Zum Inhalt der Seite

Katz und Maus

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Katz und Maus von desertdevil6

_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
 

Kapitel 1
 

Das brachte das Fass zum Überlaufen. Devlin Callahan schäumte vor Wut, während er den Motor seines Pick-ups malträtierte, sodass der Wagen nur so über das holprige Gelände schlingerte und eine dicke, graue Staubwolke hinter sich ließ.

Frustriert knirschte Devlin mit den Zähnen. Er war entschlossen, die leidige Angelegenheit auf die gleiche Art aus der Welt zu schaffen, mit der er auch all seine anderen Probleme in Angriff nahm: Nämlich direkt und ohne Umschweife!

Auch wenn das bedeutete sich mit diesem Großstadtfutzie, der die Nachbarranch gekauft hatte, auseinander setzen zu müssen.

Der Zoo, wie Devlin die Sammlung exotischer Tiere nannte, befand sich in derikter Nähe zu seinen Schafen und Rindern und war eine Quelle ständigen Ärgers. Dieser Zoodirektor konnte sich jedenfalls auf was gefasst machen, denn er hatte den ganzen Ärger bis oben hin satt! Sein Bruder und er hatten den gesamten Tag auf ihren Pferden zugebracht, um ausgebrochene Rinder einzufangen und defekte Zäune zu reparieren. Als wenn sie nicht so schon genug Arbeit auf der Ranch hätten!

Devlin hatte seinen neuen Nachbarn zwar bisher noch nicht zu Gesicht bekommen, wusste aber jetzt schon, dass er ihn nicht ausstehen konnte. Dieser frustrierte Kerl versuchte wahrscheinlich, die entsetzliche Leere in seinem Leben auszufüllen, indem er sich mit einem Haufen exotischer Tiere umgab, weil er einfach keine Frau abschleppen konnte. Aber der Typ hatte auf dieser Ranch genauso wenig zu suchen, wie seine dämlichen Viecher.

Im nächsten Moment trat Devlin derart hart auf die Bremse, dass der Wagen noch einige Meter über den groben Schotter rutschte, bevor er vor dem alten Farmhaus zum Stehen kam. Mit schadenfrohem Grinsen bemerkte Devlin, dass der alte Schuppen geradezu nach Farbe schrie. Allerdings musste er zugeben, dass zumindest die farbenfrohen Blumen, die vereinzelt in großen Töpfen herum standen dem Ganzen eine heitere Note gaben. Doch es würde sehr viel Arbeit kosten, um dem Anwesen sein einstmaliges Gesicht zurück zu geben.

Natürlich würde dieser Verrückte dafür keine Zeit erübrigen können, da er wahrscheinlich den ganzen Tag mit den wilden Tieren reden musste, die hinter dem Haus in Käfigen eingesperrt waren. Nachträglich verwünschte sich Devlin selbst, dass er die Gelegenheit verpasst hatte, die Ranch zu erwerben. Damals war seinem Bruder und ihm der Preis zu hoch erschienen.

Offensichtlich hatte aber Mr. Jesse Parker das Geld etwas lockerer sitzen, denn er hatte die Ranch ohne Zögern gekauft. Und nun war Devlin mit einem Nachbarn geschlagen, dessen wilde Tiere Tag und Nacht brüllten, heulten und jaulten und damit seinen gesamten Viehbestand in Aufruhr versetzten.

Aufgebracht schwang er sich aus seinem Pick-up, schlenderte auf die verwitterte Veranda zu und blickte angewidert zu dem schwarzen Sportwagen hinüber, der mitten auf dem Hof stand. Typischer City-Flitzer, dachte Devlin spöttisch. Dieses tiefachsige Freizeitauto würde kein Jahr auf den Straßen dieser Gegend überleben. Jeder, der auch nur ein Fünkchen Verstand hatte, musste das wissen.

Mehrmals klopfte Devlin kräftig gegen die Tür, wartete etwa zwei Sekunden und hämmerte dann mit beiden Fäusten gegen das verwitterte Holz.

»Machen sie auf, Parker! Ich weiß, dass sie da sind!«, brüllte er. »Ich muss mit ihnen reden. Sofort!«

Seine donnernde Stimme löste ein ganzes Konzert von Tierstimmen aus. Frustriert verdrehte Devlin die Augen und schwor sich zum wiederholten Mal, schnellst möglich Abhilfe zu schaffen. Er hob gerade wieder den Arm, um die Tür erneut zu bearbeiten, da riss Jesse Parker diese von innen auf und Devlin hätte ihn fast mit der Faust nieder gestreckt.

Seine Vorstellungen von einem alten degenerierten Opa mit Hakennase, stechenden Knopfaugen und vorspringendem Kinn zerplatzte plötzlich wie eine Seifenblase, als sich Devlin einem so attraktiven Mann gegenüber sah, dass er zuerst an eine Fata Morgana glaubte.

Schimmernde Augen, die in der Farbe des tropischen Regenwaldes erstrahlten, sahen ihn an und eine Woge honigblonder Haare umflutete ein hübsches Gesicht.

Dann fand Devlin seine Sprache wieder.

»Äh .. ich hätte gerne Mr. Parker gesprochen ... «, verlangte er etwas unsicher, weiter den Blick auf sein Gegenüber gerichtet. Die Augenbrauen zogen sich zusammen und der Andere warf elegant die hellen Haare zurück.

»ICH bin Mr. Parker. Was kann ich für sie tun, Sir?«

Vor Überraschung klappte Devlin die Kinnlade herunter.

»WAS ...?« Schnell ließ er seinen Blick über den anderen Körper gleiten, der in einem knappen T-shirt und zerschlissenen Jeans steckte. Der Anblick hatte auf Devlin ungefähr die gleiche Wirkung, wie ein Schuss aus einem Betäubungsgewehr. DAS sollte sein NachBAR sein? Er konnte es nicht glauben. Das musste ein Irrtum sein!

»Entschuldigen sie. Kann ich ihnen irgendwie behilflich sein«, fragte der junge Mann in unterkülten Tonfall und überzeugte Devlin augenblicklich davon, dass seine Erscheinung keine Halluzination war. Mit starrer Miene musterte er Devlins verdrecktes Shirt, die abgetragene Jeans und die abgewetzten Stiefel und runzelte dann mit unverholdener Missbilligung die schön geschwungenen Brauen.

Devlin konnte sich diesen harten Blick nicht erklären.

War der Typ sauer, dass er so rücksichtslos an seine Tür gehämmert und ihn beim zweiten Klopfen fast nieder geschlagen hatte? Oder fühlte er sich etwa durch den Anblick eines verschwitzten, hart arbeitenden Cowboys beleidigt?

Arroganter Stinkstiefel, entschied Devlin, während er sein Gegenüber noch einmal abwertend musterte.

»Ich bin Devlin Callahan, Ihr nächster Nachbar«, erklärte er abrupt.

»Sie sind mein nächster Nachbar? Wie bedauerlich für mich!« Seine Stimme troff vor Sarkasmus.

»Das könnte doch wohl eher ich sagen, Blondie«, knurrte er und starrte Parker grimmig an.

Der starrte mit funkelnden grünen Augen zurück.

»Ich bin hier, weil ihre wilden Viecher meine Schafe und Rinder seit mehr als zwei Monaten zur Raserei treiben. Packen sie ihren Zoo zusammen und schaffen sie ihn in ein Wildreservat. Wie sie es wohl inzwischen selbst bemerkt haben dürften mit ihrem bescheidenen Aufnahmevermögen, ist dies hier eine Rindergegend.«

Mit einem Ruck hob Jesse sein Kinn und obwohl er um einiges kleiner war als der hoch aufgeschossene Cowboy vor ihm, schaffte er es, ihn herablassend über seine Nasenspitze anzusehen. Wie machte er das bloß?

»Zu ihrer Information, Gullican ... «

»Callahan«, verbesserte er ihn knapp.

»Wie auch immer«, sagte er, und widmete seinem Einwurf so viel Aufmerksamkeit, wie einer lästigen Fliege. »Zu ihrer Infomation - ich habe eine behördliche Genehmigung, die mich dazu berechtigt, meine exotischen Tiere hier zu halten. Jedes Tier hat seine eigene Persönlichkeit. Ich kann mich mit ihnen verständigen.«

»Sie reden tatsächlich mit ihren Tieren, ja?«, fragte er und lachte spöttisch.

»Nun, warum überrascht mich das nicht?«

Parker durchbohrte ihn fast mit seinem scharfen Blick. »Ich glaube, dass sogar jemand wie Sie zugeben müsste, dass meine Tiere sicher und artgerecht untergebracht sind, wenn sie sich die Mühe machen würden, meinen Zoo, wie sie es nennen, zu besichtigen.«

»Blondie, es interessiert mich nicht im Geringsten, ob ihre Tiere einen Ring durch die Nase tragen, oder kleine Glöckchen um den Hals. Sie beunruhigen meine Herde und bedrohen damit meinen Lebensunterhalt. Ich will, dass diese Viecher von hier verschwinden - zusammen mit ihnen!«

Das musste den jungen Mann wirklich getroffen haben, denn er zuckte kurz zusammen. Dann stemmte er jedoch die Fäuste in die Hüften und beugte sich vor, bis seine Nasenspitze fast Devlins berührte.

»Wenn es ihnen nicht passt, Tür an Tür mit meinem Zoo zu leben, dann packen sie gefälligst ihre Sachen und verschwinden! Ich habe nicht vor mich vom Fleck zu rühren, weil es mir hier nämlich gefällt, und meinen Tieren auch. Ihre Beschwerden richten sie das nächste Mal bitte an den Sheriff von Bussard`s Groove, wobei ich nicht glaube, dass es ihnen irgendwas nützen wird.«

»Hör mal, Blondie ... «

»Jesse Parker. Mister Jesse Parker, für Sie, Gullican«, sagte er in einem so herablassendem Tonfall, dass Devlin mit den Zähnen knirschte.

»Hören sie. Mein Bruder und ich betreiben eine Ranch mit großer Viehzucht.«

»Vermutlich sollte ich jetzt beeindruckt sein?« Er warf Devlin schon wieder einen dieser verächtlichen Blicke zu. »Tut mir leid, sie enttäuschen zu müssen, Gullican. Cowboys gibt es hier wie Sand am Meer - Sie sind beileibe nichts Besonderes.«

»Es interessiert mich einen Dreck, ob sie beeindruckt sind oder nicht«, schnauzte Devlin zurück. »Hauptsache, sie verschwinden von hier!«

Jesse maß den aufgebrachten Cowboy mit verächtlichem Blick.

»Was kann ich dafür, wenn ihre dummen Kühe wegen ein paar ungewohnten Lauten durchdrehen?! Meine Tiere reißen keine Zäune ein, wegen eines bisschen Rindergebrülls. Außerdem sind meine Zäune und Gitter auch sicher! Offensichtlich haben sie Probleme damit, haltbare Zäune zu ziehen.«

Devlin hatte das Gefühl gegen eine Wand zu rennen. Dieser Mann wollte seine Situation einfach nicht begreifen. Es interessierte ihn offensichtlich nicht im Geringsten, dass er seinetwegen ständig zusätzliche Arbeit hatte.

»In Ordnung!«, stieß er in einem Anflug von Verzweiflung hervor.

»Zahlen sie mir einfach eine Entschädigung und ich werde mich nicht weiter beklagen.«

Schnaubend verschränkte der kleine Mann die Arme und warf mit funkelnden Augen seine Haare zurück.

»Ich soll auch noch dafür bezahlen?! Es sieht nicht so aus, als sei ich derjenige, der hier Probleme hat, Gullican. Sie sind es!«

»Oh, nein! Sie sind mein einziges Problem«, brüllte Devlin aufgebracht und ballte die Hände zu Fäusten.

»Außerdem heiße ich CALLAHAN! Merken sie sich das.« Zornig durchbohrte er sein attraktives Gegenüber. »Sie arrogante, unterbelichtete Großstadtpflanze! Gehen sie endlich dahin zurück, wo sie hingehören - samt ihrem verdammten Zoo!!!«

Jesse Parker schob sein Kinn noch weiter vor, während er die Schultern zurück nahm und die Fäuste wieder in seine bemerkenswert schmalen Hüften stemmte.

»Hier ist der Platz wo ich hingehöre und ich werde auf jeden Fall bleiben. Also gewöhnen sie sich lieber an den Gedanken!«

Sie duellierten sich mit wilden Blicken und Devlin setzte gerade wieder zu einer neuen vernichtenden Attacke an, als sein Nachbar ihm fast die Tür ins Gesicht schlug.

In der Ferne erhob sich dumpfes Gebrüll, das von verschiedenen Lauten untermalt wurde, die er nicht identifizieren konnte - aber nichts davon hörte sich freundlich an. Devlin lachte gefrustet auf. Es würde ihn nicht wundern, wenn sich in diesem überdimensionalen Teich da drüben ein Alligator tummeln würde, der nur auf seine nächste Mahlzeit wartete.

Der Teich! Ein weiteres Problem, mit dem er sich beschäftigen musste. Dieser feuer speiende Drachen hatte einen kleinen Fluss gestaut, sodass sich auf seinem Land ein riesiger Teich gebildet hatte. Nur hatte er damit den Wasserzufluss zur Rocking-C-Ranch abgeschnitten. Während der trockenen Sommermonate waren Devlin und sein Bruder gezwungen gewesen, die Rinder auf den restlichen Weiden mit mühsam herbeigeschafftem Wasser aus Tankfahrzeugen zu tränken. Eine weitere Unannehmlichkeit, die er diesem Verrückten anlastete.

Er war schon halb entschlossen, noch einmal an die Tür zu hämmern, um ihn aufzufordern ein Loch in den verflixten Damm zu buddeln. Doch dann fiel ihm ein, dass es wirkungsvoller war, wenn er sich zuerst an Sheriff Clayton wandte. Dieser Kerl hatte wahrscheinlich wirklich eine Genehmigung zur Haltung exotischer Tiere, aber das gab ihm noch lange nicht das Recht, einen Fluss zu stauen und seine Ranch somit völlig von der Wasserversorgung abzuschneiden.

Abrupt drehte er sich um und ging auf seinen Wagen zu und sprang hinein. Als er den Motor anließ und einen Blitzstart hinlegte, hoffte er nur, dass ein paar Steinchen die Windschutzscheibe von Mr. Parkers City-Flitzer treffen würden, damit er endlich begriff, mit wem er es hier zu tun hatte.

Auf dem Weg zu seiner Ranch fluchte Devlin laut vor sich hin und übertönte sogar das dudelnde Radio. Sein Bruder hatte ihn ermahnt, Diplomatie walten zu lassen, wenn er dem neuen Nachbarn gegenüber trat. Aber Devlin war sich sicher, dass ihm das auch nicht mehr eingebracht hätte als seine direkte offene Art. Er hatte den verächtlichen Blick des jungen Mannes, nachdem dieser die Tür geöffnet hatte, noch sehr deutlich vor Augen. Parker konnte ihn eindeutig nicht ausstehen. Unter gar keinen Umständen hätte sich dieser Mann mit ihm arrangiert.

Am meisten ärgerte ihn jedoch, dass er den Mann außerordentlich attraktiv gefunden hatte. Einen Mann! Das war ihm noch nie passiert. Er hatte sich ertappt, wie er seinen anerkennenden Blick selbst während ihrer hitzigen Auseinandersetzung immer wieder über den anderen Körper schweifen ließ. Mit Mühe hatte er sich auf sein Gesicht konzentrieren können. Aber das hatte die Sache auch nicht viel einfacher gemacht, denn es war das bezauberndste Gesicht, das er jemals gesehen hatte. Jede Frau wäre darauf neidisch. Energisch schüttelte er den Kopf, um das Bild loszuwerden, das sich anscheinend vor seinem inneren Auge festgesetzt hatte. Dann schaute er kurz auf die Uhr und beschleunigte sein Tempo. Heute hatte sein Bruder Küchendienst und Dray konnte fuchsteufelswild werden, wenn er mit dem Essen warten musste.
 

»So ein aufgeblasener, dickköpfiger Cowboy!«, regte Jesse sich auf, während er in seine kleine Küche stampfte und begann, seine Wut am Abwasch ab zu reagieren. Der hatte ihm gerade noch gefehlt. Den halben Tag hatte er sich schon mit einem anstrengenden, uneinsichtigen Kunden in seinem Steuerbüro herumschlagen müssen. Und dann tauchte dieser Callahan wie aus dem Nichts auf. Seit fünf Monaten lebte er nun schon hier und bisher war es dem Typen nicht eingefallen ihn als Nachbarn willkommen zu heißen. O nein, er hatte mit seinem Antrittsbesuch so lange gewartet, bis er einen Grund gefunden hatte einfach herein zu platzen und unverschämte Forderungen zu stellen.

Und als wäre das noch nicht genug gewesen, hatte Jesse heute wutschnaubend feststellen müssen, dass sein betrügerischer Exfreund quasi als verspätetes Abschiedsgeschenk auf seine Kosten eine Karibikkreuzfahrt gebucht hatte - wohlgemerkt für ZWEI Personen!!

Seufzend ließ er das Wasser wieder aus dem Becken und trocknete sich die Hände an einem Geschirrtuch ab. Es gab für ihn nur einen Weg seine Laune wieder aufzuhellen. Er würde jetzt raus gehen und seine exotischen Freunde versorgen. Wenigstens konnte er dabei den ganzen Ärger ein Stück zur Seite schieben.

Jesse lächlte unwillkürlich, als er an der hinteren Pforte begeistert von seinem

»Wachpanther« begrüßt wurde. Es war jeden Abend das Selbe. Sein Freund folgte ihm über den Rasen zur Scheune, wo das Futter lagerte. Je mehr er sich in seine Aufgabe vertiefte, desto weiter rückten die Ereignisse des Tages in den Hintergrund. Ganz im Gegensatz zu der naiven Vorstellung seines reizenden Nachbarn, konnten seines Tiere auf Grund ihrer verschiedenen Handicaps nicht wieder ausgewildert werden. Sie waren auf seine Hilfe angewiesen und dieser eingeschränkte Cowboy würde ihn nicht dazu bringen, seine Schützlinge im Stich zu lassen.

Schon als Kind hatte Jesse die Angewohnheit, Tiere überall aufzulesen. Während der Ausbildung hatte ihm das zwar einige Schwierigkeiten eingebracht, aber später war es ihm möglich gewesen durch sein stattliches Einkommen Land zu kaufen, auf dem er seine exotischen Lieblinge artgerecht unterbringen konnte. Das lukrative Angebot eines Industriekonzerns hatte ihn dazu bewogen, sein Grundstück wieder zu verkaufen und umzusiedeln. Dadurch hatte er sein Kapital vervielfacht und so beschloss er, sich in Bussard`s Groove mit seinem Steuerbüro niederzulassen und eine Ranch für sich und seine Tiere zu kaufen.

Die Entscheidung war ihm nicht schwer gefallen. Familiäre Bindungen existierten nicht mehr, seit seine Eltern ihn mit siebzehn vor die Tür gesetzt hatten und außer ein paar Arbeitskollegen würde ihn niemand vermissen.

Natürlich war da noch sein Exfreund gewesen - der unvergleichliche Star am Icehockeyhimmel, zu dessen Erfolgserlebnissen auch die Eroberung hübscher junger Männer gehörte. Nur durch einen Zufall hatte Jesse von seinen regen außersportlichen Aktivitäten Wind bekommen und sich daraufhin sofort von ihm getrennt. Verletzt und gedemütigt hatte er seinen Tiere und seinen Hausstand zusammen gepackt und war aufs Land geflüchtet.

Unglücklicherweise verpasste Rick, sein Ex, ihm zum Abschied noch einen empfindlichen Hieb, indem er noch einmal ausgiebig Gebrauch von seiner Kreditkarte machte. Der Gipfel der Unverschämtheit war allerdings die Kreuzfahrt, von der Jesse erst heute durch den Kontoauszug erfahren hatte. Er wusste zwar, dass es seine eigene Schuld war, dass er die Karte nicht gleich sperren ließ, aber wer rechnete schon mit einer solchen Gemeinheit?

Aufseufzend sog Jesse die frische Landluft ein und versuchte sich zu entspannen. Rick war Geschichte, auch wenn es ihn sehr getroffen hatte. Er hatte sich von ihm ausnutzen lassen, wie bisher von jedem anderen auch. Aber damit war jetzt Schluss! In Zukunft würde er die Finger von Machotypen lassen, zu denen unzweifelhaft sein penetranter neuer Nachbar gehörte.

Zugegeben, rein äußerlich war Devlin Callahan überaus anziehend, mit seinem rabenschwarzen Haar, den dunklen Augen, den breiten Schultern, den stahlharten Muskeln und den schmalen Hüften ...

Das hieß aber noch lange nicht, dass er auch nur das geringste Interesse an ihm hatte. Außerdem war Callahan zweifelsfrei hetero und von denen ließ er sowieso die Finger. Hetero Männer waren absolut tabu.

Er musste seine Zeit und Kraft ohnehin sorgfältig einteilen, um erstens in seinem Beruf voran zu kommen und sich zweitens um seine Tiere zu kümmern. Nebenbei wollte das Haus noch renoviert werden und eine Koppel musste er auch noch anlegen, da er unbedingt ein paar Pferde kaufen wollte. Hier, auf seiner Ranch, wollte er endlich Wurzeln schlagen.

Ein Gefühl des Friedens überkam ihn, während er von einem Gehege zum anderen schlenderte, um seine Tiere zu füttern. Er begrüßte alle liebevoll mit Namen. Die zwei Wölfe, die er Yin und Yan genannt hatte, stubsten ihn sanft an die Hand, bevor sie sich das Futter holten, das Jesse in den Käfig schob.

Jedes Tier hatte sein eigenes Begrüßungsritual für ihn, was ihm ein Gefühl vermittelte, liebe alte Freunde zu besuchen. Die unerfreulichen Gedanken an seinen anstrengenden Klienten, seinen nervtötenden Nachbarn und seinen treulosen Exfreund verflüchtigten sich in der lauen Abendbrise.

Oh ja, das Landleben war genau das richtig für ihn.

Als er seinen Rundgang beendet hatte, schob er sich eine Fertigmahlzeit in die Mikrowelle. Seine Stimmung hatte sich bereits wieder gehoben und er fragte sich, ob sich sein cholerischer Nachbar nach ihrem Zusammentreffen auch beruhigt haben mochte. Aber das konnte ihm ja vollkommen egal sein. Hauptsache er war verschwunden und kam hoffentlich niemals wieder.

Devlin Callahan hatte in ihm bittere Erinnerungen an die Zeit geweckt, in der er noch auf ein attraktives Gesicht und tolle Muskeln hereingefallen war. Auf keinen Fall würde er so einen Fehler noch einmal begehen. Lieber wartete er auf einen Mann, der bereit war, genauso viel zu geben wie zu nehmen - jemand, der nicht nur an seinem Geld interessiert war. Jedenfalls würde er den Typ Mann zu meiden versuchen, der in bestimmten Hochglanzmagazinen mit den Attributen groß, dunkel, attraktiv verkauft wurde. Und ganz bestimmt würde er sich hüten, auf einen Vorzeigecowboy mit dem Temperament eines wild gewordenen Rhinozerosses reinzufallen!

Tse ... er konnte immer noch nicht glauben, dass dieser Callahan versucht hatte, ihm die Probleme mit seinen nervösen Rindern in die Schuhe zu schieben und erwartete, dass er für den entstandenen Schaden aufkam. Was für eine bodenlose Frechheit!!
 

Dray Callahan häufte sich gerade Essen auf seinen Teller, als er seinen Bruder kommen hörte. Er warf einen flüchtigen Blick über die Schulter.

»Wird aber auch Zeit! Ich habe heute Abend eine Verabredung und sehe ja gar nicht ein, weshalb ich mich verspäten soll, nur weil du mal wieder rumtrödelst.«

»Eine Verabredung? Mitten in der Woche?!«, kommentierte Devlin spöttisch, während er zum Küchentresen schlenderte, auf dem Dray das Essen arrangiert hatte. Er nahm sich einen Teller und packte sich von allem etwas drauf.

»Ja, na und? Was soll daran nicht in Ordnung sein? Nie davon gehört, dass man sich auch in der Woche treffen kann?«

»Nur, wenn man was Ernstes im Sinn hat!«, antwortete Devlin gedehnt, während er ordentlich zulangte.

»Du und diese Frau, die das neue Restaurant eröffnet hat, plant ihr etwa eine feste Beziehung?«

»Vielleicht ... «, murmelte Dray und ging mit steifen Schritten auf den Esstisch zu, der im Zentrum der Küche stand. Mit seiner freien Hand fegte er einen Stapel Briefe zur Seite und setzte sich auf einen Stuhl.

»Was ist eigentlich bei deiner Begegnung mit unserem neuen Nachbarn heraus gekommen«, fragte Dray um ein neues Thema bemüht.

Man musste nicht besonders scharfsinnig sein, um zu bemerken, dass Dray seine Gefühle für Sunny Dixon nicht mit ihm diskutieren wollte. Sie war eine temperamentvolle Brünette, die vor ein paar Monaten ein kleines schickes Restaurant in Bussard`s Groove eröffnet hatte. Und das Dray nicht bereit war, mit ihm über sie zu sprechen, ließ Devlin vermuten, dass er sich bis über beide Ohren in das Mädchen verknallt hatte. Verübeln konnte er es ihm nicht. Sunny Dixon besaß wirklich Klasse, Stil und Persönlichkeit - ganz im Gegensatz zu diesem Einfallspinsel, der seit kurzem auf der Nachbarranch hauste.

»Und?«, forschte Dray.

Devlin schaute von seinem Teller hoch. »Und, was?«

»Hast du unseren neuen Nachbarn davon überzeugen können, sich samt seinem Zoo zu verdrücken, damit unsere Tiere wieder zur Ruhe kommen?«

»Nein. Er hat mir einfach die Tür vor der Nase zugeschlagen, aber nicht, ohne mir vorher einen Haufen Beleidigungen an den Kopf zu werfen«, entgegnete Devlin mürrisch und stocherte gereizt mit seiner Gabel im Essen rum.

»Der Kerl ist offensichtlich aus Granit. Nicht einmal mit einem Presslufthammer oder Dynamit würde man zu ihm durchdringen.«

Dray starrte seinen Bruder an.

»Mit anderen Worten, du bist deinem Ruf wieder mal gerecht geworden und hast dich auf eine Schlacht mit ihm eingelassen? Habe ich dir nicht gesagt, du sollst es mit Diplomatie versuchen?«

»Das hätte überhaupt keinen Zweck gehabt«, erklärte Devlin überzeugt.

Dray schüttelte daraufhin nur den Kopf und seufzte. »Du hättest nicht zu ihm rüber gehen sollen, solange du in Rage warst. Ich habe dir doch geraten, dich erst wieder zu beruhigen. Aber nein, du musstest ja gleich nach dem Viehtrieb zu ihm rüber rasen. Ich kenn dich doch. Bei der leisesten Provokation brüllst du los wie ein Stier. Sowas bringt einfach nichts. Das nächste Mal sei einfach ein bisschen taktvoller.«

Das Letzte was ich jetzt brauche, ist eine Moralpredigt von einem Kerl, der grundsätzlich alle unangenehmen Auseinandersetzungen mir überlässt, dachte Devlin zähneknirschend.

Diplomatie?

Zur Hölle damit!

»Es wird kein nächstes Mal geben!«, murrte er missmutig.

»Wenn du meinst, es besser zu können, dann geh doch rüber und überzeug unseren reizenden Nachbarn. Ich wette es dauert keine drei Sekunden und du kannst dich über eine Beule an der Stirn freuen.«

Abwehrend hob Dray die Hände. »Ich? Vergiss es! Nur weil wir eineiige Zwillinge sind, heißt das nicht, dass ich in die Höle des Löwen gehe, nachdem du ihn gereizt hast. Er bekommt mich zu Gesicht - denkt natürlich ich wäre du und dann ... nein, nein, mein Lieber.«

»Tja, er hat tatsächlich eine teuflisch scharfe Zunge«, bemerkte Devlin zögerlich.

»Und vermutlich war es auch nicht gut, dass meine Faust fast in seinem Gesicht gelandet ist, als Parker so abrupt die Tür aufgerissen hat.«

Aufstöhnend fasste sich Dray an die Stirn. »Habe ich es doch gewusst! Und dann wunderst du dich über sein Verhalten? Was hast du denn erwartet? Wäre ich an deiner Stelle gewesen, hätte ich selbstverständlich manierlich die Türglocke

bedient«, meinte er in selbstgefälligem Ton. »Dann hätte ich höflich gewartet und es wäre gar nicht zu so einer Szene gekommen.«

Angewidert betrachtete Devlin seinen Zwillingsbruder. Dray hatte die nervtötende Angewohnheit, seinen Bruder ständig daran zu erinnern, dass er der Ältere und damit auch selbstverständlich der Reifere und Überlegenere war. Dabei betrug der Altersunterschied gerade mal drei läppische Minuten.

»Ich schwöre dir, Dev. Seit du dich damals von dieser Rothaarigen zum Narren hast machen lassen, bist du ständig mürrischer und gereizter geworden.«

»Vielen Dank, dass du mich gerade jetzt daran erinnerst. Vielleicht blüht dir das ja auch noch!«, knirschte Devlin.

Wütend starrte Dray ihn an und Devlin schoss einen ebenso finsteren Blick zurück.

»Okay«, sagte Dray schließlich. »Ich gebe zu, dass mir nicht im zarten Alter von fünfundzwanzig das Herz gebrochen wurde.«

»Genau. Du hast gar keinen Grund hart und zynisch zu sein und wärst in jedem Fall besser geeingnet mit Parker über seinen Zoo zu diskutieren. Vor allem wärst du nicht so geschockt gewesen, wenn du ihn zu Gesicht bekommen hättest. Der Typ sieht fast aus, wie ein zerbrechliches Porzellanpüppchen. Aber das wirst du ja selber sehen, wenn du rüber gehst, um die Sache zu bereinigen.«

»Mit anderen Worten, unser neuer Nachbar ist attraktiv?«, hakte Dray nach.

»Geradezu umwerfend. Jede Modebranche würde sich um ihn reißen«, versicherte Devlin trocken und zerdrückte eine Kortoffel in der Sauce.

»Du verstehst dich doch auf seichten Small Talk und wirst ihn schon wieder gnädig stimmen, selbst wenn er annehmen sollte, dass du ich bist. Vielleicht haut er dich sogar dermaßen um, dass du ... «

»Oh, nein!«, protestierte Dray lautstark. »Ich bin nicht schwul, klar?! Schlag dir das ganz schnell aus dem Kopf. Außerdem glaube ich, dass ich bei Sunny im Moment ganz gute Karten habe. Ich bin nicht bereit irgendein Risiko einzugehen. Unserer Nachbarranch werde ich mich jedenfalls nicht bis auf eine Meile nähern, damit Sunny gar nicht erst auf falsche Gedanken kommt. Du hast Parker auf die Palme gebracht und deswegen wirst du auch dafür sorgen, dass er da wieder heil herunter kommt!«

Er steckte sich den letzten Bissen in den Mund und stand entschlossen auf.

»Während du die Küche in Ordnung bringst, gehe ich schnell duschen und bin dann auch schon verschwunden. Ich gehe mit Sunny ins Kino, also kannst du diesen Abend sinnvoll verbringen und dich in Charme, Höflichkeit und Diplomatie üben. Morgen Abend gehst du dann zu unserem reizenden Nachbarn hinüber, um ihm mit einer großen Flasche Wein deine Entschuldigung zu überbringen. Am besten du nimmst Weißen, dass sieht nicht so aufdringlich aus.«

»Du willst wohl, dass ich noch mal richtig Stress kriege, was?«, knurrte Devlin unversöhnlich. »Eher friert die Hölle zu.«

»Devlin ... das ist dein Krieg. Du hast ihn begonnen, also musst du ihn auch wieder beenden.« Dray runzelte seine dunklen Augenbrauen.

»Sieh zu, dass du das Problem aus der Welt schaffst, verstanden?!«

Devlins Blicke bohrten sich wie Dolche in den breiten Rücken seines Bruders. Er sollte das Problem aus der Welt schaffen? Na gut! Die einzige Lösung die in Betracht kam, war, Mr. Jesse Parker in einen Käfig zu seinen Tieren zu sperren und allesamt weit, weit weg in ein Reservat zu verschiffen.

Als Devlin es sich eine Stunde später vor dem Haus auf der Hollywoodschaukel bequem gemacht hatte, um Zeitung zu lesen, durchdrang auf einmal ein gespenstischer Schrei die abendliche Stille. Unwillkürlich sträubten sich ihm die Nackenhaare. Irgendeine Wildkatze, dachte er zähneknirschend, während er das Vieh in der Ferne schreien hörte. Jeden Abend um die gleiche Zeit begann diese gruselige Symphonie. Den kleinen blonden Drachen freundlich aus der Reserve locken? Das würde er nicht in einer Millionen Jahre tun!

Als das Geschrei noch an Intensität zunahm, feuerte Devlin seine Zeitung auf den Verandaboden und stürmte aufgebracht ins Haus. Das war Ruhestörung von der extremsten Sorte! Und dagegen gab es ein Gesetz, davon war er überzeugt. Vielleicht sollte er den Sheriff einmal einladen, damit der einen Eindruck von diesem unerträglichen Lärm bekam. Möglicherweise würde dann endlich was gegen diesen Verrückten unternommen werden.
 

Ende Teil 1
 

Hallo Leute,

diesmal warte ich hier mal mit etwas anderem auf. Die Story ist schon ziemlich alt, weil ich nicht wirklich dazu komme, weiter zu schreiben. Aber ab und zu kommt doch immer noch ein bisschen dazu. Deswegen kann es sein, dass ihr mal warten müsst. Ich bin nämlich nicht von der schnellsten Sorte und muss immer absolut in der Stimmung sein, um bestimmte Sachen zu schreiben. Aber was erzähl ich da ... *lol* Ihr wisst ja am besten selber wie das ist. XD

Nu will ich aba keinen weiter aufhalten. Ich wünsche euch viel Spaß beim lesen und hoffe es gefällt.

Bis zum nächsten, sicherlich bald folgenden Kapitel ...
 

dessi



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  wieprei
2010-06-18T16:26:44+00:00 18.06.2010 18:26
Klingt witzig. Ich kann mir die Beiden richtig gut vorstellen. Mal sehen, wie es weitergeht.

Lg ines
Von:  me-luna
2010-02-22T13:59:44+00:00 22.02.2010 14:59
Ich liebe Devlin, der erinnert mich so an jemanden.^^
Wider eine wunderschöne Geschichte, du schaffst es, in 3-D zu schreiben- so lebendig, dass man das Gefühl hat, man ist mittendrin.
Kann mir den Jeep, die Ranchen und den Staub richtig vorstellen.

lg
Von:  evejean
2010-01-26T05:58:11+00:00 26.01.2010 06:58
tolle geschichte,mag dein schreibstill. aber sie kommt mir bekannt vor hattest du sie schon mal wo anders hochgeladen?

lg eve


Zurück