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Die Rache einer Hexe

oder: Das Loch im Raum-Zeit-Kontinuum
von

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Jun

Ihre Gedanken rasten. 'Was mache ich eigentlich hier?', fluchte sie in Gedanken. Aber da hatte sich schon, wie von selbst, ihre Hand gehoben und gegen die Tür geklopft. Sie wusste, dass es eigentlich nur 2 Möglichkeiten gab. Sie blieb in ihrer Welt voll Misstrauen gegenüber diesen Leuten, oder sie versuchte, mit ihnen klar zu kommen und gemeinsam einen Ausweg zu finden. An Bord bleiben oder Springen. Dazwischen gab es nichts. Von drinnen hörte man das Rascheln einer Bettdecke. Die Tür öffnete sich einen Spalt und zwei erstaunte, lilafarbene Augen starrten ihr entgegen. „Anuhea? Was machst du hier?“, fragte Lenalee verwirrt. „Du warst doch diejenige, die sagte, ich solle vorbei kommen.“, es gelang ihr nicht, den leichten Ärger in ihrer Tonlage zu unterdrücken. Ihr Gegenüber runzelte die Stirn. „Ich weiß. Komm rein.“, mit diesen Worten trat sie von der Tür zurück. Anuhea ging in den Raum und setzte sich auf den Stuhl, den die Exorzistin ihr anbot.
 

„Sein Name war Jun. Jun Sumida.“, begann die Braunhaarige unvermittelt. Mit traurigen Augen sah sie auf. „Was ist passiert?“, fragte Lenalee bedrückt und so erzählte die Waffenmeisterin ihr die ganze Geschichte.
 

Sie saß alleine auf dem Schulhof der Shibusen. Es war ihr erster Tag und sie war alleine. Niemand traute sich in ihre Nähe zu kommen. Versuchte sie, zu jemanden Kontakt aufzunehmen, schreckten sie zurück. Alle. Die Elfjährige war den Tränen nahe. Immer wieder rief sie sich ins Gedächtnis, dass die anderen nur Angst hatten, weil sie eine Kanai'i war. Auch wenn schon längere Zeit niemand mehr mit diesem Namen die Schule betreten hatte, wussten doch alle, was das bedeutete. Wenn sie nur etwas nach ihrem Vater kommen würde, wird aus ihr nicht nur eine furchtlose Kämpferin, sondern auch eine hervorragende Schülerin. Sie nahm ein Schluck aus ihrer Wasserflasche. Aber war das ein Grund, sie zu meiden? Ihren Vater hatte sie ja schließlich nie kennengelernt. Er war kurz vor ihrer Geburt bei einer Mission ums Leben gekommen. Eine Stimme hinter ihr Riss sie aus ihren Gedanken. „Hallo.“, ein Junge grinste sie an. Er hatte bläulich-weiße Haare und seine Augen waren fast vom selben Ton. Er war vielleicht 2 Jahre älter, schätzte sie. „Ich bin Jun. Ich bin eine Sense. Könntest du dir vielleicht vorstellen, meine Partnerin zu werden?“, er errötete leicht. Ihre Mine erhellte sich und sie flog ihm förmlich um den Hals. „Sehr gerne!“, lachte sie und fügte hinzu „Ich bin Anuhea. Aber eigentlich werde ich nur Anu genannt.“
 

Die ersten Monate vergingen wie im Flug und die beiden lernten schnell. Die Ausbildung zur Sensenmeisterin kostete sie viel Zeit, aber sie hatte schließlich ein Ziel zu erreichen. Sie wollte mindestens genauso stark werden, wie ihr Vater. So trainierte sie hart und immer, wenn sich die Möglichkeit ergab, nahm sie eine Zusatzstunde bei einem der Lehrer. Schnell war klar, dass sie wesentlich weiter war, als Jun. Aber das machte ihr nichts aus. Immerhin war sie der Meinung, dass die beste Waffe dem Meister nichts nützt, wenn dieser ein Versager war. So absolvierten sie Mission für Mission und so waren schnell die ersten 1 ½ Jahre der Ausbildung absolviert.
 

An einem Sommertag, in ihrem zweiten Jahr, nahmen sie mal wieder einen Auftrag entgegen. Das Ziel lag nicht weit entfernt von der Shibusen und sie entschieden sich, mit den Fahrrädern dorthin zu fahren. Es war ein schöner Tag, die Sonne lachte vom Himmel. „Das wird dann Nummer 68! Noch 31 weitere Seelen und dann schnappen wir uns eine Hexe!“ grinste Anuhea den inzwischen 15-jährigen Jun an. „Erstmal diese Mission erledigen, Anu. Dann können wir an die Nächste denken.“, Optimismus gehörte eindeutig nicht zu den Stärken des Jungen. Sie lachte und trat kräftiger in die Pedale. „Dann mal los!“, rief sie ihm noch zu, als eine Explosion sie vom Rad fegte. Jun rannte zu ihr. „Bist du in Ordnung?“, fragte er besorgt. „Jaja, nur ein paar Kratzer. Hilf mir doch bitte mal hoch.“, damit reichte sie ihm ihre Hand und er zog sie auf die Beine. Sie blickten sich um, eine Seele konnte Anuhea nicht erkennen. „Zeig dich, du Feigling!“, stieß die Meisterin zornig heraus. „Du solltest dich besser verwandeln. Ich glaube nicht, dass wir es hier mit einem normalen Gegner zu tun haben.“, sagte sie an ihren Partner gewandt. „Du meinst, hier ist eine Hexe?“, fragte dieser geschockt und erhielt nur ein Nicken als Antwort. „Sollten wir dann nicht lieber versuchen zu fliehen?“, wollte er wissen. „Meinst du, das würde ich zulassen? 2 Schüler der Shibusen weniger, diese Chance darf ich mir nicht entgehen lassen!“, kicherte eine unbekannte Stimme aus dem Wald. Jun zögerte keinen Moment mehr und verwandelte sich in eine Sense. Er musste seine Meisterin im Kampf unterstützen und schützen, soweit dies möglich war. Die nächste Explosion kam überraschend und heftig, sodass Anuhea die Sense aus der Hand rutschte. Als sie aufblickte, beugte sich gerade eine Gestalt über den zurückverwandelten Jun und hatte ihn am Kragen gepackt.
 

Mit einem Schrei stürzte sie sich auf die Gestalt und formte, wie im Einzelunterricht gelernt, die Spitze einer Gleve aus ihrer Hand. Die dunkelgrüne Klinge hatte die gleiche Farbe wie ihre Augen. Vereinzelt zuckten hellgrüne Blitze über die Oberfläche. Mit all ihrer Kraft rammte sie die Klinge in den Körper der Gestalt und schlug mit dieser gemeinsam gegen den nächsten Baum. „Das ist ja mal eine Überraschung!“, presste die Hexe hervor und schon wurde Anuhea von einer weiteren Explosion zurückgeschleudert.
 

Als sich der Staub gelegt hatte, fand Jun sie auf dem Boden liegend in einer Lache ihres eigenen Blutes. Von der Hexe war keine Spur mehr zu sehen. Er presste das schwer atmende Mädchen an sich. „Anu, hörst du mich? Halte durch, mach keinen Scheiß! Ich bring dich in die Schule zurück, hörst du?“, Tränen bahnten sich ihren Weg seine Wangen hinunter. Er hob seine Meisterin behutsam hoch. „Es ist alles meine Schuld. Wäre ich doch nur stärker. Dann wäre das nie passiert!“, machte er sich Vorwürfe während er schnellen Schrittes auf den Waldrand zuging. Von weitem hörte er Schritte, die sich auf ihn zu bewegten. Er presste sie enger an sich und versteckte sich im Schatten der Bäume. Erleichtert atmete er auf, als er seinen Lehrer Sid, sowie weitere Schüler der Shibusen erkannte. Er trat aus seinem Versteck und während sie gemeinsam zurück zur Schule gingen, schilderte die Sense den Vorfall.
 

Es vergingen einige Wochen, bis sie sich vollständig von ihren Verletzungen erholt hatte. Was jedoch schwerer wog, als der Schmerz ihrer Wunden war, dass sich Jun immer weiter von ihr distanzierte. Selbst in der gemeinsamen Wohnung ging er ihr aus dem Weg. Eines abends hielt sie es nicht mehr aus, als er wortlos nach Hause kam und direkt in sein Zimmer abbog. „Was soll das eigentlich?“, keifte sie ihn an. „Hast du vergessen, dass wir Partner sind? Wir beschützen uns nun einmal gegenseitig. Ich brauche dich genauso, wie du mich. Und außerdem bist du mir verdammt wichtig...“, waren die ersten Worte noch gebrüllt, so leise und von Tränen erstickt war der letzte Satz. Jun strich ihr ein paar Strähnen aus dem Gesicht. „Aber was tauge ich dir als Partner, wenn ich dich nicht beschützen kann? Wenn ich zu schwach dafür bin? Außerdem kannst du scheinbar auch sehr gut auf dich alleine auspassen“, antwortete dieser. Ungläubig starrte ihn Anuhea an. „Du bist nicht schwach! Und alleine möchte ich erst recht nicht kämpfen! Gemeinsam finden wir einen Weg und werden zusammen stärker!“ Der Junge nickte. „Ja, wir sollten es zumindest versuchen.“ 'Und ich habe da ja noch eine andere Idee.', fügte er in Gedanken hinzu. „Du hast ja recht. Entschuldige bitte. Die letzte Zeit war sehr schwer für mich. Ehrlich gesagt, bin ich total fertig und möchte jetzt nur noch ins Bett. Ich hoffe, du bist mir nicht mehr böse.“, er umarmte seine Meisterin kurz. Sie wünschten sich eine gute Nacht und gingen beide zu ihren Zimmern.
 

Später in der Nacht wurde sie von dem Knarzen einer Tür geweckt. Das war eindeutig die Zimmertür von Jun. Sie stand auf und fand ihren Partner im Wohnzimmer wieder, als dieser sich gerade seine Schuhe anziehen wollte. „Wo willst du um diese Uhrzeit noch hin?“, bei dem Klang ihrer Stimme zuckte er zusammen. „Ich kann nicht schlafen. Ich wollte mir noch ein wenig die Beine vertreten.“, bekam sie als Antwort. Anuhea sah ihn fragend an. „Du gehst doch sonst nicht spazieren. Alles in Ordnung? Soll ich vielleicht mitkommen.“ „Nicht nötig, ich bin bald wieder da.“, mit diesen Worten war er schon zur Tür heraus und ließ ein sichtlich verwirrtes Mädchen alleine in der Wohnung.
 

Dieses Schauspiel wiederholte sich einige Tage und Jun wurde immer eigenartiger. So schlich seine Meisterin ihm eines Nachts nach. Ihre schlimmste Befürchtung wurde bestätigt, als sie miterleben musste, wie Jun eine reine Seele verzehrte. Mit Tränen in den Augen lief sie zur Schule. Sie musste sofort den Shinigami davon unterrichten.
 

„Das sind schwere Anschuldigungen die du da gegen deinen Partner erhebst. Bist du dir sicher, dass es so war?“, fragte dieser als Anuhea mit ihrem Bericht geendet hatte. Sie nickte unter Tränen. „Sonst wäre ich nicht hier und...“, ihre Stimme versagte. Der Verrat ihres Partners schmerzte schlimmer als alles, was sie, was sie bisher kannte. „Dann weißt du, was zu tun ist“, Spirit fixierte sie mit ernstem Blick. Sie nickte erneut. Ja, sie wusste, was nun zu tun war. Und sie hatte Angst davor.



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