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Trau dich!

Challenge
von

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Kasamatsu Yukio

»Nein.«

»Aber Kasamatsu-se—«

»Nein

Da dies gut und gerne das zehnte ›Nein‹ war, mit dem Kasamatsu versuchte, Kise zum Schweigen zu bringen, trat nun Moriyama vor, das Kinn selbstbewusst hervor gereckt und absolut siegessicher.

»Lass mich das machen, Kise.« Er räusperte sich klangvoll. »Kasamatsu, als Captain solltest du mit gutem Beispiel vorange—«

»Verdammt, wie oft denn noch? Nein!«

»Aber Senpai, ich habe dich nominiert!«, entrüstete Kise sich mit einer Selbstverständlichkeit, als ob diese Nominierung über sämtlichen nationalen und internationalen Gesetzen stünde.

Kasamatsu rieb sich die Schläfen. »Weißt du eigentlich, wie egal mir das ist?«

Er war diese Diskussion leid. Seit er an diesem Morgen das Haus verlassen hatte, belagerte Kise – der es sonst nicht wagte, Kasamatsu vor ihrem Morgentraining anzusprechen – ihn mit dieser stumpfsinnigen Challenge, die derzeit im Internet kursierte. Sehr zu seinem Leidwesen war dieser Trend nicht unbemerkt an ihm und seinen Schulkameraden vorbeigezogen. Und obwohl es bisher niemand gewagt hatte, ihn zu nominieren, hatte er geahnt, dass es mit seiner Ruhe vorbei war, sobald Kise sich dieser Challenge stellen musste.

Mittlerweile waren sie in den letzten Zügen ihres Nachmittagstrainings und Kasamatsu mit seiner Geduld am Ende. Er hatte sich Kises Gejammer den ganzen Tag anhören müssen und konnte jetzt schlichtweg nicht mehr genug Kraft aufbringen, sich wie ein reifer, junger Erwachsener mit dieser Situation auseinanderzusetzen.

»Ich hab's auch gemacht«, versuchte Kise es erneut, aber Kasamatsu verdrehte nur die Augen.

»Grund genug, es nicht zu tun.«

Bevor Kise zu einem weiteren Schwall aus Genörgel und fragwürdigen Argumenten ansetzte, brachte Kasamatsu ihn mit einer barschen Handbewegung vorläufig zum Schweigen.

»Mal davon ab, Kise. Wäre es nicht viel besser, sich der Challenge nicht zu stellen und stattdessen direkt zu spenden? Die Zeit, die man mit dem Video verschwendet, kann man auch anders investieren.«

Für ihn klang das alles ziemlich logisch, und auch Kobori und Moriyama nickten zustimmend, auch wenn Letzterer nicht leugnen konnte, dass ihn die Vorstellung eines nassen, schlotternden Kasamatsu amüsierte. Nur Kise schien anderer Ansicht zu sein. Empört blies er die Backen auf und funkelte seinen Captain an.

»Aber Senpai, der Part mit dem Eiswasser ist doch am wichtigsten!«

»Ich dachte, es geht um die Spenden?«, fragte Kasamatsu trocken. »Darum, eine gute Tat zu vollbringen und etwas für seine Mitmenschen zu tun.«

Er schwieg einige Augenblicke und überlegte. Dann seufzte er, fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. »Dieser ganze vorgetäuschte Massenaltruismus ist nichts für mich.«

»Altru... was?«

»Hör zu, ich mach es nicht, okay?!«, fuhr Kasamatsu ihn an, nun nicht mehr länger darauf bedacht, seine Aggressionen in irgendeiner Form zu unterdrücken. Aber auch Kise sah nicht länger ein, seine Argumente – sofern es sie denn jemals gegeben hatte – stringent zu formulieren und darauf zu achten, dass sie Sinn ergaben.

»Wie gemein! Dabei habe ich schon alle Vorbereitungen getroffen!«

Mit ausladender Geste zeigte er auf den einsamen Eimer mit Eiswasser, der ein paar Meter von ihnen entfernt mitten auf einem der Spielfelder stand und die anderen Mitglieder beim Training behinderte.

»Darum hat dich niemand gebeten, du Schwachkopf!«

»Aber ich—«

Kises Satz ging in einen Schrei über, als er dem Basketball, den Kasamatsu nach ihm geworfen hatte, nur um Haaresbreite ausweichen konnte.

»Genug davon, es reicht!« Damit drehte er sich um und wandte sich zum Gehen. Wer wusste, wie gut er sich im Griff haben würde, wenn das so weiter ging. »Jetzt reiß dich zusammen und trainier gefälligst weiter.«

Kise blinzelte ein paar Mal überrascht. So hatte er sich das nicht vorgestellt, ganz und gar nicht. Eigentlich hatte er gedacht, dass sein Captain Feuer und Flamme für seinen Vorschlag sein würde, und dass dem nicht so war, ließ ihn eine äußerst unprofessionelle Schnute ziehen, für die er bei einem seiner Jobs bestimmt Schelte von seiner Managerin bekommen hätte.

Aber Kise wäre nicht da, wo er heute stand, wenn er schnell aufgeben würde und nicht jede erdenkliche Möglichkeit nutzen würde, um sein Ziel zu erreichen. Und so tat er das Einzige, das er in diesem Moment als sinnvoll erachtete. Mit einem schelmischen Grinsen auf den Lippen schnappte er sich den Eimer, lief Kasamatsu hinterher und rief erneut seinen Namen.

»O-oi, Kise, tu das lieber ni—«

Koboris Warnung kam zu spät. Unter lautem Lachen schleuderte Kise den Eimerinhalt genau in dem Moment auf Kasamatsu, als dieser sich umwandte und ihm ein allerletztes Mal klarmachen wollte, dass er bei diesem Vorhaben nicht mitmachen würde.

Eiskaltes Wasser traf ihn mitten ins Gesicht, und er zuckte unwillkürlich zurück. Stille legte sich wie ein Decke auf die Geschehnisse in der Halle. Alle Augen waren auf Kasamatsu und Kise gerichtet. Sowie er realisierte, was er da eigentlich gerade getan hatte, wich Kise jegliche Farbe aus dem Gesicht.

»S-senpai?«, fragte er vorsichtig, als Kasamatsu sich auch nach fast einer halben Minuten noch immer nicht gerührt oder irgendeine Art von Reaktion gezeigt hatte. Das Herz pochte Kise bis zum Hals, und es schien ihm, als würde es nicht Blut, sondern pure Angst durch seine Adern pumpen.

»Ich habe eine Idee für eine neue Challenge«, begann Kasamatsu irgendwann mit leiser Stimme, die seine Wut nur mäßig verbergen konnte.

»N-nein, bitte nicht.«

Verzweifelt versuchte Kise, Abstand zwischen sich und seinen Captain zu bringen, doch für jeden Schritt, den er rückwärts ging, kam Kasamatsu einen auf ihn zu. Als er aufblickte und ihm in die Augen sah, meinte Kise, ein mordlustiges Funkeln in ihnen erkennen zu können.

»Sie heißt ›Wie viele Schläge ins Gesicht braucht es, bis einem die Nase bricht?‹, und ich möchte dir herzlich gratulieren. Du bist der erste und einzige Mensch, den ich dafür nominiere.«

»Senpai, nein, ich wollte ni—«

Das Geräusch von knackenden Fingerknöcheln ließ ihn mitten im Satz innehalten.

»Aber aber, Kise, du kannst dich nicht weigern«, säuselte Kasamatsu lächelnd, und Kise musste schwer schlucken, weil das Lächeln seine Augen nicht erreichte.

»Ich habe dich doch nominiert.«



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2018-07-01T20:09:05+00:00 01.07.2018 22:09
Echt super und sehr unterhaltsam geschrieben. Ich konnte mir das Geschehen gut vorstellen.
Antwort von:  Schangia
01.07.2018 22:50
Danke dir!


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