht einmal das fremde Mädchen seiner dunklen Erinnerung. Sie war Vergangenheit und Anjaani war seine Gegenwart und seine Zukunft. So sehr geliebt zu werden konnte man sich nur wünschen.
 

Das Knurren seines Magens weckte Inuyasha. Wann er von seinen Gedanken in Träume geglitten war, wusste er nicht. Träge öffnete er die Augen und blickte in sein eigenes Gesicht. Er schrie auf, mit hoher, heller Stimme.

„Saajan, ich bin´s“, sagte sein Gesicht. „Hast du vergessen, dass wir die Körper getauscht haben?“

Tatsächlich, er hatte es vergessen. Nein, noch ein Tag in einem schwachen Frauenkörper! Das war doch unerträglich. Sie war perfekt und anbetungswürdig, aber nur, wenn er nicht in ihrem Körper steckte. So konnte er ihre Vollkommenheit gar nicht genießen. Im Vergleich zu seinem starken Körper, war ihrer lächerlich schwach, schwächer als seine menschliche Gestalt.

Der einzige Vorteil war, dass ihr Körper um einiges gelenkiger und biegsamer war, als seiner. Er schaffte einen Spagat, ohne das Gefühl zu haben, in der Mitte zerrissen zu werden. Und er hatte sich gestern öfters dabei ertappt, wie er die Hüfte schwang. Manchmal hatte er das Gefühl, gar nicht aus harten, festen Knochen zu bestehen, wenn er sich bewegte, sondern weich und fließend wie das Wasser zu sein. Er fühlte die Sinnlichkeit seines neuen Körpers, doch er wollte seinen starken, harten, vor Kraft strotzenden Körper zurück.

„Ich habe keine Lust, noch weiter eine Frau zu sein“, maulte er und vergrub sich wieder im Kissen. Anjaani stand schon putzmunter auf den Beinen. „Also ich könnte mich an deinen Körper gewöhnen“, strahlte sie. „Ich friere nie, bin immer fit und mit den langen Haaren vergesse ich manchmal, dass ich ein Mann bin. Außerdem wache ich auf und bin sofort hellwach.“

„Super“, grummelte er ins Kissen. „Dafür habe ich deine morgendliche Trägheit. Kein Wunder, dass du so ein Morgenmuffel bist.“

„Ich bin kein Morgenmuffel. Ich kann nur nicht sofort aus dem Bett hüpfen, wie du. Und jetzt habe ich Hunger. Anjaani, mach mal Frühstück!“

„Hey“, beschwerte sich Inuyasha. „Erstens mal bist du Anjaani und zweitens rede ich nicht so unverschämt mit dir.“

Anjaani musste lachen. „Also erstens bist du momentan Anjaani und zweitens soll ich dir mal zeigen, wie du mit mir umgehst?“

Inuyasha begriff sofort und sprang auf. „Das wagst du nicht!“

Anjaani verschränkte grinsend die Arme vor der nackten, muskulösen Brust. „Aha. Es überrascht mich, dass du genau weißt, wovon ich rede. Was ist, machst du jetzt Frühstück?“

„Du spinnst wohl! Ich kann das nicht. Das ist deine Aufgabe!“

„Aha? Und deine Aufgabe ist wohl das Essen?“

„Genau. Ich rühre keinen Finger!“

„Tust du“, drohte sie leise. Die Bernsteinaugen wurden eine Spur dunkler.

„Zwing mich doch!“, brüllte Inuyasha, vom Ausdruck seiner eigenen Augen überwältigt. Kein Wunder, dass es sie schwach machte, wenn er sie so ansah.

Darauf hatte Anjaani gewartet. Sie packte die schmalen Handgelenke, die sich zwischen ihren kräftigen Fingern zerbrechlich wie Glas anfühlten und drückte Inuyasha aufs Bett zurück. Er riss die braunen Augen auf und wehrte sich wild. Doch sie hielt ihn unentrinnbar fest. Ein gewaltiges Machtgefühl bemächtigte sich ihrer. Sonst war sie immer die Beute, jetzt war sie der Jäger.

„Lass den Mist!“, zischte Inuyasha durch zusammengebissene Zähne und versuchte sich verbissen zu befreien. Das schlimmste war, dass Anjaanis Körper auf die Unterlegenheit reagierte. Der Frauenkörper reagierte darauf, dem Männerkörper hingegeben zu sein. Das war doch nicht zum aushalten! Überrascht registrierte Anjaani, dass die braunen Augen golden wurden. Schon wieder? Warum das denn?

Doch sie genoss die Situation zu sehr, um sie jetzt kaputt zu machen.

„Jetzt kann ich alles machen, was ich will“, knurrte Anjaani leise, wiederholte exakt seine Worte von einst. „Und du könntest es nicht verhindern.“

„Ich hatte dich danach losgelassen!“

„Aber erinnerst du dich an die Absicht deiner Tat?“

Er knurrte nur.

„Und weißt du, was du in solchen Situationen sonst machst?“

Inuyasha zuckte unter ihr zusammen. „Nein“, schrie er schrill. „Das wagst du nicht!“

„Weißt du, mich würde es nicht stören, meine eigenen Lippen zu küssen“, lächelte sie verträumt. „Du drohst mir immer damit. Warum sollte ich den Spieß nicht umdrehen, wenn ich die Gelegenheit dazu habe? Und gib es zu, nur deine Seele wehrt sich gegen mich.“

„Wenn du nicht sofort von mir runter gehst...“

„Was dann?“, flüsterte sie. „Pass lieber auf, Mister. Drohe mir nicht, wenn du so wehrlos bist. Unter dem Nachthemd hast du so gut wie nichts an...“

Inuyasha blieb vor Schock kurz die Luft weg. Er spürte die Wärme der Muskeln an seiner bebenden Brust nur zu deutlich. Wäre es doch nur umgekehrt! Wäre er wieder der Mann! Er würde sich nicht im Zaum halten... „Was willst du?“, grollte er. „Ich mache alles, nur lass mich endlich frei!“

Sie richtete sich auf. „Ich habe bekommen, was ich wollte.“

„Das war sowas von gemein und hinterhältig“, schrie er ihr hinterher.

„Ach ja? Daran erinnere ich dich bei Gelegenheit.“

Inuyasha fauchte nur.

Anjaani schnitt gerade das Obst klein, als ihre Ohren Schritte wahrnahmen.

„Aryan kommt“, sagte sie, denn sie hörte seine feinen, gleichmäßigen Atemzüge.

„Wie bindet man einen Sari?“, maulte Inuyasha, völlig in einem zartgoldenen Stoffhaufen verheddert.

„Du hast dich angezogen?!“

„Ich habe nicht hingeguckt, wenn dich das beruhigt.“

„Wieso diese Farbe? Jetzt musst du dir die Nägel golden lackieren!“

„So ein Schwachsinn!“, fauchte er und betrachtete seine grünen Fingernägel.

„Mein Nägel passen immer zu meiner Kleidung“, ermahnte Anjaani ihn. „Das ist meine Macke und es wird sofort auffallen.“

„Ich muss aber was anziehen!“

„Wieso ziehst du nicht den Salwar Kameez an, den ich gestern an hatte? Wieso einen Sari, wenn du ihn nicht binden kannst? Ich trage doch meistens eh Lehenga Cholis, die sehen nur aus wie Saris!“

„Was für ein Ding?“

Sie marschierte zu ihrem Kleiderschrank und warf ihm ein kurzes, perlenverziehtes Choli, einen passenden, fließenden blauen Rock und einen grünen Schleier, den Dupatta, hin. Es war zu warm für den Salwar Kameez, obwohl sie diese zarten, wallenden Pumphosen liebte, die sie so oft im Bauchtanzkurs trug.

„Steck den Dupatta an der Hüfte fest und leg ihn wie bei einem Sari über die Schulter“, flüsterte sie, als Aryan anklopfte.

„Guten Morgen, Aurora“, lächelte er Anjaani an, riss aber erstaunt die Augen auf. „Oh, tut mir Leid, Inuyasha.“

„Was ist mit dir los“, beschwerte sich Anjaani zornig. „Sehe ich aus wie eine Frau?“

„Eigentlich nicht. Aber du hast für einen Moment den selben Blick wie Aurora sonst gehabt. Wo ist sie denn?“

„Ich bin hier“, meldete sich Inuyasha, der sich gerade klirrende Armreifen anlegte. „Wieso verwechselst du uns?“

„Weil du gerade denselben Gesichtsausdruck wie Inuyasha hast. Was ist hier los?“

„Boah, ich hab keinen Bock auf noch mehr Theater heute morgen“, knurrte Anjaani überzeugend und trottete in die Küche. „Ihr geht mir alle auf den Sack!“

„Scheint alles normal zu sein“, meinte Aryan schulterzuckend. „Wie geht es dir, Aurora?“ Er umarmte Desidero, wie er es jeden Morgen bei Anjaani tat. Dieser versteifte sich entsetzt quiekend und schubste Aryan automatisch von sich.

Aryan lächelte nur amüsiert. „Soll ich dir den Schleier umlegen, Inuyasha?“

Die echte Anjaani seufzte. „Und du wolltest einen Sari binden, Saajan?“

„Wie ist es denn passiert, dass ihr die Körper getauscht habt?“

„Was mich viel eher interessiert ist, wie du uns entlarvt hast, obwohl du gerade erst reingekommen bist?“

„Ganz einfach, du hast nicht diese warme Unschuld im Blick wie sie. Und Aurora schaut nie so abwehrend.“

Während Aryan Anjaani half, den Frühstückstisch zu decken, berichtete sie ihm alles. „Kannst du uns helfen, Aryan-nii?“

„Natürlich. Dafür muss ich nur eure Seelen herausziehen und wieder umtauschen. Aber du weißt, dass du das auch kannst, Kleines.“

„Ich weiß nicht, ob mir das nicht zu viel Kraft kostet“, wehrte sie ab, senkte aber den Blick, da Aryan sie intensiv musterte. Wie konnte sie ihm sagen, warum sie nicht wieder in Inuyashas Seele hinein wollte? Dass sie sich vor dem Gesehenen fürchtete?

„Mach es endlich, Aryan“, forderte Inuyasha. „Das ist peinlich.“

„Noch peinlicher wird es, weil du morgen deine Tage kriegst“, neckte sie ihn.

„Du scheinst das ganze ja auch noch zu genießen! Meine Güte, du bist unmöglich!“

Aryan musste lachen. „Also jetzt klingst du genau wie Aurora.“

„Ich will doch auch in meinen Körper zurück“, seufzte Anjaani.

„Von wegen! Ich habe eher das Gefühl, du genießt es, an meinem Körper rumfingern zu können. Es macht dich an.“ Inuyasha wollte nicht verlieren. Wenn sie ihn so ärgern durfte, warum sollte er klein beigeben?

Anjaani knurrte wütend. „Apropos anmachen, sei du nur ruhig! Kann es sein, dass meine Augen golden werden, in solchen bestimmten Situationen?“

„Was?“, japste er und errötete.

„Deine Augen haben sich vorhin golden gefärbt.“

Im selben Moment flog die Tür, mit einem fröhlichen „Guten Morgen“ der Drillinge, auf. „Was ist denn hier los?!“, erschraken sie, als sie die Küche betraten. Anjaani und Inuyasha standen sich gegenüber, der Schock zeichnete das Gesicht der Inderin. Aryan stand teilnahmslos daneben.

„Was hast du wieder angestellt, Hanyou“, warfen die Drei Anjaani vor, die sich reflexartig die Ohren zu hielt. Die hohen Stimmen der Drillinge hatten einen unerträglichen Pfeifton, den sie bisher nie gehört hatte. Er durchdrang ihren Kopf und bereitete ihr Kopfschmerzen

„Er hat nichts -“, wollte sie Inuyasha verteidigen, begriff aber auf Aryans Räuspern hin rechtzeitig, dass die Mädchen mit ihr sprachen.

Sie stupste Inuyasha leicht an, denn er war wie erstarrt. „Ein Youkai wollte sich an ihr vergreifen“, erklärte sie deshalb schnell. „Sie hat sich von dem Schock noch nicht ganz erholt.“

„Oh, Aanilein!“ Yoko legte ihm sacht die Arme um die Schulter.

Doch ihre Berührung löste Inuyashas Starre. „Finger weg!“, keifte er. Sein Blick traf Anjaani und er verhaspelte sich. „Oh, t-tut mir leid, Yoko-Neko. Ich steh völlig neben der Kappe.“

„Schon gut“, meinte Yoko. „So bist du immer, wenn dich einer gegen deinen Willen anfasst. Bis auf Inuyasha.“

Anjaani verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe keine Ahnung, was du jetzt wieder für einen Schwachsinn redest“, knurrte sie und wandte den Kopf ab. Und gegen seinen Willen musste Inuyasha lachen. Sie war wirklich gut darin, ihn nachzumachen. Nur dummerweise vergaß er mit seinem Temperament immer, wie sanft ihr Charakter war.

„Also, irgendwas stimmt nicht mit dir, Aani-Schatz“, beschwerte sich Yami beim Frühstück. Inuyasha zuckte ertappt zusammen. „Ich weiß nicht, was du meinst“, wich er aus.

„Ich weiß, dass du dich von einem liebestollen Dämon erholen musst, aber du benimmst dich genauso wie Inuyasha sonst.“

Ein warnender Blick aus Anjaanis Bernsteinaugen traf ihn.

„Ich bin schlecht gelaunt, na und? Darf doch auch mal vorkommen. Der Griesgram da färbt ab.“

„Hat er dich heute Nacht verführt und du bereust deine Schwäche?“, fragte Yuki auf Hindi. Inuyasha starrte sie stumm an, geriet ins schwitzen.

„Nun sag schon“, verlangte sie, wechselte dann auf japanisch. „Warum wird Inuyasha rot? Er versteht doch nichts.“

„Wahrscheinlich, weil mir so heiß ist“, stöhnte Anjaani und zog sich das T-Shirt aus. „Ich verbrenne hier noch!“ Die Ablenkung wirkte. Die Drei waren Feuer und Flamme und hatten nur noch Augen für Anjaani und ihren Hanyoukörper. Selbst Yamis Aufmerksamkeit galt nicht mehr Aryan. Seinen vorwurfsvollen Blick bemerkte sie nicht, ihre Ockeraugen waren auf den Hanyou geheftet. Aryan räusperte sich so lange, bis Yami ihn hörte. Errötend wandte sie sich ihm zu.

„Zieh dich nie wieder an!“, befahl Yoko.

„Gefällt es euch?“, fragte sie weich, raubte den Schwestern damit den Atem.

Ohne zu überlegen, strich Yoko über die breite Brust und die Hundeohren zuckten. Sie zuckten seit dem Körpertausch zum ersten Mal und das warf Anjaani in Verzückung.

„Oh ich liebe das!“, rief sie und griff sich an die Öhrchen. Inuyasha stöhnte genervt auf.

„Du magst zwar nackt sein, aber ich merke trotzdem, dass du einen an der Waffel hast“, meinte Yuki trocken. „Was nicht heißt, dass du dich wieder anziehen musst.“

„Es kitzelt halt, wenn die zucken!“, begeisterte sich Anjaani. „Fühl mal!“

Das ließen sich die Drillinge nicht zwei mal sagen.

Aryan beugte sich zu dem entgeisterten Inuyasha rüber. „Lass ihr den Spaß“, bat er leise. „Sie wollte doch immer an deine Ohren.“

„Aber es ist so peinlich! Und kleiderfrei muss sie dabei auch nicht sein.“

„Solange du dich nicht ausziehst“, schmunzelte Aryan.

„Hör auf mich zu verarschen und bring mich endlich in meinen eigenen Körper zurück!“ Er hielt sich sofort den Mund zu, doch niemand im Raum beachtete ihn. Alle waren auf die Hundeohren fixiert.

„Mache ich. Aber das kann ich nur, wenn sie es auch will. Und im Moment ist sie ziemlich zufrieden, findest du nicht?“

Das darf doch wohl nicht wahr sein! Wut kochte in Inuyasha hoch. Er musste dem ein Ende bereiten!

„Sag mal, Inuyasha, seit wann bist du so süß“, wunderte sich Yuki und berührte sanft Anjaanis Schulter.

Die Bernsteinaugen trafen sie voller Wärme. Anjaani hatte anscheinend vergessen, dass sie unfreundlich sein musste.

„Ich fühle mich einfach wohl, Yuki-Häschen.“

„Oh, ein Traum wird wahr! Inuyasha!“ Yuki schlang die Arme um Anjaanis Hals und Inuyasha platzte der Kragen.

„Lass den Unsinn!“ Wütend sprang er auf, erntete entgeisterte Blicke. „Verschwindet endlich, ihr Plagegeister!“

„Anjaani!“, schrie Anjaani wieder in ihre Rolle zurück gekehrt. „Hör auf, hier herumzubrüllen! Das tut mir in den Ohren weh!“

„Ich will, dass die verschwinden!“

„Das ist meine Wohnung! Und ich bestimme, wer bleibt und wer geht!“

„Gut, dann verschwinde ich!“ Er rannte aus alter Gewohnheit dem Balkon entgegen.

„Saajan!“ Sie sprang auf, doch Aryan war schneller. Im Null Komma Nichts war er neben ihm, packte seinen dünnen Arm. „Bleib stehen! Du kannst nicht mit diesem Körper aus dem fünften Stock springen!“

„Spinnst du, Inuyasha?!“, entsetzte sich Anjaani. „Hast du den Verstand verloren? Das überlebst du nicht!“

„Moment!“, brüllte Yoko dazwischen und Anjaani zuckte vor dem grellen Ton zusammen. Winselnd krümmte sie sich zusammen. „Was zum Teufel geht hier vor?“

„Rede bitte leiser“, flehte Anjaani. „Deine Stimme tut mir in den Ohren weh.“

„Aani?“ Die Drillinge waren platt. „Bist du das, Aani?!“

„Ja, ich stecke in Inuyashas Körper.“

„Ihr habt die Körper getauscht, cool!“

„Aber bestimmt nicht freiwillig!“, murrte Inuyasha. „Das war der Fluch eines Dämons.“

„Wir wussten doch, dass mit euch was nicht stimmt. Aani ist nie so mies gelaunt und Inuyasha ist nie so freundlich.“

„Na danke auch!“

„Und wisst ihr, was das beste ist?“ Yuki warf sich Anjaani um den Hals. „Ich kann mit Inuyasha und Aani in einem schmusen.“

„Nimm die Pfoten da weg! Aryan, tu was!“

„Ich brauche nicht beide, um den Fluch rückgängig zu machen“, meinte Aryan. „Dafür brauche ich aber Ruhe.“

„Dann geht solange ins Schlafzimmer“, schlug ihm Yami vor. „Wir wollen eh mit Aani alleine sein. Guck nicht so, Inuyasha, deinem Körper geschieht nichts.“

„Wahnsinn, wie ist es?“, bedrängten sie die Drillinge, sobald sie alleine waren.

„Unheimlich“, gestand Anjaani.

„Für uns ist es genauso unheimlich. Wir reden mit dir, schauen aber diesem weißhaarigen Griesgram in die Augen.“

„Mach mal DingDong“, verlangte Yami.

„Was?!“ Anjaani zuckte entsetzt weg.

„Du bist doch jetzt ein Mann, also hast du einen Willi“, grinste Yuki. „Und wie wir wissen ist dieser besonders groß. Wie fühlt es sich an? Spürst du das beim Gehen?“

Anjaani glaubte an Atemnot zu ersticken. Genau deswegen hatte sie nicht gewollt, dass die Drillinge davor erfuhren. „Ich bin ein Dämon und das ist das einzige, was ihr wissen wollt?!“

„Ja. Was hast du erwartet?“

„Nichts anderes, um ehrlich zu sein“, gestand sie. „Was wollt ihr denn hören? Da ist was und es ist ungewohnt. Aber ich habe Inuyashas Kräfte, interessiert euch das denn gar nicht?“

„Nö.“

„Wie kommt Iuyasha denn mit deinem Körper klar?“

Anjaanis Knurren sagte alles. „Der kommt mit dem Busen nicht zurecht.“

„Der kommt mit allem nicht zurecht. Habt ihr gesehen, wie ungeschmeidig er sich bewegt?“

„Sag mal, Aani-Schatz“, wollte Yami wissen. „Hast du deinen Körper schon genauer... untersucht?“

„Wie bitte?!“

„Nun ja, sein Körper gehört doch schließlich dir. Das musst du doch schamlos ausnutzen.“

„Ihr seid furchtbar“, heulte Anjaani.

„Das heißt ja. Darf ich mal?“

„LISA!!!“

„Man darf doch wohl mal fragen...“

„Mir ist mein Körper lieber. Selbst die Ohren habe ich lieber an ihm. Inuyasha ist so unbändig stark, ich komme damit nicht klar. Ich kann euch mit einer Hand anheben, könnte aber nicht dafür garantieren, sanft zuzugreifen. Und ich rieche so viel verschiedenes und so intensiv, dass mir meine Nase wehtut.“

„Oh! Wie riechen wir?“

„Süß. Wie Karamell. Doch jede von euch hat noch eine andere Nuance mitschwingen.“

„Welche?“

„Du hast noch einen blumigen Akzent, Mäuschen. Yoko fruchtig und Yuki frisch.“

„Super! Und wie riechst du?“

Jetzt errötete Anjaani. „Sagt. Rieche ich wirklich so gut? Sehe ich wirklich so aus, oder bin ich nur so schön, weil ich mich durch Inuyashas Augen betrachte?“

„Meinst du, ob du wirklich so schön bist, oder ob er dich liebt?“

„Ich habe ihm gestern gesagt, dass ich ihn liebe.“

„Oh, Aani!“ Die Schwestern umarmten sie stürmisch.

„Habt ihr noch alle Tassen im Schrank! Weg von mir, ihr Wahnsinnigen!“

Inuyasha stieß die Drei grob von sich. „Ich glaube, ich spinne!“

„Inuyasha!“ Anjaani stürmte aus dem Schlafzimmer, wieder in ihrem eigenen Körper.

„Och, Aryan“, maulte Yuki. „Wir waren nicht fertig. Aani hat noch kein DingDong gemacht!“

„DingDong?!“ Inuyasha explodierte. „ICH GEBE DIR GLEICH DINGDONG!!!!“
 

„Inuyasha, musste das sein“, beschwerte sich Anjaani wenig später, als sie zu ihm aufs Dach kletterte. „Du hast sie zu Tode erschreckt, ich habe sie noch nie so flitzen sehen.“

Der Hundedämon antwortete nicht, er bebte immer noch vor Wut. So außer sich hatte sie ihn noch nie erlebt.

„Beruhige dich bitte, oder glaubst du wirklich, ich hätte sie an deinen Körper ran gelassen?“

„Nein“, brummte er leise. „Sag mal, was machst du hier?“, rief er, als hätte er erst jetzt gemerkt, dass sie neben ihm saß. „Wie bist du hier rauf gekommen?“

„Ich bin gut im Klettern. Du hast ja gemerkt, wie flexibel mein Körper ist und der Rock ist nicht so eng wie ein Sari. Wobei ich noch nie auf ein Dach gestiegen bin.“

„Du hättest runter fallen können!“

„Ich wollte doch nur bei dir sein, Saajan. Aber das Dach ist mir zu steil, du wirst mir runter helfen müssen.“

„Wer hätte das gedacht“, lächelte er kopfschüttelnd.

„Es ist schön hier oben“, seufzte sie wohlig und lehnte den Kopf an seine Schulter. „Man kann so weit sehen.“

„Gut, um den Kopf frei zu kriegen“, stimmte er ihr zu und legte den Arm um ihre Schulter.

„Stimmt. Kein Wunder, dass du immer hier hoch kommst.“

„Hey, denk nicht mal dran“, rügte er sanft. „Ich habe keine Lust, dich immer wieder hier runter holen zu müssen.“

„Aryan-nii wird das machen“, meinte sie nur und Inuyashas Lächeln schwand.

„Ich dachte, das Thema mit Aryan sei durch“, flüsterte sie und sah ihn direkt an und der goldene Ring weitete sich ein wenig. „Es ist so schön, wieder in deine Augen sehen zu können!“

„Du wechselst das Thema“, bemerkte er trocken.

„Saajan, was liebe ich am meisten auf der Welt?“

„Was?!“

„Wem kann ich nie widerstehen? Aryan-nii wüsste es.“

„Dem Sonnenuntergang“, meinte er dann stolz.

„Der Sonnenuntergang hat die gleiche Farbe wie deine Augen. Im Sonnenuntergang sehe ich deine Augen. Du warst in meinen Erinnerungen. Du müsstest doch wissen, was ich für dich fühle.“

Er schwieg kurz überwältigt. „Wir sind das Thema Aryan nicht durch“, knurrte er dann. „Ich habe noch gar nicht angefangen und jetzt will ich es wissen. Denn zwischen euch ist etwas Besonderes.“

„Findest du?“ Verdutzt runzelte sie die Stirn. „Wieso kann Aryan-nii mein Herz dann nicht dazu bringen, schneller zu schlagen? Wieso lässt Aryan-nii nicht mit einem einzigen Blick meinen Atem stocken? Wieso jagt mir Aryan-niis Stimme keine Gänsehaut über den ganzen Körper? Wieso fühle ich mich bei Aryan-nii nicht so sicher? Wieso werden meine Augen nur bei dir golden? Hast du das nie bemerkt?“

„Ich höre dein Herz rasen“, flüsterte er, wohl wissend, wie sein samtenes Raunen in ihren Ohren klang. Er sah es an der Gänsehaut an ihren Armen. „Ich spüre, wie dein Atem stockt. Ich sehe so vieles in deinen goldenen Augen.“

„Ich liebe dich, Saajan. Du hast es in meinen Erinnerungen gesehen, dass ich dich geliebt habe, bevor ich dich überhaupt kannte. Du warst nur ein Gedanke und trotzdem der ganze Sinn meines Lebens.“

Plötzlich wurden Inuyashas Augen so glühend warm, die Stimme so samtig weich, dass ihr vor Atemnot ganz schwindelig wurde. „Du wartest auf eine Antwort“, raunte er zärtlich und zog sie an sich, verschmolz mit ihrem Blick.

Röte überzog ihre Wangen, doch sie blickte ihm direkt in die sanft glühenden Augen. Das Sprechen fiel ihr schwer, sie musste ihre Gedanken sammeln.

„Saajan, ich liebe dich. Das habe ich dir gestern gesagt, doch du konntest mir nicht antworten. Und ich frage dich nur, möchtest du mir eine Antwort geben?“

Seine Finger fanden ihre, nahmen sie und legten sie an seine glühende Wange. Seine Augen loderten wie Flammen. „Ja, ich möchte dir antworten.“ Er beugte sich zu ihr, so nah, dass sein heißer Atem ihre Haut zu verbrennen schien.

„Warte“, hauchte sie, vom Funkeln seiner Augen überwältigt. Ihre Lippen berührten beim Sprechen die seinen. Und er wartete, sein Atem wurde schneller, seine Augen dunkler. Sie wusste, was er jetzt wollte, die Erfüllung war so nah. Morgen hatten die Drillinge ihren 20. Geburtstag. Endlich mit Inuyasha zusammen zu kommen, wäre das beste Geschenk, das sie ihnen machen konnte. Und die Erfüllung all ihrer Wünsche.

Anjaani beugte den Kopf zurück, entwich seiner Nähe, um einen klaren Kopf zu bekommen.

„Bitte, Saajan. Bevor du etwas sagst, muss ich dich etwas fragen. Es muss raus, davor kannst du mir keine ehrliche Antwort geben. Ich habe gestern in deiner Seele etwas gesehen, was zwischen uns stehen könnte.“

„Es steht nichts zwischen uns.“ Seine Lippen suchten ihre, fanden nur ihre Wange.

„Dann sag mir bitte...“ Anjaani atmete tief durch, vertrieb das Brennen seiner Lippen... und machte sich auf alles gefasst.

„Wer ist Kagome?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2011-12-12T16:42:43+00:00 12.12.2011 17:42
Oh.oH.
Kagome ist seine geliebte!
AHHHH!
Deine Geschichte ist wirklich super, hab
sie voller spannung gelesen.
Schreib schnell weiter!
Lg Naru- chan


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