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Jalaro

von

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Die Geschichte handelt zu einer Zeit, wo es Burgen, Ritter und ähnliches gibt. Die Geschichte spielt sich allerdings nicht auf der Erde ab. Die Art wie die Menschen sprechen ist vielleicht etwas ,veraltet', aber ich hoffe man kann es trotzdem verstehen.
 

1
 

Es war ein schöner Sommer in Jolum. Das Reich hatte alles, was seine Bewohner benötigten. Die Getreidefelder glänzten golden in der Sonne und versprachen eine gute Ernte. Der König war zwar auf Staatsbesuch in Celutarye, der Hauptstadt von Celutaryn, aber sein Vertrauter, Graf Wirold, kümmerte sich um alles. Er war ein gerechter Mann und der König hatte eine gute Wahl getroffen, als er ihm das Reich anvertraut hatte.
 

Ridjan, die Hauptstadt des Reiches, lag in einer Ebene nahe dem Gebirge ------, das eine natürliche Grenze darstellt. Der Wald jenseits des Gebirges war von Menschen unbewohnt und wurde seit Jahren gemieden, auch wenn sich kaum noch jemand an den Grund erinnerte. Fast zur Hälfte war die Stadt von Wald begrenzt, der den Bewohnern der Stadt Brennholz, Baumaterial und Nahrung lieferte.

Außerdem verliefen zwei der größten Handelsstraßen durch die Stadt, was ihr im Laufe der Jahre zusätzlich zu Wohlstadt und Reichtum verholfen hatte, so dass königliche Familie sie schließlich als Regierungssitz erwählt hatte.

Die Straßen, gesäumt von Häusern mit weißen Fassaden, führten in der Mitte der Stadt auf einem großen Marktplatz zusammen, in dessen Mitte sich ein Brunnen erhob.

Am nördlichen Rand der Stadt erhob sich ein Hügel mit den Ruinen des Schlosses des ehemaligen Stadtherrn, der Grafenfamilie Jalor. Die Familie Jalor war einst eine der mächtigsten und einflussreichsten Familien des Landes gewesen. Der letzte Graf Jalor war gütig gewesen und die Einwohner der Stadt hatten nichts zu klagen. Doch andere Adlige wurden neidisch auf ihn und sein Glück. Sie lasteten ihm Verbrechen an und gaben Leuten Geld, damit sie falsche Aussagen gegen ihn machten. Er und seine Familie wurden verfolgt und getötet, bis niemand mehr übrig war. Der größte Teil des Schlosses wurde zerstört, bis auf einen der Türme, der nun als Gefängnis genutzt wurde.
 

Auf einer Bank am Marktplatz, im Schatten eines der Häuser mit einem Geschäft im Erdgeschoß, saßen zwei junge Männer und genossen die Wärme des Sommermittags. Besonders Mitten im Sommer war es nur natürlich, wenn am Mittag die meisten Leute irgendwo im Schatten saßen. Die Arbeit begann schon bei Sonnenaufgang und ging bis Sonnenuntergang oder sogar darüber hinaus, was besonders im Sommer lang war. So legten die meisten Arbeiter am Mittag, wenn die Sonne am höchsten stand, eine Pause ein.

Die beiden Männer wirkten zwar auf den ersten Blick sehr unterschiedlich, so dass mehr als einer der vorbeigehenden es nur für Zufall hielt, dass sie dort nebeneinander saßen, aber wer sie näher kannte, wusste, dass Jaril und Oniko schon seit Jahren die besten Freunde waren.

Oniko, der schon vor Jahren die Schmiede seines Vaters übernommen hatte, überragte Jaril und auch die meisten anderen Leute in Ridjan um einen Kopf. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, seine Kleidung für die mittägliche Pause zu wechseln, so dass er noch immer das ärmellose Hemd und die braune Hose trug. Nur die verrußte Schürze, die er immer bei der Arbeit trug, hatte er in seiner Werkstatt gelassen. Das Hemd war zwar recht weit, ließ aber doch genug seines stämmigen Körperbaus erkennen, so dass wohl jedem klar war, dass Oniko mehr als genug Kraft besaß um seinen Beruf auszuüben. Seine hellbraunen Haare hingen fast bis auf die Schultern, nur aus dem Gesicht strich er sich immer wieder weg, damit seine grauen Augen den Marktplatz überblicken konnten.

Jaril hingegen hatte erst vor etwas mehr als einem halben Jahr die Tischlerwerkstatt seines Vaters übernommen, da dieser zu alt geworden war. Er mochte kleiner und schmaler als Oniko sein, was ihn aber keineswegs hilflos machte. Er trug, im Gegensatz zu seinem besten Freund, ein etwas besseres Hemd mit kurzen Ärmeln, eine lange braune Hose und Lederstiefel. Seine Werkstatt war gut genug, dass mehrere der Reichen in der Stadt ihre Einrichtung bei ihm machen ließen und von einem solchen Auftrag war er erst kurz vor Mittag zurückgekehrt. Er hatte dunkles Haar, das zwar kurz geschnitten war, dessen Strähnen ihm aber trotzdem ab und an in die Augen fielen. Im Moment hatte er die Augen jedoch geschlossen und genoss vielmehr die Wärme.

„Prima, so lässt es sich leben!“, seufzte Oniko und streckte sich genüsslich.

„Richtig! König Envaru hat richtig gehandelt als er Graf Wirold zum seinem Vertreter ernannt hat! Der Graf wird sicher alles zur Zufriedenheit des Königs erledigen.“, meinte Jaril, ohne die Augen zu öffnen. Er genoss lieber die kurze Zeit der Ruhe, die mittags auf dem Marktplatz herrschte. War der Platz am Morgen und am Abend sehr belebt, hatten sich nun viele in die umliegenden Häuser zurückgezogen.

Die Ruhe wurde aber schlagartig gestört, als ein Reiter über eine der größeren Straßen, die zu den großen Stadttoren führte, auf den Platz zugeritten kam. Sofort drängten die Leute neugierig auf den Platz, ließen aber genug Raum, so dass der Reiter am Brunnen halten konnte, sie aber trotzdem hören konnten, was der Reiter zu sagen hatte.

„Ein Bote des Grafen Wirold!“, murmelten immer wieder Leute, die das Zeichen an den Schnallen, die den Umhang des Reiters hielten, erkannt hatten. Auch Jaril öffnete eines seiner Augen und sah zu dem Reiter hin, der, da er noch immer auf seinem Pferd saß, für alle gut sichtbar.

Der Bote räusperte sich, um zu zeigen, dass er nun reden würde. Sofort wurde die Menge leiser und er begann dann mit lauter Stimme: „Der ehrenwerte Graf Wirold hat vor, auf einem Hügel unweit der Stadt eine Burg zu erbauen. Dazu werden Arbeiter benötigt. Die Burg soll ihm und seinen Rittern als Wohnort und den Bewohnern dieser Stadt als Zufluchtsstätte dienen. Der Graf verspricht allen, die helfen einen guten Lohn.“

„Hey, Jaril, das wäre doch was für uns!“, sagte Oniko, wobei er Jaril anstieß.

„Keine schlechte Idee! Machen wir uns am besten sofort auf den Weg zum Grafen.“, schlug Jaril vor, während er aufstand und sich erst einmal streckte.

„Etwa zu Fuß?“, rief Oniko erschrocken, während er ebenfalls aufstand. „Sein jetziger Wohnort liegt gut zwei Stunden zu Pferd außerhalb der Stadt! Du weißt doch, er wohnt bei seinem Freund, dem Grafen von Lantika.“

„Ach, ich hätte gedacht das kleine Stückchen Weg macht einem kräftigen Kerl wie dir nichts aus!“, stichelte Jaril, woraufhin Oniko nur scheinbar beleidigt schnaubte. „Keine Panik, ich habe nicht vor so weit zu laufen! Wozu besitzen wir schließlich Pferde?“, beschwichtigte Jaril ihn.

„Natürlich, daran hab ich ja gar nicht gedacht.“, sagte sein Freund und schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. „Aber das liegt wohl daran, daß du viel mehr vom Reiten hältst als ich. Ich habe noch nie von einem Tischler gehört, der so gut mit Pferden umzugehen weiß, wie du. Erst gestern musstest du mir wieder mit diesem Biest von einem Pferd helfen, dass ich beschlagen sollte.“

„Jetzt hör auf mit diesem Gerede und komm! Wir haben heute schließlich noch einiges zu tun.“, meinte Jaril und die beiden gingen sie los, um ihre Pferde zu holen.
 

Schon kurz darauf ritten die beiden mit ihren braunen Pferden aus einem der großen Stadttore, durch das wohl auch der Bote gekommen war, in Richtung der Burg, wo der Graf vorerst wohnte. Unterwegs begegneten ihnen viele andere Männer, auch aus den umliegenden Dörfern, die wohl auch beim Bau der Burg helfen wollten.

„Los, nehmen wir die ruhigere Strecke! Hier wird es mir zu voll.“, meinte Oniko.

Jaril nickte und so lenkten sie ihre Pferde nach links, wo ein kleinerer, ruhiger Weg durch den Wald und vorbei an vielen Feldern zur Burg des Grafen von Lantika führte. Dieser Weg wurde nicht oft benutzt und so mußten die beiden nicht immer durch die Menge der anderen reiten.
 

Gerade hatten sie den Waldrand passiert und ritten im Schatten den Bäume her, als plötzlich ein lauter Schrei ertönte. Im nächsten Moment schoß ein Pferd mit einer jungen Frau auf dem Rücken an ihnen vorbei, gefolgt von einer Gruppe Soldaten. „Lady Lantika, haltet an! Milady!“, riefen sie.

Jaril wendete sein Pferd und ritt den Soldaten nach. Weiter und weiter trieb er sein Pferd an, bis er sie eingeholt hatte und sie verstehen konnten, wie er ihnen zurief: „Was ist geschehen?“

„Wir sollten die junge Lady von Lantika auf einem Ausritt begleiten, doch ihr Pferd ging mit ihr durch. Wir müssen sie einholen, bevor ein Unglück geschieht!“, antwortete einer der Soldaten.

Wieder trieb Jaril sein Pferd zur Eile an; diese junge Dame brauchte Hilfe und das schnell. Er kannte sich gut im Wald aus, da er oft hier war um geeignetes Holz für seine Arbeit zu holen, und so ließ er sein Pferd eine Abkürzung durch das Dickicht nehmen. Als er wieder mit heraus kam, war er fast gleichauf mit dem Schimmel, den die junge Frau ritt. „Los mein Guter, du kannst diesen Schimmel einholen!“, flüsterte er seinem Pferd zu.

Als hätte es ihn verstanden wurde es noch etwas schneller, so dass es schließlich neben dem Schimmel war, an dessen Hals die junge Lady sich ängstlich festklammerte.

„Keine Angst, ich werde versuchen Euer Pferd anzuhalten!“, rief er ihr zu. Sein Pferd begann den Schimmel zu überholen. Als es vor ihm war, ließ er es mitten auf dem Weg halten. Der Schimmel wollte steigen, doch Jaril war schon abgesprungen. Schnell hatte er sich die Zügel des Pferdes geschnappt. „Ruhig! Bleib‘ unten!“, redete er beruhigend auf das Pferd ein. Tatsächlich beruhigte es sich und stand schließlich still da, als sei nichts geschehen.
 

Inzwischen waren auch Oniko und die Soldaten angekommen.

„Alles in Ordnung, Lady Lantika?“, fragten die Soldaten besorgt.

„Ja, dieser junge Mann hat mir geholfen.“, antwortete sie, während sie die Umklammerung um die Mähne des Pferdes löste und sich wieder aufrecht hinsetzte. Sie lächelte Jaril zu. „Vielen Dank!“

„Was macht ihr beiden überhaupt hier im Wald?“, wollte einer der Soldaten wissen.

„Wir sind auf dem Weg zur Burg des Graf von Lantika. Wir wollen Graf Wirold beim Bau der neuen Burg helfen.“, antwortete Jaril.

„Dann kommt doch gleich mit! Der Graf wird sicher wissen wollen, wer seiner Tochter das Leben gerettet hat.“, meinte ein anderer Soldat.

„Das ist keine üble Idee!“, überlegte Oniko. „Wir kommen mit!“

Jaril saß wieder auf und die seltsame Gruppe setzte ihren Weg zur Burg fort.
 

Die Tochter des Grafen saß nun wieder normal auf ihrem Schimmel. Sie ritt gar nicht mal so schlecht, wie Jaril ehrlich bekennen mußte. Ihre langen hellblonden Haare reichten ihr bis zur Hüfte und waren mit roten Bändern zusammen gebunden. Sie trug ein hellblaues Kleid, das ihr bis zu den Füßen reichte.

Sie sieht wirklich hübsch aus., dachte Jaril bei sich. Sofort schüttelte er aber den Kopf. Sie ist eine Grafentochter und ich bin nur ein armer Tischler. Ich sollte gar nicht erst darüber nachdenken. Leider!
 

Schließlich kamen sie auf der Burg an, wo die beiden Grafen schon ungeduldig am Tor standen und ihnen entgegensahen.

„Nokila, wo warst du denn so lange? Was ist passiert?“, fragte Graf Lantika besorgt, während er seiner Tochter vom Pferd half.

„Im Wald ging das Pferd Eurer Tochter durch und ist mit ihr auf dem Rücken weggerannt.“, gestand einer der Soldaten.

„Was? Ist alles mit dir in Ordnung? Hast du dich nicht verletzt?“, fragte der Graf seine Tochter Nokila.

„Nein, nein. Mir geht es gut!“, versicherte sie ihm. „Dieser junge Mann“, sie zeigte auf Jaril. „hat das Pferd beruhigt und mich gerettet.“

„Ich danke dir vielmals. Kommt doch mit hinein und sagt uns, was euch in den Wald trieb!“, forderte Graf Lantika Jaril und Oniko auf.

Sie folgten ihm und dem Grafen Wirold in die Burg.
 

Graf Lantika führte sie in einen großen Raum mit einer langen Tafel. Die Wände hingen voll mit Teppichen, die Bilder und Wappen zeigten. Die Säulen, die in regelmäßigen Abständen an den Wänden waren, waren an beiden Enden kunstvoll verziert und an der Decke prangte ein Gemälde mit Einhörnern, Drachen und anderen Wesen der Wälder.

Die Grafen setzten sich und deuteten den beiden jungen Männern, ebenfalls Platz zu nehmen.

„Wie ist dein Name, junger Mann? Mir scheint, du kommt aus einer edlen Familie.“, sagte Graf Lantika.

„Mein Name ist Jaril, aber ich stamme nicht aus einer reichen oder edlen Familie wie Euer Gnaden denken. Ich bin der Sohn eines einfachen Tischlers. Wir waren auf dem Weg zu Eurer Burg, um Graf Wirold unsere Hilfe beim Bau der Burg anzubieten. Da die große Straße zu Eurer Burg sehr belebt war, nahmen wir die ruhigere Route vorbei an den Feldern und durch den Wald.“, erzählte Jaril.

Die beiden Grafen sahen sich verwundert an. Dieser junge Mann schien nicht zu lügen, das hatten beide an seinem Benehmen erkannt. Sein ganzes Auftreten aber wies in eine andere Richtung.

„Hätten der Graf Wirold nun Arbeit für uns?“, fragte Oniko, dem das Schweigen der beiden hohen Herren zu lang wurde.

Jaril stieß ihn an und zischte ihm leise zu: „So verhält man sich nicht bei Hofe.“, doch die beiden Grafen lachten.

„Zwei starke, mutige Burschen kann ich immer brauchen.“, meinte Graf Wirold schließlich. „Seid dann in drei Tagen bei dem Hügel im Süden der Stadt.“

Die beiden jungen Männer erhoben sich um sich auf den Weg zurück nach der Stadt zu machen.

„Jaril, warte kurz!“, sagte Graf Lantika.

„Was möchten Euer Gnaden mir noch sagen?“, fragte dieser.

„Ich wollte noch darüber mit dir reden, wie ich dir deine gute Tat vergelten kann.“, antwortete der Graf.

„Es war mir schon viel wert mit solch hohen Herren wie Ihnen sprechen zu dürfen. Auch ist es eine Selbstverständlichkeit für mich, anderen die in Not geraten zur Seite zu stehen.“, erklärte Jaril.

„Du hast eine ritterliche Art. Ich möchte dir trotzdem meinen Dank zeigen. Von meinen Soldaten hörte ich, du seist ein ausgezeichneter Reiter und könntest sehr gut mit Pferden umgehen. Deshalb darfst du dir eines von fünf Pferden aus meiner Zucht aussuchen.“, sagte Graf Lantika.

Jaril sah den Älteren überrascht an. Die Zucht des Grafen war über die Grenzen des Landes hinaus berühmt und selbst Herrscher aus entlegenen Gebieten reisten an, um sich seine Pferde anzusehen. „Ich… das kann ich nicht annehmen.“, meinte er verlegen.

Der Graf schüttelte nur den Kopf. „Aber ich bestehe darauf. Du hast meine Tochter, mein einziges Kind, gerettet. Dafür hast du dir ein Belohnung verdient.“

Er führte Jaril in den Hof und ließ von seinen Stallburschen fünf wundervolle, edle Pferde in den Hof bringen. „Nun, such dir eines von ihnen aus!“, forderte er den jungen Mann auf.

Jaril ging vor den Pferden hin und her und besah sich jedes genau. Schließlich wandte er sich wieder dem Grafen zu. „Wenn es Ihnen genehm wäre würde ich dieses Pferd nehmen.“ Er deutete auf einen tiefschwarzen Hengst, auf dessen Stirn ein weißer Fleck in Form eines fünfzackigen Sternes war.

„Du hast eine gute Wahl getroffen. Ich hoffe du wirst mit Lujo Glück haben!“, meinte Graf Lantika.

„Ich bin sicher, dass er das tun wird. Habt nochmals vielen Dank für Eure Großzügigkeit“, sagte Jaril, nahm den Hengst und ging zu Oniko, der schon mit den beiden braunen Pferden wartete.

„Wo hast du denn das Pferd her?“, fragte er bewundernd, als Jaril kam.

„Der Graf hat es mit als Dank geschenkt. Er heißt Lujo.“

Oniko nickte anerkennend. „Auf welchem Pferd willst du denn jetzt nach Hause reiten?“, fragte er schließlich.

„Auf Lujo; ich weiß, dass mein Brauner mir folgt. Ob Lujo das machen würde, da bin ich mir nicht sicher.“, erwiderte Jaril.

So ritten sie dann zurück zur Stadt.
 

Fortsetzung folgt
 

Ich freue mich immer über Lob und Kritik. Bei Morddrohnungen würde ich aber noch um eine Erklärung bitten, warum ich sterben soll und am besten noch wegen welcher Geschichte.

2
 

Wie Graf Wirold gesagt hatte, erschienen die beiden wenige Tage später, wie alle Arbeiter, am Hügel, auf dem später die Burg stehen sollte.

Der Graf hatte einen sehr guten Standort für die neue Burg gewählt. Zuerst hatte man damit gerechnet, dass sie auf dem alten Burgberg errichtet werden sollte, doch dort befanden sich noch immer die Ruine der alten Burg und der Gefängnisturm, weswegen der Graf einen anderen Berg in Sichtweite der Stadt gewählt hatte.
 

Der Bau der Burg ging gut voran. Alles verlief wie es sollte. Graf Wirold zeigte sich als guter, großzügiger Arbeitgeber, so dass die Arbeiter nur zu gern zur Arbeit erschienen.

Eines Abends, kurz bevor die Arbeiter nach Hause gingen, kündigte Graf Wirold an: „Morgen werden Graf Lantika und seine Tochter hierher kommen um sich anzusehen, wie die Arbeiten an der Burg vorankommen. Ich erwarte deshalb, dass alle pünktlich hier sind!“

Ein vielstimmiges „Jawohl!“ ließ sich hören. Der Graf nickte und alle machten sich auf den Heimweg.
 

Am nächsten Morgen brachen Oniko und Jaril bereits kurz nach Sonnenaufgang auf, um ihren Arbeitgeber nicht zu verärgern. Wie immer waren sie mit ihren Pferden unterwegs und Jaril ritt auf Lujo, dem Rappen, welchen er von Graf Lantika bekommen hatte. Wie schon einige Wochen zuvor ritten sie wieder durch den Wald, aber an einer anderen Stelle wie damals, als sie auf Nokila, die Tochter des Grafen getroffen waren.

Sie waren eine Weile schweigend durch den Wald geritten, als Oniko sagte: „Warte mal! Ich glaube Lujo lahmt. Ja, jetzt seh’ ich das deutlich!“

„Was? Warte einen Moment! Ich steig mal ab und schaue nach.“, entgegnete Jaril und sprang vom Pferd. Kaum saß er jedoch nicht mehr im Sattel, da rannte Lujo los.

„Lujo, komm wieder her!“, riefen die Beiden, aber das Pferd hörte nicht, sondern rannte schnurstracks ins Gebüsch.

„Bleib du hier! Ich werde sehen, ob ich ihn nicht wieder einfangen kann.“, meinte Jaril und lief dort ins Unterholz, wo auch sein Pferd verschwunden war.
 

„Lujo, komm her! Wo bist du?“, rief er, während er sich nach dem Rappen umsah.

Schließlich sah er ihn auf einer kleinen Lichtung stehen. Das Gestrüpp um die Lichtung war sehr hoch und Jaril hatte sein Pferd nur durch die Geräusche bemerkt. Mühsam arbeitete er sich durch das Gebüsch. „Ich frag mich ja, wie du hier durchgekommen bist, mein Lieber!“ Er ging zu ihm, strich ihm über das glänzende Fell und meinte: „Mehr würde mich aber interessieren, wie ich dich wieder hier weg bekomme.“

Als er noch überlegte, gab Lujo ihm plötzlich einen Stoß, so dass Jaril auf dem Boden landete.

Empört sah er auf. „Hey, was sollte denn...“ Da stockte er. Neben ihm war eine Falltür im Boden, allerdings kaum zu sehen. Soll ich da hinuntersteigen?, fragte er sich. Er wusste zwar, dass er zu seinem Freund zurückgehen sollte, aber diese Falltür zog ihn geradezu magisch an. „Es dauert ja nicht lange.“, sagte er zu sich selbst und öffnete die Klappe. Vor sich sah er steinerne Treppenstufen, die in die Tiefe führten. Langsam tastete er sich hinunter.

Am unteren Ende der Treppe war ein großer Raum. Er war offensichtlich von Menschenhand erbaut. Die Wände hatten Ähnlichkeit mit denen, die Jaril auf der Burg des Grafen Lantika gesehen hatte, nur ohne die Wandteppiche und das Deckengemälde. Sie waren ebenfalls aus großen Steinquadern und wundervoll verzierte Säulen stützten die Erde über der Halle.

Als seine Augen sich an die neuen Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, konnte er auch Genaueres erkennen. Hatte er vor einer Minute noch gedacht, die Wände seien schmucklos, so sah er nun an einer der Wände ein riesiges Wappen. Es zeigte einen Greif der auf den Hinterpfoten seines Löwenkörpers stand, die Vorderpfoten erhoben und die Adlerschwingen gespreizt. Auf dem erhobenen Adlerkopf war eine Krone, die vergoldet schien.

„Ein Wappen mit einem Greif. Die Grafen von Jalor führten einen Greif im Wappen!“, entfuhr Jaril überrascht. „Aber seit Jahren hat man es nirgends mehr gesehen!“

Die Grafenfamilie war getötet und ihre Wappen vernichtet worden, zu der Zeit als er geboren wurde. Nur aus Erzählungen seines Vaters über die Wappen der wichtigsten Familien der Umgebung wusste er vom Wappen des Grafen. Trotzdem gab es für Jaril keinen Zweifel, dass dies das Wappen war. Im nächsten Moment verspürte er schreckliche Kopfschmerzen. Erschöpft stützte er sich an die Wand.

Doch plötzlich öffnete sich ein Gang unterhalb des Wappens. Aus diesem Gang strahlte ihm ein weißes, helles Licht entgegen. Das Licht kam von einem Speer, dessen Spitze silbern glänzte schien und dessen Griff war nicht aus einfachem Holz war, sondern silberigweiß schimmerte und mit seltsamen Zeichen verziert war.

Mit aufgerissenen Augen starrte Jaril das wertvolle Kampfwerkzeug an, bis er mit einem Mal etwas an seiner rechten Hand spürte. Es war, als würde ihm die Haut angeritzt, aber er spürte keinen Schmerz. Vielmehr tat es ihm gut und er fühlte sich stärker denn je.

Da wurde das Licht heller und heller, bis er nichts mehr sehen konnte. Als das Licht wieder verschwand, war er mit Lujo ganz in der Nähe von dem Weg, auf dem Oniko wartete. War das alles nur ein Traum?, fragte Jaril sich selbst. Sein Blick fiel auf sein rechtes Handgelenk, an dem eine Narbe zu sehen war, die zuvor noch nicht da gewesen war. Dann habe ich mir das also nicht eingebildet., dachte er.

„Jaril, wo bleibst du denn? Wir müssen uns beeilen!“, rief Oniko in den Wald.

„Ich komme!“, antwortete dieser, stieg auf sein Pferd und ritt auf den Weg. Gemeinsam setzten die zwei Freunde ihren Weg zum Hügel fort.
 

Inzwischen hatten die anderen Arbeiter die Arbeit erneut begonnen, während Graf Wirold Graf Lantika und dessen Tochter Nokila herumführte und ihnen Pläne für seine Burg zeigte.

„Dieses Schloss wird sicher einmal weithin berühmt sein.“, meinte Graf Lantika, der interessiert die Baupläne betrachtete.

„Ich wäre erfreut, wenn Ihr Recht behalten würdet, teurer Freund.“, entgegnete Graf Wirold.

Weiter schritten die drei auf dem Platz, wo schon ein sehr großer Teil der Burg stand, als Graf Wirold über einen Stein stolperte, der zum Bau der Mauer gedacht war.

Sofort eilte einer der Arbeiter herbei. „Es tut uns schrecklich Leid, Euer Gnaden! Dieser Stein ist uns den Hügel hinab gefallen. Wir wollten ihn soeben holen!“

Graf Wirold lächelte und meinte: „Nicht so schlimm!“ Er hob den Stein auf und wollte ihn gerade zurück zu dem Arbeiter geben, als der Stein schwarz zu glühen begann. Erschreckt ließ er den Stein wieder fallen. Der noch immer leuchtende Stein nahm, nachdem er die Erde berührt hatte, plötzlich die Form eines Totenschädels mit zwei Hörnern an. Die Hörner waren länger als der Totenschädel selbst und ihre Spitzen waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Das schwarze Leuchten wurde immer stärker und ging sogar auf Graf Wirold über.

Die Arbeiter flohen so schnell sie konnten. Ihnen war das alles nicht geheuer. Nur die Soldaten, die zu Graf Wirold gehörten blieben.

Da hörten sie einen lauten Knall. Als sich einer der Arbeiter umdrehte, sah er eine Staubwolke über dem Hügel, wie nach einer großen Explosion.
 

Jaril und Oniko waren schon ganz in der Nähe, als sich ihre Pferde weigerten, weiter zu gehen.

„Was soll das denn jetzt wieder, Lujo?“, fragte Jaril seinen Hengst.

Zu seiner Überraschung hörte er tatsächlich eine Stimme antworten: „Wenn ihr zu dem Hügel geht, geratet ihr in große Gefahr.“

„Oniko, hast du das gerade gehört?“, fragte er seinen Freund überrascht.

„Was soll ich denn gehört haben?“, wollte dieser wissen.

„Durch den Speer, den du gesehen hast, hast du jetzt die Möglichkeit mit uns Tieren zu reden.“, erklärte diese Stimme.

„Bist du das, Lujo?“, erkundigte sich Jaril leise.

„Richtig. Wie du mit deinem Freund zu diesem Hügel reitest, kann euch vieles passieren, wenn ihr nicht vorsichtig seid. Wir beide werden euch aber so oder so begleiten.“, sagte Lujo.

„Wir werden dorthin gehen. Keine Sorgen, wir sind vorsichtig!“, meinte Jaril.

So ritten die beiden weiter.
 

Als die beiden fast am Hügel angekommen waren, wurden sie plötzlich von mehreren Soldaten von Graf Wirold eingekreist.

„Was soll das bedeuten?“, fragte Oniko.

„Ihr seid verhaftet. Ihr habt zusammen mit den anderen Arbeitern einen Anschlag auf die Grafen und Lady Lantika verübt. Ihr werdet bis zu eurer Verhandlung in den Gefängnisturm gebracht.“, sagte einer der Soldaten.

„Aber wir haben nicht getan.“, versicherte Jaril.

„Das wird sich bei der Verhandlung herausstellen. Los, nehmt sie fest!“, sagte einer der Soldaten, der offensichtlich höher gestellt war, als die anderen. Man sah den Soldaten an, dass sie es nicht gern taten, aber sie mußten den Befehl befolgen.

3
 

Seit Tagen saßen Jaril, Oniko und die anderen Arbeiter schon im Gefängnisturm. Selbst Jarils alter Vater war eingesperrt worden, da er als Mitwisser galt. Jeder von ihnen war in einer einzelnen Zelle, weit weg von den anderen. Ausbrechen war unmöglich. Einige hatten es schon versucht und waren gescheitert. Die Gitter an Fenster und Tür waren zu dick und fest. Seit diesen Ausbruchsversuchen hatten allerdings auch alle Gefangenen Ketten an Händen und Füßen.
 

Seit ihrer Verhaftung dachte Jaril darüber nach, was passiert war, aber er konnte es nicht verstehen. Von seinem Zellennachbar hatte er erfahren, was auf dem Hügel geschehen war, doch auch das brachte ihn nicht weiter.

Was ist nur mit den Grafen passiert? Graf Wirold weiß doch, dass wir so etwas nicht tun würden, genau wie Graf Lantika. Und was ist mit Nokila?, überlegte er.

Da erschien ein erschöpfter Vogel an seinem Fenster. „Bist du Jaril, der mit den Tieren sprechen kann?“, fragte er.

„Der bin ich. Was willst du von mir?“, antwortete Jaril.

„Es geht um den Grund, warum ihr hier eingesperrt seid! Der Hügel, den Graf Wirold für seine Burg ausgesucht hatte wird von Nimuvro, einem bösen Geist, beherrscht. Er ist in einen der Steine geschlüpft und hat die Gewalt über den Grafen Wirold an sich gerissen. Der Geist war es also, der euch ins Gefängnis werfen ließ.“, erzählte der Vogel.

„Aber warum gerade an dem Tag und nicht schon früher?“

„Wegen dir!“

„Was hat das Ganze mit mir zu tun?“

„Du bist der einzige, den Nimuvro fürchtet, denn du kannst ihn nur besiegen. Solange du in der Nähe warst, konnte er seine Kraft nicht freisetzen.“

„Ich verstehe nicht ganz. Warum ausgerechnet ich?“

„Das wirst du noch herausfinden. Jetzt ist es wichtiger von hier wegzukommen. Du mußt Wirold, Lantika und Nokila befreien und Nimuvro besiegen!“

„Wie soll ich das machen? Ich komme ja nicht einmal aus diesem Turm.“

„Aus diesem Turm haben wir dich bald draußen. Wie du den bösen Geist besiegst wirst du merken, wenn es soweit ist!“

„Hat Lujo dafür gesorgt, dass ich nicht da bin?“

„Nein, er hat dafür gesorgt, dass du uns verstehen kannst. Das wird dir helfen!“
 

Auf einmal war ein leises Rascheln zu hören.

„Hier ist er! In dieser Zelle!“, rief der Vogel.

Jaril schaute sich verwundert um. Er konnte niemanden entdecken, an den der Vogel seinen Ruf gerichtet haben könnte

„Wir sind hier, Jaril!“, hörte er ein leises Stimmchen. Vor seinen Füßen saßen einige Mäuse und blickten zu ihm hinauf. „Wir bringen hier die Schlüssel. Mit ihm könnt ihr die Fesseln lösen und alle Türen des Turms öffnen.“, erklärte eine der Mäuse.

Er hob den Schlüsselbund auf und sagte: „Habt vielen Dank! Ich verspreche, ich werde diesen Geist besiegen!“
 

Ja, ich werde alles tun um ihm zu besiegen, aber allein ist das zu schwer für mich. Wie soll ein Tischler allein gegen einen Geist bestehen? Ich brauche Hilfe – Hilfe wie Oniko! Aber dafür muss ich erst einmal aus dieser Zelle raus und ihn finden., dachte Jaril, während er mit Hilfe des Schlüsselbunds die Ketten und die Zellentür. Leise schlich er durch den Turm, auf der Suche nach seinem Vater und Oniko.
 

Schließlich erreichte Jaril einen größeren Raum, von dem aus mehrere Gänge in verschiedene Richtungen abzweigten. In jedem Stockwerk gab es einen solchen Raum, von wo aus die Gänge zu allen Zellen des Stockwerks führten. Der Raum, den Jaril nun betreten hatte, schien im untersten Stockwerk zu sein.

Als Jaril noch überlegte, welchen Gang er nun nehmen sollte, hörte er ein Geräusch aus einem der Gänge. Schnell versteckte er sich neben dem Gang, von wo das Geräusch kam, bereit sich entweder auf den Gegner zu stürzen oder, wenn das sicherer war, schnell zu verschwinden. Während er noch abwog, was zu tun war, kam das Geräusch näher. Unruhig fuhr Jaril abwechselnd über das linke und dann über das rechte Handgelenk. Als er über das rechte Handgelenk fuhr, berührte er die Narbe. Augenblicklich breitete sich eine Ruhe in ihm aus und ohne das kleinste Fünkchen Nervosität erwartete er die Person, die sich im Gang bewegte. Ich weiß nicht warum, aber ich mache mir keine Sorgen mehr darüber, wer das ist. Wie kommt das nur?, wunderte er sich.

Da trat die Person aus dem Gang.

Gerade wollte Jaril losstürzen, als er erkannte, daß es Oniko war. „Oniko, wie kommst du hier her?“, fragte er.

Überrascht fuhr der Angesprochene herum und schlug mit der Faust in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Jaril schaffte es gerade noch auszuweichen.

„Jaril, du bist es. Entschuldige! Ich wußte nicht, daß du es bist.“, entschuldigte sich Oniko.

„Schon gut! Aber sag, weißt du wo mein Vater ist?“, wollte Jaril wissen, erntete aber nur verneinendes Kopfschütteln von Oniko.

„Dann werden wir ihn suchen!“, bestimmte der Dunkelhaarige.

Gemeinsam gingen sie von Zelle zu Zelle und suchten Jaril’s Vater.
 

Einige Zeit später fanden sie ihn endlich. Er saß in einer dunklen Zelle auf dem Boden und starrte vor sich hin.

„Vater!“, rief Jaril leise.

Erschrocken hob der alte Mann den Kopf und sah seinen Sohn an. „Jaril! Oniko! Wie kommt ihr hierher?“, fragte er.

„Gleich. Jetzt müssen wir dich erst einmal befreien.“, sagte Jaril und öffnete, unter den erstaunten Blicken der beiden anderen, mit dem Schlüssel die Zelle und die Ketten. Mit Hilfe der beiden Jüngeren stand der alte Mann auf und die drei gingen wieder in den Raum, in dem Jaril auf Oniko getroffen war.

„Also, was ist hier los?“, wollte Oniko nun wissen.

Mit knappen Worten erzählte Jaril, was er von den Tieren erfahren hatte. Mit offenem Mund hörten die beiden anderen zu. Als er geendet hatte, legte Oniko ihm eine Hand auf die Stirn. „Nein, Fieber scheinst du nicht zu haben. Vielleicht war es auch einfach nur die Zeit in der Zelle, die dich auf solch verrückte Ideen brachte.“, meinte er dann.

Wütend schüttelte Jaril die Hand ab. „Ich habe mir das nicht ausgedacht! Wie erklärst du dir sonst den Schlüssel und die Narbe?“, fragte er und zeigte seinem Freund das rechte Handgelenk mit der feinen Narbe.

„Ich denke, Jaril sagt die Wahrheit! Es gibt viel Verborgenes, das noch nicht entdeckt wurde.“, sagte der alte Tischler.

Verwundert über diese Worte sahen die beiden anderen ihn an, doch er sagte nichts weiter.

Oniko seufzte. „Na gut, ich glaube dir! Aber was willst du jetzt tun?“

„Ich werde Nimuvro besiegen!“, antwortete Jaril ernst.

„Und ich werde dir helfen.“, sagte sein Freund.

„Nur zu gern würde ich euch ebenfalls helfen, doch mein Alter erlaubt es mir leider nicht.“, seufzte Jarils Vater.

„Das macht nichts. Wir werden das schon schaffen!“, meinte Jaril.

„Aber wie sollen wir aus diesem Turm kommen?“, wollte Oniko wissen.

„Es heißt, der Turm soll einen geheimen Gang nach draußen besitzen. Die Familie des Grafen Jalor, zu deren Burg dieser Turm gehörte, haben angeblich einen Gang gebaut, welcher der Familie bei einem Angriff als Rettung dienen sollte.“, erzählte Jarils Vater.

„Schön und gut, aber wo soll dieser Gang sein?“, fragte Oniko.

Grübelnd schritt Jaril an der Wand entlang. Da bemerkte er einen kleineren Stein, der ihm aus irgendeinem Grund seltsam vorkam. Vorsichtig drückte er dagegen. Kaum war das geschehen, als sich eine Wand öffnete und ein Gang zum Vorschein kam.

„Keine weiteren Fragen.“, murmelte Oniko und die drei betraten den Gang, der sich kurz hinter ihnen wieder schloss.
 

Vorsichtig liefen sie die Treppe hinunter, die kurz nach dem Beginn des Ganges nach unten führte. Am unteren Ende gab es wieder einen endlos erscheinenden Gang, den sie nun entlang schritten, ohne zu wissen wohin sie liefen.

Nachdem sie, wie es ihnen schien, über eine Stunde gegangen waren, erreichten sie einen großen Raum und blickten sich neugierig um. Während Oniko und Jarils Vater den kunstvollen Aufbau des Raumes bestaunten, zog etwas anderes Jarils Aufmerksamkeit auf sich. Es war das Wappen des Grafen Jalor, das er schon einmal gesehen hatte. Dieser Raum ist der, den ich im Wald fand., erkannte er. Aber wenn das der Raum ist, müsste hier doch irgendwo die Treppe sein. Jaril blickte sich suchend um, konnte allerdings die Treppe nicht ausmachen. Es ist einfach zu dunkel in den Ecken. Vielleicht finde ich sie eher, wenn ich die Wand abgehe., überlegte er und schritt auf die eine Wand zu. Immer mit den Händen voran tastete er sich immer weiter, während seine Begleiter ihn verwirrt beobachteten.

Jaril hatte gerade die eine Seite des Raumes abgetastet, als er zu dem Wappen kam. Aus einem ihm unbekannten Grund mußte er leicht lächeln, als er eine Hand auf das Wappen legte. Behutsam fuhr er über die Gestalt des Greif, als seine Narbe zu kribbeln begann und sich unter seinen überraschten Blicken leicht rötlich färbte, obwohl sie vorher weiß gewesen war.

Im nächsten Moment wurde es auch heller im Raum und als die drei sich umsahen, tauchten an den Wänden Fackeln auf, die ein beruhigendes Licht ausstrahlten. Dann sammelte sich Licht in der Mitte des Saales. Leicht ängstlich traten die drei an eine Wand. Das Licht jedoch begann zu wachsen und sich zu verformen. Flügel wurden sichtbar, so groß wie ein Baum, dann große, kräftige Pfoten, wie die eines Löwen und schließlich ein Kopf wie der eines Adlers mit einer Krone; es war ein gewaltiger Greif.

Neugierig sah er sich um und sein Blick blieb an den drei Menschen hängen. Seine braunen Augen strahlten Wärme und Freude aus, als er die drei betrachtete. Der Greif öffnete den Schnabel und gab für Oniko und Jarils Vater seltsam klingende Laute von sich. Doch Jaril verstand. „Habt keine Angst! Ich bin Gerul, der Beschützer und das Wappentier der Familie Jalor. Ich werde euch nichts tun!“, sagte der Greif.

Jaril gab alles an seine Begleiter weiter. „Kannst du auch so sprechen, dass meine Freunde es verstehen?“, fragte Jaril den Greif.

„Ja, das ist möglich.“, antwortete der Greif und wandte sich dann an die beiden verwunderten Männer. „Ihr seid die Opfer des Nimuvro, wie ihr sicher schon erfahren habt. Er ist sehr gefährlich.“

„Wie kann ich ihn besiegen?“, wollte Jaril wissen.

„Du bist sehr mutig, junger Herr! Doch im Moment ist es selbst dir noch nicht möglich, Nimuvro zu besiegen. Auch wenn du den silbernen Speer besitzt, seine Macht ist dir noch nicht zugänglich. Im Moment ist es hier zu gefährlich für dich. Nimuvro hat die Soldaten des Grafen Wirold unter seinem Kommando und auch sonst spionieren viele für ihn. Sobald er merkt, dass ihr aus dem Turm entkommen seid, wird er euch suchen und vernichten wollen. Wenn du es erlaubst, werde ich euch in Sicherheit bringen. Außerhalb dieser Gegend, hinter den Bergen, könntet ihr bleiben, bis du die Macht über den Speer hast.“, sagte Gerul.

„Erzähl mir mehr!“, forderte Jaril ihn auf.

„Dein Weg wird, egal wo lang er führt, voller Gefahren und Aufgaben sein. Wenn du dich ihnen stellst, wird deine Kraft steigen und der Speer wird erscheinen um dir zu helfen. Zwar wirst du den Gefahren sowohl hier als auch hinter den Bergen begegnen, aber bedenke: Die Macht des Nimuvro reicht nicht überall hin. Außerhalb der Gegend ist sie weniger stark. Deshalb bitte ich dich: Laß mich dich in die Gegend hinter dem Gebirge bringen!“, bat der Greif.

Jaril nickte und meinte: „Ich werde deinen Rat befolgen!“

„Und ich werde dich begleiten! Egal welche Gefahren auf uns lauern, ich laß dich nicht im Stich!“, sagte Oniko.

„Wie gern würde ich euch auch helfen!“, seufzte Jarils Vater.

„Nein! Das ist zu gefährlich für dich.“, widersprach Jaril sofort.

„Er hat Recht! Ich werde dich an ebenfalls an einen Ort bringen, wo du vor den Mächten Nimuvros sicher bist.“, sagte Gerul.

„Danke!“, bedankte sich Jaril.

„Als erstes bringe ich dich und deinen Freund zu den Wäldern jenseits der Berge, dann kümmere ich mich um alles weitere.“, erklärte der Greif. Als die drei ihre Zustimmung zeigte, forderte der Greif Jaril und Oniko auf: „Dann steigt auf!“, und setzte sich so, daß die beiden auf seinen Rücken klettern konnten.

Vertrauensvoll ging Jaril auf ihn zu und setzte sich auf seinen Rücken, zwischen die gewaltigen Schwingen, während Oniko Jarils Beispiel eher zögerlich folgte.

Als beide saßen, begann der Greif wieder zu leuchten und die beiden Freunde mußten die Augen schließen. Nach wenigen Sekunden wurde das Licht schwächer und sie öffneten die Augen wieder. Sie waren auf einer Lichtung in einem dichten Wald.

Vorsichtig stiegen beide wieder ab.

„Wo sind wir hier?“, fragte Oniko.

„Wie ich schon sagte, in den Wäldern jenseits der Berge. Diesen Wald nennt man auch Wald der Wunder. Ihr Menschen gabt diesem Wald einst den Namen, aber keiner weiß mehr wieso.“, antwortete Gerul.

Die beiden anderen nickten.

„Passt gut auf euch auf! Junger Herr, vor allem mußt du auf dich acht geben. Versprich es mir!“, bat der Greif.

„Keine Angst, ich werde auf mich aufpassen!“, versprach Jaril.

Zärtlich rieb der gewaltige Greif noch einmal seinen Kopf an der Schulter des jungen Mannes. Dann trat er zurück und verschwand wieder in hellem Licht.

„Und was machen wir jetzt?“, wollte Oniko wissen.

„Du kannst heute auch nichts anderes als Fragen stellen, was?“, lachte Jaril. Dann wurde er wieder ernst und sagte: „Wir werden uns als erstes ein wenig umsehen und einen geeigneten Platz für ein Lager suchen. Eines, wo wir so sicher wie möglich sind.“

„Gut, dann machen wir uns am besten gleich auf den Weg.“, meinte Oniko und so zogen die beiden Freunde los ins Ungewisse.
 

Ich hoffe der Teil hat euch gefallen! Über Kritik, egal ob positiv oder negativ, freue ich mich.

Schreibt an Heckelmann-Heringen@t-online.de



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  Nocturnal
2003-12-27T14:36:14+00:00 27.12.2003 15:36
Mir gefällt deine Story sehr gut, und auch dein Stil... ich lese nun noch die andere Kapitel... ich hoffe, dass du auch die weiteren hoch lädst...


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