Aux Ailes de la Mort ~ 1ère Partie ~
@ -Shin-: hide wollte auch seinen Auftritt haben und nicht immer nur namentlich erwähnt werden, also hat er eine Traumsequenz bekommen ^.~
@ Asmodina: Ich weiß, aber dazu sind Cliffhänger ja da – der Leser zappelt und der Autor hat seine Freude ^.~
@ Toshi-Hamlet_Hayashi: Ach was, so schlimm hat Toshi es doch gar nicht bei mir… zumindest wurde er noch nicht wie andere Charaktere, die ich schon mal geschrieben habe, gekillt ^.^
@ Astrido: Hatte Pata bei den Reunion Shows nicht auch ein Solo? Mir war als wär da was gewesen Ô.o Den Spruch finde ich übrigens gut!
@ Terra-gamy: Ähh… gute Frage! Aber keine Sorge, er findet schon noch heraus, dass Toshi nicht tot ist ^.^
@ LunaLee: Dachte ich mir fast, dass du für hides Auftritte immer zu haben bist ^.~
@ Kaoru: Das Bild aus dem Steckbrief hatte der echte Yoshiki mal auf Twitpic hochgeladen und fand es recht passend dafür, gerade weil es so widersprüchlich zur Story ist^^;
@ all: Dieses und das darauffolgende Kapitel sind eigentlich ein großes und wurde in zwei Teile geteilt. Der erste Part geht auf Toshi ein, während der zweite sich auf Yoshiki konzentriert. Viel Spaß dabei! ^.^
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Fast drei Wochen waren vergangen, als Toshi schließlich zur Freude aller aus dem Koma erwachte. Kurz nach dem Herzstillstand hatte er sich noch einmal dem Tode nahe befunden, da zu den unzähligen, sowieso schon schwerwiegenden Verletzungen auch noch eine Lungenentzündung hinzu gekommen war und es mehrere Tage lang fraglich war, ob sein geschwächter Körper dies auch noch ertragen konnte. Doch die aggressive Behandlung mit Antibiotika zeigte rasch ihre Wirkung und schon bald ging es mit ihm bergauf. Nachdem sein gesundheitlicher Zustand sich stabilisiert hatte, durften schließlich auch Nichtfamilienangehörige zu ihm, sodass Heath, Pata und Sugizo jede freie Minute bei ihrem komatösen Sänger verbrachten und mit ihm sprachen, beziehungsweise ihm Musik oder Videos von Yoshiki auf einem mitgebrachten Laptop abspielten.
Von ihrem Leader hatten sie nichts mehr gehört, seit er an jenem Tag aus dem Krankenhaus gerannt war, in dem Glauben, sein bester Freund wäre tot. Sie hatten versucht ihn telefonisch zu erreichen, doch außer Mobilbox und Anrufbeantworter war nichts gewesen. Als er darauf nicht reagiert hatte, hatten sie in der Firma, im Penthouse und in der Villa am Stadtrand nach ihm gesucht, doch er war wie vom Erdboden verschluckt. Auch in Los Angeles war er nicht und weder seine Familie noch sein Management hatte irgendeine Ahnung, wo er sein könnte. Freunde, Vertraute und Mitarbeiter auf der ganzen Welt wurden angerufen, doch niemand hatte ihn gesehen. Um keine unnötige Unruhe zu verbreiten, wurde der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass es dem Schlagzeuger selbst augenblicklich nicht sonderlich ginge und er sich behandeln ließe, weshalb er nicht zu sprechen wäre. Seine restliche Zeit verbrächte er an der Seite seines besten Freundes und Presse wie Fans wurden gebeten, dies zu respektieren.
Yoshikis kleiner Bruder Kouki war zu dem alten Cottage ihres Vaters nach Narita gefahren und hatte dort das zerbrochene Handy sowie den zersplitterten Spiegel mit den Blutspuren gefunden. Der Pianist hatte also dort gewesen sein müssen! Sein nächster Anlaufpunkt war der Pilot und die Crew von Yoshikis Privatjet gewesen, die jedoch lange gezögert hatten, ehe sie mit der Sprache herausgerückt waren, da sie dem Chef eigentlich versprochen hatten, Stillschweigen zu bewahren. So hatte Kouki letztendlich herausgefunden, dass sein Bruder noch am selben Tag, an dem er in Tokyo gelandet war, die Stadt auch schon wieder verlassen und sich nach Kapstadt abgesetzt hatte. Da es keine weiteren Anhaltspunkte gab und er inzwischen Gott weiß wo sein konnte, beziehungsweise Gott weiß was angestellt haben konnte, nahm er sich die aktuellen Kontobewegungen vor. Vollen Zugriff hatte er jedoch nur auf die Geschäftskonten, bei Yoshikis Privatkonten sah es da schon anders aus. Die wenigen, die er einsehen konnte, waren unauffällig, sodass sich jegliche Spuren seines großen Bruders im Sand verliefen.
Da das Handy des Drummers nicht mehr funktionierte und es somit auch keine Nummer mehr gab, unter der man ihn hätte erreichen können, schickten sie ihm alle E-Mails, in denen sie ihn informierten, dass Toshi am Leben war und sich sein Zustand stetig verbesserte. Sie hatten die Funktion aktiviert, dass sie eine Bestätigungsmail erhalten wollten, wenn die Nachricht abgerufen wurde, doch keiner von ihnen hatte bis dato eine bekommen. Yoshiki hatte seine E-Mails seit seinem Verschwinden nicht mehr kontrolliert.
Nun war es so, dass Kouki mit einem angeheuerten Privatdetektiv auf der Suche nach seinem Bruder war, während Heath, Pata und Sugizo dem endlich aufgewachten Toshi Gesellschaft leisteten und dafür sorgen mussten, dass der Sänger nicht davon Wind bekam, dass Yoshiki fort war und keiner wusste was los war, da sie sich alle einig waren, dass dies momentan zu viel Aufregung für den geschwächten Sänger wäre. Zu Beginn war dies nicht sonderlich schwierig gewesen, da er noch so erschöpft war, dass er sowieso einen Großteil des Tages verschlief, wobei die starken Schmerzmittel sicherlich auch dazu beitrugen. Doch mit der Zeit kamen die Fragen nach Yoshiki. Immerhin kannte er ihn lange genug, um zu wissen, dass dieser eigentlich schon längst an seiner Seite sein und den Ärzten das Leben zur Hölle machen würde. Mal wäre er verhindert, um Interviews zu geben, dann fühlte er sich nicht so gut, sodass er sich ausruhte, dann wiederum hätte er einen TV-Auftritt zu absolvieren, nur um kurz darauf nach LA zu fliegen, da er dort geschäftliche Verpflichtungen hatte und dringend im Studio gebraucht wurde.
Ein Klopfen an der Tür riss Toshi aus seinem Dämmerschlaf und er drehte vorsichtig den Kopf in Richtung des Geräusches. Inzwischen waren knapp drei weitere Wochen vergangen und er befand sich nicht mehr länger auf der Intensivstation sondern war auf die normale, in ein geräumiges Einzelzimmer verlegt worden. Ein Teil der Verbände war inzwischen abgekommen, aber er hatte trotz allem noch immer das Gefühl von einer Herde Elefanten zertrampelt worden zu sein. Sein rechter Arm sowie mehrere Rippen waren gebrochen gewesen, waren inzwischen aber wieder gut zusammengewachsen, sodass der Arzt ihm bereits versprochen hatte, dass in den nächsten Tagen der lästige Gips am Unterarm wegkommen würde. Da sowohl ein Oberschenkelknochen sowie Schien- und Wadenbein des anderen Beines einen komplizierten Bruch aufgewiesen hatten, hatte er daran mehrmals operiert werden müssen und es würde noch eine langwierige Rehaphase auf ihn zukommen. Die inneren Verletzungen heilten gut ab und auch die starken Prellungen der Wirbelsäule waren am Abklingen, sodass die Nerven durch die Schwellungen nicht mehr länger eingeklemmt waren. Lediglich an die Kopfverletzung wurde er noch beinahe täglich mit schweren Kopfschmerzen erinnert, doch seine Ärzte hatten ihm versichert, dass alles in Ordnung wäre und dies auch noch nachlassen würde.
„Hey, Toshi! Wie geht es dir?“, begrüßte Heath den Kranken, nachdem er in das abgedunkelte Zimmer getreten war und die Tür hinter sich geschlossen hatte. Er hatte einen Strauß weißer und roter Rosen dabei, die bereits in einer Vase standen, welche er nun auf den Nachttisch stellte, ehe er den im Bett liegenden kurz umarmte.
„Mein Kopf fühlt sich an, als würde Yocchan ihn als Snare Drum missbrauchen…“, seufzte der Sänger und wartete, bis sich der Jüngere einen Stuhl herbeigeholt hatte. „Wo steckt er eigentlich?“
„Yoshiki?“, fragte Heath und biss unruhig auf der Innenseite seines Mundes herum. Ihm war ganz und gar nicht wohl dabei, den Älteren immer wieder anlügen zu müssen. „Der ist noch immer in LA, aber er ruft täglich einen von uns an, um zu wissen, wie es dir geht und er hat mich gebeten, dir die Rosen mitzubringen.“
„Hat er nicht meine Telefonnummer hier im Krankenhaus? Dann kann er doch direkt hier anrufen…“ Nachdem er auf die normale Station verlegt worden war, hatte seine Mutter das Telefon angemeldet, damit sie ihn anrufen konnte, wenn sie in Tateyama und nicht in Tokyo war.
„Eh… Doch! Die hat er!“
„Ich brauch irgendeine Erklärung, warum Yosh ihn nicht anruft. Und zwar schnell! Warum? Warum? Warum?“
„Aber er weiß ja von uns, dass du ständig so schlimme Kopfschmerzen hast und deshalb viel schläfst. Und von daher möchte er dich natürlich nicht stören und dir lieber Ruhe gönnen. Und außerdem muss er ziemlich lange arbeiten und dann noch die Zeitverschiebung… Unter den momentanen Umständen möchte er dich dann auch nicht mitten in der Nacht anrufen.“
„Kannst du Yoshiki sagen, dass mir das nichts ausmacht und dass er sich gerne auch nachts melden kann?“ Heath konnte ihm nur zu gut ansehen, dass er seinen besten Freund vermisste, so tat er das Einzige, was ihm in dem Moment einfiel.
„Ja klar! Ich schick ihm später einfach eine Nachricht, dass er sich gefälligst bei dir melden soll.“ Der Bassist versuchte noch ein halbwegs überzeugendes Grinsen aufzusetzen, während er sich gedanklich den Kopf zermarterte, was sie nun machen sollten. Toshi erwartete schließlich einen Anruf, nur wusste eben keiner wo der Anrufer steckte, um ihm mitteilen zu können, dass er sich dringend bei seinem besten Freund im Krankenhaus melden sollte.
Und so wurde das Versteckspiel von Mal zu Mal schwieriger, denn natürlich kam kein Anruf. Sie hatten überlegt, ob Kouki sich vielleicht als sein großer Bruder ausgeben könnte, doch sie ahnten, dass Toshi dann auf einen Besuch warten würde und auch wenn man die Paparazzi mit dem jüngeren der beide Hayashibrüder an der Nase herumführen konnte, bei dem Sänger würde das keine Minute lang gut gehen. Immerhin kannte er Yoshiki seit über 40 Jahren, er würde es sofort merken!
So blieb Heath, Pata und Sugizo nichts anderes übrig, als ihn immer wieder aufs Neue zu vertrösten. Die Heimlichtuerei wurde auch dadurch nicht erleichtert, dass sie sich immer tiefer in die Lügengeschichten verstrickten und sich immer öfter Widersprüche ergaben. Erst gestern war dies für Toshi wieder mehr als offensichtlich gewesen. Als er Sugizo nach Yoshiki gefragt hatte, hatte dieser gemeint, er wäre wegen seines Forschungsprojektes in Florida. Tags zuvor hatte Pata ihm erklärt, dass der Pianist wegen seiner Schilddrüsenüberproduktion zwecks Tests ins Krankenhaus gemusst hatte und wegen irgendwelchen radioaktiven Markierern mehrere Tage unter Quarantäne stand. Und davor hatte Heath gesagt, dass der Drummer überraschend an einem neuen Filmprojekt arbeitete und er sich deshalb sicherlich erst einmal für eine Woche lang in seinem Studio einschließen würde und jeglichen Kontakt zur Außenwelt unterbände.
Wenn man also rekapitulierte, dann hatte sich Yoshiki für eine Woche zwecks eines superwichtigen Auftrags im Studio eingeschlossen, war zeitgleich aber im Krankenhaus in LA unter Quarantäne und schien sich neuerdings auch noch zweiteilen zu können, sodass er es sogar noch schaffte, für sein langjähriges Forschungsprojekt in Florida, am anderen Ende der USA, sein zu können. Man brauchte keinen Harvardabschluss, um zu wissen, dass da was faul war. Wenn man dann noch mit in Betracht zog, dass Yoshiki seit der ganzen Masaya-Geschichte zu einer furchtbaren Glucke geworden war und von LA aus am liebsten den Rettungsdienst alarmiert hätte, als sie ein paar Wochen vor dem Unfall telefoniert hatten, während Toshi nebenbei Gemüse kleingeschnippelt und sich dabei in den Finger geschnitten hatte. Entsprechend stimmte es einen schon verwunderlich, dass er nun so rein gar nichts von sich hören ließ.
Den Entschluss gefasst habend selbst herauszufinden, was es damit auf sich hatte, angelte Toshi nach dem Telefon und tippte auswendig die Handynummer seines besten Freundes ein. Der Anruf aus dem Krankenhaus auf ein Mobiltelefon, das sich nicht in Japan befand, würde die Telefonkarte zwar sehr schnell leeren, aber die konnte man schließlich wieder aufladen. Doch statt Yoshiki erhielt der Sänger nur die Mobilbox. So legte er auf und wählte das Studio an. Selbst wenn der Pianist nicht da war, würde ihm ja zumindest der Staff sagen können, was Sache war. Außer natürlich, die machten bei der Heimlichtuerei auch mit. Denn dass seine Mutter sowie seine Brüder daran beteiligt waren, hatte er inzwischen auch schon herausgefunden, da sie jegliche Gespräche über Yoshiki mieden und, sollte sein Name doch einmal fallen, ganz schnell das Thema wechselten.
„Nur weil ich ein Schädelhirntrauma hatte, heißt das ja nicht, dass ich neuerdings von Dummsdorf bin!“
„Extasy Records, Amy speaking. How may I help you?”
Toshi fiel ein Stein vom Herzen, als er Yoshikis langjährige Assistentin hörte. Im Gegensatz zu den meisten anderen Angestellten dort sprach sie etwas Japanisch.
„Toshi hier“, meldete er sich in seiner Muttersprache.
„Toshi! Das ist ja eine Überraschung! Wie geht es ihnen?“
„Geht schon, danke. Hören Sie, Amy, ich rufe wegen Yoshiki an, ist er zu sprechen?“
„Yoshiki?!“ Irgendwie klang sie erschrocken, als sie den Namen aussprach.
„Ja, Yoshiki. Ich habe schon seit Ewigkeiten nichts mehr von ihm gehört, was ehrlich gesagt etwas seltsam ist, vor allem, wenn ich dann noch irgendwelche Stories hier zu hören bekomme, die hinten und vorne nicht mehr zusammenpassen.“
„……………. Sie wissen von nichts?“
„Wovon sollte ich wissen?“
„Ich fürchte, ich bin in keiner Position, Ihnen darüber etwas zu sagen, Toshi…“
„Amy, was ist los?“
„Fragen sie das Management oder die Band – die werden Ihnen sicherlich alle Fragen beantworten können. Tut mir leid, dass ich Ihnen nicht mehr sagen kann…“
„Schon gut. Sie haben mir schon weitergeholfen. Danke, Amy! Auf Wiederhören.“
„Auf Wiederhören und passen Sie gut auf sich auf, Toshi!“
„Band? Management? Yoshiki, was hast du jetzt schon wieder angestellt? Und warum zum Teufel glauben die, dass sie das vor mir verheimlichen müssen?!“
Zum Glück des Sängers musste er nicht lange warten, ehe die Antwort in Form von Heath, Pata und Sugizo an der Tür klopfte und hereinkam. Sie begrüßten ihn wie üblich und auch wie sonst hatten sie die obligatorischen Rosen dabei, die Yoshiki schickte, nur dass sich Toshi inzwischen ziemlich sicher war, dass sie gar nicht von seinem besten Freund kamen, sondern von den Dreien nur immer zur Deckung gekauft und mitgebracht wurden.
„Wie geht es dir?“, fragte Pata, nachdem sie es sich alle drei auf bereitstehenden Stühlen bequem gemacht hatten.
„Wie immer… Kopfschmerzen und so halt.“
„Die Ärzte sollten dich mal akupunktieren, vielleicht gehen sie so weg. Wäre definitiv besser als ständig Schmerzmittel in rauen Mengen zu schlucken…“, äußerte Sugizo.
„Wie geht es eigentlich Yocchan, Pata?“, überging Toshi die Aussage. „Ist bei der Untersuchung seiner Schilddrüse irgendetwas herausgekommen? Ist er noch immer unter Quarantäne?“
„Eh……… ich hab noch nicht wieder mit ihm gesprochen…“
„Yoshiki ist im Krankenhaus?“, wollte Heath überrascht wissen. „Ich dachte, der arbeitet an diesem superwichtigen Filmprojekt!“
„Film? Meiner Info nach ist er doch in Florida wegen seinem Forschungsprojekt, wie Musik das Gehirn beeinflusst“, mischte sich auch Sugizo mit ein.
„Wenn ihr mich schon verarscht, dann solltet ihr euch vielleicht besser absprechen“, entgegnete Toshi mit verschränkten Armen von seinem Krankenbett aus, was dazu führte, dass ihn alle drei ziemlich ertappt anblickten.
„Wir hatten doch gesagt, diese Woche Florida!“, zischte der Violinist den beiden anderen zu, während er versuchte, möglichst unschuldig drein zu blicken.
„Florida war für nächste Woche! Die Woche war Hollywood“, entgegnete Heath und rutschte unruhig auf seinem Stuhl umher, während er die beiden anderen anfunkelte.
„Die Woche Krankenhaus, nächste Florida und dann Hollywood – anders macht das doch alles gar keinen Sinn!“, gab Pata ebenfalls seinen Senf dazu, blickte aber wie gewohnt stoisch drein.
„Bevor ihr euch gegenseitig die Köpfe abbeißt, will ich eine Antwort auf meine Frage: Wo ist Yoshiki?!“, wiederholte Toshi jene Worte, die er schon seit so vielen Wochen ständig fragte. Augenblicklich herrschte Stille und alle drei sahen sich an, doch keiner schien so recht zu wissen, was er sagen sollte. So war das eigentlich nicht geplant gewesen. Schließlich war vorgesehen gewesen, den Sänger solange hinzuhalten, bis sie Yoshiki gefunden hatten – vorzugsweise innerhalb einiger Tage, maximal einiger Wochen, aber nicht mehrerer Monate oder am Ende sogar noch mehrerer Jahre.
„Ich habe in LA im Studio angerufen und dort sagte man mir, ich solle euch oder das Management fragen und da ihr gerade hier seid…!“
„Du hast was?!“, quietschte Sugizo erschrocken auf.
„Also?!“
„Das ist… also das ist…“, fing der Bassist schließlich an, doch so recht wusste er auch nicht, was er sagen sollte.
„Heath, die Ärzte haben gesagt ‚Keine Aufregung!‘“, mahnte Pata.
„Wir sind doch eh aufgeflogen“, konterte der Violinist.
„Ich warte…!“
„Naja, also…“, setzte Heath erneut an, „also… das ist eine lange Geschichte. Sehr lang! Und sehr kompliziert! Yoshiki-kompliziert eben!“
„Ich habe Zeit“, entgegnete Toshi und blickte den Jüngeren abwartend an.
„Ähm… okay…“
„Prinzessin ist verschwunden, keiner weiß, wo sie steckt, was mit ihr ist, ob sie überhaupt noch am Leben ist oder irgendwelche Scheiße gebaut hat“, machte Pata es kurz und schmerzlos, damit sie es hinter sich hatten.
„……… Bitte WAS?!?!?!“
„Nicht aufregen, Toshi!“, erinnerte ihn Sugizo leise. Es war nie gut, im selben Raum wie ihr Sänger zu sein, wenn dieser wütend wurde. Das wurde er zwar nur selten, doch dann ergriff man besser die Flucht. Dagegen waren Yoshikis beinahe täglichen Fünf-Minuten harmlos!
„UND DAS SAGT IHR MIR ERST JETZT?!?!?!“
„Wir haben alles unter Kontrolle“, meldete sich Heath leise zu Wort. Er wusste, warum er Toshi von Anfang an lieber reinen Wein eingeschenkt hätte.
„Dann wäre Yocchan ja wohl hier!“, konterte Toshi, diesmal aber wieder mit ruhigerer Stimme.
„Willst du die ganze Story hören?“, hakte Sugizo zögernd nach.
„Natürlich!“
„Also es ist so, dass…“
Damit begannen die drei dem Sänger zu erzählen, was sich ereignet hatte und wie der aktuelle Stand der Dinge aussah.
„Yoshiki glaubt, ich wäre tot?“, fragte Toshi ungläubig, nachdem sie geendet hatten. So wie er seinen besten Freund kannte, konnte er in etwa erahnen, was dies bei ihm ausgelöst hatte.
„Wir haben alles versucht, um ihn irgendwie zu erreichen und ihn vom Gegenteil zu überzeugen, aber er ist wie vom Erdboden verschluckt“, antwortete Heath.
„Kann natürlich auch sein, dass er längst tot ist und er deswegen unauffindbar ist“, äußerte Pata schulterzuckend.
„Pata!!“ Sowohl der Bassist wie auch der Violinist sahen ihn strafend an.
„Was?! Seit hide ist er doch noch sensibler und wenn er Toshi, und somit dann auch X, ebenfalls verliert…“
„Ihr habt etwas von einem Privatdetektiv gesagt“, überging der Sänger den Einwand, auch wenn er dem Gitarrist gedanklich recht geben musste.
„Ja, aber der hat auch keine Neuigkeiten. Yoshikis Spur verläuft sich in Kapstadt. Die Geschäftskonten weisen keine Anomalitäten auf und die Privatkonten – zumindest die, auf die Kouki zugreifen kann – sind auch unauffällig“, antwortete Heath.
„Wie viele kann Kouki einsehen?“
„Eins oder zwei, glaube ich.“
„Das sind bei weitem nicht alle… hat einer von euch zufällig einen Laptop dabei?“
„Meiner ist im Auto“, antwortete Sugizo und sprang auch gleich auf, als er Toshis Blick verstand, „und ich werde ihn auch gleich holen!“ Damit war der Violinist schon aus dem Raum gesprintet.
„Du kannst auch mein Handy haben“, bot Pata an.
„Lass mal, ich mach sowas lieber über den Computer. Die Handybildschirme sind mir dazu zu klein.“
Die Kopfschmerzen und alles andere waren im Augenblick nebensächlich und der Sänger war froh, als Sugizo wieder kam und sogleich den Laptop startete und sich einloggte, als die Anmeldemaske erschien.
„Brauchst du Internet?“
„Ja…“
„Dann schalte ich die W-Lan-Karte ein. Einen Hotspot gibt es hier auf jeden Fall. Das haben wir schon ausprobiert, als du noch im Koma warst.“
Gleich darauf reichte er Toshi das Notebook, der den Browser öffnete und etwas in die Suchleiste eintippte.
„Was machst du da?“, fragte Sugizo neugierig, der sich wie die beiden anderen so gesetzt hatte, dass er den Bildschirm einsehen konnte.
„Mich in Yoshikis Privatkonten einloggen.“
„Du hast darauf Zugang?!“, wollte der Bassist überrascht wissen.
„Nach der Privatinsolvenz und allem hat Yocchan darauf bestanden. Er meinte, wenn ich je Geld bräuchte, dann solle ich mich nur bedienen, das wäre okay für ihn. Ich hab ihn für verrückt erklärt und gesagt, er soll den Scheiß bleiben lassen, aber wir wissen schließlich alle, wie dickköpfig er ist.“
„Oh ja… nur allzu gut!“, seufzte Pata.
„Du kennst die Kontonummern und Zugangsdaten auswendig?“, wollte Heath erstaunt wissen. Zwar machte auch er Online Banking, aber er konnte sich nie seine Kontonummer merken.
„Sind nur zwei und über die habe ich auf alle Zugriff“, erklärte Toshi abwesend, da er das erste Konto aufrief, „und ja, ich kann sie auswendig. Notgedrungen, weil Yoshiki darauf bestanden hat. ‚Man weiß ja nie was ist, da ist es besser, du kannst das im Schlaf!‘“, machte er seinen besten Freund nach. „Ach du…!“, äußerte er gleich darauf, als er sich durch die verschiedenen Konten durchklickte.
„Was ist?“, fragte Heath und lehnte sich näher ran, um mehr sehen zu können.
„Ich seh mir gerade die amerikanischen Konten durch. Bis auf das eine, das wahrscheinlich Kouki einsehen kann, sind die alle praktisch leer geräumt.“
„Leer wie in: Yoshiki hat alles abgehoben?“, hakte Pata nach.
„Leer wie in: Yoshiki hat praktisch alles zur YOSHIKI FOUNDATION rübergeschoben“, erklärte Toshi.
„Das heißt jetzt aber nicht, dass der Idiot jetzt alles seiner eigenen Stiftung gespendet hat, nur um sich dann umzubringen, weil es für ihn nichts Lebenswertes mehr gibt, oder?“, klinkte sich Sugizo ein.
„Ich ahne, was er getan haben könnte“, murmelte der Sänger vor sich hin und scrollte sich durch die Kontenbewegungen.
„Und was?“, fragte Heath.
„Ich hab hier eine Kreditkartenabbuchung für einen Flug von Johannesburg nach München, zwei Tage nachdem er aus Japan verschwunden ist. Zeitgleich hat er in Johannesburg 6 000$ abgehoben.
„München?“, wiederholte der Bassist.
„Ist das nicht in Deutschland?“, überlegte Pata.
„Was will er in Deutschland?“, fragte sich Sugizo.
„Die haben dort gutes Bier!“, erklärte der Gitarrist.
„Irgendwie bezweifle ich, dass Yoshiki nach Toshis Tod zu einer Bierverkostungstour nach Deutschland fliegt“, äußerte Heath mit hochgezogener Augenbraue, während sich besagter Sänger ausloggte, einen neuen Tab öffnete und den Namen einer weiteren Bank eingab – diesmal eine japanische. Auch dort meldete er sich zum Online Banking an und hatte gleich darauf Einblick in Yoshikis Konten, die ähnlich aussahen wie die amerikanischen.
„Leer geräumt bis auf das, das Kouki einsehen kann.“
„Auch wieder alles zur YOSHIKI FOUNDATION?“, fragte Pata.
„Nein… auf ein amerikanisches Konto, das mir nichts sagt… aber es ist bei derselben amerikanischen Bank wie die anderen…“
„Wieso das?“, überlegte Heath laut.
„Keine Ahnung…“
Auf der Unterlippe herum knabbernd kopierte Toshi die Kontonummer und wählte den vorherigen Tab aus, wo er die Nummer in das entsprechende Feld kopierte.
„Willst du dich in Yoshs Konto hacken?“, fragte Sugizo.
„Nein, aber ich kenne seine Passwörter und was das anbelangt, ist er nicht der Kreativste, weil er so schon immer durcheinander kommt, bei welchem Account er welches benutzt.“
„Du kennst seine Passwörter?!“
„Die beiden sind doch praktisch ein altes Ehepaar, Hiichan“, entgegnete Sugizo, während Toshi die Einwürfe überging und überlegte, welches Passwort wohl am wahrscheinlichsten war, denn schließlich hatte er nur drei Versuche, ehe der Zugang gesperrt werden würde. Er tippte das erste ein, klickte auf bestätigen und erhielt prompt die Mitteilung, dass es falsch war.
„Mist.“
So tippte er das nächste ein, doch auch dieses stimmte nicht.
„Einen Versuch hast du noch“, äußerte Pata, doch Toshi nickte nur abwesend und gab eine reine Zahlenkombination ein, während die Passwörter zuvor nur aus Buchstaben bestanden hatten.
„Bist du dir sicher?“, hakte Heath nach, als der Finger des Sängers über der Enter-Taste verharrte. Er hatte eine Vorahnung, was Yoshiki getan hatte, doch anstatt aufs Blaue los zu suchen, hätte er lieber noch eine Bestätigung, dass er auf der richtigen Spur war.
„… Das ist der Tag, an dem Yocchan und ich uns kennengelernt haben… der Tag, an dem wir Freunde wurden…“, murmelte Toshi mehr zu sich selbst, so als würde dies den anderen erklären, weshalb er sich ausgerechnet für dieses Passwort als das letzte entschied. Mit angehaltener Luft bestätigte er schließlich und atmete erst auf, als die Anmeldemaske verschwand und er das Konto vor sich hatte. Erleichtert fuhr er sich übers Gesicht und rief auch hier die Kontobewegungen auf, während die anderen drei ebenfalls befreit aufatmeten.
„Die Überweisungen der anderen Konten sind alle hier angekommen, aber er hat das Geld weiter verschoben…“
„Wohin?“, hakte Heath sofort nach.
„Auf irgendein Konto bei der BNP.“
„BNP?“
„Banque Nationale de Paris – eine große Geschäftsbank in Frankreich, Heath. Wenn ich mich recht entsinne, dann hat Yoshiki dort vor Jahren mal ein Konto errichtet, als er mit dem Gedanken gespielt hat, Extasy auch in Europa zu etablieren.“
„Kannst du dich da auch einloggen?“, wollte Sugizo sofort wissen.
„Das sind Geschäftskonten, keine Privatkonten… und selbst wenn, es würde uns nicht großartig weiterhelfen. Er kann schließlich überall an das Geld kommen und dann wieder sonst wohin verschwinden. Aber zu wissen, dass er solch große Beträge zur BNP rübergeschoben hat, bestätigt meinen Verdacht“, entgegnete Toshi, loggte sich überall aus, schloss den Browser und fuhr das Notebook herunter.
„Dass du eine Ahnung hast, meintest du vorhin schon einmal“, äußerte Pata und sah ihn abwartend an.
„… Ihr meintet vorhin doch, dass sich Yocchan umgebracht haben könnte… in gewisser Weise dürfte das stimmen…“
„In gewisser Weise?“, wiederholte Sugizo skeptisch. Wie konnte man sich den „in gewisser Weise“ umbringen?
„Ich bezweifle, dass Yoshiki Suizid begehen würde, dazu verabscheut er es wegen seines Vaters viel zu sehr…“
„Aber nach seiner Logik wäre er dadurch sowohl mit ihm als auch mit hide und dir wieder vereint“, gab Heath zu bedenken, doch Toshi fuhr fort, so als hätte er dies gar nicht gehört. Es war eine Sorge von ihm, die an ihm nagte, doch alles was er tun konnte, war darauf zu vertrauen, dass sein bester Freund der Durchführung von Selbstmord noch immer abgeneigt war – egal was dieser glaubte, was passiert war.
„… Als X damals berühmt wurde, da blieb Hayashi Yoshiki in Tateyama zurück, während YOSHIKI die Welt erobern wollte. Von da an gab es nur noch YOSHIKI… nach hides Tod wollte er YOSHIKI nur noch vernichten und wieder zu Hayashi Yoshiki werden, doch dann kam die Bitte, für den Kaiser einen Song zu komponieren und der Ruf der Bühne war lauter als alles andere, sodass Hayashi Yoshiki und YOSHIKI sich irgendwo in der Mitte getroffen haben und zu einer Person verschmolzen sind. Ich denke, nun da er glaubt, ich wäre tot, wird er alles tun was nötig ist, um YOSHIKI und alles, was er mit ihm verbindet, ein für allemal zu vernichten…“
„Und dazu muss er sang und klanglos verschwinden?“, äußerte Pata leicht skeptisch mit hochgezogener Augenbraue.
„In Japan ist es ihm unmöglich noch einmal zu Yoshiki zu werden, weil alle Welt ihn nur als YOSHIKI sieht. Dass er nicht in LA ist, hat, denke ich, ähnliche Gründe wie seine Flucht aus Japan…“
„Und du glaubst er ist in Frankreich“, erkundigte sich Sugizo.
„Yoshiki – also der, den ich damals kennengelernt habe – liebt Europa. Die ganzen klassischen Komponisten – Bach, Beethoven, Chopin… und gerade Frankreich hat es Yocchan schon sehr lange angetan. Mit anderen Worten: Ja, ich bin mir sehr sicher, dass er dort irgendwo ist…!“
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Was macht eurer Meinung nach Yoshiki in Frankreich? Vielleicht eine Wein-Tour, wenn schon aus der Bierverkostungstour in Deutschland nichts wurde?