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Warten

von

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~One-Shot~

Wie in Watte gepackt fühlte sich ihr Kopf an, als sie ihn vorsichtig gegen die Wand hinter sich lehnte.

Abgestandene und verrauchte Luft füllte ihre Lungen als sie tief einatmete und sie ignorierte das beißende Stechen in ihren Augen, als ihr jemand unachtsam Rauch ins Gesicht blies.

Ihre Finger schlossen sich fester um das kühle Glas in ihren Händen, in dem die Eiswürfel leise klirren mussten, während sie immer wieder aneinander stießen.

Allerdings hatte sie schon seit geraumer Zeit das Gefühl taub zu sein, weil die dröhnenden Bässe an ihren Trommelfellen zerrten und selbst ihre kurzen, schwarzen Haare mit jedem neuen Basston ein wenig zur Seiten wehten.

Halbherzig suchte sie die zuckende Menge der sich ekstatisch verrenkenden Menschen nach seinem blonden Kopf ab und glaubte ungefähr drei mal ihn gefunden zu haben, bis sie es schließlich seufzend aufgab und nur noch abwesend auf die Leinwand über der Tanzfläche starrte.

Darauf wurden immer wieder verschiedene Kameraeinstellungen von der Tanzfläche eingeblendet, um auch diejenigen, die am Rand standen am Geschehen teilhaben zu lassen.

Die Müdigkeit kroch immer weiter in ihr hoch, bahnte sich ihren Weg von den bereits schmerzenden Füßen bis hin zu den immer schwerer werdenden Augenlidern.

Hätte sie nicht gestanden wäre sie wahrscheinlich einfach eingeschlafen, obwohl unzählbar viele Menschen und der ohrenbetäubende Lärm allgegenwärtig um sie herum waren.

Das kalte Glas an ihren Lippen ließ sie wieder etwas wacher werden, jedoch brachte das was sie da trank ihren Hals dazu wie Feuer zu brennen.

Hustend hielt sie sich die Hand vor den Mund und zwinkerte die Tränen hastig weg.

Er hatte ihr sein Glas in die Hand gedrückt, weil er einen Kumpel getroffen hatte und sich mit ihm unterhalten wollte.

Das war inzwischen eine Stunde her.

Seitdem stand sie hier am Rand der Tanzfläche, ließ sich von wildfremden Menschen anrempeln, wich immer wieder gierigen Händen aus, hielt sein Glas fest an sich gedrückt und wartete.

Worauf sie genau wartete wusste sie selbst nicht.

Vielleicht wartete sie darauf, dass er zurück kam.

Aber vielleicht wartete sie auch einfach nur darauf, dass irgendetwas passierte und sie aus ihrer Lethargie befreite.

In letzter Zeit fühlte sie sich immer mehr wie jetzt.

Abgedrängt am Rand stehend und auf irgendetwas wartend.

Er schüttelte den Kopf, wenn sie ihm von ihren Wünschen, Sehnsüchten und Träumen erzählte, die eigentlich keine waren, da sie selbst noch nicht genau wusste was sie eigentlich wollte.

Aber sie wollte, dass es anders war.

Wollte nicht mehr jeden Tag dasselbe tun.

Nicht mehr jeden Tag darauf warten, dass sich von selbst etwas änderte.

Und sie wollte nicht mehr darauf warten, dass er sie endlich wieder ansah wie früher.

Sie war sich sicher, dass er sie mochte.

Aber er liebte sie nicht mehr.

Ob sie ihn noch liebte wusste sie selbst nicht, weil es einfach zu selbstverständlich, zu alltäglich geworden war ihm das jeden Tag vor der Arbeit mit einem kurzen Abschiedskuss zu sagen.

Auf der Leinwand verschwand die pulsierende Masse in einem von Scheinwerfern durchbrochenen Nebel und der leicht verbrannte Geruch der Nebelmaschine zu ihrer Rechten ließ sie kurz das Gesicht verziehen.

Nur langsam verzog sich der weiße Nebel und gab wieder einzelne Menschen frei, deren verschwitzte Körper sich immer wieder aneinander drängten.

Nicht weit von ihr tanzte ein blonder Mann eng mit einer ebenso blonden Frau, die ihm anzüglich lächelnd die Brust entgegenstreckte und seinen Kopf zu sich hinunterzog, um ihm etwas ins Ohr zu schreien.

Ruhig verfolgte sie wie er den Kopf in den Nacken legte, lachte und sie dann noch näher an sich zog.

Ihre Herzschläge rauschten in ihren Ohren, als sie beherrscht das Glas auf das Podest neben sich stellte und mit wackeligen Beinen los lief.

Das lange Stehen hatte ihre Beine einschlafen lassen und erst nach einigen Schritten hatten sie sich wieder ans Laufen gewöhnt.

Stumm gerade aus starrend bahnte sie sich einen Weg durch die wogende Menschenmasse.

Ohne eine Mine zu verziehen hielt sie dem Mädchen an der Garderobe ihre Karte entgegen, zahlte den verlangten Betrag und legte sich ihre Jacke über den Arm.

Das Mädchen sah ihr verwirrt nach und schüttelte kurz den Kopf, da sie es nicht gewohnt war, dass irgendjemand mit so einem ernsten Gesichtsausdruck die Disko verließ.

Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss und die Stille der schwach beleuchteten Straße schlug ihr entgegen.

Nur noch leise waren die Bässe zu hören und einatmend sog sie die kalte Luft in ihre strapazierten Lungen.

Entschlossen setzte sie sich in Bewegung, setzte einen Fuß vor den anderen.

Das unregelmäßige Kopfsteinpflaster drückte durch die dünnen Sohlen ihrer Schuhe, die sie sich kurzerhand von den geplagten Füßen zog und barfuß weiterlief.

Nur langsam zog sich das Lächeln über ihr Gesicht, als sie den Kopf in den Nacken legte, die Sterne anstarrte und tief ausatmete.

Sie würde nicht mehr warten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  cielsmelancholy
2009-04-26T12:58:38+00:00 26.04.2009 14:58
Wieso schreibst du eigentlich immer so traurige Sachen?! XD
Obwohl...hat ja eigentlich schon irgendwie ein Happy End. :)

Find wieder die ganzen Beschreibungen und so super. <3
Und ich kenn das auch, wenn man einfach auf die Veränderung wartet und jeden Tag das selbe macht...das kotzt einen an.
Ich will das ja auch ändern. >o<

Nyahaha, also wieder sehr toll. <3

Hab dich lieb. <3


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