Zum Inhalt der Seite

Multae sunt causae bibendi

(Es gibt viele Gründe um zu trinken)
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

# 1. Das Leben des Hank Degrosch

Mit Schwung wurde die schwere Kneipentür aufgerissen und schlug quietschend und knarrend gegen die Hauswand. Augenblicklich bröckelte Putz herab. Dann zwei Männer darin auf, die einen dritten an beiden Seiten fest eingehakt hatten. Er wurde wohl mehr nachgezogen, als dass er noch in der Lage war, selbst zu laufen. Schließlich schmissen sie ihn einfach auf die Straße.

„Wage es dir ja NICHT, noch einmal hier aufzutauchen, wenn du kein Geld hast, verstanden!“, schrie ihn einer der beiden an. Sie waren mehr als übel gelaunt. Dann schlug die Tür hinter ihm auch bereits wieder zu.
 

Der des Hauses Verwiesene lag mit dem Gesicht im Dreck. Da es vor wenigen Tagen noch geregnet hatte, war der Erdboden noch nicht gänzlich wieder getrocknet. So sturzbetrunken, wie er war, machte er sich schließlich daran, sich halbwegs aufzurichten. Als es ihm endlich gelungen war, sah er völlig verdreckt aus und seine Wange war vom Sturz aufgeschürft. Und obwohl er hier gerade rausgeschmissen worden war, hatte er ein Grinsen im Gesicht.

Immerhin passierte ihm das hier nicht zu ersten Mal. Allerdings hatte er jetzt den Bogen wohl überspannt.

Die schwere Tür ging ein weiteres Mal auf und sein Schwert landete neben ihm im Dreck. Unruhig richtete er sich ein weiteres Stück auf, so dass er jetzt wenigstens auf der Straße saß. Sein Grinsen hatte sich etwas gelegt und so langsam wurde ihm auch endlich seine augenblickliche Situation bewusst.
 

Mit zitternden Fingern bekam er schließlich sein Schwert zu fassen. Jedoch benutzte er es nur als Stütze, um wenigstens wieder auf die Beine zu kommen. Er war zwar wackelig, doch ein Gefühl der Übelkeit verspürte er nicht. Dafür war er das Trinken einfach schon zu sehr gewöhnt. Schlurfenden Schrittes und das Schwert immer noch als Stecken benutzend, verließ er den Platz vor der Schenke, bevor ihn noch jemand anderes in seinem jetzigen Zustand sah. Nicht, dass er sich daran störte. Nach seinem Ermessen, kannten ihn ohnehin die meisten Leute hier genau so. Er lenkte seine Schritte näher an eine Wand, um sich nun an dieser abzustützen. Mit hängendem Kopf verharrte er einige Augenblicke und lauschte schließlich in sich selbst hinein. Vielleicht sollte er sich jetzt dringend ein Plätzchen zum schlafen suchen? Morgen sah die Welt sicherlich wieder ganz anders aus...
 

Doch hinter ihm waren plötzlich Schritte zu hören und er wandte ruckartig den Kopf, was er jetzt jedoch lieber hätte lassen sollen, denn der Schwindel war sofort da.

„Rosi...“

Die Frau hinter ihm stützte die Hände in die Hüfte und blickte ihn mehr als grimmig an.

„Na? Haben sie dich mal wieder rausgeschmissen, weil du nicht bezahlen konntest?“ Zum Antworten gab sie ihm gar keine Zeit, da er ohnehin erst seine Worte zurechtlegen musste.

„Es ist mir ein Rätsel, warum er dich immer wieder rein lässt. Ich hätte dir längst Lokalverbot erteilt!“

„Rosi, ich...“, holte er aus, doch sie ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen.

„Spar mir das! Ein für alle Mal.“ Dann seufzte sie jedoch. „Wie konntest du nur so abstürzen? Erst dein Bruder und jetzt du auch noch...“ Sie schüttelte die blonde Mähne. „Da hast du dir wirklich ein denkbar schlechtes Vorbild ausgesucht.“

Sie wollte ihren Weg wieder aufnehmen, doch da packte er sie am Arm, jedoch grober, wie er es beabsichtigt hatte. Er hatte im Suff nie einer Frau weg getan. Nie! Da war er sich sicher.

„Lass mich los, Hank! Sofort!“ Augenblicklich lockerte er seinen Griff, gab sie jedoch nicht frei.

„Rosi... ich... ich weiß nicht, wo ich diese Nacht schlafen soll...“, lallte er und sah sie mit seinen glasigen, braunen Augen an.

„Wundert dich das?“ Vehement schüttelte sie sich von ihm frei.

Er gab es schließlich auf, sie halten zu wollen und stützte sich stattdessen wieder an der Wand ab.

„Ich bin so enttäuscht von dir, Hank...“ Noch immer stand sie hier, obwohl sie längst hatte gehen wollen.

„Wie geht es ... meinem Vater...?“

Ein empörtes Schnauben, war das erste, was er von ihr darauf als Antwort bekam.

„Wie es ihm geht? Das fragst du mich allen Ernstes?“ Wieder schüttelte sie den Kopf, was er jetzt jedoch nicht mitbekam. „Er hat deinetwegen einen ziemlich harten Schlag abbekommen. Sie haben ihn am Kopf genäht, aber er ist noch lange nicht wieder auf dem Damm. Zum Glück hatte er sich nicht noch etwas gebrochen.“ Rosi trat um ihn herum, dass er wieder gezwungen war, sie anzusehen.

„Wie konntest du es dazu kommen lassen, dass er sich für dich einsetzt und sich in diese Schlägerei einmischt? Wie konntest du das diesem alten Mann antun?!“ Ihre Stimme wurde zunehmend schriller und schneidend, wie Glas.

„Ich... weiß nicht.“ Nur kurz sah er ihr in ihre braunen Augen. „Ich wollte doch nicht...“

„Da wollte er allen Ernstes deine Ehre verteidigen und was machst du? Beweist ihm genau das Gegenteil.“

Jetzt trat sie doch von ihm weg und er hörte, wie sich ihre Schritte entfernten.

„Rosi? Darf ich heute Nacht auf eurem Heuboden schlafen...?“

Mit einem Ruck hielt die Angesprochene erneut an und wand sich wieder zu ihm um.

„Was? Ich hör wohl nicht richtig?! Wenn dich meine Mutter wieder auf unserem Grund und Boden erwischt, erschlägt sie dich und mir dreht sie den Hals um. Die Antwort ist Nein!“

Wenn er ehrlich zu sich selbst war, hatte er auch kein Ja erwartet. Er hatte es eben verschissen. Bei allen wie es schien. Er wagte es kaum ihr in die Augen zu sehen. Als er den Blick doch endlich hob, sah Rosi so schrecklich traurig aus.

„Hat sich Mirano wenigstens blicken lassen?“

Rosi stützte die Hände in die Hüfte und fixierte ihn sauer.

„Dein angeblich heilender Freund? Nein, ich habe ihn hier nicht gesehen, zumal ich gar nicht weiß, wie er aussieht.“

Hank seufzte. Hatte ihm dieser Kerl doch versprochen, nach seinem Vater zu sehen und jetzt das.

„Wenn er genauso unzuverlässig ist, wie du, wird es wohl nicht viel bringen, auf ihn zu warten.“ Rosi trat einige Schritte wieder heran und schließlich ganz nah vor ihn, um seinen Kopf anzuheben, dass er sie wieder ansah.

„Das... ist keine Lüge, Rosi. Er kann wirklich heilen. Ich habe es bereits am eigenen Leib erfahren...“

„Du solltest verschwinden. Du solltest unseren Ort verlassen und am besten niemals wieder kommen, hast du verstanden? Du bist nicht nur ein Trinker du scheinst auch verrückt geworden zu sein.“ Sie seufzte. „Es macht mich so schrecklich traurig, dich so zu sehen...“ Damit wand sie sich ab und verschwand endgültig.
 

Mit traurigen Augen blickte er ihr hinterher.

„Rosi...“, entwich es ihm im Flüsterton. Hank wusste, dass er sie längst verloren hatte. Selbst in ihren Augen war er auch nur noch ein Nichtsnutz. Und da hatte es damals eine Zeit gegeben, in der sie recht viel für ihn übrig hatte.
 

Er war noch nicht volljährig gewesen, da war sein größter Wunsch gewesen, diese Frau zu heiraten, doch die hübsche Tochter des Korbflechters war damals bereits einem Anderen versprochen. Hank war das allerdings egal. Selbst die Tatsache, dass sie zwei Jahre älter war, als er selbst, hatte ihn nicht davon abgehalten, dennoch bei ihrem Vater vorzusprechen. Ohne Erfolg, wie sich jedoch herausstellte, doch sein Willen schien nicht zu brechen. Rosi hatte schließlich für den Kerl, den ihr ihr Vater ausgesucht hatte, nie etwas übrig gehabt, für ihn allerdings schon. Immer wieder hatte er es versucht und es war ihm auch fast gelungen, ihren Vater umzustimmen, wäre ihm da nicht die fixe Idee in den Kopf gestiegen, von hier weg zu gehen und sein Geld als Söldner zu verdienen. Irgendwelche Fremden, mit denen er ins Gespräch kam, in der Schenke, setzten ihm diesen Floh ins Ohr.
 

Glaubte er doch ernsthaft, in diesem Beruf Erfolg zu haben. Seine kampftechnischen Fähigkeiten waren längst nicht ausgereift. Sein Vater hatte ihm das Kämpfen mit dem Schwert nie gelernt. Er hatte zwar mehr als einmal die Gelegenheit, diese mit sehr erfahrenen Leuten zu verbessern, aber die Aufträge, die ihm sein Arbeitgeber auftrug, gingen, bis auf einen, daneben. Er war eben doch noch nicht so weit.. Also gab er es auf und kehrte nach Hause zurück.
 

Damals waren hier wohl so einige Menschen traurig gewesen, dass er einfach gegangen war und anschließend war diese Traurigkeit in Wut umgestiegen. Und als er ohne einen Knopf in der Tasche und ohne irgend etwas erreicht zu haben, hier wieder auftauchte, war die Wut der Leute sofort wieder da.
 

Hank hatte sofort die Schreinerlehre wieder aufgenommen, die er damals bei seinem Vater einfach hingeschmissen hatte und das nur, um Söldner zu werden. Wenigstens einen, den er dann für kurze Zeit wieder auf seiner Seite hatte. Seine Mutter war noch immer sauer deswegen. Wie hatte er einfach weggehen können? Ohne ein Wort an niemanden?

Doch das Schlimmste war wohl gewesen, dass gerade in dieser Zeit seiner Abwesenheit sein Bruder verstarb. Aber nicht etwa, weil dieser einen Unfall hatte, er war den Trinken erlegen und starb an einer viel zu großen Menge selbstgebranntem Schnaps. Hank hatte das zunächst nicht glauben wollen, doch als er zurückkehrte, trug seine Mutter schwarz und auf dem Friedhof war ein mehr als eindeutiger Grabstein.

Wie hatte das nur passieren können? Aber war er jetzt nicht selbst auf dem besten Weg dahin?
 

Hank wandte sich schließlich zum gehen. Die wenigen, schmalen Stufen, die hier das kurze Stück zum Wald hinunter überbrückten, kamen ihm ewig lang vor. Er wankte noch fürchterlich und trat nur sehr langsam dort hinunter. Da es hier keinen Handlauf gab, wie bei der Treppe zu Hause, nahm er auch jetzt wieder sein Schwert. Wenn sein damaliger Meister sehen könnte, was er mit dieser Waffe anstellte... Er würde sie ihm ganz sicher über den Schädel schlagen. Unten angekommen, blieb er abermals stehen und blickte zurück.

Was würde jetzt geschehen, wenn er ohne ein Wort ging? Er wusste es mit absoluter Sicherheit! Dieses Mal würde kein Hahn ihm nach krähen.
 

Je näher er dem Waldrand kam, desto sicherer wurden seine Schritte wieder. Die frische Luft tat ihm gut, aber sollte er seine Nacht wirklich hier verbringen? Er blieb stehen und blickte abermals zum Dorf zurück. Sollte er nicht doch Rosi noch einmal fragen?

Aber dann hob er allerdings die Nase. Roch es hier nach Rauch? Er schnüffelte weiter. Tatsächlich. Er war sich sicher! Brannte etwa der Wald? Hank lief sofort weiter und seine Schritte beschleunigten sich, wenn auch kaum merklich. Wo kam das nur her? Eine ganze Weile folgte er dem Waldweg, bis ihn dieser Gestank schließlich nach links, in das dichtere Unterholz führte. Hier nahm dieser Rauch bereits etwas unangenehm Beißendes an. Aber warum konnte er ihn nicht sehen? So wie es hier stank, konnte es nicht weit sein. Er sah aber auch keine Flammen lodern und das wäre bei dieser Dunkelheit wohl das kleinste Problem gewesen.
 

Immer weiter lief er in die bereits eingeschlagene Richtung voran, dann endlich vernahm er Stimmen. Es war also bereits jemand hier? Vielleicht waren es nur die Köhler? Daran hätte er aber auch denken können. Dennoch lief er weiter. Er hatte ja doch nichts Besseres zu tun.
 

Doch als er die breite Lichtung, des ausgedienten Holzfällerlagers erreichte, traute er seinen Augen nicht. Es waren nicht die Köhler, welche hier in der Nacht ein Kohlenmeiler angezündet hatten oder beaufsichtigten. Was hier brannte, war eine Holzfällerhütte. Hank klammerte sich an einem der Bäume fest, zog es dann jedoch vor, sich lieber in die Hocke zu begeben, um nicht gesehen zu werden. Was trieben die da nur?
 

In einem Kreis, um dieser Hütte herum, standen fünf Personen. Sie waren alle in schwarze Kutten gehüllt und murmelten seltsame, unverständliche Worte vor sich hin. Das Eigenartigste an dieser Sache war jedoch, dass der Rauch lediglich zwischen diesen fünf Personen nach oben zu steigen schien. Er breitete sich nach keiner der Seiten aus. Was erklären würde, warum er den Rauch zwar riechen konnte, jedoch jetzt erst sah, aber wie konnte das sein? War das Magie? Hank ließ den Blick schweifen.
 

In der näheren Umgebung des Schauplatzes standen noch mehr dieser vermummten Gestalten. Alle schienen irgendwie unruhig zu sein. Gerade so, als würden sie hier etwas Verbotenes tun. Warum nur hatten sie diese Hütte in Brand gesetzt?

Hank zog sofort den Kopf ein, als sich einige der Leute um den Platz herum bewegten. Sie versicherten sich wohl, dass sie hier auch weiterhin ungestört waren. Sein Herz war ihm dabei fast in die Hose gerutscht. Er lauschte auf das Rauschen des Blutes in seinen Ohren, bis es Schreie waren, die an ihn herandrangen. Sofort lugte er wieder zwischen den Büschen hindurch. Verbrannten sie etwa jemanden bei lebendigem Leib?
 

Beim bloßen Gedanken daran wurde ihm übel. Sah er hier etwa einer Hexenverbrennung zu? Augenblicklich musste er an seinen Freund Mirano denken. Ihn hatte er damals in einer Kneipe kennen gelernt. Und wie sollte es auch anders sein, gab es am Ort des Geschehens zu jener Zeit eine Schlägerei, aus welcher er sich nicht heraushalten konnte und wollte. Mirano hatte ihn schließlich aus der Kneipe geschafft und ihm seine Platzwunde an der Stirn wieder in Ordnung gebracht. Dieser Kerl war ein Heiler. Daher auch ständig als Hexer verschrien. Er hatte wohl nie ein wirkliches Zuhause. Ständig war er gezwungen, weiterzuziehen. Ob ihn seine Eltern nicht vermissten, oder woher er diese Fähigkeit hatte, erfuhr Hank nie. Auch jetzt hatte er keine Ahnung, wo dieser Kerl steckte. Sie waren sich noch ein paar Mal über den Weg gelaufen und in dieser Zeit hatte er ihm auch bereits gesagt, das es seinem Vater zeitweilig recht schlecht ging. Mirano hatte versprochen, ihn zu begleiten, doch ab dieser Zeit hatte er ihn nie wieder gesehen und hier, in seinem Heimatort, war er wohl niemals gewesen.

Hanks Blick fixierte jetzt wieder das Geschehen, hier, auf dieser Lichtung. Egal, wer da drin in dieser Hütte schrie, er konnte nur zu unrecht da drinnen stecken. Nicht, dass es sogar sein Freund selbst war, der da drinnen um sein Leben kämpfte?

„Bloß das nicht“, entfuhr es ihm im Flüsterton und er schlug sich sofort die Hand vor den Mund. Wie konnte er jetzt hier nur sprechen? Was war er nur für ein Narr!? Seine Worte blieben glücklicherweise ungehört und der Gedanke, da hinüber zu eilen, war wieder da, aber war das eine kluge Idee? Es waren zu viele und er war nicht gerade in bester Kampfsposition.

Viel zu besoffen, um sich mit zwanzig Mann anzulegen. Vielleicht sah er auch doppelt? Immerhin war sein Verstand wieder klar genug, dass er ihm von diesem waghalsigen Abenteuer abhielt.
 

Mit wachsamem Interesse verfolgte er schließlich, dass die Leute in den Kutten abzogen. Sie versammelten sich an anderen Ende des Platzes und schienen schließlich nur noch auf die zu warten, welche im Kreis um der Hütte herum gestanden hatten. Trotz, dass diese schließlich ihren Platz ebenfalls verließen, breitete sich dieses Feuer nicht aus. Die ersten waren bereits losgelaufen. Die Schreie aus der Hütte waren noch immer zu hören. Wenn es hier noch jemanden zu retten gab, würde er es versuchen. Für ihn galt es jetzt, keine Zeit mehr zu verlieren.
 

Zu seinem Bedauern hatte ihn mittlerweile doch eine leichte Übelkeit ereilt. Gerade jetzt, wo es darauf ankam, wurde ihm seine Trinkerei zum Verhängnis. Gerade, wo er die Chance hatte, sich zu beweisen. Von den Leuten, welche eben hier dieses recht seltsame Ritual durchgeführt hatten, waren nur noch die letzten fünf im Schein ihrer Lampen zwischen den Bäumen, zu erkennen. Hank überlegte nicht länger und hastete los, wobei er allerdings fast stürzte. Mit schnellen Schritten war er schließlich bei der Hütte. Hier und jetzt nach der Person zu rufen, welche sich noch im Inneren befinden musste, schien ihm eine mehr als schlechte Idee. Die Schwarzgekleideten würden ihn sicherlich hören und zurückkommen und...
 

Er wagte sich so nah heran, wie es ihm die Hitze, die hier vorherrschte, erlaubte. Eilig trat er um die Hütte herum. Ein ganz einfacher Bau, doch sie hatten ringsherum reichlich Holz aufgeschichtet, um ja auch sicher gehen zu können, dass ihr Tun von Erfolg gekrönt wurde. Hank trat vor die Stelle, an welcher sich die Tür befand. Auch vor dieser waren reichlich gutgetrocknete Bretter und Reisig aufgestellt. Mit einem überraschend geschickten Schlag seines Schwertes, gegen das Holz, beförderte er einiges davon aus dem Weg. Er befand sich mittlerweile in diesem magischen Kreis, welcher das Feuer nicht nach außen ausbrechen ließ. Mit wenigen Tritten hatte er die Tür schließlich frei, doch sie war abgeschlossen.

„Ist jemand da drin?“, rief er schließlich doch, nachdem er sich noch einmal prüfend umgesehen hatte.

Abermals erklang ein Schreinen. Die Person lebte also noch, aber wie kam er jetzt da hinein? An der Tür war ein ziemlich großes Vorhängeschloss befestigt. Vielleicht sollte er es an einer anderen Seite versuchen? Hank verwarf erst einmal den Gedanken, die Tür aufzubrechen. Vielleicht gab es an einer anderen Stelle, eine viel einfachere Möglichkeit, da hineinzugelangen? Ein Fenster in etwa. Er lief noch einmal Drumherum und abermals waren die Schreie zu hören. Ohne Zweifel handelte es sich dabei um eine Frau. So langsam wurde er panisch.

„Ich hole dich da raus!“, schrie er, ohne, noch einmal darauf zu achten, dass die Anderen vielleicht noch in der Nähe sein könnten. Vielleicht sollte er einfach durch die Bretterwand rennen? Er konnte sie doch nicht sterben lassen! Er wollte nicht schon wieder ein Versager sein.
 

„Scheiße, Scheiße, Scheiße!“ Hank hob den Blick und sah sich erneut um, dann lief er abermals zur Tür. Diese war doch ebenfalls nur aus Holz! Er würde einfach Kleinholz aus ihr machen. Er baute sich genau vor dieser auf und hielt sein Schwert über den Kopf, als hätte er eine Axt in der Hand. Wenn er jetzt kraftvoll zuschlug, bekam er diese sicherlich irgendwie auf. Er holte aus und schlug zu. Und das wieder und wieder und endlich gab das Holz nach. Er schlug abermals zu und die erste Leiste, in der Mitte, gab ein Stück nach und brach heraus. Sofort umwehte ihn die heiße Luft aus dem Inneren. Abermals Schreie. Die Gefangene hatte ihn wohl endlich bewusst wahrgenommen.

„Ich hole dich da raus!“, schrie er ihr zu, doch so konnte er keineswegs da hinein stürzen.

Sein Blick fiel dennoch unweigerlich nach drinnen und was er sah, erschreckte ihn fürchterlich. Mitten im Zimmer, auf einem Stuhl, saß unverkennbar eine Frauengestalt. Sie war festgekettet. Er konnte sogar die Ketten vor hier aus sehen! Ihre Augen schienen golden zu leuchten.

„Halte durch“, rief er noch, bevor er abermals einige Schritte von der brennenden Hütte zurücktrat. Die Worte, welche sie ihm noch zurief, verstand er allerdings nicht mehr.

Zu weit war er bereits entfernt. Das Lodern des Feuers übertönte hier schon alles. Wie lange brannte diese Hütte wohl schon? So intakt wie sie noch war, sicherlich noch nicht all zu lange. Er konnte es vielleicht schaffen. Er musste!

Als er sich abermals umsah, kam ihm ein Gedanke, der ihn wie ein Schlag traf.
 

„Der Waldsee!“

Wie oft war er mit seinem Bruder hier Angeln gewesen. Hier hatte er zwar nicht das schwimmen gelernt, da er viel zu flach war, aber Erik hatte ihn hin und wieder untergetaucht und das nur, um ihn zu quälen. Beim Gedanken an seinen toten Bruder überkam ihn sofort wieder das Grausen. Diese Frau da drinnen durfte jetzt nicht auch noch sterben!

Zielsicher rannte er in die richtige Richtung los. Der See war nicht weit vom Holzfällerlager weg gewesen. Er war hier irgendwo, doch er kam ins stolpern, als er derartig nah an den Rand getreten war, das er fast automatisch hinein stürzte, auch wenn das bis dahin genau sein Ziel gewesen war.
 

Nur kurz ließ er den Blick über das Gewässer schweifen, das viel schlimmer zugewachsenen war, als er es in Erinnerung hatte, und ließ sich schließlich doch nach vorne fallen. Wenn er sich völlig pitschnass abermals in die Hütte wagen würde, würde er es vielleicht einen Augenblick länger darin aushalten. Und so gut, wie sie diese Frau dort angekettet hatten, würde er jeden Augenblick da drin brauchen.

Der Weg, wieder aus dem See heraus, stellte sich jetzt jedoch als wesentlich komplizierter heraus. Die Schwere seiner Kleidung, zog ihn immer wieder in den morastigen Boden, doch endlich schaffte er es und kletterte mit Hilfe, zweier, recht dünner Bäume wieder heraus. Ganz deutlich spürte er dabei, wie ihm das kalte Wasser in der Hose dem Bein hinunter lief.
 

Schleunigst legte er den kurzen Weg, zur Hütte wieder zurück, als ihn abermals ein Schreinen zusammenfahren ließ.

„Ich bin auf dem Weg!“ Hank zog sich sofort die durchgeweichte Kapuze seines Umhangs über den Kopf und sprintete schnellstens in die aufgebrochene Tür nach drinnen. Für einen kurzen Moment schien er Entsetzen im Gesicht der Frau zu sehen.

„Da bin ich endlich“, keuchte er und suchte hastig nach einer Möglichkeit, sie von den Ketten zu befreien. Was hatten diese Leute da nur gemacht? So eine Konstruktion aus Ketten und anderen Metallteilen hatte er noch nie gesehen. Sie wollten wohl wirklich ganz sicher gehen, doch sie hatten wohl nicht mit einem Mann wie ihm gerechnet! Aber wie sollte er das abbekommen? Er benutzte seine Waffe als Hebel und versuchte damit irgend etwas davon zu lösen. Dieses Ding, auf welche die Frau regelrecht festgeschmiedet worden war, hatte, wie es schien, sogar eine Art Bodenplatte. Vielleicht konnte er diese irgendwie locker bekommen. Er lief eine Runde um die Gefangene herum. Wie es schien, war sie noch unverletzt, doch ihm brannte die Hitze längst auf dem Leib. Er musste sich beeilen. Um jeden Preis!
 

„Du musst die Markierung draußen am Boden zerstören, wenn du mir helfen willst“, sagte sie ihm plötzlich und wartete darauf, dass er sich in Bewegung setzte.

Hank brauchte einen Moment, bis er ihr endlich folgen konnte, nickte dann endlich und trat mit wenigen schnellen Schritten wieder hinaus. Was für eine Wohltat, dennoch schmerzte sein rechter Arm schrecklich, doch so richtig konnte er sich nicht darauf konzentrieren.
 

Eine Markierung am Boden? Hektisch blickte er sich um, bis sie ihm endlich bewusst wurde. Sie war wie ein Stern angelegt und führte um die gesamte Hütte herum. Sie bestand aus einer Linie, welche aus weißlichen Pulver war, dass er sich nicht so recht erklären konnte. An den Eckpunkten, an welchen wohl die fünf Personen gestanden hatten, befanden sich kleine Gefäße. Auch so etwas hatte er noch nie gesehen. Hank trat eines von ihnen kaputt und verwischte mit den Füßen die Linie, als daraufhin die Hütte hinter ihm zu knacksen begann. Ein heißer Wind wehte sofort in seine Richtung. Seine Augen weiteten sich. Möglicherweise gab das Dach jeden Augenblick nach. Schnell zog er seine Kapuze zurück auf den Kopf und stürzte abermals hinein, um endlich die Frau dort herauszuholen, doch über ihm, brach krachend der Dachbalken.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  SamAzo
2010-10-20T23:10:46+00:00 21.10.2010 01:10
Wie nett diese Leute doch zu ihm sind.
Warum trinkt er überhaupt so viel?


Zurück