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Breathe Me

von

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One

Ouch, I have lost myself again Lost myself and I am nowhere to be found
 

Schweißgebadet wachte sie auf.

Immer wieder der selbe Traum. Seit über zwei Monaten.

Panisch blickte sie sich in ihrem Zimmer um. Sie war zu Hause. In Sicherheit.

Zumindest vorerst.
 

Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es erst vier Uhr morgens war. Gisele blickte kurz auf ihr Kissen und verzog das Gesicht. Sie hatte keine Lust wieder einzuschlafen und erneut in diesem grässlichen Traum zu versinken. Hans Schreie. Brians Schreie. Romans Schreie. Der Geruch nach verbrannter Haut. Für immer würde der Schriftzug auf Brians und Hans Unterarmen prangen. Die Heiler hatten ihnen gesagt, dass sie nichts dagegen tun könnten.

Niemals.

Gisele schluckte die Galle hinunter und stand auf. Sie trat vor den großen Spiegel und schob ihr Top etwas hoch. Eine lange Narbe prangte auf ihrem Bauch und würde sie für immer an diesen schrecklichen Abend erinnern. Ein Abend, der eigentlich in einem wunderbaren Fest enden hätte sollen. Und was war geschehen? Die Rebellen hatten die Schutzkuppel zerstört und waren über sie alle hergefallen. Wie die Tiere. Das schlimmste daran war die Tatsache, dass Tonis ehemaliger bester Freund unter den Rebellen war und es auf die Crew abgesehen hatte. Hauptsächlich auf Brian und Han. Und natürlich auf alle anderen, die ihm im Weg standen.

Colin Braga.

Ihm hatte sie den ganzen Mist zu verdanken.

Gisele schluckte schwer. Immerhin war ihrem Bruder nichts passiert.

Professor McGonagall war tot und die Schule wurde inzwischen von einem ehemaligen Ministeriumsangestellten geleitet. Er hatte sie in drei neue Häuser unterteilt. Diamant, Saphir und Rubin. Aufgeteilt wurden sie alle nach ihrem Blutstatus. Zu ihrer aller Sicherheit, wie man ihnen gesagt hatte. Doch Gisele glaubte langsam nicht mehr daran. Sie glaubte nicht daran, dass sie irgendwo noch sicher waren.

Sie ließ ihr Shirt los und setzte sich auf den Stuhl, vor dem Schreibtisch. Ihre Ellenbogen stützte sie auf den Knien ab, bevor sie den Kopf in die Hände legte und auf den Boden starrte. Wie ein Film spielte sich alles erneut vor ihrem inneren Auge ab. Toni hatte sie von der Mauer geholt. Nate hatte sie aus der Gefahrenzone gebracht. Sie hatte nichts tun können um ihren Freunden zu helfen. Ihr bester Freund war schwer verletzt worden - es war hart Roman so am Boden zu sehen. Roman und sie waren zwei Wochen im St. Mungo Hospital gelegen um sich von ihren körperlichen Verletzungen zu erholen. Ihre seelischen Wunden würden sie wohl nie heilen können.

Niemals.

Sie war wieder mitten im Schlachtfeld.

Wieder spürte sie das warme Blut ihren Körper hinablaufen, hatte den metallischen Geschmack sofort im Mund.

Wieder hörte sie Hans und Brians Schreie, hatte den frischen Schriftzug klar vor Augen. Wieder stieg ihr der Geruch verbrannter Haut in die Nase.

Gisele richtete sich hastig auf und lief in das angrenzende Badezimmer. Gerade noch rechtzeitig beugte sie sich über die Toilette.
 

Ein kalter Schweißfilm hatte sich über ihren kompletten Körper gelegt. Zitternd richtete sich die Braunhaarige wieder auf und betrachtete ihr Spiegelbild. Ihre Mutter würde wohl einen Mini-Herzinfarkt bekommen. Die Schatten unter ihren Augen waren noch dunkler, ihre Wangen waren noch eingefallener … das würde Ms. Carter sr. gar nicht gefallen. Und ihrem Zwilling noch weniger.

Ein leises Seufzen entwich ihr, als sie ihre Hände unter den kalten Wasserstrahl hielt und anschließend ihr Gesicht wusch. Keine Minute später flogen ihre verschwitzen Schlafshorts und das Top quer durch das Badezimmer, bevor sie sich unter die kalte Dusche stellte. Verbissen versuchte sie ihre Gedanken auf etwas anderes zu lenken, was nur schwer möglich war. Egal an wen sie dachte, im Endeffekt verband sie ihn immer wieder mit dem Angriff. Die Parker-Drillinge hatten Professor McGonagall sterben gesehen. Brian und Han waren gebrandmarkt worden. Roman war ausgeknockt und gefoltert worden. Gaby und Nate wären beinahe verbrannt.

Nate.

Er hatte sie von dort weggebracht. Und was hatte sie getan? Sie hatte ihm eine Ohrfeige verpasst, weil er ihre Freunde, ihre Familie, angeschnauzt hatte. Erst zwei Wochen später hatte sie sich bei ihm entschuldigen können. Und dann? Dann waren sie im Bett gelandet. Wie genau das passieren hatte können war ihr zwar immer noch ein Rätsel, aber es war passiert. Eigentlich hatte sie gedacht, dass sie über Nate hinweg war, doch nach dieser intensiven Nacht, den gestohlenen Küssen und den zärtlichen Berührungen, war sie sich da nicht mehr so sicher. Dass Roman seit dem Angriff vermehrt dafür sorgte, dass sie immer öfter alleine mit Han war, trug nicht gerade dazu bei, dass sie sich ihrer Gefühle sicherer wurde.

Mit einem tiefen Seufzen stellte sie das Wasser ab und schlang sich ein Handtuch um den Körper, als sie aus der Dusche trat. Draußen war es immer noch stockdunkel und ein Blick aus dem Fenster verriet ihr, dass dicke Schneeflocken vom Himmel fielen. Unwillkürlich musste sie Lächeln. Weiße Weihnachten. Das würde Simon gefallen.

Wenigstens etwas Positives, das es am heutigen Tag zu verzeichnen gab.
 

Nachdem Gisele sich eine Jogginghose, ein Top und einen von Romans Pullovern übergezogen hatte, setzte sie sich an ihren Schreibtisch und betrachtete das geordnete Chaos dort. Überall lagen Fetzen von Geschenkspapieren. Die meisten Geschenke hatte sie schon verschickt, doch zwei Dinge lagen noch auf dem Tisch und warteten darauf, dass Gisele endlich eine Entscheidung fällte. Mit einem tiefen Seufzen zog sie schließlich eine Schachtel unter dem Tisch hervor und steckte den schwarzen Motorradhelm hinein. Nachdem Roman im Sommer mehr als nur ihr Motorrad geschrottet hatte, hatte sie sich gedacht, dass es doch nett wäre Han einen Helm zu schenken. Oder war das zu übertrieben?

Nein.

Oder doch?

Die Carter biss sich auf die Unterlippe und kickte die Schachtel schließlich wieder unter den Tisch. Sie würde Simon fragen. Obwohl … eigentlich wollte sie nicht, dass er irgendetwas davon mitbekam.

Erneut entwich ihr ein Seufzen, als sie nun die elegante, blaue Schachtel heranzog und den Deckel anhob. Eine hübsche dunkelblaue Krawatte lag darin. Passend zu dem Hemd das Nate damals bei ihrem ersten Date getragen hatte. Sie hatte ihn noch einen Monat später damit aufgezogen, dass die Krawatte schrecklich gewesen war. Es war sowas wie ein Running Gag gewesen. Doch war es das immer noch? Oder war es zu übertrieben, ihm das gute Stück zu schicken?

Verzweifelt legte Gisele die Stirn auf die Tischplatte und stöhnte genervt. Wieso war das alles nur so … dämlich!? Ein paar Minuten bemitleidete sie sich selbst, bevor sie sich schließlich einen Ruck gab, die beiden Schachteln einpackte, beschriftete und sie mit hinunter in die Küche nahm. Ihre Mutter war bereits wach und Gisele bat sie, die Pakete so zu verzaubern, dass die Familieneule die Geschenke ihren Besitzern überbringen konnte. Auf Emily Carters Gesicht lag ein verschmitztes Lächeln, welches Gisele nur mit einem Augenrollen quittierte.

»Wie geht es dir heute?«

Gisele zuckte mit den Schultern.

»Ganz gut denke ich.«

Ihre Mutter beobachtete jede ihrer Bewegungen mit Argusaugen, weshalb Gisele beschloss sich mit einer Tasse Tee an den Tisch zu setzen. Ihr mehrfach gebrochenes Bein war zwar im St. Mungo Hospital innerhalb eines Tages wieder geheilt worden, doch manchmal tat es noch immer weh. Vor allem wenn sie zu wenig Schlaf bekommen hatte. Was in letzter Zeit häufig der Fall war. Emilys blaue Augen lagen noch einen Moment auf ihrer Tochter, bevor sie sich ebenso an den Tisch setzte und einen Zuckerwürfel in ihre Teetasse fallen ließ.

»Euer Vater kommt heute.«

Gisele hob die Brauen.

»Das dachte ich mir bereits.«

Immerhin war Weihnachten. Und ihre Eltern waren erwachsene Menschen, die sich nicht die Augen auskratzten, nur weil sie nicht mehr zusammen waren.

»Ich weiß. Ich wollte dich nur vorwarnen, dass ich mit ihm und euch beiden reden möchte. Die ganze Sache an Hogwarts … vielleicht ist es nicht doch besser-«

»Nein, Mom!«

Gisele knallte ihre Teetasse so heftig auf den Tisch, dass sie überschwappte und Emily erschrocken zurückzuckte. In den letzten Wochen hatte sie dieses sensible Thema schon öfter angesprochen. Sie wollte nicht, dass ihre Kinder weiter die Zaubererschule besuchten - wer wusste schon wie sicher es wirklich war? Und die Rebellen waren bereits einmal dort eingefallen - was hinderte sie daran es noch einmal zu tun?

»Ich werde Hogwarts nicht verlassen. Und Simon geht es bestimmt genauso!«, schnaubte die Hufflepuff, stand auf, stürmte aus der Küche und ließ eine seufzende Emily zurück.

Auf dem Weg nach oben stolperte sie beinahe über ihre Katze. Schnell hob sie das weiße Knäuel hoch und lief in ihr Zimmer, wo sie die Tür lautstark hinter sich schloss. Heiße Tränen liefen über ihre Wangen. Wie konnte ihre Mutter ausgerechnet heute wieder damit anfangen? Sie hatte nicht vor Hogwarts zu verlassen. Niemals. Ihre ganzen Freunde waren dort.

Und ein paar so dämliche Rebellen hinderten eine Gisele Emily Carter sicher nicht daran weitere eineinhalb Jahre diese Schule zu besuchen.



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