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Freizeit

„Alles in Ordnung bei dir?“, fragte Yuugi seinen besten Freund. Sie saßen sich im Zug gegenüber und der Blonde wirkte ziemlich müde.

„Ich bin nur erschöpft. Die Duelle und meine Arbeit schaffen mich fast mehr als die Prüfungen.“ Ganz zu schweigen von den nächtlichen Aktivitäten, die ihn seines sittlichen Schlafes beraubten. Seit Kaiba den einen Abend zu ihm gekommen war, waren sie fast jedem Abend bei ihm gemeinsam gekommen. Nicht immer war die Uhrzeit so annehmbar wie bei ihrem ersten Treffen unter seinem ungewöhnlichen Deckengemälde gewesen. Das Gestrige war erst kurz vor seinem Weckerklingeln beendet gewesen und sie hatten noch einen Kaffee getrunken bevor Seto ins Büro gefahren war. Trotz ihrer Schäferstündchen, waren sie noch nie nebeneinander aufgewacht, was keinen von ihnen störte. So lang sie zusammen waren, schien man an Schlaf schließlich nicht zu denken.

Katsuya blickte aus dem Fenster und sah das Land an sich vorbeirauschen. Nach diesem Wochenende würde er noch 7 Duelle bestreiten. Bis jetzt hatte er alle gewonnen und war stolz auf sich. Seine Freunde kamen ihn bei jedem Duell anfeuern und würden auch bei den nächsten, sofern sie Zeit fanden, an seiner Seite sein. Doch jetzt fuhren sie gemeinsam zu Otogis Strandhaus, der dort bereits auf sie wartete.

Er war einen Tag eher hingefahren um alles vorzubereiten, da er es seit einigen Monate zum ersten Mal wieder nutzte. Als sie endlich am entsprechenden Bahnhof ausstiegen, stand er bereits da um sie zu erwarten. „Hey. Willkommen in Sakyuu.“, wurden sie von dem Schwarzhaarigen begrüßt.

„Hi Ryuji. Können wir bitte ganz schnell zu dir. Ich muss dringend die Toilette aufsuchen.“, waren Katsuyas Begrüßungsworte.

„Klar, kommt.“ Sie schulterten ihre Taschen und folgten Otogi ein paar Straßen hinab. Nach wenigen Minuten kamen sie in einen Teil der Kleinstadt, der dem Meer am nächsten war. Aus Sicherheitsgründen befanden sich alle Häuser hinter den Deichen die gegen hohe Wellen und vor allem Tsunamis schützten. Das Haus ihres Freundes lag direkt an diesem und hatte einen eigenen Gang über die Befestigung. Es war ein gemütliches Haus und sie würden die drei Schlafräume nutzen um für jeden ein gemütliches Lager aufzuschlagen. Katsuyas erster Gang führte jedoch in den Raum mit den Kacheln.

Gleich darauf teilten sie sich auf und überließen den drei Frauen eines der Schlafzimmer.

„Holt Mai deine Schwester ab?“, fragte Otogi und erhielt ein: „Yep“, als Antwort. Während sie sich noch einrichteten kamen die zwei noch vermissten Freunde an. Sie hatten sogar mehr als nur Schlafzeug mit.

„Futterlieferung!“, rief Shizuka und betrat vollgepackt zusammen mit Mai das Wohnzimmer.

„Boa Wahnsinn. Damit bekommen wir sogar Katsuya satt.“, merkte Honda an und griff den Damen unter die Arme. Sie begrüßten einander und verstauten die Fressalien in der Küche.

„Hallo, Jonouchi“, riss die Blonde ihren liebsten Duellanten aus der Arbeit.

„Hi, Mai“, strahlte er sie an. Ihm wurde wie immer etwas wärmer in ihrer Gegenwart, nur war es nicht mehr so intensiv wie früher. Diese Veränderung zu bemerken, hatte er jedoch gerade keine Zeit und ergriff die Hand seiner Freundin.

„Schön das du Zeit dafür gefunden hast.“

„Natürlich. Ich wollte euch gerne noch einmal alle zusammen sehen, obwohl wir es spätestens in den Endrunden eh getan hätten, oder?“

„Du nimmst auch am Turnier teil?“, fragte Kazuya überflüssigerweise.

„Das fragst du noch? Ich bin fast durch alle Duelle und hab noch keines verloren. Ich habe auch nicht vor den Vorentscheid zu verlieren.“

„Ich auch nicht. Vielleicht stehen wir uns in den Endrunden gegenüber.“

„Ich hoffe darauf. Dann kann ich dir endlich eine Revanche bieten.“ Kurz erschienen die Bilder ihres letzten Duells vor ihren Augen. Damals hatte Jonouchi absichtlich verloren um Mais Seele vor Dartz zu bewahren. Seit dem hatten sie sich nur ein Mal wieder gesehen und beide waren erleichtert, dass dieses Ereignis nicht mehr zwischen ihnen stand. Mai schien ihm wieder unter die Augen treten zu können und er war darüber mehr als erfreut.

Nachdem alles verstaut war, unternahmen sie einen Ausflug an den Strand und wanderten auf diesem entlang Richtung Innenstadt. Sie genossen die Freizeit in vollen Zügen und verursachten am Abend das reine Chaos in der Küche. Erst als Anzu alle bis auf Katsuya und Shizuka aus der Küche verbannte, gab es wieder Hoffnung auf ein bekömmliches Abendessen. Die Geschwister konnten gut kochen. Während Katsuya immer schon für sich selbst sorgen musste, hatte seiner Schwester das Können ihrer Mutter erlernt. Anzu hingegen war eh voller Leidenschaft für die Genuss-bringende Kunst. Nach einiger Zeit hatte der Rest ihrer Truppe den Tisch gedeckt und sie trugen die letzten Speisen auf die Tafel.

„Wahnsinn sieht das alles gut aus“, erkannte Yuugi die Leistung der drei an. Eine Haushaltssendung hätte keine besseren Gerichte präsentieren können als die drei es gerade taten. Es war das Beste der japanischen Hausmannskost und nach einem einstimmigen „Itadakimasu“, kümmerte sich jeder von ihnen um die Vernichtung der Meisterwerke. Untypisch für die japanischen Manieren blieb kein Reiskorn übrig und alles wurde vertilgt. Nach einer kurzen Ruhepause kramten Kazuya und Yuugi ihre Mitbringsel hervor und begannen mit den anderen gemeinsam ein Spiel, dass sie einige Stunden lang beschäftigt halten konnte.

„Habt ihr eigentlich auch die anderen Turniere verfolgt?“, fragte Mai. An ihrem Blick sah man, dass sie auf etwas bestimmtes hinaus wollte.

„Ich kam nicht groß dazu“, antwortete Katsuya.

„Du meinst wegen diesem Ricardo Martinez aus Mexiko?“, war hingegen Yuugis Anmerkung und Mai nickte sofort.

„Ich hab mir all seine Duelle angesehen und denke er wird sehr weit kommen. Er hat ein unglaublich starkes Deck und das Glück immer auf seiner Seite.“, begann die ehrgeizige Duellantin zu erzählen. „Und: Er hat bis jetzt nie mehr als 5 Runden gebraucht um seinen Gegner zu besiegen.“ Ihr Freundeskreis sah sie mit großen Augen an. „Seine ersten zwei Runden gewann er schon nach dem ersten Zug.“

„Das ist Unmöglich.“, kommentierte Jonouchi die Schilderungen. Yuugi sah etwas besorgt aus und entgegnete: „Das habe ich auch gehört. Großvater und ich haben sein letztes Duell im TV verfolgt und ich stimme dir zu. Er wird es bestimmt in die Endrunden schaffen.“ Irgendetwas in Yuugis Stimme ließ Katsuya ein mulmiges Gefühl bekommen. Wie der andere von dem gesehenen berichtete, schien es nicht nach dessen Vorstellungen gewesen zu sein.

Auch die anderen warfen nun etwas ein, dass sie über diesen Ricardo wussten. Er war ein sehr brutaler Typ, aber durch sein gutes Aussehen bei Frauen beliebt. Scheinbar der Hollywood-Bad-Boy. Seine Vergangenheit basierte auf Drogen- und Polzeigeschichten und seine Familie schien aus einem Waisenheim zu bestehen. Mit seinen Duellen und dem guten Aussehen war er an Geld gekommen.

„Er hat keinen Spaß an dem Spiel.“, sagte Yuugi und nun hörte man klar heraus, was ihn störte. „Ich nehme es ja auch ernst, aber er … es ist als wolle er ...“

„Seine Karten wie Wurfsterne jemanden durch den Leib jagen?“, fragte Mai. Katsuya war nach Lachen zumute, aber als er die Gesichter seiner Freunde sah, die alle schon ein Duell mit dem Mexikaner verfolgt hatten, verkniff er sich die Geste.

„Ehrlich? So schlimm?“

„Schlimmer“, äußerte sich nun Bakura und schien dabei aus seinen Gedanken erwacht zu sein. „Er nutzt die Karten wie Waffen. Er hat zwar eine Strategie in seinem Deck aber diese ist auf ein möglich schnelles Ende gerichtet.“

„Er will sich gar nicht Duellieren, sondern nur schnellst möglichst seine Gegner vernichten.“, ergänzte Otogi mit einem leicht fragenden Unterton. Yuugi nickte und setzte seine Spielfigur um die vorgegebene Augenzahl der Würfel weiter.

„Ich glaube er wird eine harte Nuss und ich habe das ungute Gefühl, dass mehr als der Drang den Sieg oder das Preisgeld zu erringen dahinter steckt.“

„Mensch Yuugi red' doch nicht von sowas.“, warf Anzu ein, als sie am ganzen Leib ein Zittern packte. „Das klingt so, als würden wieder irgendwelche dunklen Mächte aufkommen um die Welt zu erobern.“ Nun war doch allen zum Lachen zu Mute. Solche Situationen hatten sie tatsächlich schon gehabt. Doch damals waren es Schatten-Spiele gewesen. Mit echten Monstern. Das Tor zum anderen Reich war jedoch verschlossen und somit niemand mehr in der Lage, die Monster zu mehr als einem Hologramm heraufzubeschwören.

„Ach sicher nicht. Das haben wir hinter uns.“ Sie sprachen noch weiter über die Duelle anderer Teilnehmer und bestimmten ihre Favoriten. Natürlich gehörten zu diesen auch Mai und Jonouchi. Der Abend endete mit der Vermutung, dass die beiden in den Endrunden aufeinander treffen würden. Müde strebte jeder von ihnen ins Bett, wobei sich Mai, Shizuka und Anzu das größte der Schlafzimmer teilten. Ryuji, Ryo und Hiroto bezogen das etwas kleinere, währen Yuugi der einzige war, der es mit dem angeblich schnarchenden Katsuya im kleinsten Zimmer aushielt. Nach einem kurzen Abstecher ins Bad ließen sie sich auf das Ehebett sinken.

„Yuugi“, begann Katsuya als er sich auf den Rücken in die Kissen sinken ließ.

„Hm?“, kam es zur Aufmerksamkeitsbekundung vom Angesprochenen, der die Decke wieder etwas herunter schob um ihn ansehen zu können. Es war dunkel und nur etwas Licht von den Sternen und dem Mond über dem Meer drangen in das Zimmer.

„Ich hab ein Problem.“, sagte der andere und starrte an die Decke. Er spürte den Blick des Jüngeren und wusste, dass er versuchte das Ausmaß einzuschätzen. „Ich habe mich in etwas … nein eher an etwas herangewagt, dass ich nicht mal vom Weiten hätte in Betracht ziehen sollen.“ Katsuya war froh das sein Freund nichts sagte, denn sonst hätte er den Mut verloren ihm seine Situation anzuvertrauen. Schon als er das erste Mal über eine derartige Korrespondenz mit Seto nachgedacht hatte, war in ihm der Drang entstanden mit Yuugi darüber zu reden. Dieser wusste immer einen guten Rat und konnte Gewissensbisse mit Leichtigkeit wegwischen und dafür sorgen, dass Gedanken wieder klarer und strukturierter schienen. Seitdem Jonouchi seine verqueren Gedanken tatsächlich umgesetzt hatte, verlangte es ihn noch mehr nach den beruhigenden und vielleicht zurechtweisenden Worten des Strategen.

„Ich hab mich mit Kaiba eingelassen.“, sagte er verzweifelnd nach den richtigen und unverfänglichsten Worten suchend. Er spürte das sich sein bester Freund aufsetzte und ihn mit großen Augen ansah. Doch noch immer sagte er nichts. Scheinbar war ihm die Möglichkeit in den Sinn gekommen, dass Katsuya ein besondere Art des 'aufeinander einlassen' meinte. Auch dieser setzte sich nun wieder auf, wich jedoch dem Blick etwas aus.

„Wir haben ein Art Beziehung.“ Vielleicht wäre es besser gewesen mit Honda darüber zu reden? Bei Yuugi konnte er doch nicht einfach die Tatsachen auf den Tisch legen, dass es dabei ausschließlich um Sex … und vielleicht etwas Pizza ging. Sein Freund würde wahrscheinlich puterrot anlaufen und das Zimmer erleuchten. Allerdings genoss Yuugi sein größtes Vertrauen und all die zuvor bedachten Gründe hatten sich für ihn ausgesprochen.

„Ich habe Sex mit ihm.“, legte er die Tatsachen auf den Tisch und sah seinen Gegenüber an um dessen Reaktion zu sehen. Er sah nur ein mildes Erstaunen aber er spürte die Hitze von dem Gesicht des anderen ausgehen. Ein erleichtertes Lächeln huschte über Katsuyas Lippen. Yuugi reagierte wie erwartet und doch viel sachter als vermutet. Da er jedoch die Sprache verloren hatte, ergriff Katsuya erneut das Wort.

„Ich mag 'das'. Aber es ist Kaiba. Und außerhalb dieser Aktivität würde ich ihm immer noch am liebsten den Kopf abreißen. Ich vermute, dass das auch auf Gegenseitigkeit beruht.“

„Hast du Gewissensbisse, wenn … wenn ihr 'das' tut, oder danach?“, fragte Yuugi und es klang wie bei einem Arzt, der untersuchte welche Wehwehchens sein Patient hatte. Katsuya war froh, dass der Duellant seine Stimme wiedergefundene hatte und unbeeindruckt seines 'Beziehungspartners' die Situation zu meistern versuchte. Kurz überlegte er und schüttelte den Kopf.

„Ich bereue 'das' nicht. Auch jetzt nicht. Es geht nur nicht in meinem Kopf rein, dass ich es mit ihm mache. Er ist das arroganteste Arschloch aller Zeiten und sturer als eine Horde Ochsen. Seit ich mich nicht mehr jeden Tag mit ihm zoffe, bin ich sogar noch schneller auf 180 und will ihm an die Gurgel. Und das ist irgendwie in eine andere Richtung ausgeufert als erwartet.“ Yuugi räusperte sich um seiner trockenen Kehle Herr zu werden. Nicht, das es ihn wunderte, wie offen Katsuya mit ihm sprach, aber das sein bester Freund tatsächlich etwas mit Kaiba hatte, war doch recht harter Tobak. Bisexualität dahingestellt, etwas derartiges war in einer größeren Runde bereits angedeutet worden, war das doch der größte Schock seit langem.

„Wirst du es fortführen?“, fragte er Katsuya.

„Ich weiß es nicht. Ich will nicht in irgendwas hineingeraten, das mich Kopf und Kragen kostet. Dieser Drache ist sicherlich eine Nummer zu groß … Was hab ich mir dabei nur gedacht?“, fragte er sich eher selbst und versank vor Verzweiflung mit dem Gesicht in seinen Händen. Yuugi legte eine Hand auf das Knie seines besten Freundes und lächelte ihn an.

„Du bereust die Zeit mit ihm nicht. Aber wenn du Angst hast, dass es ausufert, dann stell doch Regeln auf. Kaiba ...“, er stockte kurz bei dem Namen und schluckte um seine Kehle wieder zu befeuchten, „... hält sich sicher an Regeln und wird vielleicht selbst welche aufstellen wollen. Dann wisst ihr, was es ist und wo es schlimmstenfalls hinführt.“

„Schlimmstenfalls?“, fragte der Blonde und sah elendig zwischen seine Finger hindurch. Yuugi nickte und stützte sich nach hinten ab, betrachtete Jonouchi und sagte sanft: „Ihr seid wie Hund und Katz'. Ihr geht euch an die Gurgel, seit Kaiba seine Scheinheiligkeit abgelegt hat und ihr fordert euch immer gegenseitig. Schlimmer als ihr euch bis jetzt angefeindet habt, kann es nicht werden. Dafür seid ihr nicht die Menschen. Auf eine verquere Art passt ihr sogar zusammen. Auch wenn Kaiba der letzte ist, dem ich eine solche Art der Beziehung zugetraut hätte, geschweige denn die Zeit dafür.“

Katsuya lachte kurz und all die gruseligen Bilder von Seto der ihn umbrachte oder ihm seine Zukunftschancen nahm, verschwanden damit. Selbst wenn der Eisklotz ihm drohte, so würde er nie etwas ernsthaft Schlimmes anstellen. Dafür war Mr. Perfekt einfach ein zu korrekter Mensch. Was hatte er sich nur dabei gedacht, Kaiba solche Abscheulichkeiten anzudichten? Früher wäre dies möglich gewesen, doch seitdem Atemu den Schatten von Setos Seele genommen hatte, gab es deswegen keine Befürchtungen.

„Was denkst du jetzt über mich?“, fragte der Blonde frei vom Herzen weg.

„Das du mein bester Freund bist und ich mir wünsche, dass du Glücklich bist. Und wenn du dieses Glück dabei findest, ist das vollkommen okay.“ Katsuya zog sich den anderen in die Arme und knuddelte ihn durch.

„Danke“, sagte er und vergrub seinen Gesicht in der Frisur des anderen. „Was würde ich nur ohne dich machen?“

„Wahrscheinlich schlafen“, kam es etwas dumpf von Yuugi der seine Worte gegen Katsuyas Brust nuschelte.

„Stimmt. Gute Nacht, Yuugi.“

„Gute Nacht, Katsuya.“ Sie lösten sich und krochen unter ihre Decken zurück. Mit einem solch leichten Herzen, konnte Katsuya schneller einschlafen als erwartet. Yuugi hingegen wünschte sich sehnlichst mit seinem Alter Ego reden zu können. Atemu hatte schon früher eine Vermutung über Seto und Katsuya geäußert, die in diese Richtung gegangen war. Auch Yuugi hatte eine Spannung wahrgenommen, die nicht mit ihrer Konkurrenz im Spiel zu tun hatte. Nie hätte er jedoch dem Pharao einen zukunftsweisenden Blick für diese Wahrheit zugetraut. Es jetzt als vollendete Tatsache gehört zu haben, war doch etwas viel für den Abend. Im Endeffekt beruhigte ihn ein Satz, den er noch nicht in solcher Situationen benutzt hatte, den er aber sehr passend fand: „Gegensätze ziehen sich an.“

Manche Leute brauchten die Konkurrenz. Vielleicht waren ihre gegenseitigen Herausforderungen in einer Ebene geendet, wo es keine Steigerung mehr und es nur eine Erklärung gab. „Manch einer hält seine Liebe für Hass, weil er nur diesen kennt. Und manch einem schlägt die Liebe auf das Herz, sodass sie furchtbarster Hass wird.“, waren einst Atemus Worte gewesen, allerdings in einem anderen Kontext. Obwohl sich Yuugi da gerade nicht mehr sicher war und auch nicht, ob er diesen Gedanken gerade nur auf die beiden jungen Männer bezog, dämmerte er langsam ein. Eine kleine Stimme in seinem Hinterkopf flüsterte etwas besorgniserregendes, doch bevor er das verstehen konnte, war er eingeschlafen.

'Wieso streunst du herum?'

'Ich streune nicht. Ich bin mit meinen Freunden um Urlaub.'

'In dieser billige Strandhütte ist Urlaub unmöglich.'

'Stalkst du mich?'

'Mokuba hat es erzählt'

'Du hörst deinem Bruder zu? Dafür hast du Zeit?'

'Ich habe noch für etwas ganz anderes Zeit, Köter.'

'Ich auch. Für Urlaub mit meinen Freunden.'

„Katsuya mit wem schreibst du?“, fragte Mai neugierig und wollte ihm das Smartphone aus der Hand nehmen, doch bekam es nicht zu greifen.

„Mit einem Kollegen. Er wollte wissen ob ich kommen kann und ich hab ihm geschrieben, dass ich zu weit weg bin um für ihn einzuspringen.“, ratterte er schnell eine Antwort herunter und verstaute das verräterische Spielzeug in sicherer Entfernung. Yuugi zog bestimmt die richtigen Schlüsse aus seiner viel zu schnellen Antwort und der hektischen Reaktion. Mai jedoch lag auch nicht so falsch: „Sieht eher aus als würdest du mit deiner Geliebten schreiben.“

„Was? Ich hab ja nicht mal deine Nummer.“ Zu der Reaktion musste Jonouchi sich gratulieren. Diese war so entwaffnend, das Mai tatsächlich kurz rot wurde und sich zufrieden zurückzog. Es herrschte kurz ein pikiertes Schweigen, bis Anzu, ganz ihrer strengen Manie, erklärte: „Keine Handys am Frühstückstisch. Das ist wirklich unhöflich, Katsuya. Auch wenn es was wegen deiner Arbeit war.“

„Ja, Mama … äh … Mazaki-chan.“ Für diesen Kommentar bekam der Blonde keine weitere Tasse seines Tees und durfte den Abwasch erledigen. Zum Glück gab es eine Spülmaschine.

Erst als er damit fertig war kam er zu den anderen raus ans Meer, wo diese sich einen Ball gegenseitig zuspielten. Er zog kurz sein Smartphone heraus und sah das von Kaiba noch eine Nachricht eingegangen war.

'Erholung nötig?'

'Ja von dir'

'Du wirst sie brauchen, wenn du in die Endrunde kommen willst'

'Das schaffe ich auch so. Und dann mach ich dich platt!'
 

Am anderen Ende der Leitung saß ein amüsierter Firmenchef, der sich genau vorstellte, wie beleidigt Katsuya drein sah. Er selbst hatte gerade eine Kaffeepause eingelegt und sich dabei die Duelle der Favoriten aus den Vorentscheiden angesehen. Ihm war gleich bewusst, wer es weiter schaffen würde, auch wenn noch einige Runden vor den Teilnehmern lag. Leider musste er zugeben, dass auch Katsuya Jonouchi zu den Favoriten gehörte. Eigentlich verwunderte es ihn nicht, doch er würde lieber ein paar Punkte an der Börse verlieren als das laut zuzugeben.

Wo er gerade wieder auf das Problem mit den Aktien kam, fiel ihn auf, dass der Verursacher seines Werteverlustes an der Börse ebenfalls an dem Turnier teilnahm. Er klickte ein paar Informationen auf und stellte zur besseren Übersicht seine holografische Arbeitsfläche ein. Er klappt den Laptop zu und sah auf den dreidimensionalen Bildschirm, der sich scheinbar in der Luft vor ihm bildete. Viele SciFi-Filme, die sein Bruder so liebte, hatten ihn zu dieser Umsetzung inspiriert. Doch bis jetzt hatte er diese Tüftellei nur hier und als Hobby betrieben. Jedoch wollte er es demnächst seinem Bruder zeigen und mit ihm an einer marktreifen Umsetzung arbeiten. Er schrieb sich auf einem Notizzettel ein paar Gedanken zu diesem Projekt auf und begann in den Hologrammen zu arbeiten. Er hatte schnell alle Informationen übersichtlich aufgerufen und dargestellt, wobei ihm einige Fehler in der Software auffielen. Doch das war vorerst Nebensache. Mit höchster Konzentration sah er sich das gefundene Material durch und runzelte die Stirn.

Ricardo Martinez war stark vorbelastet, aber bis jetzt schien niemand auf den Gedanken gekommen zu sein, dass dieser Milchbubbi mehr als nur Schlägertalent hatte. Neben den aufkommenden, zugegeben barbarischen, Duellfähigkeiten, hatte er es faustdick hinter den Ohren. Hinter mehrere Pseudonymen und falschen Vereinigungen verbarg er sich und führte ein riesiges Unternehmen aus dem Untergrund. Würde Seto nicht versuchen es auszuschließen, käme es ihm wie eine Mafiaorganisation vor. Er lies die Daten mit einer Bewegung seiner Hand herumwirbeln, als es klopfte und Mokuba ohne Aufforderung hereintrat. Seto blickte seinen kleinen Bruder an und sah an dessen Verhalten, dass etwas ernstes Vorlag.

„Du hast das Telefon in der Küche gelassen. Sawaki war dran und meint du sollst schnell die Aktien aufrufen. Jemand hat die Nachricht verbreitet, dass die Verträge mit Europa geplatzt sein. Sie sagt Mr. Miller hat sich bereits gemeldet um mit dir den für Neuseeland zu ändern.“ Seto klappte sofort seinen Laptop auf und die holografische Oberfläche verschwand. Er nahm das Telefon von Mokuba entgegen und das Adrenalin schoss ihm durch die Adern als er die Worte des Jüngeren bestätigt fand. Flink setzte er sich sein Headset auf und wählte eine Nummer. „Pressekonferenz.“, sagte er nur als Roland sich am anderen Ende meldete. Er legte auf und rief derweil einige Seiten auf um über das Internet den Nachrichten entgegenzuwirken. Derweil erhob er sich, stellte das Headset um und sah zu Mokuba. Dieser nickte nur verstehend.

„Du musst ins Büro. Schon okay. Dann kann ich mir wenigstens mal wieder einen Döner holen.“

„Iss lieber mehr Obst“, sagte der Größere und wuschelte ihm kurz durchs Haar, bevor er in seinen Hauptsitz aufbrach. Warum hatte er nicht schneller gehandelt? Die Vermutung einer solchen Aktion war doch bereits vorhanden gewesen.

„Ich habe diesen Bastard unterschätzt.“ Er wählte eine andere Nummer und verdrehte die Augen, als er ins Auto einstieg und eine ungemein amüsierte Begrüßung hörte.

„Guten Morgen, Kaiba-Boy. Willst du um Hilfe bitten?“

„Hast du deine Aktien noch?“, fragte er Pegasus und spürte etwas Erleichterung in sich aufsteigen. Da der andere sehr amüsiert klang und ihn direkt mit dem Problem konfrontiert, schien er Bescheid zu wissen und Schritte unternommen zu haben.

„Ich habe sie alle sicher und bin dir scheinbar einen Schritt voraus. Die Presse ist nur ein Ablenkungsmanöver, mein Lieber. Das deine Kurse seit der Öffnung fallen liegt an einem netten kleinen Hackerangriff. Erst seit etwa einer halben Stunde sind die Kurszahlen wieder durch den aktuellen Markt bestimmt. Ah und ja deine sind als einziges von diesem Angriff betroffen.“, erklärte er, als würde er Kaibas Gedanken über die Entfernung lesen können. „Ich denke du wirst jetzt sehr viel zu tun haben, Seto.“, ergänzte er amüsiert und doch hörte Kaiba auch Besorgnis heraus. Immerhin lag dem anderen viel an dem Fortbestand der Kaiba Corporation, aufgrund das seine eigene Firma mit dieser fusioniert war und sein geliebtes Spiel von dem Jungen am anderen Ende der Leitung vertrieben wurde.

„Ich weiß wer dahinter steckt. Und der soll sich warm anziehen.“

„Uh ich erzittere bereits.“, kam es als Schlusswort, bevor Seto auflegte. Maximilian Pegasus kannte Kaiba gut genug um diese Worte als eine Art des Dankes aufzufassen und somit widmete er sich wieder seiner Unterstützung für den faszinierend erfolgreichen Firmenchef. Er hielt die Aktien und gab die Aufzeichnungen frei, welche ihm über die erfolgreichen Verträge vorlagen. Die Nachrichten würden nicht ausreichen um Seto zu diskreditieren, doch er vermutete das mehr hinter diesem kleinen Anschlag steckte. Eine schlechte Presse war nie leicht zu beseitigen und es schien eher als sei es eine Vorwarnung.

Dieser Ansicht war auch der Betroffene, vor Allem als er in seiner Firma ankam und sich den sogenannten investigativen Journalisten stellte. Er verschwendete nur wenige Worte an sie und ließ die Verträge vorlegen. Nach nur drei Fragen verschiedener Vertreter, verschwand er in sein Büro und telefonierte mit Mr. Miller. Dieser schien mehr auf die Presse zu geben als Kaiba lieb war und so war er sich sicher, dass sein Gesprächspartner noch einem anderen Einfluss unterlag. Neuseeland schied wohl somit kurz vor Fertigstellung noch teurer als gedacht zu werden.

Eifrig nahm er einige wichtige Anrufe entgegen. Schon lange hatte er nicht mehr so viele Personen beruhigen müssen. Normalerweise war seine Sekretärin mehr als dazu in der Lage Leute abzuwimmeln. Doch in einer solchen Situation musste er selbst ran und sich im Hintergrund darauf verlassen, das Mokuba die letzten organisatorischen Aufgaben für die Endrunden übernahm. Wenn das hier heikler wurde, und er war sich sicher, dass es nur der Anfang war, würde er wahrscheinlich nicht Mal an seinem eigenen Turnier teilnehmen können. Dieses war doch fast sein einziges Vergnügen, dass er sich gönnte. Seto atmete einmal tief durch, bevor er das nächste Telefonat entgegen nahm und den Drang herunterschluckte seine Faust auf etwas einschlagen zu lassen. Ihm schwante jetzt schon, dass sich Frust anstaute. Er würde das hier erledigen und dann diesen Martinez zur Rechenschaft ziehen und vor aller Öffentlichkeit demütigen. Niemand legte sich ungestraft mit Seto Kaiba an.

Etwas verwirrt griff er in seine Hosentasche, als er dort sein privates Smartphone vibrieren spürte. 'Gestehst du dir deine Niederlage schon ein?', erschien es auf dem Display und kurz dachte er, es sei ein Kommentar zu seiner derzeitigen Situation. Doch dann fiel ihm der Absender auf und der Frust entlud sich in einer sehr gefasst wirkenden SMS.

'Ich hatte nicht vor einen niedergestreckten Köter noch zu treten. Niederlagen sind deine Stärke, also finde dich damit ab! Du bist mir bei allem unterlegen.'

'Ich beweise dir das Gegenteil.'

'Einen solchen bedarf es nicht. Mein Wissen ist dahingehend ausreichend.' Es dauerte einige Zeit bis er eine Antwort erhielt, doch sie fiel anders aus als er erwartet hätte.

'Viel Erfolg. Nur ich darf dir die Nerven rauben' Mit einem Mal war Setos ganze Wut verpufft und hinterließ einen unbekannten Eindruck: Verblüffung. Sein Hirn brauchte, gegenüber üblichen Verhältnissen, recht lange um diese SMS zu entschlüsseln. Sie ließ jedoch nur eine Schlussfolgerung zu. Selbst dem Pinscher war aufgefallen was gerade los war und er hatte die Situation mit dem vorhandenen Ernst beurteilt. Ihm gefiel es nicht unbedingt, aber manchmal war es doch beruhigend seine ehemaligen Klassenkameraden hinter sich zu wissen. Wenn er aus Zeitmangel nicht selbst am Turnier teilnehmen könnte um Martinez in die Schranken zu weisen, so würde das spätestens Yuugi für ihn erledigen. Es war fast erschreckend wie gut er diesen Kindergarten unterdessen kannte und das er sich sogar auf dessen Fähigkeiten und ewiges Gefasel von Freundschaft verließ. Er sah sie fast vor sich, wie sie überlegten ihren Ausflug zu unterbrechen um ihm indirekt unter die Arme zu greifen, indem sie Mokuba unterstützten. Erneut nahm er einen Anruf entgegen, doch dies Mal war ihm dabei leichter zu Mute. Er hatte weder die Zeit noch den Drang für oder nach Freundschaft. Doch bei dieser war es wohl wie mit dem Geld zu handhaben: Es beruhigte ungemein. Der Teufel möge ihn holen, sollte er diese Gedanken jemals zugeben. Das vertrug sich weder mit seinem Stolz, noch mit seinem Ego.
 

„Das ist wirklich hart.“, waren Otogis zusammenfassende Wort zu dem Bericht, den sie sich soeben im TV angesehen hatte. Noch immer starrten die Freunde auf das Gerät und lauschten nun den knappen Worten ihres ehemaligen Klassenkameraden. Eben noch hatte man diesen beschuldigt falsche Informationen über die Abschlussverhandlungen mit Europa veröffentlicht zu haben und nun versuchte man seine Worte aus dem Interview zu widerlegen. Doch nach allen Äußerungen musste die Presse zu dem Schluss kommen, dass Kaiba die Wahrheit gesagt hatte und wohl ein Konkurrent das Gerücht gestreut habe. Trotzdem hatte sich die Nachricht viel zu schnell in den Kreisen der Aktionäre verbreitet und für schlechte Kurse gesorgt.

„Er hat wirklich schnell und richtig reagiert.“, lobte der Würfelfreund und sah kurz auf seinem Smartphone nach, wie die Twitternachrichten zu dem Fall aussahen.

„Er hat jetzt sicher eine Menge um die Ohren“, bedauerte Yuugi das Ganze. Es nahm ihnen den Spaß am heutigen Tag. Auch wenn Kaiba nicht der beste Mensch war, so konnten sie ihn doch gut Leiden. Als Otogi die Nachricht von seinem Stellvertreter bekommen hatte, waren sie dem Wahrheitsgehalt sofort auf den Grund gegangen und Otogi reagierte sofort. Er führte ein Telefonat mit seinem Finanzie um diesen davon abzuhalten die Aktien, welche er von der Kaiber Corporation besaß, abzustoßen. Er hatte keinen Deut auf diese Nachrichten gelegt. Ein solcher Betrug war nichts das zu Kaiba passte.

„Ich werde Mokuba anrufen und fragen wie es aussieht und ob wir helfen können.“, schlug Yuugi vor und griff nach dem zustimmenden Nicken der anderen zum Telefon. Es dauerte nur kurz, bis er auflegte und seine Freunde anlächelte.

„Mokuba sagt sie kommen bis jetzt alleine zurecht. Er bedankt sich, das wir uns Sorgen machen und wir könnten, und das hat er besonders betont, NACH unserem Urlaub gerne helfen.“ Ihnen wurde etwas leichter ums Herz, doch ihre Zeit hier konnten sie nicht mehr ganz so unbeschwert genießen.

Katsuya blickte auf den Nachrichtenverlauf mit Seto. Keine Antwort. Er hoffte es war so ehrlich bei dem anderen angelangt, wie er es beabsichtigt hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Lunata79
2015-02-07T17:08:17+00:00 07.02.2015 18:08
Ja, Katsuya, ist es. Dank dir, ist Seto wieder eingefallen, dass er ungewollte Freunde besitzt, die zu 100% hinter ihm stehen, auch wenn er es eigentlich nicht will.
Sehr schönes Kapitel.
Freu mich, wenn es weitergeht.

Lg
Lunata79


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