Es war dunkel.
Doch die Dunkelheit war nicht beängstigend. Es war eine angenehme warme Dunkelheit. Sie hörte ein gleichmäßiges Atmen, spürte warme Finger auf ihrem Körper, sanfte Küsse auf ihrer Haut.
Träumte sie?
Ja, es musste so sein.
Sie hatte sich so viele Gedanken über ihn gemacht, dass er sich jetzt sogar in ihre Träume geschlichen hatte.
Es war schön, seine Lippen an ihrem Hals zu spüren. Ob es sich wohl wirklich so anfühlen würde, wenn er sie mit seinen Händen streichelt?
»Mamoru.«, seufzte sie leise und öffnete die Augen.
Es war bereits dunkel. Sie musste wirklich eingeschlafen sein. Noch immer leicht verwirrt sah sie sich um.
Ihr Herzschlag setzte aus.
Das war kein Traum.
Das Streicheln, die Küsse. Alles war echt.
Aber nicht Mamoru war der Urheber dieser Berührungen.
»Du.«, ihre Stimme zitterte, ihr Körper verkrampfte sich.
»Guten Morgen Prinzessin.«, grinste das Narbengesicht hämisch und strich ihr über die Wange.
Angeekelt versuchte Bunny sich zu befreien. Doch als sie aufstand, wurde sie unsanft zurück auf die Bank gedrückt, lag nun auf der Sitzfläche, unfähig sich zu befreien.
»Du willst schon gehen? Ich fand es gerade so schön.«, das Narbengesicht presste sich gegen ihren Körper, dräbgte sich zwischen ihre Beine.
Bunny keuchte entsetzt auf. Sie schlug um sich, kratzte mit den Fingern über das vernarbte Gesicht. Das Gefühl, als ihre Nägel über die unebene schlecht verheilten und verkrusteten Wunden fuhren, drehte ihr den Magen um.
Eine Geste des Vernarbten ließ einen weiteren Mann auf der Bildfläche erscheinen. Sie konnte sein Gesicht nicht erkennen, als er ihre Handgelenke ergriff und sie unsanft über ihrem Kopf zusammenhielt.
»Keine Sorge. Jeder meiner Freunde kommt mal dran.«, flüsterte das Narbengesicht keuchend und schob seine nasse Zunge in ihr Ohr.
Bunny wurde schlecht. Das war ein Albtraum.
Mit jeder Berührung stieg ihre Angst. Sie versuchte sich zu befreien, doch sie schien wie angekettet, konnte sich nicht rühren. Konnte nichts unternehmen, als das Narbengesicht mit der Hand unter ihr Oberteil fuhr. Sie hielt die Luft an, als er über ihren Hals leckte und sein Gesicht zwischen ihren Brüsten versenkte.
Sie war unfähig sich zu rühren, ihre Kehle war wie zugeschnürt. Warum schrie sie nicht? Warum kam ein Ton aus ihrem Mund?
Tränen liefen ihr über die Wangen.
Der Narbengesichtige verlagerte sein Gewicht, fuhr mit der Hand zwischen ihre Beine und unter ihren Rock.
»Du bist echt schön.«, stöhnte er und presste ihre Oberschenkel auseinander.
Ein Ruck ließ sie aufschrecken.
Ihre Hände waren frei. Was passierte jetzt?
Sie ergriff geistesgegenwärtig die Chance und schob das Narbengesicht von sich herunter.
Noch während er sich überrascht umsah, sprang sie auf. Wurde jedoch hart am Arm gepackt und zurück gezogen.
»Du bleibst schön hier.«, das Narbengesicht umfasste ihre Taille und bugsierte sie auf seinem Schoß.
Bunny spürte etwas hartes an ihrem Hintern und ihr drehte sich augenblicklich wieder der Magen um.
»Lass sie gehen.«
Diese Stimme. Bunny schaute auf.
Ein dunkler Schatten ragte zwischen den Bäumen auf der gegenüberliegenden Seite auf.
»Du bist ihr Bodyguard oder was?«, spuckte das Narbengesicht. Er schien Mamoru ebenso erkannt zu haben, auch wenn er sein Gesicht nicht sehen konnte.
Mamoru trat in den Schein der Laterne.
Er war noch immer komplett in Schwarz gekleidet, wirkte fast unheimlich.
»Lass sie gehen.«, wiederholte er mit ruhiger fester Stimme. Seine Augen waren zu Schlitzen verengt und sein Mund war nur noch ein Strich.
»Sei doch nicht so. Die Kleine ist süß.«, der Narbengesichtige leckte ihr über die Wange. »Wir können sie uns ja teilen.«
In Mamorus Blick blitzte etwas auf. Würde Bunny nicht festgehalten, spätestens jetzt wäre sie zurück gewichen. Hatte sie vorhin noch gedacht, er hätte ihr seinen kältesten Blick geschenkt, wusste sie jetzt, dass es noch wesentlich böser ging.
Sein Arm hob sich.
Bunny stutzte. Mamoru hielt etwas schwarz glänzendes in der Hand.
Als sie den Gegenstand erkannte, sog sie scharf die Luft ein.
Auch Narbengesicht zuckte deutlich zusammen, als er die Waffe erkannte.
»Was willst du machen?«, stotterte er. »Uns beide erschießen?«
»Nein.«, antwortete Mamoru ruhig. »Nur dich.«
Er senkte den Arm. Und drückte ab.
Bunny registrierte den Schuss kaum. Es klang merkwürdig dumpf, vollkommen anders, als sie es aus Filmen kannte.
Dafür war der Schrei des Narbengesichtigen umso lauter.
»Scheisse, du verdammter...«, er hielt sich den Oberschenkel, ließ Bunny los, dass sie von seinem Schoß rutschte und starrte Mamoru hasserfüllt an.
Sein Satz endete in einem Gurgeln, als Mamoru nochmals abdrückte.
Bunny saß noch immer auf der Bank. Sie bewegte sich nicht, konnte es gar nicht.
Sie registrierte, dass das Narbengesicht neben ihr von der Bank rutschte und mit einem dumpfen Geräusch auf dem staubigen Boden aufprallte.
Sie registrierte auch, dass Mamoru langsam auf sie zukam, seine Jacke auszog und sie ihr um die Schultern legte.
Und doch bewegte sie sich nicht. Ihr Körper schien in eine Schockstarre verfallen zu sein. Sie hatte keine Macht mehr über ihn. Schlug ihr Herz überhaupt noch?
Mamoru sah ihr in die Augen, das Einzige, was sie noch bewegen konnte.
Sie wollte etwas sagen, doch sie konnte nicht einmal ihre Lippen öffnen.
Seine Finger streiften ihren Arm.
Dieses warme Gefühl schien sich in ihr auszubreiten, sie nach und nach aufzutauen.
Sie öffnete den Mund, blickte Mamoru an.
Und dann wurde ihr schwarz vor Augen.