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Plötzlich Hogwarts

Es geht tatsächlich weiter! Bitte lesen!!!
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Rückkehr nach Hogwarts

~*~Plötzlich Hogwarts~*~
 

Kapitel 12:

Rückkehr nach Hogwarts
 

*****************************
 

„Und du bist ganz sicher, dass du es nicht doch irgendwo hast herumfliegen sehen?“ fragte ich zum vermutlich hundertsten mal und erntete, nicht nur von der angesprochenen Ginny, sondern auch von Hermine, Ron und Harry, mehr als genervte Blicke.

„GANZ sicher!“ meinte die Rothaarige und wanderte energisch das Gleis entlang.

„Vielleicht hat sich das Buch bei deinen Schulbüchern versteckt. Da du denen über die Ferien wohl kaum einen Blick geschenkt hast, dürfte es dir nicht auffallen, wenn es dort liegen würde.“ kam es von Hermine, die mit Ron hinter mir lief. Ich widerstand dem Drang mich umzudrehen und ihr die Zunge heraus zu strecken, da ich hoffte sie durch das Ignorieren ihres Kommentars mehr zu ärgern. Sie hatte mich im Zug einige Grundlagen der Zauberei („... die für deine Prüfungen bestimmt wichtig sein werden.“) abgefragt, doch meine Motivation lag bei Null und außerdem hatte ich mich tatsächlich nicht besonders viel mit dem Lernstoff auseinander gesetzt. Aber ich hatte gerade auch andere Sorgen.

~Sieht aus, als wäre das Buch weg. Na toll, ich hatte es fast ausgelesen!~

Das war wirklich unglücklich gelaufen. Jane Austens „Stolz und Vorurteil“ war wie vom Erdboden verschwunden. Das Problem war, dass ich nicht wusste, wo ich es verloren hatte. Die letzten Tage hatte ich wie wild im Haus meiner Eltern danach gesucht, aber erfolglos. Bei den Weasleys war es scheinbar auch nicht aufgetaucht.

Mit leicht verdüsterter Miene trottete ich hinter Harry und Ginny her, die bei unserer Gruppe die Spitze bildeten. Das Gleis und somit auch den noch dampfenden Hogwartsexpress hatten wir hinter uns gelassen und wanderten nun über einen Waldweg Richtung Schloss.

Nach einer kurzen Fahrt mit den Pferdelosen-Kutschen erreichten wir unser Ziel und ich konnte mein Buch vorerst vergessen.

Endlich war ich wieder in Hogwarts und in meinen Bauch begann sich ein angenehmes Kribbeln auszubreiten. Das Kribbeln verwandelte sich auf dem Weg zur Großen Halle in einen Kloß, als ich daran dachte, dass die Prüfungen nun gar nicht mehr so fern waren, wie ich es mir immer eingeredet hatte.

~Du hättest halt mehr lernen sollen... Bla, bla, bla!~

Als wir die Halle betraten, waren viele unserer Mitschüler bereits eingetroffen. Ein großes Summen von vielen freudig miteinander und durcheinander redenden Stimmen erfüllte den Raum. Lächelnd betrachtete ich die in der Luft schwebenden Kerzen, den dunklen Himmel über den vier Tischen und sog begierig den Geruch von gutem Essen ein, der bereits, ohne das die Tische gedeckt waren, in der Luft lag. Nach diesen schönen Eindrücken wurde ich wieder von harten Tatsachen überrollt. Vier Haustische, Huffelpuff, Ravenclare, Gryffindor und... Slytherin.

~Wie hatte ich das nur vergessen können?~

Selbstverständlich war ich darauf vorbereitet Malfoy wieder zu sehen. Ich hatte es mir immer wieder ausgemalt, in den meisten dieser Fantasien trafen wir uns alleine in einem Gang, ich sah umwerfend aus und fand genau die richtigen Worte, um ihm eine Erklärung für das Silvester-Desaster abzuringen. Neben der verzweifelten Suche nach „Stolz und Vorurteil“ hatte ich mich natürlich auch mit diesem recht einprägsamen Erlebnis beschäftigt. Wer konnte schon einen Tag vergessen, an dem er fast gestorben wäre? Leider war ich nicht besonders weit gekommen. Bis auf eine bittere Erkenntnis: Malfoy weiß etwas. Er war mein einziger Anhaltspunkt, schon allein weil er sich als einer der Schreiber der Warnungen, die Silvesterfeier betreffend, geoutet hatte. Er wusste, oder ahnte, dass so etwas geschehen würde, doch er schien nicht der Initiator zu sein. Ansonsten hätte er mich ja nicht retten müssen. Also blieb nur eine Schlussfolgerung, ich musste versuchen durch ihn etwas über die Geschehnisse heraus zu finden.

~Oh Gott, da ist er!~

Meine Füße verhakten sich ineinander, als ich auf den Gryffindortisch zu marschierte und mir gleichzeitig den Hals verrenkte um den hellblonden Haarschopf am Slytherintisch zu fixieren. Bevor ich der Länge nach aufschlug, konnte ich mich jedoch glücklicher weise an Ginnys Arm festhalten. Also kippten wir beide ein Stück vornüber, doch den meisten Schwung konnte sie abfangen und wir torkelten nur drei Schritte, bis wir uns wieder im Griff hatten.

~Hoffentlich hat er das nicht gesehen, nein, nicht hingucken... Er hat es gesehen!... Verdammt!~

Verlegen strich ich mir eine Haarsträhne aus der Stirn und ließ mich rasch auf meinen Stammplatz am Gryffindortisch nieder.

~Das reicht jetzt aber auch für heute mit peinlichen Aktionen!~

„Hey, Mary!“

Ich blickte auf und erkannte Seamus, der mir schräg gegenüber saß.

~Oh...~

Seit unserem Kuss und der gemeinsamen Heimfahrt mit dem Hogwartsexpress, hatte ich ihn die gesamten Ferien über nicht mehr gesehen. Er hatte mir drei mal wirklich sehr nette und lustige Briefe zukommen lassen, die ich ebenfalls nett und lustig erwidert hatte. Allerdings gab es in seinen auch deutliche Nebenbemerkungen, nichts spezifisch über den Kuss, aber man konnte die genau Absicht heraus hören. Er wollte mir mitteilen, dass er mich mochte, allerdings so, dass es nicht aufdringlich, oder schmalzig klang. Genau so hätte ich es vermutlich auch gemacht, wenn ich mir so sicher mit allem gewesen wäre. Das ich Malfoy geküsst hatte wollte mir einfach nicht aus dem Kopf. Ich hatte versuchte es zu verdrängen, aber es ging nicht. Und wie konnte ich Seamus Hoffnungen machen, wenn ich immer wieder des Nachts an den Kuss mit einem anderen dachte? Nicht, dass ich mich nicht dafür ohrfeigen könnte bzw. es gelegentlich wirklich tat, aber das half nicht viel.

„Hey, Seamus! Wie geht’s? Hast du auch die letzten Tage der Ferien gut überstanden?“ fragte ich und lächelte so ungezwungen, wie es mir möglich war.

„Naja, nicht viel neues, seit wir Silvester bei meiner Tante verbracht haben. Aber bei euch war doch eh viel mehr los, wenn man dem Tagespropheten glauben schenken mag.“ erwiderte Seamus und sah mich neugierig an.

~Moment mal!~

Mein Blick wanderte zu Ginny, die verdächtig auf ihrem Sitz herum rutschte.

„Was meint er damit?“ fragte ich leise und bemerkte, wie sich Ginny und Harry einen kurzen Blick zuwarfen. „Was ist mit dem Tagespropheten?“

„Naja, wir dachten, der Artikel wäre nach ein paar Tagen vergessen, aber wie es aussieht....“

„Artikel?“ hakte ich nach. Erneut wand sich Ginny an ihren Freund und Harry griff in seine Umhängetasche und streckte mir anschließend den Tagespropheten vom zweiten Januar entgegen. Aufgeschlagen war die dritte Seite, in dessen Mitte ein großes, sich bewegendes Bild befand. Darauf waren mehrere diskutierende Menschen zu sehen, die auf einem Stück Rasen standen, der kreisförmig abgebrannt war. Einer der Personen war Mr. Weasley, der sich mit dem Moderator des Silvesterfestes unterhielt. Die zweite Person, die mir sofort ins Auge stach, war Draco Malfoy, der von mehreren Männern und Frauen umringt war und eher wortkarg auf Fragen zu antworten schien.

„Das ist nicht gut...“ murmelte ich und begann den Artikel zu lesen. „Das ist gar nicht gut!“
 

„...Wie uns aus verlässlicher Quelle berichtet wurde, hat der junge Mr. Malfoy den starken Fluch solange aufhalten können, bis Mr. Cebus Cuffelcorn, der Leiter der Silvesterveranstaltung (oben links), sie erreichte und sie gemeinsam den monströsen Feuerball vernichteten.“
 

~“Den monströsen Feuerball vernichteten.“ Die tragen ganz schön dick auf.~ überlegte ich und sollte einige Zeilen darunter feststellen, dass es noch schlimmer ging.
 

„Der heldenhafte Einsatz von Draco Malfoy hat seiner Mitschülerin Marianne Vallenstone das Leben gerettet... Das arme Mädchen wirkte verstört und soll sogar bewusstlos gewesen sein.“
 

„Nein...“ murmelte ich und las die Zeilen immer und immer wieder aufs neue.

~“Der heldenhafte Einsatz“ Meine Güte!... Naja, es war schon recht heldenhaft... „Das arme Mädchen wirkte verstört und soll sogar bewusstlos gewesen sein.“ Hallo?... Du warst doch verstört und teilweise bewusstlos... Das braucht aber doch nicht die ganze Welt zu wissen! Vor allem können die doch nicht einfach so meinen Namen benutzen.~

„Oh Gott!“ Ich ließ die Zeitung sinken und stützte meinen Kopf mit den Händen ab.

„Ach, mach dir keine Sorgen. Das haben die meisten bestimmt schon längst vergessen!“ meinte Hermine aufmunternd und nahm dann den Tagespropheten an sich. „Vergiss es einfach.“

~Wenn das nur so leicht wäre.~

Mein Blick wanderte zum Slytherintisch und blieb an Malfoy hängen. Er unterhielt sich mit einigen seiner Freunde und ich bemerkte, wie sich ein warmes Gefühl in meiner Magengegend ausbreitete.

~Was soll das denn jetzt? Ich mein, natürlich bin ich ihm in gewisser weise dankbar, aber deswegen muss mein Magen ja nicht gleich so einen Aufstand machen!~

„Wenn es dich interessiert, ich habe mitbekommen, wie er den Reportern gedroht hat, sie sollen ihn und dich mit dem Thema in Ruhe lassen. Er wollte scheinbar keinen großen Wirbel. Wenn man bedenkt wer er ist, ist das kaum zu fassen.“ meinte Ginny und ich wandte mich von Malfoy ab.

„Kaum zu fassen, dass er nach dem Artikel mit seinem Ego noch in diese Halle passt.“ spottete Ron und ich hatte meinen Magen wieder soweit unter Kontrolle, dass ich in das allseits aufkommende Gekicher mit einstimmen konnte. Dann erinnerte ich mich, wie wir überhaupt auf Silvester gekommen waren und sah mich nach Seamus um, der mich beobachtete.

„Tja, wie es aussieht, weiß der Tagesprophet mehr als ich.“ kommentierte ich den Artikel und wusste, dass ihn das nicht zufrieden stellen würde .

„Komm schon, was genau ist da passiert?“ hakte der, wie mir auffiel, wirklich verdammt gut aussehende, dunkelhaarige Junge nach.

„So genau kann ich das gar nicht sagen.“ murmelte ich und als ich seinen Blick bemerkte, hob ich abwehrend die Hände. „Im ernst! Ich kenne die Hintergründe nicht. ~Noch nicht!~ Der Feuerball war auf einmal am Himmel und dann bin ich gerannt. ~Mit Malfoy, der deine Hand hielt!~ Schließlich waren wir an einer Baumgruppe und dann erinnere ich mich nur noch daran, ~wie du aufgestanden bist und ganz nah bei Malfoy gestanden hast. ~ wie Mrs. Weasley bei mir war und mit mir apparierte.“

~Halt dich aus dem Gespräch heraus!... Aber du vergisst wichtige Details.~

„Aber was machte dieser Feuerball am Himmel, warum hatte er es auf dich abgesehen.“

„Das wüsste ich auch gerne!“ meinte ich und Ginny und die anderen nickte zustimmend. Wir hatten uns natürlich nach Silvester beraten und waren leider zu keinem Ergebnis gekommen. Das mich Malfoy vorher gewarnt hatte, hatte ich vorerst für mich behalten, ebenso wie die andere Warnung von Mr. Unbekannt. Allerdings war mir klar, dass, wenn ich alleine mit der Aufklärung der Geschehnisse nicht weiterkam, ich meine Freunde einweihen musste.

„Du solltest besser auf dich acht geben.“ meinte Seamus und ich fing seinen lieben, umsorgenden Blick auf.

„Ja, ich muss mir in meinem Terminkalender notieren, wann Feuerbälle Season haben.“ grinste ich und war dankbar, dass nun Professor McGonnagall aufstand und das Abendessen einleitete.

~*~*~

Hogwarts hatte mich also wieder, bzw. die Realität der Schule. Denn nun musste ich mich erneut hinter die Bücher der Bibliothek klemmen, um die faule Zeit der Weihnachtsferien wieder gut zu machen. Ich war fast so oft und so viel am lernen wie Hermine. Die hielt mich dabei ganz schön auf Trapp und schien immer genau dann zu bemerken, wann meine Gedanken sich von den Büchern erhoben und zu fernen, schöneren Weiten schwebten. Sofort war die Brünette mit einem Stoß in die Seiten oder einem Kommentar zu stelle, um mich daran zu erinnern, dass ich meine Prüfungen „nicht ohne viel lernen bewältigen kann.“. Manchmal kam sie mir vor wie einer dieser Aufseher in amerikanischen Militärfilmen, fehlte nur noch eine Trillerpfeife.

~Und dann würde sie vor mir stehen, mein Gesicht in das Verwandlungsbuch drücken und schreien „50 weitere Seiten, du faule Made!“~

„Mary?!“

~Und ich würde verängstigt starr da sitzen und sie würde weiter schreien „Haben Sie das verstanden, Vallenstone?“ „Ja.“ „Wie heißt das?“ „Sir, ja, Sir.“... Mehr Klischee geht nicht.~

„Mary! Was grinst du so?“ Hermine wedelte mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herum. „Hörst du mich?“

„Sir, ja, Sir.“ meinte ich, musste anfangen zu lachen und bekam mich nur schwer wieder ein. Wie viel Spaß man doch mit sich selbst haben kann.

„Du solltest lieber weiter lernen. Soweit ich das sehe bist du mit Verwandlung immer noch nicht so weit, wie du sein müsstest.“ mahnte Hermine und wandte sich dann wieder ihren Arbeiten zu.

„Ach, weißt du was?“ meinte ich und schlug das vor mir liegende Buch zu. „Für heute reicht es. Die Sonne scheint so schön und Gestern war ich lang genug hier. Außerdem hab ich Verwandlung drauf.“

Ich stand auf und packte meine Sachen zusammen.

„Wenn du meinst. Ich sehe dich dann beim Abendessen.“ meinte Hermine achselzuckend und ich verließ die Bibliothek. Harry, Ron und Ginny waren gerade bei ihrem wöchentlichen Quidditchtraining und so entschloss ich mich einen kleinen Abstecher über die Ländereien bis zum Quidditchfeld zu unternehmen, um den schönen Tag auszunutzen.
 

Als ich durch die Gänge im dritten Stock lief, begann ich mich irgendwie unwohl zu fühlen. Ich blickte mich um, doch nirgends war jemand zu sehen.

~Verfolgungswahn?~

Meine Schritte wurden schneller und ich wusste gar nicht warum. Schließlich war hier niemand. Oder vielleicht doch?

~Ok, Mary, beruhige dich. Was soll schon schlimmes geschehen?... Sag das doch nicht. Immer wenn jemand so etwas sagt, passiert etwas schlimmes!~

Mittlerweile hatte ich versucht meine Schritte wieder zu einem normalen Tempo zu drosseln. Ich war im ersten Stock angekommen und nicht mehr weit von der Eingangshalle entfernt. Auf der rechten Seite lag ein kleiner Seitengang, der in den Hauptweg, auf dem ich lief, mündete. Kurz bevor ich diesen erreichte, trat eine Gestalt daraus hervor.

~Oh!~

Verdutzt und etwas erschrocken, von den Nachwehen meines Verfolgungswahns, blieb ich stehen.

~Wie konnte es auch anders sein?... Du hättest halt nicht sagen sollen, dass nichts schlimmes geschieht... Willst du das jetzt ausdiskutieren?~

Ich blickte zu dem mir schon altvertraut wirkenden Slytherinschüler hoch und wusste nicht genau was ich jetzt sagen sollte. Doch Malfoy beachtete mich kaum. Er musterte mich nur kurz und sah dann an mir vorbei. Ich folgte seinem Blick, konnte jedoch nichts ungewöhnliches ausmachen.

Schließlich wand er sich wieder mir zu und es folgt ein kurzes Schweigen.

~Und jetzt?~

„Hey.“ sagte ich schließlich, ohne zu wissen, was ich da genau tat bzw. ohne das meine Stimme wusste, dass sie für gewöhnlich nicht in dieser hohen Oktave erklang.

~Wow, das ist alles was dir einfällt?... Hast du einen besseren Vorschlag?... Wie wäre es, wenn du ihn wegen Silvester befragst? War das nicht ohnehin der Plan?~

Malfoy hatte nicht geantwortet, sondern war schließlich meinem Blick ausgewichen und starrte nun an die gegenüberliegende Wand. Ich wiederum ließ meinen Blick über sein Gesicht schweifen, er wirkte angespannt. Seine Haare lagen nicht so ordentlich und unauffällig hob ich die Hand um meine Frisur zu überprüfen und einzelne Strähnen an ihren richtigen Platz zu rücken.

~Gut, das Schweigen wird länger, tu was.~

„Drafoy...“

~Was?... Ich wollte zuerst Draco sagen, hab mich allerdings noch umentschieden.~

„Ähm, Malfoy.“ korrigierte ich mich und der Angesprochene hob eine Augenbraue.

~Gut, der Name war schon mal richtig und weiter?~

„Wir müssen reden.“ Malfoy Augenbraue erhob sich noch mehr Richtung Haaransatz.

~Im ernst jetzt? „Wir müssen reden.“ Was ist mit dir los?... Sei einfach still und halt dich daraus.~

„Ich mein wegen Silvester.“

Der blonde Slytherin verschränkte die Arme vor der Brust. Er hatte bis jetzt noch kein einziges Wort gesprochen. Irgendwie, hatte ich es mir leichter vorgestellt etwas aus ihm heraus zu quetschen. Zumindest war ich dem Glauben verfallen gewesen, dass ich ihn dazu bringen könnte irgendetwas zu erwidern.

„Ok, pass auf. Ich weiß, dass du etwas weißt. Und du weißt, dass ich weiß, dass du etwas weißt.“ sprach ich drauf los und verzog am Ende das Gesicht. Wenn ich schon meinen Ausführungen kaum folgen konnte, wie sollte er es dann?

„Ähm...“ murmelte ich verlegen und vermied es in Malfoys Gesicht zu blicken. „Also was geht hier eigentlich vor? Warum ist das passiert, was war das überhaupt genau und...“

„Nicht hier.“ unterbrach mich mein Gegenüber und sah wieder an mir vorbei. Dann drehte er sich um und ich folgte ihm in den schmalen Gang, aus dem er gekommen war.

~Immerhin hat er etwas gesagt.~

Wir liefen einige Minuten, verließ den Korridor und gingen eine lange Treppe herab. Dann wurde mir klar, dass wir ganz in der Nähe meines Klassenzimmers für Zaubertränke waren. Malfoy verschwand nach einige weiteren Meter in einem versteckt liegenden Gang und blieb dann stehen.

„Also...“ Nervös blickte ich in Malfoys Augen. Er war mir sehr nah und um uns herum war alles düster. „Was war da los?“

Der blonde Slytherin stützte sich mit einer Hand gegen die Wand und sah dabei nachdenklich an die schwarze Decke des Kerkers. Seine sonst so perfekte selbstsichere Miene war verschwunden und er schien zu überlegen, was er sagen sollte.

„Jetzt sag es mir schon. Wir wären da beinahe drauf gegangen!“ meinte ich, nun mutiger geworden, durch Malfoys Unsicherheit.

„Wenn du nicht hingegangen wärst, wäre das nicht passiert.“ brach es aus Malfoy heraus und ich riss die Augen auf.

„Ja, genau. Zwei Warnung per Eule mit einem Spruch in dem man mir sagt, ich solle nicht hingehen, weil sonst was schlimmes geschieht. Wahnsinn. Wer hört schon darauf? Wenn das Kind die Schokoladentorte vor Augen hat und man ihm sagt „Iss sie nicht, sonst passiert was schlimmes!“ was meinst du was das Kind machen wird?“ antwortete ich und verschränkte die Arme vor der Brust. Malfoy wurde hellhörig.

„Zwei Warnungen?“

~Verdammt, zu viel geplappert.~

Es herrschte einen Moment Stille, in der ich mir gut überlegen musste, wie ich meine Karten am besten ausspielen konnte.

„Ich erzähl dir mehr, wenn du mir den gleichen Gefallen erfüllst.“ sagte ich schließlich und einen Moment meinte ich ein überraschtes Grinsen auf Malfoys Lippen zu erkennen.

„Also schön, was möchtest du wissen?“ fragte er und lehnte sich so zu mir herüber, dass ich gegen die Wand wich und etwas mulmig zu ihm aufblickte.

„Was ist da genau an Silvester geschehen?“ wiederholte ich meine Frage, merkte jedoch, wie mir meine Stimme am Ende wegbrach. Der Slytherin hatte sich noch näher zu mir gebeugt, so dass wir uns nun aus sehr kurzer Distanz gegenüber standen. „Ich mein... warum hat uns dieses Ding verfolgt?“

Malfoy entfernte sich einige Zentimeter und blickte nun sehr ernst an eine Stelle der Wand oberhalb meines Kopfes.

„Nicht uns, dich!“

„Oh, das ist ähm, ja, nicht gut.“

~Tolle Erkenntnis.~

Malfoy blickte wieder auf mich herab. Seine Miene war selbstzufrieden und spöttisch.

„Richtig. Und nun sag mir, was du mit „zwei Warnungen“ gemeint hast.“

„Halt, nein. So läuft das nicht. Ich weiß ja kaum was. Warum war dieser Feuerball hinter mir her?“

„Das weiß ich nicht.“ antwortete Malfoy, doch ich sah ihm an, dass er da wohl nicht ganz die Wahrheit sprach. Aber bevor ich etwas sagen konnte redete er weiter. „Fakt ist, dass es jemand auf dich abgesehen hat. Vielleicht solltest du etwas mehr auf dich acht geben.“

Überrascht zog ich die Stirn kraus.

„Damit ich dich nicht ständig retten muss.“ erklärte Malfoy bei meinem Anblick. „Hab wirklich besseres zu tun.“

„Und ich hab besseres zu tun, als mich durch den „heldenhaften Einsatz von Draco Malfoy“ retten zu lassen.“ zitierte ich schnippisch den Tagespropheten und trat sauer einen Schritt auf Malfoy zu. Er schien meinen Seitenhieb zu verstehen, sein Gesicht verdüsterte sich einen Augenblick, doch dann schlich sich ein hinterhältiges Grinsen auf seine Lippen. Er kam mir ebenfalls näher und ich erstarrte. Sein Atem berührte mein Gesicht und eine Gänsehaut verteilte sich über meinen Nacken.

„Das stimmt. Wir beide haben ja noch was anderes zu klären.“ meinte er leise. Die Silvesternacht war nun nebensächlich geworden. Ich dachte an das letzte Mal zurück, als wir uns so nah gewesen waren. Es war auch in Hogwarts gewesen und es war ebenso dunkel wie es nun war. Die Erinnerung an den unbedachten Moment im Hof, diesen schrecklich verbotenen Kuss, überkam mich und ich wich erneut gegen die Wand zurück. Malfoys Lippen auf meinen, seine Hände...

„Also, was ist nun mit dieser zweiten Warnung?“ fragte der Slytherin und entfernte sich ein Stück von mir.

„Was?“ Verwirrt sah ich zu ihm auf. Sein Grinsen wurde dadurch nur noch breiter.

„Die zweite Warnung von der du gesprochen hast.“

„Achso...“ murmelte ich und merkte wie mein Gesicht zu glühen begann.

~Er spielt mit mir!~ leuchtete die Wahrheit in meinem Kopf auf. Schnell schickte ich ein Stoßgebet Richtung Himmel, dass Malfoy nicht bemerkt hatte, wie gut ihm meine Verwirrung gelungen war. Doch der Blick des Slytherins verriet nichts gutes.

„Ja, die zweite Warnung. Ich hatte einen ähnlichen Brief wie den von dir bekommen, aber ich weiß nicht von wem.“ begann ich schnell, in der Hoffnung mir so jeglichen dummen Kommentar von Malfoy sparen zu können und straffte gleichzeitig meine Schultern. „Scheint wohl zum guten Ton zu gehören, dass man seinen Namen bei so wichtigen Angelegenheiten verheimlicht.“

Die Zweideutigkeit schien Malfoy kaum zu interessieren. Er nickte nur stumm vor sich hin.

„Kann ich den Zettel mal sehen?“

„Hab ihn nicht dabei. Und du wirst auch nichts darauf finden können. Einfach nur ein Satz, das ist es.“

Malfoy nickte weiter und sah mich dann wieder an.

„Aber dir geht’s gut?“ Ich erwiderte überrascht seinen Blick. Wie kam er jetzt darauf?

„Ja, ich denk schon.“

„Gut.“ meinte Malfoy und lehnte sich neben mich gegen die Wand. Unsere Arme berührten sich und ich musste schwer schlucken. Wer hätte das gedacht, dass wir einmal so nah beieinander stehen konnten, ohne uns die Augen auszukratzen.

„Und dir?“ fragte ich, da mir nichts anderes einfiel und die Stille mich irgendwie nervös machte.

„Was ist mit mir?“ wollte Malfoy wissen.

„Na, geht es dir gut?“ ~Je mehr ich rede, desto dümmer klinge ich. Ich sollte die Klappe halten.~

„Alles in Ordnung.“ antwortete Malfoy, schien jedoch mindestens so überrascht zu sein, wie ich es bei seiner Frage nach meinem Gemütszustand gewesen war.

Und erneut lag tiefe Stille über uns.

~Wie komm ich aus dieser Situation wieder heraus?~ überlegte ich und spürte die Wärme von Malfoys Körper neben mir. Diese schien sich auf meinen Magen zu übertragen. Seine Fingerspitzen lagen an meinem Handrücken und ich hörte meinen Herzschlag im Ohr. Die Nähe tat mir nicht gut.

„Ich, ähm, sollte...“ hob ich an und drehte mich zu Malfoy, um mich schnell zu verabschieden. Dabei kam ich ihm jedoch noch näher und hielt inne. Er musterte mich so durchdringend und ich konnte mich nicht mehr von seinen Augen lösen. Kaum wahrnehmbar bewegte sich mein Körper vornüber. Direkt auf diese wundervollen blaugrauen Augen zu. Malfoys Hand glitt meinen Arm entlang und erreicht über die Schulter hinweg meinen Nacken, wo sie leicht liegen blieb.

„Ich...“ hob ich noch ein mal an, doch die Realität war bereits verschwunden. Malfoy beugte sich die letzten Zentimeter zu mir und ließ seine Lippen auf meinen ruhen. Dieser Moment schien eine Ewigkeit anzuhalten und dann bewegten sich sein Mund und strich sanft die Konturen meiner Oberlippe entlang. So weich und warm und herrlich. Ein Schauer überkam mich und beim ausatmen gab ich einen leisen wohl behaglichen Laut von mir. Langsam drückte ich mich näher an den blonden Mann und öffnete leicht meine Lippen.

Danach bestand die Welt einige Minuten nur aus Malfoys Händen und Lippen. Der Kuss war so zart. So ganz anders als unser erster Kuss.

Dracos Hand lag an meiner Wange und streichelte sanft über die Haut und einige verirrte Haarsträhnen. Meine Arme schlossen sich um seinen Hals und drückten mich so noch näher an ihn heran. Niemand sprach ein Wort. Unsere Lippen bewegten sich wie zwei Tänzer auf einer Tanzfläche miteinander. Es war berauschend seinen Körper so nah an meinem zu spüren.

Unbewusst seufzte ich auf, als sich unsere Lippen kurz trennten, um sich dann erneut zu vereinigen. Malfoys Hand vergrub sich in meinem Haar und zog mich, wenn das überhaupt möglich war, noch dichter an ihn heran. Der Kuss wurde intensiver, schneller. Atemlos und gleichzeitig scheu ließ ich meine Finger über sein Hemd wandern. Malfoys Hände, eine in meinen Haaren verborgen, die andere auf meinem Rücken, hielten einen Moment inne und wanderten dann hinab zu meiner Hüfte. Sie umfassten meine Taille, tasteten dann weiter hinab und drückten meine Hüfte gegen seine. Schauer überkamen mich und schienen sich unterhalb meines Bauchnabels zu sammeln. Meine rechte Hand wanderte zwischen Malfoys Hemdknöpfen herum und stahl sich einen Moment in eine der Lücken, zwischen zwei Knöpfen. Die Fingerspitzen ertasteten weiche Haut. Dann keuchte ich auf und unsere Lippen trennten sich von einander. Meine Augen öffneten sich einen Spalt breit und ich zog die Finger aus dem Hemd hervor. Es herrschte Stille.

Wie betäubt war mein Blick auf Malfoy gerichtet. Dann kam die Erkenntnis.

Schon wieder. Wie konnte das schon wieder geschehen? Was sollte ich jetzt tun? Wegrennen, wie beim letzten mal?

Mein Blick wanderte hektisch umher, ohne nach etwas bestimmten Ausschau zu halten. Malfoys Hände lagen noch leicht auf meiner Hüfte, und diese war immer noch gegen seine gedrückt.

~Wenn ich wegrenne, kann er mir bestimmt nicht so schnell folgen, zu wenig Durchblutung in den Beinen. Das wird scheinbar gerade wo anders gebraucht.~ Ich wurde rot bei meinen Gedanken. ~Oh man!~

Überfordert mit der Situation zog ich meine Hände von Malfoys Hemd zurück und umfasste mit der rechten Hand nervös die Finger der linken. Auch Malfoy ließ seine Arme sinken und so standen wir nur noch eng beieinander.

„Ich...“ flüsterte ich kaum hörbar und entfernte mich langsam von dem warmen Körper des Slytherins. „Ich muss jetzt.. also. Ja...“

~Was rede ich denn da nur?~

Malfoy hingegen war bis dahin komplett sprachlos gewesen. Er rückte von der Wand ab, ließ mich dabei jedoch keine Sekunde aus den Augen. Schweigend standen wir voreinander und wussten wohl beide nicht genau, was jetzt geschehen sollte.

„Also...“ meinte ich kleinlaut und setzte einen Schritt rückwärts Richtung Kerkerausgang. Malfoy nickte kaum merklich und ich tat einen weiteren Schritt. Als ich mich umdrehte, um den Rest des Weges gewohnt vorwärts zurück zu legen, hörte ich, wie Malfoy sich ebenfalls in Bewegung setzte. Er folgt mir.

Mein ganzer Körper war immer noch wie berauscht von dem Kuss von vorhin, dass ich Mühe hatte normal zu laufen, ohne, dass sich die angestaute Energie durch verrückte Zuckungen befreite. Als wir die Treppen zur Eingangshalle hinauf liefen, konnte ich nicht widerstehen und sah über meine Schulter. Malfoys Blick war nicht zu deuten. Er wirkte betont gefasst, aber ich meinte hinter der Fassade zum einen Nachdenklichkeit und zum anderen Ratlosigkeit zu erkennen.

~Willkommen im Club!~

Ich drehte mich schnell wieder um, bevor ich noch Gefahr lief über eine Stufe zu stolpern.
 

Als wir die Eingangshalle erreicht hatten blieb Malfoy stehen und ich lief, wenn auch nach kurzem Zögern, weiter Richtung Portal. Bevor ich im Hof verschwand, blickte ich noch einmal zu Malfoy herüber, der immer noch an der Treppe zu den Kerkern stand und mich zurück anstarrte.

~Oh mein Gott.~

Dann umfing mich frische Luft und hastig lief ich auf die in der Ferne sichtbaren Türme des Quidditchfeldes zu.

~*~*~

In der Nacht hatte ich Zeit mich mit mir und dem vor einigen Stunden Gesehenem auseinander zu setzen. Malfoy und ich hatten uns schon wieder geküsst. Das konnte einfach nicht wahr sein. Doch dieses Mal braucht ich meine innere Stimme nicht, die mir zuredete, dass es mir gefallen hatte. Ohne Zweifel hatte es das. Als ich mir das im Bett liegend, nach einigem hin und her, eingestanden hatte, musste mein Kopfkissen viel leiden. Ich zog, zerrte und schlug darauf ein, weil ich einfach nicht begreifen wollte, warum es mir gefallen hatte. Auch bei dieser Frage, verzichtete ich schließlich auf Ausflüchte. Es kam zu dem entscheidenden Gedanken.

~Ich, Marianne Vallenstone, mag Draco Malfoy.~

Danach flog mein Kissen aus dem Bett und ich lag matt auf der Matratze. Ich mochte ihn, sonst wäre das nicht (schon wieder) passiert. Dieser Kerl, machte mich fertig. Wie konnte ich nur meinen doch so verhassten Erzfeind mögen? Ihn küssen?

~AAAAAAHHHHHHHHHH!~

Ich konnte nicht richtig schreien, da meine schlafenden Freundinnen bestimmt nicht angetan wären, wenn ich sie wecken würde. Außerdem müsste ich dann meinen Schrei erklären und das wollte ich lieber vermeiden.Womit wir bei einem weiteren Problem wären. Meine Freunde.

Sie durfte nie herausfinden, dass ich Malfoy mochte. Schließlich waren sie nicht gerade seine größten Fans. Am besten wäre es wohl, wenn ich es selber vergaß. Doch wie sollte ich das nur anstellen? Wenn ich versuchen würde ihm aus dem Weg zu gehen, würde ich erstens keine weiteren Fortschritte mit der Aufklärung der Silvesterereignisse machen und zweitens würde das Schicksal bestimmt alle Hebel in Bewegung setzen, dass ich trotz Vorsorge immer wieder auf Malfoy traf. Schließlich war das seit meiner ersten Ankunft in Hogwarts so gelaufen. Warum sollte sich das ändern? Irgendwo im Himmel musste es einen Gott geben, der mit einer großen Tüte Popcorn auf mich herab sah, mein Leben in für ihn unterhaltsame Richtungen lenkte und sich die Folgen fröhlich anschaute, wie einen Blockbuster.
 

Schließlich erreichte Morgenrot das Turmfenster und ich lag immer noch wach. Es war aber auch ein Teufelskreis. Ich musste herausfinden, was an Silvester geschehen war. Dafür brauchte ich Malfoy, er wusste noch mehr, als er bis jetzt verraten hatte.

~Aber ich sollte Malfoy lieber aus dem Weg gehen. Sonst geschieht noch... Ja?... Noch was schlimmeres. Ich muss ihn wieder hassen lernen. Das kann doch nicht so schwer sein.~

Hermines Wecker klingelte.

Ich setzte mich auf und sah ihr dabei zu, wie sie sich müde den Schlaf aus den Augen rieb. Dann fiel ihr Blick auf mich.

„Oh, Mary. Ist etwas passiert?“ fragte sie und schien sofort hellwach.

„Warum sollte was passiert sein?“ fragte ich zurück und schaffte es eine völlig unschuldige Miene aufzusetzen.

„Naja, du bist wach.“ stellte sie fest und musterte mich eindringlich. Im anderen Bett raschelte es und Ginny steckte Kopf unter der Decke hervor.

„Morgen.“ gähnte sie und sah sich zu uns um. „Mary, was ist los?“

Ich verdrehte die Augen.

„Was soll schon los sein. Ist es so unwahrscheinlich, dass ich mal früh wach bin?“ fragte ich schnippisch und meine Freundinnen wechselten einen bedeutungsschweren Blick.

„Ja!“ kam es dann von beiden gleichzeitig.

„Tja...“ meinte ich, stand auf und lief bzw. floh ins Bad. „Es ist aber nichts.“
 

Wenig später ging ich gemeinsam mit den anderen, Harry und Ron hatten wir im Gemeinschaftsraum aufgegabelt, zum Frühstück in die Große Halle. Dort war es noch recht leer, viele der Schüler kamen erst kurz vor Unterrichtsbeginn, wie es sonst auch meine Angewohnheit war. Malfoy war auch noch nicht da und ich setzte mich unruhig auf meinen Platz am Gryffindortisch.

~Ob Malfoy wohl auch nicht schlafen konnte? Halt, stop. Das ist egal. Denn er ist nicht nett. Ich sollte mich nicht für ihn interessieren. Ich sollte ihn hassen. Ja, hassen.~ Im Kopf ging ich alle Situationen durch, die ich mit ihm erlebt hatte und prägte mir alles ein, was ich an ihm gehasst hatte. Das mir dabei die Szenen dazwischen kamen, an denen er mir das Leben rettet oder wir uns küssten war jedoch nicht besonders hilfreich.

Langsam wurde es voller in der Großen Halle. Ich genehmigte mir grade eine Portion Cornflakes und sah unauffällig zur Tür, als Daphne Greengrass fluchtartig in die Halle gestürmt kam und sich weit ab von den anderen Slytherins an ihrem Haustisch niederließ. Ich hob die Augenbrauen bei diesem seltsamen Anblick. Dann wand ich mich wieder der Tür zu, um vielleicht herauszufinden, warum es Daphne so eilig gehabt hatte. Bis zur ersten Unterrichtsstunde war schließlich noch genügend Zeit.

~Oh ja, dass erklärt einiges. Da wäre ich auch gerannt.~

Draco Malfoy betrat die Halle, sah sich betont gleichgültig um, erblickte Daphne und wand sich dann zum Gryffindortisch. Hecktisch drehte ich mich von ihm weg.

Nachdem ich einige Sekunden regungslos und mit starrem Blick auf meine halbvolle Cornflaksschüssel dagesessen hatte, drehte ich mich vorsichtig nach hinten. Malfoy hatte am Slytherintisch platz genommen und trank gerade ein Schluck Orangensaft.

~Was mach ich nur mit ihm?~

„Morgen Mary!“ begrüßte mich jemand von der anderen Seite und ich drehte mich erschrocken um.

~Tja, was du mit ihm hier machst, könntest du dich auch fragen.~

„Hi, Seamus.“ antwortete ich meinem Gegenüber und versucht möglichst nicht ertappt auszusehen. Der schwarzhaarige Junge setzte sich neben mich und grinste mir zu.

„Hast du gut geschlafen?“ Ich stutzte bei der Frage. Doch bevor ich antworten konnte hatte sich Ginny in unser Gespräch eingemischt.

„Das kann man nicht mit Sicherheit sagen. Stell dir vor, Mary war heute Morgen vor Hermine und mir wach.“

„Nein!“ sagte Seamus.

„Doch!“ widersprach Ginny energisch, stupste mir in die Seiten und grinste breit. „Was kann es nur gewesen sein, dass unseren Morgenmuffel zum so frühen Aufstehen bewegt hat? Vielleicht hatte sie einen aufwühlenden Traum?“

Ich verzog das Gesicht, denn ihre Aussprache ließ keinen weiten Spielraum inwiefern der Traum „aufwühlend“ gewesen sein könnte. Doch Hermine schuf trotzdem einen.

„Ja, ihre Schulbücher haben sie im Traum verfolgt und ihr zugerufen „Du lernst nicht genug!“.“

Ich verdrehte die Augen. Immerhin war es weniger peinlich, als Ginnys Vermutung.

„Oder Irgendetwas ist passiert, das sie so beschäftigt hat, dass sie nicht mal in Ruhe schlafen konnte und deshalb so früh auf den Beinen war?“ mutmaßte Harry und sah mich fragend und gleichzeitig amüsiert an.

„Aber was kann das nur gewesen sein?“ fragte Seamus, der sich dem „Lasst-uns-Mary-ärgern“-Trupp somit angeschlossen hatte. Sie alle ahnten nicht mal wie nah sie der Wahrheit gekommen waren. Doch ich war mir sicher, dass sie niemals erraten würde, was wirklich vor sich ging. Nein, es war in ihren Augen und theoretisch ja auch in meinen unmöglich, dass ich Draco Malfoy mögen konnte.

„Vielleicht...“ begann Ginny enthusiastisch, doch ich unterbrach sie.

„Können wir bitte das Thema wechseln?“ Langsam bekam ich Kopfschmerzen. Zum einem vom Schlafentzug, zum anderen durch meine Freunde. Zu meinem Glück flogen in diesem Moment die Posteulen ein und alle waren mit anderen Dingen beschäftigt. Nur Seamus blickte mich weiter neugierig an, schien es jedoch für sinnvoller zu halten, nicht weiter nachzufragen. Stattdessen lächelte er und wenige Sekunden später spürte ich seinen Arm, der sich auf meine Schultern legte.

„Wie sieht es aus, Miss Vallenstone? Hätten Sie heute Nachmittag Zeit für einen kleinen Spaziergang?“ fragte er und ich drehte mich so weit zu ihm, dass ich aus den Augenwinkeln den Slytherintisch im Blick hatte. Draco Malfoy sah zu uns herüber und mein Magen machte einen kleinen Sprung in die Luft.

„Naja...“ Meine Augen wanderten von Seamus mich umschlungen haltenden Arm, zu Malfoy, der mich durchdringend anstarrte und hoch in Seamus Augen.

„Na.. Ja!“ meinte Seamus und grinste nur breiter. „Komm schon, du kannst doch nicht ewig in der Bibliothek versauern! Ein wenig frische Luft wird dir gut tun.“

Ich sah ihn kurz an, zwang mir ein Lächeln ab und nickte schließlich ergeben. Hatte ich doch keine Ahnung wie ich mit den beiden Männern in meinem Leben umgehen sollte. Malfoy sah mich noch einmal scharf an und wandte sich dann ab.

~Himmel und Hölle!~
 

Als das Frühstück beendet war, tapste ich immer müder werdend von einer Unterrichtsstunde zur nächsten bzw. tapste von einem unbequemen Stuhl, den ich als Schlafplatz erwählte, zum nächsten. Nach dem Mittagessen ging es mir kaum besser, doch ich hatte noch zwei Stunden Zeit, bevor ich mich mit Seamus treffen wollte und entschied mich dafür im Gryffindorschlafsaal eine Runde Schlaf nachzuholen. Das ging ganz gut, obwohl ich mich immer noch halbtot fühlte, als ich die Stufen des Turms Richtung Eingangsportal herunter lief. Vorher hatte ich versucht mit einer kleinen Katzenwäsche und etwas Make up mein mitgenommen wirkendes Gesicht aufzufrischen, was wenigstens teilweise funktioniert hatte. Die aufkommenden Augenringe lagen unter hellem Puder verborgen und die Lippen waren tiefrot bemalt, um von dem müden Blick abzulenken. Leider hatte ich durch das viele Einschlafen im Unterricht bzw. im Schlafsaal keine Zeit gehabt mir zu überlegen, was ich gleich bitte mit Seamus machen sollte. Das war schließlich ein Date. Seamus und ich hatten uns bereits geküsst, er umarmte mich am Frühstückstisch vor allen anderen. Es wurde ernst. Das sollte mich freuen, tat es aber nicht. So wundervoll Seamus auch war, und so unglaublich attraktiv ich ihn auch fand. Ich hatte Malfoy geküsst und ein Stück von mir dabei verloren. Es war nicht nur so, dass ich diesen blöden Slytherin mochte, nein, ich war ~denk das bloß nicht zu Ende!~.
 

Wenig später erreichte ich die Treppe in der Eingangshalle und sah mich nervös um. Seamus war noch nicht da, also setzte ich mich ermattet auf eine der unteren Treppenstufen und blickte ins Leere.

~Was soll ich nur tun? Ob Malfoy mich wohl auch... nein! Das kann nicht sein. Aber warum sollte er mich sonst küssen? Gut, er ist ein Schwerenöter und alles, aber...~ Ich vergrub mein Gesicht in den Händen. ~Kein aber. Er spielt nur mit mir. Es kann nicht anders sein. Dieser Kerl kann gar keine Gefühle haben, soviel wie er gezeigt hat, oder meine Freunde mir berichtet haben. Es kann nicht sein, oder doch?~

Schritte näherten sich der Eingangshalle. Um diese Zeit liefen recht viele Schüler durch die Gänge oder verließen das Schloss durch diese Halle Richtung Ländereien, doch seit ein paar Minuten hatte sich eine schwere Stille ausgebreitet, vermutlich um meine Melancholie noch mehr zu steigern. Ich horchte auf. Die Schritte kamen aus Richtung der Kerker und als sie näher kamen hörte ich, wie sich weitere Schritte dazugesellten. Die Personen, die sich da näherten liefen immer schneller. Unauffällig blickte ich zwischen dem steinernen Geländer der Treppe hindurch und erkannte Daphne, die gerade aus der Tür des Kerkers hetzte, als eine Hand sie packte und zurück zog. Atemlos versuchte ich dem aufkommenden Gespräch zu folgen. Nach einigen Sekunden erkannte ich Malfoys leise Stimme. Leider saß ich zu weit weg und alles mitzubekommen.

„.. war auch in dieser Situation, aber... lass es! Sonst...“ hörte ich Malfoy sagen.

„Ich weiß nicht wovon du redest!“ erwiderte Daphne und hob dabei die Stimme. Allerdings hörte selbst ich heraus, dass sie zitterte. Dann sprach Malfoy wieder, doch ich verstand nichts.

In diesem Moment ertönten erneut Schritte und hinter mir kam Seamus die Treppe herunter gelaufen.

„Hey, Mary!“ rief er laut und ich zuckte zusammen. Dann stand ich bedächtig auf und versuchte keinen Blick Richtung Kerker zu werfen.

„Hey...“ antwortete ich und fuhr mir nervös durchs Haar.

„Wartest du schon lange?“

„Absolut nicht, nein, gar nicht. Bin auch grade erst gekommen.“ antwortete ich betont laut. ~Und ich hab auch überhaupt nichts seltsames mitbekommen!~

„Na dann ist ja gut, wollen wir?“

Ich nickte schnell und hakte mich in seinem mir angebotenem Arm ein. Dann verließen wir die Halle und ich fragte mich, ob die beiden Slytherins wohl noch im Gang zum Kerker standen und ob sie ahnten, dass ich ihr Gespräch mitbekommen hatte. Was ja nicht vollends der Wahrheit entsprach und mir weitere Rätsel aufgab. War die Unterhaltung der beiden erneut auf ihr Techtelmechtel bezogen oder ging es um etwas ganz anderes. Daphne schien ja vor ihm zu fliehen.

Während ich vor mich hin überlegte, bekam ich nur die Hälfte von dem mit, was Seamus mir erzählte. Irgendwann bemerkte er meine geistige Abwesenheit und stellte mich zur Rede. Ich schob alles auf meinen Schlafmangel, den ich durch einen bösen Traum erklärte. Immerhin dafür hatte ich eine glaubwürdige Erklärung gefunden. Seamus wirkte ein wenig enttäuscht über meinen Zustand und ich erklärte ihm, dass ich es an einem anderen Tag wieder gut machen würde. Vielleicht am bald anstehenden Hogsmead Wochenende. Daraufhin lächelte er freudig und nickte.

Wir liefen noch eine Minuten weiter, bis wir den See erreichten und bemerkten, dass es schon spät geworden war. Ich überredete Seamus schon voraus in die Große Halle zu gehen und mir einen Platz für das Abendessen freizuhalten, damit ich mich kurz am See hinsetzen konnte, um etwas wacher zu werden.
 

Nun saß ich also da und grübelte weiter über mein Leben nach. Die Küsse mit Malfoy, meine Gefühle für ihn, das ominöse Gespräch, dass er mit Daphne hatte, dann noch Seamus und die Silvesterfeier. Das alles war einfach zu viel für mich. Fertig mit der Welt legte ich mich auf den Rücken und starrte in den dunkler werdenden Himmel. Langsam fielen mir die Augen zu und ich riss mich im selben Moment wieder hoch.

~Hier einzuschlafen wäre keine gute Idee.~

Ich schüttelte mich kurz und stand dann auf.

Als ich den Hof vor dem Schloss erreichte bemerkte ich eine dunkle Gestalt auf einer der Bänke sitzen. Erstarrt blieb ich stehen, als ich Malfoy erkannte und schluckte schwer.

~Wie soll ich mich nur ihm gegenüber verhalten?~

Er saß unmittelbar in der Nähe der Tür, also würde er mich auf jeden Fall bemerken, wenn ich an ihm vorbei lief. Unauffällig schlich ich mich näher ans Schloss heran und ließ den blonden Slytherin dabei nicht eine Sekunde aus den Augen. Er las ein Buch und schien sehr vertieft darin zu sein. Nachdem ich ihm so nah gekommen war, wie es mir ungefährlich schien, konnte ich erkennen, was er las.

~Oh mein Gott! Das kann nicht wahr sein.~

Mit aufgerissenen Augen starrte ich auf den Einband des Buches.

~Draco Malfoy ließt „Stolz und Vorurteil“, mein „Stolz und Vorurteil“!~ Und wie es schien hatte er es fast durch. Ich überlegte, wie ich das, ohne das mein Weltbild zerstört wurde, verarbeiten konnte. Kam dabei jedoch nicht weit, denn in diesem Moment wurde das Tor zum Schloss aufgeschoben und Seamus kam hinaus marschiert. Von seiner Position aus konnte er mich gut erkennen, im Gegensatz zu Malfoy.

„Da bist du! Ich dachte schon du wärst eingeschlafen.“ rief er mir zu und ich erstarrte zu Eis.

Seamus kam mir näher und ich entschloss, dass es noch verdächtiger wirken würde, wenn ich mich nicht zeigen würde. Also trat ich einige Schritte aus meinem Versteck hervor und beobachtete aus den Augenwinkeln, wie Malfoy den Roman in seiner Tasche verschwinden ließ. Dann blickte er zu mir und Seamus. Rasch wand ich mich ab und versuchte so zu tun, als hätte ich ihn gar nicht bemerkt.

„Hey, nein, ich bin grade auf dem Weg gewesen.“ erklärte ich, als ich Seamus gegenüber stand. „Wollen wir rein?“ fragte er und grinste mich an. Ich nickte und spürte dann, wie er meine Hand in seine nahm. Mein Gesicht begann zu glühen und ich vermied es weiterhin in Malfoys Richtung zu blicken. Seamus hatte ihn noch nicht bemerkt, doch als er sich jetzt umdrehte, um ins Schloss zurück zu kehren, fiel sein Blick auf ihn.

„Man, der blickt ja böse drein. Habt ihr euch wieder gestritten?“ fragte Seamus und ich folgte vorsichtig seinem Blick. Malfoy starrte uns an und sah tatsächlich nicht besonders glücklich aus.

„Nein, das ist einfach seine übliche Miene. Komm lass uns gehen.“ meinte ich schnell, um dem durchbohrenden Blick Malfoys zu entgehen.
 

*****************************
 

Wie hat euch das gefallen? :-)
 

Hab euch lieb!

Euer Tabet



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  sternsonne
2012-06-22T17:49:28+00:00 22.06.2012 19:49
Hey ho, Habe schon lang nichts mehrgelesen gehabt und die Geschichte nochmal komplett durchgelesen. Sie gefällt mir immer noch richtig gut!
Ich freu mich schon auf das nächst Kaoitel. :)
Liebste Grüße,
sternsonne
Von:  serinanaru
2012-05-13T14:17:50+00:00 13.05.2012 16:17
Ich habe deine Geschichte erst heute morgen entdeckt und direkt bis zu deinem noch letzten kapittel durchgelesen :)
Du kannst wirklich super schreiben und ich habe noch nie so viel bei einer geschichte gelacht ^^
ich hoffe du schreibst schnell weiter bin schon richtig gespannt wie es weiter geht :)
Von:  Schreiberchen
2012-05-06T13:30:03+00:00 06.05.2012 15:30
WOW!!!
Ich hab vor einigen Monaten diese Story gefunden und sofort soweit gelesen, wie es ging, dann kam da nichts mehr :( und jetzt hab ich es wiedergefunden, welch ein wunder, oder vielleicht eine göttliche fügunge? XD
Schreib schnell weiter.

LG Schreiberchen!
Von: abgemeldet
2012-05-04T21:04:05+00:00 04.05.2012 23:04
Ein super Kapitel, awwww!!!!!!!!!!!!!
Ich fand es wieder richtig gut!!!
Schreib weiter so!!!

Lg Duski1
Von:  Runya
2012-04-16T15:23:42+00:00 16.04.2012 17:23
Wow.... ok... ich bin gerade etwas überwältigt...
Das Kap ist wirklich super gut geschrieben! Und was da alles passiert bzw. nicht passiert ist.... :) Der Kuss ist wirklich sehr genial beschrieben. Man muss einfach immer bei jedem Kapitel mitlachen :)

Ich freu mich auf jeden Fall schon auf das nächste Kap ^^ kanns garnicht erwarten ob und wie die beiden noch zueinander finden... ;)

glg
Runya
Von: abgemeldet
2012-04-15T01:24:30+00:00 15.04.2012 03:24
Awwww....
Den Kuss hast du wirklich einmalig beschrieben!
Man merkt das du dir mühe gibst und ich bin
sehr froh, diese Story endeckt zu haben!
Mach weiter, es ist wirklich atemberaubend!
Ich werde gespannt auf das nächste Kapi warten ^^

Lg Naru-chan


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