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Leben

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20.02.1981

20.02.1981
 

Mama und Papa sind nicht wieder gekommen, haben mich nicht abgeholt. Ich darf auch nicht mehr in den Kindergarten. Sitze jetzt, ich glaube, 4 Tage bei der Erzieherin. Sie ist sehr nett zu mir.

Trotzdem möchte ich nach Hause. Ich vermisse Mama und Papa. Draußen regnet es die ganze Zeit. Heute musste ich besonders früh aufstehen und dann musste ich ein schwarzes Hemd anziehen.

Warum darf ich denn nicht meine Sachen anziehen? Wieder verstehe ich nicht was los ist.

Da kommt sie schon wieder lächelt mich an. Nimmt meine Hand und wieder sitze ich in ihrem Auto. Wir fahren langsam. Sehr langsam. Vielleicht kommen wir gar nicht pünktlich, wenn sie so langsam fährt und wohin fahren wir überhaupt?

Mir geht es nicht gut. Ich habe keine Bauchschmerzen und ich bin auch nicht hingefallen, aber irgendwas ist anders.

Irgendwas das in mir drin ist.

Aber dann sind wir auch schon da. Sie nimmt mich an die Hand und geht zu den vielen Leuten die da stehen.

Sie reden und lächeln und sie alle reden auch mit mir. Aber warum? Sonst gucken die mich doch nicht einmal an.

"Lächele doch mal!"

Sie wollen, dass ich lache, ich würde gerne, aber ich kann nicht und ich weiß nicht wieso. Hoffentlich hab ich das nicht verlernt.

Dann höre ich laute Glocken. Sie sind viel zu laut.

Alle stürmen sofort in das kleine weiße Haus. Ich kenne die Leute überhaupt nicht. Und trotzdem gehen wir ihnen nach. Dort stehen ganz viele Reihen von Stühlen. Die erste Reihe ist ganz leer.

Ich werde auf den ersten Stuhl gesetzt und die Kindergärtnerin setzt sich direkt hinter mich. Ich bin ganz allein.

Dann steht da auch schon so ein komischer Mann in einem Kleid. Er fängt an zu sprechen von, ich glaube er hat Gott, gesagt, aber ich höre auch schon nicht mehr zu. Neben ihm stehen zwei Holzkisten und darauf sind Blumen. Es sieht schön aus.

Dann höre ich eine Stimme hinter mir.

"Da drin liegen deine Eltern"

Ich schaue noch mal auf die Holzkisten. Mögen die ihr Bett denn nicht mehr? Komisch.

Aber das heißt sie sind doch wieder da, sie sind wieder gekommen. Ich versuche zu lächeln, aber irgendwas stimmt nicht.

Ich lache immer noch nicht.

Dann merke ich, wie alle aufstehen, eilig stehe ich auch auf und folge den Leuten. Die Erzieherin geht weit vor mir, ich gehe allein.

Vor einem riesigen Loch im Boden machen wir Halt und dann legen sie die Holzkisten hinein.

Ich überlege lange, was das soll. Es ist komisch.

Dann fangen sie an Erde darüber zu schütten. Auf Mama und Papa. Aber dann kommen sie doch nicht mehr raus?

Schnell laufe ich dahin. Mein Herz ist ganz schnell. Ich spüre, wie es gegen meine Brust schlägt. Es tut sogar ein bisschen weh.

Ich versuche dem Mann die Schaufel wegzunehmen, aber er ist stärker, macht einfach weiter. Immer mehr Erde. Mama und Papa sind gleich ganz weg.

"Nein"

Ich höre, wie ich schreie. Alle sehen mich an, aber Keiner hilft mir. Und er hört auch nicht auf. Ich bin eben doch noch klein und ich bin unwichtig. Aber Mama und Papa, sie kommen nicht mehr raus, sie sollen doch aber zu mir kommen.

Ich sehe keinen anderen Weg. Ich springe in das tiefe Loch, lande auf der nassen Erde und versuche Mama und Papa wieder auszugraben.

"Mama"

"Papa"

Schon wieder muss ich weinen, aber wieso? Ich bin doch kein Baby mehr, aber immer wieder laufen Tränen über mein Gesicht.

Dann spüre ich Hände unter meinen Armen, die mich wieder hochziehen. Es ist die Erzieherin und sie guckt böse, zerrt mich weg von den fremden Leuten, von dem Loch, von Mama und Papa.

Ich schreie wieder, immer wieder.

"Mama"

"Papa"

"Sei ruhig!"

Sie guckt immer noch böse und sie macht mir Angst. Ich versuche nicht mehr zu weinen und ich schreie auch nicht mehr.

"Ich hab dir doch erklärt, dass sie nicht mehr kommen."

Aber sie waren doch darin, wieso kommen sie nicht einfach heraus. Ich verstehe nicht. Ich sage aber gar nichts mehr.

Weit von den anderen weg, stehen wir da und ich sehe, wie immer mehr Erde auf sie geschüttelt werden. Ein großer Berg. Die Menschen legen Blumen darauf. Riesige Berge von Blumen, so das man keine Erde mehr sieht.

Sie gibt mir auch eine Blume in die Hand, eine einzige, ich kenne sie, es ist eine Rose. Eine weiße Rose. Ich schaue sie an. Hab Angst wieder etwas falsch zu machen.

Sie nickt, ich gehe langsam zu dem Berg aus Blüten.

Lege meine Rose in die Mitte und schaue traurig darauf. Ich glaube, ich habe es jetzt verstanden.

Sie sind für immer eingeschlossen unter der Erde, sie kommen wirklich nicht mehr. Jetzt kann nur noch ich zu ihnen kommen. Hier hin.

Ich falle langsam auf meine Knie. Es tut weh auf dem harten Boden, aber es ist mir egal.

Ich möchte zu ihnen jetzt. Schon wieder muss ich weinen. Kann nicht mehr aufhören zu weinen. Immer wieder. Diese blöden Tränen. Ich sehe gar nichts.

"Tooru"

Ich schreie, als ich meinen Namen höre. Ich will ihn nicht hören. Nie wieder.

"Tooru"

Nein, sie sollen aufhören. Ich halte mir die Ohren zu. Kann es nicht mehr hören. Ich habe Angst. Gleich erzählen sie mir wieder etwas Schlimmes. Nur weil ich so heiße.

Und das will ich nicht mehr. Ich will nur Mama und Papa. Und meine Geburtstagstorte.

Dann zieht mich Jemand wider hoch. Sie schon wieder und sie guckt böse, wie vorhin auch.

Darf ich etwas nicht traurig sein? Aber ich vermisse doch meine Eltern. Warum tut sie mir weh? Meine Arme…

Dann zerrt sie mich wieder zurück in das Auto, fährt los. Ganz schnell. Das macht mir Angst. Wir fahren lange, sehr lange. Bis wir in eine Stadt kommen, in der ich noch nie war. Sie ist sehr groß, viele große Häuser und dann stehen wir vor einem riesigen weißen Haus.

Neben ihr steht auch noch ein Koffer, ob wir in den Urlaub fahren? Dann kommt da noch eine zweite Frau aus dem Haus heraus. Sie sieht nett aus. Sagt mir hallo.

Nimmt dann den Koffer und fragt, wie ich heiße.

Ich antworte nicht, hab ich doch gar keinen Namen mehr. Aber die Erzieherin antwortet.

"Tooru"

Ich halte mir die Ohren zu, kneife die Augen zusammen. Dann spüre ich eine Hand, die mir über den Kopf streichelt. Sie nimmt mich dann an die Hand und nimmt mich mit in das Haus. Viele Kinder kommen mir entgegen, lächeln und sagen mir auch 'Hallo'.

Die Erzieherin ist einfach weggefahren. Einfach weg, so wie Mama und Papa. Für immer verschwunden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  myamemo
2010-09-30T18:59:30+00:00 30.09.2010 20:59
*schnüff*
Das ist ech traurig ;__;
Man möchte den kleinen einfach nur in den arm nehmen und knuddeln und sage es wird alles wider gut *drop*
Obwohl es das nicht sein wird T_T
Von:  -aftermath-
2010-09-28T12:40:35+00:00 28.09.2010 14:40
Der Arme..;__;
Das muss echt hart sein..
Vorallem, wenn einem niemand den Tod erklärt...
Ich war auch ungefähr fünf als mein Uropa gestorben ist und zum Glück haben mir meine Eltern erklärt, was das ist~


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