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Hinter versteckten Fenstern

GrimmIchi
von

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Schattenspiel

„Der sanfte Regen, sein zärtlicher Kuss auf deinem Gesicht, die kaum spürbare Ahnung einer Berührung tief in der Seele, ist kaum auszuhalten, will man jenes Gefühl teilen und findet keinen, der ebenso fühlt. Es vermag den Regen mit Sonnenschein zu erwidern.“
 

***
 

Ohne viele überflüssige Worte aneinander zu verlieren, sie für etwas zu verschwenden, das keine Worte benötigte, verbanden sich die beiden Feinde, obgleich sie im Inneren keine mehr waren. Hatten sie doch nun einen stummen Waffenstillstand im Geiste unterzeichnet, standen sie doch in gewisser Weise, in der Schuld des anderen. Es war lediglich mit stummen Gesten und Blicken geklärt worden, dass sie nun im gegenseitigen Schutz standen, bis die Wunden verheilt waren. Ebenso wortlos hatten sie begonnen die Verpflegung jener Wunden zu übernehmen. Mullbände, Pflaster, einfache Leinen, alles wurde gebraucht und verwendet.
 

Auch schwieg Ichigo, weil er nichts zu sagen wusste, viel zu sehr wollten seine Finger eine Konservation mit der Haut des Arrancar führen. Sie wollten in ihrer Sprache sprechen und fragen, wo weitere Wunden und Verletzungen waren, zugleich wisperte die Haut des Blauhaarigen verheißungsvoll, sie versprach etwas, das Ichigo nicht benennen konnte, noch weniger schien er zu begreifen, dass seine Hände sehr wohl zu verstehen begannen, was die bloße Haut des Espadas ihnen zuflüsterte.
 

Sobald Grimmjow mit seinen rauen Fingerkuppen auch nur einen Bruchteil in einer Berührung mit Ichigos Haut Kontakt spürte, schienen sie zu singen, zu frohlocken. Kurz runzelte er die Stirn über die unsichtbaren Flämmchen, die leise knisternd über seine Haut leckten, sie zum Erbeben brachte, streifte er nur die Haut des anderen. Sein Körper entglitt langsam aber beständig seinem Geist, doch dies war der Espada nicht gewollt zuzulassen. Auch als der sanfte Atem Ichigos seinen Nacken kitzelte, darüber strich, wie ein warmer Wind aus dem Süden, die feinen Härchen zum Aufstellen brachte, als riefe er sie zum Apell und sie gehorchtem ihm willenlos.
 

Ichigo machte sich gerade an seinem Rücken zu schaffen und irgendwie schien es ihm, auf unerklärliche Weise zu gefallen, was Grimmjow wiederum nicht gefiel. Er hatte nie gerne jemanden im Rücken, so konnte er nie einschätzen, was dieser tat, schließlich hatte er hinten keine Augen im Kopf. Grummelnd versuchte er ein Pflaster über eine kleine Schnittwunde zu kleben, versuchte seinen Instinkt zu ignorieren, ihn zu umgehen, doch es war, als stünde er allein auf einer Insel, das blaue Meer um sich und es fing an mit, zu Anfang kleinen, dann immer größer werdenden Wellen immer mehr Land zu gewinnen. Er war fasziniert und geschockt zugleich. Doch der rein instinktive Wunsch eines Tieres, das sich nicht in die Enge treiben lassen wollte und stetig auf seinen Rückweg achtete, war eine überwältigende Macht, die man nicht einfach umgehen konnte. Unwillkürlich spannte Grimmjow seine Muskeln an, lauschte angestrengt in die Stille hinter sich. Wartete ab. Suchte nach Zeichen für eine rein instinktiv geleitete Flucht, in dem er sich umdrehte und seinen Angreifer von sich schleudern würde.
 

Aber Ichigo gab ihn keinen Grund dies zu tun. Vorsichtig ließ er seine geschickten Hände über den Rücken wandern und musste erneut an jenen Panter denken, der lautlos auftauchen und wieder verschwinden konnte, wenn er es so wollte.
 

Als der Verband fertig war, ließ Ichigo seine Hände fallen, wusste nicht was er nun mit ihnen anfangen sollte, kurz zuckte sein Blick zwischen dem elegant wirkenden Rücken, der in einem entspannt erscheinenden Bogen leicht gebeugt war und seinen kraftlosen Fingern. Er kam sich plötzlich plump vor. Völlig unberechtigt durch das seidig anmutende Fell der Raubkatze zu streicheln, das mehr versprach als sich sein Verstand vorstellen konnte, es schien von weiten Feldern zu erzählen, weit hinter den Grenzen des Urwaldes, den die Großkatze bewohnte. Für einen winzigen Augenblick, nicht länger als ein Wimpernschlag, hatte Ichigo geglaubt die ersten Ären unter seiner Handfläche zu spüren, doch es entsprang nur seiner lebhaften Phantasie, die in der Nähe des Blauhaarigen nie gekannte Dimensionen erreichte.
 

Nachdenklich blickte er an Grimmjow vorbei, starrte den Schatten an der Wand an, ein Ganzes, gewonnen durch zwei unterschiedliche Dinge. Er betrachtete ihre Schatten, wie sie ineinander flossen, ohne einen sichtbaren Übergang und dennoch erkannte er genau, wessen Schatten zu wem gehörte. Eine nicht zu deutende Gänsehaut durchzuckte ihn, brachte ihn zum Schütteln, während er weiterhin, wie gebannt auf den dunklen Flecken Wand starrte. Für einen winzigen Augenblick, genoss er die bildliche Illusion von Licht und Schatten, die ihm zeigte, dass sie Eins waren. Dass sie nicht nur zwei Kontrahenten waren, sondern tief versteckt in ihren eigenen Abgründen, sich auf undefinierbare Weise glichen. Nicht, wie es Zwillinge taten, nein, eher wie zwei ähnliche Seelen. Er ließ sich von der Illusion verschlingen, fühlte, wie etwas in ihm nichts dagegen hatte, sich mit dem Arrancar in gewisser Weise gleich zusetzen, obwohl es eher eine Art gegenüber stellen war. Ja, Ichigo konnte sich gut vorstellen, wie sie sich gegen über stellten, nicht körperlich, rein seelisch, auf einer Ebene, die selbst die Shinigamis nicht betreten konnten. Er seufzte lautlos auf. Schüttelte mit einem bitteren Lächeln den Kopf. Anscheinend hatte Grimmjow ihn doch zu oft am Kopf getroffen, wenn er schon solche verzwickte Gedankengänge vollbrachte. Und vor allem mit dem blauäugigen Arrancar in einer prägenden Rolle.
 

Grimmjow seinerseits hatte ebenfalls auf ihre Schatten gestarrt, doch aus einem völlig anderen Grund. Es erschreckte ihn, wie sich zwei Feinde plötzlich auf einer optischen Ebene fusionierten, ineinander verschmolzen und etwas Neues ergaben. Vor allem schreckte er davor zurück, dass etwas in ihm genau das wollte, was ihre Schatten bereits mühelos konnten: sich berühren, ohne wirklich Kontakt zueinander zu haben. Mit dem kleinen Unterschied, wollte jenes etwas in ihm den Orangehaarigen berühren, aber es war nicht jene, etwas unschuldigere Teil in ihm, sondern ein animalisch angetriebener Schlund in seinem Inneren, der etwas suchte, das das leere Loch in ihm ausfüllte und verschloss, es versiegelte für immer. Es war ein primitiver Besitzanspruch, der subtiler nicht sein konnte. Ichigo gehörte ihm nicht. Außerdem war er sein Feind, in kurzfristigem Ruhezustand. Und dennoch, Grimmjow wollte ihn besitzen, auf eine gruselige Art und Weise, wie er sie von sich selbst noch nicht kannte.

Langsam drehte Grimmjow seinen Kopf nach hinten, hob spöttisch die Augenbrauen, als er den verträumt anmutenden Gesichtsausdruck des Jüngeren sah.
 

Er wollte gerade eine abfällige Bemerkung machen, als Ichigo blinzelte und die braunen Augen sich abwandten. Er spürte, wie der Orangehaarige ihn antippte und mit einem Nicken andeutete, dass sie wohl besser zurück in das Zimmer des Jungen gehen sollten.
 

Kurz schnaufte er missmutig, griff dann jedoch wortlos nach seinem Oberteil, hing es sich lässig über die Schultern und schob seine freie Hand in die Hosentaschen. Ausdruckslos schaute er zu Ichigo, der ebenfalls seine Klamotten aufsammelte und dann mit einem letzten prüfenden Blick zu ihm herüber sah. Er grummelte noch etwas unverständliches, bevor er Grimmjow den Rücken zu kehrte um dann in Richtung Treppe zu verschwinden. Der Blauhaarige sah ihm mit erhobenen Brauen hinter her, wirkte doch das Verhalten des Jüngeren beinahe, wie eine Flucht. Ein diabolisches Grinsen schlich sich auf seine Lippen. Ein amüsiertes Flackern erhellte kurz die eisigen Tiefen seiner Seelenspiegel, ehe er Ichigo folgte.
 

Lauernd schlich er mit täuschend ruhigem Gang hinter Ichigo her. Sein durchdringender Blick ruhte im Nacken des jungen Menschen. Die orangen Haaren verbargen nur einen kleinen Teil der zarten Haut, unter der Grimmjow neben dem stetigen Pulsschlag des Blutes, noch etwas viel Verführerisches erahnen konnte: spirituelle Energie.
 

Unbewusst leckte er sich über die Lippen.

Schade, dass er so viel von Fairness hielt. Es war so ein leichtes Unterfangen, den Jungen vor sich zu überrumpeln und seine zappelnde Seele zu verschlingen. Er bleckte unbewusst seine Zähne, begann der bloße Gedanke daran, die festen Mauern, die er um seinen Hunger hochgezogen hatte, langsam aber allmählich sie Stein für Stein niederzureißen, während die Bestie in seinem Inneren unruhig in ihrem Käfig auf und ab schritt, leise knurrend darauf wartend endlich seine Fänge erneut in seinen Verstand zu graben, ihm die Willkür seines Körpers zu entreißen um endgültig die Macht über ihn zu erlangen.
 

Er presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, verkrampfte seine Hand in der Tasche und ballte sie zur Faust. Er hatte bereits unzählige Seelen verschlungen, doch bis jetzt, reagierte sein Körper, sogar sein Unterbewusstsein nie so stark, wie es im Falle des Kurosakis tat. Irgendetwas an dem Jungen schien eine geradezu anziehend, hypnotische Wirkung auf den Größeren zu haben, die selbst sein Grundbedürfnis nach Zerstörung in einen Winkel der Vergessenheit zu verdrängen schien. Er betrachtete Ichigo weiterhin, ließ seinen Blick über den jungen Körper wandern. Gut, die Rückseite war ebenso interessant, wie die Vorderseite, entschied Grimmjow im Stillen für sich. Schließlich musste er seinen Feind gut kennen, anatomisch wie psychisch.
 

Doch die Anatomie des entblößten Rückens, die feinen Strukturen der Muskeln, die den jungenhaften Körper durchwoben, die physische Präsenz des anderen, schien etwas in sich zu tragen, was weder Gesten noch Wörter einfassen konnten. Hätte Grimmjow gewusst, dass seine eigene Präsenz ein ebenso unbeschreibliches Gefühl in dem jungen Teenager wachrief, womit dieser noch nicht vertraut war, dann hätte er vielleicht anders reagiert, als mit jener kühlen abschätzigen Art, die ihm irgendwie auf dem Leib geschneidert war und dennoch nicht sein komplettes Wesen darstellen konnte, es nicht ergreifen konnte, da es nur Teil einer aufgesetzten Fassade war. Denn Zerstörung war nicht nur einfach eine billige, brutale Art zu vernichten, nein, für den Espada, war es ein Stück seiner Seele. Nicht nur das, es war eine Kunst. Und er war verdammt gut in dieser verdrehten, abstrakten Kunst, ein wahrer Meister, den niemand übertreffen konnte.
 

Der Junge vor ihm, schien jedoch mit Maskeraden durchs Leben zu streichen. Manchmal konnte man in den braunen Augen einen Monsun erkennen, welcher stetig auf eine Stadt niederprasselte und an manchen Tagen schimmerte ein aufgesetzter Glanz in ihnen, der den Arrancar stutzig machte. Natürlich kannte er die Kunst des Verstellens, schließlich war sie überlebenswichtig. Doch diese groteske Spiegelwelt an Gefühlen, die sich wie Treppen in unterschiedliche Richtungen verirrten, erschien ihm, in der kurzen Zeit, in der er Ichigo ins Gesicht sehen konnte, wie ein Spiel, das nach allen Regeln des Versteckens und Verstellens gespielt wurde, leider war jedoch der Hauptspieler ein schlechter Schauspieler. Und anscheinend genau dieses miserable Schauspiel, erschien einem abgestumpften Blick, der es oft gesehen hatte und es glaubte zu kennen, plausibel und vollkommen echt.
 

Grimmjows Blick jedoch, war keineswegs getrübt von dem möglichen Kennen eines anderen, nein, es schien als sei er noch klar genug, um hinter eine Reihe von Maskeraden zu blicken, die sich, wie eine verdrehte Welt vor dem wahren Ich aufgebaut hatten.
 

Kurz runzelte der Blauhaarige die Stirn.

Anscheinend ging seine Vorstellungskraft gehörig mit ihm durch!

Grunzend schüttelte er den Kopf, er brauchte dringend eine Mütze Schlaf und wenn es der Kleine es auch nur wagen sollte, ihn ohne besonderen Grund zu wecken (darunter fielen lediglich die Kategorien „Ich will jetzt gegen dich kämpfen“ und „Aizen ist da, dem kannst du eine Runterhauen“, sowie „Du kannst deiner Wut freien Lauf lassen und so viele Seelen vernichten, wie du möchtest – zwar gab es geringe Aussichten darauf, aber man konnte doch auf eine plötzliche Eingebung von Vernunft bei dem Orangehaarigen hoffen), dann würde Grimmjow ihm lehren, was es hieß wahrhaftige Qualen auszuhalten.
 

Bei dem Grunzen seines Hintermannes, kräuselte sich fragend Ichigos Mund, doch mit einem innerlichen Schulterzucken, tat er es mit einem „Ist nicht mein Problem“-Schild ab. Er öffnete die Tür zu seinem Zimmer und deutete mit einem müden Wink auf seinen Schrank.
 

Grummelnd wanderte Grimmjows Blick, Ichigos Geste folgend, zum Schrank und verdunkelte sich schlagartig. Er hatte keinen Bock darauf, dort drinnen zu pennen. Als er dem Shinigami seine Meinung mitteilen wollte, musste er feststellen, dass sich dieser ziemlich schnell ins Bett verkrochen hatte, um in den mickrigen Schutz der Decke einzuschlafen.
 

„Arschloch.“, kam es noch brummelnd von ihm, bevor er sich zum Wandschrank begab.



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