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Eine zweite Chance

Valon/Mai
von

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Eyes of loyalty

Eine Woche war vergangen. Unschlüssig stand ich vor dem großen Eingangstor des Kaiba Parks, indem das Turnier stattfinden würde. Mein Deck war gut, aber reichte es auch aus, um den Sieg zu erlangen? Leichte Zweifel machten sich in mir breit, dann trat ich ohne großartig weiter nachzudenken ein. Wie vermutet sah ich einige bekannte Gesichter. Ich wusste, dass der Gedanke dumm war, aber ich konnte nicht verhindern nach Yuugi, Jounouchi und ihren Freunden Ausschau zu halten. Das Gelände war groß und einige Teilnehmer duellierten sich bereits. Hatte das Turnier etwa schon begonnen? Hatte ich die Teilnahme Registrierung verschlafen? Oder spielten sie einfach nur aus Spaß? Gerade unsichere Duellanten und Anfänger nutzten häufig die Zeit, um noch ihre Karten untereinander zu tauschen oder um sich warm zu spielen.
 

„Mai!“, hörte ich jemanden meinen Namen rufen. Fragend drehte ich mich um. Für einen winzigen Moment glaubte ich die Person, die vor mir stehen geblieben war, wiederzuerkennen. Aber sicher war ich mir nicht. Braune, schulterlange Haare und ein violetter Pony. Das erinnerte mich an jemanden.
 

„Bist du das... Ryuzaki?“, ungewollt hob ich eine Augenbraue, musterte den jungen Mann, der mit mir auf gleicher Augenhöhe stand und sichtbar älter und erwachsener geworden war. Seine Lippen umspielten ein Lächeln.
 

„Nimmst du etwa teil?“, fragte er und ließ seinen Blick über meinen Körper wandern.
 

„Warum interessiert dich das?“, gab ich frech als Antwort zurück und grinste kurz.
 

„Weil ich eine Revanche möchte!“ Er hatte sich kein Stück verändert.
 

„Eine... Revanche?“ Mein Gehirn arbeitete auf Hochtouren, dann fiel es mir wieder ein.
 

„Seit damals möchte ich noch mal die Chance haben mich gegen dich zu duellieren“, erläuterte er sein Vorhaben und wirkte keineswegs schüchtern.
 

„Und das ist alles? Ich habe etwas Besseres zu tun, aber na schön... von mir aus.“ Ich zuckte mit den Schultern.
 

„Super! Die letzten Jahre hat man nichts mehr von dir gehört, endlich sehe ich dich wieder.“
 

„Was wird das jetzt?“, fragte ich skeptisch, legte den Kopf leicht schief und hob eine Augenbraue in die Höhe. Er verschränkte die Arme. Versuchte er sich gerade im Smalltalk? In Anbetracht dessen, wie wir auseinander gegangen waren, wunderte es mich sehr, dass er versuchte, mich in ein Gespräch zu verwickeln. Oder hatte er die Vergangenheit vollständig hinter sich gelassen?
 

„Du bist genauso zickig wie früher“, entgegnete er und ließ den Kopf hängen.
 

„Ich bin nicht zickig, sondern vorsichtig. Bei dir weiß man nie, was in deinem Kopf herumspukt.“
 

„Charmant wie eh und je, wie ich feststelle...“, sagte er und schmollte gespielt.
 

Es dauerte nicht lang, ehe auch Haga vor mich trat. Ryuzaki und er tauchten immer im Doppelpack auf, doch ich sprach das versprochene Duell nicht noch einmal an, drehte mich um und winkte ihnen zum Abschied. Ich setzte meinen Weg fort. Irgendwo gab es hier eine Halle, wo man sich zuerst anmelden musste, um am Turnier öffentlich teilnehmen zu dürfen.
 

Als ich dort ankam, bekam ich weitere Informationen, dankend nickte ich dem Mann an der Rezeption zu und entfernte mich wieder. Die Vorrunden wurden traditionell, also im Klartext ohne Duel Disk oder ähnlicher hoher Technik, abgehalten. Die besten acht Duellanten würden sich am Ende gegeneinander duellieren und der Gegner des Gewinners würde Seto Kaiba höchstpersönlich sein. Was für eine Ehre. Ich bezweifelte, dass ich überhaupt so weit kommen würde, dennoch begab ich mich in die nächste Halle, in der viele Tische aufgestellt waren, wo sich die Kontrahenten messen würden. Eine Durchsage erläuterte, dass die Anmeldungen für das Turnier nun beendet seien und dass keine weiteren Teilnehmer zugelassen würden.
 

Somit hatte ich Glück im Unglück. Wie erwartet spielten hier zum größten Teil Laien, die sich gegen bekannte Gesichter wie Haga oder Ryuzaki nicht behaupten konnten und vermutlich nicht einmal so etwas wie eine Strategie hatten. Auch meine Gegner waren nicht der Rede wert, ich besiegte sie im Handumdrehen und ich freute mich wie ein kleines Kind über diese Siege, die eigentlich mehr geschenkt als verdient waren. Es war wie in alten Zeiten. Der Tag fühlte sich lang an und ich merkte, dass es bereits früher Nachmittag war. Hatte ich mich so sehr ins Spiel vertieft, dass ich gar nicht mehr mitbekam, wie schnell die Zeit verflog?
 

Ich begab mich zu einer Kantine und bestellte mir etwas zu essen. Doch ich aß nicht im Gebäude, da es mir hier viel zu voll und laut war. Daher verließ ich dieses und suchte draußen nach einem ruhigen Plätzchen, den ich unter einem Baum fand. Die warme Sonne ließ mich wohlig aufseufzen. Ich schloss meine Augen und genoss diesen ruhigen Moment.
 

„M-mai?!“, weckte mich eine bekannte Stimme aus meinen Tagträumen. Sofort riss ich meine Augen auf und betrachtete die Person vor mir, die sich zu mir beugte und mich mit großen Augen anstarrte. Es dauerte einige Sekunden, bis ich realisiert hatte, dass dieser Mensch vor mir, ein guter Bekannter war, den ich lange nicht mehr gesehen hatte. Diese Kobaltblauen Augen zogen mich immer wieder aufs Neue in den Bann.
 

„Valon?“, keuchte ich etwas verwundert und musterte ihn.
 

Er schien noch größer und muskulöser geworden zu sein, aber vielleicht kam es mir nur so vor, weil er von oben auf mich herabblickte. Auch die typische Bikerjacke und die Lederhandschuhe weckten Erinnerungen in mir, ließen mein Herz ungefragt höher schlagen. Er sah immer noch so wild aus wie früher. Seine Haare waren modern gestylt und dieses warme Lächeln auf seinen Lippen ließen mich nicht los. Seine ganze Ausstrahlung war einfach überwältigend, so auch die Erinnerungen, die in mir aufkeimten und die Angst, mich tatsächlich meiner Vergangenheit und meinen Fehlern stellen zu müssen. Ich will nicht mehr weglaufen, redete ich mir selbst Mut zu. Valon hat mich immer gut behandelt. Auch jetzt liegt in seinem Blick keine Abscheu, sondern nur Fürsorge. Er hat sich nicht verändert. Deshalb muss ich ehrlich zu ihm sein, alles andere wäre respektlos!
 

Dann setzte er sich, selbstverständlich ohne zu fragen, wie es nun einmal seine Art war, neben mich, lehnte sich grinsend an den Baum an. Immer wieder öffnete er den Mund und machte Anstalten etwas sagen zu wollen, doch jedes Mal schloss er ihn wieder und hibbelte leicht vor sich hin. Freute er sich etwa mich hier zu sehen? Ich lächelte leicht und beschloss diese Ruhe zu brechen. Ich konnte ohnehin nicht weglaufen. Ich musste mich nun ihm stellen. In mir tobte ein heilloses Durcheinander und die Aufregung wollte sich einfach nicht legen. Trotzdem wollte ich ihn meine Stimme hören lassen, damit ich endlich in der Lage war, die Vergangenheit zu vergessen und wirklich nach vorne zu sehen.
 

„Machst du auch beim Turnier mit?“
 

Ich legte den Kopf leicht schief, mein Haar fiel über meine Schulter. Das war schon mal ein guter Anfang!
 

„Ja, aber ich bin bereits raus!“, antwortete er und ich staunte, denn trotz seiner Niederlage, lachte er zufrieden.
 

„Das tut mir Leid für dich...“, entgegnete ich ihm mit einem aufheiterndem Lächeln.
 

„Muss es nicht. Gegen Yuugi zu gewinnen ist ja auch fast unmöglich“, er pausierte, sprach dann weiter.
 

„Ich freue mich so, dich hier zu treffen, Mai!“
 

„Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, dich hier zu treffen“, antwortete ich ihm keck und versuchte ihn etwas sticheln, so wie in alten Zeiten. Die Unsicherheit verflog. Es tat gut, ihn wiederzusehen.
 

„Du wirkst nicht sehr glücklich darüber, dass wir uns getroffen haben...“, murrte er.
 

„Doch, doch! Ich bin sehr froh dich gesund und munter zu sehen.“ Ich knuffte ihm in die Seite und bemühte mich darum, mir bloß nichts anmerken zu lassen. Ich wollte die alten Zeiten hinter mir lassen und mich nicht mehr mit negativen Gedanken quälen.
 

„Als du damals einfach gegangen bist und nur deine Karte noch auf dem Bett lag, habe ich echt gedacht, dass wir uns nie wieder sehen würden. Das ist jetzt kein Vorwurf oder so... ich bin einfach nur so unglaublich glücklich, dass ich dich noch einmal sehen durfte und dass es dir gut geht! Ich habe so lange nach dir gesucht und jetzt habe ich dich endlich gefunden“, während er das sagte, nahmen seine Wangen einen leichten Rotschimmer an.
 

Verlegen kratzte er sich mit seinem Zeigefinger seine Wange und vermied es mich anzusehen, was mir ein schlechtes Gewissen verschaffte. Er hatte sich Sorgen um mich gemacht und im Nachhinein tat es mir leid, dass ich ihn einfach zurückgelassen hatte, ohne mir auch nur ansatzweise über seine Gefühle Gedanken zu machen. Hatte er wirklich nach mir gesucht? Ich hatte ihn ohne Anhaltspunkte stehen lassen. Er konnte gar nicht wissen, wo ich mich aufhielt, demnach war seine Suche von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Und obwohl die Chancen gegen Null gingen, hatte er nicht aufgegeben.
 

Ich schämte mich für meinen Egoismus. Immer hatte ich nur an mich gedacht. An meine Gefühle. Meine Sorgen. Meine Ängste. Dass ich mit meinem Verhalten andere verletzten konnte, hatte ich nie in Betracht gezogen. Besonders, wo er mir bereits vorher gesagt hatte, wie er für mich empfand. Es war mir unangenehm darüber zu reden und ich wünschte, es gäbe ein schnelles Entkommen, damit ich mich ihm nicht stellen musste, doch auch wollte ich das, was zwischen uns lag, endlich aus der Welt schaffen. Diese Aussprache war wichtig. Und genau das, was ich mir seit Jahren tief in meinem Herzen gewünscht hatte.
 

„Hör zu...“, flüsterte er, setzte dann fort: „Ich habe sehr gut auf deine Karte aufgepasst.“
 

„Was?“ Fragend sah ich ihn an, schreckte zurück, dann zog er diese Karte hervor. Sie befand sich sogar in einer Schutzfolie und ich musste hart schlucken, als ich erkannte, dass sie genauso wie in meiner Erinnerung aussah. Sogar ein leichter Duft kam mir entgegen, als er sie mir vor die Nase hielt und dabei lächelte. Diese Karte und ich hatten soviel gemeinsam erlebt. Sie jetzt noch einmal zu sehen, gab mir ein gutes Gefühl und ich erschauderte leicht vor Glück. Die einzige Frage, die mich nun beschäftigte, war, warum er sie mir ausgerechnet jetzt zeigte? Wollte er mir etwas Bestimmtes mitteilen? Immer mehr Fragen breiteten sich in meinem Kopf aus, auf die ich keine Antwort zu finden vermochte.
 

Eine unangenehme Hitze entfaltete sich auf meinen Wangen, als er mir auf einmal näher kam. Was war das für ein Gefühl? Es unterschied sich deutlich von dem, was ich damals für ihn empfand, das spürte ich, aber ich vermochte nicht zu sagen, was genau es war. Mir fehlten die richtigen Worte es zu beschreiben und ich wandte nervös den Blick von ihm ab, versuchte aber dennoch so gefasst wie immer zu wirken.
 

„Brauchst du sie nicht?“, fragte er mit liebevoller Stimme und sein charmantes Lächeln fing mich für wenige Sekunden ein.
 

Den Kopf schüttelnd, legte ich meine Hand auf seine und drückte sie von mir weg. Er sollte sie behalten, ich hatte sie ihm gegeben, damit ein Teil von mir immer bei ihm war. Dankend erhob ich mich und er tat es mir gleich. Beinahe bekam ich das Gefühl, dass er mich nicht gehen lassen wollte. Als ich gehen wollte, griff er nach meinem Handgelenk, hinderte mich am Voranschreiten. Unsere Blicke trafen sich. Dieses wunderschöne Kobaltblau drang tief bis in meine Seele ein. Früher war mir nie klar gewesen wie strahlend und schön seine Augen waren, vielleicht hatte ich einfach nie genug darauf geachtet. Aber heute hatte sich vieles geändert. Blau war die Farbe der Treue, der Loyalität, der Offenheit und der Freiheit. Erst jetzt begriff ich, dass seine Augen tatsächlich ein Spiegel seiner Seele waren. Dieses Sprichwort stimmte vollkommen mit seiner Persönlichkeit ein und ich musste leicht schmunzeln, als ich so darüber nachdachte.
 

„Wir sehen uns wieder... richtig?“, kam es über seine Lippen. Er schien erfüllt von Hoffnung zu sein.
 

Fürchtete er, dass ich ohne ein Wort des Abschiedes wieder aus seinem Leben verschwinden würde? Hatte er mich wirklich so sehr vermisst? Natürlich wusste ich, dass er damals in mich verliebt war, aber es fiel mir schwer zu glauben, dass er diese Gefühle all die Jahre immer noch in sich trug. Und sogar noch bedeutender war es, dass ich mir nicht klar war, ob wir beide das gleiche wollten oder besser gesagt: ob ich in der Lage war seine Gefühle zu erwidern. Er war mir wichtig, ich mochte ihn, aber wir hatten uns jahrelang nicht mehr gesehen und momentan war ich mir gar nicht sicher, was ich wirklich fühlte. Liebte ich ihn so, wie er mich liebte? Oder aber bildete ich mir zu viel darauf ein, dass seine Hand mich vom Gehen abhielt? Egal was es war, es bereitete mir ein mulmiges Gefühl in der Magengegend.
 

„Das werden wir. Aber nun muss ich mich beeilen, einige Duelle warten auf mich.“ Ich lächelte erneut.
 

„Das ist kein Abschied...?“ Sein Gesicht erhellte sich und er ließ mich los.
 

„Nein...“, ich schloss kurz die Augen, sah ihn an, dann hoch hinauf in den Himmel. „Es ist ein Anfang“, hauchte ich und verabschiedete mich mit diesen Worten fürs Erste von ihm und ging.
 

Während ich ging, spürte ich seinen Blick auf mir ruhen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2015-06-03T21:35:10+00:00 03.06.2015 23:35
Was, wie? Frag dich lieber, wieso er die Karte permanent dabei hat! Mensch, Mai es ist doch offensichtlich, dass sich rein gar nichts an seinen Gefühlen über die Jahre hinweg geändert haben kann!
So, das musste eben raus. Natürlich fand ich dieses Kapitel schön zu lesen, weil der Wettbewerbsgeist wunderbar in etwas Sehnsüchtiges, Vergangenes überging. Kein Wunder, dass Mai so empfindlich-positiv auf die Ereignisse reagiert. Endlich macht sie etwas, dass nicht Alltagstrott ist und mit liebgewonnenen Menschen (oder guten Gegnern) verknüpft ist. Dass Varon bereits ausschied, hat mich überrascht. Ich dachte, er wäre ein Zwischengegner für sie, bei dem sie sich miserabel auf den Kampf konzentrieren wird ...

Am Schönsten war der Moment, als er flüsternd von der Karte sprach und sich vorneigte. <3
Liebe Grüße, Morgi
Von: abgemeldet
2012-05-02T21:06:23+00:00 02.05.2012 23:06
Sehr Schöne FF hoffe es kommt noch mehr Varon oder Kaiba wär auch interessant so ein Dreier Konflickt, Mai und Seto sind auf einer gewissen art und weise Arrogant und lassen kaum jemanden ansich herran wenn es an Fremden geht =). Aber sie ist auch Einzelgänger wie er und Varon wobei die ebenso einen Unterschied haben er hat ja seinen Bruder, Varon hingegen niemand außer vielleicht Raphael und Amelda.


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