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Ke+chup

Zeichen des Mondes
von

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Verschwinden

Verschwinden
 

Am nächsten Tag traf sich Mi mit Mitama und Tsukai in deren Wohnung, sodass sie einige Dinge besprechen konnten. Beim ersten unfreiwilligen Besuch in der Wohnung war Mi nicht die Gemütlichkeit und Geborgenheit aufgefallen. Sowohl die Wände als auch die Einrichtung des Wohnbereiches waren in warmen Ocker- und Rottönen gehalten. Das Wohnzimmer mit der offenen Küche hatte eine offene Fensterfront, durch die sehr viel Licht eintraf. Der Wohnbereich hatte eine sehr hohe Decke, da eine Wendeltreppe maisonetteartig nach oben in die Galerie führte, wo wohl die beiden Schlafzimmer waren. Es war eine sehr geräumige und große Wohnung und Mi wunderte sich, wie sich die beiden das leisten konnte, da sie die ganze Zeit davon ausgegangen war, die beiden seien Schülerinnen.

Mitama bot ihr zuvorkommend eine heiße Schokolade an und servierte diese in einer jugendstielartig verzierten Tasse. „Du hast sicher einige Fragen an uns“, sagte Mitama um die anfängliche Stille zu durchbrechen.

„Wie könnt ihr beiden euch so eine Wohnung erlauben?“

Tsukai musste darauf herzhaft auflachen: „Sagen wir es mal so, Mitama hat sehr reiche Eltern“, Tsukai erkannte den verlegenen Blick und das deutliche Erröten des Gesichtes ihrer Mitbewohnerin, sodass sie nicht mehr ausführen wollte.

„Und wo sind deine Eltern, wenn du nicht bei ihnen wohnst?“

„In England.“

Mi merkte sehr schnell, dass Mitama nicht darüber reden wollte, im Nachhinein war es ihr sogar peinlich, dass sie so neugierig gefragt hatte.

„Ich würde sagen, Tsukai legt einfach los“ Mitama ließ sich in die tiefe Couch sacken und zeigte eine aufmerksame Haltung.

„Also, was ich gestern zum Glück herausgefunden habe, ist, dass Vampire Tomaten nicht mögen beziehungsweise du dich darauf zurückverwandeln kannst. Das ist auf den in Tomaten enthaltenen Stoff Lycopin zurückzuführen. Dazu musst du eigentlich wissen, dass Vampire selbst nicht Blut bilden können, da das Gift, das durch ihre Adern fließt alle Blutzellen zerstört, sodass sie darauf angewiesen sind, Menschen und anderen Säugetiere Blut zu entziehen. Lycopin kann ihr Gift hemmen, jedoch brauchen sie auch dieses um zu leben“, Tsukai hoffte, sie würde nichts während ihrer Ausführungen vergessen.

„Aber warum sind Vampire dann unsterblich, wenn sie unbedingt Blut benötigen?“, unterbrach Mitama ihre Freundin.

„Sie sterben zwar nicht, wenn ihre Blutzellen verbraucht sind, aber sie altern und werden schwächer“, Tsukai hatte zügig die Antwort parat.

„Bei Halbvampiren, wie du nun einer bist, ist dies nicht so. Es ist zwar ein schleichender Prozess, wie dein Blut sich auflöst, allerdings ist es für dich immer tödlich. Daher solltest du darauf achten, nicht zu lange als Halbvampirin durch die Weltgeschichte zu wandeln. Das Gift, das durch die Verwandlung in deinem Körper frei wird, greift dein Blut an, jedoch kann Lycopin diesen Prozess umkehren, wenn es rechtzeitig geschieht.“

„Wieso soll ich dann Ketchup zu mir nehmen?“, fragte Mi, die etwas über die aufgetischte Geschichte verwundert war.

„Da in Ketchup Lycopin in sehr konzentrierter Form vorhanden ist.“

„Wenn Vampire dadurch so verwundbar seien, wie du sagst, warum verwendet ihr nicht Ketchup als Waffe gegen die Vampire?“, immer noch erstaunt über das Gehörte, stellte Mi dies in den Raum.

„Eine gute Frage… Tsukai und ich sollten dies überdenken um sie zu bekämpfen“, Mitama mischte sich nun ein und warf Tsukai einen leicht gereizten Blick zu.

„In meinen Büchern stand bisher noch nichts darüber, dass es eine wirksame Methode gegenüber den Blutsaugern sei. Ich nehme an, dass sie vielleicht auch resistent dagegen werden können oder es nur eine kurze Wirkung hat…“, Tsukai versuchte, keinen Blickkontakt zu Mitama aufzunehmen, da sie ihr sicherlich vorwerfen würde, dass sie nicht schon früher den Mechanismus mit dem Tomatenstoff erkannt hatte. Zu ihrer Erleichterung durchbracht Mi die Stille: „Und stimmt es eigentlich, dass Zwiebeln und Knoblauch Vampire fernhalten?“

„Hm… ich verfüge nicht so ein gutes Wissen, wie Tsukai darüber, allerdings weiß ich, dass manche Vampire einen ziemlich guten Geruchsinn haben und daher vielleicht ein wenig abgeschreckt sind, wenn Menschen diese vorher verzehrt haben. Ich glaube nicht, dass es ein Hindernis für richtig blutdurstige Vampiren sein würde“

„Sind nun alle deine Fragen beantwortet, Mi?“, fragte Tsukai leicht genervt.

Mi stand schon auf um zu gehen, da sie ein wenig das Gefühl hatte, dass sowohl Tsukai und Mitama ihr nicht all ihr Wissen offenbaren wollten. Die beiden jungen Frauen machten einen unnahbaren Eindruck auf sie, von dem sie einerseits abgestoßen wurde und andererseits sich auch hingezogen fühlte. Kurz vor der Tür drehte sie sich um und fasste all ihren Mut zusammen: „Was passiert jetzt? Was werden die Vampire tun? Was ist euer Plan?“ Sie ging erneut in den Wohnbereich.

Auch wenn sie einen zornigen Blick Tsukais und eine stürmische Ansprache ihrer Mitbewohnerin im Nachhinein befürchten musste, ergriff Mitama das Wort: „Wir wissen es selbst nicht so genau, was Fumeiro und seine Verbündeten verfolgen. Fest steht nur, dass du dich nicht einmischen solltest und aus der Schussbahn bleibst. Ich kann es jetzt schon kaum verantworten, dass er es geschafft hat einen unschuldigen Menschen zu involvieren. Daher möchte ich nicht, dass dir noch mehr zustößt. Sei auf jeden Fall versichert, dass wir alles Erdenkliche in unserer Macht stehende tun werden um die Vampire aus dieser Stadt zu vertreiben.“ Während Mitama gesprochen hatte, kullerte ihr eine dicke Träne die Wange hinunter. Mi spürte, wie emotional sie aufgewühlt war.

„Kann ich euch vielleicht dabei helfen?“, bot Mi an und wurde harsch von der Hexe angefahren: „Ja, indem du nun gehst. Je weniger du weißt, desto besser ist es für dich. Wir kommen schon klar.“

Nach zwei Sekunden der betretenen Stille gewann Mi ihre Sprache wieder, da sie etwas von der Aggressivität Tsukais überrascht wurde: „Nun… gestern hatte es nicht wirklich den Anschein gemacht, als seid ihr dieser Situation gewachsen. Und ich habe an mir selbst festgestellt, dass ich durch die Verwandlung irgendwie stärker und schneller geworden bin.“

Bevor Mitama auch nur eine Silbe sagen konnte, setzte Tsukai wieder an, da sie wusste, dass ihre Freundin wahrscheinlich zu viel verraten würde.

„Nein, Danke! Mitama wird nicht mit voller Kraft kämpfen können, wenn sie weiß, dass du in Gefahr bist. Punkt. AUS!“, allmählich mäßigte Tsukai ihren Ton.

„Ok, wenn das eure Meinung ist. Ich glaube nur die ganze Zeit, dass ihr mir viele Dinge verschweigt. Es ist nur so, dass ich euch sehr vertraue und gehofft hatte, ihr würdet dies auch bei mir.“

Mi nahm ihre Sachen und ging schweigend aus der Wohnung. Sie fühlte sich ausgegrenzt und enttäuscht, da sie eigentlich dachte, sich bei den beiden Frauen aussprechen zu können, da sie ansonsten niemanden darüber erzählen durfte. In diesem Moment stieg eine kühle Einsamkeit in ihr auf. Doch es half nichts, sich diesen Gefühlsduseleien hinzugeben, die eh nur kräftezehrend sein würden. Sie musste einfach hoffen, dass es für sie eine Rettung gab.
 

„Bist du bescheuert, sie einfach so anzuschnauzen?“, warf Mitama der rotharrigen Hexe entgegen.

„Wenn sie wieder kommt, wissen wir, dass sie es ernst meint. Merkst du nicht, dass sie durch diese ganze Vampirkiste total aufgewühlt ist und dies wahrscheinlich nur aus Verzweiflung gesagt hat?“

„Das ist die eine Sache, jedoch hat sie ein Recht, dass man sie in Kenntnis setzt!“

„Du glaubst doch nicht ernsthaft, nachdem du ihr deine ganze Lebensgeschichte und den Vampirjägerkram offenbart hättest, dass sie stillschweigend zu Hause im Bett bleiben würde. Sie hat natürlich festgestellt, dass sie sich verändert, wenn sie sich verwandelt und das ist gefährlich, da sie dazu neigen könnte, Selbstjustiz zu üben.“

„Sie ist immerhin schon 15 und durchaus fähig, rationale Entscheidungen zu fällen.“

„Na ja, du mit deiner über 100 Jahre alten Seele kannst das immer noch nicht!“

Tsukai musste feststellen, dass dies wohl ein bisschen zu hart war und Mitama sichtlich getroffen war und schob ein „‘tschuldigung“ hinterher.

„Es ist unfassbar, dass wir uns wegen solchen Sachen streiten, dabei haben wir wirklich andere Dinge zu erledigen“, sagte Mitama.

„Oh Gott, das war wohl echt heftig, was ich gesagt habe, wenn du mir ausweichst…“

„Nein, es ist so gemeint, wie ich es sagte, ich bin dir überhaupt nicht böse. Mich verletzt in letzter Zeit so viel, da ich zum ersten Mal in meinem Leben als Vampirjägerin das Gefühl habe, keine Kontrolle zu haben.“

„Du machst dir nach wie vor Vorwürfe wegen Mi. Aber du kannst nichts dafür, wenn dieser blöde Vampir so doof ist und Mi anstelle dir angreift. Ich denke nur, dass wir an einen Punkt angekommen sind, an dem wir Hilfe brauchen. Ich weiß, dass du eine sehr stolze - und auch starke- Vampirjägerin bist, doch allmählich solltest du zugeben, dass die ganze Nummer zu groß für dich ist.“

„Und was schlägst du vor?“

„Puuuhh, über diesen Teil habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.“

„Gibt es bei euch Hexen und Magiern vielleicht einige, die die Vampire überdrüss…“, bevor Mitama den Satz vollenden konnte, bracht Tsukai in Gelächter aus.

„Zauberer haben eine Abmachung mit den Vampiren, dass sie sich gegenseitig nicht angreifen. Das sollte eigentlich auch nicht gebrochen werden, da wir sonst selbst zu ihren Zielen werden. Zumal wir nicht wirklich gut im Nahkampf sind.“

„Aber du hilfst mir doch auch, dann muss es noch mehr geben!“

„Nein, ich bin die Ausnahme, allerdings ist das, wie du weißt, persönlich bedingt.“

„Wäre auch zu schön gewesen…“, die braunhaarige Frau sank langsam in das Sofa.

„Willst du wirklich nach dem gestrigen Abend heute wieder da raus?“, sorgevoll fragte Tsukai.

„Habe ich eine andere Wahl?“

„Ich weiß nicht, ob es vielleicht ein wenig leichtsinnig von dir wäre. Da waren schon einige unterwegs.“

„Ich passe auf. Ich habe sonst auch keine Hexe und Halbvampirin im Gepäcke. Du solltest auch mal eine Nachtschicht einlegen um herauszufinden, wie wir sie stoppen können.“ Nach diesen Worten ging Mitama die Wendeltreppe hinauf in ihr Zimmer.

Sie ließ sich mit dem Rücken auf ihr weiches Bett fallen. Auf ihrem Nachtisch erblickte sie die Bilder ihrer Eltern und ihrer Schwester. Jedoch konnte sie diese nicht lange fokussieren, da ihre Lider schwer waren. Nach den vergangenen Tagen und Nächten war sie sehr erschöpft, sodass es ihr leicht fiel, einzuschlafen.
 

Als sie aus ihrem Tiefschlaf erwachte, war bereits die Dunkelheit eingetroffen. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es 22 Uhr war, die perfekte Uhrzeit um schnell etwas zu essen und dann auf Vampirjagd zu gehen.

Die Wohnung war auch unbeleuchtet, einzig in Tsukais Zimmer brannte ein Licht. Sie schien fest zu arbeiten. Mitama klopfte an und trat in das Zimmer ein.

Tsukai saß an ihrem Schreibtisch, dessen Arbeitsfläche eigentlich komplett unter den wuchtigen alten Wälzern der Hexenmagie begraben war.

„Na, Dornröschen, haben wir gut geschlafen?“, sie hatte wieder den gewohnten kecken Ton in ihrer Sprache.

„Ja, gleich begebe ich mich auf den Weg.“

„Falls du vorher noch etwas essen möchtest, kannst du dich gern an dem Auflauf bedienen, den ich vorhin gemacht habe.“

„Danke! Was machst du heute?“

„Lesen bis zum Umfallen!“

Mitama ging die Treppe hinab und zur Küche, wo sie sich etwas von dem Gericht nahm. Eigentlich hatte sie nicht viel Hunger, aber sie wollte einfach eine Kleinigkeit im Magen haben. Danach suchte sie ihre Sachen zusammen und zog sich etwas sportlicher an, sodass sie bereit war. Draußen war es nachts nun etwas frischer, man merkte, dass allmählich der Herbst bevorstand.

Mitama drehte ihre bekannten Runden über die Dächer und Bäume der Stadt. Ganze fünf Runden machte sie durch die gesamte Stadt, doch sie konnte nichts entdecken. Einerseits war sie beruhigt, da sie sich nicht ganz so belastbar hielt wie sonst, andererseits beschlich sie ein komisches Gefühl.

Bald ging sie nach Hause. Ihr graute es vor dem nächsten Tag, da sie wieder früh aufstehen musste für die Schule.

Als sie zurückkam, war Tsukai bereits im Bett, wo Mitama auch am liebsten gleich versackt wäre, allerdings wollte sie nach ihrer nächtlichen Aktivität erst duschen.
 

In den folgenden Nächten gab es auch keinerlei Vorkommnisse, vorüber sich Mitama stark wunderte. Es war für sie unerklärlich. In ihrem Kopf malte sie sich die unterschiedlichsten Szenarien aus, dass möglicherweise ein anderer Vampirjäger in ihr Gebiet gekommen war, Fumeiro die Stadt verlassen hatte, Fumeiro einfach keine Lust hatte. Jedoch war Mitama nicht ganz wohl dabei, dass sie nicht wusste, wo dieser vampir steckte.
 

Schon auf dem Schulweg wurde Mi von Sohon und Yasai schnell eingeholt. Eigentlich hatte sie keine Nerven für die belanglosen Gespräche.

„Hey Mi!!! Warte mal, du hast heute einen ganz schönen Zahn drauf!“, sagte Sohon.

„Warum so eilig?“ Vielleicht um dir zu entgehen?!

„Es muss wohl irgendeine Krankheit an unserer Schule herumgehen. Gestern sind aus den anderen Klassen einige Leute nicht gekommen.“

„Kann ja sein, dass gerade ein Virus umhergeht.“ Mi wollte dringend ein anderes Thema beginnen, sonst würde ihre leicht paranoide Freundin innerhalb weniger Sätze auf ein Killervirus mit menschheitsvernichtenden Potential kommen.

„Wie läuft eigentlich dein Kendotraining für die Juniorenmeisterschaft?“ Puh! Zum Glück ist mir noch etwas eingefallen…

„Läuft ganz gut, mein Bruder verpasst mir zwar einige blaue Flecke, aber ich merke, wie schnell ich mich entwickle“, sagte Sohon.

Den restlichen Weg zur Schule führte Sohon einen Monolog über ihre Trainingserfolge und ihre Ängste vor den bevorstehenden Prüfungen, für die sie nicht lernen könne, da ihr Sport ihr etwas wichtiger sei.

Kurz vor Unterrichtsbeginn erreichten die Mädchen den Klassenraum und mussten feststellen, dass fünf Schüler fehlten.

Die Lehrerin las die Anwesenheitsliste vor und machte auch eine Anmerkung, dass es erstaunlich sei, wie viele Kinder in den letzten Tagen fehlten.
 

Auch an den folgenden Tagen fehlten immer mehr Schüler, auch Yuzen war unter ihnen.

„Da in den letzten Tagen ein beträchtlicher Teil der Schüler fehlt, bitte ich euch, dass einige von euch euren Mitschülern die Hausaufgaben vorbeibringen. Ansonsten kommen wir mit dem Lehrstoff in Verzug und ich weiß nicht, wie wir das noch aufholen können“, sagte einer der Lehrer.

Ein Mitschüler aus der ersten Reihe erhob die Hand, da er scheinbar eine Frage hatte: „Kennt man mittlerweile den Grund für das gehäufte Fehlen?“

„Ich fürchte nein. Es gibt bereits Untersuchungen und Maßnahmen, die getroffen werden. Seid unbesorgt!“, versuchte der Lehrer seine Klasse zu beruhigen.

„Nun weiter im Text. Wer möchte seine Hausaufgaben vortragen?“
 

Mi hatte sich bereit erklärt, die Übungsblätter für Yuzen mitzunehmen. Nach der Schule begab sie sich direkt zu seinem Elternhaus. Eigentlich hätte sie überglücklich sein müssen, sehen zu können, wie er wohnt, allerdings waren Sohon und Yasai so neugierig und aufdringlich gewesen, sodass sie von ihnen verfolgt wurde.

„Sohon, findest du nicht, dass du zu weit gehst?“, nuschelte Yasai schüchtern vor sich hin.

„Ach was! Ich will Yuzen auch sehen“

„Ihr beiden nervt ganz schön. Ihr hättet ruhig nach Hause gehen können“, sprach Mi nervös aus.

„Wir wollen nur sehen, was zwischen dir und ihm läuft“, stichelte Sohon.

Mi war erleichtert, als sie das Haus Yuzens erreicht hatten. Für einen Moment zögerte Mi, die Klingel zu betätigen, jedoch tat sie es kurz.

Eine Frauenstimme ertönte über die Klingelanlage: „Wer ist da?“

„Kino Mi. Ich bringe die Übungsblätter von der Schule mit. Für Yuzen.“

„Yuzen ist nicht da.“

„Darf ich fragen, warum er nicht zur Schule gehen konnte?“

Mi merkte, wie die Frau am anderen Ende zögerte. „Er wird seit gestern vermisst- wie so viele andere Jugendliche. Du solltest lieber so schnell wie möglich nach Hause gehen.“

Mi war geschockt. Ihr Herz machte einen Extrasprung. Sie wusste gar nicht, wie ihr zumute war. Sie verabschiedete sich höflich.

Danach liefen die Mädchen zu Yasais Haus, da sie nachdem deutlich ängstlich war. Sohon beschloss auch, Mi nach Hause zu bringen.

„Es macht mir nichts aus, dich nach Hause zu bringen! Ich werde danach meinen Bruder anrufen, damit er mich abholt“, sagte Sohon zu Mi.

Eigentlich war es Mi nicht so wirklich recht, dass sie nun in Begleitung war. Sie konnte nur hoffen, dass Sohons Bruder schnell kommen würde, da sie noch etwas anderes erledigen wollte. Das Gespräch mit Sohon ging an Mi irgendwie vorbei, sie konnte sich nicht einmal an das Thema erinnern. Zu Mis Erleichterung kam Sohons Bruder bald.

In dem Moment, in dem Mi versuchte aus dem Haus zu hasten, trat ihre Mutter im Hauseingang ihr entgegen.

„Wo willst du hin?“, fragte Mis Mutter mit verschränkten Armen.

„Zu einer Freundin“, sie wollte sich knapp halten, damit ihrer Mutter merkte, dass sie kurz angebunden war.

„Nachdem, was ich von Sohon gehört habe und auch im Radio gesagt wurde, möchte ich nicht, dass du heute ausgehst.“ Dieses Plappermaul Sohon!

„Findest du das nicht übertrieben?“

„Nicht nur weil ich mir Sorgen um dich mache, deine Noten sind in diesem Schuljahr noch nicht so, wie sie sein könnten, junge Dame!“

„Ich mache meine Hausaufgaben und lerne auch, wenn ich zurück bin.“

„Nein, ab auf dein Zimmer!“

Mi erkannte, wie besorgt ihre Mutter war, denn dies hatte sie noch nie gesagt. Ihr war bewusst, wie ernst es ihr war, daher gab sie auf – zunächst – und ging wieder in ihr Zimmer. Sie musste sich dringend etwas einfallen lassen, denn sie wollte Mitama und Tsukai davon erzählen. Telefonisch konnte sie sie nicht erreichen, da sie nicht die Nummern hatte. Bis ihr etwas einfiel, wie sie sich aus dem Haus schleichen konnte, setzte sie sich an ihre Schulaufgaben. Allerdings stellte sie schnell fest, dass sie sich nicht wirklich konzentrieren konnte, da ihre Gedanken andauernd um den vermisste Yuzen kreisten. Bitte lass‘ ihm nichts zugestoßen sein!

Mi blickte zum Fenster. Sie brauchte eine Pause und beschloss nach unten in die Küche zu gehen um sich einen Kakao zu machen. Von der Küche aus, sah sie, dass ihre Mutter momentan im Garten war - eine gute Gelegenheit zu flüchten!

Sie stürmte an die Haustür, jedoch bemerkte sie, dass ihre Mutter als Vorsichtsmaßnahme die Tür verschlossen hatte und alle Schlüssel nicht auffindbar waren. Solch ein Pech!

Sie hatte nicht erwartet, dass ihre Mutter zu solchen Mitteln greifen würde. Frustriert, stieg sie die Treppen hinauf. In ihrem Zimmer setzte sich kurz auf ihr Bett. In ihrem Kopf durchspielte sie viele, auch absurde Ideen, wie sie aus dem Haus kommen konnte.

Schließlich hatte sie eine Eingebung für einen Plan. Schnell ging sie ins Bad, drehte den Wasserhahn in der Dusche auf, ging hinaus und nahm eine Münze um das Badschloss von außen abzuschließen.

Etwas war sie davon abgeschreckt, welchen Gedanken sie tatsächlich umsetzten wollte: Sie wollte aus dem Fenster klettern und über den Baum vor ihrem Zimmer nach unten gelangen. Soweit die Theorie, in der Praxis stellte es sich nicht so einfach dar. Mi musste an ihren Vater denken, der ihr beigebracht hatte, wie man auch auf komplizierte Bäume klettern konnte und wieder auf den Boden zurückkam.

Mi öffnet das Fenster und stieg auf die Fensterbank. Bloß nicht runter schauen…

Irgendwie kam ihr der Abstand zwischen dem Zimmerfenster und Boden vorher nicht so gigantisch vor. Trotzdem fasste sie sich ein Herz und machte einen großen Satz zum benachbarten Baum. Mit beiden Händen umschlang sie einen kräftigen Ast, jedoch hatte sie noch keinen Halt mit den Füßen. Sie tastete sich vorsichtig voran und hatte das Gefühl eine richtige Platzierung gefunden zu haben. Für eine Schrecksekunde hatte sie den Halt verloren, indem der vermeintlich sichere Ast unter ihrem Fuß abbrach. Mi atmete tief durch und suchte nach einem andern Haltepunkt und fand diesen auch. Langsam zog sie sich in Richtung des Stammes. Der Abstieg war für sie unproblematisch und es gelang ihr fast wie im Schlaf, da sie dies schon tausende male mit ihrem Vater geübt hatte. Sie rannte die Straßen entlang, da sie sich beeilen musste, wenn ihre Flucht unbemerkt von ihrer Mutter bleiben sollte. Es war erstaunlich, wie lange sie ihr Tempo durchhalten konnte, da sie sonst eher im Unterricht als mäßig sportlich aufgefallen war.

Nur noch wenige Abbiegungen und sie würde bei Mitama sein.

Völlig außer Atem erreichte sie ihr Ziel und klingelt.

„Hallo?!“ –Mi vernahm Mitamas Stimme.

„Mitama, ich bin es, Mi. Ich muss euch etwas sagen. Darf ich rauf kommen?“

„Einen Moment, bitte“ das Türöffnungszeichen erklang und Mi drückte gegen die Tür. Sie lief beschleunigten Schrittes in das oberste Geschoss, wo Mitama schon im Türrahmen wartete.

„Bist du hierher gerannt?“, sie war sichtbar verdutzt.

„Ich muss gleich wieder zu Hause sein, sonst bemerkt meine Mutter, dass ich abgehauen bin.“

„Trete ein.“

Mitama gab sich höflich und bot ihr etwas zu Trinken an.

„Was kann es geben, das dich so dringend hierher führt?“, fragte Mitama als Mi wieder halbwegs normal atmete. Tsukai hatte sich mittlerweile zu ihnen gesellt.

„Habt ihr es mitbekommen, dass einige Jugendliche verschwunden sind?“ Mi entging die wechselnden bekümmerten Blicke zwischen der Hexe und der Vampirjägerin nicht.

„Ja, haben wir. Es sind nicht nur Jugendliche, die vermisst werden“, Mitama sprach ruhig. „Warum beschäftigst du dich damit und kommst damit zu uns?“

„Könnte es sein, dass dieser Vampir dafür verantwortlich ist?“

„Hm… Das haben wir uns auch schon überlegt. So viele Menschen, wie verschwunden sind, müssten es allerdings das Werk mehrerer sein“, sagte Mitama.

„Was haben sie vor?“

„Wenn wir das wüssten, wären wir auch einen Schritt weiter und könnten uns etwas dazu überlegen“, hielt Tsukai fest. „Momentan gehen wir jedenfalls davon aus, dass es mehrere Vampire sind, die ihren Durst stillen müssen.“

„Und was soll das konkret heißen? Soll das heißen, dass sie alle tot sind?“, Mis Stimme zitterte und heiße Tränen bahnten sich über ihre Wangen.

Mit nüchterner Miene bestätigte Tsukai Mis Vermutung: „Ja, wenn ein Vampir erstmal Blut geleckt hat, kann er in der Regel nicht aufhören.“

„Ich begreife es nicht…“, verheult krächste die Stimme des Mädchens. „Ich begreife einfach nicht, warum ihr hier sein könnt und nichts unternehmt! Mitama, es ist deine Aufgabe, diese Menschen zu beschützen und du schaffst es nicht! Was macht ihr nachts, wenn diese Blutsauger aktiv sind? Ich will nicht tatenlos zusehen, wie meine Freunde einer nach dem anderen angegriffen wird.“

„Wir versuchen schon unser Bestes und wir werden sie schlagen. Nur haben wir im Moment keine Idee, welchen Plan sie verfolgen. Zumal es noch nicht gesichert ist, ob Fumeiro mit dem Verschwinden all dieser Menschen tatsächlich in Zusammenhang steht“, Mitama gelang leicht in Erklärungsnot. Sie hätte nicht gedacht, dass dieses Mädchen so hartnäckig sein könnte und tatsächlich zur gleichen Schlussfolgerung wie sie kommen konnte.

„Bitte beruhige dich etwas, solange wir noch nichts wissen, solltest du dich bitte zu Hause aufhalten und dich nicht einmischen. Wir werden der Sache nachgehen.“

Mi hatte nicht das Gefühl, als könnten die beiden sie verstehen, daher beschloss sie, zu gehen.

„Ich werde euch so lange auf den Wecker gehen, bis ihr mir die volle Wahrheit erzählt und mich mitmachen lasst!“, entschlossen sagte Mi dies und drehte sich zur Tür um.

Erneut war sie fassungslos, wie diese beiden sie immer wieder abwimmeln wollten. Schnell ging sie wieder nach Hause und hoffte, dass ihre Mutter ihren Trick nicht durchschaut hatte. Beim Erklimmen des Baumes sah sie ihre Mutter, die scheinbar noch mit ihrer Gartenarbeit beschäftigt war. In ihrem Zimmer angekommen versuchte sie sich zu beruhigen, schnell schritt sie zum Bad und öffnete es um die Dusche abzustellen.

Mit diesem Tag würde sie nicht mehr viel anfangen können, also beschloss sie, sich vor den Fernseher zu setzen. Langsam legte sich wieder über die Stadt die Dunkelheit und Mi wurde nach dem Abendessen rasch müde, sodass sie sich in ihr Bett legte.
 

Für Mitama hingegen fing der Tag erst richtig an. Sie hatte in der vorherigen Nacht eine Spur aufgenommen, der sie nun nachgehen wollte. Sie verstand Mis Gefühle durchaus, jedoch wollte sie unter allen Umständen das Mädchen schützen.

Kurz bevor Mitama sich auf den Weg zu ihrer nächtlichen Tour begab, kam ihr Tsukai entgegen: „Ich weiß, dass du mich nun für verrückt halten wirst, wenn ich dir meine Gedanken offenbare.“

„Mach‘ es nicht so spannend, ich muss gleich los“, sagte Mitama leicht gereizt.

„Vielleicht wäre es nicht ganz so schlecht, wenn wir Mi einweihen und trainieren würden. Sie könnte dir bei der Jagd durchaus behilflich sein.“

„Nein! Das ist in der Tat verrückt und abgelehnt!“

„Sie ist schneller als du und hat mehr Ausdauer. Und das, obwohl sie noch nicht trainiert hat. Ich komme zu dem Entschluss, dass in ihr wohlmöglich ein großes Talent schlummert.“

„Ich sagte Nein und dabei bleibt es auch!“, somit hatte sie sich verabschiedet.

Wie jede Nacht drehte sie ihre wachsamen Runden über der Stadt. Nach so vielen Nächten ohne Vorkommnisse beschlich Mitama ein seltsames Gefühl. Es war für sie nicht verständlich, wie Fumeiro, ohne ihre Aufmerksamkeit zu erregen, so viele Menschen hat verschwinden lassen konnte. Oder war es ein anderer Vampir, der Fumeiro das Revier streitig machte? Es gefiel ihr nicht, dass sie so im Dunkeln tappte.

Sie näherte sich wieder dem Stadtpark unweit der Stelle, wo Mi gebissen wurde. Die Vampirjägerin machte eine kleine Pause, indem sie nur langsam lief. Kein Wind wehte durch die Blätter, trotzdem hörte Mitama auf einmal ein Rascheln hinter sich.

Wie sie feststellen musste, war es nur eine Katze, die sich im Gestrüpp verfangen hatte. Mitama ging auf sie zu, beugte sich hinab um das Tier zu befreien. Als sie wieder aufstehen wollte durchfuhr sie ein riesiger Schock, da vor ihr ein großer junger Mann stand und sie mit finsteren und blutunterlaufenen Augen anstarrte. Im ersten Moment fiel sie rückwärts auf ihren Hintern, jedoch stand sie dann schnell auf um eine Kampfposition einzunehmen. Zu ihrer Erleichterung war es nicht Fumeiro, denn dessen Aura hätte sie wahrscheinlich auch über kilometerweite Entfernung aufspüren können. Mitama konnte den jungen Mann nicht zuordnen, ob er nun ein Mensch oder ein Vampir war.

„Wer bist du?“, fragte sie vorsichtig, doch sie erhielt keine Antwort darauf. Kaum hatte sie den Satz ausgesprochen stürmte er auf sie zu und griff sie an. Durch das Überraschungsmoment konnte er einige schwache Treffer landen, jedoch konnte die Vampirjägerin schnell kontern und brachte ihn zu Boden, wo er sich mit scheinbar schmerzverzerrtem Gesicht wälzte.

Sie wollte ihm helfen und fasste ihn fest an um ihn nach Verletzungen zu untersuchen. Dabei wurde sie schnell am Hals fündig, der Bissspuren und ein verschnörkeltes K zeigte. Das war eindeutig das Werk eines Vampirs. Dem Biss zufolge war er schon länger in diesem Zustand, jedoch schien er sich aus unerfindlichen Gründen nicht in einen Vampir verwandelt zu haben. Mitama nahm aus ihrer Hosentasche eine Nadel und eine Monovette heraus, da sie sein Blut analysieren wollte. Nachdem sie ihm Blut entnommen hatte gab sie ihm ein Standardgegegift, das Tsukai vorsorglich zusammengestellt hatte und gegen einfache und schwache Vampirgifte wirkte. Sie wartete einige Minuten bei ihm, jedoch zeigte es nicht das gewünschte Ergebnis.

Als Mitama ihr Handy aus der Hosentasche nahm, schlug ihr ein blauhaariges Mädchen, das sich von hinten an sie geschlichen haben musste, dieses aus der Hand. Mitama drehte sich um und erkannte, dass ein Halbkreis aus Personen sich um sie versammelt hatte, in etwa zehn Leute, die sie mit den gleichen leeren Augen anschauten. Sie trugen alle das K an der gebissenen Körperregion. Alle stürmten auf sie zu, manche sogar bewaffnet. Die Vampirjägerin musste sie alle neutralisieren ohne sie zu verletzten, da sie glaubte, dass sie wieder zurückverwandelt werden konnten. Dies war ein schwieriges Unterfangen, da sobald sie die einen unschädlich gemacht hatte, standen die anderen wieder auf.

Mitama merkte, wie ihre Muskeln schleichend müde wurden, sie musste es schnell zu Ende bringen. Für einen Moment hatte sie alle zu Boden gebracht, sodass sie etwas Zeit hatte einen Bann zu sprechen um ihre Gegner zu lähmen. Sie war etwas verzweifelt, da sie nicht wusste, was sie tun konnte um sie zurück zu verwandeln, sodass sie sie zurückließ. Es galt, die Quelle zu finden, die sich scheinbar sehr gut versteckt hatte. Leider hatte sie ihre Zauberkarten in der Wohnung gelassen, mit denen sie die Seelenpartikel, die ihre Angreifer auf ihrem Weg hinterlassen hatten, aufspüren konnte.

Es brachte nichts, planlos durch die Stadt zu hetzen und sich zu verausgaben. Sie würde wieder kommen müssen, wahrscheinlich sogar mit Tsukais Hilfe, die ein Gegengift entwickeln musste. Ein Wehrmutstropfen war, dass sie die Jugendlichen, die sie in dieser Nacht besiegt hatte, erneut bekämpfen musste, da ihr Bannzauber nicht langanhaltend wirkte. Am Horizont erschien schon eine rote Linie, da sich bald das Tageslicht ankündigte.

Auf dem Rückweg ärgerte Mitama sich, dass sie nicht genügend Equipment mitgenommen hatte, da sie es in der Regel auch nicht brauchte und es meistens nur Ballast war, der ihre Beweglichkeit im Kampf gegen Fumeiro behindern würde.

In ihrer Wohnung angekommen sprang sie schnell unter die Dusche, sie hatte auch etwas Blut von diesen Zombies abbekommen. Die Blutprobe des jungen Mannes legte sie noch in den Kühlschrank. Sie ging in ihr Bett, jedoch war sie so aufgedreht und die ersten Sonnenstrahlen wagten sich durch ihren Rollladen, sodass sie sich entschied, nicht in die Schule zu gehen, da sie für die nächste Nacht gut vorbereitet sein musste.
 

Ihren Schulweg musste Mi an diesen Morgen fast alleine gehen. Erst kurz vor dem Schulgelände entdeckte sie Yasai, die wohl von ihrem Vater zur Schule gebracht wurde.

„Hallo Yasai!“

„Guten Morgen Mi. Bist du alleine hierher gelaufen?“, bemerkte Yasai.

„Ja, ich wusste nicht, dass du von deinen Eltern gebracht werden würdest. Ich habe mir schon Sorgen gemacht“, gab Mi zu.

„Wo ist Sohon?“

„Keine Ahnung. Aber um sie brauchst du dir keine Gedanken machen, sie ist sehr taff und kann sich durchaus wehren“, versuchte Mi sie gleich zu Beginn beruhigen.

Die beiden gelangten in das Klassenzimmer, das noch leerer war als die Tage zu vor.

„Oh je, es werden immer mehr…“, stellte Yasai beunruhigt fest.

„Es wird sich alles klären.“Hoffentlich…
 

Tsukai ging nach der Schule direkt in ihre Wohnung, auch wenn sie ihren Sportkurs versäumen würde, der er so wieso egal war. Mitama hatte ihr nach ihrem nächtlichen Trip eine Blutprobe im Kühlschrank hinterlassen, die sie analysieren musste. Mitama selbst war noch im Bett geblieben.

Als sie zurückkam, war Mitama allerdings wach.

„Hallo. Wie geht’s dir?“

„Hallo, ja ganz gut. Und dir?“, fragte Mitama.

„Nachdem ich freudig das Blut im Kühlschrank gesehen habe, frage ich mich wofür das sein soll. Was war gestern?“ Danach setzte Mitama an und erzählte Tsukai das Erlebte.

„Du glaubst also, dass ein Vampir diese Leute zu Zombies verwandelt und du möchtest nun wissen, was für ein Gift es ist und ob man diese Menschen retten kann. Hm… Warum sollte ein Vampir das machen?“, wunderte sich Tsukai.

„Vielleicht gilt mir dieser Angriff.“

„Ich hätte Fumero nicht für so intelligent gehalten, dass er auf einmal mit so einer Strategie ankommt.“

„Meine Vermutung ist, dass er Unterstützung bekommen hat.“

Mitama wollte sich gerade umdrehen und in ihr Zimmer gehen, da fiel ihr noch etwas ein: „Eine Frage: Alle gestrigen Angreifer hatten an der Einbissstelle ein K. Kann es sein, dass die Kihin dahinter stecken?“

„Du liebe Zeit, bitte nicht!“, Tsukai gab sich darüber sehr entsetzt. „Natürlich ist das das Zeichen der Kihin. Wenn das so sein sollte, haben wir wirklich ein Problem!“

„Warum bist du so schockiert darüber?“

„Daran merkt man, dass du noch eine sehr junge Vampirjägerin bist. Die Kihin sind eine der ältesten Vampirclans, und zwar Vollblutvampire, die brutal morden. Sie versuchen immer mal wieder ihre Machtposition zu vergrößern.“

„Na und? Das sind auch nur Vampire.“

„Bitte sei nicht zu leichtsinnig“

„Soll ich etwa warten, bis sie die ganze Stadt ausgerottet haben?“, sagte Mitama mit einer großen Entschlossenheit. „Bitte finde heraus, was für ein Gift verwendet wurde und entwickle ein Gegenmittel, am besten in großer Menge.“

Mitama ärgerte sich, dass sie Tsukai von den Kihin erzählt hatte, da sie sie nun ewig damit nerven würde. Doch noch hatte sie keine Zeit, sich Gedanken um ihre Zukunft zu machen, wenn sie es nicht schaffte, Fumero zu besiegen. Sie ging in ihr Zimmer und bereitete sich auf die bevorstehende Nacht vor. Zuerst suchte sie ihre alten Zauberkarten, die sie nun benötigen würde. Dazu griff sie unter ihr Bett und holte eine mit teilweise abgesprungen goldenen Verzierung geschmückte Kiste heraus. Sie war stark verstaubt, da es schon eine Weile her war, dass sie diese benötigt hatte. Als Mitama die goldene Kiste berührte und das schön gearbeitet Relief unter ihrer Handfläche spürte, wurde sie etwas wehmütig. Sie öffnete die Kiste und zum Vorschein kamen alte längliche Karten, auf denen mysteriöse Zeichen mit Hand aufgemalt waren. Sorgfältig betrachtet sie die Karten und schaute, über welche Zauber sie noch verfügte, da jede nur ein einziges Mal verwendet werden konnte.

Sie musste auch gründlich überdenken, wo sie anfangen sollte. Sie hatte die Befürchtung, dass Fumeiro wohl einen Hinterhalt für sie ausgeheckt haben könnte. Besonders zu schaffen machte ihr, dass sie die Zombies nicht aufspüren konnte und sie sie von Menschen nicht unterscheiden konnte. In ihrer in etwa achtzigjährigen Erfahrung als Vampirjägerin konnte sie sich nicht erinnern, jemals in einer solchen Zwickmühle gewesen zu sein. Zudem haderte sie damit, ob sie sich auf den Schöpfer oder auf seine kleinen Soldaten konzentrieren sollte. Wobei sich ihre ganzen Gedankenspielereien wahrscheinlich erledigen würden, da diese Zombies es nicht zulassen würden, dass sie zum Ursprung gelangen würde. Je mehr sie darüber nachdachte desto mehr Faktoren fielen ihr ein, die ein Problem bilden könnten.

Als sie endlich zu einem ausgeklügelten Plan gekommen war, entschied sich Mitama nochmal ein wenig zu schlafen, danach etwas zu essen und dann auf die Vampirjagd zu gehen.

Nach einer Stunde wachte sie wieder auf und lief sofort in Tsukais Zimmer.

„Hast du etwas herausfinden können?“, fragte sie fordernd an.

„Da muss ich dich leider enttäuschen. Ich kann dir zwar sagen, was für ein Gift er oder sie verwendet haben, was allerdings irrelevant für dich sein wird. Für dich wäre es nur interessant, wenn ich ein Gegengift entwickelt habe“, sagte die Hexe ernüchtert.

„Kannst du mir sagen, wie lange du in etwas noch brauchst?“

„Das kann ich dir zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Die Erstellung eines Gegengiftes ist sehr komplex.“

Das waren keine erhofft gute Neuigkeiten für Mitama. Zum Glück stützte sich ihr Plan nicht auf das Gegengift.

Sie ging in die Küche und kochte sich Spaghetti Bolognese, eines ihrer Lieblingsgerichte. An das japanische Essen hatte sie sich noch nicht wirklich gewöhnen können, obwohl sie nun seit über sechszehn Jahren in diesem Land lebte. Nach dem Essen richtete sie noch einige Nudeln und Sauce auf dem Teller an, den sie zu Tsukai bringen wollte. Für sich selbst nahm sie sich noch etwas Schokolade aus dem Kühlschrank.

Mitama ging die Treppen hinauf und klopfte vorsichtig bei Tsukai, denn man durfte sie nicht zu häufig oder aufdringlich stören, wenn sie sich konzentrierte.

„Oh, ist das für mich? Dankeschön!“, stieß die Hexe aus.

„Und immer noch nichts?“

„Nein, tut mir leid. Wann gehst du los?“

„Gleich.“

„Wenn du Hilfe brauchst, kannst du mich gern jeder Zeit anrufen“, bot Tsukai ihr an, die erkannte, dass ihre Freundin etwas angespannt war.

„In Ordnung. Halte dich bitte bereit. Solltest du widererwartend etwas finden, kannst du mir Bescheid geben.“

Mitama ließ sich bewusst Zeit beim Packen ihrer Sachen und beim Umziehen. Nach all den Jahren als Vampirjägerin hatte sie immer noch Angst davor, doch sie musste sich stellen, denn sie wollte nicht, dass anderen Menschen das gleiche zustieß wie ihr.

Schwungvoll öffnete sie ihr Fenster und ließ sich in die kühle und düstere Nacht fallen.
 

Mis Ahnung hatte sich leider bestätigt: auch Sohon und ihr Bruder wurden seit dem vorherigen Tag vermisst. Sie wurde sich immer sicherer, dass der Vampir dahinter steckte, der auch sie gebissen hatte. Völlig in Gedanken versunken saß sie über ihren Hausaufgaben, die Dunkelheit hatte sich längst über die Stadt gelegt.

Auf einmal kam ihre Mutter in das Zimmer: „Mi, Yasais Mutter ist am Telefon, sie wollte dich sprechen.“ Mi nahm das Telefon in die Hand und sofort erklang eine Stimme.

„Hallo Mi! Entschuldige, dass ich so spät anrufe, ich mache mir nur Sorgen. Ist Yasai vielleicht bei dir?“

„N-nei-nein. W-was ist mit ihr?“, brachte sie zittrig hervor. Oh Schreck, nun auch Yasai!

„Sie hatte gesagt, dass sie zum Klavierunterricht gehen möchte. Mein Mann hat sie begleitet, allerdings sind beide seit heute Mittag nicht mehr gekommen. Keiner der beiden geht ans Handy. Weißt du wo sie sein könnten?“ Mi durchfuhr eine höllische Angst, ihr Herz schlug wie wild.

„Nein, tut mir leid. Bei mir hat Yasai sich nicht gemeldet.“ Sie konnte hören, wie sich Yasais Mutter versuchte zu beherrschen, nicht in Tränen auszubrechen. Mi konnte sich die Verzweiflung gut vorstellen, da sie selbst dies auch empfand.

„Dankeschön. Dir noch einen schönen Abend!“



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