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Finera - Dawn of the Dark

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Alt, älter, Raichu

19. Oktober
 

Rain
 

Bin schon ganz dreckig von den Ausgrabungen :-) Morgen bekomme ich das Fossilpokémon und dann mache ich mich auf den Rückweg nach Illumina. Kopf hoch, deine Arbeit kann nur besser werden. ;-)

Rain legte ihren ComDex zur Seite und breitete sich auf dem frisch bezogenen Bett aus. Als sie noch am Tag ihrer Bewerbung den Vertrag bei Mai Technologies unterschrieben hatte, hatte Milena Mai, die oberste Chefin, gesagt, dass sie sich persönlich um Rains Ausbildung kümmern würde. Dass Milena damit auch meinte, dass Rain ein Zimmer im Gästestockwerk bezog, hatte sie nicht vermutet. Zwei Tage hatte sie ihren Auszug aus dem Pokémoncenter aufschieben können, dann hatte Milena Mai sich durchgesetzt und Rain war mit Sack und Pack in das moderne Hochhaus der Firma gezogen. Das war nun eine Woche her.

Von Summer hatte sie in der ganzen Zeit nichts gehört und ihren Eltern hatte sie geschrieben, dass alles gut lief und sie einen kleinen Job gefunden hatte. Seither war sie weiteren Nachfragen aus dem Weg gegangen und hatte sich in die Arbeit gestürzt, von der Milena ihr nicht gerade wenig auftrug. Sie putzte das Labor, sortierte Petrischalen, spülte Erlenmeyerkolben und notierte jeden Tag, wie viel von welchen Chemikalien noch im Vorratsschrank stand, was nachbestellt werden musste und wer die Labormaschinen gerade brauchte.

Die meiste Zeit verbrachte sie in den normalen Arbeitslaboren, in denen die Techniker an Verbesserungen der Heilmaschinen tüftelten oder hin und wieder neue Präparate getestet wurden. Nur selten bekam sie Milena Mai zu sehen und noch seltener nahm diese sie in ihr privates Labor mit, das sie außer am Tag ihrer Bewerbung erst zwei weitere Male gesehen hatte. Einmal hatte sie einen Gast zu Milena gebracht – einen schick aussehenden Herrn mit teurem Designeranzug – und beim anderen Mal hatte sie ihr beim Auslesen verschiedener Gensequenzen assistiert, wobei Milena ihr nicht hatte sagen wollen, um welches Pokémon es ging.

Kurzum: Rain war frustriert. Sie hatte sich die Arbeit bei Mai Technologies besser vorgestellt und fühlte sich nur wie eine Putzkraft und billige Assistentin, die fast jeden Tag bis abends auf den Beinen war. Wenigstens war das Essen in der Personalkantine super und die einstündige Mittagspause das Highlight des Tages.

Heute hatte ihre Schicht früher geendet. Milena hatte sie wegen einer Konferenz entlassen, aber nach dem Abendessen sollte Rain ihr noch kurz im Labor helfen. Hoffentlich ging es dieses Mal um mehr als nur ein paar kleine Proben und Reagenzgläschen. Sie hatte für Milena arbeiten wollen, weil sie tiefer in die ganze Materie eintauchen wollte, aber bisher hielt Milena sie an der kurzen Leine.

Konnte es vielleicht sein, dass … Milena ihr nicht traute?

Rain lachte leise auf, rollte sich dann vom Bett und ging zum Schreibtisch, auf dem ein halbes Dutzend Fachbücher aus der firmeneigenen Bibliothek und ihr Trainergürtel mit den Pokébällen lagen. Niemand durfte während der Arbeitszeit einen Trainergürtel tragen oder anderweitig Pokébälle bei sich haben und auch sonst hatte Rain noch keine Pokémon oder Pokébälle auf dem Gelände gesehen. Ob die Angestellten hier überhaupt Pokémon besaßen? Oder machten sie es wie Rain und verzichteten mittlerweile völlig darauf, um sich ganz der Arbeit widmen zu können? Sie wusste es nicht, bekam aber ein schlechtes Gewissen und ging ins Badezimmer, wo sie die Badewanne zur Hälfte voll laufen ließ und dann Froxy und Karpador entließ.

„Frox! Ox!“ Froxy hüpfte vergnügt auf den Rand der Badewanne aus Marmor und sprang dann elegant ins Wasser, wo es zuerst untertauchte und dann einige schnelle Runden drehte. Rain wusste, dass eine Badewanne kein echtes Gewässer ersetzen konnte, aber das bisschen Wasser wollte sie ihren beiden Pokémon gönnen. Karpador ließ es etwas ruhiger angehen, ließ aus seinem Maul Luftblasen aufsteigen und strafte sie mit einem Blick, der auszusagen schien: Wieso sind wir hier?

Rain biss sich auf die Unterlippe, setzte sich dann an den Rand der Badewanne und hielt ihre Hand ins Wasser, die Karpador nach kurzem Zögern anstupste, dann aber wieder schmollte und sich erneut den Luftblasen widmete. „Tut mir leid, dass ihr mit der Wanne Vorlieb nehmen müsst. Morgen nehme ich euch mit zum Kanal, versprochen.“

Als es Zeit für das Abendessen war, zog Rain die beiden in ihre Bälle zurück und legte sie wieder auf den Schreibtisch. Dann ging sie in die Kantine, die sich direkt im ersten Stockwerk befand und freien Blick auf den Garten hinter dem Gebäude bot. Besonders viel bekam man dort nicht zu sehen, aber immerhin war es eine grüne Aussicht.

Außer Rain befanden sich noch etwa zehn andere Mitarbeiter hier; manche saßen bereits an den Tischen, andere standen an der Ausgabe und unterhielten sich leise. Keiner von ihnen beachtete Rain, die sich einmal mehr ausgeschlossen fühlte und sich mit ihrem Tablett alleine an einen freien Tisch setzte. Zur Mittagszeit waren drei- bis viermal so viele Menschen hier und manchmal stellte man Rain ein paar Fragen, aber abends war sie mit ihren Gedanken alleine. Was Milena wohl gleich noch von ihr wollte?

Das Essen – Brötchen mit Quark und Obst, dazu eine warme Suppe – schlang sie runter, dann fuhr sie mit dem Fahrstuhl nach oben auf die Etage, die, wie sie mittlerweile wusste, alleine von Milena genutzt wurde.

Die Tür zu Milenas Privatlabor war verschlossen und so wartete Rain geduldig, bis ihre Mentorin eine halbe Stunde später mit weißem Laborkittel und erschöpfter Miene zu ihr kam. „Rain.“ Milena nickte ihr zu, öffnete mit einer Schlüsselkarte die Tür und ließ ihre Assistentin eintreten.

„Wobei brauchen Sie heute Abend meine Hilfe, Milena?“ Milena hatte ihr erlaubt den Vornamen zu benutzen, doch Rain achtete stets auf einen respektvollen Ton und das Siezen, immerhin war Milena Mai nicht einfach irgendwer, sondern ein Genie. Selbst ihre Mutter hatte damals zugeben müssen, dass Milena zwar auf die schiefe Bahn geraten war, sie an sich aber große Visionen, viel Talent und Intelligenz besaß.

Milenas Mundwinkel zuckten leicht, was ihrer Art eines Lächelns nah kam, sonst reagierte sie jedoch nicht auf die Frage, sondern führte Rain in die Mitte des Labor, wo sich eine Maschine befand, die Rain bei ihren bisherigen Besuchen noch nicht aufgefallen war. Auf dem Boden war ein Feld mit einem Durchmesser von etwa zwei Metern, das mit diversen Elektroden und Kabeln verbunden war, die in eine Säule am hinteren Ende führten. Dort gab es ein Bedienungsfeld, einen kleinen Bildschirm und noch etwa zwei Dutzend weitere Knöpfe und Regler, von denen sie keine Ahnung hatte.

„Du bist doch Trainerin, nicht wahr, Rain?“

Sie zuckte leicht zusammen und nickte. „Ja, ich habe zwei Pokémon, aber sie sind nicht besonders stark.“

„Ist das so?“ Eine bedeutungsvolle Stille entstand, dann fuhr Milena fort. „Ich arbeite bereits seit langer Zeit an dieser Maschine und nun bin ich ihrer Vollendung sehr nahe. Sie mag simpel aussehen, aber darin stecken jahrzehntelange Arbeit und unzählige Fehlversuche.“

Rain hörte ruhig zu und wagte es nicht Milena zu unterbrechen.

„Bevor ich dir erkläre, wofür diese Maschine gut ist, möchte ich dir denjenigen vorstellen, der es mir ermöglicht hat den letzten Feinschliff durchzuführen.“ Aus der Tasche ihres Laborkittels holte Milena einen einfachen Pokéball, drückte auf den Knopf in der Mitte und sah zu, wie sich mitten auf der Plattform aus dem roten Lichtblitz ein Raichu formte.

Raichu gähnte einmal, schaute zu Milena hinauf und dann zu Rain. Die dunklen Knopfaugen sahen müde aus und der Schweif lag träge am Boden. Um die Schnauze herum war das Fell des Pokémon gräulich verfärbt, was für ein hohes Alter sprach. Wie alt mochte es wohl sein? Zehn Jahre? Zwanzig?

Als könnte Milena ihre Gedanken lesen, beantwortete sie ihr diese Frage. „Raichu ist bereits dreiundvierzig Jahre alt, was überdurchschnittlich viel für seine Rasse ist. Nagerpokémon haben für gewöhnlich eine kürzere Lebensdauer. Doch das, was dieses Pokémon nahezu einzigartig macht und meiner Forschung am meisten geholfen hat, ist sein Level.“ Milena legte eine Kunstpause ein. „Raichu ist eines der sehr seltenen Pokémon auf Level 100.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  yazumi-chan
2015-05-31T20:54:02+00:00 31.05.2015 22:54
Also, wenn Pokémon teilweise nur zehn oder zwanzig Jahre alt werden, leben dann Faiths Pokémon überhaupt noch? o.o Dann müssten ja gerade erwachsene Trainer immer wieder ein komplett neues Team heranziehen.
Ich bin sehr gespannt, was diese Maschine so kann und was das Raichu zu der Forschung beigetragen hat. Lustig finde ich ein bisschen, das Rain so frustriert ist :D Sie kann ja nicht erwarten, ohne Vorwissen groß was anderes machen zu dürfen, als Sachen putzen und vielleicht sehr leichte Versuchsschritte. Und selbst wenn man Ahnung hat, ist viel einfach nur irgendwas in Reagenzgläser oder Epis zu kippen und damit weiter zu machen xD
Antwort von:  Kalliope
31.05.2015 23:02
Jep, das hat Rain nur nicht bedacht, weil sie gleich die ganz großen, tollen, spannenden Forschungen vor Augen hatte, die dann vielleicht 5% von der Arbeit ausmachen, wenn es hochkommt.
Manche Pokémon werden auch älter. Ich hab mich da so grob an den richtigen Tieren orientiert, da werden Mäuse und andere Nager zum Teil auch nur 2-5 Jahre alt. Eine Schildkröte (Karippas, Turtok usw.) dürfte dann vielleicht sogar ihren Trainer überleben, wenn der sie schon als Kind bekommen hat.
DotD spielt 25-30 Jahre nach NA, da dürften Faiths und Joels Pokémon noch alle leben.
Von:  Yurippe
2015-05-31T18:24:26+00:00 31.05.2015 20:24
Die ganze Sache wird immer unheimlicher. Zuerst habe ich ja gedacht, Milena wollte ein Experiment mit Rains Pokémon durchführen.
Übrigens finde ich es immer noch seltsam, bei Pokémon außerhalb des Spiels mit Levels zu arbeiten.
Antwort von:  Kalliope
31.05.2015 20:35
Nja, ganz optimal ist es nicht, das stimmt. Ich halte mich auch nicht ganz genau an die Level, was Attacken und Entwicklungen angeht. Aber so grob dienen sie als Orientierung und bei Level 100 kann man dann sagen, dass ein Pokémon nicht stärker werden kann. (Darauf geht Milena auch im nächsten Kapitel ein.)


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