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Peace of mind.

Seelenfrieden.
von

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Rescue me from what I become.

„Sagte sie das aufgrund ihres Wissens über Caihong?“, fragte Danielle Kath, als die beiden auf dem Weg zu Caihongs Aufenthaltsort waren, „Dass Kensi die Zeit wegläuft?“ „Maria besitzt eine Fähigkeit.“, erklärte Kath ernst und blickte dabei stur nach vorne, „Sie kann nach ihrem freien Willen bestimmen, wessen Zukunft sie sehen will. Anscheinend wollte sie die von Kensi sehen … Immerhin kommt solch ein Kampf von Werwolf und Vampir gegen Vampyr nicht häufig vor.“ „Also wird Kensi sterben, egal was wir tun?“ „Nicht unbedingt. Auch wenn Maria die Zukunft vor Augen hat, so kann diese durch Entscheidungen verändert werden.“, meinte Kath und rang sich ein schwaches Lächeln ab, „Die Zukunft lässt sich ändern … das ist der freie Wille der Wesen dieser Welt.“

Sie bog in eine recht dunkle Seitengasse und blieb dann vor einer hohen Mauer stehen. Danielle stellte sich neben sie und blickte sich in der engen Sackgasse um.

„Ruf sie her.“

„Wir sind bereits hier.“, ertönte Jessicas Stimme hinter Kath, „Ihr seid leicht zu finden.“ „Wir wollten gefunden werden.“, verteidigte Kath sich, „Teilt euch in zwei Gruppen auf. Auf der anderen Seite des Gebäudes ist eine weitere Seitengasse und dort gibt es eine Hintertür. Nutzt diese und den Vordereingang.“ Niemand fragte, woher Kath diese Informationen hatte. „Danielle und ich bilden die Vorhut. Wir kommen vom Dach aus. Ich lasse euch über Danielle ein Kommando geben, daraufhin stürmt ihr das Gebäude.“ Jessica warf Charlie einen kurzen Blick zu, dieser nickte.

„Caihong dürfte euch bekannt sein.“, fuhr Kath fort. „Natürlich.“, meinte Charlie, hob seine linke Hand und ließ seinen Ärmel ein wenig zum Ellenbogen gleiten, „Die Narbe wird nie verschwinden. Als einziges.“ „Er ist im Nachteil, denn wir sind ihm zahlenmäßig überlegen und keiner von uns ist schwach.“, erklärte Kath, „Aber passt dennoch auf.“

„Können wir ihr wirklich vertrauen?“ Meilin musterte Kath eisig aus ihren eisblauen Augen heraus. Sie hatte die Arme vor dem Körper verschränkt und hielt sich am meisten von all den Mitgliedern des Rudels im Hintergrund. „In diesem Fall schon.“, meinte Jessica ernst. „Ich sagte doch, dass diese Göre nichts als Ärger machen wird.“ „Meilin, für ihre Entführung kann Kensi nichts.“, verteidigte Jessica Kensi, „Und selbst wenn, allein die Gemeinschaft von Kathleen und uns angesichts von Caihong ist es wert. Wir überschreiten Grenzen. Unsere eigenen. Und zwar aufgrund eines gemeinsamen Fein-“

„Danielle und ich gehen dann mal.“, sagte Kath laut, „Wir müssen immerhin noch da hoch.“ Sie deutete mit dem Finger in Richtung Dach, setzte ein Grinsen auf, packte das kalte Metall der Feuerleiter und erklomm diese in einer menschenfernen Geschwindigkeit. Danielle folgte ihr, allerdings nicht in solch einem hohen Tempo.
 

„Wenn wir auf Caihong treffen … “, meinte Kath, kaum waren die beiden oben und steuerten auf den einzig möglichen Weg dort oben ins Haus zum „ … überlässt du ihn mir.“ „Kath, nach allem, was ich gehört habe, ist er zu stark für dich.“ „Ich habe noch eine Rechnung mit ihm offen.“, meinte Kath ernst und öffnete langsam die Tür, „Und außerdem muss jemand Kensi aus dem Gebäude führen.“ „Klingt, als hättest du ihn schon einmal getroffen.“ Darauf sagte Kath nichts, sondern sie führte Danielle stur und schweigend weiter durch die Gänge und Flure.
 

Zur selben Zeit schien Kensis ganzer Körper von innen heraus zu brennen. Sie durchlitt höllische Qualen, versuchte von Caihong wegzukommen und schrie vor Schmerzen. Alles in ihr schmerzte, alles in ihr schien zu brennen. Sie hatte das Gefühl, als wenn die Wände ihr immer näher kamen, das gedämpfte Licht im Raum wirkte bedrohlich und erdrückend und Kensi fiel das Atmen schwer. Es war, als wenn man ihr ein dichtes Stofftuch auf Mund und Nase presste.

„Spüre, wie du zu einer von uns wirst!“, forderte Caihong sie auf und blickte sie triumphierend an. Kensi versuchte ihn wegzustoßen, doch so ganz gehorchten ihr ihre Hände nicht. Ihre Knie gaben ein weiteres Mal nach und sie ging zu Boden, hielt sich allerdings mit dem Oberkörper aufrecht. „Noch kämpfst du dagegen an, aber es ist zwecklos.“ „Ich werde erst zu jemand anderes, wenn ich das will … !“, knurrte Kensi zwischen zusammengepressten Zähnen, dann überkam sie eine neue Welle des Schmerzes und sie schrie in Qualen auf.
 

Kath hob die Hand und brachte Danielle damit zum Stehen. Die beiden Mädchen wechselten einen kurzen Blick, dann nickten sie entschlossen und liefen wieder los. Sie beide hatten Kensis Schrei vernommen und er verhieß nichts Gutes.

„Gib den anderen Bescheid und dann verwandle dich.“, forderte Kath Danielle beim Laufen auf, „In Werwolfform bist du um einiges effizienter.“ Danielle rollte mit den Augen, nickte allerdings und gab dem Rudel Bescheid. „Und nun verwandle dich schon.“, meinte Kath, „Ich sehe auch nicht hin.“ „Sehr witzig.“, sagte Danielle und zog eine Grimasse, doch sie kam Kaths Forderung nach.

Neben Kath lief ein etwa hüfthoher Wolf mit leichten und geschmeidigen Schritten her. Der Wolf war von einem creme-weißen Grundton mit grau-schwarzer und brauner Musterung einem hellen Gesicht und Bauch. Die Rute war hellbraun bis creme-weiß mit schwarzer Spitze, die Ohren waren braun, die Nase pechschwarz. Die Augen hatten noch immer die undefinierbare blau-grau Färbung wie die von Danielle, allerdings veränderten sie sich je nach Lichtstrahlung und erschienen so beige wie die Rute bei Licht erschien.

„So siehst du also als Wolf aus.“, meinte Kath, die Danielle aus den Augenwinkeln heraus beim Laufen gemustert hatte, „Dann wollen wir die Party mal beginnen.“

Die beiden standen vor einer Tür und Kath grinste Danielle vielsagend an, dann hob sie die Hand und klopfte mit den Fingerknöcheln dagegen. Ein Schrei war von drinnen zu hören, dann ein Fluchen und kurz darauf öffnete Caihong die Tür; er blickte Kath verärgert an und fragte gereizt: „Was ist denn nun schon wieder, Allis-“

Danielle löste sich von ihrer Stelle, sprang auf Caihong zu, so dass dieser ausweichen musste. Kath nutzte die Gelegenheit und zwängte sich an ihm vorbei durch die Tür ins Innere seiner Wohnung, wobei sie meinte: „Ich sagte ja, dass ich nicht alleine kommen würde.“ Sie grinste ihn an, gab Danielle dann ein Zeichen. Diese knurrte, wendete sich allerdings ab und ging auf die Suche nach Kensi.

„Weiß deine Wolfsfreundin, dass du mich kennst?“, erkundigte Caihong sich und schlug die Tür geräuschvoll zu. „Weißt du eigentlich, dass dein Plan nicht aufgeht?“, erwiderte Kath und stellte sich Caihong in den Weg, der an ihr vorbei Danielle nach wollte, „Und dass ich dich durchschaut habe?“ „Inwiefern?“ „Du willst Kensi zu einer machen.“, sagte Kath kühl, „Einer wie dich. Weil sie eine Fähigkeit besitzt.“

„Sie ist also wirklich das Mädchen, mit dem du dich abgibst. Der Mensch.“ „Kensi Cone ist viel mehr als nur ein einfacher Mensch.“, widersprach Kath, „Und wenn du ihr nur ein Haar gekrümmt hast, bekommst du es mit mir zu tun.“ „Allison.“, sagte Caihong amüsiert, „Gerade das bezweifle ich.“

Caihong machte einen Ausfallschritt, dann schlug er nach Kaths Gesicht und packte ihr Handgelenk, um sie aus dem Gleichgewicht zu ziehen. Kath konnte dem Schlag ausweichen, doch sein Griff kam für sie überraschend, so dass sie ihren festen Halt nicht wahren konnte. Der Asiate zog die sich sträubende Kath zu sich, ließ sie dann plötzlich los und versetzte ihr mit der anderen Hand einen Stoß, um dann unter ihrem ersten Schlag her zu tauchen und ihren zweiten abzufangen.

„Du willst mir doch im Grunde nichts tun.“, meinte Caihong und fing den nächsten Schlag mit Leichtigkeit ab, „Und selbst wenn, würdest du mich nicht verletzen können.“ „Ich pfeife auf deine Ausbildung in China!“, sagte Kath laut und wich seinem hohen Tritt aus, „Weil ich dir überlegen bin.“ „Natürlich, ein Halbwesen.“, meinte Caihong amüsiert, „Nicht, dass ich etwas gegen dich habe, aber Halbwesen sind keine vollwertigen Vampyre oder gar Vampire. Sie sind keiner Gattung angehörig.“ Kath spannte jeden Muskel im Körper an, doch als sie erneut auf Caihong losgehen wollte, knallte etwas gegen die Wohnungstür und diese zerbarst in ihre Einzelteile.

Eine rot-braune Wölfin, etwas größer als Danielle als Wolf war, stand dort und musterte Caihong und Kath aus blau-grauen Augen. Sie hatte helles Fell auf Höhe der Wangen und auch das Fell um die Nase herum war hell, ebenso wie die Vorderseite des Halses und der Bauch. Die Fellpartien um die Augen und auf der Nase waren rötlich-braun, das Fell über den Augen dunkelbraun-schwarz. Die Ohren bestanden zum größten Teil aus rostrotem Fell, der Rest des Felles war braun-rot-schwarz gemischt, die Schwanzspitze war schwarz.

Lass Kathleen in Frieden. Ich bin deine Gegnerin.

Die Stimme der Wölfin, auch wenn sie ihre Schnauze nicht bewegt hatte, schien in Caihongs und Kaths Kopf wieder zu hallen. Kath hatte nie zuvor mit Werwölfen in ihrer Wolfsform gesprochen, doch nun verstand sie, wie sich das Rudel unterhielt – sie standen mental in Kontakt und hatten eine feste Bindung zueinander.

Am heutigen Tag steht Kathleen unter dem Schutz des Rudels.“ „Die Freundin von Charles Siska.“, meinte Caihong und wich wirklich ein Stück von Kath zurück, „Dann sind die anderen nicht fern.“ „Ich sagte ja, ich wäre nicht allein.“

Geh zu Danielle. Sie braucht dich.

Kath blickte von Caihong zu Jessica und zurück. Anscheinend hatte diese nur für sie hörbar gesprochen; nur in ihrem Kopf. Sie schüttelte den Kopf, blieb wo sie war. Caihong war ihr Gegner und auch wenn Kensi in seinen Fängen war, so hatte sie noch eine andere Rechnung mit ihm am Laufen – und diese wollte sie endlich beenden.

Caihong ist nicht nur dein Feind, Kath. Ich weiß, wie viel er dir bedeutet.“ „Aber … !“ Caihong blickte Kath an, als sei diese verrückt. „Wir reden darüber, wenn Kensi gerettet und diese Sache für die Ewigkeit beendet ist.“ Kath nickte langsam und wie auf ein Zeichen hin stürzten Jessica und sie gleichzeitig auf Caihong los.
 

Danielle stand vor dem Raum, in dem Kensi eingesperrt war. Sie konnte die Schreie und das schwere Atmen des Mädchens durch die Tür hindurch hören und Danielle öffnete die Tür mit einem kraftvollem Hieb ihrer Pfoten. Die Tür löste sich aus ihrem Halt, fiel zu Boden und Danielle schritt darüber hinweg durch den verdunkelten Raum auf das Mädchen an der gegenüberliegenden Wand.

Kensi … “ Danielle war besorgt. Kensi krümmte sich vor Schmerzen, schrie noch immer. „Ich bin es. Dani.“ Kensi öffnete die Augen, blickte sie fast schon erleichtert an und streckte ihre zitternde Hand nach der Wölfin aus, doch dann wurde sie von einer neuen Welle des Schmerzes übermannt und ließ sie sinken.

Danielle wusste nicht, was mit der Blonden war, oder wie sie ihr gar helfen konnte, so dass sie nur einen möglichen Ausweg sah: Sie drückte sich möglichst flach auf den Boden und forderte Kensi auf, auf ihren Rücken zu steigen und sich in ihr Fell zu krallen. Kensi gehorchte, doch es fiel ihr schwer und Danielle konnte ihre Besorgnis kaum verbeugen.

Kath und das Rudel sind aus hier. Sie kämpfen gegen Caihong.“, berichtete Danielle dem Mädchen, als sie sich langsam wieder erhob, „Jessica und Kath sind am Kämpfen, Charlie sorgt mit seiner Gruppe für unsere schnelle Flucht und der Rest des Rudels trifft in eben diesem Moment im Flur zum Kämpfen ein.“ Kensi fragte nicht einmal, woher Danielle das wusste. Sie nahm es so hin und war froh, dass sie in ihren Schmerzen und Qualen nicht allein gelassen wurde. „Ich bringe dich jetzt so schnell wie möglich hier raus.“, fuhr Danielle fort und setzte sich in Bewegung, „Und zwar sofort.
 

„Der Neuling aus Charlies Rudel.“

Kaum hatte Danielle das Haus verlassen und war in die Mitte von Charlies Teil des Rudels getreten, stand sie einer brünetten Frau gegenüber. Diese sah sie kühl an und schien einiges gegen sie zu haben, aber dennoch aus freien Stücken dort zwischen all den Werwölfen zu stehen.

„Lilith, ich bitte dich … “, begann Charlie, doch Lilith hob abwehrend die Hand und trat ein wenig auf Danielle zu, wobei sie leise fragte: „Wen hast du bei dir … ?“ Danielle knurrte. Sie traute der jungen Frau nicht. „Dani!“, sagte Charlie laut und warnend, „Lilith sorgt sich um das Wohl von Kathleen.“

Danielle drückte sich ein weiteres Mal so weit wie möglich zu Boden, Kensi ließ sich auf diesen fallen und Danielle erhob sich wieder. Und nur einen kurzen Augenblick später stand an Stelle des Wolfes Danielle in ihrer Form als Mensch und blickte besorgt von Kensi zu Lilith und Charlie und zurück.

„Weißt du, was mit ihr geschehen ist?“, erkundigte Charlie sich bei Danielle, doch Danielle schüttelte den Kopf. „Ich dachte, dass euer Neuling ein besonderes Gefühl für so etwas hat?“, meinte Lilith spöttisch. „Lilith, wenn du das Vorgehen der Mitglieder meines Rudels bemängeln willst, dann mach das gefälligst, wenn ich nicht in der Nähe bin.“, wies Charlie sie zurecht, „Wir alle haben unsere Schwierigkeiten mit unserem Können, wenn es um Kensi geht.“ „Dann besitzt sie eine?“ „Ich kann das nicht beantwo-“

Ein Schrei durchbrach die Stille in der Seitengasse hinter dem Haus und ein Krachen ließ alle Anwesenden leicht zusammenzucken. Der Schrei war nicht von Kensi gekommen, die anscheinend gegen den Drang zu schreien ankämpfte, sondern aus dem Inneren des Hauses. Und Charlies Mine nach zu urteilen war stammte er von Jessica.

„Übernimm die Leitung.“, gab Charlie David auf, der Charlie abwartend angesehen hatte und nun nickte, „Bereit für ein wenig Action, Lilith?“ Die Brünette nickte und setzte ein erfreutes Grinsen auf. „Dann los.“, meinte Charlie und setzte zu einem schnellen Lauf an, während Lilith ihm in Windeseile folgte. Charlie sprang durch die offene Tür hindurch in das Innere des Hauses und das Letzte, das man von ihm sah, war eine braun-schwarze Rute: Er hatte sich in einen Wolf verwandelt.
 

Kensi erinnerte sich nicht daran, was geschehen war, nachdem Charlie in das Haus gestürmt war. Auch die Geschehnisse davor waren meist verschwommen und nicht mehr ganz in ihrer Erinnerung. Soweit sie erfahren hatte, hatte man sie kurze Zeit später zu Charlie gebracht. Ihrem Vater und ihren Geschwistern war mitgeteilt worden, dass sie aufgrund des Projektes für die Schule ein paar Tage und Nächte mit Danielle unterwegs sei; die Schule hatte eine Krankmeldung erhalten.

Lange Zeit noch hatte Kensi vor Schmerzen und Qualen geschrien, dann war sie in einen unruhigen Schlaf geglitten, begleitet von Alpträumen. Sie hatte um sich geschlagen, im Schlaf geredet und sich hin- und hergewälzt, doch ihr helfen können hatte niemand. Und wenn Kensi aufwachte, so gingen die Qualen weiter; Schmerzen übermannten sie und sie konnte die Tränen kaum zurückhalten.

Charlie hatte noch einen Tag nach Kensis Befreiung die rechte Hand mit einer Schiene gestützt und wies einige blaue Flecke auf, obwohl er schnell heilte, da er ein Werwolf war. Danielle hatte sich um ihn zu kümmern versucht, doch er hatte ihre Hilfe abgewiesen und sie morgens in die Schule geschickt.

Jessica, ebenfalls in der Schule als krankgeschrieben geltend, hatte einiges an Verletzungen davongetragen, doch die meisten waren bereits verheilt. Allerdings schien ihr irgendetwas nicht aus dem Kopf gehen wollen, denn sie hielt sich aus Gesprächen heraus und wirkte bedrückt und nachdenklich. Sie hatte eigentlich arbeiten gehen wollen, doch sowohl Charlie, als auch Danielle, hatten ihr von diesem Plan abgeraten: Eine Lehrerin mit einigen Verletzungen machte Schüler nur neugierig, zumal sie sicherlich noch Ruhe brauchte.

Lilith hatte sich Kath geschnappt, kaum waren Charlie und sie bei Caihong angelangt. Die anderen Werwölfe, die Gruppe von Jessica, waren ebenfalls zur selben Zeit eingetroffen und in dem heillosen Durcheinander hatte Caihong die Gunst der Stunde genutzt und das Weite gesucht. Natürlich hatte Lilith die Verfolgung aufgenommen, doch bislang ließ ein Erfolg noch auf sich warten.

Kath hatte Jessica geholfen, als diese von Caihong direkt angegriffen worden war und durch ihren Schrei die anderen in den Kampf lockte. Sie hatte Jessica solange geschützt, bis die anderen eingetroffen waren und dann alles Erdenkliche getan, um den Vampyr von ihr fern zu halten. Zwar hatte sie einige Verletzungen davongetragen, doch diese störten sie kaum. Sie war nicht in der Schule erschienen und hatte sich nach Caihongs Verschwinden ebenfalls abgesetzt und war wie vom Erdboden verschluckt.

„Wenn ich wüsste, wie wir dir helfen könnten … “

Charlie saß in einem kleinen Sessel in der Ecke seines Gästezimmers, in dessen Bett Kensi lag und scheinbar schlecht schlief. Sie redete im Schlaf und schlug um sich, wollte sich nicht beruhigen. Er beobachtete sie nachdenklich und hatte sich noch kein einziges Mal aus dem Zimmer bewegt, seit er es betreten hatte. Nicht einmal, als Jessica sich verabschiedet hatte.

„Und dann noch die Frage, weshalb bestimmte Fähigkeiten in deiner Nähe nicht funktionieren.“, fuhr er leise fort, „Oder warum wir einander in deiner Nähe nicht spüren oder bemerken. In deiner Nähe war Caihong nicht … nicht einmal zu spüren. Und Wesen wie wir … wir können die gegenseitige Nähe spüren.“ Er hielt inne, als Kensi sich von die eine auf die andere Seite wälzte.

„Hey, Charlie.“

Danielle betrat das Gästezimmer und blieb neben der Tür stehen, lehnte sich an die Wand. Ihre braunen Haare hatte sie zu einem Zopf gebunden und mit einer Spange hochgesteckt, Strähnen umspielten ihr Gesicht. Sie trug eine beige-weiß karierte Bluse mit Ärmeln bis zu den Ellenbogen und dazu eine schwarze Röhrenjeans und schwarz-weiße Chucks.

„Deine Tür war nicht abgeschlossen.“, meinte sie und wendete den Blick nicht von Kensi ab, „Und ich habe dir etwas vom Mittagessen aus der Schulkantine mitgebracht.“ Charlie nickte abwesend. „Immer noch kein Anzeichen einer Besserung?“, erkundigte Danielle sich besorgt. „Nein.“

„Weißt du, ich habe nachgedacht.“, gestand Danielle. Charlie richtete seinen Blick auf die Jüngere. „Über das Rudel, das was geschehen ist … über Kensi … und über mich.“ „Was bedrückt dich?“ „Ich habe versagt.“, erklärte Danielle, „Ich hätte auf Kensi aufpassen sollen, doch Caihong bekam sie in seine Hände.“ „Und du hast sie gerettet.“ „Kath hat sie gerettet.“, verbesserte das Mädchen ihn, „Und so gern ich dieses Rudel habe, ich bezweifle, dass ich je zu euch gehören werde.“

„Was redest du da, Danielle?“, fragte Charlie und blickte sie skeptisch an, „Du magst in einem Teil gescheitert sein, aber in einem anderen Teil hattest du uns allen etwas voraus: Du warst bereit, mit einem unserer größten Feinde zusammen jemanden zu retten, der wirkliche Rettung benötigte.“ Danielle blickte ihn schweigend an. „Wir Werwölfe sind geboren, um die Menschen vor allem Bösen zu schützen. Vergleichbar mit den Haushunden, nur weitaus mächtiger und bereit, sich zu jeder Zeit von ihnen abzusagen.“, erklärte Charlie, „Die Vampire und Vampyre sind von jeher unsere natürlichen Feinde, da sie den Menschen gefährlich wurden und unsere Bestimmung eben das Beschützen jener ist. Um unserer Bestimmung nachzukommen, hast du dich mit unserem natürlichen Feind verbündet. Du bist über Grenzen gegangen, die wenige von uns zu überschreiten wagen würden.“ „Du arbeitest seit langer Zeit mit Lilith zusammen.“, widersprach Danielle ihm. „Lilith.“ Er seufzte. „Ich führe ein Rudel. Sie führt einen Clan. Wir sorgen dafür, dass unsere beiden Gruppen selten aufeinandertreffen. Wir arbeiten nicht miteinander, wir arbeiten aneinander vorbei, um Konfrontationen von vornherein zu umgehen.“

„Haben die anderen von Kath gehört? Eine Spur von ihr entdeckt?“ „Hast du sie selbst gefragt?“ „Ich kann keinen Kontakt herstellen.“, erklärte Danielle, „Nicht als Neuling über solche Distanzen.“ „Du bist nicht mehr der Neuling, Dani.“, meinte Charlie und lächelte sie fast schon väterlich an, „Seit Kensis Rettung schon nicht mehr.“ „Ich bin … kein Neuling?“ Charlie nickte, während Danielle ihn ungläubig anblickte und fragte: „Was … was bin ich dann?“ „Deine Fertigkeiten sind weder für Kämpfer, Jäger oder Spione geeignet, für ein Alttier bist du zu unerfahren und jung, für ein Betatier nicht lange genug im Rudel. Und das Alphatier … “ Er unterbrach sich kurz. „Erkundige dich bei Jessica. Sie wird dir alles mitteilen können, was ich nicht kann.“

Kensi murmelte etwas und drehte sich unruhig auf die andere Seite, während Danielle ihren Blick langsam wieder zu der Blonden gleiten ließ und sie leise seufzte. Auch Charlie sah wieder zu dem Mädchen und überlegte, ob ihr Zustand sich in naher Zeit bessern würde.
 

Die Nacht war hereingebrochen. Charlie war zu Bett gegangen und Danielle war zuhause. Das Gästezimmer lag in völliger Dunkelheit und Stille, die dann und wann von Kensis leisem Gemurmel unterbrochen wurde. Sie war nicht aufgewacht und auch nicht ruhiger geworden.

Die Tür zum Gästezimmer wurde leise geöffnet und ein Schatten huschte lautlos herein, dann wurde die Tür wieder geschlossen. Der Schatten näherte sich dem Bett und blieb dann daneben stehen. Es war Kath.

„Kensi.“

Sie legte ihre Hand auf Kensis Stirn, schloss kurz die Augen und schien sich zu konzentrieren, dann zog sie die Hand wieder weg und musterte das Mädchen eine Weile, bevor sie Kensis Hand nahm und diese leicht drückte. Kensi reagierte darauf ebenfalls mit einem leichten Drücken, behielt die Augen allerdings geschlossen.

„Du hörst mich also … ?“ „Sollte ich nicht?“, fragte Kensi heiser und leise. „Wie geht es dir?“ „Alles brennt. Wie ein Höllenfeuer.“ „Das ist milde beschrieben für das, was er dir angetan hat.“, meinte Kath und schmunzelte ein wenig, „Wo hat er es getan?“ „Schulter.“ „Es war mir klar, dass er es getan hatte, kaum hatte ich erfahren, dass Danielle dich gerettet hatte und du unter Qualen littst.“, erzählte Kath, „Du bist tapfer und stark, Kensi. Dass du noch so sprechen kannst, zeigt nur deine Willensstärke. Halt weiter durch.“

Kath ließ Kensis Hand langsam los, doch Kensi griff sofort wieder danach und fragte: „Kath?“ „Mh?“ „Bleibst du noch ein wenig?“ „Ich kann nicht, Kensi.“, antwortete Kath seufzend, „Aber wenn ich wiederkomme, werde ich dir helfen können. Und bis dahin, kämpfe weiter dagegen an. Bitte.“ „Kath … “ „Und bereite Charlie und den anderen nicht solche Sorgen. Rede zu ihnen. Bitte.“

Kath bekam Kensis Antwort nicht mehr mit, denn sie befreite sich in Windeseile aus deren Griff und verschwand dann wieder so lautlos, wie sie gekommen war.



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