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Die Zukunft liegt in den Sternen

von

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»Hey Primus!«

Der Professor erschrak, als er seinen Namen hörte. Gerade eben hielt er noch einen Vortrag im Entenhausener Planetarium, aber dass sein interessiertes Publikum ihn beim Vornamen nannte, war doch etwas unerwartet. Er drehte sich um.

Vor ihm stand ein eleganter junger Herr mit Schillerlöckchen und Fliege, der Primus seine Hand entgegenhielt. Kurz zögerte Primus, bevor er sie ergriff und schüttelte.

»Gustav, mein Junge, was treibt dich denn hierhin? Hast du dir etwa auch meinen Vortrag angehört?«

Dieser schmunzelte etwas. Primus von Quack und er waren nur entfernt miteinander verwandt, hatten sich aber schon häufig bei Familienfesten gesehen. Besonders interessiert an Naturwissenschaften wirkte Gustav Gans allerdings nie, was ihre Gesprächsthemen radikal reduzierte.

»Über die Sternbilder und ferne Planeten weiß ich schon genug«, wiegelte Gustav ab. »Ganz in der Nähe soll hier aber eine Lotterie sein. Laut der aktuellen Mondphase müsste ich heute gute Chancen haben, ferne Länder sehen zu können.«

Da lachte Primus: »Dann müsstest du ja jeden Monat dieselben Chancen haben! Was für einen Unsinn redest du da?«

»Quatsch mit Unsinn!« Gustav klang empört und holte rasch ein kleines Faltheft aus seiner Jackentasche. »Hier steht: Astrologin Mimosa sagt: Ihr Horizont wird sich heute erweitern. Das ist doch wohl eindeutig, oder?«

»Das kann vieles heißen! Du könntest dir eine Brille kaufen, dein Haus könnte abgerissen werden«, Primus zählte an seinen Fingern die Möglichkeiten auf. »Am wahrscheinlichsten wirst du heute aber etwas dazulernen! Am besten wäre, wir besuchen deine Astrologin mal!«
 

Das Mietshaus ragte recht weit in den Himmel und schien schon bessere Zeiten erlebt zu haben. An der Haustüre befanden sich Dutzende Klingeln, sodass das handgeschriebene »Mimosa« kaum auffiel. Gustav griff fast automatisch auf den richtigen Knopf.

»Du übertreibst!«, durchbrach er die Stille. Vor einigen Minuten noch hatte er erfahren, wie sich die Planeten und Sterne nach bestimmten Regeln verhalten und dass jede weitere Interpretation, die nicht ins Mathematische ginge, rein spekulativ wäre. »Deine angebliche Fachfrau ist ein Scharlatan«, wiederholte Primus, »der es nur um dein Geld geht!«

Die Tür wurde aufgerissen. Eine bunt gekleidete Dame tauchte im Rahmen auf und starrte den Professor durchdringend an, bevor sie die beiden einließ. »Der Türöffner ist kaputt«, verriet Gustav.

Die Astrologin führte sie in seine Wohnung. »Einfach unheimlich, nicht wahr?«, kommentierte Gustav weiter. Primus guckte sich um. Halsketten, Hühnerknochen und Tomatenketchup auf dem Tisch, alte Hemden vor den Fenstern und elektrische Kerzen in der Ecke.

Das Chaos auf dem Tisch wischte Mimosa mit einem Arm auf den Boden und legte stattdessen ein Kartenset darauf.

»Was hat Mau-Mau mit den Sternen zu tun?«, fragte Primus. Die Astrologin blickte ihn kurz an, Gustav beeilte sich mit der Erklärung: »Das ist Tarot. Wenn die Karten nach den Sternen ausgerichtet werden, zeigen sie einem das Schicksal.«

Die Karten wurden quadratisch angeordnet mit der Rückseite nach oben. Wieder schaute Mimosa auf. »Ich bitte um Ihren Rat«, meinte Gustav. »Was wird mir die Zukunft bringen?«

Die Dame nahm sich von drei Stapeln die oberste Karte und legte sie in die Richtung von Gustav, damit er sie auflegen konnte. Als erstes nahm sie die Karte, welche einen Engel mit zwei Kelchen zeigte. »Der Ausgleich«, las Gustav vor, »das ist gut, das bedeutet Gerechtigkeit.«

Mimosa nickte.

Die nächste Karte zeigte einen Wanderer mit einer Katze. »Der Narr«, so Gustav, »bedeutet gedankenloses Handeln, vielleicht aber auch Unschuld.«

Die Astrologin lächelte schweigend.

Die dritte Karte drehte Gustav mehrfach, denn der Herr darauf war an den Füßen aufgehängt worden. »Der Gehängte?« Gustavs Stimme überschlug sich fast. »Der Ausgleich, der Narr und der Gehängte?« Auch Mimosa schien etwas unwohl zu sein. Auf einmal stand Gustav auf und wandte sich zum Gehen.

»Gustav!« rief Primus aus. »Was ist los? Was sollen diese Karten bedeuten?«

Er packte den Arm der Astrologin und rief: »Was soll das alles heißen?«

Gustav ging auf und ab, versehentlich trat er dabei in den Tomatenketchup. »Da, es geht schon los!« Statt die Soße abzuwischen, lief er zu Primus. »Die Karten! Sie kündigen Unglück an, weil ich zweifelte! Fortuna verlässt mich!«

Primus packte Gustavs Schultern. »Du bist nur nervös. Morgen!« Er drehte sich zu Mimosa. »Morgen um zehn Uhr beim Planetarium möchte ich Sie sehen! Und das ohne diese ganzen Spielereien!«

Die Astrologin nickte nur.
 

Gustav verlagerte sein Gewicht vom einen Fuß auf den anderen, seine Gamaschen waren noch immer voller Ketchup. »Klar, ich begleite dich ja gerne«, begann er zögerlich, »aber muss das gerade jetzt sein? Fortuna schmäht mich momentan! Gestern schnitt ich mich fast an einer Gewinnbenachrichtigung, heute wusste ich gar nicht, wo genau ich hin sollte, und du...«

»Still!«, unterbrach ihn Primus. Die Astrologin Mimosa trat durch die Türe, ebenso bunt gekleidet wie am Tag zuvor. Ein Kopftuch verdeckte ihr dunkles Haar.

»Ihre Augen!«, flüsterte Gustav, dem sein Pech nun ganz egal zu sein schien, »Sie ist ganz in Trance!«

»Sie ist nur müde«, kicherte Primus. »Ein Nachtmensch, der die mysteriösen Madame mimt!«

Frech grinste er Mimosa an, als er Gustav und sie zu einer Sitzecke führte.

»Es ist soweit«, sagte Primus, »diese Antwort wird alles entscheiden! Wie sieht Ihr eigenes Schicksal aus?«

Gustav erschrak. »Aber sie hat keine Karten! Wie soll sie-« Eine kurze Handbewegung der Astrologin ließ ihn verstummen. Mit den Zeigefingern an den Schläfen und geschlossenen Augen schwieg Mimosa eine Weile, sodass Primus schon vermutete, dass die Müdigkeit wohl doch zu viel für sie war.

Nach einer Minute stand die Astrologin auf, dunkel erklang ihre Stimme in der Vorhalle: »Mir wird ein Unglück widerfahren.«

Gustav wurde blass.

»Oho, und wann?«, triezte Primus. Ihn traf der selbe starre Blick wie schon gestern.

»Zwei Tage, bevor dir eines geschieht.«

Kaum sprach sie die Worte aus, drehte sie sich zum Ausgang.

»Nein, bleiben Sie stehen!«, rief ihm Primus hinterher.

Gustav, der sich gerade den Schweiß von der Stirne tupfte, und Mimosa drehten sich zu ihm um.

»Ich, äh, wollte Sie nur bitten, den Hinterausgang zu verwenden, damit Sie nicht etwa den zahlenden Gästen im Wege stehen.«

Die Astrologin ging wie geheißen, doch Gustav guckte Primus weiterhin verdutzt an.

»Warum hast du das gemacht?«, fragte er.

Primus kicherte unsicher, als er durch den Vorderausgang des Planetariums ging. Mehrere Wasserbomben trafen ihn im Gesicht, eine davon streifte Gustav nur knapp.

»Oh nein, tut uns Leid, Onkel Primus!«, riefen die Drillinge, die hinter ein paar Säulen hervorkamen. »Wir wollten doch die Dame treffen, von der du uns erzähltest. Wo steckt sie?«

Gustav musterte den völlig durchnässten Professor, bevor er laut zu lachen begann. »Sag bloß, du glaubst jetzt doch an Astrologie?«

»Papperlapapp!« Primus versuchte, sich trotz wässrigem Anzug gerade hinzustellen. »Aber sicher ist sicher!«



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Lupus-in-Fabula
2022-01-21T16:02:30+00:00 21.01.2022 17:02
Saluti DavidB



Entenhausen ist meine Kindheit. Die Taschenbücher habe ich nicht immer verfolgt (waren eben teuer), aber die Serie habe ich gerne geschaut :)

Bevor ich zu meinem Review komme, habe ich eine Frage.
Wie sind du und Sabine auf diese Idee gekommen? Kannst du dich daran erinnern? Falls ich zu neugierig bin, musst du natürlich nichts beantworten.


Ich habe deine Fanfiktion mit Freude gelesen. Hat mich in meine Kindheit zurückgesetzt.
Gustav Gans war einer meiner Lieblingscharakter in dem Taschenbuch. Ich war beeindruckt von seinem unglaublichen Glück. An Primus von Quack kann ich mich nicht erinnern. Nur ganz schwach:/
Jedoch sah ich beim Lesen deiner Fanfiktion in Bildern. Hat mich irgendwie fasziniert.

Deine Fanfiktion könnte so eine Episode aus einem Taschenbuch sein.
Der Schreibstil ist humorvoll und locker. Fast war ich traurig, als das Kapitel zu Ende war.


Darf ich meine liebsten Stellen schnell hier verewigen?

»Was hat Mau-Mau mit den Sternen zu tun?«, fragte Primus. Die Astrologin blickte ihn kurz an, Gustav beeilte sich mit der Erklärung: »Das ist Tarot. Wenn die Karten nach den Sternen ausgerichtet werden, zeigen sie einem das Schicksal.«

»Ihre Augen!«, flüsterte Gustav, dem sein Pech nun ganz egal zu sein schien, »Sie ist ganz in Trance!«
»Sie ist nur müde«, kicherte Primus. »Ein Nachtmensch, der die mysteriösen Madame mimt!«


»Ich, äh, wollte Sie nur bitten, den Hinterausgang zu verwenden, damit Sie nicht etwa den zahlenden Gästen im Wege stehen.«
Die Astrologin ging wie geheißen, doch Gustav guckte Primus weiterhin verdutzt an.


»Oh nein, tut uns Leid, Onkel Primus!«, riefen die Drillinge, die hinter ein paar Säulen hervorkamen. »Wir wollten doch die Dame treffen, von der du uns erzähltest. Wo steckt sie?«

Habe ich schon erwähnt, dass der Schreibstil grossartig ist? :D


Echt eine tolle Geschichte! Eine kleine Perle, die ich gerne als YUAL empfehle.
Und natürlich kommt es in meine Favos und empfehle es weiter!



Ich wünsche dir und deinen Liebsten viel Kraft in dieser schweren Zeit :)



Grüsschen aus der Schweiz


Helfer der KomMission


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