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Auf der Suche nach einer zweiten Chance

Die Insel des Glücks
von

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Eifersucht (Natalie)

Meine lieben Leser. Ich habe ja beschlossen, mich nicht nur auf Chelsea und ihre Liebesgeschichte zu konzentrieren, sondern ich wollte für jeden einzelnen Charakter seine ganz eigene Geschichte erfinden und erzählen. Ich hoffe, keiner von euch hasst mich dafür, dass ich sämtliche Paarkonstellationen auf den Kopf stelle, aber ich fand die in dem Spiel total doof und dachte mir, ich misch das alles nochmal neu.

Also, heute über Natalie… Um ehrlich zu sein ist sie mein Lieblingscharakter (wäre ich ein Mann, ich hätte sie im Spiel geheiratet ;)), deshalb habe ich mir mit ihrer Geschichte besonders viel Mühe gegeben und es ist zudem auch meine Lieblingsgeschichte. Ich hoffe, ihr seid alle zufrieden damit und ich hoffe auch, ich habe einige von euch für meine Story begeistern können und freue mich natürlich darüber, wenn einige von euch auch weiterhin meinen Epos lesen ^^! Ich werde auch versuchen jeden Monat konsequent ein Kapitel zu schreiben! Also, dann wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen!

Eure Tori-chan!
 


 


 


 

Mein Bruder hatte Chelsea seine Liebe gestanden, und sie hatte ihm eine Abfuhr verpasst… Das war um ehrlich zu sein, alles was ich bisher wusste. Mein Bruder hatte mir davon erzählt! Schon komisch, schließlich haben wir kein so enges Verhältnis zueinander. Er hatte aber mit mir darüber geredet und ich versuchte nun ihn zu trösten, so gut ich nur konnte.

„Ich liebe sie so sehr…!“, hatte er immer und immer wieder gesagt und war wie weggetreten. „Wieso erwidert sie meine Liebe nur nicht? Wieso nicht…?“

„Elliot…“, versuchte ich schwesterlich auf ihn einzureden. „Gegen Gefühle ist man nun mal machtlos…! Es liegt bestimmt nicht daran, dass du kein guter Kerl bist. Sie will nur nicht mit dir spielen oder dich auf etwas hoffen lassen, was vielleicht niemals passiert…!“ Ich wusste es… So sehr sie Elliot auch lieben wollte… Chelsea hegte Gefühle für einen Anderen.

„Aber weißt du, Natalie… Keiner, wirklich KEINER, wird so gut zu ihr sein wie ich es bin. NIEMAND wird sie jemals so sehr lieben, wie ich es tue…!“ Betrübt starrte er zu Boden und ich war mit meinem Latein am Ende. Was konnte ich tun, damit Elliot sich besser fühlte…? Ich war leider auch kein Beziehungsexperte…

Ganz im Gegenteil. Ich hatte noch nie einen Freund gehabt… Wenn mir ein Junge gefiel, so wollte er meist sowieso nichts von mir wissen… Beziehungsweise, ich versuchte nicht einmal auf ihn zuzugehen, weil ich der festen Überzeugung war, es würde in einem Desaster enden! Außerdem… Seit dem Verlust meines Vaters, da hatte ich mich solchen Gefühlen nie so richtig hingeben wollen. Ich war einfach unauffällig… Ich ging unter in der Menge, war eher verschlossen… Von daher zog ich es vor, einfach für mich zu sein. Dadurch wurde mein Leben auch nicht unnötig kompliziert.

Ich verstand Elliot, natürlich verstand ich ihn… Es tat mir aufrichtig leid um ihn, aber so war das Leben nun mal. Er würde einfach einen Weg finden müssen, sie zu vergessen… Jemand neuen in sein Herz und sein Leben zu lassen. Natürlich hätte ich mich für die Beiden gefreut. Ich wusste, dass Elliot recht hatte! Dass Chelsea so schnell nicht wieder einen Mann finden würde, der sie so aufrichtig und innig lieben würde wie er, aber es war ihr Leben und sie hatte das Richtige getan. Sie hätte ihn auch warten lassen können, sie hätte ihn hoffen lassen können… Aber das wäre unfair gewesen und das wusste sie. Sie wusste, dass es das Falsche war und ich war wirklich stolz auf sie. Dieser Schritt war ihr bestimmt nicht leicht gefallen…

„Weißt du, Natalie…“, flüsterte Elliot. Es klang, als würde er mit sich selber reden, nicht mit mir. „Ich werde sie für immer lieben… Und ich werde niemals wieder jemanden lieben können…!“

Lange sah ich ihn an, bis ich schließlich seinen zotteligen Kopf streichelte und erwiderte: „Glaub mir Elliot, das wirst du irgendwann!“ Wir saßen am Tisch in unserem Haus. Elliot hatte seine Arme auf dem Tisch verschränkt und seinen Kopf darauf gelegt und ließ sich von mir den Kopf streicheln. Ich blickte aus dem Fenster und sah unsere Mutter, die mit Chen die Straße entlang lief und ihn verliebt ansah. Die beiden sahen sehr glücklich aus. „Glaub mir Elliot…“, widerholte ich noch einmal, während ich meiner Mutter hinterher blickte. „Egal wie schwierig es auch sein mag, du wirst wieder glücklich sein!“

Elliot ahnte noch gar nicht, was sich da zwischen Mutter und Chen anbahnte. Er war wohl zu sehr mit seinem eigenen Liebeskummer beschäftigt um Mutters Neuanfang zu bemerken. Ich freute mich für sie, wirklich! Ich war glücklich, wenn sie es war. Alles, was ich wollte, war sie wieder lachen zu sehen. Mein einziger Wunsch war es, nachts wieder ruhig schlafen zu können, ohne Angst haben zu müssen, dass meiner Mutter etwas zustößt...! Auch für Chen freute ich mich. Er war ein guter Mann und er würde sich gut um Mutter sorgen!

Vater…. Ich dachte immerzu an ihn. Ich hatte keine Albträume mehr, träumte nicht mehr vom Meeresgrund der mich festhielt und nicht mehr an die Wasseroberfläche kommen ließ. Natürlich vermisste ich ihn… Natürlich war er noch immer da und ich wusste, er würde auch niemals verschwinden, auch für Mutter nicht. Aber es war an der Zeit, ihn gehen zu lassen… Ihn seinen langersehnten Frieden zu geben. Ich wusste, er würde wollen, dass seine geliebte Frau einen neuen Mann an ihrer Seite fand. Da war ich mir ganz sicher.

Plötzlich klopfte es an der Tür und noch bevor ich überhaupt antworten konnte, stürzte auch schon Denny durch die Tür.

„Guten Morgen ihr beiden!“, rief er gutgelaunt und kam auf uns zu. Elliot klopfte er herzhaft auf die Schulter und mir wuschelte er neckisch durchs Haar. Er wusste genau, dass ich das nicht mochte.

Auch wenn Elliot gerade andere Sorgen hatte, so freute er sich doch über Denny‘s Besuch. Denny war oft bei uns, er war sozusagen schon Teil der Familie geworden. Er war immer fröhlich, immer gut gelaunt… Es war einfach schön und angenehm ihn da zu haben. „Na, Denny! Was machst du denn schon wieder hier?“, fragte ich ihn mit grimmiger Miene, aber er wusste, dass ich es nicht ernst meinte und mich eigentlich darüber freute, ihn zu sehen. Er grinste mich an und wuschelte noch einmal kräftig durch mein Haar, sodass mein Haar nun noch zerzauster aussah. „Na vielen herzlichen Dank auch!“, meckerte ich und kniff ihn in die Seite. Er lachte nur herzhaft.

„Ich dachte, vielleicht wollt ihr heute mit mir raus aufs Meer fahren?“, fragte Denny und sah uns neugierig an. „Oder am Abend zum Essen zu mir! Ich hatte vor, heute Sushi vorzubereiten!“

Ich blickte ihn skeptisch an. Ich hatte zwar nichts gegen Sushi, aber völlig begeistert war ich davon auch nicht. Denny bemerkte mein Zögern und fügte beiläufig hinzu: „Ach, fast hätte ich es vergessen! Chelsea hat mir was von ihren Erdbeeren abgegeben… Ich dachte, zum Nachtisch zaubere ich uns also etwas leckeres…“ Er erzählte das so ganz nebenbei, aber ich sah sofort in seinem Blick, dass er der festen Überzeugung war, mich nun dafür begeistert zu haben. Erwartungsvoll sah er mich an. Er wusste, dass ich Früchte liebte.

Ich warf einen fragenden Blick zu Elliot. Ich wollte wirklich liebend gerne heute Abend zu Denny gehen und wünschte mir insgeheim, dass Elliot nicht mitkam. Er schien nichts davon zu ahnen, antwortete jedoch trotzdem zu meiner Freude auf meinen fragenden Blick hin: „Nimm es mir nicht übel, Denny, aber ich will heute lieber zu Hause bleiben. Aber wenn du möchtest, Natalie, dann kannst du natürlich gerne gehen. Ich kann dich auch zu Denny bringen und dich später wieder abholen.“

„Ach, mach dir keine Sorgen, Elliot! Ich bringe unsere Kleine dann wohlbehütet wieder nach Hause!“, erwiderte Denny freudig und strahlte mich an.

…. Kleine???

„Hey, wer hat dir überhaupt gesagt, dass ich komme? Nur weil Elliot mir „Die Erlaubnis“ gegeben hat, heißt das nicht, dass ich wirklich komme!!!“, erwiderte ich trotzig und verschränkte die Arme vor meiner Brust. Denny lachte leise und meinte schließlich: „Doch, Schätzchen, du WIRST kommen!“

Grimmig funkelte ich ihn an und wurde rot. Natürlich würde ich kommen, das wussten wir beide. Schließlich wuschelte er mir zum Abschied wieder durch das Haar und rief beim Gehen: „Ich erwarte dich so gegen 18 Uhr, Natalie!“ und schlug die Tür hinter sich zu.
 

Nachdem mein Bruder so lange Trübsal geblasen hatte, machten wir uns schließlich wieder an die Arbeit. Taro beschwerte sich schon, worauf wir eigentlich noch warteten. Es war ein wunderschöner Frühlingstag! Ich mochte den Frühling viel mehr als den Sommer. Im Sommer war es immer so unerträglich heiß… Man konnte sich gar nicht richtig bewegen, gar nicht arbeiten, ohne dass es unangenehm wurde. Es wehte ein frischer, sanfter Wind und ich war sehr dankbar dafür.

Es war Mittwoch und Vaughn trieb hier in der Stadt mal wieder sein Unwesen. Er geisterte in der Nähe des Tierladens umher und ich fragte mich, wieso er nicht zu Chelsea ging… Er war eigentlich immer oft bei ihr gewesen. Jedes Mal, wenn er hier war, hatte er sie besucht, immer unter dem Vorwand, nach den Tieren sehen zu wollen. Ich glaubte ihm nicht. Ich war mir sicher, er hegte Gefühle für sie. Etwas in ihm hatte sich geändert. Früher, bemerkte er sie kaum, doch nun… Nun sah er, wie die anderen Männer des Dorfes sie ansahen…

Seit jenem Tag, an dem Chelsea die Nacht bei Denny verbracht hatte, ging er ihr aus dem Weg. Aber wieso nur… Wir alle wussten doch, dass zwischen den beiden nichts gelaufen war und auch niemals etwas laufen würde. Sie waren Freunde, mehr nicht. Außerdem… Denny wusste über Elliot‘s Gefühle Bescheid. Er würde niemals seinen Freund hintergehen.

Unsere Blicke trafen sich, deshalb beschloss ich, auf ihn zuzugehen und ihn zu grüßen. „Hey, Vaughn“, sagte ich schlicht. Keine Regung von Begeisterung oder Freude in meinem Gesicht. Einfach nur ein höflicher Gruß. Genauso höflich begegnete mir nun auch er. „Guten Tag, Natalie“

Er wollte sich gerade zum Gehen wenden, als ich schließlich noch sagte: „Vaughn, ich glaube, Chelsea könnte deine Hilfe heute gut gebrauchen… Sie hat wirklich viel zu tun mit der Feldarbeit… Außerdem hat Chelsea jetzt auch einen Hund! Willst du ihn dir nicht vielleicht ansehen?“

„Kein Interesse…“, erwiderte er schlicht, aber so leicht würde ich nicht aufgeben.

„Ok, verstehe… Ich mache mir nur sorgen um sie… Weißt du, sie sah so blass aus die letzten Tage… Du weißt ja wie sie ist, nie passt sie auf sich auf. Aber naja, wie ich sehe bist du schwer beschäftigt, ich wollte dich nicht von der Arbeit abhalten.“

Ich drehte mich um und marschierte davon. Ich hörte noch, wie Vaughn besorgt nachfragte: „Geht es ihr etwa schlecht?“ aber ich tat, als hätte ich ihn nicht gehört. Wenn es ihn interessierte, dann würde er nach ihr sehen und ich wusste, dass er genau das tun würde…

Ich hatte ein schlechtes Gewissen meinem Bruder gegenüber… Es würde ihn bestimmt treffen zu erfahren, dass Chelsea einen anderen liebte, aber ich konnte auch nichts daran ändern… Es war eine Tatsache, Chelsea liebte diesen arroganten Dorftrottel und sie war mir schließlich auch wichtig… Außerdem hatte ich ja nichts weiter getan, als den Köder zu legen. Der Rest, würde sich schon von alleine ergeben… Oder auch nicht, je nachdem, wie die beiden sich anstellen würden.

Ich konnte den Abend kaum erwarten! Ich freute mich schon darauf, Denny zu sehen. In seiner Nähe fühlte ich mich geborgen… Mit ihm traute ich mich sogar wieder aufs Meer hinaus. Er war immer so fröhlich, so ehrlich und unbesonnen. Ich mochte seine Gesellschaft. Eigentlich beneidete ich ihn sogar um seine unbesorgte Art. Was auch immer passieren würde, ich war mir sicher, Denny würde niemals sein Lachen verlieren. Er würde immer alle Probleme bewältigen, immer eine Lösung finden. Er war stark… So viel stärker als ich.

„Natalie!!“, rief mich da plötzlich eine mir sehr vertraute Stimme.

„Was gibt’s, Mama?“

„Elliot hat gesagt, du gehst heute Abend zu Denny, stimmt doch, oder???“, fragte sie und beäugte mich neugierig.

„Jaaaaa…“, erwiderte ich skeptisch. Die Art, wie sie mich beäugte gefiel mir nicht. „Wieso fragst du?“

„Na ja, also weißt du“, setzte Felicia an und ich dachte mir schon, dass sie nun etwas Dummes sagen würde. „Also Mirabelle meinte, sie hätte euch beide letze Woche aufs Meer rausfahren sehen. Außerdem hat Chen erzählt, Denny hätte sich von Chelsea extra Erdbeeren geben lassen weil er keine im Laden hatte um dich heute Abend einzuladen und… Ich dachte mir nur, vielleicht wird es langsam Zeit, dass wir ein Gespräch unter Frauen führen!“

Ich schluckte bei dem Gedanken, dass Denny sich meinetwegen Umstände gemacht hatte… Dass er sich so darum Bemühte mit mir Zeit zu verbringen, verdrängte aber augenblicklich den Gedanken daran und sah meine Mutter wütend an.

„Mutter, ich…“

„Ach, Natalie!“, unterbrach sie mich. „Ich weiß, das sind befremdliche Gefühle, die du da verspürst, aber glaube mir, das ist völlig normal!“

„Mama…“

„Natalie!“, erneut unterbrach sie mich und fasste mich an den Schultern. „Dieser Moment ist etwas ganz Besonderes im Leben einer jungen Frau, aber bitte, lass dich niemals von einem Mann zu etwas drängen, was du nicht möchtest! Sexualität ist etwas vollkommen…“

„INTIMES, Mutter!“, unterbrach ich sie nun und entzog mich ihr. „Außerdem… Das ist nicht so wie du denkst. Denny und ich, wir sind Freunde, mehr nicht! Zwischen uns gibt es absolut GAR NICHTS, verstehst du? Natürlich, wir mögen uns, wir verstehen uns gut, aber mehr ist da nicht! Du würdest mir wirklich einen großen Gefallen tun, wenn du dich da raushalten würdest, Felicia!“, sagte ich unsanft und drehte mich von ihr weg um mich wieder meiner Arbeit zuzuwenden doch so leicht ließ Felicia mich nicht davon kommen. Sie hielt meinen Arm fest und ich drehte mich wieder zu ihr um. Als ich in ihre besorgten, mütterlichen Augen sah, tat es mir leid, so pampig reagiert zu haben.

„Es tut mir leid, Natalie!“

„Nein, Mama… Mir tut es leid!“

Schließlich nahm sie mich in die Arme und drückte mich fest an sich. „Natürlich geht es mich nichts an… Aber weißt du, manchmal, da passieren Dinge, mit denen wir nicht gerechnet haben. Auch zwischen dir und meinem Vater war nicht von vorne herein klar, was wir füreinander empfanden. Anfangs verband uns auch nur Freundschaft.“

Erschrocken blickte ich sie an. Seit dem Tod meines Vaters, hatte sie es immer gemieden, ihn zu erwähnen. Der Schmerz war wohl zu groß gewesen, die Erinnerung zu lebendig. Doch jetzt sah ich in ihren Augen so viel Liebe, so viel Glück… Sie liebte ihn noch immer. Sie liebte ihn und sie würde ihn immer lieben aber die Erinnerung an ihn war nun keine Qual mehr, ganz im Gegenteil. Die Erinnerung an ihn, war eine schöne Erinnerung. Eine Erinnerung, die sie lächeln ließ und die sie glücklich machte. Ja… Genau so sollten wir ihn wohl alle in Erinnerung haben… Nicht als den Grund für unseren Kummer, sondern als den Grund für all die wunderschönen Momente, die wir dank ihm verbracht haben.

Sie fing schließlich an zu erzählen: „Dein Vater und ich waren die besten Freunde die es gab. Wir waren unzertrennlich, Taro konnte ihn überhaupt nicht leiden, aber wir trafen uns heimlich, verbrachten unglaublich viel Zeit miteinander“, sie kicherte leise bei der Erinnerung an diese schöne Zeit. „Er hat mir wirklich viel bedeutet und ich ihm auch… Nur, ich habe ihm mehr bedeutet, als ich mir hätte vorstellen können…“. Bei diesen letzten Worten verdüsterte sich ihre Miene ein wenig. „Er hat mich geliebt und ich habe nichts davon geahnt. Es hat mich nie interessiert, ob er sich mit anderen Frauen trifft, ob er verliebt ist, ich habe ihn niemals danach gefragt. Er war selbstverständlich für mich, ich hätte mir niemals vorstellen können, ihn zu verlieren.“

„Hat er dir seine Liebe gestanden?“, fragte ich, gespannt darauf, was als nächstes passierte. Diese Geschichte erinnerte mich zu sehr an Elliot und Chelsea…

„Nein… Ich musste ihn erst verlieren um zu erkennen, wie viel er mir bedeutete“.

Sie sah mich an und ich wusste, was sie meinte. Er hatte sie so sehr geliebt, er war verrückt nach ihr gewesen und sie hatte ihn verletzt, ohne es zu merken. Sie hatte ihn fortgeschickt und erst danach gemerkt, wie wichtig er ihr war.

„Mutter…“, sagte ich leise. „Ich habe niemals geglaubt, dass es sowas gibt. Entweder du liebst jemanden, oder du liebst ihn nicht. Wie kann man jemanden lieben und es nicht merken?“

Liebevoll lächelte sie und antwortete mir: „Weißt du, Natalie… Liebe hat viele Gesichter. Für jeden ist sie anders und… Ich habe ihn geliebt, von Anfang an. Ich habe es nur nicht gewusst. Ich habe in ihm nur einen Freund gesehen, doch als er weg war, da wusste ich, dass ich ohne ihn nicht mehr leben möchte…“

Ich schluckte schwer. Ja, tatsächlich hatte Liebe viele Gesichter… Vielleicht würde Chelsea ja im Nachhinein erkennen, dass Elliot der Richtige für sie war… Auch wenn ich es mir nur schwer vorstellen konnte. Sie liebte schließlich einen Anderen…

„Verstehst du, was ich dir damit sagen möchte?“, fragte Felicia und riss mich damit aus meinen Gedanken. „Ich will dir nur sagen, pass gut auf dich auf! Ich weiß nicht, wie Denny für dich empfindet, also lass dich nicht verletzen.“

„Mach dir keine Sorgen, Mami!“, jetzt verstand ich, was sie mir damit sagen wollte… Ich war meinem Vater schon immer sehr ähnlich gewesen… Ich kam ganz nach ihm, was meinen Charakter anging. Bestimmt wollte sie nicht, dass ich so verletzt werde, wie er damals verletzt wurde. „Das mit Denny und mir… Mach dir einfach keine Sorgen, da ist nichts. Wir sind einfach nur gerne beieinander, mehr nicht.“

„Ich bezweifle, dass dem so ist, aber gut. Ich muss so oder so den Dingen ihren Lauf lassen…“, seufzte Felicia. „Aber Natalie, sag mir bitte… Wie geht es Elliot?“, fragte sie besorgt.

„Was soll denn mit ihm sein? Keine Sorge, es geht ihm gut!“, log ich. Ich war mir sicher, Elliot hatte meiner Mutter nichts von seinen Gefühlen für Chelsea erzählt. Sie sollte es nicht von mir erfahren. Wenn, dann sollte er selbst mit ihr darüber reden.

„Weißt du… Vor ein paar Tagen, da ist er nachts einfach verschwunden und kam erst am frühen Morgen wieder zurück…“

Davon wusste ich. Elliot hatte mir von diesem Abend erzählt. Es war der Abend, an dem er Chelsea gesagt hatte, dass er sie liebte. An diesem Abend waren anscheinend ziemlich seltsame Dinge geschehen…

„Es war nichts weiter… Glaube mir, es geht ihm gut!“

„Hat er vielleicht Liebeskummer? Oh, Natalie! So bitte erzähl doch deiner armen Mutter was mit meinem Sohn los ist!“, flehte sie mich an und ich wusste, dass sie es mit Absicht tat. Sie wollte mir ein schlechtes Gewissen machen und mich ausquetschen aber sowas berührte mich nicht. Natürlich wollte ich sie nicht beunruhigen. Aber früher oder später würde Elliot selber mit ihr reden, wenn er soweit war und das wussten wir beide.

„Mutter…“, versuchte ich sie zu beschwichtigen. „Bitte glaub mir! Du musst dir um Elliot keine Sorgen machen. Er kriegt schon noch die Kurve!“

„Es ist wegen Chelsea, nicht wahr? Sie liebt ihn nicht…!“, stellte sie traurig fest und schien wohl ein bisschen enttäuscht. Chelsea hätte eine nette Schwiegertochter abgegeben. Wir alle mochten sie.

„Ich muss gehen… Wenn ich mich mit der Arbeit nicht beeile, dann komme ich nicht rechtzeitig zum Essen heute!“, versuchte ich mich rauszureden und tatsächlich ließ Felicia das Thema fallen. Sie würde aber Elliot direkt ansprechen, davon war ich überzeugt.

„Ach das hätte ich fast vergessen… Kannst du das bitte Mirabelle kurz vorbei bringen?“, fragte meine Mutter und reichte mir eine Tüte. Ich sah sofort, dass es Milch von Chelsea‘s Farm war. „Ich war gestern bei Chelsea zu Besuch und sie hat mir welche mitgegeben. Für uns und auch für Mirabelle und Julia. Wärest du also so freundlich, Natalie?“

„Klar!“, antwortete ich, nahm ihr die Tüte aus der Hand und machte mich sofort auf den Weg zu Mirabelle‘s Laden. Ich öffnete und trat ein, doch es war niemand da.

„Julia? Mirabelle?“, rief ich, doch keiner antwortete mir. Ich lief also hinein und sah mich im Haus um. Wieso war die Türe nicht abgeschlossen gewesen? Ich setzte mich an den Tresen und beschloss zu warten. Sie waren bestimmt nur kurz nach draußen gegangen und würden gleich zurück sein. Ich legte die Tüte auf den Tresen und starrte Löcher in die Luft…

Ich dachte an all das, was meine Mutter mir erzählt hatte. War das wirklich möglich? Ich glaubte nicht daran. Ich glaubte nicht daran, dass es für die Liebe niemals zu spät sei. Manchmal, da war es zu spät… Manchmal trafen die Menschen Entscheidungen, die unwiderruflich waren. Ein Fehler genügte, um dein Herz zu brechen und dich für immer vor dieser Person zu verschließen… So war es zumindest bei mir…

Da dachte ich plötzlich an Denny, an sein strahlendes Lächeln, seine dunklen Locken, seine warmen Augen. Seine Haut, die so rau war, seine Arme, die so stark waren… War ich verliebt in ihn? Ich wollte es nicht Wahr haben. Ich wollte es nicht glauben, wollte es für unmöglich halten, aber eigentlich… Ja, eigentlich hatte ich es schon die ganze Zeit gewusst. An dem Abend, an meinem Geburtstag, als wir zusammen aufs Meer hinausgefahren waren… Hatte ich mich in ihn verliebt. Ich dachte immer an ihn… Jeden Tag! Ich war einfach vernarrt in ihn…

Aber so war ich nun mal… Obwohl ich Gefühle für ihn hegte, ich wusste, dass ich nichts unternehmen würde, um ihn für mich zu gewinnen. Es war sowieso unmöglich. Niemand würde je erfahren, was ich für ihn empfand. Niemals würde mich irgendwer durchschauen und dann, eines Tages würde Denny eine Frau finden, die zu ihm passte. Ein makelloses Geschöpf, eine wunderschöne Frau, die er vergöttern würde. Ich… Ich würde immer seine Freundin sein. Das, mehr aber auch nicht.

Ich war nicht hübsch… Ich war nicht besonders… Ich konnte mich auch einfach nicht öffnen, wollte es erst gar nicht versuchen, um nicht verletzt zu werden. So lange niemand davon wusste, solange ER es nicht wusste… Konnte ich so tun, als wäre nichts dabei, als seien wir nichts weiter als Freunde… Und irgendwann… Irgendwann würde ich selber nicht mehr wissen, dass ich ihn einst geliebt hatte…

Ich seufzte schwer und lehnte mich zurück. Versehentlich schob ich dabei mit meinem Ellenbogen die Tüte mit der Milch bis an den Rand des Tresens und sie fiel dahinter zu Boden. Es hatte zwar ein lautes Geräusch gemacht, aber die Flaschen waren offensichtlich nicht zerbrochen.

Ich stand also auf, lief hinter den Tresen und beugte mich runter um die Flaschen aufzuheben, als plötzlich mit einem lauten Knall die Türe aufging und jemand den Raum betrat. Es war Julia… Und sie war in Begleitung.

„Verschwinde von hier, Trent!“, hörte ich Julias Stimme und erstarrte. Sie war so kalt, so voller Abscheu gewesen, dass ich wie angewurzelt sitzen blieb. So, wie ich hinter dem Tresen hockte, bemerkten sie mich nicht.

„Wieso weist du mich ab, Julia…?“, fragte eine mir unbekannte Männerstimme… Ich vermutete, dass es sich dabei um den Arzt handelte, der schon seit einiger Zeit hier auf der Insel Urlaub machte. Ich hatte ihn, um ehrlich zu sein, noch nie zu Gesicht bekommen, aber zumindest schon von ihm gehört. Was lief da?

„Ich bin nun schon eine ganze Weile hier auf der Insel… Ich suche ständig nach dir und du gehst mir aus dem Weg… Wieso? Ich dachte, unsere Liebe sei so groß…“, sagte er und seine Stimme klang zuckersüß, schmachtend. Ich hatte ihn noch nicht gesehen, aber ich fand ihn schon unerträglich. War er nicht eigentlich verheiratet?!?

„Trent, ich habe dir gesagt, ich will, dass du von hier verschwindest! Geh endlich zurück zu deiner Frau, geh fort von hier! Du machst mich krank!!“, schrie sie ihn an. Ich lief knallrot an! Es war eigentlich wirklich nicht meine Art, Leute zu belauschen, aber das war wirklich seltsam! Was sollte das alles…??

Trent lief auf sie zu, zog sie an sich und küsste sie. Rasend vor Wut stieß sie ihn von sich und schreite ihn an: „Ich brauche dich nicht!!!“ Es klang eher verzweifelt, als überzeugend.

„Ist es etwa, wegen Vaughn?“, fragte Trent und ich hörte an seiner Stimme, wie unglaublich überheblich er war. „Besorgt er es dir besser als ich? Ist das dein Problem?“

Ich hörte, wie sie ihm eine scheuerte. Es war ein lauter Knall zu hören und ich spürte förmlich, wie weh das getan haben muss.

„Davon verstehst du nichts!!“, sagte Julia verachtungsvoll. „Du bist ein Schwein! Du bist widerwertig!! Und falls es dich interessiert: Ja, er ist hundertmal besser als du im Bett!“
 

Ich war wie gelähmt. Julia und Vaughn… Sie… Sie hatten was miteinander? Echt jetzt? Ach du meine Erntegöttin…!! Wie konnten sie…? Wie konnte er…? Aber wussten sie denn nicht…? Chelsea!

Ich dachte, Vaughn mag sie! Ich dachte, Julia und Vaughn seien nichts weiter als Freunde! Wie… Was sollte ich nur tun? Sollte ich es ihr sagen? Sollte ich ihr das erzählen?

Ich meine, dieser Arzt, dieser Typ… Er und Julia schienen mal ein Verhältnis miteinander gehabt zu haben… Es war gut möglich, dass Julia das nur gesagt hatte, um ihn zu verletzen. Andererseits… Was wenn es die Wahrheit war?
 

„So ist das also…!“, sagte der Arzt und packte sie unsanft an den Schultern.

„Lass mich los Trent, du tust mir weh…!“

Das war genug. Hinter dem Tresen stand ein Besen. Ich nahm ihn in die Hand, stand auf und wischte Trent damit eine.

Dieser blickte mich entsetzt an und bekam kein Wort raus… Genauso wie Julia auch.

„Genug jetzt…!“, sagte ich forsch und funkelte den Doktor böse an. „Geh!“ Mehr brauchte ich nicht zu sagen. Er sah Julia noch einen Moment länger an. Als diese jedoch nichts sagte, ließ er sie los, warf mir noch einen vernichtenden Seitenblick zu und verließ das Haus. Ich war mir sicher, ich hatte mir den Mann gerade zum Feind gemacht… Unangenehmes Schweigen brach ein.

Es war eine wirklich merkwürdige Situation… Ich hatte gerade unglaublich viel über Julias Privatleben erfahren… Ohne dass wir es wollten, teilten wir nun wohl einige Geheimnisse…

Lange schwiegen wir. Wir wussten wohl beide nicht, was wir sagen sollten, deshalb beschloss ich, direkt, wie ich nun einmal war, das Schweigen zu brechen und sagte schlicht: „Du brauchst mir nichts zu erklären Julia… Es geht mich auch nichts an und ich wollte euch wirklich nicht belauschen… Eigentlich bin ich hier, um dir das zu bringen…“, endete ich und reichte ihr die Milch.

„Was muss ich tun, damit du niemandem davon erzählst.“, sagte sie und blickte mich mit ihren eisigen Augen an. Ich schauderte. Ich hatte nicht gewusst, dass sie jemanden auch so vernichtend ansehen konnte.

Nun fiel die Fassade. Sie war nicht süß, sie war kein Engelchen. Sie war auch kein schlechter Mensch, das nicht… Aber sie war mehr als sie zu sein schien. Ihre Augen erinnerten mich so sehr an die von Vaughn… Ich bekam Gänsehaut bei dem Gedanken an ihn.

„Eine Sache… Ich will wissen, was zwischen dir und Vaughn ist!“, antwortete ich ihr. Mir war klar, dass sie das vorhin nur gesagt hatte, um diesen Typen zu verletzen. Aber da war tatsächlich mehr… Das war meine Chance, um die Wahrheit zu erfahren.

Julia antwortete mir, und zwar ohne mit der Wimper zu zucken: „Was wir haben ist rein körperlich.“

„Verstehe…“

„Du würdest mir aber einen großen Gefallen tun, wenn du nicht zu Chelsea rennen würdest um es ihr zu erzählen.“, sagte sie und betrachtete mich bedacht. Sie wusste also über ihre Gefühle Bescheid.

„Denkst du nicht, sie sollte es wissen. Denkst du nicht, es wäre unfair, es ihr zu verschweigen!“, protestierte ich. Wieso sollte sie sich Hoffnungen machen… Wenn Vaughn doch offensichtlich… Zumindest seinen Körper schon an eine Andere gab.

„Das mit mir und Vaughn… Das letzte Mal, dass wir etwas miteinander hatten, war schon lange her… Er mag sie!“, sagte sie und ich sah ihr an, dass es die Wahrheit war. Sie sorgte sich wohl um ihn.

Ich verstand das nicht und ich wollte es auch nicht verstehen. Ich konnte es einfach nicht fassen… Wie konnte man nur etwas so intimes mit einem Menschen teilen, den man offensichtlich nicht liebte… Ich hatte da ganz strenge Wertvorstellungen und war zutiefst erschüttert. Mir war aber auch klar, dass da jeder anders darüber dachte… Eins war aber sicher: Das war nicht gut für Chelsea! Und vielleicht sollte sie sich nicht in etwas so kompliziertes, wie die Beziehung dieser beiden Menschen, einmischen.

Julia bemerkte mein zögern, denn sie sagte schließlich: „Ich erwarte nicht, dass du das verstehst. Mir ist auch egal, was du nun von mir denkst. Alles was ich sagen will ist, das sie ihm wirklich wichtig ist. Ich glaube, sie kann ihm näher kommen… Kann ihn erreichen. Ich kann das nicht und will es auch nicht. Vaughn und ich… Alles, was uns verbindet ist unsere Einsamkeit… Und unser Leid.“

Ich war überrascht von ihrer Ehrlichkeit. Damit hätte ich nicht gerechnet. Ich dachte über ihre Worte nach… Ich wusste nicht, ob ich es Chelsea verheimlichen konnte… Schließlich sollte sie die Wahrheit über ihn wissen… Und wenn sie die Wahrheit nicht ertragen konnte, dann wäre es wohl auch besser, sie lässt die Finger von ihm ihn. Außerdem… Vaughn sollte sich nicht so anstellen. Wenn er sie mochte, dann sollte er endlich aus seiner Schale kommen und um die Frau kämpfen, die er liebte… Und sich nicht mit anderen vergnügen!!

Ein trauriges Lachen entfuhr Julia und sie meinte: „Du hältst mich jetzt für Dreck, nicht wahr?“

Entsetzt sah ich sie an. : „Nein!!“, antwortete ich und ich meinte es wirklich ehrlich. „Ich glaube, Julia… Ich glaube, du solltest nur endlich erkennen, wie wunderschön und kostbar du bist… Du brauchst keinen Mann, der dir das sagt… Du solltest es selber wissen. Ich finde es nur schade.“

Lange sah sie mich an. Ich war mir sicher, sie schämte sich. Sie schämte sich, weil sie dachte, sie sei schwach, aber das war sie nicht! Sie musste es nur erkennen.

„Julia… Ich mag dich!“, sagte ich schließlich. Ich mochte sie wirklich! Wir kannten uns nun schon eine ganze Weile und… Sie war meine Freundin. Natürlich, sie hatte mich nie an sich herangelassen… Aber wer weiß, dachte ich. Vielleicht ist unser neues, gemeinsames Geheimnis jetzt ja ein guter Grund um näher zusammen zu rücken.

„Ja… Auch wenn ich wahrscheinlich deiner besten Freundin das Herz brechen werde, wenn sie von mir und Vaughn erfährt?“

„Nicht du, Julia… Du tust ihr nicht weh…“ Vaughn tat es… Er war es, der ihr das Herz brach.

„Aber Natalie… Wenn du es ihr schon erzählen willst, dann erzähl wenigstens auch die ganze Wahrheit! Es ist wirklich lange her, dass Vaughn und ich… Ich meine, seit dem wir hier auf der Insel sind… Das ist lange her und es wird wohl auch nicht wieder vorkommen. Sie bedeutet ihm wirklich viel.“ Sie sah mich an und ich wusste, sie hatte Respekt. Das mit ihr und Vaughn… Es war komisch, aber es war wohl auch keine Liebe.

Ich wusste, ich würde es ihr erzählen müssen… Es ging einfach nicht anders… Ich konnte nicht! Sie hatte ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren, und zwar die ganze Wahrheit! So sehr es sie auch verletzen würde… Aber es war das Richtige.

„Gut. Danke, dass du so ehrlich zu mir warst. Ich verspreche dir, von Trent und dir wird niemand erfahren… Aber… Lass ihn los! Um deinetwillen… Du verdienst etwas Besseres! Etwas Besseres als einen Mann, der eine andere liebt oder einen verheirateten Kerl… Viel mehr als das!“ Ich meinte es wirklich ernst. Ich konnte wirklich nicht verstehen, wie ein so umwerfendes Wesen sich so hergeben konnte. Sie war nicht schlecht, sie war auch nicht billig oder böse, nein! Ich sah mehr in ihr… Und ich hoffte, sie würde auch bald anfangen, mehr in sich selbst zu erkennen.

„Jap.…“, sagte sie resigniert, verschränkte ihre Arme vor der Brust und blickte erhobenen Hauptes zur Seite. Das war wohl doch ein bisschen zu viel, zu intim gewesen. Vielleicht hatte ich mir zu viel erlaubt.

Ich wusste nicht, wie ich sie erreichen konnte… Ob ich sie überhaupt erreichen konnte… Sie war stolz, sie war verschlossen… Sie war über die Zeit eine Schauspielerin geworden und ich hoffte, dass sie sich bald mehr wert sein würde.

„Gut… Also ich mache mich dann mal auf den Weg… Es tut mir leid, was passiert ist und… Ich hoffe, wir finden trotzdem einen Weg, Freundinnen zu werden. Wer weiß, vielleicht durchbreche ich ja irgendwann einmal deine Blockade und bekomme mal dein wahres Gesicht zu sehen.“

Julia lächelte schwach und blickte traurig zu Boden. „Vielleicht…“, entgegnete sie schließlich leise und ohne ein weiteres Wort verließ ich ihr Haus.

Schon komisch… Das waren so viele Eindrücke gewesen… So vieles, was ich heute erfahren hatte… Schon komisch, was die Liebe alles anstellte… Wie vielseitig, wie komplex doch unsere Gefühle waren. So viele Menschen, sie alle waren so unterschiedlich und doch… Uns alle verband etwas. Etwas, das wir alle gemeinsam hatten: Sehnsucht. Wir alle sehnten uns nach mehr in unserem Leben… Wir alle hatten Fehler gemacht und waren nun hier, um etwas Besseres aus uns zu machen. Um ein besseres Leben zu führen, bessere Menschen zu werden. Um Menschen zu finden, die uns glücklich machen… Weil wir selbst denken, wir könnten alleine nicht glücklich sein.

Ich war allein und ich war glücklich. Nicht überglücklich… Aber ich brauchte niemanden, der die Leere in mir füllte! Niemanden, der mich aus meinem Sumpf zog. Ich war stark genug allein… Auch wenn es Dinge gab, die mich verletzten. Auch wenn ich mir wünschte, ich könnte jemanden finden, der mir meine Einsamkeit nahm und mich liebte, so wie ich war… Ich konnte auch alleine sein.

Denny nannte mich immer seine Kleine… Ich wusste, er sah in mir ein Kind… Für ihn war ich nichts weiter, als ein junges, unerfahrenes Mädchen… aber ich war erwachsener, als manch andere Frau in meinem Alter… Alles, was ich erlebt hatte, hatte mich stärker werden lassen… Hatte mich reifer werden lassen. Deshalb wollte ich mich auf meine Gefühle für Denny nicht einlassen. Ich war erwachsen. Ich war kein Mensch, der gerne Spielchen spielte… Ich war weder so schön, wie Julia, noch so süß wie Chelsea… Ich war einfach ich. Ich war standhaft, ich war ehrlich und vor allem selbstständig. Nicht gerade Eigenschaften, nach denen Männer verrückt waren… Vor allem nicht solche Männer, wie Denny es war.

Ich war gerade zu Hause angekommen, da erwartete mich Elliot auch schon.

„Natalie, es ist schon 20 Uhr! Denny ist bestimmt schon verrückt vor Sorge!!“

Entsetzt starrte ich meinen Bruder an. „WAS? Schon so spät… Dann worauf wartest du noch?!?“ Mit diesen Worten packte ich meinen Bruder am Arm und rannte zu Denny‘s Haus. Ich wusste nicht, dass mich dort noch eine unangenehme Überraschung erwarten würde, sonst wäre ich wahrscheinlich gleich zu Hause geblieben.
 

In wenigen Minuten waren wir angekommen. Ich klopfte an seine Tür, doch es war nicht Denny, der mir die Tür öffnete. Ich erstarrte, als ich sie sah.

Sie war groß, schlank, blond, hatte große, braune Rehaugen und ein Lächeln, das bis über beide Ohren ging. Sie war süß, war gut gekleidet und war einfach… Viel zu süß für meinen Geschmack. Mir wurde schlecht bei ihrem Anblick… Nicht nur, weil sie mir nicht gefiel… Sondern weil ich mir sicher war, dass sie IHM dafür umso mehr gefiel.

„Hallo! Ihr seid auch Inselbewohner, nicht wahr?“, fragte das Mädchen erquickt und strahlte uns mit ihren strahlend weißen Zähnen an. „Mein Name ist Lanna! Es freut mich wirklich sehr, euch kennenzulernen!“

„… Die… Die Freude ist ganz unsererseits!“, erwiderte Elliot schließlich und reichte ihr die Hand. Er schien genau so überrumpelt und perplex zu sein wie ich. „Ich kenne dich irgendwo her…“

„Hahaha, aber natürlich kennst du mich!“, sagte Lanna vergnügt und kicherte munter. „Ich bin Sängerin. Beziehungsweise, ich WAR Sängerin… Ich will einfach ein bisschen Ruhe, weg von dem ganzen Trubel… Na, ihr wisst schon!“, erklärte sie und Elliot und ich konnten nichts weiter tun, als sie mit offenem Mund anzustarren. Na toll! Nicht genug, dass sie wunderschön war… Sie war auch ein Star!

Nun kam schließlich auch Denny an die Tür. Er sah verlegen aus. „Hey… Ich hatte schon gar nicht mehr mit dir gerechnet, Kleines!“

„Ach, tatsächlich?“ Antwortete ich und sah ihn eindringlich an. Ich hasste ihn. Ich hasste die gesamte männliche Rasse. Natürlich, kaum sahen sie eine Blondine mit reichlich Oberweite, schon hatten sie kein Gehirn mehr… Einfach zum Kotzen!!!

„Aber Denny, ich wusste ja gar nicht, dass du Besuch erwartest!“, verkündete Lanna und stieß mir damit ein Messer durchs Herz. Er hatte mich nicht erwähnt… Natürlich nicht… Wozu auch? Wer war ich schon, damit er mich erwähnte.

„Tut mir leid, dass ich so große Verspätung hatte… Aber wie ich sehe warst du ja wenigstens in netter Gesellschaft!“, giftete ich ihn an.

„Schon gut!“, sagte Lanna. „Ich wollte sowieso gerade gehen. Ich habe schon den ganzen Tag hier verbracht. Kaum bin ich hier angekommen, schon hab ich Denny kennengelernt und mit ihm Zeit verbracht. Das Essen war wirklich sehr lecker… Du machst hervorragende Fruchtsandwiches! Danke für alles. Es war nett euch alle kennenzulernen. Ich werde mir dann mal mein neues Zuhause ansehen gehen! Viel Spaß euch noch!“

Mit fröhlichen Küsschen links und rechts verabschiedete sie sich von uns dreien und ging gutgelaunt ihres Weges. Denny schaute ihr lange nach (Ich hatte das Gefühl, er starrte ihr auf den Hintern…) und schaute dann schließlich wehmütig zu mir.

„Ich hatte wirklich gedacht, du kommst nicht mehr, Natalie…“

„Als ob du mich nicht kennen würdest du verdammter Idiot!!!“, fuhr ich ihn an. Ich war außer mir vor Wut! Ich war mir sicher, dass ich puterrot angelaufen war, doch es war mir egal. Ohne ein weiteres Wort drehte ich mich um und wollte gerade gehen, als er mich am Arm festhielt und wieder zu sich drehte.

„Hey, warte mal!“, sagte er und zwang mich dazu, ihn direkt anzusehen. „Was soll das? Jetzt bist du doch hier, also lass uns reingehen! Ich habe extra für dich etwas übrig gelassen! Ich hätte es dir morgen gebracht, wärest du heute nicht gekommen… Aber mich so anzufahren… Was soll das, was ist los mit dir?“

Ich konnte kaum meine Tränen zurückhalten. Ich war so sauer, so enttäuscht von ihm und ich verstand nicht einmal wieso. Wieso war ich so sauer? Woher nahm ich mir überhaupt das Recht heraus, sauer auf ihn zu sein. Wer war ich denn schon?

Leise kullerte eine Träne über meine Wange und sowohl mein Bruder als auch Denny, sahen mich beide völlig entsetzt an.

„Ich flehe dich an, Kleine, komm rein! Iss etwas mit mir! Du kannst auch bei mir übernachten wenn du willst, aber bitte weine nicht!!“

Wütend wischte ich meine Träne fort und sagte: „Es geht mir nicht um dein blödes Essen! Es geht mir nicht darum, ob du jetzt noch Zeit mit mir verbringen willst! Wir hatten etwas vor, wir wollten gemeinsam etwas machen... Aber wenn ich so leicht ersetzbar bin, dann geh. Scher dich sonst wohin, mir ist es egal!“ Ich löste mich aus seinem Griff und ging.

Ich hörte, wie er nach mir rief aber ich reagierte nicht. Ich merkte, dass mein Bruder mir folgte, aber ich beachtete ihn nicht. Natürlich… Denny war so unkompliziert… Er war unbeständig, unbekümmert und leichtfertig. Wie hatte ich denken können, ich sei ihm wichtig und sei etwas Besonderes für ihn.

Ich hatte doch sowieso gewusst, dass es so kommen würde. Mir war klar gewesen, dass sowas passieren würde, also wieso tat es jetzt nur so furchtbar weh? Wieso war ich nur so traurig und wieso nagten die Worte dieser Frau noch immer an mir. Sie war alles das, was ich nicht war… Sie war das genaue Gegenteil von mir und Denny fand sie toll. Er fand sie schön, er fand sie süß, weiß die Erntegöttin was er noch alles an ihr fand. Ich… Ich war ein Niemand. Ich war nichts und ich war ein Idiot gewesen mir einzubilden, Denny wäre ein Freund… Er war kein Freund… Er war einfach nur herzlos!

„Natalie, sieh mich an…“, sagte mein Bruder und hielt mich fest.

Ich konnte nicht anders! Ich weinte, Tränen flossen unaufhaltsam über mein Gesicht und mein ganzer Körper bebte vor Zorn. Laut fing ich an zu schluchzen und vergrub mein Gesicht hinter meinen Händen. Elliot sagte nichts, er nahm mich nur in den Arm. Er wusste, was ich hatte, denn er hatte das Selbe. Er wusste, wie ich mich fühlte, denn er fühlte das Selbe. Es war Eifersucht. Es war Eifersucht, die ich da spürte, weil ich verliebt war. Weil ich nicht gut genug war und weil ich mich so sehr an Denny gewöhnt hatte, dass ich nun Angst davor hatte, ihn zu verlieren.

Wir standen lange so da. Es war schon Nacht und niemand befand sich mehr auf den Straßen. Das einzige, was zu hören war, war mein leises Weinen. Wir blieben so lange, bis ich mich beruhigt hatte. Dann wischte Elliot mir die Tränen vom Gesicht, küsste meine Wange und wir gingen hinein um ein wenig zu schlafen und das alles erst einmal zu verdauen.
 

Ich hatte sehr schlecht geschlafen… Ich war die ganze Nacht unruhig gewesen und mein Herz schmerzte… Als ich am nächsten Morgen erwachte, erwachte ich mit… Einer sehr merkwürdigen Überraschung.

Denny saß auf meinem Bett und blickte mich wehmütig an. Er hatte Blumen in der Hand und auf meiner Kommode stand ein Teller mit Fruchtsandwiches.

„Was zum…???“, sagte ich und richtete mich verschlafen auf. Ich rieb mir den Sand aus den Augen und schämte mich dafür, dass Denny mich so sah… Wie viel Uhr war es denn? Bestimmt erst 8…!

„Kleine… Ich wollte mich wegen gestern entschuldigen!“, sagte er, legte die Blumen auf die Kommode und nahm mich in den Arm. Ich erwiderte seine Umarmung schwach und wusste nicht so recht, was ich tun sollte… Eigentlich sollte ich mich entschuldigen… Ich hatte gar kein Recht gehabt, mich so aufzuführen… „Ich hätte auf dich warten sollen! Ich hätte nicht mit Lanna essen sollen, aber glaub mir, ich hatte nichts Böses im Sinn. Ich hatte dich nicht vergessen, ich war nur… Ich meine, sie ist neu hier und ich… Na ja, also ich...“

„Mir tut es leid, Denny!“, unterbrach ich ihn. Ich konnte es einfach nicht ertragen, ihn so reden zu hören. Er war verlegen, es war ihm peinlich… Schlicht und ergreifend, weil er lieber Zeit mit ihr hatte verbringen wollen. Weil er sie süß fand, weil er auf sie stand, deshalb. Weil er mich im Stich gelassen hatte. „Ich habe kein Recht, mich so aufzuführen.“

Plötzlich breitete sich ein freches Grinsen auf seinem Gesicht aus und er sagte neckisch: „Du-warst-ei-fer-süe-chtig-<3“. Feste wuschelte er mir durchs Haar und drückte mich noch einmal fest an sich.

„WAR ICH NICHT!!!“, widersprach ich und lief rot an. Was dachte er sich denn dabei mir so etwas zu unterstellen!

„Ach, Kleines…“, sagte er und plötzlich wurde sein Blick ganz weich. Ich erstarrte und sah ihn unbeholfen an. Was war denn das für eine komische Situation… War er etwa… Hatte er etwa erkannt, was ich für ihn empfand?? Hatte er… Hegte er etwa auch Gefühle für mich???

Mit großen Augen sah ich ihn an und wusste nicht, was nun passieren würde. Ich hatte noch nie einen Jungen geküsst… Würde das jetzt etwa passieren? Würde er mich tatsächlich… Aber ich war gar nicht darauf vorbereitet.

Ich riss mich zusammen und fasste mir ein Herz. Über die Konsequenzen konnte ich mir auch im Nachhinein noch Gedanken machen. Das Wichtigste war nun, einen klaren Kopf zu bewahren und nichts Falsches zu tun. Ich wartete, schließlich war er der Mann, und sah ihm tief in die Augen.

Ich war bereit. Ich würde Denny meinen ersten Kuss schenken und wir würden glücklich sein bis an unser Lebensende. Nun war mir plötzlich alles klar, es war alles so einfach! Wir liebten uns. Es war ja ganz eindeutig und dieser Moment, dieser erste Kuss würde einfach perfekt sein…

Langsam kam er mir näher, streichelte meine Wange und ich schmiegte mein Gesicht an seine Hand. Sanft blickte ich ihn an und wollte gerade meine Lippen spitzen, als er plötzlich sagte: „Du bist meine Beste Freundinn, Kleine! Niemand kann dich ersetzen, mach dir da keine Sorgen!!“

Mit diesen Worten schloss er mich wieder lächelnd in die Arme. Ich… Ich bewegte mich nicht. Ich rührte mich keinen Zentimeter. Was war nur in mich gefahren. Bitter lächelte ich vor mich hin. Natürlich… Natalie, wach auf! Wo war denn gerade dein Kopf… Hast du etwa den Plan vergessen? Hast du denn vergessen, du wolltest dich verschließen. Wolltest, dass er niemals etwas über deine Gefühle erfährt, damit du irgendwann selber auch vergisst, was du einst für ihn empfunden hast… Damit du niemals darunter leiden musst, diesen Mann zu lieben, obwohl er deine Liebe doch niemals erwidern wird.

Wie konnte ich nur so anmaßend sein… Auch nur für eine Sekunde daran zu glauben, er könnte meine Gefühle erwidern. Wie töricht von mir. Wie dumm... Dumm, dumm, dumm!!

„Natürlich, Denny“, sagte ich und löste mich langsam aus seiner Umarmung. „Natürlich sind wir Freunde! Tut mir leid, wenn ich überreagiert habe!“ Ich schenkte ihm das beste Lächeln, das ich in dieser Situation zu Stande bekommen konnte. „Danke für die Sandwiches! Das freut mich wirklich sehr!

Freudig machte ich mich über sie her und Denny sah mir amüsiert dabei zu, wie ich sie verschlang. Er machte sich lustig über die Art, wie ich aß, ärgerte mich, so wie er es immer tat. Es war, als wäre nichts passiert… Als wäre alles wieder gut, wieder normal zwischen uns. Aber es hatte sich etwas geändert. Alles hatte sich verändert.
 

„Also Kleine, komm dann morgen Abend zum Essen vorbei, in Ordnung? Aber diesmal sei bitte Pünktlich, ja? Sonst muss ich mir eine andere Gesellschaft suchen!“, sagte er neckisch und streckte mir die Zunge raus.

„Ja, ja, ja, schon gut! Und jetzt geh endlich, bevor ich es mir anders überlege!!“

Denny war überglücklich über meine Antwort, denn er strahlte übers ganze Gesicht, drückte mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange und verließ das Haus.

„Ist alles in Ordnung mit dir, mein Schatz?“, fragte Felicia und kam auf mich zu. Sie kannte mich… Sie sah es mir einfach immer an, wenn ich traurig war, egal wie sehr ich versuchte, es zu verbergen.

„Mach dir keine Sorgen, Mutter, es geht mir Bestens!“, sagte ich und drückte ihr einen dicken Kuss auf die Stirn. Draußen regnete es, deshalb fragte mich auch keiner, wieso ich wieder zurück auf mein Zimmer ging anstatt nach draußen.

Ich schloss hinter mir die Tür und legte mich zurück ins Bett. Ich verkroch mich unter meiner Bettdecke und weinte… Leise und ganz für mich allein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  NekuNiwa
2012-09-06T06:35:33+00:00 06.09.2012 08:35
Das hier ist mal eine richtig gute Harvest Moon FS.

Mal eine frage machst du nur Island id Happiness oder auch Sunshine Island? Also ob du auch Will und Lilly in der Story vorkommen.

Du triffst alle Charas sehr gut. Bin gespannt was für Pairings du dir hier noch ausdenkst.

Ja am Anfang als IoH das erstemal gespielt habe musste ich mich auch an einige Pairings gewöhnen.

Schreibe weiter so.
Von:  Marronfan
2012-09-04T08:18:59+00:00 04.09.2012 10:18
;________ ; Wie traurig...arme Natalie!
Aber wieder sehr schön geschrieben. Ich freu mich aufs nächste Kapitel! ^^


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