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Creatio Ex Nihilo

von

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Schaffung aus dem Nichts

„Ryan… Ryan!“, der Braunhaarige wurde aus seinen Träumereien gerissen. „Du starrst schon wieder ÜBERALL hin, nur nicht auf deine Arbeit.“

Die Stimme des Rothaarigen klang vorwurfsvoll. Der Grund dafür war wohl, dass Ryan nicht fürs Herumstehen bezahlt wurde und sein Kollege nicht die ganze Arbeit alleine machen wollte. Besagter Kollege schob für einen Moment die Gläser beiseite, die Schaumkronen des Biers außer Acht lassend.

„Du bespannst einen Gast?“, jetzt war der andere wohl neugierig geworden, hatte sich über seine Schulter gebeugt und in die Richtung gesehen, in die der Träumer vorher mit solcher Begeisterung geschaut hatte. Der damit einhergehende Tadel war spielerisch, fast schon mit gewissem Witz untermalt- und sollte wohl dazu dienen, Ryan zu ärgern. Der aber ließ das nicht mit sich machen. Lieber band er sich seine dunkelrote Schürze um und drehte sich an dem anderen vorbei.

Um das Bier auf ein Tablett zu stellen und es nach draußen zu tragen.

„Nenn es, wie du willst“. Er konnte schließlich nichts dafür, dass der Typ an Tisch Vier so gut aussah. Und ein wenig Gucken war doch wohl erlaubt.
 


 

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„Hey, gibt’s was Tolles?“

Der Dunkelhaarige sah auf, legte die Zeitung vor sich auf den Tisch und schaute den Kellner an, der gerade den Nachbartisch mit Getränken versorgt hatte und jetzt bei ihm angekommen war.

„Nicht, wenn man über sich selber liest“, die eisblauen Augen betrachteten das Gesicht des jungen Kellners genau. Jede Sekunde würde dieser neugierig seinen Blick auf den unheimlichen, schwarzen Artikel schweifen lassen.

„Dagegen gibt es nur eine Methode“, die großen braunen Iriden des Kellners antworteten ruhig Sakis eigenen, bewegten sich kein Stück in die Richtung des Papiers. Dafür regten sich aber die Hände, die sich um etwas Durchsichtiges herum formten und dieses imaginäre, nun wohl zerknüllte Etwas, mit einer Wurfbewegung in den nächsten Mülleimer beförderten.

Saki zog die Augebrauen nach oben. „Einen Kaffee, bitte“.

Man konnte immer groß daher reden, solange es nicht um einen selber ging. Und er hatte ihn nicht nach seiner Meinung gefragt, sondern wollte lediglich in Ruhe etwas trinken und sich über diverse Berichte ärgern.

„Ein Kaffee für den netten Herrn an Tisch Vier. Kommt sofort!“, nun, wenigstens machte der Kellner seine Arbeit mit einem freundlichen Lächeln.
 

Nachdem Saki den jungen Mann aus dem Blickfeld verloren hatte, faltete er die Zeitung zusammen und legte sie in seine Tasche.
 


 

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Für gewöhnlich bekam man vom Leben nichts geschenkt. Vor allem nicht von der Universität. Das war der Grund dafür, warum man hin und wieder etwas nachhalf und sich einfach nahm, was man wollte. Vor allem gehörte dies für Demion zur Tagesordnung. Weswegen er seine Freistunden gerne in einem der Kunsträume verbrachte, die im oberen Stockwerk des Kunstdepartements mit den großen Fenstern ausreichend Licht boten. Diese Räume waren von kleinen Trennwänden durchbrochen, sodass jeder Künstler, im Idealfall, seinen eigenen Arbeitsplatz hatte und seiner Kreativität freien Lauf lassen konnte.

Der Idealfall traf nur leider äußerst selten zu. An den meisten Tagen waren die Räume maßlos überfüllt. So hatte sich der Weißhaarige damit arrangiert, dann zu arbeiten, wenn alle anderen frei hatten. Ab und zu fand er Begleitung von Freunden und Mitstudierenden, die wegen ihrer Abgaben in Zeitdruck geraten waren. Heute jedoch, war er ganz alleine und steuerte sofort seinen Lieblingsplatz direkt am Fenster an. Die Leinwand, die fast so groß war, wie er selber, fand in einer dafür vorgesehenen Staffelei halt. Demion ging in die Hocke und öffnete die schwarze Farbe.
 


 

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Sein letzter Kurs war ausgefallen, was ihm gerade wirklich entgegen kam. Die Seminare davor hatten sich alle ziemlich lang dahin gezogen, und das, obwohl Angel eigentlich am Thema interessiert gewesen war. Allerdings gab es auch Tage, und das war ein offenes Geheimnis, an denen man einfach nicht so viel Lust hatte. Und da fielen einem spontan hundert tollere Aktivitäten ein, als in der Uni zu sitzen. Zum Beispiel, sich in den vierten Stock des Gebäudes zu begeben um seinem Freund einen Besuch abzustatten. Zufrieden drückte er auf den kleinen Knopf des Fahrstuhls, der ihn nach oben bringen sollte.

Jedes Mal, wenn sich der Blonde nach oben verirrte, sahen die Gänge anders aus. Da fand man Skulpturen, die ein oder andere Staffelei, und aus der Druckwerkstatt standen Schiebekarren mit Linolschnitten mitten im Weg. Heute waren wohl die Gemälde an der Reihe.

Vorsichtig schlich der Blonde am Künstlerbedarf vorbei. Dass Demion in seiner Wohnung den Überblick behalten konnte, wunderte Angel nicht. Bei all der Übung die der Weißhaarige in diesem Durcheinander sicher schon gewonnen hatte. Wahrscheinlich eine allgemeine Künstler-Eigenschaft.

„Welchen glücklichen Umständen habe ich denn diesen Besuch zu verdanken?“. Kaum stand Angel in der Tür, kam Demion auch schon auf ihn zu. Aber eine Möglichkeit, zu antworten, blieb ihm nicht, denn der andere nahm ihn schon bei der Hand und zog ihn mit sich ans Fenster.
 


 

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„Was ist das?“, Angel betrachtete das schwarze Viereck vor sich und legte den Kopf schief. Er war sichtlich verwirrt, denn immerhin sah die komplett dunkle Leinwand aus diesem Blickwinkel immer noch nicht anders aus.

„Das ist ‚Nichts’“, erklärte ihm der Weißhaarige grinsend und erhob triumphierend den Pinsel aus dem pinken Farbeimer. Eine lockere Bewegung aus dem Handgelenk warf die Farbe regelrecht an den schwarzen Untergrund, wo sofort mehrere ungleiche Flecke und Punkte zu erkennen waren. Eine Portion Limettengrün folgte kurz darauf. Und das machte Angels Verwirrung nicht besser.

„Hier.“, der Pinsel wurde in die weiße Farbe getaucht und an den Blonden weiter gereicht. Angel wollte Demions Kunstwerk nicht kaputt machen, sah ein wenig unsicher von der Leinwand zurück zu seinem Freund. Jedoch machte der nicht den Eindruck, als würde er den Pinsel jetzt wieder zurück nehmen.

„Also gut.“, lächelte er und holte Schwung… im nächsten Moment zierten unzählige weiße Punkte das Farbchaos. Ob er seine Aufgabe zurrecht erfüllt hatte, oder nicht, darüber brauchte sich Angel keine Gedanken mehr machen:

„Bravo, ein Meisterwerk!“, der Weißhaarige war nicht mehr zu halten vor Freude, legte einen Arm um die Taille seines Freundes und betrachtete stolz das Bild. „Könnte noch ein bisschen mehr Farbe vertragen, meinst du nicht auch?“
 

Das Resultat war eine knallbunte Farbschlacht- der Unterton war kaum noch zu sehen.
 


 

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Er rollte von einer Seite auf die andere.

Schon lange hatte er nicht mehr alleine im Bett die Nacht verbracht und war es nicht gewöhnt, nun tatsächlich die Augen zu schließen und schlafen zu müssen. Auf seinen Lippen fühlte er immer noch den sanften Kuss. Selbst Stunden nachdem sein heutiges Date festgelegt hatte, er wolle nicht noch mit rauf kommen. Man konnte es nun drehen und wenden wie man wollte, Fakt war: Toshiro war an seiner eigenen Haustür sitzen gelassen worden. Gab es einen Grund dafür? Er fuhr sich unruhig durch die langen schwarzen Haare und seufzte zum wiederholten Mal auf. War er nicht sexy genug gewesen? Hatte er dummen Zeugs geredet? Bisher war er noch nie an der Türschwelle zurückgewiesen worden. Das war so ganz uns gar nicht befriedigend, in… zweierlei Hinsicht, und außerdem war das ganz sicher nicht gut für seinen Schlaf. Normalerweise war sein Körper nach gemeinsamen Bettaktivitäten so erschöpft, dass er gleich einschlafen konnte.

Er setzte sich im Bett auf und sah aus dem Fenster den Mond an, der mit dünnem Lichtschein Konturen auf umstehende Möbel und das Bett warf. Was für eine Nacht. Und er verbrachte sie alleine. Wenn er doch wenigstens zur Ruhe kommen und schlafen könnte.
 


 

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„Vielen Dank für die heiße Nacht!“

Das hatte er den anderen hinter sich rufen hören, als er sich verabschiedet hatte und gegangen war. Natürlich, die Nacht zu zweit wäre heiß gewesen, keine Frage. In seiner Phantasie hatte Seiji die schönsten Dinge mit dem Schwarzhaarigen angestellt und ihm jeden Wunsch erfüllt. Die Realität aber… war anders.

„Was bist du bloß für ein Idiot, nicht mit ihm hinauf zu gehen!“, durfte er sich jetzt, am nächsten Tag, von seinem besten Freund anhören, während dieser sich die Fotos im Internet Dating ansah. Akira war zwar nicht schwul, konnte aber durchaus einen Mann als hübsch bezeichnen. Seiji blieb stumm, wartete darauf, seinen Laptop wieder zurück zu bekommen und legte ihn sich schließlich auf den Schoss.

„Ja, klasse… Ich wollte eben nicht, dass es so schnell zu Ende geht.“

Eine Nacht, und dann? Der Schwarzhaarige vom gestrigen Abend war auf der Suche nach einmaligen Dates gewesen, nicht nach etwas länger andauerndem. Dabei hatten sie sich sofort so gut verstanden; hatten Spaß gehabt, miteinander gelacht und waren einfach auf derselben Wellenlänge gewesen.

Seiji blickte unschlüssig auf die Tastatur. Er hatte diesen hübschen und intelligenten Mann stehen gelassen. Wahrscheinlich fühlte der andere sich nun endlos verarscht und wollte ihn nie wieder sehen. Dennoch…

Er seufzte leise und begann eine Nachricht in das kleine Textfenster zu tippen.
 

Können wir uns wiedersehen?
 


 

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Wenn man sich in den Drehstuhl setzt, die Augen schließt und sich ganz schnell dreht, dann kommt es einem so vor, als würde die Welt anhalten. Als wäre man schneller als sie. Als könnte man sie überholen. Zumindest sah Asrael das so, aber an manchen Tagen half selbst der flotteste Drehstuhl nichts. Da wuchs einem einfach alles über den Kopf und es kam einem vor, als müsse man sich um die Welt drehen, um mit allem klar zu kommen. Manchmal wurde es einfach zu viel, oder…

„Manchmal sollte die Welt einfach tatsächlich anhalten“, stellte der Wuschelkopf fest, während er einen Punkt an der Decke fixierte und mehr seine Gedanken unterhielt, als seinen besten Freund. Dieser war soeben von seiner Freundin verlassen worden und hatte seinen Job verloren.

„Was redest du da?“

„Na, das ist doch unfair. Dauernd gibt es irgendwelche Probleme. Immer drehen und verbieten wir uns, versuchen mit allem mitzuhalten. Und es reicht doch irgendwann einmal. Wieso kann sich die Welt nicht einfach einmal um uns drehen, statt anders herum?“.

Trotzdem blinzelte sein Besucher, konnte das Lachen nicht verbergen, das sich auf seinem Gesicht ausbreitete:
 

„Wir haben uns, was willst du mehr.“



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