Nur ein Gedanke.
One Shot
Bleach
Rukia x Kaien
Tausende Sterne standen hoch am Himmelszelt.
Einer leuchtete heller als der andere.
Bereits vor einer Ewigkeit, wie mir schien, hatte die große Kirchturmuhr Mitternacht geschlagen.
Auch die Lichter der Stadt waren bereits aus.
Alle Bewohner dieser Stadt schliefen bereits.
Nur ich nicht.
Ich träumte immer noch von einem Leben an seiner Seite.
Einen Traum, der nie in Erfüllung gehen wird.
Der Vollmond beschien meine auswegslose Situation.
Ich konnte nirgendwo mehr hin.
Alle hatten mich weggeschickt. Verlassen. Verlassen in dieser Einöde.
Weil ich das wesentliche nicht sah.
Weil ich nicht loslassen konnte.
Weil ich mir immer noch einredete, dass er bei mir war.
Als er starb, war ein Teil von mir mit ihm gestorben.
Ohne es zu wissen, war mein Leben zu einem Scherbenhaufen geworden.
In diesen lag ich nun.
Ohne zu wissen, was der Morgen bringen würde.
Ohne zu wissen, dass mich mein Leben eingeholt hatte.
Wie oft lag ich Nachts wach und redete mit ihm?
Wenn ich ehrlich zu mir selbst wäre, dann eigentlich zu oft.
Ist es verboten zu träumen?
Jedes Geschöpf auf dieser Welt hat Träume.
Träume, die einem ein Ziel vor Augen setzen.
Ein Ziel, dass man braucht, um glücklich zu sein.
Ich war nun glücklich.
Denn ich hatte einen Traum, den ich zu meinem Ziel hatte werden lassen.
Und doch machte es mich unglücklich.
Denn ich redete mir selbst ein Leben ein, dass gar nicht meins war.
Keiner kann meine Gefühle nachvollziehen.
Renji.
Nicht einmal jene, die immer an meiner Seite gewesen waren.
Nun waren auch sie gegangen.
Ichigo.
Und nun lag all meine Hoffnung, mein Leben, einfach alles alleine in meinen Händen.
Ich musste entscheiden, welchen Weg ich wählen würde.
Aber ich wollte nicht aufwachen.
Vielleicht konnte ich es auch nicht.
Wahrscheinlich war alles irgendwann mal zu viel.
Alles würde irgendwann sein Ende finden.
Auch meines.
Ich schloss meine Augen und berührte die Kette an meinem Hals.
Ein eingravierter Halbmond war das Symbol dieses Anhängers, der mir viel bedeutete.
Vielleicht zu viel.
Doch durch ihn konnte ich noch immer seine Anwesenheit spüren.
War das zu viel?
Die Bäume neigten sich dem Wind.
Er hatte die Regie übernommen.
Und alles was unmittelbar in seiner Nähe stand, würde nun unter seiner Kontrolle stehen.
Der Wind verursachte in den wirren Zweigen Geräusche, die ich nicht zu beschreiben vermochte.
Etwas düsteres, fast bedrohliches sogar, ging von ihnen aus.
Es erdrückte mich fast.
Und hier stand ich nun.
In schleierhafter Gestalt in den Ruinen meiner Vergangenheit.
Wie heißt es so schön?
Man soll loslassen, was man vom ganzen Herzen liebt.
Wenn es zurückkommt, gehört es einem.
Wenn nicht, hat es einem nie gehört.
Welch Ironie des Schicksals.
Ich hatte ihn gehen lassen müssen.
Doch all meine Hoffnung war zerstört, denn er würde nie wieder aus freien Stücken zu mir kommen können.
Denn er war tot!
Einer Tatsache, der ich ins Auge blicken musste.
Und doch die Augen vor der Wahrheit verschloss.
Änderte dies etwas an der Gegebenheit?
Es fühlte sich zumindest so an.
Oder redete ich mir das nur ein, weil ich wollte, dass es so war?
Ein verbitterter Ausdruck zierte meine rauen Lippen.
Lippen, die dich nie küssen durften und es auch nie werden.
Meine Hände zitterten, weil ich der Wahrheit so nah war.
Hände, die dich nie in Ehren halten werden.
Denn du bist tot und kommst nie wieder.
Es ist alles meine Schuld.
Durch meine Hände musstest du sterben.
Das einzige was ich anscheinend gut konnte.
Vielleicht waren diese Hände nur zum töten da.
Als ich meine Innenhandflächen meinem Gesicht zuwandte, wurde mir schlagartig klar:
mit diesen Händen konnte ich nie jemanden beschützen.
Ich konnte wahrscheinlich nur jemanden töten.
Töten. Töten. Töten.
Dieses Wort wanderte durch mein Gedächtnis, als wäre es schon immer dort gespeichert gewesen.
Dabei hättest du im Leben noch soviel erleben sollen.
Doch wer entscheidet über Leben und Tod?
Ich habe diese Regeln nicht gemacht.
Ich bin nur ein kleines unschuldiges Geschöpf der Natur.
Es ist wie auf einem Schachbrett.
Ein falscher Zug und das Spiel ist vorbei.
Schlagartig wurde mir bewusst, dass wir nichts in unserem Leben beeinflussen konnten.
Alles hatte seinen Gang.
Wir konnten nur auf der Oberfläche stehen, aber das Gehen wurde uns vorgeschrieben.
Welche Figur hattest du?
Und welche Figur bin ich?
Ich kann es dir nicht sagen.
Dazu bin ich nicht befähigt worden.
Zu oft stelle ich Fragen, die unbeantwortet bleiben werden.
Mein Blick glitt über den Horizont.
Dunkle Gewitterstürme bildeten sich dort.
Sollte etwa so meine Strafe aussehen?
Bestrafst du mich für das, was ich dir angetan habe?
Ist das dein Weg der Rache?
Ich sank auf die Knie zu Boden.
Meine Hände stützten meinen zierlichen Körper, der sich in den nächsten Minuten schwerer und schwerer anfühlte.
Sturzbäche aus Regen kamen vom Himmel.
Um mich herum bildeten sich Schlammpfützen.
Und dann hörte ich deine Stimme, so zart und rein, als wäre es erst gestern gewesen.
„Du solltest die Vergangenheit ruhen lassen und wieder in das alltägliche Leben zurückkehren. Ich werde immer bei dir sein.“
Warst du das, der zu mir gesprochen hatte?
Oder habe ich mir wieder etwas eingeredet, das niemals wahr sein würde?
Ein einzelner Regentropfen blieb auf meiner kalten Wange zurück.
Er schien zu Eis zu erstarren.
Hast du geweint?
Aus meinen Augen flossen Tränen, die einem Ozean glichen.
Für meine einzige Liebe, die ich getötet hatte.
Ich werde dich nie vergessen, Kaien.
Versprochen.
