Prolog
Krieg, kennt keine Sieger.
Er verschlingt und gibt nichts wieder.
Nur tote Krieger.
Krieg verändert die Menschen.
Er zerstört Familie, Freundschaft, Verträge und Schwüre, Vertrauen.
Verschlingt Städte und Länder.
Für wen, bist du gestorben?
Die Zerstörung, die sich tief und blutrot wie eine klaffende Wunde, durch die Landschaft und die Herzen der Menschen zieht, ist groß und manchmal durch nichts auf der Welt zu beheben.
Für was hast du gebrannt?
Vor allem die Seele trägt einen unwiderruflichen Schaden davon. Man sieht dem Tod ins Auge. Man sieht seine Freunde und Kameraden sterben. Du überlebst. Vielleicht. Und du musst mit deinen Erinnerungen und Gefühlen leben.
Dein Blut verrinnt im Wüstensand.
Mit den Verletzungen, dem Verlust, dem Schmerz, der Trauer.
Wut, Rachsucht, Ohnmächtigkeit und Angst.
So viel Angst. Angst vor der Dunkelheit. Angst vor der Stille der Nacht und den Träumen, die dich mit scharfen, kalten Klauen auf das Schlachtfeld zurückziehen.
Angst vor dir selbst. Angst vor dem, was der Krieg aus dir gemacht hat. Und Angst vor dem, der du einmal warst.
Wer hat dich betrogen?
Du lebst. Du lebst mit den Erinnerungen an die Toten, deren letzte Minuten, Seite an Seite mit dir auf dem Schlachtfeld, dich in jedem Moment an dein Versagen erinnern. Ihre toten Augen und der metallische Geruch des Blutes, die dich in deinen Träumen vorwurfsvoll verfolgen.
Und die Erinnerungen an diejenigen, die man nie wieder gesehen hat, halten dich mit Feuerfingern fest und verbrennen das, was einmal deine Seele gewesen sein mag, stück für Stück.
Nie wieder gesehen. Vermisst. Vom Krieg verschlungen.
Wem bist du nachgerannt?
Doch die Hoffnung, die wie ein Funke in deinem Herzen versucht, die Dunkelheit zu vertreiben, die jedoch nur ein Loch in deine Seele und dein Herz brennt, welches sich nicht wieder zu schließen vermag.
Der Funke, der sich von Träumen und Wünschen nährt und dich mit schwelendem Feuer zu verschlingen droht, um dich ausgebrannt und leer zurück zu lassen, in der Dunkelheit.
Was hast du gewonnen?
Für wen hast du gekämpft?
Denn die Hoffnung kann noch schmerzvoller sein, als der Tod, die Angst und die Gewissheit.
Die Hoffnung ist es, die dich ihr Gesicht in der Menschenmenge suchen lässt, die glauben lässt ihr Lachen gehört zu haben und die, die dich zweifeln lässt an deinem Verstand.
Das Herz hofft, auch wenn du daran zerbrichst.
Du warst ein Großer Krieger,
Doch der Krieg kennt keine Sieger.
Tränen des Himmels
Der Himmel weint schon seit Wochen beinahe ununterbrochen, als wolle er die Spuren des vergangen Krieges einfach davon waschen. Das Blut gefallener Soldaten versickert im Boden, dient den Pflanzen der Felder und Wälder als Nahrung und die schweren Tropfen des Regens, vermischen sich mit den Tränen einer jungen Konoichi, die im vergangenen Krieg, beinahe alles verloren hat. Ihre Familie, ihre Freunde, ihre unerschrockene Zuversicht, ihren Kampfgeist, ihr großes Mundwerk. Kurz, alles was eine Ino Yamanaka ausmacht.
Die langen blonden Haare kleben durch den anhaltenden Regen in ihrem ausdruckslosen Gesicht und ihr Blick ist starr nach unten auf den Matsch zu ihren Füßen gerichtet. Die Regentropfen, ziehen Kreise in den unzähligen Pfützen, die wie tote Augen, die Straßen Konohas säumen und die Überlebenden, nicht vergessen lassen.
Der Krieg war gewonnen. Aber zu welchem Preis?
Noch nie waren in einem Krieg mehr Opfer und Vermisste zu beklagen, noch nie wurde eine solche Schneise der Verwüstung und der Trauer hinterlassen.
Konoha befindet sich im Wiederaufbau, doch es geht nur schleppend voran, da kaum Arbeiter mit ausreichend Gliedmaßen vorhanden sind um die Arbeit zu erledigen. Und diejenigen, die hätten Arbeiten können, sind auf Missionen geschickt worden, um den Ausbruch eines weiteren Krieges zu verhindern, denn Konoha ist so schwach wie noch nie.
Das einst stärkste und aufrichtigste versteckte Dorf, war nur noch ein Schatten seiner einstigen Größe und lediglich in der Lage seine Wunden zu lecken und zu versuchen sich die Gunst anderer Länder zu erschmeicheln.
Ja, der Krieg hatte seinen Tribut gefordert.
Viele der besten Ninja, haben für den Sieg mit dem Leben bezahlt. Andere wurden verkrüppelt und für den Rest ihres Lebens ans Bett gefesselt. Wieder Andere, flüchten sich in den Wahnsinn, um der grausamen Realität zu entkommen und auch, um vor sich selbst zu fliehen.
Für sie ist der Krieg weder gewonnen, noch vorbei. Nicht nur in ihren Herzen tobt der Kampf weiter. Zu nah sind die Erinnerungen, zu frisch die Wunden, zu kurz die Zeit der Trauer und zu groß die Angst, die aus allen Ritzen und Spalten zu sickern scheint und droht, alles zu verschligen.
Sie bemerkt gar nicht, wie sie sich unter diesen Gedanken verkrampft und ihre Fingernägel blutrote Halbmonde auf ihrer blassen Haut hinterlassen. Schwarze Punkte beginnen vor ihren Augen zu tanzen und die Welt um sie herum verschmilzt mit dem Grau des Regens. Sie taumelt zurück und versucht sich an den Trümmern des Nordtores zu stützen doch das zersplitterte Holz entgleitet ihren tauben Fingern und sie sackt auf dem Boden zusammen. Die Arme schützend um den Leib geschlungen, erbricht sie ihr karges Frühstück in den Schlamm. Hustend und zitternd laufen ihr heiße tränen über die eingefallenen Wangen, während sie, außer Stande sich auf zu richten, im kalten Schlamm kniet.
Was war nur passiert? Wie konnte es so weit kommen?
Sie denkt an ihren Vater, den Blumenladen und ihr früheres unbeschwertes Leben. Ihre Freunde, die sie früher durch ihr Temperament immer angeschrieen und beleidigt hatte und die sie nun nie wieder sehen würde.
Alles vom Krieg verschlungen.
Ein hysterischer Schrei entfährt ihrer Kehle. Die sich nähernden Schritte und die ängstliche Stimme die ihren Namen ruft, dringen durch den Schleier der Angst, nicht bis zu ihr hindurch.
Erst als sie die warme Hand auf ihrer Schulter spürt, dringt die besorgte Stimme an ihr Ohr, welche sie aus dem grauen Nebel der Verzweiflung zurück in die Wirklichkeit holt.
Ihr Atem geht stoßweise, ihre Knie schmerzen, ihr Blickfeld ist verschwommen, das Blut rauscht unangenehm laut in ihren Ohren und lässt die Stimme ihres Gegenübers nur gedämpft zu ihr vordringen.
Als sie aufblickt, erkennt sie schemenhaft die Umrisse eines jungen Mannes mit kurzen braunen Haaren. Eine Hand liegt auf ihre Schulter, während die Andere unter ihrem Kinn ruht und sie somit zwingt, ihn anzusehen. „Ino, was ist los?“ Es war Shino, er klang aufrichtig besorgt. „Nichts, ich… alles in Ordnung.“ Sie vermied es ihm in die Augen zu sehen. „Red keinen Unsinn!“ Langsam und schwankend richtet sich die junge Frau mit seiner Hilfe auf. „Ich werde dich zurück ins Krankenhaus bringen.“ „Kommt nicht in Frage. Ich bleibe.“ Inos Stimme gewinnt an Stärke und langsam stielt sich auch etwas Farbe zurück in ihr fleckiges Gesicht. „Ich denke nicht, dass das so eine gute Idee ist, Ino! Du bist erst vor ein paar Tagen aus dem Koma erwacht! Bis gestern lagst du noch im Krankenhaus, verdammt!“ „Ich schaffe das schon.“ Entgegnet sie.
„Ino du..“ „Lass sie.“ Beide drehten sich zu der Stimme um und sahen eine junge Frau mit kurzen blauen Haaren und schneeweißen Augen, nur ein paar Meter von ihnen entfernt, im Regen stehen. „Wir sollten aufbrechen“, Hinatas Stimme war ruhig und emotionslos. Ino nickte nur, während Shino ihr einen giftigen Blick zu warf. Nachdem Hinata jedoch ohne ein weiteres Wort im angrenzenden Wald verschwunden war, folgten beide ihrer Kameradin mit großen Sprüngen, in die Bäume.
Sie haben eine Mission.
Durch die vielen Deserteure, nach dem Krieg, haben sich kriminelle Gruppen gebildet, die sich durch Attentate, Spionage, Kopfgelder oder auch Menschenhandel ihren Lebensunterhalt bestreiten und deren Aufmerksamkeit sich momentan vor allem auf das Geschwächte Konoha zu richten scheint.
Ihre Mission besteht darin, Informationen über eine besonders große und sehr gut organisierte Gruppe zu sammeln, die sich, ihren Informationen nach, in Ame- oder Kusa-Gakure niedergelassen hat.
Ihr Augenmerk richtet sich hierbei besonders auf eine Person, die man nur den Schattenzahn nennt. Er ist ein Spion und Attentäter, der allein in den letzten Wochen fünf Attentate auf mögliche Bündnispartner Konohas verübt hat. Niemand hat überlebt.
Somit hat ihre Mission höchste Priorität und dient der Nationalen Sicherheit.
Die drei Freunde sind nun schon seit zwei Stunden im immerwährenden Regen unterwegs und Ino fällt immer weiter zurück. Ihre Glieder werden schwer und ihre Sicht verschwimmt. Durch pure Willenskraft zwingt sie sich zu jedem weiteren Schritt. Als jedoch ihre Glieder vor Anstrengung und Kälte so steif werden, dass ihre Beine ihr nicht mehr gehorchen wollten, gleitet sie von einem, mit Moos bewachsenen, regennassen Arst und drohte in die Tiefe zu stürzen.
Hinata reagierte sofort, da sie Ino durch das Byakugan schon seit geraumer Zeit beobachtet. Sie fängt sie noch im Fall auf und landete sanft auf dem durchnässten Waldboden.
Ino liegt Bewusstlos und flach atmend in Hinatas Armen, welche ihr jedochohne zu zögern, eine gepfefferte Ohrfeige verpasst.
Durch den plötzlichen Schmerz aufgeschreckt sieht sie sich orientierungslos um, bis ihr Blick den Zornigen von Hinata trifft. „Du hättest wirklich im Krankenhaus bleiben sollen, wenn du uns und die Mission gefährdest!“ herrscht die Blauhaarige sie an. Auch Shino war nun bei ihnen. Ino indes, rappelt sich auf und versucht notdürftig den Schlamm und einige Blätter von ihrer Kleidung zu entfernen. „Ich bin in Ordnung.“ Um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, kehrt sie Hinata den mit Schlamm verschmierten Rücken zu und geht schwankend in Shinos Richtung. „Du bist alles Andere als in Ordnung!“ Der Braunhaarrige mustert sie besorgt. Wie konnte Tsunade sie nur in diesem Zustand auf eine so wichtige Mission schicken? Mit zusammengebissenen Zähnen und vor Wut schnaubend, richtet sich auch Hinata wieder auf. „Um umzudrehen ist es nun zu spät, also reiß dich zusammen“. „Verstanden“, kommt die knappe Antwort der Yamanaka. Zornig wendet sich Hinata ab und springt auf den nächsten Baum. „Wenn du das nächste mal vom Baum fällst, werde ich dich nicht auffangen.“ Mit diesen Worten verschwindet sie. Shino nickt ihr noch einmal zu und zusammen folgen sie ihrer Kameradin in den Wald.
In Inos Magen machte sich Übelkeit breit, dröhnende Kopfschmerzen pochen in ihren Schläfen und ihr Brustkorb, schnürte sich schmerzhaft zusammen, als sie an die alte Hinata dachte. Sie hätte ihr geholfen, sich aufrichtig um sie gesorgt, doch es war viel geschehen. Vieles war im Krieg verloren gegangen. Vor allem Hinata verlor ihr altes liebenswertes Selbst, als wäre es zusammen mit ihren Liebsten, auf dem Schlachtfeld gestorben.
Neji, ihr geliebter Cousin, der sie als einziger im Klan wirklich respektiert hatte, war dem Krieg zum Opfer gefallen als er sie und Naruto vor dem sicheren Tod schützte. Er hatte sie wie eine Schwester geliebt, sie waren sich gegenseitig eine Stütze in der totalitären, Hierarchie des Hyugaklans. Sein Opfer, für ihr und Narutos Leben, tötete die Fröhlichkeit in ihrem Herzen und das Leuchten in ihren Augen. Er starb, blutüberströmt und von Pfählen durchbohrt, mit einem so selten gesehenen, aufrichtigen Lächeln auf den Lippen, in ihren Armen.
Doch nicht nur Hinatas Fröhlichkeit, starb an jenem Tag. Tenten, hat ihre Sprache verloren. Vor Wut, Trauer und Verzweiflung, hat sie seit seinem Tod, mit niemandem mehr ein Wort gewechselt und die einzigen Laute, die man von ihr hört, sind die Schreie, wenn sie aus ihren Alpträumen erwacht. Sie hat ihn geliebt und nun ist ihr Herz gebrochen.
Und Naruto, Naruto hatte im Kampf gegen Madara alles gegeben. Alles und mehr. Er ist in ein tiefes Koma gefallen und noch nicht wieder aufgewacht. Die Ärzte sind ratlos.
Hinata hat lange geweint. Entweder an Narutos Bett oder an Nejis Grab. Keiner von uns, war in der Lage, sie aus ihrer Trauer zu lösen.
Nicht einmal ihre Schwester. Sie hat im Kampf gegen Nejis toten Vater, ihren linken Arm verloren und ist somit nicht mehr in der Lage den Klan zu führen. Hinata ist zwar die ältere, jedoch auch die sanftere der beiden gewesen und somit war beschlossen worden, Hanabi die Führung zu überlassen.
Hiashi Hyuga, das derzeitige Klanoberhaupt, hat eine folgenschwere Entscheidung getroffen, deren Hintergründe niemand so recht begreifen wollte. Er stach sich die Augen aus. Ob aus Verzweiflung, Wut oder weil er das Leid seiner Kinder nicht mehr ertragen konnte, weiß niemand.
Von Wahnsinn gepackt, ob dieser schrecklichen Geschehnisse in kurzer Zeit, schloss Hinata sich tagelang, in ihrem Zimmer ein. Man hörte herzzerreißende Schreie, berstende Möbel, Glas splittern und Stille. Nach drei Tagen, kam sie heraus. Blutend, mit leerem Blick, eingefallenen Wangen und geschorenem Kopf.
Sie verkündete, den Klan von nun an zu führen und brach zusammen.
Nachdem sie im Krankenhaus erwachte, war sie nicht mehr wieder zu erkennen. Nicht nur äußerlich, durch den geschorenen Kopf, die zahlreichen Schnittwunden, die das Kunai auf ihrem Schädel hinterließ, und ihr nun kantigeres Gesicht, da sie sich weigerte Nahrung zu sich zu nehmen.
Sie wurde hart, kalt, zynisch und launisch. Den Hyugaklan führt sie streng und wurde bald von allen Mitgliedern respektiert und akzeptiert oder auch gefürchtet.
Das war nun drei Monate her. Ino hatte von all dem nicht viel mitgekriegt, da sie lange Zeit im Koma lag. Das was sie weiß, hat ihr Choji berichtet, nachdem sie vor wenigen Tagen, aus dem Koma erwachte. Sie zwei waren die einzigen, die von Team 10 noch übrig waren. Ihren Sensei hatten sie vor langer Zeit schon verloren und waren im Krieg gezwungen, ihn ein weiteres Mal zu töten. Shikamaru, hatte dem nicht standgehalten. Er verließ sie, ohne ein Wort des Abschieds und ging nach Suna, um dort neu anzufangen. Hier wartete außer Ino und Choji keiner mehr auf ihn.
Ihr wurde schon wieder schwarz vor Augen. „Reiß dich zusammen Ino-Schwein!“ flüsterte sie sich selbst zu und setze ihren Weg fort.
Nach einer weiteren Stunde, wurde die Wolkendecke lichter und man konnte erahnen, dass es bald Mittag sein musste. Shino gab das Zeichen für eine Rast und die drei entschieden sich an einer Stelle, an der die Bäume besonders dich standen halt zu machen, etwas zu essen und sich ein wenig auszuruhen und vor allem, zu trocknen.
Hinata versuchte trockenes Holz zu finden und ein Feuer in Gang zu bringen. Shino lehnte an einem Baum und ließ seine Insekten die Gegend auskundschaften. Ino, versuchte bei Bewusstsein zu bleiben, glitt jedoch bald ins Land der Träume über.
Eine halbe Stunde später wurde sie sehr unsanft von Hinata wach gerüttelt, die ihr anschließend eine geröstete Feldration vor die Nase hielt.
Dankend nahm Ino das Essen an und setzte sich an einen Baumstamm gelehnt auf. Shino reichte ihr einen Becher dünnen, heißen, ungesüßten Tee und setzte sich neben sie.
Hinata saß auf der anderen Seite des Feuers und stocherte gedankenverloren mit einem Kunai in der Glut.
„Traurig nicht wahr?“ Überrascht blickte sich Ino zu ihrem Sitznachbarn um und schaute ihn unergründlich an. Sie wusste was er meinte. Hinata. Ino wandte sich ab und besah sich nun ebenfalls ihre Freundin etwas näher.
Ihre kurzen Haare, die ihren Kopf inzwischen wieder bedeckten, die Narben auf ihrer Stirn, die starren, weißen Augen, welche nun stets mit schwarzem Makeup betont wurden und Ino einen Schauer über den Rücken laufen ließen. Die dunklen Schatten unter ihren Augen und die eingefallenen Wangen. Sie hatte unverkennbar abgenommen. Ihre Wangenknochen traten hervor und ihr einst so schönes rundes Gesicht, welches stets ein leichter Rotschimmer zierte, war hart und kantig geworden.
Seufzend lehnte Ino sich zurück und schloss die Augen. „Trink deinen Tee, wir müssen bald weiter“. Wieder Shino, seit wann war er so führsorglich und gesprächig geworden?
Erneut wandte sie sich zu ihm um, um eine Antwort in seinem Antlitz zu finden. Es war jedoch unergründlich und seine Augen wie eh und je von der dunklen Sonnenbrille verdeckt. Sie nahm einen Schluck des Tees, wandte ihren Blick jedoch nicht ab und erröte unwillkürlich, als sich ein leichtes Lächeln auf seinem Gesicht abzeichnete. Grübchen. Shino hatte Grübchen. Schnell wandte sie ihren Blick wieder dem Feuer zu und stürzte den nur noch lauwarmen Tee in einem Zug hinunter.
Wie es kommen musste, verschluckte sie sich an dem Getränk und ihr geschwächter Körper wurde, bei dem Versuch, die Flüssigkeit wieder aus ihrer Luftröhre heraus zu bekommen, von einem Hustenanfall geschüttelt. Um alles nur noch schlimmer zu machen, tätschelte Shino ihr sanft den Rücken, um ihr zu helfen nicht zu ersticken. Als sie seine Berührungen spürt, schießt ihr das Blut ins Gesicht, welches eine ungesunde tiefrote Farbe annimmt. Schnell versteckt sie ihr Gesicht zwischen ihren aufgestellten Knien und versucht wieder zu Atem zu kommen. Was ist mit dem Käferfreak nur los? Aber noch viel wichtiger, was ist mit ihr selbst los? Seufzend atmet sie aus und versucht Shinos Hand, welche immer noch auf ihrem Rücken ruht, gekonnt zu ignorieren.
Hinata indes, kann ob dieser Szene, nur verständnislos eine Augenbraue emporziehen. Um den bevorstehenden Aufbruch vorzubereiten, und der Szene, was auch immer sie zu bedeuten hatte, nicht mehr beiwohnen zu müssen, erhebt sie sich, befreit sich weitestgehend von Dreck und Blättern und beginnt ihre Sachen ein zu sammeln und das Feuer zu löschen.
„Wir sollten weiter.“ Shino streicht ein letztes Mal über Inos Rücken, was ihr eine Gänsehaut beschert und erhebt sich ebenfalls. Nachdem Ino einen erneuten hysterischen Anfall erfolgreich unterdrücken konnte, erhebt auch sie sich und schultert ihre Tasche.
Es hatte aufgehört zu regnen, allerdings war der Himmel weiterhin mit dicken, grauen Wolken bedeckt. Ihre Kleidung war zwar nicht mehr nass, aber klamm. Sie fühlte sich unwohl, und ihre Haut wurde durch die immer währende Feuchtigkeit in der Kleidung, gereizt.
„Heute Abend, werden wir zwischen Kusa- und Ame-Gakure unser Nachtlager aufschlagen. Dort besprechen wir alles weitere.“ Die beiden Frauen nickten Shino zu und zusammen, schlugen sie wieder den Weg richtung Norden ein.
Unbemerkt der drei Freunde, schritt jemand aus dem Schatten der Bäume und besah sich, mit einem spöttischen Lächeln, die Stelle, an der bis vor ein paar Augenblicken, noch Tee getrunken wurde.
Blume der Fröhlichkeit
Im Konoha Krankenhaus, steht ein großgewachsener Mann am Krankenbett seines Schülers und hört dem gleichmäßigen Piepen der vielen Maschinen zu, die ihn am Leben erhalten. Sein Gesicht ist wie immer mit einer Maske bedeckt die keine Emotion erahnen lässt, das rechte Auge jedoch, verrät die Trauer und Verzweiflung die in ihm wütet. Es ist blutunterlaufen und tiefe dunkle Schatten, zeugen von schlaflosen Nächten. Auch zieren inzwischen kleine Fältchen sein Gesicht und Sein Haar, welches einmal strahlend weiß war, wie frisch gefallener Schnee, wurde von einzelnen grauen Strähnen durchzogen. Der letzte Krieg, hatte ihn altern lassen.
Stumm blickt er in Narutos Gesicht. Er sah aus als würde er schlafen und jeden Moment wieder aufwachen und lauthals nach Ramen verlangen. Das würde jedoch nicht passieren und das wusste Kakashi. Er würde vielleicht nie wieder aufwachen. Eine Träne lief an seiner Wange hinab und wurde vom Stoff seiner Maske hungrig aufgesogen.
Plötzlich, wurde seine Sicht schwächer, der Raum schien sich um ihn herum zu drehen und das Piepen der Maschinen, drang nur noch gedämpft und wie aus weiter Ferne an sein Ohr. Die Welt um ihn herum verschwamm und ein einziges Wort schwirrte durch seine Gedanken, hämmerte in seinen Ohren und drohte ihn zu ersticken. Versager.
Er war ein Versager.
Er hatte versagt.
Als Freund, als Sensei, als Anführer der Truppen. Alle sahen in ihm einen Helden. Doch das war er nicht. Er war ein Versager auf der ganzen Linie.
„Es tut mir leid. Es tut mir alles so unendlich leid, Naruto. Ich hätte besser auf euch aufpassen müssen. Es wäre meine Aufgabe gewesen Sasuke davon ab zu halten zu gehen.“ Mit diesen Worten, dreht er sich um und blickt auf das Bett, welches in dem kleinen Raum am Fenster steht. Unter unzähligen Verbänden, sind schwarze Haare zu erkennen, welche zu einem Gesicht gehören, dessen linke Seite stark verbrannt ist. Die Ärzte haben ihn auf Grund der starken Verbrennungen auf seinem ganzen Körper, in ein künstliches Koma versetzt, um ihm die Schmerzen zu ersparen. Er geht zu ihm und streicht einmal sanft durch sein Haar, bevor er sich wieder dem Blonden widmet und mit zitternder Stimme vortfährt. „Ich hätte gegen Obito und Madara kämpfen müssen. Ich sollte hier liegen, nicht ihr. Ich habe es nicht verdient hier zu sein. Ich konnte weder Obito und Rin beschützen, noch Sasuke aufhalten, oder auf dich und Sakura aufpassen. Sie ist fort Naruto. Sie wird schon viel zu lange vermisst. Bitte verzeih mir!" bei dem gedanken an seine rosahaarige Schülerin laufen im Tränen über das Gesicht, die hungrig von der dunklen Maske aufgesogen werden." Aber ich werde sie finden und wenn ich dabei sterbe, ist mir das nur mehr als recht!“
Mit diesen Worten, wischt er sich die Tränen aus dem Gesicht, holt noch einmal tief Luft und verlässt den Raum. Im von Neonleuchten erhellten Flur des Krankenhauses, lehnt Kotetsu Hagane, lässig an einer Wand. Als Kakashi an ihm vorbeigehen will, räuspert sich dieser und Kakashi bleibt, ohne den Blick von den Bodenfliesen zu nehmen, neben dem Jüngeren stehen. Da Kakashi, ihn weder ansah, noch das Wort an ihn richtete, beschloss er, selbst mit der Tür ins Haus zu fallen und sein Anliegen direkt vorzubringen. „Ich wurde geschickt, um dich zur Hokage zu bringen, Kakashi“. „Danke für die Mühe, aber ich werde nicht hingehen“. Mit einer wegwerfenden Handbewegung, machte er Anstalten, einfach an Kotetsu vorbei zu gehen. Dieser versperrte dem Älteren jedoch mit einem Arm den Weg und sprach ohne ihn anzusehen: „Zwing mich nicht dich zu verhaften Kakashi. Ich wurde geschickt um dich zu holen, da du weder auf Einladungen, noch Befehle, reagiert hast. Ich bitte dich als Freund, aber wenn du dich wiedersetzt, muss ich Gewalt anwenden.“
„Was soll das Ganze?“, kam es resigniert und erschöpft von Kakashi. „Ich weiß es nicht. Und wir beide werden es auch nicht erfahren, wenn du jetzt nicht mitkommst. Also los“. Er legt ihm eine Hand auf den Rücken und schiebt ihn mit sanfter Gewalt den Flur entlang.
Als sie das Krankenhaus verlassen und durch die Straßen Konohas, den Weg zum neuerrichteten Hokageturm einschlagen, sind die Straßen belebt, da alle die dazu in der Lage sind, mit dem Wiederaufbau beschäftigt sind. Kakashi schlendert mit den Händen in den Taschen neben Kotetzu her und schaut in Gesichter voller Erschöpfung, Trauer, aber auch Erleichterung und Hoffnung auf bessere Tage. Sie wurden sogar von spielenden Kindern angerempelt. Die Gemüter der Menschen scheinen sich zu lichten, sie erlauben sich langsam wieder, Stück für Stück etwas Fröhlichkeit in ihr Herz zu lassen. Die Trauer sitzt zwar tief, Hoffnung jedoch, war schon immer stärker.
Ein Seufzen entweicht Kakashis Kehle und obwohl Kotetsu es bemerkt haben muss, fragte er nicht weiter nach. Er kann sie auch sehen, die schüchtern aufkeimende Fröhlichkeit im Dorf, als wäre sie eine Blume, die sich nach einem langen Winter durch die Schneedecke, zum Licht wagt. Diese Blume musste nun umsorgt werden, damit sie nicht erfriert und der Winter im Herzen der Menschen ewig wehrt.
Die beiden Shinobi laufen schweigend nebeneinander her und schauen teilnahmslos zu Boden, bis sie den Hokageturm schließlich erreichen. Da Kakashi, die letzten Wochen nicht sehr häufig das Haus verlassen hat, ist ihm die neu aufkeimende Stadt fremd geworden. Vor dem Hokageturm bleibt er stehen, um ihn sich genauer anzusehen.
Er war größer und moderner gebaut worden, als der Alte. Es waren keine Stromleitungen mehr an der Außenseite des Gebäudes zu sehen und alles in allem, wirkte er symmetrischer und eine Kreisförmige Terrasse, zierte das oberste Stockwert, von wo aus man nicht nur einen guten Blick auf die Hokagefelsen hatte, sondern auch die ganze Stadt überblicken konnte.
Mit der rechten Hand fährt er sich durch dir Haare und atmet geräuschvoll aus, bevor sein Begleiter ihn sanft in das Gebäude schiebt. Der Boden war mit hellem Holz ausgekleidet worden und der Geruch nach Farbe verriet, dass die strahlend weißen Wände, frisch gestrichen sein mussten.
Nach mehreren Treppen, bleiben sie vor einer großen Flügeltür stehen und Kotetsu klopfte dreimal an das ebenfalls helle Holz. Die Stimme die sie hereinruft, ist schwach und man konnte die Erschöpfung, die aus ihr sprach förmlich greifen. Das Büro der Hokage hatte nur zwei gerade Wände, welche mit einem Rundbogen miteinander verbunden waren, da es am äußeren Rand des runden Turmes lag. Zu Kakashis Rechten, nahm ein Bücherregal die gesamte Wand ein und ließ nur Platz für eine Tür, welche wahrscheinlich in ein angrenzendes Archiv führte. Zu seiner Linken war der Rundbogen, welcher mit vielen Fenstern bestückt war und den Raum mit warmem Sonnenlicht durchfluten würde, wäre der Himmel nicht mit Wolken verhangen.
Unter den Zahlreichen Fenstern, in einer Ecke, steht ein dunkelgrünes kleines Sofa, mit zwei dazu passenden Sesseln und einem kleinen Tisch in ihrer Mitte. Sein Augenmerk lag jedoch auf dem großen Schreibtisch ihm gegenüber, an welchem eine blonde Frau, eingesunken in ihrem Sessel saß und ihn trotz ihrer augenscheinlichen Erschöpfung, finster anfunkelte.
„Wie schön, dass du uns auch mal mit deiner Anwesenheit beehrst Kakashi“. Mit einem Blick von ihr, zu Kotetsu wollte er schon verärgert darauf hinweisen, dass er auch jetzt nicht freiwillig hier war, wurde jedoch von Tsunade bereits unterbrochen, als er nur den Mund zum Sprechen, aufmachen wollte. „Aber lassen wir das, es gibt wichtiges zu besprechen“. Wie wichtig konnte es schon sein, dass sie es mit ihm besprechen wollte? Kakashi konnte sich keinen Reim darauf machen und wartete ungeduldig darauf, dass sie weiter sprach und seine stille Frage beantwortete. „Ich komme gleich zum Punkt. Der Krieg hat mich ausgezerrt. Ich habe das Siegel zu oft benutzt.“ Bei diesen Worten, deutet sie auf ihre Stirn, welche eine fliederfarbene Raute zierte. „Ich kann spüren, wie meine Kraft schwindet. Ich werde den Posten der Hokage aufgeben und den Rest meines Lebens hier im Dorf verbringen und das Krankenhaus leiten. Ich will, dass du an meiner Stelle Hokage wirst und das Dorf zu alter Größe führst. Die Ältesten sind einverstanden, wenn alle Formalitäten geklärt sind, werden die Kage der anderen Länder zu deiner Amtseinführung eingeladen, bei welcher auch neue Friedensverträge geschlossen werden.“
Kakashi war sprachlos. In dieser Situation hatte er mit allem gerechnet. Um ehrlich zu sein, hatte er sogar damit gerechnet, verbannt zu werden oder schlimmeres und jetzt wollen sie ihn als Oberhaupt? Als Hokage der sechsten Generation? Ihn? Der nicht einmal in der Lage war sein Team zu beschützen, sollte die Verantwortung über ein ganzes Land übernehmen? Nein. Das konnte nicht sein. Wahrscheinlich lag er noch zu Hause im Bett und bildete sich das ganze gerade ein.
Ja, das klang schon viel logischer. Ein Traum. Ein böser Traum.
Aufgrund dieser Erkenntnis, blieb er einfach stumm stehen und wartete darauf, aufzuwachen.
Bis ihn das Gebrüll Tsunades und ein fliegender Tacker, welcher ihn am Kopf traf, in die Wirklichkeit zurückholten. „Ich rede mit dir, Hatake!“ Er schaut sich verwirrt um und stellt fest, dass er sich immer noch im selben Raum befindet und Tsunade, sich auf dem Schreibtisch abstützend, ihn wutentbrannt anschnaubt.
Also doch kein Traum.
Alle Anderen im Raum, waren aus angst vor weiterem fliegendem Büromaterial , in Deckung gegangen. Die Gute scheint noch leichter reizbar zu sein, als vorher. Ein Räuspern ihrerseits und das Knarren des Stuhls ist zu vernehmen als sie sich nieder lässt und das Wort, etwas ruhiger, abermals an ihn richtet. „Nimmst du an Kakashi? Ich habe Vertrauen in dich und deine Fähigkeiten und das Dorf braucht jetzt einen Starken Führer, zu dem sie aufschauen können.“
Sie hat Vertrauen in mich? Aus der anfänglichen Stille brach plötzlich ein Lachen hervor, welches den Kopierninja förmlich erzittern lies. Er krümmte sich vor Lachen schlug sich die Hände vors Gesicht und wischte sich sogar Tränen aus den Augen. „Ich?“ Brachte er zwischen einigen Lachern hervor. „Ich soll ein Land führen?“ Wieder brach er in schallendes Gelächter aus. „Nein. Hahaha!“ Nun war es an den Anderen, sich verwundert zu ihm umzuschauen. War er gerade in Gelächter ausgebrochen und hatte abgelehnt? Sie verstanden die Welt nicht mehr. „Aber….. Kakashi?“ „Nein Tsunade. Nein und nochmals nein.“ Mit diesen Worten machte er auf dem Absatz kehrt und machte, noch immer Kichernd, Anstalten das Büro zu verlassen, welches seins hätte sein können. Als er die Tür gerade öffnete, wurde er von Tsunades verständnisloser Stimme, noch einmal aufgehalten. „Wieso?“ Kurz verharrte er im Türrahmen, verließ dann jedoch ohne ein weiteres Wort und ohne sich umzudrehen das Büro.