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Wiedergeburt des Löwen

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Wiedergeburt des Löwen

W I N T E R . 1 3 2 8
 

Es war Nacht und es war kalt.
 

Der Wind peitschte einem um die Ohren und verscheuchte nun auch die letzten Menschen auf den Straßen in die warmen Innenwände ihres Hauses. Gerade rechtzeitig könnte man schon sagen, da die ersten Schneeflocken zu Boden tanzten und den gepflasterten Boden nach und nach mit einer weißen Schicht bedeckten. Vollkommene Stille herrschte in der eigentlich äußert belebten Stadt, die selbst in der tiefsten Nacht von Menschen besucht wurde. Doch es wurde den Menschen zu kalt und jeder verkroch sich in das Haus, um die heiß geliebte Wärme wieder auf der Haut zu spüren. Man wartete nun auf den Sommer, der aber noch weit entfernt schien. Nicht ein einziger Mensch traute sich aus dem Haus, wobei ein Einzelner schon viel hätte bewirken können.
 

Ein Menschenleben retten zum Beispiel.
 

Nur wenige Meter vom Stadtzentrum entfernt, in einer verlassenen Gasse, lag nämlich ein junger Mann von 22 Jahren, der gegen den Tod ankämpfte. Ein Röcheln und Gurgeln war selbst in einiger Entfernung zu vernehmen, doch keiner schien ihn zu hören. Vollkommen auf sich alleine gestellt lag er in seinem eigenen Blut und seine Finger fuhren über die tiefen Wunden an seinem Hals und Schulter. Es war kein beruhigendes Streicheln seinerseits damit der Schmerz verging. Nein. Er begann an den bereits entzündeten Wunden zu kratzen und die klaffenden Löcher unnatürlich zu erweitern.

Ein Schrei voller Schmerz durchhallte die Luft.

Als ob jemand seine Schreie übertönen wollte, vernahm man aus weiter Ferne das kräftige Schlagen der Kirchglocken. Ein fauch ähnliches Geräusch entwich dem jungen Mann, der in seinem Wahn nun kräftiger über die unnatürlichen Wunden kratzte und mehr Schlechtes als Gutes dabei anrichtete.
 

Das Läuten der Glocke schmerzte in seinen Ohren und bei jedem erneuten Schlag schrie er auf vor Qual. Die Schmerzen waren überall zu spüren und es war unmöglich die Quelle des Schmerzes auszumachen. Wäre er noch klar bei Verstand wüsste er, wer oder was für sein ganzes Leid verantwortlich war, doch unter diesen Umständen war es unmöglich einen klaren Gedanken zu fassen.

Erneut durchfuhr ihn ein Schauer des Schmerzens seinen ganzen Körper und spannte jeden einzelnen Muskel an. Heftig schlug das Herz gegen die Brust und versuchte den Blutgehalt im Körper des Leidenden wieder herzustellen, was sich als eine schwierige Aufgabe herausstellte. Das ankommende Blut floss gleich wieder in Strömen aus den Wunden und bedeckte den Boden weiter mit einer dunkelroten Farbe. Die Schneeflocken, die es schafften am Boden anzukommen, färbten sich gleich rot und verschwanden im Fluss aus Blut.
 

Ein erneuter Schrei und dann war es plötzlich vollkommen still

Selbst die Kirchglocken hatten ihren letzten Schlag getan und ließen die Stille wieder zu.

Die Brust des jungen Mannes hob und senkte sich schnell, was das einzige Zeichen dafür war, dass er lebte. Seine weit aufgerissenen Augen wirkten leblos und sein Körper war blass und bleich, während weiter Blut aus den klaffenden Löchern floss.

Es schien als wäre er tot, doch dabei hatte die eigentliche Pein gerade erst begonnen.

Mit zitternder Hand fasste er sich wieder an die Wunden und spürte die Hitze, die davon ausging. Ein eindeutiges Zeichen für eine lebensgefährliche Entzündung, wenn nicht sogar Blutvergiftung. Obwohl bereits seit vielen Minuten Blut an seinen Fingern klebte, betrachtete er diese als wäre ihm noch nicht ganz bewusst, dass er hier bereits seit einiger Zeit verwundet auf dem Boden lag und stark blutete. Die zweite Hand wurde ebenso angehoben und betrachtet. Seine dunklen Augen erkundeten jeden Millimeter seiner Hände und entdeckte dabei die dicke Schicht von Blut unter seinen stark verschmutzen Fingernägeln. Die Hände wurden wieder gesenkt und langsam setzte er sich auf, wobei er sich selbst fragte, woher er diese Kraft dazu hatte.

Überall wo er hinschaute war Blut.

Sein eigenes Blut.

Er schien verwundert zu sein, so viel Blut jemals im eigenen Körper gehabt zu haben und nun auch noch überlebt zu haben. War er vielleicht doch tot? Automatisch ging die Hand zu seiner Brust und tastete nach dem Herz. Lange brauchte er nicht zu suchen, denn sein stark arbeitendes Herz schlug heftig, fast schon brutal gegen den Brustkorb und war deutlich unter den schwachen Fingern zu spüren. Wieder fiel der Arm kraftlos zu Boden und der junge Mann war unfähig sich weiter zu bewegen. Ein erleichtertes Lächeln jedoch umspielte seine Lippen, als er feststellte, dass er tatsächlich noch am Leben war.
 

Leider kam die Freude zu früh.
 

Wieder schoss ein plötzlicher Anflug von Schmerz durch jede Zelle seines Körpers. Augenblicklich wurde es durch ein heftiges Kribbeln und Brennen ersetzt, was von der Brust ausging und sich im ganzen Körper verteilte, als hätte jemand Lava über ihn geworfen. Ein plötzlicher Ruck und er schlug mit dem Hinterkopf auf den Boden auf. Sein ganzer Körper zitterte und bebte, während er sich heftig auf die Unterlippe biss, dass diese ebenso begann zu bluten.
 

Sein Körper begann innerlich zu verbrennen und die ganzen Organe fielen in sich zusammen wie Ballons, die keine Luft mehr in sich trugen. Auch das Herz, was zuvor noch heftig gegen die Brust geschlagen hatte, machte keinen Mucks mehr und war ein in sich zusammen gefallener Muskel. Selbst das Blut begann zu kochen und doch kam kein einziger Tropfen mehr aus den offenen Wunden. Stattdessen durfte man von dort aus beobachten, was genau geschah. Das Blut begann sich neben dem heftigen blubbern zu verändern und wurde langsam zu einer dickflüssigen beinahe schwarzen Substanz. Erst beim Einfall des Lichtes sah man noch den leichten Rot-Ton und machte diese zähe Flüssigkeit dunkelbraun.
 

Auf einmal schrie der Mann wieder und fasste sich an den Kopf. Sein Kiefer begann plötzlich zu schmerzen und rief Veränderungen hervor, die er selbst noch nicht erfassen konnte. Eigentlich war es nicht der Kiefer, was sich veränderte, sondern das Gebiss des Mannes, der nicht mehr wusste wo oben und wo unten war.

Er wand sich in seinem eigenen Blut und hatte überall im Körper schmerzen, die er mit Nichts lösen konnte. Noch immer schien er innerlich zu brennen und er hatte sogar das Gefühl ein Zischen zu vernehmen. Der ganze Schmerz überforderte sein Gehirn und nun war es vollkommen unmöglich eins und eins zusammen zu zählen. Er war vollkommen im Wahn der Qual und verbog sich unnatürlich in allen Richtungen. Seine Augen waren nach hinten gedreht, sodass man nur das Weiß des Augapfels sehen konnte. Die Finger versuchten sich in den Boden zu krallen, doch die scheiterten klaglos. Die bereits kurzen Fingernägel zerbrachen beim Druck und es war ein weiterer Schmerz, den sein Köper zu verarbeiten hatte.
 

Der Schmerz im Gesicht wurde blasser und er spürte nur noch das heftige Brennen im restlichen Körper, was ihn aber nicht mehr so trübte, wie zu Anfang. Er schien klarer bei Verstand zu sein und den Schmerz zu ignorieren, da er langsam immer schwächer wurde und schließlich ganz verschwand.

Etwas verwirrt und benommen zugleich starrte er in den Himmel, der von den zahlreichen Schneeflocken eine hellere Farbe erhielt.

Er spürte eine deutliche Veränderung in seinem Mund und begann mit der Zunge seinen Zähnen entlang zu fahren. Als er an der vordersten Reihe angekommen war, zuckte er zurück und erhob sich rasch. Etwas Spitzes hatte er ertastet, was scharfkantig zugleich war. Ob er nun blutete oder nicht, konnte er nicht sagen, da er den Geschmack frischen Blutes vom alten Blut nicht unterscheiden konnte. Wieder tastete er sich vorsichtig voran und erschrak wieder nur kurz bei den plötzlich scharfen Kanten der Zähne. Verwundert riss er die Augen auf und analysierte das Ertastete. Die strukturelle Veränderung seiner Zähne würde die vorherigen Schmerzen erklären und doch wusste er nicht, was er davon halten sollte.

Ein Seufzen entwich nun seinen vollen Lippen, die noch voller Blut waren. Er konnte sich nun denken, was aus ihm geworden war. Der Blick in die eigene Blutlache würde weitere Erkenntnisse geben, da die große Menge Blut mittlerweile dazu diente sich darin spiegeln zu können.

Er sah sich selbst, jedoch vollkommen anders als erwartet. Trotz seines neuen Daseins war seine Haut weiterhin dunkel und nur seine Augen schienen eine andere Farbe angenommen zu haben. Sie waren blutrot und schienen leicht zu pulsieren, je länger er diese Menge an Blut betrachtete. Als er seinen Mund öffnete, erkannte er auch nun die spitzen Reißzähne, die zuvor menschliche Eckzähne gewesen waren.

Eigentlich sollte er den Blick vom Blut nehmen, doch etwas in ihm schien sich dagegen zu wehren. Ein plötzlicher Hunger und Durst überkam ihn und schien seine Zähne unweigerlich wachsen zu lassen. Sie pulsierten stark und beinahe hätte er sich die eigene Unterlippe damit aufgerissen. Mit dieser Vorsicht musste er nun leben – nun ja, mehr oder weniger.
 

Langsam erhob er sich und seufzte bitter, als der Blick zu seinen blutüberströmten Kleidungsstücken fiel. Er schien sich eher über die Flecken zu ärgern, als über die Tatsache, dass er nun eine Gestalt der Nacht war. Als wäre es das Natürlichste der Welt. Erneut das heftige Pulsieren an den Zähnen, die danach verlangten in rohes Fleisch einzutauchen und das zu entnehmen, wonach sein neuer Körper verlangte: Blut.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  l_Holly_Piper_l
2012-08-26T17:24:45+00:00 26.08.2012 19:24
Sehr spannend von Anfang an, aber man kennt es ja nicht anders von dir. :P Auf jedenfall lesenswert und zu empfehlen. Hoffe du schreibst weiter an der Geschichte (:
Von: abgemeldet
2012-01-04T23:18:38+00:00 05.01.2012 00:18
Daumen hoch! Fürs erste Mal wirklich gut. Versuch die Geschichte weiter spannend zuhalten.


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