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Die Rede

Puppyshipping-Challenge
von

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Im Dunkeln gut munkeln

Joey stand vor der großen, massiven Eichenholztür und hob nur zögernd die Hand zur Klinke. Er war so oft hier gewesen. Unzählige Male. Und jedes Mal war es alles andere als erfreulich. Er hatte sich geschworen, dass es aufhören würde. Er wollte sich bessern und die letzten Monate war er vorbildlich gewesen. Umso mehr verunsicherte es ihn, dass er jetzt hier war. Er wusste nämlich absolut nicht warum er hier war.
 

Unsicher legte er seine Hand auf das kalte Metall der Klinke. Gerade als er sie vorsichtig herunter drücken wollte, wurde die Tür von der anderen Seite schwungvoll aufgerissen.
 

„Mr. Wheeler! Da sind sie ja endlich. Der Direktor erwartet sie in seinem Büro.“
 

Die Sekretärin des Direktors war eine ältere, streng wirkende Dame, die fatale Ähnlichkeit mit einer Gottesanbeterin hatte. Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging schnellen Schrittes zum Direktorzimmer. Ein strenger Blick in Joeys Richtung, brachte auch ihn in Bewegung. Mit einem unguten Gefühl folgte er ihr an diesen schrecklichen Ort, wo er mehr Standpauken erhalten hatte, als alle anderen Schüler. Er überlegte Fieberhaft, was er angestellt haben könnte. Es kann einfach nichts aktuelles sein. Er war geradezu lächerlich vorbildlich gewesen in letzter Zeit. Alles andere hätten Yugi und Tea auch zu verhindern gewusst. Also musste es etwas sein, das weit, weit zurück lag.
 

„Mr. Wheeler, sehr schön. Da sind sie ja. Kommen sie doch rein.“
 

Der Direktor kam Freude strahlend auf Joey zu und mit einem freundschaftlichem Klaps auf die Schulter führte er ihn ins Büro. Joey konnte vor lauter Irritation nicht reagieren. Irgendetwas lief da falsch. Die übliche Begrüßung des Direktors war 'Wheeler! Setzen!'. Und das tat er ausnahmslos von seinem Schreibtisch aus. Joey hatte ihn wahrscheinlich noch nie stehend gesehen. Aber jetzt bugsierte er ihn lächelnd auf die andere Seite des Raumes, wo eine imposante Sitzgruppe auf sie wartete. Noch nicht irritiert genug, blickte Joey auf und sah:
 

„Kaiba!“
 

Seine stechend scharfen Augen blickten auf Joey. Er saß auf einer Couch, die langen Beine übereinander geschlagen, die Arme verschränkt. Joey blieb wie angewurzelt stehen. Was machte er hier? Was machte ER verdammt nochmal HIER?! Joey hörte nur entfernt, wie der Direktor ihn bat, sich zu setzten. Sein Gehirn konnte die Situation nur schlecht verarbeiten. Direktorzimmer. Freundlicher Direktor. Kaiba. Kaiba. Und immer wieder Kaiba. Joey blickte ihm direkt in die Augen. Das versuchte er in letzter Zeit zu vermeiden, aber wenn sein Blick einmal bei ihm landete, hielten seine Augen ihn gefangen. Kaibas Blick war eisig. Wie immer.
 

Hier stand Joey nun. Die kuriose Situation mit dem Direktor noch nicht eingeordnet, stand Joey jetzt auf einmal im Dauerdilemma seines Lebens. Kaiba sah Joey an wie immer. Voller Verachtung und Hass. Und Joey war irgendwie stolz darauf. Seine Verachtung musste man sich hart verdienen. Nicht jeder schaffte es über die Gleichgültigkeit eines Seto Kaibas hinweg. Joey war für ihn ein lästiges Störgeräusch im Hintergrund, das sich viel zu oft, viel zu laut in den Vordergrund drängte. Und damit hatte das ganze Dilemma angefangen. Joey hatte irgendwann angefangen Kaiba zu nerven. Kaiba hatte es ihm so schwer gemacht, dass es für Joey zum Sport wurde, seine Fähigkeiten in dieser Angelegenheit zu verbessern. Und dann...dann wurde es zur Sucht. Zur Sucht nach ihm. Ohne das er es verhindern konnte, fuhr er auf einem Zug in sein Unglück. Konnte nur da stehen und zusehen wie sich dieser Zug unweigerlich einer Mauer näherte, die ihn eines Tages zerschmettern würde. Joey Wheeler hatte sich unwiderruflich verliebt. Verliebt in Seto Kaiba. Was seine Abscheu gegen Kaiba nicht im geringsten geschmälert hatte. Irgendwie, er wusste absolut nicht wie, konnte er diesen Mann hassen und lieben. Gleichzeitig und in der gleichen Intensität. Die Gefühle wechselten sich nicht ab, sie waren einfach da. Immer.
 

Das war also sein Dilemma. Daher ging er Kaiba in letzter Zeit aus dem Weg. Was uns zurück führt zu Joeys momentanen Dilemma. Endlich auf die Worte des Direktors reagierend, ging er weiter in den Raum und setzte sich auf einen Sessel, möglichst weit weg von Kaiba und krallte seine Hände in die Armlehnen. Der Direktor setzte sich auf einen Sessel zwischen die beiden. Joey fühlte sich sichtlich unwohl. Kaibas Blick fixierte ihn immer noch und das machte alles nur noch schlimmer.
 

„Wheeler, man müsste eigentlich denken, dass du dich hier wie zu Hause fühlst.“
 

Joey ignorierte ihn. Das war wahrscheinlich die effektivste Methode seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Das wollte Joey eigentlich vermeiden, aber wenn er einmal anfing mit ihm zu streiten, konnte er nicht mehr aufhören und das neben dem Direktor zu tun, war wahrscheinlich nicht sehr klug. Zumal er immer noch nicht wusste weshalb er hier war. An den Direktor gewandt fragte Joey: „Es tut mir leid, ich möchte nicht unhöflich sein, aber ich würde gerne wissen, wieso ich hier bin.“
 

Der Direktor war sichtlich froh, nicht auf Kaibas Kommentar reagieren zu müssen und nahm Joeys Einleitung dankend an. „Ah Mr. Wheeler, natürlich. Das tut mir leid. Also sie wissen doch, dass nächste Woche das große Karriere-Schulfest stattfindet. Viele Firmen werden da sein und viele ehemalige Schüler werden kommen und ihr Berufsfeld vorstellen.“ Joey nickte. „Auch wir müssen natürlich alle unseren Beitrag leisten.“ Der Schulleiter blickte in eine Akte auf seinem Schoß. „Wie ich sehe, sind sie für den Waffel-Stand eingeteilt.“ Joey nickte. „Also von dieser Aufgabe möchte ich sie entbinden.“ Joey stutzte und nickte dann mal vorsichtshalber. „Sie und Mr. Kaiba werden eine Rede halten.“ Joey überlegte. „Bitte, was?!“ Auf Kaibas Gesicht huschte ein kleines Lächeln, dass Joey fast als sympathisch einordnen würden, wenn es nicht von Überheblichkeit überschattet wäre. „Genau das habe ich auch gesagt.“ „Halt dich da raus, Kaiba!“ „Habe ich versucht, Wheeler.“
 

Joey fühlte sich im Nachteil, weil er immer noch nicht genau wusste, worum es hier ging. Er versuchte nicht auf Kaiba loszugehen und sah wieder zum Direktor, der sich zwischen den Fronten nicht gerade wohl fühlte. „Bei der großen Versammlung am Anfang der Veranstaltung werden einige Reden gehalten und nach mir selbst sprechen zur Einführung immer zwei Schüler unserer Schule. Mr. Kaiba nimmt als gutes Beispiel für die Verbindung zwischen dem Leben als Schüler und der Arbeitswelt immer daran Teil.“ „Und als was für ein Teil bin ich gedacht. Als abschreckendes Beispiel?“ Noch im selben Moment sah er, wie sich Kaibas Lippen bewegten. „Sag jetzt bloß nichts, Kaiba!“
 

Auf den Zügen des Direktors breitete sich ein väterliches Lächeln aus. „Ganz im Gegenteil Mr. Wheeler. Sie sollen als gutes Beispiel voran gehen.“ Joey wusste nichts dazu zu sagen, also wartete er ab, was der Direktor noch zu sagen hatte. „Als ich mit dem Kollegium gesprochen habe, ist ihr Name ziemlich oft gefallen. Und mir ist natürlich auch aufgefallen, dass ich sie hier seit Monaten nicht gesehen habe. Sie kommen pünktlich zum Unterricht, sie machen ihre Hausaufgaben.“ „Aber ich bin nicht gerade das, was man einen guten Schüler nennen würde.“ „Genau. Sie sind im guten Mittelmaß. Aber vorher, da war ihre Versetzung mehr als nur einmal gefährdet. Sie waren der größte Problemfall an unserer Schule. Und jetzt muss ihr mir keine Sorgen mehr um ihren Abschluss machen. Sie haben ein paar gute Fächer mittlerweile, sie haben ihre Stärken gefunden. Sie sind der Schüler mit der deutlichsten Verbesserung im letzten Jahr. Deswegen möchte ich, dass sie die Rede mit halten.“
 

Joey schluckte schwer. Eine Rede halten. Er hatte nicht mal sonderlich viele Reden gehört in seinem Leben. Einerseits war es ein Kompliment. So positiv sprach selten jemand über ihn, außer Yugi vielleicht. Aber eine Rede halten schien ihm keine angemessene Belohnung zu sein. Das klang auch irgendwie nach Arbeit.
 

„Und was soll ich da sagen?“ „Oh das ist ihnen überlassen Mr. Wheeler. Natürlich sollte es zum Thema des Anlasses passen. Halten sie sich an Mr. Kaiba. Das ist nicht seine erste Rede. Wenn sie Beispiele brauchen, dann wenden sie sich an Mrs. Klein.“ Auf keinen Fall würde er dieser Gottesanbeterin zu nahe kommen. „So, dann entlasse ich sie mal wieder in den Unterricht. Ich denke es ist erst mal alles gesagt. Mr. Kaiba ist über alles weitere informiert.“ Der Direktor brachte die beiden zur Tür und verabschiedete sich. Kaiba sagte kaum etwas und auch seine Beleidigungen hielten sich in Grenzen. Sollte es tatsächlich so sein, dass er sich wegen des Direktors besser benahm als sonst? Das wäre ja so...normal. Joey genoss es. Ein schweigender Kaiba war ein nicht allzu ätzender Kaiba und mit ein bisschen Phantasie schon fast ein netter Kaiba.
 

Als sie auch aus dem Vorzimmer der Sekretärin raus waren, drehte sich Kaiba zu Joey um. Er stand nah vor ihm und Joey wusste irgendwie, dass es jetzt mit der Zurückhaltung vorbei war. „Kannst du lesen, Köter?“ Joey kannte seine Art eigentlich schon, dennoch war er zu perplex um zu Antworten. „Komm schon Wheeler, dass du sprechen kannst weiß ich. Aber wie steht' s ums lesen?“ Kaiba kam noch ein Stück näher, was Joey endlich aufschrecken ließ. „Du hast den Direktor doch gerade gehört. Ich bin toll! Also verschon' mich mit deinen Scherzfragen und komm zur Sache.“ Er liebte es schlagfertig zu sein. Besonders gegenüber Kaiba. Leider konnte er Kaiba in der Regel so nicht beeindrucken.
 

„Also erst einmal eine kleine Korrektur. Er sagte du bist Mittelmaß. Deine Topleistung ist es, nicht mehr die größte Niete an dieser Schule zu sein und ich muss zugeben, dass ich dir nicht mal das zugetraut hätte. Jetzt möchte ich allerdings wissen, ob du einen Text lesen und ihn laut wiedergeben kannst, das würde uns nämlich Zeit und Arbeit ersparen.“
 

„Mensch Kaiba, so nett heute, brich dir bloß keinen Zacken aus der Krone.“
 

„Ich werte das als ja. Die Schulveranstaltung ist schon in vier Tagen. Roland wird dir unsere Rede zukommen lassen und dann versuch bitte sie auswendig zu lernen oder zumindest schlag vorher nach wie man die schwierigen Wörter ausspricht.“
 

„Heißt das, dass du unsere Rede schreiben wirst?“
 

„Natürlich. Oder glaubst du könntest irgendetwas produktives dazu Beitragen?“
 

Joey merkte wie er wütend wurde. Immerhin wurde er ausgewählt diese Rede zu halten. Irgendetwas musste er also drauf haben. Er war zwar daran gewöhnt, aber es machte ihn immer noch fertig, dass Kaiba ihn so maßlos unterschätzte.
 

„Klar, ich kann so einiges beitragen. Außerdem, wenn du die Rede schreibst muss ich wahrscheinlich ausschließlich über dich reden. Das ist auch meine Rede, du reicher Schnösel!“
 

Kaiba packte sich an die Stirn, als würde er eine schlimme Migräne erwarten. Das tat er irgendwie immer, wenn ich ihn sah. Er sollte wirklich mal zum Arzt gehen, vielleicht ist es ein Tumor.
 

„Hör zu Wheeler, ich habe wirklich viel zu tun und ich halte diese infantile Rede hier jedes Jahr und ich schreibe sie auch jedes Jahr. Sie ist immer gut, du wirst sie mögen, okay?“
 

Zum ersten Mal fiel Joey auf, dass Kaiba irgendwie müde aussah. Er hätte jetzt nachgeben können, einfach um nett zu sein. Aber andererseits...
 

„Nein.“
 

Kaiba hob eine Augenbraue. Joey musste sich konzentrieren, weil das sogar in solchen Situationen unheimlich sexy aussah.
 

„Nein?“
 

„Das ist auch meine Rede. Und ich möchte meinen Teil dazu beitragen. Ich werde es gut machen. Ich kenn total viele Zitate! Ich werde bluten, schwitzen und weinen, wie mein Freund irgendwas Winston immer sagt.“
 

„Das heißt 'Ich habe nichts zu bieten als Blut, Schweiß und Tränen' und der arme Mann, den du als deinen Freund betitelst, heißt Winston Churchill. Und ich fürchte außer diesen drei Dingen, hast du wirklich nichts zu bieten.“
 

„Jetzt komm schon Kaiba, ich werde so lange nerven, bis wir diese Rede zusammen schreiben, also spar' dir die Zeit und die Nerven und sag ja.“
 

Kaiba sah Joey an und sagte nichts. Er sah wirklich müde aus. Er schien Joeys Worte abzuwägen und sah dabei verkniffener aus als sonst. Dann folgte ein resignierendes Seufzen. Joey hatte so etwas noch nie bei ihm gesehen. Jede neue Nuance an Kaiba ließ Joey eine Gänsehaut bekommen. Jede noch so kleine Menschlichkeit, die ihm aus Versehen entwich. Und hier war so eine. Er war einfach zu müde um zu kämpfen.
 

„Okay, schreiben wir eine Rede.“
 

„Yes!“
 

„Überspann den Bogen nicht, Wheeler.“
 

„Ganz ruhig, Goldjunge. Das wirst du nicht bereuen.“
 

„Abwarten.“
 

„Schreiben wir bei dir oder bei mir?“
 

Kaiba hob eine Augenbraue.
 

~*~*~*~*~*~
 

Joey war nervös. Wieso hatte er nur darauf bestanden, dass Kaiba zu ihm kam? Er würde sich in seiner Villa zwar völlig fehl am Platz fühlen, aber immerhin war es eine Villa. Mit tausenden von Zimmern, viel überflüssigem Platz, noch viel überflüssigerer Kunst und wahrscheinlich sogar mit Privatkoch. Und gleich würde sie hier an ihrer Rede arbeiten. Hier! Hier in dieser kleinen, herunter gekommenen Wohnung im zwielichtigsten Stadtteil von Domino. Aber Joey wusste wieso. Kaiba wollte nicht zu ihm kommen. Allein der Gedanke schien ihm zuzusetzen und genau deshalb musste Joey darauf bestehen, dass sie bei ihm lernten. Er hatte Kaiba solange zugesetzt, bis er nachgegeben hatte. Vielleicht war es nicht nett, jemanden zu drangsalieren, der so müde aussah, aber hey, ein Kaiba zeigte auch nie Gnade. Wahrscheinlich respektierte er so etwas sogar mehr, als jede noch so barmherzige Handlung.
 

Joey sah sich in der Wohnung um. Sein Vater hatte Schichtdienst und war unter der Woche kaum zu Hause. Wenn er wenig da war, konnte Joey die Wohnung eigentlich halbwegs sauber halten. Er seufzte. Es war sauber und aufgeräumt. Aber das alles ein wenig runtergekommen aussah, konnte auch noch so starkes Putzen nicht verschleiern. Joey hatte alles was er für eine Rede brauchen konnte aus der Schulbücherei besorgt. Leider war er sich nicht sicher, was er dafür brauchte, also hatte er die halbe Bücherei leer geräumt und überall in der Wohnung kleine und große Bücherstapel verteilt.
 

Er war nervös wie vor einem Date und kam sich unsagbar blöd dabei vor. Das war kein Date. Das war ein erpresstes Arbeitstreffen. Er wäre auch nie so verrückt sich Kaiba auf diese Weise zu nähern. Diese Leidenschaft war sein persönlicher kleiner Masochismus. Dennoch genoss er seine Nähe, so demütigend und nervenaufreibend sie auch war. Er entdeckte immer kleine Dinge an ihm, die ihn faszinierten. Und Joey würde nicht aufhören ehe er zu Kaiba nicht so etwas wie eine Art feindliche Freundschaft aufgebaut hatte. Er wusste, dass das schräg war und er fühlte auch, dass das sein Untergang sein würde, aber irgendetwas zog ihn zu ihm. Gegen seinen Willen. Immer und immer wieder.
 

Ein lautes Klopfen an der Haustür, riss Joey aus seinen Gedanken. Es war nicht die Hausklingel, sondern ein Klopfen direkt an der Haustür. Vielleicht ein Nachbar. Joey ging schnell zur Tür und öffnete. Vor ihm stand Kaiba mit verschränkten Armen.
 

„Ich fasse es nicht, dass ich hier bin.“
 

„Es ist auch schön dich zu sehen, komm doch rein und fühl dich wie zu Hause, du reicher Windbeutel.“
 

Kaiba hob eine Augenbraue und funkelte Joey missbilligend an, doch dann ging er in die Wohnung und sah sich um.
 

„Eure Klingel funktioniert nicht. Ich bin hinter einem Typen namens Diamond Diana durch die Haustür gegangen. Bis zum ersten Stock kannte ich seine ganze Lebensgeschichte.“
 

„D.D. Ist in Ordnung. Backt super Kekse, bringt uns immer zu Weihnachten welche hoch. Das mit der Klingel tut mir leid, hier funktioniert öfters was nicht.“
 

Kaiba sah so aus, als läge ihm ein Kommentar auf der Zunge, den er dann doch runter schluckte. Vielleicht konnte er im nahen Angesicht ihres finanziellen Unterschiedes nicht auch noch darauf rumhacken. Noch eine Facette von ihm, die Joey bislang nicht kannte.
 

Tatsächlich war sein Auftreten nicht ganz so Raum einnehmend und arrogant wie sonst immer. Er stand natürlich immer noch da, als würde er gerade ein Land besetzen, vor allem, weil er einen sehr teuer aussehenden Anzug trug, aber Joey bemerkte den kleinen Unterschied. Allein, dass er so etwas bemerkte, sollte ihm zu denken geben. Langsam fühlte er sich wie Kaibas heimlicher Stalker.
 

„Okay, Wheeler. Ziehen wir das hier nicht unnötig in die Länge.“
 

„Alles klar, du bist der Gast. Komm wir arbeiten in meinem Zimmer. Willst du was trinken?“
 

„Ich werde in dieser Gegend der Stadt kein Leitungswasser trinken.“
 

Joey ging mit einem schiefen Blick auf Kaiba in die offene, kleine Küche und öffnete den Kühlschrank.
 

„Tja, wenn dir unser Wasser hier missfällt, dann musst du dich wohl mit Cola, Eistee, Sprudel, Limo, Milch oder Orangensaft begnügen.“
 

Joey fühlte einen kleinen Triumph, der auch nicht dadurch geschmälert wurde, dass er das alles heute nach der Schule besorgt hatte und sonst tatsächlich nicht viel mehr als Leitungswasser da war. Allein für die Getränke ist ein großer Teil seines Monatslohns vom Zeitung austragen draufgegangen.
 

„Dann nehme ich einen Eistee.“
 

„Kommt sofort der Herr.“
 

Joey schnappte sich zwei Gläser, füllte sie mit Eiswürfeln, und packte den Eistee, die Gläser, eine Tüte Chips und eine Packung Kekse auf ein kleines Tablett.
 

„Das Buffet ist angerichtet. Mein Zimmer ist da vorne links, die Tür ist offen.“
 

„Was sollen die Kekse, Wheeler. Kein Hundekuchen heute?“
 

Mit diesen Worten ging Kaiba in Joeys Zimmer und übersah dabei einen der Bücherstapel, die Joey taktisch unklug, wie er zugeben musste, im Zimmereingang platziert hatte. Mit einem dumpfen Knall fiel Kaiba auf Joeys Fußboden und nahm mit seiner Länge fast den ganzen kleinen Raum ein. Joey hatte fast das Tablett fallen lassen vor Schreck. Er stellte es auf den Boden und haderte zwischen dem Instinkt hinzugehen und zu gucken, ob alles in Ordnung war oder ganz schnell wegzurennen, weil Kaiba ihn sicher dafür anschnauzen würde. Da das hier seine Wohnung war, schien ihm Flucht eine dürftige Idee, da er ja irgendwann zurück kommen musste und daher näherte er sich Kaiba, der sich mit einem Ruck auf seine Arme stützte.
 

„Scheiße, Kaiba! Alles in Ordnung? Soll ich die Kavallerie rufen?“
 

Mit einem genervten Ächzten richtete sich Kaiba soweit auf, dass er auf dem Boden saß und rieb sich sein rechtes Knie. Er sah auf den umgefallenen Stapel Bücher an der Tür, neben denen Joey etwas verunsichert kniete und sie wieder aufstapelte.
 

„Also ich habe damit gerechnet hier auf wirklich alles zu treffen, aber nicht auf einen Haufen Bücher.“, sagte er trocken. Joey stand auf und sah ihn an. Dann grinste er breit.
 

„Tja, alles Taktik. Ich wusste nicht, wie ich dich sonst dazu bringen sollte, auf dem Boden Platz zu nehmen. Ich hab nämlich keinen Schreibtisch.“
 

Kaiba sah sich um. Außer dem Einzelbett, das ordentlich bezogen war, war in Joeys Zimmer nur noch ein wackeliger Kleiderschrank und ein überladenes Bücherregal zu finden, das allerdings eine hohe Comicauswahl enthielt. Hinter ihm, in der Mitte des Zimmers lagen zwei große Sitzkissen und in deren Mitte eine Holzplatte, die als Tischersatz dienen sollte und auf der ein Block und ein paar Kugelschreiber lagen. Er hob eine Augenbraue und sah Joey an.
 

„Wieso hast du gleich nochmal darauf bestanden, dass wir hier lernen?“
 

„Weil du ein arroganter Sack warst und es nichts anderes als den Boden meines Zimmers verdient hast, alles klar?“
 

Kaiba schnaubte, wobei Joey ein leichtes Grinsen auf seinem Gesicht bemerkte. Er zog seine Anzugjacke aus, legte sie aufs Bett und setzte sich auf eines der Kissen.
 

„Na wenigstens siehst du ein, dass das hier eine Tortur ist.“
 

Joey grinste, nahm das kleine Tablett vom Boden, stellte es auf die Holzplatte und setzte sich.
 

„Zumindest für deinen verwöhnten Arsch. Meiner ist 'ne härtere Behandlung gewöhnt.“
 

Noch als die Worte aus seinem Mund kamen, bemerkte Joey wie sich das anhörte und hoffte so inständig, dass Kaiba zu weltfremd war um das zu verstehen. Befangen nach der Tüte Chips greifend, sah er vorsichtig zu ihm. Kaibas Grinsen war unsagbar groß. Und wie Joeys kurz aussetzendes Herz wohl meinte, einfach hinreißend.
 

„Zu einfach, Wheeler. Viel zu einfach.“
 

Joey konnte sich ein Lachen nicht verkneifen und fühlte sich auf einmal viel entspannter. Kaiba konnte richtig Grinsen. Also wie normale Menschen Grinsen ohne dass es vor Verachtung nur so trieft. Wobei Joey meinte eine winzige Nuance Anzüglichkeit in seinem Grinsen entdeckt zu haben. Aber das bildete er sich bestimmt nur ein. Joey stand noch einmal auf und holte den Stapel Bücher, der vorhin als Stolperdraht dient, denn das waren die Bücher, die Joey für die Rede benutzen wollte.
 

„Was willst du mit den ganzen Büchern?“
 

„Ähm...viele schlaue Zitate zu einer Rede zusammen patchworken.“
 

„Du hast noch nie eine Rede geschrieben oder?“
 

„Ich denke die Antwort kennst du.“
 

Joey hatte sich mit dem Stapel Bücher in der Hand wieder auf sein Kissen gesetzt. Kaiba seufzte auf eine Art, die tatsächlich mehr zugewandt nett, als leidend herablassend klang und nahm Joey den Stapel Bücher aus der Hand. Dabei war er näher als Joey es gewöhnt war. So nah kam er Kaiba immer nur, wenn sie sich fast prügelten und dann war er so wütend, dass er so vieles nicht mitbekam. Kaibas Hände waren warm und fast beruhigend sanft. Er trug ein weißes Hemd, aber ohne Krawatte. Der erste Hemdknopf war offen. Und er roch so verdammt gut, dass Joey fast auffällig an ihm roch, aber Gott sei dank nur fast. Kaiba stellte den Stapel Bücher zur Seite und nahm sich den Block und einen der Kugelschreiber.
 

„Okay, hör zu. Bei dieser Rede geht es tatsächlich nicht darum große Reden zu schwingen. Du sollst den Leuten einfach nur etwas über dich erzählen. Über deine Schullaufbahn und über deine Zukunftspläne.“
 

Joeys verächtliches Schnauben ließ Kaiba inne halten. Er sah Joey abwartend an, während der sich einen Schwung blonder Haaren geräuschvoll aus dem Gesicht pustete.
 

„Ich soll den ganzen Einserschülern, den Strebern, den Eltern der Streber und den ganzen überkanditelten Firmenrepräsentanten erzählen, was ich gedenke mit meinem Durchschnittsabschluss für eine Karriere zu machen? Dann lieber doch die blöden Zitate. Marie Curie hat mal gesagt, dass man nie merkt, was schon getan wurde, sondern immer nur sieht, was noch zu tun bleibt.“ Joey nahm sich einen der Kugelschreiber und fing an die Mine klacken zu lassen und Löcher auf den Boden zu starren. Kaiba sah ihn an. Er zögerte kurz bevor er sprach.
 

„Einstein hat einmal gesagt 'Persönlichkeiten werden nicht durch schöne Reden geformt, sondern durch Arbeit und eigene Leistung.“
 

Joey sah ihn an. War Kaiba gerade nett zu ihm? Einen Augenblick sahen sie sich an, bevor Kaiba den Blick abwandte.
 

„Also hör auf hier rum zu jammern und schreib diese Rede. Die meisten hören eh nicht zu.“
 

'Okay, das wars dann wohl wieder mit dem nett.', dachte Joey und richtete seinen Blick auf den Block vor ihnen. Kaiba fing an einige Stichworte aufzuschreiben.
 

„So, also erst mal gehen wir durch, was für Themen du ansprechen möchtest.“
 

Zwei Stunde saßen sie so da und arbeiteten an der Rede. Joey verstand auf Anhieb alles, was Kaiba ihm erklärte. Sie kamen tatsächlich gut voran und stritten sich kaum. Kaiba aß sogar ein paar Chips und schaffte es immer sich welche zu nehmen, ohne dass die Tüte auch nur raschelte. Eine Tatsache, die Joey absolut faszinierte. Ab und zu rieb sich Kaiba mit der Hand über das Gesicht und unterdrückte ein Gähnen. Er war wohl immer noch so müde wie gestern. Sie kamen gerade zum nächsten Teil der Rede, als mit einem kleinen Zong auf einmal das Licht ausging. Sie saßen in vollkommener Finsternis. Joey brauchte ein paar Sekunden um darauf zu reagieren.
 

„Ähm...Wheeler?“
 

„Mist, verdammt. Warte kurz.“
 

Mit lautem Poltern erhob sich Joey, nicht ohne einige Bücherstapel um zuschmeißen und dabei laut zu fluchen. Er lief ins Wohnzimmer und kramte in einigen Schubladen. Dann kam er genauso lautstark wieder zurück. Man hörte das zischen eines Streichholzes und dann wurde es wieder heller. Joey zündete eine Kerze auf der Tischplatte in seinem Zimmer an. Es war vielmehr ein Rest Kerze, bzw. wenn man ganz genau war, war es ein Kerzenstummel.
 

„Das tut mir echt leid, damit hatte ich heute nicht gerechnet.“
 

Die kleine Kerze tauchte die Mitte des Zimmers in sanftes Licht, doch schon in den Ecken lauerte die Dunkelheit. Joey war es unangenehm. Diese Gegend, seine Wohnung und jetzt nicht mal Strom. Kaiba sah auf den Block, den sie mit vielen Stichpunkten beschrieben hatten.
 

„Also so können wir nicht lange arbeiten. Weißt du nicht, wo euer Stromkasten ist?“
 

Joey wurde die Situation noch unangenehmer. Er druckste leicht herum und spielte wieder mit einem der Kugelschreiber.
 

„Tja, weißt du...ich denke nicht, dass es wirklich an der Sicherung liegt.“
 

Er sah Kaiba nicht an und fing an mit dem Kugelschreiber die Kerze vor ihm zu drangsalieren. Und Kaiba verstand.
 

„Die haben euch den Strom abgestellt.“
 

„Jaaa, aber weißt du, das ist nicht schlimm. Das ist nur, wenn mein Vater die ganze Woche arbeiten ist, kommt er erst danach dazu die Rechnungen durchzugehen und dann hingt man manchmal ein paar Tage hinterher. Die sind recht flott mit dem ausstellen vom Strom. Aber genauso schnell haben wir dann wieder Strom, wenn er wieder kommt.“
 

„Willst du damit sagen, dass du jetzt die nächsten Tage hier ohne Licht rum sitzt?“
 

Joey wurde sehr Kleinlaut. Es war ihm so peinlich. Sie hatten ja genug Geld, in der Regel zumindest. Das Timing stimmte nur nicht.
 

„Naja, ich hab ja die Kerze...“
 

Kaiba hob eine Augenbraue und sah erst Joey, dann den kleinen Kerzenstummel an.
 

„Genau, damit hast du noch ganze zehn Minuten Licht. Das solltest du dir einteilen.“
 

„Deinen Sarkasmus kann jetzt auch keiner gebrauchen, es ist nun mal wie es ist. Du kannst mich jetzt fertig machen, weil ich dich hier her gebracht habe oder wir vertagen uns einfach, okay?“
 

Kaiba schwieg einen Moment, stand dann auf und verließ den Raum. Noch bevor er aus der Tür war, sah Joey wie er sein Handy aus der Hosentasche zog. Joey blieb einfach sitzen. Etwas besseres fiel ihm gerade nicht ein. Er starrte auf das Licht der Kerze und konnte eine gewisse Enttäuschung nicht abschütteln. Der Abend war tatsächlich ganz schön gewesen und jetzt war wieder alles schief gegangen. Vielleicht war das auch besser so. Er sollte sich vielleicht mehr von Kaiba fern halten. Jetzt auch noch umgängliche Seiten an ihm zu entdecken, war für sein Dilemma nicht förderlich. Wieso er sich gerade in ihn verliebt hatte, wusste Joey wirklich nicht. Tatsächlich schockierte ihn weniger, dass er sich in einen Typen verliebt hatte, als dass er sich in Kaiba verliebt hatte. Schwul sein, okay. Damit kann man noch arbeiten. Er könnte eine glückliche Beziehung führen. Aber sich hoffnungslos in den größten Eisarsch der Schule zu verknallen, der außer einem massiven Maß an Überheblichkeit auch noch einen eigenen Fanclub besaß, das war dann doch eine masochistische Glanzleistung, die Unglück und Leid garantierte. Wenn man auf Masochismus stand, dann konnte man natürlich auch so glücklich werden, aber Joey würde dann doch lieber darauf verzichten. Bevor er allerdings diesen Gedanken vertiefen konnte, kam sein persönlicher Alptraum zurück ins Zimmer und setzte sich wieder auf das Sitzkissen neben ihn und das alles ohne auch nur einmal irgendwo anzustoßen. Eine gewisse Katzenhaftigkeit konnte Joey ihm nicht abschreiben.
 

„Okay, also der Strom müsste wieder an sein, noch bevor die Kerze runter gebrannt ist, also in fünf Minuten ungefähr. Roland parkt noch die Limousine. Wenn das Licht an ist, muss ich dann auch los, Mokuba wartet auf mich. Ich schlage vor, wir machen Morgen Abend bei mir weiter.“
 

Joey musste die ganzen Informationen erst mal verarbeiten. Also er würde jetzt nach Hause fahren. Okay, Joey dachte ja er wäre schon längst weg. Er soll Morgen Abend zu ihm kommen. Kleiner Herzinfarkt, aber er hatte ja selber vorgeschlagen das hier zu vertagen. Aber was sollte das mit dem Strom bedeuten?
 

„Was hast du gemacht?“
 

„Das geregelt.“
 

„Aber wie?!“
 

„Ich hab bei den Stromwerken angerufen.“
 

„Und die schalten einfach wieder den Strom an, ja?“, irgendwas daran machte ihn wütend.
 

„Ganz genau, du solltest mir lieber dankbar sein, anstatt mich anzufahren.“
 

Joey wollte nicht, dass Kaiba ihm einen Gefallen tat. Er war nicht sein Sozialfall.
 

„Du...du hast aber nicht unsere Stromrechnung bezahlt, oder?“
 

Kaiba sah Joey an. Es war Joey deutlich anzusehen, dass ihm das unangenehm war. Es steckte wie ein großer Stein in seiner Brust. Eine Mischung aus Unbehagen und leichter Demütigung.
 

„Nein, habe ich nicht.“ Joey atmete hörbar aus. „Ich kenne den Inhaber. Ich habe ihm nur gesagt, dass du ein Mitschüler von mir bist und dass eure Stromrechnung immer beglichen wird und er die Fristen bei euch etwas lockern soll.“
 

Beide sagten erst einmal nichts mehr. Joey wusste nicht was er sagen sollte. Das war so...nett. Einerseits war es typisch Kaiba einfach alles zu regeln ohne etwas mit jemanden abzusprechen. Andererseits hätte er auch einfach gehen und Joey hier im Dunkeln sitzen lassen können. Es war ihm immer noch unangenehm, aber langsam wusste er, was er sagen sollte.
 

„Danke, Kaiba.“
 

„Kein Grund sentimental zu werden.“ er verschränkte dir Arme vor der Brust. Joey fühlte sich auf diesem Terrain gleich viel wohler.
 

„Kein Sorge, ich werde niemandem verraten, dass du dich wie ein Mensch benommen hast.“
 

Kaiba zögerte, aber dann schmunzelte er ganz leicht.
 

„Dann ist ja gut.“
 

Nach Joeys Zeitgefühl hatten sie noch ungefähr zwei Minuten bevor das Licht wieder anging. Er musste diese Zeit ja irgendwie nutzen.
 

„Hey, Kaiba?“
 

„...“
 

„Wieso warst du gestern eigentlich so fertig?“
 

„Ich war nicht fertig, nur müde und was interessiert dich das?“
 

„Ich mach nur Konversation.“
 

Kaiba sagte einige Momente nichts und Joey konnte sein Gesicht nicht erkennen, da dem Licht der Kerze langsam die Luft ausging.
 

„Wir haben einige Vorstandssitzungen zur Zeit. Ich komme nicht viel zum schlafen.“
 

Joey bekam ein schlechtes Gewissen, weil er Kaiba gezwungen hatte, mit ihm die Rede zu schreiben. Wahrscheinlich hätte er sie allein in einer halben Stunde runter geschrieben.
 

„Wenn du so viel zu tun hast, wieso hältst du dann eine Rede auf einem Schulfest?“
 

„Das sind solche Sachen, die ich für die Schule machen muss, damit ich so oft fehlen darf, wenn ich in die Firma muss. Die meisten von diesen Firmenleuten kommen nur um mich zu zu quatschen und mir eine Geschäftsbeziehung aufzudrängen. Gehört halt alles dazu.“
 

„Wow, hätte nicht gedacht, dass es so ätzend sein kann du zu sein.“
 

Kaiba lachte leise.
 

„Alles hat sein Für uns Wider. Aber keine Sorge, es lohnt sich, wenn man dafür so einen verwöhnten Arsch bekommt.“
 

Joey wurde rot. Er war froh, dass es dunkel war. Dass er den Spruch nicht schon vergessen hatte. Die ganze Situation war eigenartig. Sie saßen hier im Halbdunkel und unterhielten sich. Und es war...nett.
 

Die Kerze fing an zu flackern und ging aus. Die Dunkelheit bewirkte, dass Joey Kaibas Anwesenheit deutlich spürte. Er saß gute zwanzig Zentimeter von ihm entfernt, doch er konnte die Wärme eines anderen Körpers spüren. Seines Körpers. Joey würde am liebsten ignorieren, dass Kaiba einen Körper hatte. Bevor er den Gedanken vertiefen konnte, kam das Licht mit einem kleinen Surren zurück. Die plötzliche Helligkeit machte ihn irgendwie befangen. Kaiba sah Joey einige Augenblicke an. Joey wusste nicht, wie er diesen Blick deuten sollte. Dann stand er auf und Joey tat es ihm nach.
 

„Ich bin dann weg. Komm morgen Abend zu mir.“
 

Mit diesen Worten verschwand Kaiba aus dem Zimmer und Joey hörte einige Sekunden später, wie sich die Haustür schloss. An diesem Abend tat Joey nichts mehr. Er schmiss sich auf sein Bett und starrte die Decke an. 'Was für ein schräger Abend.'
 

~*~*~*~*~*~
 

Seto war zu Hause. Mokuba war nicht da und Seto ging in seinem Schlafzimmer um sich umzuziehen. Er war nach der Schule direkt in die Firma gefahren und dann hier her. Gleich würde Joey kommen um an der Rede zu arbeiten. Der gestrige Abend lag Seto immer noch schwer im Magen. Seit längerem war Wheeler ihm nicht mehr so egal, wie er es eigentlich wollte. In seinen Gedanken war aus Wheeler schon vor langem Joey geworden. Er würde sich allerdings eher die Zunge abschneiden, als das laut auszusprechen. Er wusste auch nicht, was es war, das ihn anzog. Es war eine kleine Sympathie, die es im Keim zu ersticken galt. Sympathie hieß Schwäche und die konnte er sich nicht leisten.
 

Der gestrige Abend war eine kuriose Sondererscheinung gewesen. Er hatte gegen fast alle seine Grundsätze verstoßen. Er hatte jemanden geholfen ohne selbst etwas davon zu haben, er hatte auf dem Boden einer Wohnung des schlimmsten Bezirkes von Domino gesessen, er hatte persönliche Informationen rausgegeben und er hatte sogar gelächelt. Ein Seto Kaiba lächelte nicht. Dieser ganze Abend war an Absurdität nicht zu überbieten. Heute würde das anders laufen. Sie würden an einem Tisch die Rede schreiben, über nichts anderes sprechen und dann war die Nummer hier gelaufen. Das wäre ja noch schöner. Seto hatte kein Interesse daran einen Hund zu adoptieren.
 

Er zog sich eine graue Stoffhose und einen schwarzen, dünnen Pullover an. Er hatte das Arbeitszimmer vorbereiten lassen. Dort standen Schreibmaterialien, Getränke und ein Teller Obst, den er eigentlich nicht geordert hatte. Joey sollte es sich hier nicht zu gemütlich machen, aber na gut, er wollte sich nicht vorwerfen lassen, dass er ein schlechter Gastgeber war, sogar Joey hatte etwas besorgt. Mokuba war noch zwei Stunden beim Privatunterricht. Nur eines der Hausmädchen war noch irgendwo im Gebäude. Roland wartete auf Mokuba. Seto sah auf die Uhr. Gleich sechs. Eine gewisse unterschwellige Nervosität bekam er einfach nicht unterdrückt. Er schmiss sich auf sein Bett und verschränkte die Arme vor dem Gesicht. 'Jetzt reiß dich zusammen, Seto.'
 

Es klopfte an der Tür und Seto setzte sich auf. „Ja?“ Das Hausmädchen kam rein. „Mr. Kaiba. Mr. Wheeler ist da und wartet in der Empfangshalle.“ „Bringen sie ihn doch bitte ins Arbeitszimmer, ich komm dann gleich.“
 

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Joey sah sich in der Eingangshalle um. Er war noch nie hier gewesen. Er kannte die Kaiba Villa von außen, aber er hatte nicht damit gerechnet, dass sie von innen noch bonziger wirkte könnte, als von außen. Das hübsche Mädchen, dass ihn reingelassen hatte, kam die Treppe runter gelaufen. Wenn man hier arbeitete, brauchte man bestimmt eine gute Kondition. Allein einmal durch die Eingangshalle zu laufen, war eine respektable Jogging Strecke.
 

„Bitte folgen sie mir in den Arbeitsraum, Mr. Wheeler. Mr. Kaiba wird gleich bei ihnen sein.“

Joey nickte nur und folgte ihr. Sie schien nett zu sein. Dennoch fühlte Joey sich hier unheimlich unwohl. Wie in einem überteuerten Laden, wo ihn die Verkäufer ansahen, dass er sich hier nichts würde leisten können.
 

Joey folgte ihr in einen Raum, der nicht weniger beeindruckend war als der letzte. Ein langer, pompöser Tisch für Geschäftsmeetings war das Zentrum des Raumes. In der Mitte des Tisches standen Getränke und ein Teller mit Obst. Die ganzen Wände waren mit Bücherregalen versehen. So viele hatten sie nicht einmal in der Schulbücherei. Das Hausmädchen verabschiedete sich und Joey war allein.
 

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Seto spazierte die lange Treppe runter und legte sich sein Verhalten für den Umgang mit Joey im Kopf zurecht. Er durfte sich nicht wieder auf ein Gespräch einlassen. Wobei er immer noch grinsen musste, wenn er an Joeys Bemerkung über seinen Hintern dachte.
 

Er öffnete die schwere Tür zum Arbeitszimmer und trat ein. Er sah zum Tisch und konnte Joey auf Anhieb nicht entdecken. Er ging ein paar Schritte in den Raum und sah Joey weiter hinten auf dem Boden sitzen vor einem der Bücherregal. Er ging auf ihn zu und gerade als Joey den Kopf hob und ihn ansah, stolperte Seto über einen großen Stapel Bücher, der mitten im Raum stand. Er fiel der Länge nach hin. Schmerz schoss durch sein Knie. Er fing sich schnell wieder, stützte sich auf seine Arme und sah auf. Joeys Augen waren so geweitet, dass sie ihm aus dem Kopf zu springen schienen.
 

„Scheiße, Kaiba!“
 

Er würde diesen blöden Köter dafür umbringen.
 

„Ja Wheeler, scheiße. Was in drei Teufels Namen haben die Bücher auf dem Boden zu suchen?!“
 

Joey schluckte. Er setzte sich neben Kaiba auf den Boden und rieb sich den Hinterkopf. Kaiba setzte sich auf und rieb sich das Knie. Wenigstens war es diesmal das linke Knie. Das rechte war noch vom Vortag geschunden.
 

„Es tut mir wirklich leid, ich hab die ganzen Bücher gesehen und angefangen darin zu stöbern. Aber du könntest beim Gehen ja auch mal die Augen offen halten. Du bist doch sonst nicht so ungeschickt.“
 

„Waffel dünnes Eis, Wheeler.“
 

„Jaaa, schon gut, nicht gleich durchdrehen.“
 

Joey sah sich im Raum um, als würde er etwas suchen. Seine blonden Haare waren durcheinander und Seto erwischte sich dabei zu beobachteten, wie sich das Licht in Joeys Haaren brach. Seto stritt sich zwar wie immer mit Joey, aber es fühlte sich anders an als sonst. Bei allem was er tat, empfand er seit langer, langer Zeit immer einen tiefen Groll, außer bei seinen kurzen Momenten mit Mokuba. Er konnte nichts dagegen tun und er hatte es auch nicht wirklich versucht. Er wusste genau, was er im Leben wollte. Er hatte Ziele. Aber in letzter Zeit war er unzufrieden. Als würde etwas fehlen. Etwas, das er nicht definieren konnte. Und immer, wenn er jetzt mit Joey zusammen war, dann war der Groll verschwunden. Es war keine große Veränderung. Er empfand nur ein klein bisschen mehr Zufriedenheit.
 

„Kaiba, wo du schon hier unten bist. Was hältst du davon, wenn wir hier lernen? Wenn ich mir das Zimmer aus dieser Perspektive ansehe, ist es viel gemütlicher, als an dem Monstertisch hier. Da vorne ist ein schöner Teppich.“
 

Kaiba hob eine Augenbraue. So zufrieden konnte er dann auch nicht sein, dass er in seinem eigenen Haus auf dem Boden sitzen würde.
 

„Du hast das erste Mal die Möglichkeit an etwas zu arbeiten, was dafür auch gedacht ist und willst dich trotzdem auf den Boden setzten?“
 

„Naja, wir sind gestern doch so gut voran gekommen. Und außerdem wars auch irgendwie nett.“ Joey lächelte auf einmal. Ein großes, breites Lächeln erschien auf seinem Gesicht und es war eindeutig an Seto adressiert. Seto sah ihn an. Sein Blick wanderte immer wieder zu seinen Lippen, die lächelten. Zum ersten Mal begriff Seto, dass die Anziehung, die er empfand, eine andere Richtung einschlagen könnte, als die kleine Sympathie, die er sich eingestand.
 

Als Seto nicht antwortete und er Joey weiterhin ansah, schwand Joeys strahlendes Lachen und er erwiderte unsicher seinen Blick. Joeys sagte selber nichts mehr. Er sah ihn nur an und als sein Blick einmal fast unbemerkt nach unten auf Setos Lippen fiel, schlug Setos Puls für einige Momente viel zu schnell. Misstrauisch, was er da nun bemerkt hatte, sah er Joey in die Augen. Er forschte in seinem Blick. Er wusste nicht genau, was er zu finden hoffte, aber das was er gerade gesehen hatte, faszinierte ihn, zog ihn an und hielt ihn fest. Irgendwo in Joeys Gesicht hatte er etwas gefunden, dass mehr war, als pure Freundlichkeit. Und dennoch war es Joey, der sich los riss. Abrupt stand er auf und ging zu dem Teppich, auf den er eben gedeutet hatte. Er lag in einer Zimmerecke zwischen zwei großen Bücherregalen. Ein niedriger Beistelltisch mit einer kleinen Lampe, spendete sanftes Licht.
 

„Also, wenn wir nicht bald anfangen, kommen wir nicht mehr weit. Und im Gegensatz zu dir, kann ich nicht einfach Blödsinn reden und alle feiern mich trotzdem.“
 

Mit einem Augenzwinkern über seine Schulter zurück zu Seto, ging er weiter, schnappte sich seinen Rucksack und setzte sich auf den Teppich.
 

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Joeys Herz raste. Es überschlug sich. Was war das eben? Was war das um Himmels Willen gewesen? Er hatte sich auf den Teppich gesetzt und fühlte mit den Fingern, die langen, weichen Teppichfasern unter sich. Er hörte immer noch das Pochen in seinen Ohren, das Blut, das durch seinen Körper rauschte. Was sollte dieser Blick? Er hätte fast den Verstand verloren, als er in Kaibas Augen sah. Dieses Blau, dieser stechende Blick. Noch ein paar Sekunden länger und er hätte sich auf ihn gestürzt, aber das wäre sein sicherer Tod gewesen. Er wusste zwar nicht, wieso ihn Kaiba so fixiert hatte, aber es war sicher keine Einladung gewesen ihn abzuknutschen. Also musste sich Joey jetzt zusammenreißen. Er musste sich jetzt auf die Rede konzentrieren. Sie war eh fast fertig.
 

Aus den Augenwinkeln sah Joey, wie sich Kaiba jetzt auch erhob, ein paar Sachen vom Arbeitstisch nahm und in seine Richtung ging. Er kramte den Block mit der Rede aus seinem Rucksack und sah nicht einmal auf. Er bekam zwar seinen Puls langsam wieder unter Kontrolle, aber er konnte nicht verhindern, dass sich eine gewisse Röte auf seinen Wangen ausbreitete. Verdammter Kaiba und seine blöden Lippen.
 

Kaiba nahm samt seinen Lippen auf dem Teppich platz. Er hatte zwei Gläser und eine Flasche Wasser vom Tisch genommen und stellte alles auf dem kleinen Tisch ab.
 

„Ist Wasser in Ordnung? Wir haben wahrscheinlich auch alles andere.“
 

Joey schluckte schwer. Einmal angefangen war es wie ein Domino-Effekt. Seine Lippen. Seine Stimme. Sein Geruch. 'Jetzt reiß dich endlich zusammen, Wheeler! Du kannst dich später auch vom Dach stürzen, aber jetzt reiz dich verdammt nochmal zusammen!' Kaiba setzte sich neben ihn und stützte sich auf einem Arm ab. Joey hätte nicht gedacht, dass Kaiba so eine lässige Haltung überhaupt annehmen konnte.
 

„Wasser ist super, danke. Also ich hab hier die Rede von Gestern. Viel fehlt eigentlich gar nicht mehr.“
 

Joey starrte auf das Blatt Papier vor ihm, aber erkannte aus den Augenwinkeln, dass Kaiba ihn ansah. Er sah ihn genauso intensiv an wie eben. Joey fing an einige Punkte zu erläutern, die er noch einbringen wollte und mache grobe Notizen auf seinem Blatt. Kaiba gab noch einige Verbesserungsvorschläge. Aber irgendwas war auch anders an seiner Stimme. Er sprach ruhiger als sonst. Sanfter. Joey wusste nicht mehr wohin mit seiner Verwirrung, geschweige denn mit seinen Hormonen.
 

Kaiba nahm sich die Flasche Sprudelwasser und öffnete sie. Dann beugte er sich, sehr nah an Joey, rüber zu den Gläsern um ihnen etwas einzuschenken. Beim zurück beugen berührte Kaiba Joeys Schulter. Kaiba drehte sich zu ihm und sah ihn an. Sein Gesicht war ganz nah.
 

„Tut mir leid. Ich wollte dich nicht anrempeln.“
 

Joey wurde rot.
 

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Seto konnte nicht mehr aufhören. Er näherte sich Joey auf eine Art, die er selbst nicht verstand. Es war, als hätte der Moment eben irgendetwas ins rollen gebracht. Vielleicht seinen Jagdinstinkt aktiviert, er wusste es nicht. Jede Verlegene Geste von Joey brachte ihn dazu noch weiter zu gehen, noch etwas zu riskieren. Es war wie ein gefährliches Spiel. Er wusste nicht, was passieren würde. Er wusste nicht wie viel er riskieren würde und er wusste nicht, was Joey tun würde, denn Joey war so unberechenbar wie niemand sonst, den Seto kannte.
 

Auf Joeys Gesichts hatte sich inzwischen eine deutliche Röte abgezeichnet. Seto nahm sich eins der Gläser mit Wasser und hielt es Joey hin.
 

„Hier, trink etwas. Du siehst aus, als wäre dir warm.“
 

Joeys Augen weiteten sich leicht und die Röte wurde eine Nuance dunkler. Joey nahm Seto das Glas aus der Hand und Seto hielt es ihm so hin, dass sich ihre Finger berühren mussten. Er hielt das Glas noch einige Sekunden, als es Joey schon nehmen wollte. Seto sah ihm dabei forschend in die Augen. Er wusste einfach nicht, wie viel er riskieren würde. Er war nie ein großer Spieler gewesen. Im Geschäftsleben ging er oft Risiken ein, aber sie alle waren durchdacht, mit einem Fallschirm versehen und er hatte sowieso immer die besten Karten, dafür sorgte er schon. Aber hier. Hier war es anders. Der Einsatz war höher. Der Einsatz war undefiniert und jede seiner Entscheidungen veränderte das Risiko.
 

„Danke...ich hatte wirklich Durst.“
 

Joey nahm einen Schluck Wasser und wand sich wieder dem Blatt Papier zu.
 

„Sieht aus, als wären wir fast durch, was?“, sagte er mehr zum Boden als zu Seto, der sich sein Glas Wasser nahm und auch einen Schluck trank. Dabei war er so mit seinen Gedanken beschäftigt, dass er kleckerte und ein Tropfen Wasser sein Kinn hinunter lief.
 

„Oh...sonst bin ich nicht so ungeschickt.“ er stellte das Glas zur Seite und wischte sich den Tropfen mit dem Handrücken ab. Als er wieder zu Joey aufsah, sah er, dass er ihn anstarrte.
 

„Ich hab dich noch nie so erlebt.“
 

Jetzt war es Seto, der nicht genau wusste, was er sagen sollte. Er wich Joeys Blick dennoch nicht aus.
 

„Ich weiß nicht was du meinst.“
 

Joey sah ihm fest in die Augen und Seto wusste nicht, wer hier gerade dabei war, etwas zu riskieren.
 

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Joey beugte sich nach vorne. Er wusste selbst nicht, was ihn antrieb. Außer natürlich die Hormone, die von seinem Geist Besitz ergriffen hatten. Ob das wohl reichte um sich als unzurechnungsfähig frei sprechen zu lassen, wenn Kaiba ihn für seine nächste Aktion in Grund und Boden klagen würde?
 

Er hob die Hand und berührte Kaiba am Hals. Nur eine kurze streichende Bewegung. Er spürte sofort, wie Kaiba darauf reagierte. Er spannte sich an, das konnte Joey deutlich spüren. Joey sah in seine Augen, die außer der Frage nach dem warum auch eine Dunkelheit enthielten, die Joey eine Gänsehaut bescherte.
 

„Da war noch ein Wassertropfen.“
 

Kaiba sagte nichts darauf. Er erwiderte weiterhin Joeys Blick und dann...dann kam er näher an ihn heran. Ganz langsam beugte er sich zu ihm. Joey wagte es nicht sich zu bewegen. Kaiba kam so nah, dass Joey erkennen konnte, wie lang seine Wimpern waren. Und dann war er so nah, dass Joeys Augen zu flackerten und er Kaibas Lippen auf seinen spürte.
 

Sie küssten sich.
 

Es war ein langsamer Kuss. Ein vorsichtiger Kuss. Aber er war alles andere als schüchtern. Joey musste all seine Kraft aufwenden um nicht schwer zu atmen. Er hatte noch nie einen Jungen geküsst. Es war anders und doch nicht anders. Es war ein Kuss. Aber es war auch rauer, hatte einen anderen Geschmack und es war einfach Kaiba. Es war das erotischste, was er je erlebt hatte. Er bewegte seine Lippen sanft gegen Kaibas und langsam wollte er mehr.
 

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Es geschah wie ihn Zeitlupe und doch war alles so rasant, dass Seto kaum einen Gedanken halten konnte. Joey. Joeys Lippen. Ein Kuss.
 

Seto merkte wie Joey den Kuss intensivierte. Setos Atmung wurde schneller. Das alles war neu. Und dennoch hatte sich noch nie etwas so gut angefühlt. Er beugte sich Joey noch mehr entgegen und ohne dafür einen Gedanken formuliert zu haben, verschwand Setos freie Hand in Joey Nacken zog ihn näher. Joey schreckte leicht auf, ohne den Kuss zu unterbrechen und Seto konnte hören, wie schwer er atmete. Joey richtete sich etwas weiter auf, so dass er direkt vor Seto kniete. Noch einigen Sekunden unterbrach er den Kuss ohne sich von Seto zu lösen. Er sah ihm in die Augen. Seto sah das braun seiner Augen und die leichten Schleier der Erregung, der sie verdunkelte. Seto wartete ab, was Joey jetzt tat. Er erwiderte nur seinen Blick.
 

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Joey hob seine Hand und berührte Setos Brust. Er spürte unter dem dünnen Stoff jeden Muskel. Sein Körper war gar nicht eiskalt. Er war heiß unter seiner Berührung. Joey ließ seine Hand runter wandern bis zum Rand von Setos Oberteil und mit einem letzten Intensiven Blick in seine dunklen, blauen Augen, ließ er seine Hand unter seinen Pullover wandern. Seto lehnte sich leicht zurück um es Joey leichter zu machen. Joey spürte, dass seine Muskeln angespannt waren und seine Brust sich schnell hob und senkte. Seine Haut war seidig weich und seine Muskeln, waren so was von Gott verdammt durchtrainiert.
 

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Joeys Hände auf seiner Brust machten ihn verrückt. Es fiel ihm immer schwerer still sitzen zu bleiben, während Joey in quälender Langsamkeit seinen Bauch entlang strich. Doch bevor er weiter reagieren konnte, drückte Joeys Hand ihn nach hinten und er ließ es zu. Er landete mit dem Rücken auf dem weichen Teppich und Joey war noch im selben Moment über ihm und küsste ihn. Diesmal nicht langsam, nicht vorsichtig. Wild und ungehemmt schmiegte sich Joey an Setos Körper und küsste ihn, während Setos Hände sofort zu seinem Rücken wanderten und ihn nähe zogen. Joey saß jetzt rittlings auf ihm und als er ihn ans ich zog, lag er mit seinem ganzen Körper auf ihm. Beide stöhnte in den Kuss und jede Bewegung von Joey machte Kaiba verrückt. Kaiba ließ seine Hand unter Joeys Shirt wandern und fühlte seine weiche Haut, als ein Rufen wie durch Watte an sein Ohr drang.
 

„Großer Bruder! Ich bin zu Haaaause!“
 

Joey schreckte eine Sekunde vor ihm auf und schnellte hoch. Ihre geweiteten Blicke trafen sich und Joey sprang auf. Er begann sein Notizen ungeschickt in seinen Rucksack zu stopfen. Seto stand auf und richtete seinen Pullover und eine Haare, während er zu Tür ging. Er ging in die Eingangshalle. Mokuba und Roland standen mitten im Raum, die Eingangstür war noch geöffnet.
 

„Hallo, kleiner Bruder.“
 

Seto lächelte und beugte sich zu Mokuba runter, der seinen Bruder fest umarmte. Im gleichen Moment kam Joey ebenfalls in die Eingangshalle.
 

„Joey! Was machst du denn hier?“
 

„Hey, mein Großer, alles klar bei dir? Dein Bruder muss leider mit mir zusammen eine Rede halten.“ Joey zwinkerte Mokuba zu.
 

Mokuba löste sich aus Seto Umarmung.
 

Seto stellte sich wieder hin und sah Joey an. Er war so natürlich wie immer. Roland trat einen Schritt nach vorne und räusperte sich.
 

„Soll ich Mr. Wheeler jetzt nach Hause fahren?“
 

Seto sah Roland an. Sollte er? Zum ersten Mal, konnte Seto nicht schnell genug mit denken. Er konnte ja schlecht sagen, dass er wollte, dass Joey hier blieb. Oder doch? Aber diese Entscheidung wurde ihm abgenommen. Joey ging an ihnen vorbei in Richtung Tür. Zu Roland gewandt sagte er: „Danke Kumpel, aber ich bin mit dem Fahrrad hier.“
 

Seto wollte etwas sagen, aber Mokuba kam ihm zuvor.
 

„Roland, kann dein Fahrrad in den Kofferraum legen. Dann musst du nicht mehr im Dunkeln fahren.“
 

Joey winkte ab.
 

„Ach, keine Sorge. Dunkelheit bin ich gewöhnt.“ Er zwinkerte Mokuba zu und Seto verstand, dass die Bemerkung für ihn war. Und immer noch kam er nicht zu Wort. Wieso schalteten heute alle anderen schneller als er? Das kam einer Meuterei gleich. Er hatte hier das Wort!
 

„Mr. Wheeler, ich denke um diese Uhrzeit sollte ein Schüler nicht mehr alleine draußen sein, ich muss darauf bestehen.“
 

Joey hob ergeben die Arme. „Okay, Kumpel. Wenn du unbedingt möchtest.“ Er schwang den Rucksack in seiner Hand über die Schulter. „Ich denke, den Rest der Rede bekomm ich zusammen. Wir sehen uns dann auf der Bühne, Kaiba.“ Mit einem Winken zu Kaiba und zu Mokuba drehte sich Joey um und ging hinter Roland aus der Tür. Seto stand immer noch da. Er musste doch irgendetwas sagen. Benommen ging er zur offenen Haustür und sah hinaus. Joey war erst ein paar Schritte entfernt. Seto hatte sich ewig nicht mehr so unterlegen gefühlt. Er war der Situation einfach nicht gewachsen. Aber irgendetwas musste er doch sagen. „Hey!“ Hey? Ein Seto Kaiba sagte nicht hey. Er hätte sich jetzt schon Ohrfeigen können. Joey drehte sich um und ging rückwärts weiter. Kaiba stand in der Tür seiner Villa und sah ihm nach.
 

„Wir sehen uns dann bei der Feier, Joey.“
 

Joey hielt nicht an, aber ein Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit.
 

„Klar, wir sehen uns...Seto.“
 

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Joey war nervös. Er war so verdammt nervös. Und er wusste nicht was schlimmer war. Das Lampenfieber, wegen diesem Bullshit von Rede, die er halten musste oder die Angst davor Kaiba wider zu sehen. Die letzten zwei Tage hatten sich gezogen wie Kaugummi und trotzdem stand ihm der Besuch in der Kaiba Villa noch ganz nah vor den Augen. Er hatte sich nicht bei ihm gemeldet und Joey wäre auch lieber gestorben, als ihn anzurufen. Das war alles viel zu abgefahren. Außerdem hatten sie ja gesagt, dass sie sich bei der Feier sehen.
 

'Wir sehen uns dann bei der Feier, Joey.', hatte er gesagt. Wie er seinen Namen aussprach hörte Joey immer noch. Und sein Blick. Wäre es nicht Kaiba gewesen, hätte man diesen Blick fast als verletzlich deuten können. Joey wusste einfach nicht, was jetzt passieren würde. Bereute Kaiba den Abend? Hatte er was genommen, von dem Joey nichts mitbekommen hatte und war einfach nur stoned gewesen? Er wusste es nicht.
 

Das Wochenende war jetzt um und sie waren hier in der Schule. Yugi und Tristan hatte Joey heute schon getroffen. Tristan lieh Joey ein komplettes Outfit mit Anzug, Hemd und Krawatte, da er selbst so etwas nicht besaß und auch noch nie besessen hatte. Er hatte sich auf dem Jungsklo umgezogen und Yugi machte ihm Mut für die Rede. Von Kaiba verriet Joey ihnen nichts. Abgesehen davon, dass Kaiba ihn lynchen würde, wusste er auch nicht, wie er das in Worte packen sollte. Also tat er so, als wäre die Rede das einzige, was ihn bedrückte.
 

In der Schule war schon ordentlich was los. Er wollte zwar noch schnell in die Schulbücherei, aber er war jetzt schon spät dran und überall drängelten sich die Menschen. Auf dem Schulhof waren Stände vorbereitet worden, von Schülern und auch von Firmen, die sich wahrscheinlich schon mal günstig ein paar Einserschüler anwerben wollten. Auch die Turnhalle war mit Infoständen besetzt.
 

Joey stand nun hinter der Bühne der Schulaula und schaute in den Spiegel. Hier würde er die Rede halten. Viele Leute würden eine Rede halten. Da er sich nicht fürs Schultheater interessierte, war er noch nie hinter der Bühne gewesen und in der Aula auch nur zu solchen Pflichtveranstaltungen, wie es diese hier war. Hinter der Bühne waren überall Requisiten und man fühlte sich wie im Vorhangland gefangen. Joey war sich sicher, dass es hier auch Fenster mit natürlichem Tageslicht gab, aber wer sollte die unter all dem Stoff noch finden?
 

Er sah sich um, als er die Stimme des Direktors hörte. Und die Stimme seines Gesprächspartners ließ ihn sich wie elektrisiert umdrehen.
 

„Die Rede wird wie immer gut über die Bühne gehen, keine Sorge.“
 

„Das freut mich zu hören, Mr. Kaiba. Es sind heute wirklich viele interessante Geschäftsleute da. Ah, Mr. Wheeler, da sind ja auch sie. Dann kann ja nichts mehr schief gehen.“
 

Er klopfte Joey freundschaftlich auf die Schulter. Joey sah zu Kaiba auf. Seine Miene verriet nichts. Sie war unbewegt und starr, wie immer...wie früher immer. Joey kannte jetzt eine ganz andere Seite an ihm und das ließ ihn sich schlechter mit der Eismaske, die er sonst trug, abfinden. Der Direktor stellte sich vor den Spiegel vor dem eben Joey gestanden hatte und richtete seine Krawatte. Dann drehte er sich zu den beiden um.
 

„Ich halte dann mal die Einführungsrede. Ich rufe euch auf, wenn ihr dran seit. Bleibt einfach hier stehen. Die Schülersprecherin wird euch dann raus winken. Und Mr. Wheeler ziehen sie sich bitte ihre Krawatte ordentlich an.“
 

Mit diesen Worten verschwand er in einem Schwall von Vorhängen. Joey sah Kaibas versteinerte Miene und drehte sich zu dem Spiegel um.
 

„Der hat gut reden, mir hat man gezeigt wie man sich umsonst ins Kino schmuggelt und nicht Krawatten hübsch bindet.“
 

„Hast du deine Rede dabei? Du fängst an.“
 

Kaibas Stimme klang immer noch genauso geschäftsmäßig wie bei dem Gespräch mit dem Direktor. Joey drehte sich zu ihm um.
 

„Klar, alles hier drin.“ Joey zeigte auf seine Kopf. Kaiba hob eine Augenbraue. Joey zog ein paar Karteikarten aus seiner Anzugtasche.
 

„Und die Stichwörter hab ich auch noch mal hier. Und was ist mit dir?“
 

„Ich bin vorbereitet.“
 

„Klasse, wenn du gleich genauso Wortkarg bist, dann sind wir schnell wieder raus.“
 

„Egal, was ich sage, es wirkt eloquenter, als das was du von dir gibst, Wheeler.“
 

Okay, Joey war sich unsicher, wie Kaiba auf ihn reagieren würde und jetzt wusste er es. Er reagierte wie ein Arsch.
 

„Ach Wheeler, ja? So heiß ich heute wieder?“
 

Kaiba Augen verengten sich zu Schlitzen.
 

„Das ist ja wohl auch dein Name.“
 

Joey warf die Hände in die Luft. „Okay, bitteschön. Dann benimm dich halt wie ein verklemmtes Mädchen. Mir solls egal sein.“ Mit diesen Worten dreht er sich um , zog seine Krawatte aus und versuchte mit dem Blick auf den Spiegel sie ordentlicher anzuziehen.
 

„Nenn mich noch einmal Mädchen, Köter, und du hinkst gleich auf die Bühne.“
 

Joey war angepisst. Er zog die Krawatte wieder von seinen Schultern und versucht es erneut.
 

„Das Mädchen hat dich gestört ja? Mit dem verklemmt kannst du dich also identifizieren.“
 

„Wir halten gleich eine Rede, wenn du das unbedingt unerträglich machen möchtest, dann hast du dein Ziel erreicht.“
 

Ich?!
 

Joey drehte sich zu Kaiba um und zog sich erneut die missglückte Krawatte von den Schultern.
 

„Ich mache das hier unerträglich?! Und was ist mit deinem Verhalten, Seto?“
 

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Bei dem Klang seines Vornahmen zuckte Seto zusammen. Es war der irritierende Vertraue Klang seines Vornamens aus seinem Mund und dazu der scharfe vorwurfsvolle Ton, den er angeschlagen hatte. Wieso konnte er den Abend nicht einfach ignorieren, so wie er? Zumindest jetzt, heute. Sogar ein Seto Kaiba musste sich ein bisschen Sammeln um eine Rede zu halten. Und das, das alles... das war so daneben, so verwirrend, dass er es einfach wegschob. Er hatte viel darüber nachgedacht. Und er war zumindest zu dem Schluss gekommen, dass er es heute ignorieren wollte. Wieso musste Joey ihm da einen Strich durch die Rechnung machen? Konnte er das denn gar nicht verstehen? Joey fing an sich erneut die Krawatte umzubinden und sah zwischendurch immer wieder wütend zu Kaiba hoch.
 

„Ich weiß nicht, wieso du dich so anstellst. Es gibt jetzt wirklich Wichtigeres, als mein Verhalten, das im übrigen genauso ist wie immer.“
 

Joey riss sich erneut die Krawatte runter. Langsam begann Seto das zu nerven, zumal sie nur noch wenige Minuten hatten, bis sie auf die Bühne mussten.
 

„Und dir fällt wohl gar nicht auf, dass genau das das Problem ist, du arroganter Mistsack!“
 

Joey begann an seiner Krawatte zu zerren und als er sich fast damit erdrosselt hatte, zog er sie wieder von seinem Hals.
 

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Joey war kurz davor Kaiba mit dieser Dreckskrawatte zu erwürgen. Beide waren beide so unsagbar unkooperativ. Die hatten sich verdient. Nach Joeys letztem Satz waren Kaibas Augen wütend auf ihn gerichtet. Sollte er doch wütend sein, Joey hatte allen Grund dazu ihn anzuschnauzen.
 

Joey wollte gerade erneut versuchen seine Krawatte umzubinden, als Kaiba den Abstand zwischen ihnen mit einem Schritt überwand und Joey die Krawatte aus der Hand riss.
 

„Wir müssen gleich raus und das ist zu bemitleidenswert um es mit anzusehen, Köter.“
 

Seto wollte Joey die Krawatte umlegen, aber Joey wehrte sich dagegen.
 

„Du spinnst wohl, ich mach das selbst!“
 

Seto kam noch einen Schritt näher und jetzt trennte sie nur noch der Stoff ihrer Anzüge. Joey wurde heiß. Die Mischung aus unbändiger Wut und seiner Nähe machten ihn fertig. Bei nächsten Versuch Kaibas ihm die Krawatte umzulegen wehrte er sich noch mehr. Kaiba fasste ihn ruckartig an der Taille und zog ihn so nah, dass er Kaibas Wärme wieder spüren konnte.
 

„Jetzt halt verdammt nochmal still!“
 

Seine Stimme war ein Zischen, dass Joey das Blut gefrieren ließ, aber erst der letzte Zusatz brachte ihn dazu ruhig zu halten.
 

Joey.
 

Joey rührte sich nicht mehr. Kaiba fing an ihm die Krawatte zu binden und wich dabei keinen Zentimeter von ihm zurück. Er zog die Krawatte an seinem Hals nach und berührte ihn dabei. Langsam und sanft. Dann machte er den Krawattenknoten und zog ihn fest. Die Krawatte saß perfekt und Kaiba zog Joey an ihr noch ein Stück zu sich ran. Er kam seinem Ohr ganz nah und Joey konnte seinen Atem spüren. Seine Stimme war leise, aber deutlich.
 

„Nicht jetzt, okay?“
 

Joey verstand.
 

Er löste sich ein paar Zentimeter von Kaiba, drehte sich um und kontrollierte seine Krawatte.
 

„Sieht gut aus. Dachte für so was hast du Personal, Kaiba?“
 

Kaiba lächelte leicht.
 

„Als würde ich je jemanden so nah an meinen Hals lassen.“
 

Joey grinste.
 

Noch im selben Augenblick kam Tea durch einen Gang aus Vorhängen gelaufen.
 

„Hey ihr beiden, ihr seid dran. Kommt hier durch.“
 

Sie folgten Tea ohne etwas zu sagen. Tatsächlich drängte sich jetzt langsam die Tatsache zu Joey durch, dass er eine Rede würde halten müssen. Das war eben noch so weit weg gewesen.
 

Sie betraten die Bühne. Joeys Puls schnellte in die Höhe und diesmal war es kein angenehmes Schlagen, wie bei der Aktion mit der Krawatte gerade. Sein Herzschlag tat fast weh und er griff jetzt schon panisch nach seinen Karteikarten. Der Direktor stand noch vor dem Rednerpult und kündigte sie an. Joey hörte gar nicht, was der Direktor sagte. Er sah nur, wie er zur Seite ging und sich an den Rand stellte. Kaiba trat nach vorn zum Rednerpult und Joey tat es ihm nach. Seto fing an zu sprechen. Er stellte sie beide vor. Bei ihm klang das so leicht. Seto hörte auf zu sprechen und trat einen Schritt zurück. Jetzt war Joey dran. Er sah zu den ganzen Menschen im Publikum. Fehler. Ganz, ganz großer Fehler. Er nahm seine Karteikarten hoch und in der selben Sekunde, als er darauf schauen wollte, flogen sie ihm aus der Hand und verteilten sich auf der Bühne. Im Publikum hörte man vereinzelt Leute kichern. Okay, aufheben oder liegen lassen? Joey wusste es nicht. Langsam aber sicher formierte sich in seinem Kopf ein so gewaltiger Blackout, dass er sich keinen Ausweg mehr wusste. Er sah aus den Augenwinkeln, dass Kaiba ihn ansah. Diese Demütigung. Und das vor ihm. Er war es gewohnt zu versagen, aber noch nie hat es ihm so einen Stich verpasst wie jetzt. Er sah erneut ins Publikum.
 

„Ich...also ich....ich möchte...“
 

Kein weiteres Wort kam aus seinem Mund. Er war nur eine weitere Sekunde des Stammelns davon entfernt von der Bühne zu rennen.
 

Auf einmal trat Kaiba wieder einen Schritt nach vorn vor das Mikrofon.
 

„Wir möchten unsere Rede diesmal damit beginnen, dass wir etwas über den anderen sagen. Joey Wheeler ist ein Klassenkamerad von mir. Tatsächlich sehe ich ihn nicht so häufig, da ich selten die Schule besuche. Wie sicherlich alle wissen, leite ich die Kaiba Corporation. Ich spreche hier als Vertretung der Schüler, dabei stehe ich mehr im Berufsleben, als im Schulalltag. Ein Infomationsstand auf dem Schulgelände gehört zur Kaiba Corporation. Joey allerdings ist voll und ganz ein Schüler dieser Schule. Um diese Rede zu schreiben hat er sich stapelweise Bücher aus der Schulbücherei ausgeliehen, denn das hier ist nicht sein Alltag, sondern meiner. Er darf heute hier sprechen, weil er der Schüler mit der größten Verbesserung im letzten Jahr war. Seine Noten sind weiß Gott nicht die besten. Aber er gibt sein Bestes. Er wird seinen Abschluss machen und kann danach zwischen vielen Möglichkeiten für die Zukunft wählen. Und genau das ist der Grund wieso wir heute hier sind. Es geht um die Zukunft, um eure Karriere. Und Joey hat eine Zukunft. Er wird euch gleich erzählen, warum genau das so wichtig ist.“
 

Kaiba trat einen Schritt zurück und stand genau neben Joey. Joey wusste nicht was er sagen sollte. Also zu Kaiba. Das Thema der Rede drang wieder zu ihm durch. Er sah auf die vielen Menschen, die ihn jetzt interessiert ansahen. Noch immer konnte er sich kaum rühren. Aber er wollte Kaiba nicht enttäuschen. Noch einmal konnte er ihn nicht raus reißen. Auf einmal spürte er eine Hand in seinem Rücken. Ohne, dass jemand es sehen konnte, berührte Kaiba Joey am Rücken und drückte ihn sanft nach vorne. Diese Geste reichte um Joey das nötige Selbstbewusstsein zurück zu geben um endlich anzufangen.
 

Er trat nach vorne und ging alle Stichpunkte durch, die sie besprochen hatten. Er blühte dabei förmlich auf. Er war eloquent und charmant. Er riss sogar den ein oder anderen Witz. Noch nie hatte sich eine öffentliche Demütigung im Nachhinein so gut angefühlt. Zum Schluss machte er noch einige Bemerkungen über Seto, bevor der seinen Teil der Rede hielt. Sein Teil war informativ und rhetorisch perfekt. Joey konnte ihn nur bewundernd ansehen und die Dankbarkeit für seine Hilfe, war auch nicht mehr wegzubekommen.
 

Als die Rede vorbei war, applaudieren alle. Sie bedankten sich beide und gingen von der Bühne. Der Direktor klopfte Joey beim hinausgehen wieder auf die Schulter und diesmal sogar Kaiba, der den Direktor sofort mit einem scharfen Blick in seine Schranken wies. Verdattert ging dieser dann wieder zum Rednerpult und sagte die nächsten Redner an.
 

Joey und Seto gingen durch den langen Gang aus Vorhängen zurück. Joey ging hinter Seto und überlegte, was er jetzt sagen sollte, als Seto auf einmal mit einem lauten Knall vorwärts auf den Boden fiel.
 

~*~*~*~*~*~
 

Perplex lag Seto da und brauchte ein paar Sekunden um sich wieder aufzurappeln. Er sah hinter sich und entdeckte einen großen Stapel Bücher, über den er gestolpert war und Joey, dessen Augen sich vor Schreck weiteten.
 

„Scheiße, Kaiba!“
 

Joey stürzte zu Seto um ihm aufzuhelfen, doch der winkte ab.
 

„Sag mir, dass das nicht schon wieder dein bekloppter Haufen Bücher ist? Willst du mich umbringen?!“
 

Joey rieb sich verlegen den Hinterkopf.
 

„Ich wollte sie noch in die Bücherei bringen, aber ich hatte noch keine Zeit.“
 

Seto rieb sich mit der Hand durch das Gesicht. Langsam bekam er Übung im Fallen, keins seiner Knie tat weh. Mit lindernder Genugtuung sah er zu, wie Joey immer klein-lauter wurde.
 

„Das tut mir echt leid, Kaiba, ich wollte nicht...“
 

Bevor Joey aussprechen konnte, packte ihn Seto an seiner Krawatte und zog ihn zu sich.
 

„Ach, halt verdammt nochmal still, Joey.“, sagte er bevor er ihm einen langen Kuss gab.
 

„Und nenn mich Seto.“
 


 

~Ende~



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Kommentare zu diesem Kapitel (12)
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Von:  lilac
2013-12-03T19:50:25+00:00 03.12.2013 20:50
Diese geschichte war einfach der reine genuß. Bei mir steht und fällt eine puppyshipping ff mit Kaiba .....und dein Kaiba war erste Sahne. Sehr autentisch ...wie ich mir einen Kaiba vorstelle. (Ich hab mir so oft gewünscht mit Joey zu tauschen ...ein kaiba ...auf meinem Boden ...hmmmmmm.) Lese gleich noch eine andere ff von dir den die hier hat mich voll überzeugt.
Schade das du bei dieser AdventsFF chellange nicht mit machst ...wäre bestimmt intressant geworden (für mich) ...(für dich wäre es stressig).

Lg lilac
Von:  Inu_Jonouchi
2013-09-27T20:30:46+00:00 27.09.2013 22:30
Toll, einfach nur Klasse diese Story.
Ich schwankte die ganze zeit zwischen "Oh wie süß!" und "Oh, der Arme" außerdem noch "so ein Arsch" und "ups, jetzt ist Joey gleich tot"
Die Charas waren wirklich super beschrieben und du hattest dich sehr an die Charaktereigenschaften aus der Serie gehalten.
Die Sache mit den Büchern fand ich einfach die Beste, sorry, ich bin Sadistisch veranlagt und konnte mir ein Lachen nicht verkneifen, als ich mir Seto auf dem Boden vorgestellt hatte, auch wenn ich im nächsten Moment um Joeys Leben besorgt war XD

Ist auf jeden fall eine super Story
Von:  Shakti-san
2013-08-17T11:31:21+00:00 17.08.2013 13:31
Einfach nur klasse zum lesen
Gruesse shakti
Von:  Shakti-san
2013-08-17T11:31:09+00:00 17.08.2013 13:31
Einfach nur klasse zum lesen
Gruesse shakti
Von:  Quatschfeder
2013-08-06T01:26:33+00:00 06.08.2013 03:26
Ach, endlich kam ich mal dazu es zu lesen.


Hat mir wirklich gut gefallen und besser konnte man sich der running-gag-vorgabe doch gar nicht annehmen, oder?

Naja, werde mir auch die anderen die Tage durchlesen.

Vielen vielen Dank für diese FF, du hast mir eine schlaflose Nacht sehr lustig gestaltet *gähn*

Gute nacht,

11
Antwort von:  bebi
06.08.2013 08:06
Danke und Gute Nacht XXD :)
Von:  Onlyknow3
2013-07-26T19:24:32+00:00 26.07.2013 21:24
Das ist die dritte Variante des Running Gags WBs,ich könnte mich Gringeln vor lachen,ich habe selten bei einem OS so viel Verwirrung bei Seto gesehen wie eben hier da ja in der Regel Joey der Tollpatsch ist und nicht Seto.Hat mir sehr gut gefallen,mach weiter freue mich auf den nächsten OS von dir.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  bebi
26.07.2013 23:50
Danke für deine lieben Kommentare, freu mich immer sehr. :) Ich seh Seto auch gerne Fallen. ;)
Von: abgemeldet
2013-07-26T15:17:25+00:00 26.07.2013 17:17
süße story ^^
lg ane
Antwort von:  bebi
26.07.2013 23:50
Thanks <3
Antwort von: abgemeldet
27.07.2013 13:20
(>^(o)^)> ♥♥♥♥♥♥♥ <(^(o)^<)
Von:  kleiner_gedanke
2013-07-26T11:32:56+00:00 26.07.2013 13:32
Sooo, hier wären wir. ;) Dass ich deinen Schreibstil mag, weißt du ja. Die Story ist wirklich niedlich geworden. Alles in allem Rund, wobei man dir den Zeitdruck am Ende ein bissle anmerkt, aber nichts desto trotz ist es wunderbar zu lesen. :)

Den Running Gag in Verbindung mit den Büchern finde ich toll, besonders weil mal Kaiba auf die Nase fliegt. ;) Die anderen Sachen, hast du deutlich und schön eingebracht. Man kann sie einfach nicht überlesen. :) Krawattenszene 1A, Krawatten sind immer toll! ;)

Rechtschreibung war in Ordnung, keine größeren Schnitzer drin. Absätze auch angemessen oft.
Joey und Kaiba harmonieren bei dir gut und ich mag deinen Joey ja immer ganz gern. Wobei die hier öfters mal ihre Rollen anpassen, aber sie machen keine Charakterliche Kehrtwende, also ist das in Ordnung. Was ich hammer finde, sind die Dialoge zwischen den beiden. Du lässt sie einfach immer den passenden Spruch bringen. ;)

Viele Szenen waren wirklich süß und man ist drin, aber so ganz fehlt diesmal ein kleiner Touch, der die beiden packt. Weiß auch nicht. Meintest du ja selber schon. Aber dennoch ist die Story gut geschrieben, hat ein Thema, die kriterien sind erfüllt und man hat wie immer Freude am Lesen, das ist die Hauptsache. :)

kleiner_gedanke
Antwort von:  bebi
26.07.2013 23:51
Danke dir und bis zum nächsten Mal. ;)
Von:  IceBlood
2013-07-26T07:08:46+00:00 26.07.2013 09:08
<3
Antwort von:  bebi
26.07.2013 23:51
Von:  Shijin
2013-07-25T23:20:22+00:00 26.07.2013 01:20
*grins*
Die Story ist witzig. Der Running-Gag war richtig gut eingesetzt. Ich hätte ihn sogar beim Bühnenaufgang erwartet. Allerdings erreichte mich das Feeling leider nicht. Mir fehlt der Tiefgang ein wenig. Viele Situationen zwischen den beiden hast du angerissen wie die Stromgeschichte, aber dann brach es ab. Schade!
Trotzdem tolle und witzige Idee!
Antwort von:  bebi
26.07.2013 08:42
Danke für deine beiden Kommentare! Ja das hast du treffend formuliert, genau das war mein problem bei der Story, ich bin nicht so wirklich ins feeling reingekommen. Bei WB's immer ein Glücksspiel bei mir. :)


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