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Im Meer der Erinnerungen

von

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Eine Welt aus Wasser

Das kontinuierliche Rauschen eines sich ewig hinziehenden Wolkenbruchs, lockte den angeschlagenen Digiritter aus dem Schlaf. Als die Sicht aufklarte und sich wieder scharfe Bilder vor ihm auftaten, erkannte er Veemon am Eingang einer Grotte sitzen, welches in den tristen Himmel starrte. Verglichen mit seinem schemenhaften Erwachen vor gut zwei Tagen, war auch sein Kopf und sein Bewusstsein erfrischend klar. Mit einer langsamen Bewegung versuchte Daisuke sich aufzusetzen, aber im selben Moment suchte ihn wieder das brennende Stechen in seiner Schulter heim und er ließ sich mit einem Keuchen zu Boden fallen.

„Daisuke! Du bist aufgewacht!!“, rief Veemon, welches durch das kurze Schnaufen aufmerksam wurde und lief gleich auf seinen Partner zu, „Wie fühlst du dich?“

„Hey Veemon, na ja, ich glaube ich lebe noch“, entgegnete Daisuke mit einem unverwüstlichen Lachen.

„Was für ein Glück wir haben, dass Tinkermon und Nagisa-kun in der Nähe waren“, meinte Veemon, „Sie haben uns gerettet.“

„Wie?“, Daisuke sah sich in der Grotte um, aber bis auf ein wenig sterbende Glut, konnte er niemanden erkennen, „Wo ist eigentlich Takeru?“

„Den haben die Phantomon mitgenommen“, nun endlich konnte er Nagisas Stimme hören. Wenige Sekunden darauf erschien der langhaarige Junge mit den mysteriösen, goldenen Augen in der Höhle. Daisuke stockte der Atem. Einerseits weil Nagisa dem Anschein nach sogar an einen Regenschirm dachte, sobald er in die Digiwelt reiste, zum anderen weil es sich so anhörte, als sei Takeru nicht mehr bei ihnen. Nagisa setzte sich auf die Knie neben Daisuke und blickte ihn eindringlich an: „Zieh dein T-Shirt aus, ich muss deinen Verband wechseln.“

„Was?!“, fiepte Daisukes Stimme ein wenig überrascht und wenn er es sich recht überlegte, wollte er auch nicht, dass Nagisa ihn ansah oder anfasste.

„Stell dich nicht so an. Ich hab dich nicht gesundgepflegt damit ich dich jetzt umbringe“, meinte er und sah sich um, „Tinkermon, bring mir doch mal den Rucksack.“

Das kleine Digimon seufzte: „Von Bitte und Danke hast du auch noch nie etwas gehört…“

Daisuke stand die Verwirrung ins Gesicht geschrieben. Tinkermon schwebte ihnen entgegen, einen für ihre Körpergröße gigantisch aussehenden Rucksack mit beiden Händen haltend und ließ ihn mit einem Plumpsen zu Boden gehen. Das Gepäckstück fiel gewichtig auf den kalten Untergrund auf dem sie saßen.

„Ist das nicht viel zu schwer, Tinkermon?“, wollte Daisuke besorgt wissen, der der kleinen Fee trotz ihrer Stärke im Kampf nicht zu viel körperliche Anstrengung zumuten wollte. Die klaren blauen Augen fingen vor Begeisterung an zu glitzern. „Nein, nein, das ist schon in Ordnung, ich habe kraft in den Armen. Unser Nagisa hat sich so daran gewöhnt, dass er sich nicht mehr bedankt…“, seufzte sie als Antwort. Der dunkelhaarige Junge ignorierte den plötzlichen Zusammenschluss der beiden und widmete sich dem Inhalt des Rucksacks. Er begutachtete die verschiedenen Utensilien, welcher er aus dem Krankenzimmer der Schule stibitzt hatte. Die Schulkrankenschwester war wohl auf allesmögliche eingestellt was Unfälle betraf und so gehörten Antiseptika, Mullbinden sowie Nadel und Faden auch zu den Dingen in seinem Rucksack.

Als nächstes ging durch die Höhle ein schmerzhaftes Aufschreien. Kuranosuke zog ein schiefes Grinsen als er das Pflaster ohne Vorwarnung unsanft von Daisukes Schulter löste.

„Oh Mann, Nagisa, kannst du nicht vorsichtiger sein?!“

Die Augen des Jungen begutachteten die Wunde. Immerhin schien alles gut anzuheilen, die Fäden der Naht schienen auch gut von der Haut angenommen zu werden und Eiter oder Entzündungsanzeichen ließen sich nicht erkennen. Daisuke war ein zäher Bursche.

„Nö“, entgegnete Kuranosuke knapp, ertränkte einen Wattebausch in einer antiseptischen, bräunlichen Flüssigkeit und ging damit noch einmal über die Naht. Daisuke zuckte zusammen, denn die Schulter fühlte sich noch ziemlich empfindlich gegenüber Berührungen an. Kuranosuke ging nicht besonders sanft mit seinem Zimmergenossen um, aber Daisuke war hart im Nehmen. Veemon saß neben ihnen wobei es ihm schwer fiel Kuranosuke nicht darum zu bitten sich ein wenig vorzusehen. Dabei sollte ein intelligenter Junge wie er die Anzeichen des Schmerzes an den zusammengebissenen Zähnen wohl erkennen. Schließlich, nach einer kleinen Stille in der nur das Rauschen des Regens und ein bisschen Wimmern seitens des Jungen zu hören waren, rang Daisuke sich doch dazu durch den anderen etwas zu fragen: „Du, Nagisa… Bist du uns in der Schule gefolgt?“

Kuranosuke zögerte einen Moment bevor er bedächtig nickte und entgegnete: „Ja, das habe ich. Ich wusste ja, dass das Band der mutigen Freundschaft leichtsinnig ist, aber ein bisschen mehr Umsicht hätte ich schon gerechnet.“

Daisuke verzog seine Züge zu einem leichten Schmollen. Natürlich hatte sein Gegenüber irgendwie Recht. Er hätte es sich dreimal vorher überlegen müssen Takeru mit in die Digiwelt zu nehmen. Vor allem weil alles darauf deutete, dass man es auf den Blonden abgesehen hatte und das Tor zur Digiwelt ansonsten verschlossen war. Im Nachhinein erschien es Daisuke viel klüger in der realen Welt zu bleiben um auf die anderen zu warten damit man sich beraten konnte. Dennoch waren sie in der Digiwelt durch ihre Digimon nie einer tatsächlichen Gefahr ausgesetzt und so lange sie ihre Partner hatten, würden sie auch nie in ernsthafte Schwierigkeiten geraten – jedenfalls ist es bis zu diesem Tage so gewesen. Doch anscheinend veränderte sich die Digiwelt mit ihnen.

„Wieso Band der mutigen Freundschaft?“, erkundigte sich Daisuke. Kuranosuke zuckte seine Achseln. „So was sagt man doch nicht einfach, oder?“, hakte der Andere weiter nach. „So ist halt dein Name“, entgegnete Kuranosuke wieder untermalt von einem Zucken mit den Schultern.

„Mein Name? Ach red‘ keinen Quatsch, ich heiße Motomiya Daisuke!“, entfuhr es ihm ein wenig verwirrt. Tinkermon und Veemon kicherten neben ihm. „Was ist denn?“

Da Tinkermon sich vor Lachen in der Luft kringelte und sich den Bauch hielt, gab sie Veemon ein Zeichen es ihm zu erklären. „Aber Daisuke, so heißt ihr in unserer Welt. Hier hat jeder einen Namen der zu ihm passt und etwas über seine Person aussagt. Aber wir Digimon benutzen sie nur unter uns, weil die Menschen eben andere Namen in ihrem Alltag gebrauchen“, erklärte Veemon noch immer ein bisschen belustigt, doch sah dann zu Kuranosuke hinüber, „Aber warum weißt du davon? Hat Tinkermon dir deinen Namen verraten?“

Kuranosuke schüttelte den Kopf: „Nein, den kannte ich schon von Anfang an. Als ich zum ersten Mal in der Digiwelt erwachte, wusste ich ihn. Ich bin der Aschekrieger und in der Menschenwelt nennt man mich Nagisa Kuranosuke, denn ich bin mit dem Meer verbunden.“

„Das versteh‘ ich nicht so richtig, aber du kannst mich doch schon noch Daisuke nennen oder?“, wollte er wissen, „Aber… sag mal Nagisa, was haben die Phantomon mit Takeru vor?“ Wieder zuckte Kuranosuke mit seinen Schultern. Dies überstieg selbstverständlich auch seinem Wissen, denn alles was sich ihm aus den Plänen der Macht der Dunkelheit erschloss war die totale Vernichtung der Digiwelt, so wie die Kinder sie kannten. Ein durchdringender Blick lag auf seiner Haut. Daisuke vertraute ihm nicht, er hatte es nie getan. Eine Rettung trug nicht dazu bei ihn wenigsten ein bisschen positiver zu stimmen. Vermutlich war das auch gut so.

„Alles was ich weiß ist, dass die Kreatur im Meer das Kind der Hoffnung will“, antwortete Kuranosuke kurz angebunden.

„Kinder der Hoffnung… du meinst Takeru – hab ich Recht?“, fragte Daisuke neugierig. Der andere Junge nickte schweigend. Natürlich musste Takeru das Kind der Hoffnung sein, denn dies war sein Wappen und er zeichnete sich durch dieses charakterlich aus.

„Aber wieso nimmt man uns ausgerechnet die Hoffnung?!“, murmelte Daisuke nachdenklich vor sich hin.

„Ist doch nicht dein Ernst, oder?“, wollte Tinkermon wissen, „Das ist doch so… wenn man die Hoffnung auslöscht, dann breitet sich die Verzweiflung auch bei den Digirittern aus. Verzweiflung führt zur Aufgabe, Motomiya Daisuke. Nimmt man euch die Hoffnung, dann schwindet die Jungfrau des Lichtes dahin und mit ihr auch die Freundlichkeit und Liebe nicht zuletzt auch die Freundschaft und alle ehrbaren Eigenschaften der Menschen.“

„Ihr wisst es nicht, aber die Macht der Dunkelheit hat inzwischen ihre Klauen nach euch allen ausgestreckt“, meinte Kuranosuke leise, „Du sahst Takeru nicht mehr als Freund, richtig?“

Daisuke Augen weiteten sich vor Überraschung. Kuranosuke hatte Recht, vor ein paar Wochen – oder waren es nur Tage? – hatte er Takeru lediglich als lästig empfunden und war froh ihm nicht mehr jeden Tag begegnen zu müssen. Er hatte sich gedacht, dass man nicht mit jedem befreundet sein musste, dabei hatten sie stets Seite an Seite gekämpft und vor allem im Kampf gegen BelialVamdemon vor einem Jahr, hatte sich Takeru besonders empfänglich für eine Freundschaft mit Daisuke gezeigt. Wieso und vor allem wann zerbröselte dieses Band des Zusammenhalts eigentlich?

„Ah, ich merke, dass du dich erinnerst. Also, bevor du mir hier noch ein Ohr abkaust…“, Kuranosuke kramte weiter in seinem Rucksack herum und warf Daisuke schließlich einen kleinen Ball aus Reis zu, um dessen Mitte ein Streifen Nori-Seetang gewickelt war, „Da, iss. Die sind aus Inoue Miyakos Laden. Wir haben ein paar.“

„Nagisa, können wir Kontakt zu den anderen aufnehmen? Ich habe versucht ihnen eine E-Mail aufs D-Terminal zu schicken aber sie kam nicht an. Heißt das, dass wir jetzt allein gegen die Macht der Dunkelheit kämpfen müssen?“, fragte Daisuke, doch erhielt ein Kopfschütteln. „Die Digiritter sind auf dem Weg hierher zur Fileinsel. Ich habe der Jungfrau des Lichtes eine E-Mail geschrieben, ein Notsignal, wenn du so willst“, erklärte Kuranosuke, „Ich steh nicht drauf mich zu wiederholen, also werden wir warten bis die Digiritter hier sind und dann beschließen wir gemeinsam, wie wir vorgehen. Du hast ja schon bemerkt, dass die Championdigitation nicht mehr funktioniert. Das kommt durch das Meer der Dunkelheit, dass man gleich zweifach in die Digiwelt hineinkopiert hat.“

„Gleich zwei Mal? Man ist das verrückt…“, meinte Daisuke von den vielen Informationen erschlagen und lehnte sich mit dem Rücken an die Wandt, „Das uns so etwas mal passieren würde… Was ist eigentlich aus Patamon geworden? Es war doch bei uns als wir angegriffen wurden…“

„Das sucht nach den anderen Partnerdigimon. Sie befinden sich auch hier auf der Fileinsel weil es das letzte noch zu erreichende Land in der Digiwelt ist“, bemerkte Kuranosuke und verfiel in erneutes Schweigen. Draußen schlugen die gnadenlosen Regentropfen hart auf den Boden ein, so als versuchten sie den Grund mit ihrer Geschwindigkeit und Härte in die Knie zu zwingen. Die beiden Jungen sahen in den Vorhang der strippenähnlichen Regenwand hinaus. Der Himmel hing voller Geigen, die lediglich ein langes, monotones Requiem von sich gaben und die Erde mit Kälte und Trostlosigkeit erfüllte. Die Pflanzen auf dieser Insel waren am Ertrinken.
 

Wolken hingen an diesem Morgen über Tokio. Begleitet von einem lauen Wind versprach das Wetter noch mehr Regen, obwohl es in letzter Zeit doch genug Niederschlag gegeben hatte. Irgendwo löste diese bedrückende Wolkenstimmung das Bedürfnis, den Vortag wieder herbei zu sehnen, denn der war mit Sonnenlicht erfüllt gewesen. Trotz der anhaltenden Wärme, wofür der Sommer sich auszeichnete, krochen die Luftfeuchtigkeit und die laue Temperatur des barschen Windes den Digirittern unter die Haut bis auf die Knochen.

Sie hatten sich alle miteinander versammelt. Die Digiritter aus der ersten Generation standen um die jüngeren der zweiten herum. Sogar Mimi und ihren Freunden Michael und Wallace sind extra aus den Vereinigten Staaten gekommen um den Reisenden viel Glück für ihr neues Abenteuer zu wünschen. Wie bereits in der Rundmail, welche Koushirou allen Beteiligten geschrieben hatte, war jeder darüber informiert, dass einige von ihnen in der realen Welt verweilen mussten um abzuwarten ob die Macht der Dunkelheit versuchte sie auch hier zu erreichen. Nur Takeru, Kuranosuke und Daisuke fehlten in ihrer Mitte um die Versammlung zu komplettieren.

Koushirou bereitete seinen Computer vor um eine Verbindung mit Gennai aufzubauen und wandte sich dann an die anderen: „Also los. Alle die in die Digiwelt reisen sollten jetzt vor den Computer gehen und alle anderen halten sich fern. Wenn ihr erst Mal dort seid, wird es schwierig wieder in diese Welt zurückzureisen so lange die Phasen durcheinandergeraten sind.“

Die jüngeren Digiritter nickten. Allen voran ging Miyako, die als älteste der zweiten Generation Verantwortung übernehmen wollte, entschlossen umklammerte ihre schlanke Hand das kleine Gerät, mit welchem sie das Tor zur Digiwelt bald öffneten. Auch Taichi und Yamato traten vor und in ihren Augen lag nicht nur Entschlossenheit, sondern auch Zuversicht ein weiteres Abenteuer bestehen zu können.

„Taichi-senpai?“, fragte Miyako ein wenig überrascht.

„Ja, Taichi und ich werden mit euch gehen“, erklärte Yamato.

Der Junge mit dem wild zerzausten Haaren nickte als Zustimmung: „Wir dachten, dass es vielleicht ganz gut wäre wenn wir euch begleiten. Immerhin waren wir schon für eine längere Zeit in der Digiwelt während ihr immer die Möglichkeit hattet zwischen den Welten zu reisen.“

„Außerdem haben eure Eltern uns darum gebeten“, meinte Yamato mit einem leichten Grinsen. Ein etwas nervöses Lachen ging durch die die Gruppe der Digiritter. Der Vorabend hatte ihnen einige unangenehme Gespräche eingebracht, doch letztendlich stand keiner der Eltern ihnen im Weg. Die Erlaubnis diesem Unterfangen beizuwohnen gaben sie ihren Kindern keineswegs, weil sie nicht um ihre Sicherheit fürchteten, sondern weil sie wussten, dass sich die Situation um einiges verschlechtern konnte. Vor einigen Jahren überfiel Vamdemon die Stadt und nahm viele Gefangene. Nicht einmal die Polizei sah sich zu jenem Zeitpunkt in der Lage, die Bevölkerung zu beschützen oder aus der großen Messehalle Big Sight herauszuholen. Außerdem lebte in den Erwachsenen immer noch die Überzeugung, dass ausgerechnet ihre Kinder über Kräfte verfügten. Diese Kräfte mussten sie vereinen um diese fremde Welt zu retten und nicht zuletzt auch ihre eigene vor dem absoluten Chaos zu bewahren.

„Also, seid ihr bereit?“, wollte Miyako mit einem entschlossenen Lächeln wissen. In ihr lebte die Unruhe und Angst vor neuen, harten Kämpfen weiter. Ihre Freunde wollte sie allerdings nicht allein in ein gefährliches Abenteuer ziehen lassen. Vor allem dann nicht, wenn auch Ken dabei war, der augenblicklich nur seinen besten Freund Daisuke in Gedanken hatte. Die jüngeren Digiritter nickten zustimmend. Auch Taichi und Yamato gaben an, dass sie bereit waren in die Digiwelt zu reisen. Traditionshalber übernahm Miyako das Aufbruchsritual, doch bevor sie ihre Stimme erheben konnte, meldete sich Sora noch zu Wort: „Yamato-kun!“ Ohne zu zögern ging sie zu ihm, trotz Koushirous Warnungen. Er wartete seine Freundin mit einem leichten Lächeln: „Was denn? Habe ich dir nicht schon gesagt, dass ich mich nicht davon abhalten lasse?“

Das hellbraunhaarige Mädchen stemmte ihre Hände in die Hüften und entgegnete streng: „Ishida Yamato-kun, willst du mich für dumm verkaufen!? Als ob ich dich von der Digiwelt fern hielte… Sei froh dass ich dich und Taichi dorthin gehen lasse. Nein, ich wollte dich noch mal warnen, wenn du dich jemals leichtsinnig verhältst, mein Lieber, dann bekommst du es mit mir zu tun!“ Sie griff nach Yamatos Hand und legte etwas Kleines hinein. Als der hellhaarige Junge sie öffnete, sah er einen kleinen Stoffbeutel, den man mit einer langen Kordel zuschnüren konnte. Er war nicht größer als das er ihn in seiner Hand einschließen konnte, und auf die Vorder- und Rückseite waren ihre beiden Wappen ineinander verschlungen aufgestickt. Dieser kleine Stoffbeutel glich einem Glücksbringer, den man in Shintoschreinen kaufen konnte. Sora hatte ihn selbst gemacht.

„Du kannst dich auf mich verlassen, Sora. Wir sind sicher bald wieder da“, Yamato zwinkerte ihr zu und wies ihr, wieder zu den anderen zu gehen. Sora nickte, für sie und die anderen Digiritter vergingen vermutlich nur ein paar Tage bevor sie ihre Freunde wiedersahen, doch für die Reisenden selbst dauerte es mit Sicherheit Wochen oder sogar Monate.

„Passt auf euch auf“, baten die Zurückbleibenden sorgevoll. Taichi und Yamato nickten, die jüngere Generation tat es ihnen gleich. Auf dem Computerbildschirm war ganz groß das Tor zur Digiwelt abgebildet. Miyako hielt nun ihr D-3 Digivice an den Monitor und sprach die berühmten Worte des Ausrückens: „Tor zur Digiwelt, öffne dich! Auf geht’s Digiritter, wie haben eine Mission zu erfüllen!“ Ihre Stimme schallte laut und deutlich durch den Kaihinkouen, der noch überhaupt nicht besucht war. Das Tor empfing sie mit einem gleißenden, weißen Lichtstrahl, welcher die ganze Gruppe umschloss und in sich hineinsog. Nach nur wenigen Sekunden erschien der Platz so, als wären diese fünf Personen nie mit der restlichen Gruppe anwesend gewesen. Koushirou, wartete einen kurzen Moment um sich zu vergewissern, dass sich das Tor wieder verschloss. Die aufgeregte Stimme Gennais drang an sein Ohr: „Koushirou-kun! Koushirou-kun, wo sind die Digiritter?“

Der rotbraunhaarige Junge setzte sich vor seinen Laptop und blickte fragend in die kleine Kamera. „Was meinen Sie damit, Gennai-san?“

Der junge Mann räusperte sich etwas. Ihm schien etwas deutlich unangenehm zu sein, denn ein leichter Rotschimmer lag auf seinem Gesicht. Er räusperte sich ein weiteres Mal und rückte dann mit der Sprache heraus: „Ich habe nicht die Gelegenheit gehabt euch mitzuteilen, dass ihr einen bestimmten Ausgang wählen müsst um auf die Fileinsel zu kommen. Denn wenn ihr einfach auf eigene Faust los reist, dann könnte es passieren, dass ihr im Wasser landet. Also, wer von euch möchte in die Digi-… wartet Mal Kinder, ihr seid ja gar nicht vollzählig. Wo sind Hikari-san oder Ken-kun?“

Koushirou kratzte sich nervös an der Wange. Die umstehenden Digiritter sahen sich erschrocken an. Gennai seufze aus. Die Gesichter der Jugendlichen sprachen Bände.

„Ich verstehe… sie sind schon aufgebrochen.“

„Ja, so sieht es aus. Wir wollten eben keine Zeit verlieren. Gennai-san, ist es denn möglich nachträglich Kontakt mit Taichi-san und den anderen aufzunehmen?“, wollte Koushirou wissen.

„Das bringt nichts, wenn sie ziellos im Wasser herumschwimmen. Ich werde eine Lösung finden, verlasst euch drauf. Ich schreibe dir umgehend eine E-Mail, wenn ich die anderen getroffen habe“, antwortete Gennai und nach einer kurzen Verabschiedung schaltete er sich weg. Koushirou klappte seinen Laptop zu und wandte sich an die anderen: „Und wer von euch möchte mit mir nach Oozuka kommen damit wir auf dem Laufenden bleiben?“ Ein einstimmiges „ich“ wr zu hören und die gesamte Truppe machte sich auf den Weg zum nächsten Bahnhof. Für einen Moment fühlte es sich an wie in lägst vergangenen Tagen. Sie mussten sich alle bereithalten und wachsam sein; und darauf hoffen, dass ihre Freunde wohlbehalten wieder zurückkehrten.

Unterwegs zum Bahnhof begann sich das Wetter zu verschlechtern. Dicke Regentropfen prasselten blitzschnell auf die Erde nieder und verwandelten die Straßen in Windeseile in reißende Bäche.
 

Der stürmische, graue Himmel tat sich auf. Die Wolken rissen einfach an einer Stelle auf und ließen eine gewaltige Lichtsäule frei. Mit diesem weißen Licht trafen die Digiritter in ihrer altbekannten und doch so unbekannten Traumwelt ein. Sie wurden durch die Luft geschleudert, als habe man sie in ein Katapult gesetzt und es ausgelöst. Durch den harten Fahrtwind, vermischt mit hagelgleichen Regen konnten sie weder sehen noch sprechen. Stattdessen versuchten die Jungen und Mädchen ihre Arme als Schutz zu verwenden um zu erkennen wo sie überhaupt landeten. Die Luft erfüllt von den entgleisten Schreien der gepeinigten Digiritter, versuchten sie sich alle irgendwie zu orientieren. Noch nie landete jemand so turbulent in dieser Welt. Die Oberfläche kam auf sie zu. Schneller und immer schneller. Bedrohlich wirkte diese dunkle Oberfläche, die sich unaufhörlich und unkontrolliert hin- und her bewegte. Hikari kniff die ohnehin schweren Augenlider zu, als sie realisierte wie nahe sie dem Wasser bereits war. Prompt schlug das braunhaarige Mädchen als erste mit einem gellenden Kreischen auf die tosende Wasseroberfläche auf. Allein bei dem Aufprall blieb es nicht. Hikari trieb es dem Meeresgrund entgegen. Immer weiter und weiter, doch mit jedem Meter verringerte sich ihr Tempo. Bei ihrem ersten Kontakt mit dem Meer, hörte sie dumpfe Laute über sich, so als ob man gewichtige Kartoffelsäcke mit gewaltiger Wucht ins Wasser warf. Sie wusste sofort, dass es sich um Miyako, Iori, Ken, Yamato und ihren Bruder handelte, denn über ihrem Kopf wurde es still. Hikari wusste es nicht, aber den anderen erging es ebenso wie ihr. Die Luft wurde ihr langsam knapp. Ihr waren kaum Zeit geblieben nach Luft zu schnappen. Sie war sich immer noch nicht sicher, ob sie unversehrt war, aber sie musste zugeben, dass es ihr doch lieber war nicht zu ertrinken. Sie strampelte und kämpfte darum ihre Richtung zu wechseln und dann nach oben zu schwimmen. Dorthin, wo es heller war. Hier unter Wasser, zwang sie sich die Augen aufzumachen und spürte das Salz in ihren Augen. Oh ja, es war salzig als wäre dies hier ein echtes Meer aus Hydrogen und nicht aus virtuellen Daten. Das Mädchen sah sich nur flüchtig um, ob auch ihre Freunde langsam wieder zur Oberfläche schwammen und tatsächlich. Augenscheinlich wirkte niemand verletzt oder bewusstlos. Bei so einem harten Aufprall glich dies einem wahren Wunder. Viel Zeit blieb ihr nicht mehr nachzudenken und endlich gelangte ihr Kopf wieder über Wasser. Sobald sie die Oberfläche erreichte, überkam sie ein Hustenreiz wobei sie gleichzeitig versuchte Luft zu bekommen.

„Hi-… Hi-..kari!“, die Stimme ihres Bruders klang etwas gequält in ihrem Ohr. Er musste sich etwas weiter hinter ihr. Als sie sich umsah bemerkte sie auch Ken und Miyako auftauchen, Yamato und Iori waren noch nicht in Sichtweite.

„Bruderherz!“, rief sie ihm zu, „Wo sind wir hier?“

„Ich schätze wir sind irgendwo im Meer! Ich kann kein Land erkennen!“, antwortete Taichi der gegen den Wind und starken Wellen zu ihr schwamm. Hikari versuchte den eiskalten Regen auf ihrem Haupt zu ignorieren. Wann immer sie Romane las, die zufällig davon handelten, dass jemand schiffbrüchig im Wasser bei Regen schwamm, hatte sie sich vorgestellt, dass man so etwas überhaupt nicht mehr bemerkte. Doch ihre Augen brannten und ohnehin fiel es ihr schwer sie offen zu halten.

„Ichijouji-kun!! Miyako-san!!“, rief Hikari und bemühte sich möglichst schnell fortzubewegen. Die Kraft der Wellen arbeitete gegen sie und einige der Wellen schlugen ihr hart mit Wind und Regentropfen ins Gesicht.

„Habt ihr Yamato-san gesehen!?“, wollte sie wissen.

„Nein! Ich sehe Iori-kun auch nicht!“, entgegnete Ken. Miyako zögerte nicht länger und tauchte wieder ab um nachzusehen ob sie etwas erkennen konnte.

„Miyako-san!“ Sie ignorierte die Rufe und tatsächlich konnte sie die beiden anderen Jungen sehen. Yamato sah so aus als stützte er Iori. Er versuchte ihr ein paar Zeichen zu geben, die sie nicht ganz interpretieren konnte. Letztendlich tauchten sie zu dritt wieder auf. Iori hustete und spuckte eine ganze Menge Wasser aus. Dann schrie und wimmerte der Jüngste nur noch.

„Iori!! Iori, sieh mich an!“, bat Yamato den Anderen, der sich an ihn klammerte und keuchte. Er versuchte gar nicht seinen Blick nach oben zu richten. Alles was er konnte war ein paar Worte hervorwürgen: „M-mein Arm… i-ich kann ihn nicht…“

Yamato bemühte sich über Wasser zu bleiben und gleichzeitig den jüngeren zu stützen. Ein Blick auf die Arme des Jungen verrieten Yamato was das Problem war. Ioris rechter Arm hing schlaff und leblos an dessen Seite herunter, so als gehörte er gar nicht zu seinem jungen Kameraden.

„Dein Arm ist ausgekugelt Iori-kun“, bemerkte der Blonde sofort und wandte sich an die anderen, „Leute, Iori-kun kann nicht allein schwimmen, wir müssen zusehen dass wir an Land kommen oder ihn sonst irgendwie stützen. Ansonsten können wir seinen Arm nicht richten.“

„Yamato-san kannst du so was überhaupt?“, keuchte der stille Braunhaarige ein wenig bekümmert.

„Theoretisch“, antwortete Yamato kurz angebunden und versuchte Iori dicht an sich zu halten, so dass die Wellen ihn nicht mehr mitrissen. Freilich war Yamato bisher nie in die Verlegenheit gekommen jemandem den Arm wieder einzurenken. Sein Wissen beschränkte sich auf schlechte B-Actionfilme und sein eigenes Probieren an Soras Ausstellungspuppen für Modedesigns. Nun, seine Patienten entsprachen vielleicht nicht ganz einem echten Menschen, aber in diesem Fall blieb ihnen nichts anderes übrig als es zu versuchen. Im freien Meer gab es allerdings keinerlei Chancen für sie den Arm des Jungen wieder dorthin zu bringen, wo er hingehörte. Sie brauchten Wiederstand, also festen Boden unter den Füßen.

Kens Stimme rief ihnen entgegen: „Ich kann überhaupt kein Land sehen!“

„Nein, ich schätze es gibt hier in der Nähe kein Land“, entgegnete Hikari besorgt und leicht in Panik verfallend.

„Oh nein! Wo sind wir nur gelandet!?“, klagte nun auch Miyako, die ohnehin Probleme damit hatte ihre Ruhe zu bewahren, „Was passiert wenn sich Kilometer um Kilometer zwischen uns und einem Stückchen Land befinden? Dann werden wir sicher auf offener See sterben! Und wo sind überhaupt unsere Digimonpartner!?“

Taichi dachte kurz angestrengt nach. Es gab keine Alternative. Koushirou hatte ihnen erklärt, dass sich das Tor zur Digiwelt nur schwer öffnen ließ. Also konnten sie nicht umkehren und überhaupt – welches Tor sollten sie hier mitten im Meer benutzen? Von Gennai hatten sie außerdem erfahren, dass es kaum noch Land in der Digiwelt gab. Er seufzte schwer aus. Sie mussten der Wahrheit wohl oder übel ins Auge sehen, es gab keinen Ausweg mehr und gezwungen dazu so lange zu schwimmen, bis sie auf Land stießen.

„Was dachte sich dieser alte Zausel von Gennai-san eigentlich?“, jammerte Miyako.

„Vielleicht.. hat er es gar nicht…gewusst“, keuchte Ken außer Atem.

„Der Alte Gennai ist da um uns zu helfen, nicht um uns umzubringen“, fügte Taichi hinzu, „Er wird nicht gewusst haben wo wir landen… verdammt was…. Was machen wir jetzt? Bei diesem Wellengang können wir nicht lange weiterschwimmen.“

„Ich bin jetzt schon ganz müde“, stimmte Hikari zu, „Ich bekomme auch noch Kopfschmerzen. Wahrscheinlich vom Aufprall.“

Eine betroffene Stille breitete sich aus. Immer wieder wurden sie mit den Wellen mitgerissen und in eine Richtung getrieben, von der sie überhaupt nicht wussten, ob sie zu irgendeinem Land gegenschwammen. Hikari klopfte das Herz nervös bis zum Hals. Sie kamen mit den besten Absichten in die Digiwelt, doch so wie es aussah gelang es ihnen überhaupt nicht auch nur irgendeine Mission zu erfüllen. Weder Daisuke noch Takeru befanden sich in greifbarer Nähe.

Was sollten sie tun? Wie konnten sie ihren Freunden helfen? Die Gesichter aller Anwesenden verrieten Hikari, dass ihre Zuversicht zu sinken begann. Das Wasser fühlte sich eiskalt an, die Wellen und die Strömung so stark. Sie selbst fühlte sich ebenfalls entkräftet und am liebsten hätte sie sich auf und davon gemacht. Was konnte sie tun?

Takeru retten. Dieser Gedanke schoss ihr von neuem in den Sinn.

Deshalb waren sie in der Digiwelt. Sie wollten Takeru retten. Er war ihre Hoffnung. Richtig, Takeru war ihre Hoffnung und selbst wenn man ihnen die Hoffnung raubte, so bewahrten sie doch alle einen winzigen Teil von ihr in ihren Herzen. Hikari sah in den strömenden Regen hinauf, der unaufhörlich weiterprasselte.

„Wir sind hier um Takeru-kun zu retten!“, rief sie in den Himmel hinauf. In dem Moment, als sie diesen Satz geäußert hatte, begann ihr D-3 Digivice an zu leichten und auf ihrer Stirn erleuchtete das Wappen des Lichtes in einem hellen, strahlenden Rosa.

„Wir sind hergekommen, damit wir diese Welt retten können! Um unseren Freunden zu helfen und auch unserer eigenen Welt zu helfen, wenn es sein müssen!“, rief sie und ergriff die kleine Maschine, mit dessen Hilfe die Digimon normalerweise Digitierten, „Keiner von uns darf die Hoffnung verlieren, Leute! Habt ihr denn vergessen, dass wir die Digiritter sind!?“

Ken und Miyako tauschten vielsagende Blicke aus. Hikari behielt natürlich Recht mit ihrer Aussage. Ken nickte der Braunhaarigen zu: „Dies ist die Welt, die uns gezeigt hat wie viel Freundschaft wert ist und was passieren kann, wenn man wirklich für seine Ziele einsteht. Nicht nur Takaishi-san werden wir retten. Wir helfen auch Daisuke!“

Damit holte er sein Digivice hervor und auch sein Wappen leuchtete kräftig auf seiner Stirn. In ihm war der Wille entflammt dafür zu kämpfen endlich irgendwo anzukommen. Miyako tat es ihm gleich. Ken, der schon so viel durchmachen musste konnte doch unmöglich zuversichtlicher sein als sie selbst? Als das älteste Mädchen ihr Digivice in gen Himmel hielt, leuchteten auch ihre Wappen auf, das Wappen der Liebe dicht bei ihrem Herzen sowie das Wappen der Aufrichtigkeit, welches sich auf ihrer Stirn wiederfand.

Iori nickte ebenfalls und zückte sein Digivice: „Ich lasse es nicht zu, dass jemand die Macht der Dunkelheit für sich ausnutzt!“ Mit diesen Worten riss er seinen gesunden Arm in die Höhe, während Yamato ihn festhielt. Das Wappen des Wissens an seinem Herzen und das Wappen der Zuverlässigkeit an seiner Stirn, gesellte sich ein heller Lichtstrahl zu den bereits vereinten Lichtern. Taichi und Yamato nickten einander zu. Für sie gab es kaum Worte, die ausdrücken konnten wie wild entschlossen sie waren der Dunkelheit zu zeigen wozu ein Digiritter in der Lage war.

Gleichzeitig, als hätten sie sich abgesprochen, riefen sie gemeinsam: „Wir kommen, Takeru! Daisuke!!“ Ihre Wappen leuchteten ebenfalls auf und aus ihren Digivices flogen die hellen Lichter zu den anderen und komplettierten den Ball aus reiner Energie. Der Ball wirbelte glitzernde funkensprühend in der Luft. Das Farbenspiel aus Rottönen und einem strahlenden Blau faszinierte die Jugendlichen. Der Ball streckte sich und stürzte ins Meer hinab, direkt vor die Füße. Das Licht strahlte so grell, dass sich die Digiritter die Arme vor die Augen hielten um sie ein wenig abzuschirmen. Das Meer wirbelte vor ihnen, als entwickelte sich jeden Moment ein Strudel und von irgendwoher ertönte eine helle, piepsende Stimme, die Yamato und Taichi sehr gut kannten.

„Tut uns Leid für die Verspätung, Taichi-kun! Yamato-kun!“, sagte die Stimme, doch der Träger war noch nirgends zu erkennen. Unter ihnen begann das Wasser zu brodeln und langsam erhob sich etwas, dass ihnen festen Boden unter den Füßen bot. Ein leicht verängstigtes, aber auch verwirrtes Raunen ging durch die Runde der Digiritter. Wenige Sekunden später saßen sie alle auf dem Trocknen, wobei Iori viel mehr lag und keuchte.

„Pixiemon!“, rief Taichi erfreut aus, „Wamon! Wir haben uns lange nicht mehr gesehen!“

Das kleine, pelzige Digimon von rosa Farbe und weißen Flügeln lachte. Hinter ihren Rücken schrie Iori kurz auf. Yamato war über ihm gebeugt und mit Hilfe von Ken renkte dieser ihm den Arm wieder ein. Das Digimon unter ihnen begrüßte sie ebenfalls: „Es ist lange her, Digiritter aber es ist schön zu sehen, dass ihr mehr oder weniger unbeschadet seid.“

„Ja, bei uns ist nicht viel kaputtgegangen, außer vielleicht die gute Laune“, entgegnete Yamato.

„Obwohl ihr ja nun uns als Wegweiser habt!“, warf das freche Pixiemon ein, „Das sollte euch genug Grund zur Freude sein, findet ihr nicht?“

„Vielen Dank Pixiemon!“, bedankte sich nun auch Hikari, die selbst nie Bekanntschaft mit Pixiemon gemacht hatte, aber Wamon war ihr in der Tat ein Begriff. Sie wusste allerdings, dass Wamon sich einst für sie geopfert hatte, als es den vier Meistern der Dunkelheit an den Kragen ging.

„Bist du etwa wiedergeboren worden, Wamon?“, wollte Taichi aufgeregt wissen. Es tat gut die alten Verbündeten zu treffen.

„Genau das. Eines Tages lebte ich wieder in diesem Meer und dann veränderte sich das Meer plötzlich. Das Wasser hat an Sauerstoffgehalt verloren, so dass viele Lebewesen starben. Es bekam einen bitteren, schlammigen Geschmack und schließlich traf ich auf Gennai und Pixiemon“, entgegnete Wamon.

„Was denn, Gennai? Heißt dass das Gennai euch geschickt hat um uns zu helfen?“, fragte Yamato ebenso erleichtert. Pixiemon wirbelte mit seinem Stab ein wenig umher und verkündete stolz: „Wir haben den Auftrag gehabt euch zu suchen, liebe Digiritter. Gennai hat uns leider nicht sagen können wo genau ihr ward und so… wir sind euren Lichtern gefolgt!“

„Unseren Lichtern?“, kam es von Ken erstaunt, „Die von unseren Digivices?“

„Ganz genau. Als wir das Wappen des Lichtes spürten, dachten wir uns schon dass ihr nach Hilfe ruft. Wer kann denn erwarten, dass ihr mit Schlauchbooten hierher kommt? Keiner, oder?“, wollte Pixiemon wissen und lachte herzlich. Hikari lächelte erfreut und heiter. Sie ließ sich erleichtert auf Wamon fallen und starrte auf den regnerischen Himmel hinauf. Der Regen nieselte zum Glück nur noch auf ihr entspanntes Gesicht hinunter. Hikari holte tief Luft um die Seeluft einzuatmen. Sie war unheimlich erleichtert und es ging ihr nur ein Gedanke durch den Kopf: „Vielen Dank, Takeru-kun.“

„Wenn ihr von Gennai geschickt wurdet, bedeutet das denn auch, dass er Daisuke gefunden hat?“, wollte Ken wissen.

„Auf jeden Fall, haben wir ihn ausfindig gemacht. Genau wie diesen Aschekrieger, Nagisa Kuranosuke!“, meinte Pixiemon und in dessen Stimme lag ein merkwürdiger Unterton, den die Digiritter nicht ganz interpretieren konnten. Für Ken hörte es sich ein wenig so an, als lag ein wenig Misstrauen oder Missfallen in dier quietschenden Stimme des Digimon.

„Aschekrieger!?“, wiederholte Hikari plötzlich überrascht, in ihren Augen lag pure Verwunderung, „Soll das heißen Nagisa Kuranosuke ist der Aschekrieger?“

„Ganz recht. So lautet sein digitaler Name“, antwortete das große Wamon.

„Wieso fragst du das, Hikari-chan?“, wollte Pixiemon wissen.

„Weil mir jemand namens Aschekrieger das SOS gesendet hat“, antwortete sie sofort, „Pixiemon, warum ist Nagisa-kun bei Daisuke-kun?“

„Er hat Motomiya Daisuke-kun gepflegt. Mehr weiß ich nicht und mehr sollte uns im Augenblick nicht kümmern. Es ist noch ein weiter Weg und ihr müsst euch ausruhen. Ich schätze, dass wir bei Tagesanbruch auf der Fileinsel sein werden. Dem letzten übriggebliebenen Land, das es in der Digiwelt noch gibt!“, erklärte Pixiemon und gab Wamon damit das Zeichen noch schneller zu schwimmen.

Der Ritt auf dem gigantischen Waldigimon verlief ohne weitere Zwischenfälle. Der gnadenlose Regen fand seine Ruhe, so dass die Digiritter im Laufe der Reise wieder trocknen konnten. Iori schlief bereits nach wenigen Minuten der Reise ein und wollte auch nicht vor der Ankunft aufwachen. Auch die anderen fühlten sich recht ausgelaugt und ließen sich rücklings auf den Wal nieder.

Sie sogen die Meerluft durch die Nase. Es schien so salzig und frisch auf sie zu wirken, wie die Bucht bei Odaiba. Der Wind beruhigte sich und blies ihnen nun sanftere Briesen entgegen, während sie sich auf ihre Freunde freuten. Nach vielen Stunden hörten sie über ihren Köpfen das kleine Feendigimon geräuschvoll mit den Flügeln schlagen und die aufgeregten Worte: „Land in Sicht! Auf die Beine Digiritter, wir werden bereits erwartet!“

Sofort erhoben sich die Jugendlichen. Einer nach dem anderen setzte sich auf, wobei Iori noch ganz schlaftrunken wirkte. In der Ferne tat sich tatsächlich ein Strand auf. Ein Strand an dem einige Telefonzellen aufgestellt waren. Vor vielen Jahren hatten sie auf ihrer ersten Reise versucht sie zu verwenden. Ihr jetziger Zustand ließ allerdings vermuten, dass nicht einmal ein sinnloses Telefonat mehr möglich war, denn die Scheiben lagen zerbrochen am Strand, das Gerüst verbeult und manche lagen umgekippt zur Seite weggekippt auf dem Boden.

Inmitten des Strandes taten sich ein paar Gestalten auf. Gennai in Begleitung von Nagisa Kuranosuke, Daisuke und einer ganzen Horde Digimon. All ihre Digimonpartner winkten ihnen zu und auch Daisuke schien überglücklich, obwohl auch er noch einen ziemlich angeschlagenen Eindruck machte.

Die Wiedersehensfreude war groß. Taichi und Agumon, Yamato und Gabumon rannten einander beinahe um und kuschelten sich fest aneinander. Tailmon umarmte Hikari herzlich und sprach sogleich ein paar aufmunternde Worte. Es hatte sich herumgesprochen was sich mit Takeru zugetragen hatte. Ken und Wormmon tuschelten ein wenig miteinander, gaben Daisuke und Veemon ein kleines Zeichen und gingen zu Gennai hinüber um aufgeregt mit ihm zu flüstern. Dagegen kümmerten sich Miyako, Hawkmon und Armadillomon fürsorglich um den immer noch unter leichten Schmerzen leidenden Iori. Der Strand wurde von Freude überflutet. Die Partner der nicht anwesenden Digiritter erschienen erleichtert, dass nun endlich Hilfe kam. Darauf bauend, dass sich bald etwas täte, warteten sie ab bis die Wiedersehensfreude der anderen vorübergezogen war. Diese Freude durchbrachen aber Pixiemon und Gennai umgehend. Das kleine Feendigimon schwang seinen Stab und richtete ihn auf Kuranosuke: „Und nun zu dir, Aschekrieger. Wer oder was bist du und wieso weißt du von all den Geheimnissen der Digiwelt?!“

Tinkermon stellte sich dem Ultraleveldigimon mutig entgegen: „Lass Kuranosuke-chan in Ruhe, sonst kriegst du Fellmonster es mit mir zu tun!“

„Tinkermon, du gehst am besten aus dem Weg! Oder willst du dich schneller in der Stadt des Ewigen Anfangs wiederfinden als du Netzwerk sagen kannst? Ihr erzählt uns jetzt besser was ihr wisst! Wie kommt ihr mit Daisuke-kun und Takeru-kun in die Digiwelt!?“, ermahnte Pixiemon wütend.

„Wir brauchten das Tor zur Digiwelt gar nicht selbst öffnen!“, keifte Tinkermon das andere Digimon an, „Das konnte Kimeramon schon ganz alleine!“

„Kimeramon!?“, raunte es durch die Gruppe von Digimon. Nun war es Gennai, der das Wort ergriff m die Situation etwas in den Griff zu bekommen. Einen Kampf zwischen Tinkermon und Pixiemon brauchte es nicht.

„Nagisa-kun, es wäre schön, wenn du mir dein Digivice zeigen könntest. Hast du eines das so aussieht wie Taichi-kuns oder so eines wie Ken-kuns?“

Kuranosuke blickte in die Augen des scheinbar jungen Mannes: „Ich bin nicht im Besitz eines Digivices. Ich brauche keines und Tinkermon braucht es auch nicht um zu digitieren.“

„Das dachte ich mir“, entgegnete Gennai nachdenklich und musterte den Jungen von oben bis unten, „Du hast soeit nichts menschliches an dir, Junge. Du kannst das Tor zur Digiwelt öffnen, das heißt du kannst die Phasen der Digiwelt manipulieren. In dir fließt weder Blut noch schlägt in deiner Brust ein Herz und ganz egal wie sehr du dich darum bemühst, du wirst niemals in den Besitz eines Wappens kommen. Nagisa Kuranosuke, du bist auf keinen Fall ein Digiritter und ich rate dir uns zu erzählen, was es mit deiner Existenz auf sich hat. In dieser Runde gibt es mehr als nur ein Digimon, welches auf das Megalevel digitieren kann.“

In Taichis, Yamatos, Miyakos und Ioris Gesichtern stand die pure Verwirrung. Laut ihrer Erinnerung erlebte Kuranosuke bereits das erste Abenteuer, zusammen mit Takeru und Hikari. Kuranosuke hielt den misstrauischen Blicken der anderen Digimon und den zweifelnden Blicken der Digiritter stand. Er wandte seine Augen nicht von Gennai ab, obwohl er hart schluckte. Ihm blieb nichts anderen übrig, als ihnen seine Geschichte zu erzählen.
 

Unter ihm war ein Belag aus kaltem Stein. Es war dreckig, kalt und es roch nach verdorbenem Fisch, wo er lag. Seine Augen konnte er nur einen spaltweit öffnen, denn zu mehr hatte er einfach nicht mehr die Kraft. Er lag einfach da, in diesem Raum, welcher eigentlich eine Halle war. Aber woher sollte er das wissen? Er verlor hier jegliches Gefühl für alle Dinge die er kannte, wieviel Zeit wohl verstrich oder in welcher Umgebung er sich eigentlich befand. Jedes Mal, wenn ihm der Kopf ein wenig klarer wurde, vermochte er es nicht auch nur einen Finger zu bewegen. Er lag ausgestreckt auf den Boden. Auf dem Bauch liegend, so wie es sich anfühlte und seine Nasenspitze zeigte zur rechten Seite – dort, wo es immer einen gelblichen Lichtstreifen am Boden gab. Ob das wohl eine Tür war? Eigentlich, hatte Takeru keine Lust darüber nachzudenken. Es kostete viel zu viel Konzentration um sich darüber Gedanken zu machen wie lange er sich schon hier befand oder an welchem Ort er sich befand. Eigentlich konnte es ihm ganz gleich sein, so lange er hin und wieder ein Nickerchen machen durfte.

„Kind der Hoffnung!“, hallte es in seinem Kopf, „Kind der Hoffnung, hörst du mich?“

Schon wieder diese Stimme. Diese sanfte Stimme, die so warm wie ein Glockenspiel klang. Wie ein ganzer Chor aus Engelsgesang. Aber antworten konnte er dieser Stimme nicht. Takeru wusste nicht mal was er als Antwort denken könnte.

„Kind der Hoffnung, hör mir genau zu. Du musst weg von diesem Ort, oder dein Geist wird mit dem Virus in dir verschwinden. Du bist kein Digimon, deshalb wirst du nicht in der Stadt des Ewigen Anfangs zurückgeschickt. Wenn du stirbst, dann wird deine Seele im endlosen Datennetz gefangen sein. Kind der Hoffnung, wenn dir etwas an der Jungfrau des Lichtes liegt, dann musst du durchhalten. Willst du leben, oder willst du sterben?“

Takeru erkannte den Sinn der Wörter nicht. Leben? Sterben? Was bedeutete das eigentlich?

Gerade, als Takeru zumindest versuchte sich zu bewegen, ertönte ein lautes, metallisches Quietschen. Er hörte Schritte näher kommen. Also war da jemand, aber dieser Jemand war auf keinen Fall der Träger dieses Engelschors. Ganz im Gegenteil, diese Stimme klang emotionslos und gehässig.

„Takaishi Takeru, das Kind der Hoffnung. Was für eine Freude dich in meinen bescheidenen vier Wänden zu haben. Jedenfalls würde ich dich willkommen heißen, wenn du es überhaupt noch kapieren würdest. In dir ist wohl nicht mehr viel Leben, hm?“, sagte die Stimme und ein futuristischer, silberner Schuh tippte ihn ein wenig unsanft an der Schulter. Takeru kannte diese Stimme, er hatte sie schon oft gehört… vor einem Jahr. Ein Lachen hallte durch die Halle.

„Bald, Takaishi Takeru wird all deine Lebensenergie auf meinen treuen Partner übergangen sein. Dann kann Kimeramon wieder auferstehen“, mit diesen Worten zog die Person ab, lauthals und schallend lachen. Die Tür flog mit einem dumpfen Knall wieder ins Schloss zurück, wobei Takerus Sicht so verschwamm, dass er nicht einmal mehr sagen konnte, ob das Licht im Spalt der Tür noch brannte oder nicht.

Die engelsgleiche Stimme flüsterte in Takerus Ohr: „Kind der Hoffnung, willst du leben? Willst du leben, Takeru?!“

Gewiss. Takeru wollte leben. Er wollte aus diesem Verließ heraus, aber er konnte sich nicht bewegen. Er konnte auch nicht nachdenken. Die Sicht verblasste ihm und es wurde schwarz.

Dunkelheit umhüllte den Jungen.

Es herrschte Stille.

Kein Laut war vernehmbar.
 

Fortsetzung folgt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Pokefreak1810
2016-07-05T07:02:24+00:00 05.07.2016 09:02
Tinkermon gegen wargreymon metallgarurumon und imperialdramon fm wäre. ..... kurz


Bin schon gespannt ob tk flüchten kann
Antwort von:  YukimuraRuki
05.07.2016 10:31
Oh mein Gott, das arme Tinkermon x'D Nein, nein, so kann man es nicht in die ewigen Jagdgründe schicken. Wobei ich nicht weiss, ob Veemon und Wormmon ohne vorher auf das Championlevel zu digitierien auch auf ein höheres Level kommen können? Die Championdigitation funktioniert momentan immerhin nicht. Vermutlich aber fuktioniert die Warpdigitation anders, so dass Omegamon evtl. einschreiten könnte. Die Frage ist - ist das nötig? XD

Mein LIeblingsopfer (Takeru) wird sich noch ein bisschen mit mir vergnügen müssen. Entschuldige Takeru DD:


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