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Träume eines Siebenjährigen

Conan (Shinichi) X Heiji
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Lange Zeit habe ich an dieser Fanfiction gearbeitet. Es fühlt sich seltsam an, zu wissen, dass sie so bald ihr Ende findet.

Ich freue mich sehr, eine so große Leserschaft gefunden zu haben!

Noch dieses Jahr werde ich das letzte Kapitel und den Epilog dazu hochladen. Komplett anzeigen

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Sieben

„Ken, komm, wir wollen spielen“, rief ein Mädchen, nahm ihn am Arm und zog ihn mit sich aus dem Zimmer. „Amy, nicht so schnell!“, entgegnete der Junge, lief ihm hinterher. Bereits seit drei Jahren war Shinichi in dem Waisenhaus und bisher wusste niemand von seiner wahren Identität. Das gab ihm Mut. Doch auch die Einsamkeit holte ihn oftmals ein. Die ersten Monate an diesem Ort waren ihm unerträglich lang vorgekommen. Manchmal wäre er am liebsten abgehauen. In der Nacht hatte er sich herum gewälzt und nicht schlafen können. Doch er hatte schnell Kontakt zu den anderen gefunden oder besser, sie hatten sich ihm schon fast aufgedrängt. Er war beliebt bei den Kindern, hatte ja selbst auch schon viel Erfahrung damit, wie man mit Kindern umging. Schließlich hatte er Ayumi, Genta und Mitsuhiko ständig um sich gehabt.
 

Jetzt da er körperlich zehn Jahre alt war, war er besonders für die Kleineren wie ein großer Bruder. Gerade Amy war es, die ihn sofort ins Herz geschlossen hatte und nun überall war, wo auch Shinichi war. Manchmal hätte er auch gerne Zeit für sich gehabt, doch so kam er wenigstens nicht dazu über irgendwas nachzudenken. Lediglich in den Nächten holten ihn diese Gedanken ein. Zuerst häufiger, dann immer seltener, bis er nur noch ab und zu seinen Erinnerungen nachhing. Gerade wollte Amy den Jungen mit in das Spielzimmer für Mädchen ziehen, als ein weinender Junge auf die beiden zukam. „Ken, Ethan hat mich gehauen!“, plärrte er. Leise seufzte Shinichi. „Ich komm gleich zu dir, Amy, ja?“ Sie nickte und sah den Jungen nach, die in einen der anderen Räume verschwanden. „Ethan, warum hast du Liam gehauen?“ Ethan sah ihn mit funkelnden Augen an. „Liam hat mir das Feuerwehrauto weggenommen!“ „Stimmt das, Liam?“, wandte sich Shinichi nun dem weinenden Jungen zu. Dieser schüttelte den Kopf. „Natürlich stimmt das!“, gab Ethan sofort zurück. „Du hast es genommen und versteckt! Gib es mir wieder!“ „Ich hab es nicht!“, verteidigte sich Liam. „Es ist nicht okay, wenn du einfach anderen was wegnimmst. Es ist gemein sowas zu tun. Willst du denn, dass dir jemand dein Spielzeug wegnimmt?“ Ernst sah Shinichi Liam an, strich ihm durchs Haar. Dieser schüttelte nur wieder den Kopf. „Na also. Dann gib das Auto zurück.“ Fordernd streckte Ethan seine Hand hin und Liam ging zu einem Regal, streckte seinen Arm darunter. „Es ist weg!“ „WAS?“ Ethan wollte gerade wütend auf ihn zugehen, als Shinichi ihn zurückhielt. „Und du! Es ist nicht in Ordnung andere zu verletzen. Auch wenn er dir das Auto weggenommen hat, darfst du ihn nicht schlagen. Du willst doch auch nicht geschlagen werden, oder?“ „Nein, aber...!“ „Keine Diskussion, Ethan. Du entschuldigst dich.“ „Erst will ich das Auto“ Leise seufzte Shinichi auf, ging zu Liam ans Regal und griff ebenfalls darunter. Doch außer Staub, einem Gummiball, Bauklötzen und ein paar Puzzleteilen, fand er nichts.
 

„Niemand verlässt den Raum!“, rief er sofort. Alle sahen auf, blickten verwirrt zu dem Jungen. „Ist außer Liam jemand aus dem Raum gegangen?“, fragte er Ethan. „Ich glaub nicht...“, antwortete dieser, blinzelte. „Dann ist der Dieb noch unter uns.“ „Dieb?“, Ethan sah ihn noch verwirrter an. „Derjenige, der das Auto unter dem Regal herausgeholt hat.“, erklärte Shinichi, ehe er zu jedem einzelnen der Kinder ging. Er war gerade wirklich froh, dass nur Jüngere im Raum waren. Die Älteren waren doch manchmal etwas uneinsichtig bei allem und ärgerten die Kleineren nur zu gerne. „Aha!“, rief Shinichi plötzlich aus. „Du hast das Auto geklaut!“ „Nein! Ich hab es nicht!“, wehrte sich ein kleiner, blonder Junge. „Lüg mich nicht an, Jack. Ich seh es ganz genau. Du hast noch Staubmäuse an deinem Ärmel hängen. Die sind da dran gekommen, als du das Auto unter dem Regal vor geholt hast.“ Jack druckste etwas herum, wühlte dann in einem Haufen kleiner Bausteine und holte das Auto raus. Shinichi nahm es entgegen, ging damit zu Ethan und reichte es ihm. „Dann... dann war es nicht ich, sondern Jack“, wehrte sich nun Liam wieder. „Hättest du es nicht unter das Regal geworfen, hätte Jack es erst gar nicht genommen.“, widersprach Shinichi. „Du solltest jetzt zu Jo oder Elizabeth gehen und sagen, dass du Ethan sein Feuerwehrauto geklaut hast. Es ist wichtig zu gestehen, was man falsch gemacht hat.“
 

Als der Kleinere gegangen war, wenn auch eher widerwillig, legte sich ein schmerzliches Lächeln auf Shinichis Lippen. „Du bist ein richtiger Detektiv“, bemerkte Ethan und Shinichi ging nur schweigend aus dem Raum. Er hatte versprochen mit Amy zu spielen, doch nun kamen all seine Erinnerungen hoch. Egal wo er nun hingehen würde, nirgends wäre er wirklich ungestört. Eigentlich hatte er nur eine Wahl. So schnell ihn seine Beine trugen, eilte er zu Liannas Büro, klopfte und wurde kurze Zeit später herein gebeten. Kaum war er im Büro, spürte er, wie merklich eine riesige Last von seinen Schultern sank. So sehr er auch die anderen mochte und er sich an all das hier gewöhnt hatte, war es doch belastend. Er sah zu Lianna auf, die zu einem Stuhl deutete. „Setz dich, Shinichi“, sagte sie sanft. Diesen Namen zu hören, löste jedes Mal ein solches Glücksgefühl in Shinichi aus. Es kam einfach viel zu selten vor. Wenn, dann nur innerhalb dieser vier Wände. Waren sie auf den Fluren oder vor anderen, nannte Lianna ihn, wie es auch sonst jeder zu tun pflegte, Ken.
 

Lianna kannte dieses Verhalten bereits bei dem Jungen. Immer mal wieder kam er zu ihr, sprach kein Wort, setzte sich nur einfach und ließ die Zeit vergehen. Manchmal kam er häufiger, manchmal weniger häufig. Anfangs hatte er jede Woche mindestens zwei Mal hier gesessen. Nach diesen drei Jahren kam er zwar seltener, doch einmal alle ein oder zwei Monate war er wieder hier. Heute war es jedoch anders als sonst. Shinichi hatte sich zwar gesetzt, doch begann er sofort zu reden. „Es gibt Tage, an denen ich hier verschwinden will, zurück nach Japan fliegen. Auch wenn ich weiß, dass dort niemand auf mich wartet.“ Lianna ging auf ihn zu, zog ihren Stuhl neben ihn. „Dort in Japan... sind Menschen, die dich lieben, die auf dich warten.“ „Ich bin tot. Für sie bin ich tot.“ „Glaubst du das ändert was an ihrer Liebe?“ Shinichi sah sie unsicher an. Es war so viel Zeit vergangen... Warum sollte sich dort noch jemand Gedanken um ihn machen? „Diese Kinder hier... die meisten von ihnen haben ihre Familien verloren. Sie sind hier her gekommen, weil niemand mehr auffindbar war. Sie sind diejenigen, die niemanden dort draußen haben. Du hast eine Familie, du hast Eltern, Freunde... du hast ein Leben dort draußen.“, sagte sie ernst. „Versinke nicht in Mitleid für dich selbst. Niemand hält dich hier fest. Jederzeit kannst du gehen.“ Shinichi presste die Lippen zusammen, ließ sich die Worte durch den Kopf gehen. Natürlich hatte sie Recht, doch er hatte Angst. Angst, dass ihn niemand mehr kennen würde, niemand mehr mit ihm sprechen würde oder ihn beachten würde.
 

Lianna musterte den Jungen. Sie konnte sich vorstellen, dass es nicht einfach war. Auch wenn er ein Leben hatte, vielleicht war es genau das, was nur noch schwerer war? Dieses Leben loszulassen, diese Menschen zurückzulassen? Sie kannte die Gründe nicht genau. Es hatte alles nur sehr ungenau in dem Brief gestanden, doch zu wissen, dass es Menschen gab, zu denen man gehörte, aber nie wieder mit ihnen sprechen dürfen? Es musste schmerzhaft sein. Vielleicht schmerzhafter, als mit dem Gedanken einfach abschließen zu können, dass es keine Familie mehr für einen gab und man nun hier hin gehörte.
 

Je öfter Shinichi nun zu ihr kam, desto schwerer war es. Jedes Mal sah sie in dieses bedrückte Gesicht und sie spürte, dass er sich Mühe gab, nicht allzu betroffen zu sein. Dennoch quälte sie dieser Anblick. Nach einigen Monaten wurden die Besuche jedoch seltener. Das beruhigte Lianna trotz allem nur wenig. Immerhin wusste sie so nicht, was mit dem Jungen war. Wenn sie ihn mit den anderen draußen im Garten sah, beobachtete sie ihn und ihr war klar, dass er darüber Bescheid wusste. Doch er ließ sich nichts anmerken, verhielt sich den Kindern gegenüber so wie immer.
 

Gelegentlich wurden Kinder abgeholt oder neue kamen in das Heim. Shinichi gab sich immer Mühe, für sie zu sorgen. Erst mit dem Alter wurde auch den anderen langsam bewusster, dass sich so kein Junge in diesem Alter verhielt. Viele der gleichaltrigen prügelten sich oder sprachen über Dinge, die einen nun mal in jenem Alter interessierten. Shinichi hielt sich von diesen Sachen fern. Er kümmerte sich lieber um die Jüngeren. Im Alter von dreizehn und vierzehn Jahren schossen die meisten Jungen in die Höhe, doch bei Shinichi ging es nur langsam. Er war nicht viel größer, als einige der älteren Mädchen.

Shinichi wusste, er würde nicht mehr wesentlich an Größe zulegen. Doch es störte ihn nicht. Er war nie größer gewesen als das. Viel mehr freute er sich darüber, dass er langsam die Gestalt annahm, die er haben sollte. Manchmal ertappte er sich, wie er vor dem Spiegel stand und die langsam verschwindenden, kindlichen Züge in seinem Gesicht betrachtete. „Was ist? Zählste deine nicht vorhandenen Bartstoppeln?“, fragten dann manche nach.
 

Mit sechzehn verließen viele das Heim, nachdem sie die Mittelschule abgeschlossen hatten und versuchen sich selbst ein Leben irgendwo aufzubauen. Andere fuhren in die Stadt, um dort die Highschool zu besuchen, bis sie achtzehn waren.

Shinichi selbst war inzwischen sechzehn und kurz davor die Schule zu beenden. Jeden Tag wurden sie hier von Hauslehrern unterrichtet und er merkte schnell, dass man hier ganz andere Ansprüche hatte. Sie lernten viel weniger als es wohl an einer normalen Schule üblich gewesen wäre und noch viel weniger, als es in Japan immer der Fall gewesen war. Ob sie damit im Leben was erreichen konnten? Er war sich nicht sicher. Doch hier waren sie irgendwo in der Provinz von Kanada. Da würde es wohl kaum jemanden interessieren, wie der Abschluss war, wenn man zum Beispiel auf einer Farm arbeiten würde.
 

Er hatte für sich selbst jedoch noch kein Ziel. Er wusste, er könnte mehr erreichen, doch wie sollte er das tun? Weg von hier? In die Stadt? Konnte er sich das leisten? Wie sollte er irgendwas bezahlen? Oder sollte er auf einer Farm anfangen und etwas zusammen sparen, um später in die Stadt zu ziehen? Je näher er dem Schulabschluss kam, desto mehr drängten auch Lehrer und Heimleiter. Sie wollten von den Jugendlichen ihre Ziele erfahren und von ihren Träumen. Shinichi saß jedes Mal doch eher schweigend da. „Möchtest du nicht studieren?“, hatte ihn ein Lehrer gefragt. „Dazu musst du auf die Highschool“ Vielleicht wäre das gut. Eigentlich war es sogar die einzige Möglichkeit. So konnte er erst einmal weiter hier leben, während er zu einer richtigen Schule ging. Er hörte jedoch von einigen, die die Highschool nicht geschafft hatten. Wie sollten sie auch? Immerhin hatte man ihnen hier gerade mal die Grundlagen für alles beigebracht.
 

Es verwunderte Shinichi nicht, dass Lianna ihn zu sich rief, als er wieder einmal keine ordentliche Antwort im Unterricht gehabt hatte. Nachdenklich sah sie auf den Jungen runter. „Wie sieht deine Zukunft für dich aus?“, fragte sie nach. Es war etwas seltsam mit ihm zu sprechen und zu wissen, dass er doch eigentlich so viel älter war. Mitte zwanzig sollte man nicht mehr auf eine Schule gehen müssen. „Ich werde die Highschool besuchen“, antwortete er nach einiger Zeit. Überrascht sah die Frau ihn an. „Wieso hast du das nicht den Lehrern gesagt?“, hakte sie weiter nach. Er zuckte mit den Schultern. „Ich war mir noch nicht ganz sicher. Aber jetzt bin ich es. Viele andere Möglichkeiten habe ich ja nicht.“ Er hoffte nur, er hatte in all der Zeit nicht zu viel vergessen.
 

Während seiner Zeit hier hatte er alle Bücher gelesen, die das Heim zu bieten hatte. Irgendwie wollte er sein Gehirn weiter fit halten. Und das erschien ihm als die einzige Möglichkeit. Sonst gab es hier ja nichts. Als er mit den Büchern durch war, von denen sich der Großteil als eher ungeeignet herausstellte, sein Gehirn zu trainieren, hatte er auch öfters Heimleiter um neue Bücher gebeten. Doch das Heim war nicht gerade reich. Dennoch fiel für ihn immer wieder einmal was ab, sodass er sich in seinen geliebten Holmes Romanen vertiefen konnte.
 

In den Wochen vor dem Abschluss wurde den Schülern geholfen, die Bewerbungen für Arbeit und nachfolgende Schule zu schreiben. Auch Shinichi hielt sich daran, schrieb seine Bewerbung für die Highschool. Vielleicht würde er sich dort ja wohler fühlen...? Das konnte er noch nicht sagen, doch er hatte während der schulfreien Zeit eine seltsame Vorfreude auf die Highschool.
 

Shinichi selbst war überrascht, dass diese Freude auch anhielt. Jeden Tag genoss er es in die Schule zu fahren, auch wenn er früh aufstehen musste. Endlich wurde sein Leben anspruchsvoller und zumindest ein bisschen aufregender. Dort hatte man eindeutig höhere Erwartungen, auch wenn man trotz allem noch immer auf dem Land war. Jeden Tag verbrachte er bis Abends in der Bibliothek und las dort. Er bekam gar nicht mit, wie schnell die Tage vorbeizogen, das Jahr zu Ende war und das neue Jahr begann. In seiner Klasse hob er sich durch herausragende Leistungen ab und bekam so großen Zuspruch von den Lehrern. Dennoch war er durchschnittlich beliebt und hatte Freunde gefunden, mit denen er auf einem Level reden konnte.
 

Zu seinem siebzehnten Geburtstag am vierten Mai wurde sogar von einigen eine Überraschungsparty auf die Beine gestellt. Er freute sich aufrichtig darüber, feierte mit den anderen und war so ausgelassen wie schon lange nicht mehr. Zuerst wusste er nicht ganz, woher diese Motivation kam, doch dann fiel es ihm ein.

Er war zurück. Er war wieder Shinichi Kudou, siebzehn Jahre alt, Oberschüler und Detektiv.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Shogikoneko
2014-04-23T18:25:38+00:00 23.04.2014 20:25
Was ein Exil er sich da geschaffen hat...Erneut vom Kind zum Erwachsenen heran wachsen, aber mit einem ganz anderen geistigen Verständnis..was für ein Gefängnis das doch gewesen sein muss...
Er war wieder zurück..siebzehn Jahre alt? Die Zeit der anderen ist nun mal leider nicht stehen geblieben...
Von:  nicki83
2013-12-22T19:06:04+00:00 22.12.2013 20:06
so und jetzt husch husch zurück nach Japan ;-P
Von:  mor
2013-12-20T20:02:45+00:00 20.12.2013 21:02
welchen Beruf Shinichi wohl ausüben wird? Detektiv, Fußballer, Polizist oder vielleicht Lehrer?


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