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Voodoopunk

von

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Das Licht der Sonne, die über die Horizonthäuser hinwegstieg und am noch indifferenten Himmel emporkroch, breite sich wie Bleiche über die Dächer und Straßen aus. Eine kriechende Substanz, die eine klare Grenze zog. Die blanken Riesenknochen alter Tier bleckten sich dem Schein entgegen, wo sie herumlagen oder gegeneinander zu Hallen und Marktplätzen gefügt waren. Nur in den Zwischenräumen der Stege und Böden lagen Nachtschwärmer und Gassenläufer von dicken Tierhäuten der Sonne entzogen und genossen den Schlaf der Erschöpften.

Feine Fäden des Tageslichts nestelten sich durch die Falten des dunklen Stoffs, der Karus Fenster gegen die erste Morgensonne abschirmte. Jetzt wo sie höher stand drang feiner Leuchtstaub durch den Vorhang und regte die Spuren der letzten Nacht zum Verwischen an.

Wie ein Kitzeln in den Schläfen weckte das Gespür für Licht Karu aus ihrem sanften Schlaf und sie tapste zaghaft mit den Fingerspitzen umher, ohne sich zu bewegen. Weiches Fell kratzte an der Schulter, auf der sie lag, und darunter die schwere Glätte des Fußbodens.

Sie drückte die Fingerkuppen in die weiche Oberfläche als würde sie einen warmen Laib Brot betasten, dessen fest und glatt gebackene Kruste sich unter ihrer Berührung sogleich wieder zurückformte. Drei Fingerschritte weiter wurde die Oberfläche leicht uneben wie von Mehl bestreut. Karu pustete bei der Vorstellung sanft gegen den glatten Körper, auf dessen Schulter ihr Kopf ruhte.

Kein weißer Nebel wirbelte auf, als sie neugierig die Augen spaltbreit öffnete, doch der dunkle Körper zuckte leicht im Schlaf. Eine schwarze Erhebung auf der Brust in Karus Sichtkreis, die Augen noch halb geschlossen und voll Schlaf, stellte sich von ihrem Pusten auf.

Innerlich kicherte Karu, doch es drang nicht nach außen. Karu lachte nur, wenn jemand da war, dem es als Signal etwas andeutete. Die Schulter, auf der sie halb ruhte, bewegte sich im Atemrhythmus tiefen Schlafs, also gab es auch keinen Grund zu kichern, sondern nur ihre Finger, die den Weg über die glatte Ebene der breiten Brust hin zum schwarzen Hügel abschritten wie ein schleichendes Raubtier und anfingen mit der Brustwarze zu spielen.

Eine matte Entspannung durchzog Karu, als sie die feste Hautpartie antippte und sachte kniff. So war es stets, seit sie den ersten Menschenleib erkunden dürfte und bei allen danach. Sie konnte sich keinen Reim daraus machen. Spieltrieb. Es war zum Totlachen. Karu konnte die Ruhe, die in der belanglosen Berührung von warmer Haut ohne Gezwungenheiten lag, nicht erklären.

Über den dunklen Körper wanderten Adern von Luminiszenz, die im Schatten des einfallenden Morgenlichts im Versiegen begriffen waren. Körperzeichen. Straßenbemalung. Tänzerkleidung. Karus Zunge fühlte sich rau gegen die Haut an, als sie das Schlüsselbein entlang eine glimmende Ader aufleckte.

Tänzer hassten das nachts, weil es die Namen verschwimmen ließ, aber vom verschlafenen Morgen bis zum nächsten Abend war er ihnen egal; das wusste Karu und das gemalte Licht aufzulecken war wie Glutstropfen herunterschlucken. Irgendwo zwischen Zuckerrohrschnaps und salzigem Brot.

Karu ließ ihr schmales Bein, das sich gegen den dunklen Körper wie ein heller Lendenschurz abzeichnete, auf die andere Seite hinüberwandern und bäumte sich unbeholfen auf, um sich auf den anderen Menschen niederzulassen. Das Fell, welches er im Einschlafen um sich geschlungen hatte rutschte von seiner Haut auf den Boden und Karu deckte ihn stattdessen mit sich selbst zu.

Nicht dass er etwas davon bemerken würde, bis die Sonne weit über den Zenit gepilgert war. Sie schloss ihre Lippen ohne Erwartung auf eine Reaktion um die Fremden und schmeckte von der Spitze bis zum Rücken ihrer Zunge das abgestandene Meskalin seiner letzten Nacht.

Die Tänzer schlangen es gemeinsam herunter, noch bevor sie mit der Bemalung anfingen – Karu hatte einmal lang verstohlene Blicke durch eine schlecht verschlossene Falltür riskiert und das geschlossene Ritual beobachtet. Eine glühende Schale voll Phosphoriszenz und ein schmuckloser Topf mit Papa Peyotes Gaben an die Schmananen, Weisen und Wächter der Nacht.

Wächter der Nacht. Darüber musste Karu wieder mit sich selbst lachen, während sie sich rittlings auf den Tänzer gekniet aufrichtete - ihren nackten Po auf den Unterleib des anderen Menschen bettend und die Beine angewinkelt wie ein Rahmen um das dunkle Bild dazwischen - und mit den Fingerspitzen über die bemalte Brust bis zum Bauch hinabglitt. Eine Meute hübscher Adoleszenter, die das Privileg genießen die dunklen Stunden im Rausch mit den gleißenden Linien ihrer tanzenden Körper zu füllen. Trommeln, die ganze Stadt ein nächtlichen Meer aus Trommeln und Jaulen der Meute und tanzenden Körpern. Das heißt sich Wächter der Nacht.

Karu mochte mit sich selbst darüber lachen, konnte sich doch dem Sog des Tanzes nie entziehen.

Sie zeichnete die gemalten Linien mit ihren Fingern ab und las in der Bewegung die Symbole. Legba. Damballah. Erzulie. Ogou. Sie hatte gerade vor Sekunden mit der Zunge am Schlüsselbein Samedi durchgekreuzt und sein Zeichen für Heute gebrochen. Eine Hand wanderte zur langen Knochenkette, die mehrmals um ihren Hals geschlungen hing, und schüttelte sie in dreimalig klapperndem Rucken. Baron Samedi mag es verzeihen.

Das Gesicht des Tänzers war jung und makellos wie alle Tänzergesichter. Erwachsen, aber die Fülle von Kinderwange noch nicht ganz verloren. Er regte sich leise im tiefen Schlaf und die Lippen wanderten in stimmloser Traumsprache umher.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Ito-chan
2009-07-21T19:44:54+00:00 21.07.2009 21:44
Ich muss sagen... sehr interessant. Man hat ein Gefühl von Spannung, etwas Erotik und doch auch gleichzeitig die Tänzer vor Augen.
Es gefällt mir sehr ^^



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