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Angst vor mir

Starren sie mich an?
von

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Stehend vor einem Schaufenster betrachte ich das Spiegelbild der Menschen, die an mir vorüber eilen. Starren sie mich an?

Ruhig atme ich ein und aus. Gleichzeitig schießen Gedanken mir Gedanken durch den Kopf, die ich nicht denken will.

So hatte es damals auch angefangen.
 

Es war Frühling als ich IHN kennenlernte. ER gefiel mir sofort, doch ich hatte einen Freund! Und ich liebte meinen Freund.

WIR unterhielten Uns, aßen zusammen und gingen zusammen ins Kino. All das was ich mit meinem Freund nicht machte. Nicht auf diese Art und Weise. Ja, mit ihm redete ich. Ja, mit ihm aß ich. Ja, mit ihm ging ich ins Kino. Doch behielt ich ihn stets für mich. Nie erzählte ich von meinem ´Freund´. Ich wollte mich nicht mit ihm sehen lassen. Gingen wir doch mal aus dem Haus, so nur wenn es dunkel war. Trotzdem war ich auch dann nervös. Gestresst sah ich mich dann die ganze Zeit um. Jede zuneigende Geste von ihm versuchte ich auszuweichen. Erkannte mich irgendjemand? Vermutet jemand, dass das an meiner Seite mein Freund war? Starrten sie mich an?

Umso mehr genoss ich es Zeit mit IHM zu verbringen. Bei jedem mal tanzte ich mit IHM auf dünnerem Eis. Mit jedem mal rutschten WIR ein Stück näher aneinander. Zu jedem Anlass lud ich IHN ein. Meine Freunde kannten IHN. Wenn ich mit IHM unterwegs war, war ich froh. Mit IHM machte es mir nichts aus, wenn die Leute starrten. Und die Leute starrten.

Wieder kam mein Freund zu besuch. Er freute sich mich zu sehen. Wie konnte ich seine Berührungen ertragen, ohne dass er mitbekam, dass ich eigentlich von IHM berührt werden wollte. Ich erzählte meinem Freund von IHM. Er aber lächelte nur. Tat es ab als wäre es nichts, denn so hatte ich es erzählt. Liebte ich meinen Freund noch? Ich wusste es nicht, aber ich wollte ihm nicht weh tun. Also schwieg ich.

Langsam, ganz langsam zog ich mich von ihm zurück. Wir redeten nicht mehr so oft miteinander. Nein! Ich redete nicht mehr so oft mit ihm. Ich unterbrach/ beendete die Gespräche mit ihm so schnell ich konnte, weil ich mit IHM reden wollte. Ich hatte keine Zeit mehr für ihn. Immer wenn er anrief war ich mit IHM unterwegs. Immer wenn er mir schrieb, redete ich mit IHM. ER wusste von meinem Freund. IHM schien es egal zu sein. Nein, nicht egal. ER ignorierte es, oder versuchte es zumindest.

Dann hielt ich es nicht mehr aus. Mir war klar geworden, dass ich meinen Freund nicht mehr Liebte. Nein, das stimmt so nicht. Ich liebte ihn noch immer aber ich war nicht mehr verliebt in ihn. Deswegen hatte ich so viel Zeit mit IHM verbracht. Ich hatte mich in IHN verliebt. Wie brachte ich es meinem Freund bei? Sollte ich sagen, dass es wegen IHM ist? Nein, das ließ ich weg. Ich liebte ihn, noch immer und wollte ihm deswegen nicht mehr wehtun als ich musste.

Brutal, war die Trennung. Für ihn. Mir machte die Trennung nicht viel aus nur sein schmerz. Den Schmerz den ich ihm bereitet hatte. Wie konnte ich nur. Ich liebte ihn doch. Aber jetzt war ich frei für IHN. Jetzt würde es nicht nur bei scheuen Blicken bleiben. Nicht nur bei kurzen Abschiedsumarmungen. Nun war ich ´frei´.
 

Das war damals und heute? Ein Pärchen läuft hinter mir entlang. Sie halten sich an den Händen. Die Frau starrt mich an.

Heute bin ich schon längst nicht mehr mit IHM zusammen. ER hat mich stehenlassen. Nein! WIR haben UNS verlassen. ER mich weil ich keine Beute mehr war und ER andere kennen lernte. So fühlte es sich jedenfalls an. Ich verließ IHN weil es sich so anfühlte, weil ich es nicht mehr aushielt und weil ich wenigstens einen kleinen Teil meines Herzens retten wollte.

Heute habe ich einen neuen Freund. Er liebt mich, liest mir jeden Wunsch von den Augen ab und ich bin sehr verliebt in ihn. Jedenfalls noch.

Ich habe Angst, dass sich die Geschichte wiederholen könnte. Diese Angst überfällt mich wie ein Raubtier, sobald ich einen Kerl kennenlerne, der mir gefällt, gut riecht oder den ich einfach nur toll finde. Ich habe Angst meinem Freund weh zu tun, denn ich liebe ihn. Doch ich habe auch vor mir angst. Deswegen stehe ich hier vor dem Schaufenster, denn heute habe ich jemanden kennengelernt. Jetzt starrt mich jeder an.



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