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Heroes

von

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Six

Der weiße Blechschrank reflektierte Tsukasas Umrisse so verschwommen, dass er schon nicht mehr wusste, was zu ihm und was zu dem Schatten daneben gehörte. Das Material war kalt und steril, als er seine Hand daran legte. Mit einem Ruck und einem leisen Klicken schwang die Tür zur Seite. Tsukasa Augen flogen über die aufgehäuften Unterlagen. Es war jetzt zwei Tage her, seit Karyu bei ihm gewesen war. Er hatte zehntausend Yen Strafe zahlen müssen, doch als Tsukasa sich entschuldigte und ihm das Geld geben wollte, hatte er abgelehnt. Das wäre es ihm wert gewesen, hatte er gesagt.

Seine Finger ertasteten mehrere Ordnerrücken und schließlich zog er einen dickeren hervor. Er war alt, überfüllt und er knarrte, wenn man auf den Deckel drückte. Als die Tür wieder zuschwang und den Blick auf Tsukasas milchige Silhouette gewährte, musste er wieder an Karyu denken. Sie hatten sich noch oft geküsst, an dem Tag vor zwei Tagen. Karyu hatte wiederholt, was er für Tsukasa empfand, und wie verrückt und eigenartig es doch wäre. Und trotzdem hatte er ihn immer wieder in die Arme geschlossen und seine Lippen berührt. Immer wenn der Begriff Liebe fiel, wurde Tsukasa klamm in der Brust und seine Hände krampften. Er wusste nicht, was er damit anfangen sollte, mit dem Begriff und seiner Situation, und der Tatsache, dass er es mochte, Karyu zu küssen.

Eigenartigerweise hatte Karyu sich seitdem sehr verhalten ihm gegenüber benommen, ganz so, als würde er wissen, welche Gedanken ihn plagten. Er war ab und an zu ihm herangetreten und hatte mit ihm geredet, völlig normal, doch hatte dabei so liebevoll gelächelt, wie in den Momenten, in denen sie sich näher kamen. Tsukasa fühlte, dass Karyu an sich hielt. Und er fühlte auch die begierigen Augen seiner Kollegen im Nacken, die ihn verfolgten, seit Karyu ihm die Rosen geschickt hatte. Augen, die immer darauf warteten, dass sie einander die Hände drückten oder vielleicht anlachten, oder sonst irgendetwas, das den Anschein erwecken könnte, dass es mehr zwischen ihnen gab, als eine Bekannt- oder Freundschaft. Zwar sahen sie nichts, doch trotzdem hatten sie recht. Tsukasa war für Karyus Verhalten dankbar.

Tsukasa wandte sich um und stieß mit der freien Hand die Tür zum Foyer auf. Jähes Stimmengewirr drang an seinen Ohren, vor dem er in dem kleinen Raum verschont gewesen war. Seufzend ließ er die Tür wieder fallen und drückte den dicken Ordner an sich, während er sich einen Weg durch die Menge bahnte. Das diese seit des polizeilichen Schutzes immens angeschwollen war, merkte man sofort. Tsukasa kam sich eher vor wie auf einem Marktplatz oder einem Fest, statt wie in einem Krankenhaus. Schwestern riefen irgendwelche Namen von Patienten, die aufgerufen wurden, Kinder jammerten über irgendwelche leichten Verletzungen und ihre Mütter versuchten sie zu beschwichtigen, indem sie pausenlos auf sie einredeten. Polizisten hatten hier und da kleine Gruppen gebildet, in denen hier und da ein jähes Auflachen ertönte und das monotone Rauschen der Geräusche zerriss. Tsukasa seufzte. Immerhin, so dachte er, würde man sich jetzt nicht anmaßen, ihn auf Schritt und Tritt zu beobachten.

Er zwängte sich zwischen zwei Passanten hindurch und landete direkt am Tresen der Rezeption, auf dem er für einen Moment den Ordner ablegte und sich anschließend suchend umblickte. Als er Fushimasu nirgendwo entdecken konnte, schnaufte er entrüstet, nahm den Ordner wieder auf und drehte sich fort. Erneut begann er sich zwischen den Leuten hindurchzudrängeln und hielt auf den Korridor zu seiner linken zu. Wenn sein guter Kollege nicht an der Rezeption zu finden war, dann war er das meistens im Aufenthaltsraum. Zwei Hilfsärzte kamen ihm aus eben diesem vom Ende des Ganges entgegen und unterhielten sich angeregt über irgendetwas. Tsukasa verstand es nicht, sondern vernahm nur Gemurmel, andernfalls kümmerte es sich jedoch auch nicht sehr um sie. Seine Augen lagen starr auf der grauen Stahltür, die ihm vom Weiten entgegenlachte. Fast meinte er sie Hierher, Fushimasu ist hier! rufen zu hören. Dass das total dämlich war, wurde Tsukasa erst bewusst, als er an den beiden Ärzten vorüberlief, sie ihn grüßten und damit aus seinen Gedanken rissen. Stockend grüßte er ebenfalls und eilte im Laufschritt auf den Aufenthaltsraum zu.

Als er endlich angekommen war, legte sich seine Hand automatisch auf die kalte Klinke, doch er hielt inne. Direkt auf der anderen Seite der Tür vernahm er eine dumpfe Stimme, die etwas sagte, und das nicht gerade in einem besonders freundlichen Ton. Dass da eine Stimme war, störte Tsukasa nicht wirklich, nur die Erkenntnis, wem sie gehörte. Er starrte auf seine Hand, die sich zusammen mit der Klinke nach unten bewegte, als von innen geöffnet wurde. Er ließ los, als die Tür ruckartig nach innen gezogen wurde und Yagasumo zum Vorschein kam. Er blickte aufgebracht um sich und entdeckte schließlich Tsukasa. Der sah zu ihm auf, drückte den Ordner etwas fester an sich und ging langsam zwei Schritte zurück. Yagasumos Augen durchbohrten ihn, doch egal was er dachte, er konnte nicht wissen, dass Tsukasa seine Akten und Daten in den Händen hielt, dass er damit beauftragt wurde, eine Entlassung für ihn zu verfassen. Tsukasa fühlte plötzlich, dass er diesen Mann mit Angst anblickte, und gleichzeitig mit einer kühlen Abweisung und Überlegenheit, die er damit rechtfertigte, dass er selbst, Kenji Oota, im Gegensatz zu Yagasumo richtig gehandelt hatte.

Yagasumos Blick verweichlichte ein wenig, während er den Platz nutzte, den Tsukasa ihm darbot, und aus der Türschwelle heraustrat. Mit einem verhaltenen Nicken begrüßten sie einander, und Tsukasa bemerkte, wie er auf den Ordner in seinen Armen starrte. Dann begann er zu lächeln.

„Sie sollten dort drinnen aufpassen, Doktor Oota. Es herrscht eine etwas gedrückte Stimmung.“

Tsukasa runzelte die Stirn, nickte jedoch steif und machte sich daran, an seinem vermeintlichen Kollegen vorbeizugehen. Umso mehr erschrak es ihn, als er die knochigen Finger spürte, die sich nicht gerade vorsichtig in seine Schulter gruben.

„Warten Sie doch noch einen Augenblick. Mir fällt gerade auf, dass wir uns gar nicht mehr richtig unterhalten haben, seit... Sie wissen schon.“

Tsukasa wurde es klamm in der Brust, als Yagasumo ihn langsam zu sich umdrehte und ihn dann über die Ränder seiner teuren Brille eindringlich musterte. Sein Lächeln wurde steifer und steifer, und Tsukasa rechnete damit, dass es jeden Moment abbröckeln und es zu einem wutverzerrtem Gesicht kommen würde. Aber Yagasumo hielt sich wacker.

„Eigenartig, nicht wahr?“, fuhr er fort und lachte verkrampft. „Es ist mehrere Monate her, seitdem wir das letzte Mal miteinander geredet haben. Ihr Patient hatte das Glück, sich erstaunlich schnell zu erholen, habe ich gehört. Und ebenfalls, dass er, wie es der Zufall so will, hier stationiert wurde. Und dieses Mal nicht in einem Krankenbett.“

Tsukasa starrte Yagasumo an, als würde er jeden Moment einen gewaltigen Ausbruch erleben. Dass es zu einem kam, lag nicht einmal sehr fern, so wie sich seine Stimme während des Redens steigerte.

„Dieser arme Mann hatte wirklich großes Glück in Ihre Hände zu fallen, nicht wahr? Aber ob er tatsächlich noch voll und ganz dienstfähig ist?“

Ehe Tsukasa auf diese eher rhetorische Frage reagieren konnte, nahm er wahr, wie sich eine Hand auf Yagasumos Schulter legte. Der erstarrte unter der Berührung und ließ beinahe automatisch von Tsukasa ab, der ein erleichtertes Aufatmen gerade noch zurückhielt, als er erkannte, wer ihn da aus seiner unbequemen Lage befreite.

„Da haben Sie eindeutig recht. Aber bitte bezeichnen Sie mich nicht als einen armen Mann, da fühle ich mich so heruntergestuft, wissen Sie?“

Karyu baute sich neben Yagasumo auf und sah mit einer Art freundlichen Abschätzigkeit auf ihn hinab. Tsukasa bemerkte, wie der Arzt geringfügig vor dem Polizisten zurückwich. Seine Augen flogen über seine Uniform, über seine aufmerksame und bedrohliche Haltung, und nicht zuletzt über die Waffen an seinem Gürtel.

Yagasumo wich noch einen Schritt zurück, wodurch er Karyus Hand abschüttelte, und seine Augen wanderten zwischen ihm und Tsukasa hin und her. Ersterer lächelte gespielt heiter und verschränkte seine Arme hinter dem Rücken. „Was das dienstfähig sein betrifft: Ich fühle mich im Moment eigentlich pudelwohl. Also kein Grund zur Sorge.“

Er zwinkerte, und das machte Yagasumo rasend. Tsukasa schob sich ohne es überhaupt richtig wahrzunehmen, ein wenig hinter Karyu, und schon im nächsten Moment merkte er, dass er sich selbst in seinem Stolz kränkte.

„Und wo das alles geklärt ist“, fuhr Karyu fort, „dann können wir ja jetzt alle unseren Weg fortsetzen. Wollen Sie nicht anfangen, Herr Yagasumo?“

Tsukasa erschauderte, als er bemerkte, dass Karyus Worte mehr einem Befehl, anstatt einer Frage glichen. Yagasumos Augen weiteten sich, doch er nickte gehalten.

„Da haben Sie wohl recht.“

Seine Augen legten sich auf Tsukasa und sie schienen ihn zu durchbohren. Tsukasa selbst schluckte, hielt aber dem Blick stand, und traute sich letztendlich sogar, ein wenig hinter Karyu hervorzutreten.

„Sie werden mich nicht los, Oota. Das werden Sie nicht.“

Als er diese Worte aus dem kaum zu deutenden Zischen Yagasumos filterte, begann die Farbe aus Tsukasas Gesicht zu weichen. Er und Karyu blickten dem Arzt nach, der in Richtung Foyer davonging.

„Alles in Ordnung?“

„Was? Oh, äh. Ich glaube ja.”

Tsukasa fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht und wandte sich Karyu zu, der trotz seiner Entwarnung besorgt auf ihn hinabblickte. Er lächelte dankbar.

„Du verstehst wirklich etwas von Timing.“

Karyu erwiderte das Lächeln flüchtig, wurde jedoch wieder ernst. „Was wollte er von dir? Was hat er gesagt?“

Tsukasa stieß ein Schnaufen aus und stemmte sich die freie Hand in die Hüfte. Die letzten Worte Yagasumos geisterten ihm noch immer im Kopf herum.

„Ich weiß es nicht. Er hat mich auf einmal abgefangen. Dann hat er von dir geredet und davon, dass du Glück hattest und- ich weiß nicht.“

Tsukasa presste den Ordner fester an sich und starrte an die gegenüberliegende weiße Wand. Für eine ganze Weile geschah nichts, er schien sogar vergessen zu haben, dass er Fushimasu suchte. Da war nur diese weiße Wand und die Ratlosigkeit über das, war gerade eben geschehen war. Etwas warmes berührte seine Hand, die er in die Seite gestemmt hatte. Erst wusste er nicht, was es war, doch dann fühlte er, wie sich Karyus Finger spreizten und seine Hand umschlossen. Tsukasa ließ es geschehen und beobachtete ihre Hände, bevor er zu Karyu aufblickte. Seine Augen waren warm, und er schenkte ihm wieder dieses liebevolle Lächeln, mit dem er ihn auch in den letzten Tagen heimgesucht hatte. Tsukasa sah sich um, während er errötete. Niemand war zu sehen, doch trotzdem zog er seine Hand zurück, sodass Karyu ihn wieder losließ. Schon im nächsten Moment bereute Tsukasa seine Tat, doch Karyu lächelte noch immer, und es kam ihm so vor, als entschuldige er sich damit.

„Wenn ich du wäre, würde ich bei diesem Kerl von nun an vorsichtiger sein.“

Dieses plötzliche Eintauchen in das eigentliche Thema lies Tsukasa blinzeln. Er nickte und seufzte einmal auf.

„Vielleicht. Aber er wird mir schon nicht hinter einer Ecke auflauern und mich erschlagen.“

Tsukasa grinste schwerfällig, und er merkte, dass Karyu diesen Gedanken wohl weniger amüsant fand. Er gab es schließlich auf, Karyu jegliche Gründe zu nehmen, sich zu sorgen und wandte sich der Tür zum Aufenthaltraum zu, in dem es irgendwie zu ruhig für seinen Geschmack war.

„Mach dir keine Gedanken, bitte. Denk nicht darüber nach.“

Er wandte seinen Kopf zur Seite und lächelte Karyu flüchtig an. Für einen Moment überlegte er, dann überwandt er sich und überbrückte den Meter, der sich zwischen ihm und Karyu befand, mit einem Schritt. Bevor er es sich überhaupt noch anders überlegen konnte, stellte er sich auf die Zehenspitzen und küsste Karyu auf die Wange.

„Ich tu es auch nicht.“

Karyu rührte sich nicht, so überrascht schien er von Tsukasas plötzlichen Handlung zu sein. Statt etwas zu sagen, sah er nur zu, wie Tsukasa wieder zur Tür schritt.

„Und was ist mit uns?“, brach es aus ihm heraus.

Tsukasa blieb stehen und drehte sich zur Seite, sodass er Karyu aus den Augenwinkeln sehen konnte.

„Denkst du über uns nach?“, fuhr Karyu fort und verlagerte etwas unruhig sein Gewicht. Seine Augen lagen auf Tsukasas Rücken, während er die Antwort abwartete.

Der blickte auf den dumpfen, grauen Türrahmen und schien zu überlegen. Dann sah er wieder auf und legte seine Hand auf die Klinke. Er hatte die Augen wieder von Karyu abgewandt.

„Gib mir Zeit. Gib mir einfach Zeit.“

Mit diesen Worten drückte Tsukasa die Tür auf und trat in den Raum dahinter, Karyu indes atmete seine Anspannung aus und merkte, wie sich die Hoffnung in seiner Brust ein kleines bisschen mehr entfaltete.
 

Tsukasa hörte, wie sich die Tür mit einem leisen Klicken hinter ihm schloss. Als er aufblickte, sah er sofort Fushimasu, der direkt vor ihm an einem langen Tisch saß. Neben ihn befanden sich gut ein Dutzend Schwestern und Hilfsärzte, die wie er ihre Pausen hier verbrachten. Alle blickten Tsukasa erwartungsvoll an und rührten sich nicht. Mit einem Mal wurde ihm bewusst, dass sie die ganze Zeit zugehört hatten. Sie hatten alles gehört, Yagasumos bedrohliche Predigt, Karyus Rettungsaktion – und auch sein Gespräch mit Karyu. Tsukasa schlug das Herz bis zum Hals und er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Er versuchte zu ignorieren, dass sie nun mehr oder weniger über Karyu und ihn Bescheid wussten und ließ sich auf einen Stuhl sinken. Krachend ließ er den Ordner auf den Tisch fallen, sodass er erzitterte.

„So“, sagte er trocken und blickte in die Runde. „Er weiß es also?“
 

Er fragte sich, wieso er sich so anstellte.

Das Klicken von Fushimasus Kugelschreiber durchbrach die Stille, die in Tsukasas Büro herrschte. Er sah auf, und beobachtete wie der Hilfsarzt einige Notizen aufschrieb und anschließend wieder das monotone Klicken erklang. Seine eigenen Finger krallten sich in das Papier unter seinen Handflächen, den Stift hatte er schon lange beiseite gelegt.

Jetzt wusste ohnehin jeder Bescheid. Die Schwestern wussten Bescheid. Die Sekretärinnen wussten Bescheid. Die Hilfsärzte wussten Bescheid. Fushimasu wusste Bescheid. Und trotzdem hatte sich nichts verändert. Alles ging seinen gewohnten Gang. Kein Geflüster hinter ihm, keine reservierten Blicke, wenn er an jemanden vorüber ging. Man grüßte ihn freundlich, wie sonst auch. Fast meinte Tsukasa sich vertan zu haben, und dass niemand ihrem Gespräch gelauscht hatte. Aber wenn er genau darüber nachdachte, war er sich sicher.

Tsukasa hob erneut den Blick und schielte zu Fushimasu hinüber, der zwei Meter von ihm entfernt noch immer auf seinen Kugelschreiber einhämmerte und dabei auf eine Seite von Yagasumos Akten starrte. Man hatte ihm gesagt, dass die Planung von seiner Kündigung durch unzuverlässige Tratscher an ihn herangelangt war. Wer Schuld hatte, wusste man noch nicht. Aber es stand fest, dass es getan werden musste. Ob Tsukasa nun Yagasumos Worte ernst nahm oder nicht.

Aber das war es eigentlich nicht, worauf seine Gedanken hinauswollten. Yagasumo war ihm im Moment nicht wichtig, auch wenn er bereits zusammen mit Fushimasu seit zwei Stunden an den Recherchen saß. Karyu schwirrte ihm im Kopf herum, und eigentlich wunderte ihn das wenig. Wenn sich hier nichts verändert hatte, so dachte er, ginge er auch kein Risiko ein, wenn er sich mit Karyu liierte. Sein Beruf stand ihm also nicht mehr im Weg, und als er das merkte, suchte er nach etwas anderem, an das er sich klammern konnte, um noch ein wenig Abstand von Karyu zu bekommen. Er wusste, dass er auf eine Entscheidung von ihm wartete, und das nun seit einer geschlagenen Woche. Und er tat es mit solch einer immensen Ruhe, als wäre er sich hundertprozentig sicher, wofür Tsukasa sich entschied.

Fushimasu murmelte etwas, kratzte sich am Kopf und blätterte in seinen Notizen.

Karyu wusste, was er wollte. Und Tsukasa hatte gelernt, dass er außerordentlich gut darin war, sich in seine Absichten festzubeißen.

Was aber noch viel wichtiger zu sein schien, war die Tatsache, dass auch Tsukasa wusste, was er wollte. Er konnte ihn nicht noch länger warten lassen.
 

Nach einer weiteren Stunde unkonzentrierten Arbeitens schlug Tsukasa vor, für heute Schluss zu machen. Es wäre ohnehin nichts ordentliches mehr zustande gekommen, und das sah auch Fushimasu ein. Kaum hatte er Tsukasas Büro verlassen warf der einen Blick zur Uhr. Sie zeigte ihm, dass es fast fünf war. Es war Freitag. Und freitags musste Tsukasa ausnahmsweise nicht bis spät in den Abend arbeiten. Von diesem Gedanken beflügelt packte er seine Sachen zusammen und räumte alles beiseite, was nach Arbeitsschluss nichts mehr auf seinem Tisch verloren hatte.

Als er eine gute viertel Stunde nach Fushimasu das Büro verließ, schlug ihm das Herz bis an die Kehle. Er drückte die Tür auf, trat die paar Schritte hinaus und blickte suchend um sich, was eigentlich völlig überflüssig war. Der Korridor, in dem sein Büro lag, war völlig leer. Und das Stimmengewirr des Foyers war so fern, dass Tsukasa sich schon beinahe einsam vorkam. Er verfestigte den Griff um seine Tasche, drückte die Tür wieder zu und schloss mit fliegenden Fingern ab. Karyus Dienst war für heute auch bald vorüber, das wusste er. Und wenn er Glück hatte, konnte er ihn noch erwischen. Schnellen Schrittes ging er den Gang entlang und legte sich bereits im Kopf zurecht, wie er Karyu am besten fragen konnte, ob er denn einen Augenblick Zeit hatte. Eigentlich war nichts dabei, und er wusste nicht, wieso er sich solche Gedanken machte. Er seufzte auf, bog am Ende des Korridors rechts um die Ecke und-

„ÜBERRASCHUNG!“

„AH!“

Tsukasa hob reflexartig seine Tasche und schlug sie Karyu um die Ohren. Der taumelte zurück, fing sich an der Wand ab und presste sich eine Hand vor die Nase. Für einen Moment starrte Tsukasa ihn nur völlig perplex an, dann schlug er sich eine Hand vor den Mund.

„Yoshitaka! Das tut mir leid, ich-“

„Ach, ist schon in Ordnung.“

Karyu stemmte sich wieder von der Wand ab und betastete vorsichtig seine Nase. Als er merkte, dass ihr nichts fehlte, seufzte er erleichtert.

„Du hast vielleicht einen Schlag drauf“, grinste er.

„Du... du... du hast mich erschrocken. Woher wusstest du, dass ich komme?“

Tsukasa stellte seine Tasche ab und bedeutete Karyu, seinen Kopf zu neigen, damit er sich seine Nase ansehen konnte und der tat wie ihm geheißen.

„Dein Kollege kam vor kurzem hier lang. Als er mich gesehen hat, meinte er, dass ich bestimmt auf dich warte und hat mir gesagt, dass du gleich nachkommen würdest.“

Tsukasa nickte langsam und ließ wieder von ihm ab, als er nichts fand. Eine Weile herrschte Stille, dann nahm er zögerlich seine Tasche wieder auf.

„Und hast du auf mich gewartet?“

Karyu grinste ihn wieder an und rieb sich noch einmal flüchtig über die Nase. „Eigentlich nicht. Aber wie es der Zufall so wollte, war ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort.“

„Und wie es der Zufall so wollte, hatte ich vor nach dir zu suchen.“

Tsukasa sah auf und grinste Karyu schief an, denn er wusste immer noch nicht, wie er es sagen sollte. Und dass sie sich um einiges früher begegnet waren, als Tsukasa dachte, erleichterte ihm die Sache nicht gerade sehr. Während er das dachte, sah er zu, wie sich Karyus Gesicht merklich aufhellte.

„Hast du das?“

„Ja.“

Tsukasa kratzte sich mit der freien Hand am Hinterkopf, während er überlegte. Dann lachte er verlegen auf. „Ich glaub, du kannst dir denken, um was es geht.“

„Na, und wie!“ Karyu zwinkerte – etwas, was er gut konnte und seine Wirkung eigentlich nie verfehlte – und lachte, was Tsukasa seine Anspannung nahm. Er fragte sich, wieso er noch so herumdrucksen musste. Karyu schien seine Entscheidung ja ohnehin schon zu kennen.

Er kam letztendlich nicht darum, mitzulachen.

„Naja, ich habe nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass...“

„Dass...?“

„Einer Beziehung eigentlich nichts im Wege steht.“

Volle drei Sekunden herrschte Stille, in der das ohnehin schon breite Grinsen in Karyus Gesicht faszinierenderweise noch breiter wurde. Tsukasa konnte gar nicht so schnell reagieren, wie Karyu ihn in die Arme schloss und küsste. Im Gegenteil, diese Tat benebelte ihn so sehr, dass er gar nichts machen konnte. Seine Arme samt Tasche baumelten leblos an seinem Körper herunter, während Karyu weiterhin seine Freude über seine Entscheidung ausdrückte. Schließlich riss er sich zusammen und umklammerte mit seinen Armen Karyus Rücken, damit er nicht psychisch absegelte, was ihm jetzt mehr als peinlich gewesen wäre.

Karyu ließ schließlich von ihm ab und Tsukasa fühlte sich ziemlich verspätet unheimlich wohl.

„Das war gut“, meinte er leise und drückte sich an Karyu. Dann schlug er sich innerlich eine Hand gegen die Stirn. Ein Lachen erklang.

„Und nach einer Woche auch ziemlich überfällig, finde ich.“

Tsukasa lächelte und drückte sein Gesicht gegen Karyus Schulter. Die Schutzweste unter seinen Fingern war hart, aber das störte ihn nicht.

„Sind wir jetzt ein Paar?“, fragte er leicht ungläubig, was Karyu noch einmal zum lachen brachte.

„Ja“, bestätigte er. „Wir sind jetzt ein Paar.“

„Sie sind zusammen!“

„Ich habe es gewusst!“

„Her mit den fünftausend Yen!“

Erschrocken ließen Karyu und Tsukasa voneinander ab und blickten zu der Treppe, von der die Stimmen kamen. Hinter dem Geländer standen geduckt ein gutes Dutzend Personen in weißen Kitteln und starrten zu ihnen hinüber. Als sie sich alle gegenseitig anblickten, war das Schweigen kaum auszuhalten. Tsukasa fühlte, wie ihm die Röte in den Kopf schoss und sich die Wut in ihm breit machte. Er begann bereits zu zittern und sah zu, wie die Leute auf der Treppe die letzten Geldscheine austauschten und bereits zurückwichen.

„KANN MAN IN DIESEM KRANKENHAUS NICHT FÜR EINEN MOMENT ALLEINE SEIN!?“

Tsukasa machte einen Satz auf die Treppe zu, und kaum zwei Sekunden später stolperten seine Kollegen die Stufen zum Foyer hinunter. Er begnügte sich damit, dass sie wenigstens Angst vor ihm hatten, und verharrte wo er war. Karyus Schritte ertönten, und kurz danach tauchte er neben ihm auf, doch im Gegensatz zu ihm war er wohl mehr überrascht als wütend.

Tsukasa warf ihm einen Seitenblick zu und deutete dann fassungslos das Stockwerk hinunter, wo sich die Übeltäter in verschiedene Richtungen aufmachten.

„Sie... sie haben um uns gewettet!“

„Ja, aber die meisten haben auch geglaubt, dass es mit uns klappt.“

„Soll mich das jetzt beruhigen?“

„Also, mich tut es das. Dann stößt du hier wenigstens nicht auf Widerstand.“

Tsukasa sog die Luft tief ein und stieß sie schnaufend wieder hervor.

„Vielleicht hast du recht.“

Ohne Vorwarnung griff Karyu nach Tsukasas Hand und zog ihn die Treppe hinunter.

„Natürlich hab ich recht! Und jetzt komm, ich will nicht ewig hier bleiben, wenn mein Dienst schon zuende ist.“

Tsukasa stolperte Karyu hinterher ohne sich zu wehren. Als sie im Foyer ankamen legte er sogar demonstrativ einen Arm um ihn. Er fühlte, wie ihnen verwunderte Augen hinterher starrten, und wie Karyu ihm einen ungläubigen Seitenblick schenkte. Aber er reagierte nicht darauf, sondern hielt zusammen mit ihm auf den Ausgang zu.

„Yoshitaka?“

„Ja?“

„Kann ich mit zu dir kommen?“

Karyu grinste wieder über beide Ohren und legte nun seinerseits einen Arm um Tsukasa, während sie an der Drehtüre vorübergingen und die normale benutzten.

„Klar.“
 

„Au! Lass das!“

Lachend schlug Tsukasa Karyu ein Kissen ins Gesicht und versteckte sich unter seinem eigenen. Er ächzte, als Karyu aufhörte ihn zu massieren und sich auf ihn fallen ließ, und hörte dumpf, wie er das Lachen erwiderte.

„Kein Wunder, dass das wehtut! Du bist doch total-“

„Ich bin nicht verspannt, Baka!“

Karyu wich dem zweiten Kissen aus und rollte von Tsukasa hinunter.

„Ist ja gut!“, grinste er.

Tsukasa angelte nach der Decke und wickelte sie um sich, während er sich auf die Seite drehte und Karyu betrachtete. Das Licht, das durch die Fenster hereindrang, tanzte auf seiner Haut, und Tsukasa merkte, wie er automatisch nach den Narben auf seinem Oberkörper suchte. Als er keine fand, seufzte er glücklich, und im nächsten Moment wurde ihm klar, dass sie schon vor einer ganzen Weile verschwunden waren. Grinsend erinnerte er sich an den Moment, als sie bei Karyu angekommen waren. Kaum waren sie eingetreten erklang ein ‚Ich glaub, erst essen wir was’ und kurz darauf ‚Danach könnten wir Sex haben’.

Gegessen hatten sie irgendwelchen Instant-Fraß, dafür war der zweite Teil von Karyus Vorschlag umso besser ausgefallen.

Karyu drehte seinen Kopf zur Seite und bemerkte erst jetzt, wie Tsukasa ihn beobachtete.

„Hab ich etwas im Gesicht, oder was ist los?“

Mit einem Lächeln drehte er sich ebenfalls auf die Seite und angelte gleichzeitig nach Tsukasas Hand. Seine Frage blieb unbeantwortet, aber das störte ihn nicht. Schweigend rückte Tsukasa näher und bettete seinen Kopf an Karyus Hals. Der lachte auf und legte einen Arm um ihn.

„Das kitzelt!“

„Da musst du wohl durch.“

Er konnte fühlen, wie Tsukasa zu grinsen begann und drückte ihn fester an sich. Ihn überkam diese lächerliche Angst, dass er ihn von der einen auf die andere Sekunde verlieren könnte. Aber er war hier bei ihm, lag mit ihm in seinem Bett und er konnte seinen warmen Körper spüren, der sich an ihn drückte. Es stimmte, es war eine lächerliche Angst.

„Als ich fünfzehn war...wurde mein Bruder angeschossen.“

Karyu fühlte unter seinen Händen, wie sich Tsukasas Körper anspannte, er sich jedoch nicht weiter rührte. Er lächelte müde und strich ihm durch die Haare.

„Er wurde in das gleiche Krankenhaus eingeliefert wie ich. Die Ärzte haben gesagt, dass er nur leicht verletzt sei. Meine Eltern und ich waren erleichtert, das hieß für uns, dass wir uns keine Sorgen machen mussten. Nach einer Woche sollte er spätestens wieder nach hause kommen können.“

Tsukasa sagte nichts, und irgendwie war Karyu ihm dankbar dafür. Er strich ihm weiterhin durch die Haare und konzentrierte sich eine Weile auf den warmen Atem, den er an seinem Hals spürte.

„Zwei Tage nach der Operation entzündete sich seine Wunde. Kurz darauf verstarb er wegen einer Blutvergiftung. Der für ihn verantwortliche Arzt hatte nicht sauber gearbeitet. Als ich das erfuhr, stand die Welt still. Ich wollte wissen, wie man so etwas zulassen konnte. Ich wollte, dass dieser Mann bestraft wurde. Ich merkte, dass ich ihn töten wollte, ich wollte ihn töten. Und wenn ich in dem Moment, in dem er uns das letzte Mal gegenüber gestanden hatte, eine Waffe gehabt hätte, oder irgendetwas anderes, das Schaden anrichten konnte, dann hätte ich es getan. Ich hätte diesem Menschen sein Leben ausgehaucht und es nicht bedauert.“

Karyu schloss die Augen und atmete tief ein, Tsukasas Atem schlug noch immer regelmäßig gegen seinen Hals.

„Wir leben in keiner gerechten Welt, das ist mir in diesem Augenblick klar geworden. Es wurde Zeit für mich, dass ich weniger blauäugig wurde. Ich wollte nicht, das noch mehr solcher schlimmen Dinge passierten. Dinge, die man doch so leicht verhindern konnte. Ich beschloss, dass ich verhindern wollte, dass Menschen überhaupt verletzt wurden. Es dauerte nicht lange, bis ich auf die Polizei kam. Ich wollte zur Polizei, nur damit kein kleines Kind wegen eines leichten Messerstiches ins Krankenhauses eingeliefert werden musste, wo man ihm dann am falschen Arm herumgeschnitten hätte und wo es dann vielleicht sogar wegen Blutverlustes gestorben wäre. Ich wollte solche Dinge abwenden, und habe dann im Laufe der Zeit gemerkt, dass sie sich zum großen Teil nicht abwenden lassen. Es hat wehgetan, das herauszufinden. Es hat so unheimlich wehgetan... Kenji?“

Für einen Augenblick dachte er, dass Tsukasa vielleicht eingeschlafen war, und er war froh über den Gedanken. Er hatte gemerkt, dass es nicht gerade der passendste Moment für ein solche Gespräch war. Seine Gedanken schweiften zwölf Jahre in die Vergangenheit, und mit einem Mal fühlte er, wie sich Tränen in seinen Augen sammelten. Er schluckte hart und kämpfte gegen sie, und er hasste sich selbst dafür, dass er gerade jetzt von seinen Leiden erzählen musste.

Eine Träne kämpfte sich unter seinem geschlossenen Lid hervor und bahnte sich ihren Weg über seinen Wangenknochen. Tsukasa regte sich neben ihm und schon kurz darauf fühlte er, wie dessen Lippen die seinen berührten. Ganz plötzlich war Karyu froh darüber, dass Tsukasa wach war und dass er ihn gehört hatte. Er drückte ihn wieder an sich und klammerte sich an diesen beruhigenden Kuss, als wäre es der schönste Trost, den man ihm spenden konnte.

Den restlichen Nachmittag verbrachten sie im Grunde genommen wie den ersten Teil: im Bett. Nach einer guten halben Stunde war Karyu wieder aufgetaut, und er selbst war froh darüber, dass er dank Tsukasa nicht mehr über die Sache nachdachte. Statt Trübsal zu blasen, schmiegten sie sich aneinander oder schlugen sich spaßeshalber um die Decke, aber vor allem redeten sie erstaunlich viel. Sie erzählten sich gegenseitig von ihren Familien, von ihren Kollegen oder wie sie zu ihren Berufen gekommen sind. Karyu realisierte das erste Mal, dass er jünger als Tsukasa war, und das um ganze drei Jahre. Aber das störte ihn nicht, im Gegenteil, irgendwie gefiel ihm der Gedanke sogar. Warum konnte er allerdings nicht sagen.

Letztendlich kamen Freunde aus der Kindheit zur Sprache, und Tsukasa erzählte, dass sie sich damals Spitznamen gegeben hatten. Ihn hatte man ‚Tsukasa’ genannt, weil er immer so etwas wie eine führende Position genossen hatte. Er selbst erinnerte sich an den Namen ‚Karyu’, aber er wusste nicht mehr, warum man ihn so genannt hatte. Nachdem Tsukasa scherzte, dass es so etwas wie ‚hartnäckig’ heißen musste, beschlossen sie, sich bei diesen Namen zu nennen.

Als es draußen dunkel wurde, beugte sich Tsukasa über Karyu und schaltete die kleine Lampe auf dessen Nachttisch an. Das Licht brannte ihnen in den Augen, und sie kniffen sie für einen Moment zusammen. Als Tsukasa sich an die Helligkeit gewöhnt hatte, setzte er sich in den Schneidersitz und blickte durch die großen Fenster nach draußen. Karyu sah, wie sich ein Lächeln auf seine Lippen legte.

„Du wohnst schön hier“, bemerkte er.

Karyu wandte seinen Kopf ebenfalls den Fenstern zu und betrachtete wie er Tokyos Skyline. In der Ferne konnte er neben zahlreichen Wolkenkratzern und Reklamen den Tokyo Tower glitzern sehen. Er seufzte zufrieden.

„Ja, aber für Micawber ist es nicht gerade lohnenswert, so weit oben zu wohnen.“

Karyu stützte sich auf seinen Armen ab und setzte sich ebenfalls ein wenig auf. Bei dem Gedanken an den abgerichteten Polizeihund, den man vorübergehend auf ihn abgeschoben hatte, seufzte er ein weiteres Mal, nun jedoch entnervt. Dieses Tier konnte manchmal ein richtiges Biest sein. Karyu hatte das Gefühl, dass Micawber ihn mit Absicht blamierte. Wenn er ihm in der Öffentlichkeit befahl, zu sitzen, dann machte er Männchen, wenn er seine Pfote geben sollte, dann machte er Sitz und rührte sich nicht weiter. Einmal – und das war Karyu besonders peinlich gewesen – hatte er mit ihm in einem Lokal gesessen und ein Taschendieb war an ihnen vorübergerannt. Karyu verlangte, dass Micawber die Verfolgung aufnahm, doch stattdessen stellte er sich vor den Augen aller Gäste tot. Karyu war puterrot vor Wut und Scham geworden, und war dem Mann auf eigene Faust gefolgt. Immerhin hatte er ihn schnappen können. Wenn er allerdings allein mit diesem Hund war, dann tat er alles, was er ihm sagte.

Karyu rieb sich die Stirn und blickte wieder hinaus.

„Ich wünschte, ich wäre dieses Tier los. Außerdem verstört er Ryuutarou.“

„Bei mir hat er sich ganz gut verhalten.“

Karyu lachte und ließ sich wieder in sein Kissen fallen. Er beobachtete lächelnd, wie das Licht der Lampe auf Tsukasas freien Körper schien. Seine Haut wirkte leicht kupfern und er hatte seinen Kopf Karyu zugewandt, ein wenig geneigt, sodass die Haare sein Gesicht beschatteten. Aber Karyu konnte sein Lächeln gut erkennen. Er liebte dieses Lächeln.

„Dann mag er wenigstens einen von uns“, raunte er und streckte sich. Seine Augenlider schlugen sich ein wenig nieder, doch er sah trotzdem, wie sich Tsukasas Lächeln in ein Grinsen verwandelte.

„Sag so was nicht!“, meinte er, und es klang irgendwie scherzhaft. Sie blickten sich gegenseitig an, nur einen kleinen Moment, da war das vierbeinige Monstrum, wie Karyu es nennen würde, auch schon vergessen. Fast mechanisch schoss Karyu wieder in die aufrechte Haltung, griff nach Tsukasas Hand und küsste ihn. Er fühlte, wie sich Tsukasas warme Arme an seinen Rücken legten, löste nach einer Weile den Kuss und seufzte entspannt. Seine Augen lagen wieder auf dem Fenster und er blickte hinaus zum Tokyo Tower, während Tsukasas Finger über seine Wirbelsäule tanzten und letztendlich auf seinen Schultern verweilten. Karyu fühlte, wie seine Haare seine Wange streiften, als auch er seinen Kopf umwandte. Eine ganze Weile verharrten sie so, Karyu legte eine Hand um Tsukasas Taille und zog ihn näher an sich.

„Ist es nicht ein schöner Gedanke“, begann er gegen Tsukasas Gesicht zu flüstern, „dass wir hier sitzen und den Anblick genießen können? Sooft wir wollen.“

Ein leises Lachen erklang, und Karyu gefiel es so sehr, dass er sich gut darauf konzentrierte, in der Annahme, andernfalls könne er es wieder vergessen. Tsukasas Körper sackte leicht gegen ihn, und wie automatisiert verfestigte sich Karyus Griff.

„Als du mich das erste Mal angesehen hast, mit deiner Maske im Gesicht, und diesem bösen Blick, da hätte ich nie gedacht, dass du ein Romantiker bist.“

Karyu stutzte, warf einen Seitenblick auf Tsukasa und begann letztendlich, ebenfalls zu lachen.

„Eigentlich bin ich das auch nicht. Nur, wenn ich es will.“

„Beim Essen wolltest du wohl keiner sein.“

Tsukasa zuckte einmal kräftig zusammen, als Karyu ihn etwas unsanft in die Seite knuffte, doch sein Lachen erhielt sich wunderbar.

„Du hättest damals ebenso wenig gedacht, dass du mal mit einem Mann in die Kiste steigst, und dass dieser Mann der gleiche sein würde, der dich so böse angesehen hat. Und außerdem -hmpf!“

Karyu begann mit den Armen zu rudern, als das Kissen in seinem Gesicht landete und Tsukasa sich zusammen mit ihm wieder in die Matratze stürzte. Er lachte erstickt in den Stoff hinein, bis er verschwand und er anstatt Schwärze Tsukasas Gesicht sah. Der lächelte vergnügt, und ehe Karyu sich versah wurde ihm ein Kuss auf die Lippen gehaucht.

„Ist ja gut, du hast ja recht.“ Er machte eine Pause und schien zu überlegen, dann seufzte er resignierend auf. „Wo wir doch gerade noch über deinen Hund geredet haben, fällt mir ein, dass ich vielleicht langsam gehen sollte.“

„Weil?“

„Ankouru nichts zu fressen hat. Ich will sie nicht unbedingt sterben lassen. Sie hasst mich bestimmt jetzt schon.“

„Aber wenn sie tot ist, kann sie dich ja nicht mehr hassen. Also?“

„Karyu!“

Ein weiteres Mal landete das Kissen in seinem Gesicht, und er wunderte sich nicht einmal darüber. Er zog es beiseite und schloss Tsukasa so plötzlich in die Arme, dass der sich für einen Moment vor Schreck verkrampfte.

„Eigentlich hatte ich mir ausgemalt, dass du hier bleibst über Nacht.“

„Ja, ich weiß.“

Mit einem Lächeln entzog Tsukasa sich ihm, und Karyu beobachtete wie sich auf seinen Armen eine Gänsehaut bildete, als er mit seinen Fingern an ihnen entlang strich. Tsukasa lachte auf, schüttelte sich gespielt und erhob sich. Mit Karyus faszinierten Blicken im Nacken, begann er seine Kleidung vom Boden zu sammeln.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Cilia
2009-05-11T12:49:47+00:00 11.05.2009 14:49
Ach, es ist einfach schön, gute FFs zu lesen. Ich liebe das Pairing und abgesehen davon ist die ganze Geschichte so genial aufgebaut, alles passt zusammen und klingt logisch...da könnte ich mir mal ne Scheibe von abschneiden >.<
Seltsam war nur Karyus Auftritt in der Küche im letzten Kapitel (oder wars das vorletzte?). Wenn er nackt drei fremden Menschen gegenübersteht, wartet er doch ebstimmt nicht, bis sein Lover ihm ein Frühstückstablett zuschmeißt, sondern springt halt n Stück zur Seite und tut so als wär er nie da gewesen. Wobei man sagen könnte, dass er noch zu betrunken war und...nyaah...bei mir steht Logik über Humor, aber manche Leser legen vielleicht keinen Wert drauf, dass alles nachvollziehbar ist, solang sie was zu lachen haben...
Naja, das klingt böse, aber es war ja auch das Einzige an der gesamten FF bisher, dass ich zu bemängeln hätte. Und lachen musste ich ja auch^^

Gut gefallen hat mir die Szene im Nachuntersuchungsraum, das war prickelnd^^ die Stimmung war echt toll.
Ich hab überlegt, wann sie endlich anfangen würden Du zu sagen (mir ist keine passende Lösung eingefallen), aber du hast es ziemlich gut und einfach hingekriegt. Ich bewundere Leute, die unkompliziert schreiben können....
Schön weiter so, es macht Spaß zu lesen^^
LG
Von:  Tsu
2009-05-11T08:57:02+00:00 11.05.2009 10:57
Nasenblut-Faktor 100%!!!

*__________*"
awwww....ich schmelz dahin wie immer~
Die beiden sind einfach...ahhhh!!! ZUCKER!!!

Die Wette war aber geil x///D
Einfach nur toll~
Mach mich glücklich und lad schnell das nächste hoch *3*~
Von: abgemeldet
2009-05-10T21:14:52+00:00 10.05.2009 23:14
*krall* endlich!! *-*

es ist wieder wunderherrlich geworden <3 ich bin begeistert *schwärm*
die beiden sind so süß zusammen...

das mit der Wette war so genial *g* ich hab mich totgelacht XD
und ich mag den Hund, irgendwie XD

ich bin unglaublich gespannt wie's weitergeht... tu mir das nich an! Nich länger brauchen mit Uploads! ó_____Ò *Bettelblick*

LG Sollie
Von:  Micawber
2009-05-10T18:25:24+00:00 10.05.2009 20:25
Herrlich wie immer~
Ich hätte auch mitgewettet!...
Aber Tsukasa hat auch schon ein ganzes weilchen gebraucht muss ich sagen ~~"
Eine Woche ey...kann der froh sein dass Karyu so hinter ihm her ist x°D....


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