Nacht 0
“Ich bin so schrecklich einsam.”
Ich sehe ihn in jedem meiner Träume, jede Nacht. Er steht an einer Klippe und vor ihm plätschert das schwarze Meer an die Felsen im Ufer und vor der Klippe. Seine schwarze Silhouette platziert vor dem blutroten Mond, sein einziges Merkmal: seine langen silbernen Haare.
Ich kenne ihn nicht. Doch warum träume ich von ihm?
Langsam öffnete er seine Augen, sein Zimmer war noch dunkel, wie immer, wenn er von einem dieser Träume aufwachte. Jetzt würde er noch zwei Stunden wach im Bett liegen und darauf warten, bis seine Mutter ihn rufen würde, damit er zum Frühstück kommen würde.
Seit Tagen immer wieder dieser gleiche Traum. Immer wieder dieser Mann.
Was hatte das alles nur zu bedeuten? Welcher Sinn lag dahinter?
Die Bettdecke raschelte leise, als sich der Junge aufrichtete und sein Blick zum Fenster schweifte. Der Mond war silbern, so silbern wie das Haar des Mannes. Zum Glück war der Mond nicht blutrot wie im Traum, sonst würde er denken, dass er immer noch träumte. Er wollte das alles nicht mehr. Es machte ihn auf eine komische Art und Weise fertig und traurig, den Mann dort zu sehen. Er strahlte ungeahnte Traurigkeit aus.
Manchmal wünschte er sich sogar, diesen Mann einmal lächeln zu sehen. Warum?
Das Bett knarrte und der Junge stand aus dem Bett auf, tapste leise zu seinem Schreibtisch hin, öffnete das kleine Briefpapierpäckchen und holte ein cremefarbenes Blatt heraus, dann griff er hinüber in sein Etui und fischte den guten Füller heraus, dann setzte er sich auf den Stuhl.
Langsam beugte er sich über das Blatt und nahm den Deckel des Füllers ab.
An dich, Traumfigur...
Warum träume ich von dir? Habe ich dir etwas getan? Was möchtest du mir sagen?
Ich weiß nicht, wie ich mit meinen Träumen von dir umgehen soll, soll ich sie nicht beachten, einfach vergessen? Nein, das kann ich nicht und ich weiß nicht warum.
Sag’ es mir! Es macht mich kaputt, nicht zu wissen, was du mir sagen willst.
Gib’ doch wenigstens deinen Namen preis, damit ich weiß, von wem ich träume.
Das wäre das Mindeste, was du für mich tun könntest.
Liam