ＰＨ » Ｆｌｙ Ｈｉｇｈ

Love..

Nachdenklich saß Gilbert am Fenster und sah hinaus. Die Sonne zeigte sich von ihrem hellsten Glanz, während die Vögel die Straßen mit Gesang erfüllten. Ein traumhaft schöner Tag, der die Leute aus ihren Häusern lockte. Doch in den Augen des Dunkelhaarigen, war es eine Schande, dass ausgerechnet dieser Tag mit solch einer Schönheit gesegnet war, als wäre es der perfekte Tag des Jahres. Aber das war er nicht. Im Gegenteil – es war der qualvollste Tag des Jahres. Es waren die grausamen Erinnerungen, die ihn seit bereits fünf Jahren peinigten.

Eine viel zu große Schuld lastete seitdem auf seinen Schultern, die er nicht abwerfen konnte. Egal, wie sehr er sich bemühte, sie würde auf ewig dort ruhen müssen. Dieser Fakt zerriss ihn innerlich so sehr, dass ihm unweigerlich die Zigarette aus den Fingern glitt und sein Kopf schwer nach unten sackte. Seine schwarzen Haare hingen wild herum und verdeckten sein Antlitz.
 

»Don't look back to the sorrow I left behind.«
 

Mit einem Mal vernahm er Schritte, die immer näher kamen. Voller Hoffnung blickte er auf und seine Augen fixierten ein kleines Mädchen, welches so eben seine Zigarette vom Fußboden hob. „Wenn Mama das wüsste, wäre sie sehr wütend mit dir. Sie würde dich dafür ausschimpfen!“, schnaubte die Kleine, stellte sich auf die Zehnspitzen und warf den lästigen Glimmstängel aus dem Fenster.

Wortlos beobachtete Gilbert, was Gilice dort tat, ehe sich instinktiv ein barmherziges Lächeln auf seinen Lippen bildete. Kraftlos ließ sich der großgewachsene Mann auf die Knie nieder und schloss seine Prinzessin fest in die Arme. Jedes Mal wenn er vergessen hatte, wieso er noch Teil dieser Welt war, waren es seine Kinder, die ihn daran erinnerten, dass er eine Aufgabe zu erledigen hatte.
 

»I wish you were here, and so just right by my side.«
 

Langsam lösten sich die beiden von einander und freudig strahlte die Kleine ihren Vater an. „Ich hab dich lieb“, schnurrte sie lächelnd, bevor sie davonhüpfte. Erleichtert stieß Gilbert die Luft aus seinen Lungen.

Plötzlich jedoch hörte er einen dumpfen Aufprall. Ein Hauch von Panik stieg in ihm auf, die ihn sofort in das Nachbarzimmer eilen ließ. Dort sah er seine kleine Tochter, wie sie sich vor dem Spiegel betrachtete, während ihr Bruder auf dem Boden saß und sich den Kopf hielt. „Dummer Hase!“, fauchte er, woraufhin sich die Kleine zu ihm umdrehte und ihn mit einem bösen Blick strafte. „Hässlicher Seetangkopf!“, konterte sie schnaubend. „Dummer, dummer -“, begann der Junge, brach aber ab, als sich sein Vater neben ihn kniete und ihn ein vielsagenden Blick zuwarf. Beleidigt sah er zur Seite und verschränkte die Arme. „Sie hat angefangen!“, rechtfertigte sich Alibert, während Gilice daraufhin ebenfalls eingeschnappt zur Seite sah.
 

»Need to be strong enough to swallow my pride.«
 

Plötzlich klopfte es an der Tür und Gilbert sah schlagartig auf. „Das ist die Kutsche“, erklärte er und erhob sich vom Boden. Er putzte sich den Staub von den Hosen, ehe er auch seinem Sohn auf die Beine half. Die beiden Geschwister würdigten sich keines Blickes. Der Dunkelhaarige seufzte. Dann zog er sich sein Mantel über und setzte sich den Hut auf. „Lasst uns gehen“, meinte er und bockig trotteten die Kleinen aus der Wohnung, um anschließend in die Kutsche zu steigen. Der Anblick der beiden, wenn sie sich so verhielten, entlockte ihm merkwürdigerweise ein Schmunzeln. Nicht die Tatsache, dass sie sich – mal wieder, wohl gesagt – nicht verstanden, war es, sondern die Situation an sich, die ihm so vertraut war, dass es ihm warm ums Herz wurde.