Als der Vize des roten Shanks war Ben Beckman einiges gewohnt, sehr viel gewohnt sogar. Er war es gewohnt zu trinken, zu babysitten und plötzlich in rauschende Kriege verwickelt zu werden… und wenn es dabei nur um Sake ging. Aber auf manche Dinge war selbst er nicht immer vorbereitet.
Die Crew hatte Landgang. Sie hatten an einem Hafen angelegt, reichlich kurzfristig, weil durch einen bedauerlichen Unfall (an dem vor allem Shanks beteiligt gewesen war) die Hälfte des Proviants und alle von Lous Töpfen über Bord gegangen waren. Und außerdem war mal wieder der Sake alle gewesen. Ben hätte die Crew eiskalt auf Entzug gesetzt, aber er war hier nicht der Captain, nein, der Captain war ein versoffener Querkopf und…
Ein lautes Gepolter tönte urplötzlich über das Schiff und Ben Beckman wäre beinahe die Zigarette aus dem Mundwinkel gerutscht, so sehr erschrak er. Sollte er nicht allein auf dem Schiff sein?
Grummelnd schob er seine Arbeit, nämlich die Route weiter zu planen, beiseite und erhob sich ein wenig steif aus seinem Stuhl. Wie lange saß er schon hier?
Ben zog an seiner Zigarette, um sich zu wappnen (natürlich glaubte er nicht, dass es etwas Ernstes war, eher… ein Betrunkener, der in ein Fass gefallen war oder so) und machte sich auf den Weg.
Das Gepolter war einem rhythmischen Klopfen gewichen, dem Ben hinauf an Deck folgte. Der Lärm schien aus der Kombüse zu kommen. Dort war die Tür nur angelehnt und unter das Klopfen mischte sich ein wüstes Fluchen, wie Ben es nur von einem kannte. Schmunzelnd stieß er die Tür auf. „Was treibst du da?“, brummte er amüsiert.
Mit irgendwie irrem Blick und verwuscheltem, schweißfeuchtem Haar stierte der rote Shanks seinen Vize an. Sein Atem ging schnell und heftig. Ben hatte so den Verdacht, dass Shanks sich seit Jahren körperlich nicht mehr so angestrengt hatte.
„Sieht man doch“, knurrte der Captain, „Ich backe!“
Bens schmale Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln. Er hob eine Augenbraue. „Du verprügelst den Teig mit einem Nudelholz“, berichtigte er. Tatsächlich hielt Shanks das Nudelholz nur an einer Seite und benutzte es als Keule.
Noch einmal ließ Shanks sein Werkzeug auf den unschuldigen Teig herabsausen, dann ließ er es liegen und stürzte sich darauf. Unter seinen Haarsträhnen hervor sah er Ben an, mit einem etwas bitteren Unterton. Dann wedelte er mit seinem leeren Ärmel. „Schon vergessen? Ich hab leider nur einen Arm!“
Misstrauisch runzelte Ben die Stirn. „Bist du nüchtern?“, fragte er und klang sogar einen Hauch ungläubig.
Shanks seufzte, fuhr sich mit der Hand durchs Haar und hinterließ etwas Teig in den Strähnen. „Ja“, knurrte er, „Der Sake ist alle.“
Ben nahm seine Zigarette aus dem Mund und drückte sie zwischen Daumen und Zeigefinger aus. Dann lehnte er sich ein Stück aus der Tür, um sie übers Deck und von Bord zu schnippen und wandte sich wieder Shanks zu. „Soll ich dir helfen?“, fragte er ruhig.
Shanks schüttelte den Kopf. „Nein, schon gut“, erwiderte er, „Ich lass es einfach.“
Er kam um den Tisch herum und Ben trat einen Schritt beiseite, um die Tür frei zu machen.
Als Shanks halb übers Deck war, seufzte Ben auf und bettete das Gesicht in eine Hand. „Shanks?“, rief er ihm nach. Der Captain hielt inne. „Da ist noch eine Flasche unter meinem Tisch, in der Kiste“, gab Ben zu, „Die war für besondere Anlässe gedacht. Nimm sie dir!“
Hinter seinem Rücken grinste Shanks breit. Natürlich hatte er von der Flasche gewusst. „Danke“, meinte er vergnügt, „Ach und… du könntest den Teig ausrollen, damit ich meine Kekse ausstechen kann!“
Ben schüttelte schmunzelnd den Kopf, dann wurde er wieder ernst. „Hast du es je bereut?“
Shanks breites Grinsen wurde weicher, sanfter. Er musste nicht fragen, worauf Ben hinaus wollte. „Nein“, sagte er, „Niemals.“
Shanks machte sich auf, um den Sake zu holen und Ben griff nach dem Nudelholz.
ENDE
