Zum Inhalt der Seite

Die Prophezeiung

Bravestarr
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Die Nacht des Raben

Schon bald zeigte sich, dass Stampede recht gehabt hatte. Schon nach einer Woche zeigten erste untrügerische Anzeichen, dass Vipra empfangen hatte. Und nach nicht mal drei Monaten brachte sie einen Sohn zur Welt. Allein in ihrem Zimmer, in einer mit gewitterigen Nacht lag sie auf ihrem Lager und ertrug schreckliche Schmerzen. Das Donnergrollen schluckte die meisten ihrer Schreie. Und als sie dann endlich den ersten Schrei ihres Sohnes vernahm, war sie fast völlig entkräftet.

Doch alles war vergessen, als sie ihr Baby in den Armen hielt. Ein kleiner, aber kräftiger Junge, dessen Äußeres keinen Zweifel daran zuließ, wer der Vater war. Pechschwarzes, dichtes Haar hatte er bereits jetzt und seine Haut hatte einen zarten Kupferton.

Vipra streichelte ihn, betäubt vor Glück und sah in die dunkelbraunen, aber weichen Augen ihres Sohnes. Sie musste an Bravestarr denken, der von alldem nichts ahnte. Er würde nun wahrscheinlich in seinem Büro in Fort Kerium sitzen, oder in seinem Bett liegen, nichts ahnend, dass er in dieser Nacht Vater geworden war.

Erst das Schnarren von Tex Stimme riss sie aus ihren Gedanken.

„Nun? Ist unsere kleine Wunderwaffe da?“, fragte er.

Vipra hatte ihn gar nicht reinkommen gehört. Zu sehr hatte ihr Sohn sie in seinen Bann gezogen.

„Wie du siehst!“, sagte sie leise und streichelte ihn weiter.

Sie hörte, wie Tex näher kam und sich dann über das kleine Gesicht beugte. Erschöpft von den Strapazen der Geburt war er eingeschlafen.

„Kaum zu glauben, dass so ein harmloses, kleines Ding eine solche Wunderwaffe sein soll.“, sagte er nachdenklich.

Dann richtete er sich grinsend wieder auf.

„Nun, ich denke Stampede wird sich ihn ansehen wollen.“

Er streckte die Hände nach dem Bündel aus.

„Gib ihn mir!“

„Nein!“, sagte Vipra und drückte den Kleinen schützend an sich. „Ich selbst werde zu Stamede gehen, wenn ich wieder kräftig genug bin.“

Tex sah sie erst erstaunt an. Und ließ dann aber grinsend die Hände sinken.

„Was soll man jetzt dazu sagen! Unsere eiskalte Schlange ist eine Glucke geworden!“, lachte er dann.

Vipra sah ihn vernichtend an.

„Der Kleine ist gerade geboren! Und er ist noch schwach! Ich glaube nicht, dass es gut wäre, wenn er jetzt schon diesem Monster ins Gesicht starren muss!“, zischte sie ihn böse an und streichelte den Kleinen beruhigend, der unruhig geworden war.

Tex grinste jedoch nur unbeeindruckt weiter. Dann beugte er sich zu ihr runter und kam ihr mit seinem Gesicht ganz nahe, bis nur wenige Zentimeter sie voneinander trennten.

„Vergiss nicht, dass der Kleine nicht deine Puppe sein wird, sondern unsere Waffe! Also halte deine Muttergefühle besser etwas zurück!“, knurrte er gefährlich.

Vipra rutschte vor ihm zurück, drückte den Kleinen noch fester an sich.

„Er ist noch ein Baby. Und auch, wenn er uns als Waffe dienen soll, ist er auch mein Sohn. Und daran wird sich nichts ändern!“, sagte sie.

Tex Augen verengten sich verärgert. Doch dann richtete er sich auf und verließ mit einem häßlichen Lächeln den Raum.

„Ich werde Stampede sagen, dass du dich noch etwas erholen musst. Aber dann solltest du mit dem Kleinen besser zu ihm kommen.“

Er lächelte sie noch einmal abgrundtief böse an.

„Du weißt, was passiert, wenn man Stampede nicht gehorcht!“

Dann fiel endlich die Tür hinter ihm ins Schloss und Vipra entspannte sich wieder etwas. Sie blickte auf den Säugling hinab. Er hatte sich wieder beruhigt und schlief. Sie strich mit dem Zeigefinger über seine Wange.

Er war für sie nur ein Werkzeug. Und das sollte er eigentlich auch für sie sein. Aber das war er nicht. Er war ihr Sohn, Bravestarrs Sohn und nicht einfach nur ein Ding, dass man für irgendeine Sache benutzen konnte, egal wie wichtig sie war.

Sie strich durch seine dichten schwarzen Haare und überlegte, wie sie ihn nennen sollte. Sie dachte daran, ihm einen indianischen Namen zu geben. Doch sie kannte keinen und zudem wäre das nicht klug. Stampede würde das mit Sicherheit nicht tolerieren. Aber sie wollte ihm auch keinen wirklich fiesen Namen geben.

„Wie nenne ich dich nur, mein Kleiner?“, fragte sie sich leise selbst.

Das Krächzen eines Raben ließ sie aufschrecken.

Sie blickte zum Fenster. Auf der Fensterbank saß ein tiefschwarzer Schatten, der zwischendurch gespenstisch von den zuckenden Blitzen erhellt wurde. Noch schwärzer, als das Gefieder des Tieres waren seine Augen, die wie kleine Perlen glitzerten. Regentropfen glänzten auf den schwarzen Federn. Es musste einer von denen sein, die manchmal oben auf dem Hexagon brüteten. Normalerweise nahm man sie kaum wahr, sah sie nur manchmal als kleine dunkle Schatten am Himmel. Umso unheimlicher war es Vipra, dass sich eines der Tiere plötzlich an ihr Fenster verirrte. Vor allem genau in dieser besonderen Nacht.

Irgendwie hatte sie das Gefühl, als wenn das ein Zeichen wäre.

Vipra blickte zu ihrem Baby runter, dessen Haar so pechschwarz war, wie die Federn des Raben. Und plötzlich wusste sie einen Namen.

„Raven! Du heißt Raven!“, flüsterte sie leise dem Baby zu.

Dieses gab im Schlaf leise, genüssliche Laute von sich. Sie gab ihm einen zärtlichen Kuss auf die Stirn und glitt, mit ihrem Sohn in den Armen in einen erschöpften Schlaf.

Der Rabe krächzte noch einmal und flog dann wieder davon, in das Gewitter, aus dem er gekommen war.
 

Bravestarr erwachte Schweißgebadet aus einem furchtbaren Albtraum. Heftig atmend und die Angst niederkämpfend starrte er in die Dunkelheit, die nur zeitweise von einem Blitz erhellt wurde. Donnergrollen hallte durch die Nacht. Aber das war es nicht, was ihn geweckt hatte. Und auch nicht die schrecklichen Bilder seines Albtraumes. Er konnte sich bereits nicht mehr daran erinnern, was er eigentlich geträumt hatte.

Er sah zum Fenster, von dem nun wieder ein dunkles Krächzen zu hören war. Auf der Fensterbank saß ein schwarzer Schatten, dessen unheimlichen, glitzernden Augen ihn anstarrten.

Ein Rabe. Ein großes, stolzes Tier mit glänzendem Gefieder. Sein Krächzen war es, was ihn geweckt hatte. Bravestarr sah das Tier verwundert an. Irgendwie war er ihm unheimlich. Er musste an das denken, was sein Stamm diesen Tieren für Fähigkeiten andichtete. Raben waren bei den New Cheyenne heilige Tiere. Sie konnten Glück bringen. Aber auch Unglück.

Bravestarr war zwar kein abergläubischer Mensch, aber er wusste auch, dass nicht alles ins Reich der Fantasie gehörte, was die Weisheiten seiner Vorfahren betraf.

Und irgendetwas sagte ihm, dass dieses Tier, das da auf der Fensterbank saß, ein Omen war. Langsam schwang er die Beine aus dem Bett und ging langsam auf den Raben zu. Dieser blieb ganz ruhig auf der Fensterbank sitzen, rührte sich nicht einen Millimeter. Bis Bravestarr direkt vor ihm stand. Ihre Blicke trafen sich und blieben mehrere Sekunden aneinander hängen.

„Was willst du mir sagen?“, flüsterte er und streckte die Hand nach dem Tier aus. Dieser beobachtete Bravestarrs Finger und gab leise krächzende Geräusche von sich. Kurz bevor er ihn berührte, breitete er die Flügel aus und flog mit einem lauten Krächzen in die gewitterige Nacht zurück, die ihn schon bald verschlang.

Eine Gänsehaut breitete sich auf Bravestarrs muskulösen Körper aus und sein Herz begann zu rasen.

„Schaman!“, rief er ängstlich in Gedanken.

„Ich höre dich, mein Sohn!“, antwortete dieser.

„Ich...ich habe gerade etwas sehr Merkwürdiges erlebt!“, sagte Bravestarr.

Es war ihm beinahe peinlich, dass er sich wie ein kleines Kind vor einem Raben fürchtete, aber er hatte auch genau gespürt, dass dieses Tier nicht normal war. Er musste einfach mit Schaman darüber sprechen.

„Ich weiß. Ich habe es ebenfalls gesehen. Und dein Gefühl trügt dich nicht.“, hörte er seinen Ziehvater in seinen Gedanken.

„Was hat dieser Rabe zu bedeuten?“, fragte Bravestarr ohne Umschweife.

„Das weiß ich nicht, aber das er etwas bedeutet, steht außer Frage.“, kam die Antwort.

„Was sollen wir tun?“, fragte Bravestarr schließlich ratlos.

„Ich denke, wir können nur abwarten, mein Sohn. Es war ein Omen, aber eines, aus dem auch ich nicht schlau werde. Wir werden sehen.“

Die Verbindung brach ab.

Normalerweise beruhigte es Bravestarr mit seinem Mentor zu sprechen. Doch dieses Mal blieb die Angst und die Verwirrung. Und das selbst Schaman in seiner Weisheit mit diesem Omen nichts anfangen konnte, ließ die Angst noch weiter steigen. Sie konnten wohl wirklich nichts weiter tun, als abwarten.

Nach einem letzten Blick in die Nacht hinaus, ging er wieder zu Bett. Doch der Schlaf kam in dieser Nacht nicht zu ihm zurück.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück