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Die Prophezeiung

Bravestarr
von

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Wendepunkt

Vipra versteckte sich in einer Ecke der Zelle, die nicht einzusehen war und wartete. Gleich würde der Dingo wieder kommen und ihr Essen bringen. Das war ihre einzige Chance, hier herauszukommen und den ganzen Wahnsinn zu stoppen.

Sie konnte nur hoffen, dass Raven ihr noch zuhören würde. Und dass sie noch die Chance hatten zu entkommen. Weg von hier. Weit weg, auf einen anderen Planeten, in ein neues Leben. Sie hätte das schon viel eher tun sollen. Sie bereute alles so sehr und hoffte nur, dass sie es noch irgendwie wieder gut machen konnte.

Plötzlich hörte sie Schritte. Die eines Dingos. Sie duckte sich noch tiefer in ihr Versteck, wollte in keinem Falle riskieren entdeckt zu werden. Sie konnte nur hoffen, dass der Dingo so dumm war, die Zelle aufzuschließen, wenn er sie nicht sah und nach ihr zu suchen.

Und sie hatte Glück. Er war tatsächlich so dumm.

„Was zum...?“ hörte sie ihn entsetzt sagen und kurz darauf das Klacken des Schlosses.

„Gut! Gut! Komm her!“ dachte sie und machte sich bereit den Ahnungslosen zu überfallen. Und tatsächlich kam er an ihrem Versteck vorbei. Vipra verlor keine unnötige Zeit, sprintete nach vorn und schnappte sich den völlig überrumpelten Dingo. Mit einem gezielten Griff in die Halskuhle schickte sie ihn in den Schlaf, zerrte ihn in eine Ecke und machte dann, dass sie hier herauskam. Sie benutzte einen der zahlreichen Geheimgänge.

Sie hatte natürlich mitbekommen, dass Raven vor zwei Tagen das erste Mal auf Bravestarr getroffen war und sie hatte auch mitbekommen, dass es ihm beinahe da schon gelungen wäre, Bravestarr zu töten. Sie hatte vor Erleichterung beinahe geweint, als sie hörte, dass es ihm nicht gelungen war.

Aber sie wusste auch, dass es heute erneut eine Begegnung geben sollte. Sie waren bereits in Richtung Fort Kerium aufgebrochen und Stampede war auch mit dabei. Er wollte wohl dieses Mal nichts mehr dem Zufall überlassen. Und sie musste diesen erneuten Kampf zwischen den beiden verhindern.

Draußen angekommen schwang sie sich auf eines der Turbomulis und raste der Carrion Bunch hinterher. Sie hatte die wichtigste Mission in ihrem ganzen Leben zu erfüllen. Das Leben der beiden Menschen zu retten, die sie liebte. Egal wie.
 

Bravestarr stand allein auf der Ebene, starrte der Carrion Bunch entgegen. An dessen Spitze eine kleine Gestalt stand, wie vor zwei Tagen auch schon. Er hatte darauf bestanden ihm allein gegenüber zu treten, trotz der heftigen Proteste von Thirty-thirty und J.B. Er musste das allein tun.

Bravestarr sah den Jungen fest an. Raven. Sein Sohn. Sein Fleisch und Blut, von dessen Existenz er bis vor kurzem rein gar nichts gewusst hatte. Und der ihm gegenüber nichts als Hass empfand.

Einen Hass, für den er nichts konnte, der Bravestarr aber mehr Schmerz bereitete, als er es für möglich gehalten hätte. Aber auch seinen Hass und Zorn auf Tex und Stampede noch weiter steigerte. Denn sie waren für ihn verantwortlich. Und wenn es das Schicksal so wollte, so würden sie heute dafür bezahlen.

Raven starrte ihn ununterbrochen böse an, während sie langsam aufeinander zugingen. Obgleich Thirty-thirty, J.B. und Fuzz in der Stadt zurück geblieben waren, spürte Bravestarr die Anspannung seiner Freunde, spürte ihre bohrenden Blicke und auch ihre Angst. Er hatte selbst Angst, sogar große. Aber er musste das tun.

Als sie zwei Meter voneinander entfernt waren, blieben sie stehen.

„Raven.“ sagte Bravestarr und sah seinem Sohn in die Augen.

„Vater.“ sagte dieser kalt und erwiderte seinen Blick ungerührt.

Bravestarr schluckte. Sein Sohn war hier, um ihn zu töten. Und seine Entschlossenheit hierzu hatte er schon einmal bewiesen und diese schien auch nicht gemindert zu sein.

„Ich weiß, dass du mich töten willst. Und ich weiß, dass du es deswegen tun willst, weil du glaubst, ich hätte deiner Mutter etwas Grauenhaftes angetan.“

Ravens Augen wurden schmale Schlitze. Dieses unheimliches Glühen erwachte erneut in ihnen.

„Ich will dir nur sagen, ich habe deiner Mutter nie etwas angetan. Schon mal gar nicht so etwas. Es ist eine List von Stampede gewesen, durch die du entstanden bist.“

Ravens Brust begann sich schneller zu heben und zu senken. Bravestarr konnte sehen, wie einige Gesteinsbrocken um sie herum langsam in die Luft aufstiegen.

„Du lügst! Warum sollte Stampede mich belügen?“ schrie er wütend.

„Weil er will, dass du mich hasst. Er benutzt dich nur! Sie alle benutzen dich nur! Das haben sie von Anfang an getan!“ erwiderte Bravestarr.

„Lügen! Lügner! Du lügst!“ brüllte der Junge und in seinen Händen erwachten kleine Flammen.

„Ich werde nicht gegen dich kämpfen!“ sagte Bravestarr so ruhig es ging.

„Weil du ein feiger Hund bist! Ein feiger, verlogener Hund!“ stieß Raven wütend heraus. Das Glühen in seinen Augen hatte zugenommen.

„Ich bin nicht feige! Aber ich kämpfe nicht gegen mein eigenes Kind!“ erwiderte Bravestarr standhaft und blickte seinen Sohn weiter fest an.

Und plötzlich glaubte er zu sehen, wie das Glühen in Ravens Augen nachließ.

„Wieso nicht?“ fragte Raven.

„Du bist mein Sohn. Und egal, unter welchen Umständen du entstanden bist, daran ändert sich nichts!“

Die Flammen in seinen Händen erloschen endgültig und auch das Leuchten in seinen Augen verschwand fast ganz. Bravestarr konnte die Felsen zu Boden fallen hören, nahm es jedoch kaum wahr.

„Du...hasst mich nicht? Du willst mich nicht...“ fragte er dann mit deutlicher Überraschung aber auch Unsicherheit in der Stimme.

Bravestarr schüttelte den Kopf.

„Nein. Warum auch?“

Er ging einen Schritt auf Raven zu, der verunsichert zu Boden sah. Er konnte beinahe sehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete.

„Und wenn du mich immer noch töten willst, so werde ich vielleicht versuchen zu entkommen. Aber kämpfen werde ich nicht gegen dich!“ sagte Bravestarr noch einmal mit Nachdruck.

Raven blickte auf und ihn an.

„Aber...wenn du Mutter nicht vergewaltigt hast, warum...?“ begann er zu flüstern.

Und wurde durch ein gewaltiges Donnern unterbrochen. Der Himmel hatte sich verdunkelt und eine gewaltige schwarze Wolke war aufgezogen, aus der sich Stampedes gewaltige Gestalt in den Himmel reckte.

„Was ist los, Raven? Töte ihn endlich!“ donnerte er und schielte auf die kleine Gestalt hinab.

Raven wandte sich zu ihm um und sah zu ihm auf.

„Ist es wahr, was er sagt? War das mit Mutter gelogen?“ fragte er den Semidrachen direkt.

„Wen interessiert das schon?! Töte ihn endlich!“ brüllte dieser ungehalten.

„Und wieso hasst er mich nicht? Warum will er mich nicht töten, so wie du gesagt hast? War das auch gelogen? War alles, was du mir erzählt hast gelogen?“ schrie Raven den Giganten nur an.

„Elender kleiner Wurm! Gehorche mir!“ brüllte Stampede jedoch nur zurück.

„Nein!“ erwiderte Raven nur trotzig.

Und wurde im nächsten Moment von einem Blitz aus Stampedes Hörnern getroffen und davon geschleudert. Entsetzt starrte Bravestarr zuerst zu Raven, der sich unter Schmerzen am Boden wand und dann zu dem Semidrachen hoch, der sich zornig brüllend noch weiter in den Himmel reckte.

Gleichzeitig erschien in Stampedes rechten Klaue er ein Speer, der unheilvoll glühte. Maßloser Zorn stand in seinen glühenden Augen.

„Dieses Balg war von vorneherein Zeitverschwendung!“ donnerte er. „Nun werde ich das tun, worauf ich schon so lange warte!“

Bravestarr wollte zu seinem Sohn sprinten, doch er konnte sich nicht rühren. Sein Körper versagte ihm den Dienst. Er sah zu Stampede auf, der ihn fixierte. Er machte ihn irgendwie bewegungsunfähig.

Und dann schleuderte er den Speer in Bravestarrs Richtung. Unfähig sich zu rühren, konnte er nur die Speerspitze anstarren, die rasend schnell näher kam und die direkt auf sein Herz zielte. Der Speer würde ihn durchbohren und töten. Es war vorbei. Er war des Todes. Aber wenigstens war es nicht sein Sohn, der ihn tötete. Er begann sich auf den Schmerz vorzubereiten, auf den Tod.

Und plötzlich schoss mit einem gellenden Schrei eine schwarzhaarige Gestalt in sein Sichtfeld, direkt vor ihn und in den Weg des Speeres.

In dem Moment, in dem Bravestarr registrierte, dass es Vipra war, traf der Speer diese genau in die Brust, durchschlug ihren zarten Körper und Bravestarr sah, wie die Speerspitze unterhalb ihres linken Schulterblattes aus dem Rücken austrat. Blut spritzte auf seine Uniform und Vipra wurde nach hinten und gegen ihn geworfen. Im selben Moment fiel die Lähmung von Bravestarr ab und er schaffte es noch gerade eben die Schlangenfrau aufzufangen.

Während er sie langsam zu Boden gleiten ließ, begann er erst zu realisieren, was gerade geschehen war. Vipra keuchte schmerzerfüllt und gequält und stieß seinen Namen hervor. Das konnte er trotz Stampedes wütendem Gebrüll hören.

Er kniete sich zu Boden und bettete Vipras bebenden Oberkörper auf seinem Unterarm. Fassungslos starrte er die Schlangenfrau an. Er konnte es immer noch nicht glauben. Sie hatte ihm gerade das Leben gerettet! Ihrem Erzfeind! Und nun lag sie sterbend in seinen Armen.

„Mutter!!!!“ hörte er plötzlich Raven schreien und im nächsten Moment fiel der Junge neben seiner Mutter auf die Knie und starrte abwechselnd mit tränennassen Augen den Speer in ihrer Brust und ihr vor Schmerz verzehrtes Gesicht an.

„Oh, Mutter! Nein! Nein, bitte nicht!“ flehte er weinend.

Mit einem schmerzerfülltem Keuchen öffnete diese noch einmal die Augen und sah ihren Sohn an.

„Raven!“ keuchte sie.

„Halte durch, Mutter! Du wirst wieder gesund!“ weinte der Junge verzweifelt und streichelte ihr Gesicht.

Vipra schaffte es irgendwie zu lächeln. Dann hob sie die Hand und legte sie an die Wange des Jungen.

„Ich liebe dich,...Raven! Und ich will,...dass du noch etwas weißt.“ flüsterte sie schwach. Sie holte zweimal mühsam Luft, bevor sie weitersprach. Ihr Atem rasselte nass von ihrem Blut.

„Ich habe...lediglich zweimal...in meinem Leben richtig Glück empfunden. Als...du...zum ersten Mal in meinen Armen lagst. Und...und als ich...in den Armen deines...Vaters gelegen habe.“ keuchte sie mühsam.

Ravens Augen weiteten sich überrascht.

„Dein Vater...hat mir nie...etwas angetan. Es war...Stampedes Plan gewesen,...von Anfang an. Er...wollte nur, dass du...zur Welt kommst, damit du...deinen Vater tötest.“

Sie sprach nicht weiter, denn in diesem Moment wurde ihr gepfählter Körper von Krämpfen geschüttelt und sie hustete Blut.

„Mutter! Bitte sag, dass das nicht wahr ist!“ weinte Raven ungläubig.

Vipra hatte ihre verbliebenen Kräfte soweit gesammelt, dass sie wieder sprechen konnte.

„Doch,...es ist wahr. Und es...tut mir...so leid! Ich habe...so viele...so viele...Fehler gemacht. Ich hätte...mit dir fliehen sollen,...als du geboren warst!“ flüsterte sie schwach.

Ihr ganzer Körper begann immer mehr zu erschlaffen. Das Leben floss aus ihr heraus.

„Vipra...“ sagte Bravestarr leise. Er war sprachlos, wusste nicht, was er der Sterbenden noch Tröstliches sagen konnte.

Diese wandte sich ihm zu und sah ihn voller Liebe an. Tränen glitzerten in ihren Augen.

„Ich liebe dich!“ keuchte sie nur noch schwach. „Kümmere...dich...um...Raven! Unseren...Sohn! Ver...gib....mir!“

Dann schloss sie die Augen.

Bravestarr schloss sie fest in die Arme, spürte ihren schwachen Atem gegen seinen Hals.

„Das werde ich!“ flüsterte er ihr zu. „Und ich vergebe dir.“

Er glaubte zu spüren, wie sie noch einmal glücklich lächelte. Dann stieß sie noch einmal lang die Luft aus und ihr schlanker Körper erschlaffte ganz. Für immer.

„Mutter!!!! Muuuuutteeeeer!!!“ begann Raven schrill zu weinen.

Er begann sich an ihren Körper zu klammern und drückte sein Gesicht in ihre Halskuhle. Sein kleiner Körper bebte unter heftigem Schluchzen.

Bravestarr sah ihn hilflos an. Er wusste nicht, was er tun sollte. Er ließ Vipras Körper langsam zu Boden sinken und Raven folgte diesem, klammerte sich weiter an seine Mutter und weinte immer heftiger. Er selbst wusste nicht, was er tun sollte. Damit hätte er nie gerechnet. Vipra hatte sich für ihn geopfert. Aus Liebe. Sie hatte Stampede verraten und hatte ihn gerettet. Wortlos starrte er weiter auf die Tote und den weinenden Jungen.



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