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Schöne heile Welt

[Directors Cut]
von

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Kapitel 4

Ich bin immernoch nicht fertig -.-

Es gibt also noch einen Teil 5.

Die Geschichte ist länger als ich in Erinnerung hatte.

(Die nächste Überarbeitung wird abermehr zeit brauchen -.-" )
 

~Wir sitzen hier, lachen, lutschen Karamelbonbons und betrachten verzückt den Untergang der Welt- Was haben wir doch für ein Glück~ Hanna Koneczny
 

Was der Unterschied zwischen Psychologen und Psychiatern ist?

Nun, zu den einen geht man hin, wenn man glaubt, dass man verrückt ist.

Zu den anderen geht man hin, wenn man glaubt man sei normal - aber der Rest der Welt

kein Verständnis dafür hat, dass man eine ausgehöhlte Melonenhälfte auf dem Kopf trägt , nackt in Springbrunnen tanzt und behauptet, Alexander der Große zu sein.

Ich für meinen Teil machte Bekanntschaft mit beiden Sorten von Patienten und dazugehörigen Seelenklempnern.

Ich hatte ein nettes kleines Zimmerchen im 2. Stock mit hellen , freundlichen Möbeln, Blumen auf dem Fensterbrett und einem Regal voller Bücher.

Fast hätte man meinen können, ich wäre in einem dieser sauteueren Internate, in die Firmenchefs und Bankdirektoren ihren Nachwuchs zu stecken pflegten.

Doch der entscheidende Unterschied war, dass auch hier die Fenster von außen vergittert waren, und man den 2. Stock nicht ohne Begleitung verlassen durfte.

Trotzdem konnte ich mich auf dem Gelände der Anstalt bewegen.

Und hey, das tat ich auch.

Zwar klebte mir immer ein Aufseher an den Versen, aber der ließ mir wenigstens meine Bewegung.

Ich joggte täglich durch den kleinen Park.

Keine Ahnung wie viele Kilometer, aber ich war der Ansicht, dass es ziemlich viele sein mussten.

Manchmal nahm ich auch am Unterricht der kleinen Schule teil und wunderte mich, wie viele bekloppte Menschen es in meinem Alter gab.

Wobei die meisten von ihnen nicht verrückt waren, nein, sie waren meistens nur selbstmordgefährdet oder hatten schlimmste Depressionen.

Ich wusste nicht, wann ich das letzte Mal in der Schule war - vor drei Jahren? Vier Jahren? Keine Ahnung, scheinbar hatte sich in der Zeit nicht viel getan, denn ich machte den Unterricht mit, als wäre ich schon immer ein guter Schüler gewesen.

Und dann gab es natürlich noch die Gefürchteten "Gesprächstherapien" aller Art.

Sie wollten von mir wissen, wo ich großgeworden war, was für ein Verhältnis ich zu meinen Eltern hatte und all so einen Kram.

Und ich redete.

Ich redete und redete und redete.

Und sie hörten schweigend zu.

Idioten.

Aber zuhören gehörte nicht zu ihren einzigen Einfällen.

Sie zeigten mir Tintenklecksbilder, verdonnerten mich dazu ein "Tagebuch" zu führen und wollten von mir meine Berufswünsche wissen.

Das erste mal, als sie mich fragten, was ich denn später werden wolle, lachte ich sie aus.

Was sollte ich denn bitte darauf sagen?

Diplom Drogendealer?

Kinderschänder mit Auszeichnung?

Zuhälter?

Denn ich rechnete gar nicht damit, dass es irgendwo auf diesem Planeten jemanden gab, der mich bei sich einstellen würde.

Das ganze hatte zur Folge, dass ich nun öfter mit einem der Psychologen über einem Stapel von Papieren brütete, in denen Berufe und ihre Voraussetzungen vorgestellt wurden.

Ich machte den ganzen Quatsch brav mit und war damit so beschäftigt, dass ich kaum noch Zeit hatte, über eine gewisse Person näher nachzudenken.

Und so merkte ich gar nicht, wie die Monate dahinflossen und die Zeit, die ich noch dort bleiben musste zu einem kleinen mickrigen Stundenberg zusammengeschmolzen war.
 


 

Es war demütigend. Demütigend, demütigend und. demütigend.

Was, wenn ich einen Klassenkameraden traf?

'Hey TK altes Haus, was machst du denn grade?' - 'Och nichts besonderes... ich lasse mir nur mal wieder das Oberstübchen verdoktern , weil ich seid über einem Jahr unter schwersten Depressionen leide'

Mal im ernst.

Niemand außer meiner Familie und natürlich den Yagamis wusste, dass ich mindestens zweimal pro Woche zur psychologischen Beratung pendelte.

Alpträume, Schlafstörungen, Konzentrationsschwächen, Drang zum Selbstmord. ich habe keinen blassen Schimmer, was sie mir noch alles nachsagten.

Nicht alles davon traf zu - jedoch war es unübersehbar, dass ich mich damals von einem Tag auf den anderen verändert hatte.

Bei meinen Eltern klingelten sämtliche Alarmglocken, sie sahen in mir eine Art Miniaturyamato, der kurz davor war, seinen Verstand abzudrehen und den Komapatienten zu miemen.

Ich wurde also unfreiwilligerweise zum Psychologen gekarrt, wo ich dann jede Woche alles was ich an Problemen zu bieten hatte aus meinem Kopf saugte und dem Haufen wiederkäuender Psychologen vor die Füße warf.

Ich hasste es.

Früher konnte ich jedem dahergelaufenen Straßenpenner von meinen Problemen erzählen, inzwischen konnte ich nicht mal mit Yamato über das reden, was durch meinen Kopf an widerlichen Gedanken herumkroch.

Und jetzt sollte ich das ausgerechnet einer hageren, gekünstelt freundlich wirkenden Psychologen- Barbie erzählen, die sich eifrig Notizen machte , jedoch fast in jeder Stunde wieder bei 0 anfing.

Wie geht es dir?

Was hast du letzte Woche gemacht?

War etwas dabei, was besonders schön war? Wenn ja was, und warum hast du es als schön empfunden?

Gab es etwas, worüber du dich aufgeregt hast?

Wenn ja, was?

Was hast du dir für die nächste Woche vorgenommen?

Mit wem hast du geredet?

Wie sehr konntest du ihm deine Gedanken mitteilen?

- Danke auch.

Wie in einer albernen Mädchenzeitung.

Mein Lieblingsessen ist Pizza, mein Hassessen Spinat.

Fehlte nur noch, dass ich ein Poster von den Backstreet Boys geschenkt bekam.
 

Ich war zu früh da. Anders als beim Zahnarzt gab es hier keine offizielle Anmeldung.

Man ging durch den Eingang, eine kleine Treppe hinauf, durch eine Glastür und dann nach links in den Warteraum.

Ich schob die Tür zum Warteraum auf und ließ mich auf einen Stuhl fallen.

Es folgten die Minuten des "Kritischen Musterns anderer Patienten". Jedes Mal die Angst, jemandem zu begegnen, den man kannte.

Dieses Mal fuhr ich sofort wieder von meinem Stuhl hoch und rang nach Luft.

Mir gegenüber hockte ein roter Haarschopf inklusive dazugehörigem Körper im Schneidersitz auf einem der Stühle und schmökerte in einer Zeitschrift.

"WAS.MACHST.DU.DENN.HIER??" japste ich, hysterisch.

Die Zeitung sank ein Stück nach Unten.

Was nun? Weglaufen? Um Hilfe schreien?

Panik!

Panik Panik Panik!

Ich hatte mich zu lange mit diesem Kerl beschäftigt, als dass ich jetzt mit ihm reden könnte!

"Was wohl. Lass mir mein Dachgeschoss entrümpeln und rede mir meinen Psychischen Müll von der Seele." sagte er, seelenruhig. Als wäre nie etwas zwischen uns passiert. Dann widmete er sich wieder seiner Zeitschrift.

Mein Kiefer klappte nach unten.

Moment mal. Hallo? Er ignoriert mich?

Es entsprach ganz und gar nicht meinen Erwartungen.

Keine dumme Anmache. Keine Entschuldigung. Keine Bedrohungen - Gott, ich hatte zuviele billige Romane gelesen.

Er ignoriert mich!!

Das kann er doch nicht machen! ICH müsste IHN ignorieren. Genau. Ignorier den Kerl.

Du willst gar nichts wissen du. willst- nichts wissen.

Na schön. Ich wollte doch.

Wie fängt man ein Gespräch mit jemandem an, der einem das Leben kaputt gemacht hat?

Ich seufzte, starrte ihn an - stutze - und das Gesprächsthema kam von ganz allein dahergekrochen.

"Weißt du eigentlich, dass du da eine Frauenzeitschrift ließt?"

Zustimmendes Brummen.

"Du willst mir doch wohl nicht sagen, dass dich so was interessiert?"

"Doch, hey, Fliederfarben ist in! Scheiße aber auch. Passt natürlich nicht zu meinen Haaren."

Er stand auf, ging auf mich zu und stülpte mir die Zeitung wie ein Zeltdach auf den Kopf.

Verwirrt angelte ich danach.

Kochrezepte.

"Glaub nicht alles, was man dir sagt." war das nächste, was er von sich gab, während er zurück auf seinen Platz schlenderte.

"Ich lerne gerade Kochen und war auf der Suche nach neuen Rezepten."

"KOCHEN?" ich sah ihn fragend an.

Er lehnte sich zurück - und redete locker drauf los.

Anders, als ich ihn in Erinnerung hatte.

"Hab mich ein Jahr lang in so einer geschlossenen Anstalt verdoktern lassen. Danach meinten sie dann, ich wäre normal genug, um auf die Menschheit losgelassen werden zu können. "

Er hielt kurz inne und sah meinen verwirrten Gesichtsausdruck,

"NICHT SO!" sagte er - übertrieben schockiert.

"Man weiß ja nie." brummte ich.

"Jedenfalls arbeite ich jetzt in einem Restaurant. Manchmal als Kellner, manchmal in der Küche."

Ich ließ die Zeitung fallen und starrte ihn ungläubig an

"Hey......schau mich nicht so an! Ich kann wirklich kochen!"

Eigentlich wollte ich gar nicht mehr darüber wissen.

"Und ich hab sogar eine eigene Wohnung."

"Klingt abenteuerlich."

Er nickte.

"Ich hab ein völlig neues Leben entdeckt!" sagte er und in seiner Stimme schwang Begeisterung mit.

Ich auch, Mike. Ich auch.

Aber MEINE Begeisterung hält sich in Grenzen.

In diesem Augenblick steckte meine Psychologin den Kopf ins Wartezimmer und winkte mich zur Sprechstunde.
 

~ Darin liegt das Geheimnis von Glück und Tugend: Tue gern, was du tun mußt! ~ ( Aldous Huxley: Schöne neue Welt)
 

Ich hockte fast zwei Stunden lang auf dem kleinen, gelben Sofa, zupfte an der Wolldecke herum und starrte auf das Regal auf der anderen Seite des Zimmers, dass mit Stofftieren vollgestopft war.

Normalerweise redete ich fast nie - Außer wenn ich eine der Standartfragen gestellt bekam.

Wir schwiegen uns an. Manchmal versuchte mich meine Psychologin mit guten Wort, oder bissigen Kommentaren zum Reden zu bringen, aber ich sah nicht ein, einer wildfremden Frau mein Seelenleben zu offenbaren.

Als die Zeit endlich um war, war das Wartezimmer leer.

War klar.

Ich schlenderte nach draußen und überlegte, warum ich überhaupt noch einmal nachgesehen hatte.

Und warum ich mich vorher auf das Gespräch mit ihm eingelassen hatte.

Kurz: Ich dachte darüber nach, warum ich über Mike nachdachte.

Jetzt war der richtige Zeitpunkt: "ARGH" zu sagen und den Kopf gegen die nächstbeste Wand zu schlagen.

Das war doch nicht normal!

Warum hab ich den Kerl überhaupt wieder getroffen?

Wusste Frau Doktor" ich schraub dir den Schädel auf und schau mir deine kranken Gedanken an " überhaupt von Mike?

Habe ich mit ihr darüber geredet?

Das Gedächtnis wollte nur langsam arbeiten.

Nein.

Nicht wirklich.

Niemand wusste davon.

Nichtmal Yamato, obwohl er sich sicher einiges zusammengereimt hatte.

Ich seufzte und machte mich auf den Heimweg.
 

"Jawohl!" Tai und Matt saßen ineinander verknotet auf dem Sofa und feierten ihren Triumph.

"Nie wieder Schule!"

"Wir müssten uns eigentlich noch bei Izzy bedanken" grinste Tai schief.

"Später!" kam es von Yamato. Er knabberte seinem Gegenüber - oder besser - Gegenunter am Ohrläppchen herum.

"Stimmt. Nicht jetzt. Jetzt ist es grade so schön! Und was schön ist, das soll man genießen!"

Grade wollten sich beide intensiver mit sich selbst beschäftigen, als die Haustür zaghaft geöffnet wurde und ein blasser, zerstreuter Takeru ins Wohnzimmer trat und - das Liebespäarchen ignorierend - sich in den Sessel fallen ließ.

"Wasch scho schlescht?" nuschelte Matt - ohne dabei Tais Ohrläppchen loszulassen.

"Hn."

Jetzt wandte sich Matt doch besorgt seinem Bruder zu - trotz Tais enttäuschtem Blick.

"Ähm, wenn du willst, dann können wir reden.."

"Vergiss es." murmelte Takeru plötzlich, stand auf und schlurfte Richtung Badezimmer.

"Ich geh jetzt schlafen." murmelte er.

"Es ist zwei Uhr Nachmittags!"

"Egal. Bin Müde."

"Nicht gut." sagte Matt leise. "Gar nicht gut."
 

Meine Gedanken waren so durcheinander, dass ich gar nicht wagte, mich an komplizierte Überlegungen zu wagen, sondern mich auf Grundideen beschränkte:

Dusche = gut

Schlafen= gut

Dusche + anschließend Schlafen = sehr gut.

Und so stellte ich mich unter die Brause, drehte das Wasser auf und wartete ab.

Es dauerte eine Weile, bis mein Körper und mein Kopf sich wiedergefunden hatten...

Ich stöhnte auf und realisierte meine furchtbaren Kopfschmerzen.

Dann drehte ich das Wasser ab, angelte mir ein Handtuch und krabbelte aus der Dusche.

Danach warf ich einen flüchtigen Blick in den Spiegel und sah einen nassen, zerstrubbelten, bleichen Augenring -Zombie, der mit der Vorstellung, wie ich eigentlich aussehen müsste, überhaupt nicht übereinstimmte.

Es klopfte gegen die Badezimmertür.

"TK? Alles in Ordnung?" fragte Matt vorsichtig durch die Tür.

Ich schwieg einen Moment, wollte erst Nein sagen, kannte aber die Konsequenzen... Ich müsste meinem großen Bruder einen Teil meines jetzigen seelischen Befindens schildern und das ging meistens nach hinten los.

Wenn ich Matt sagen würde WEN ich heute gesehen hatte, würde er wahrscheinlich zum säbelschwingenden Berserker - oder etwas vergleichbarem.

Nicht, dass mir das etwas ausmachen würde, wenn Mike die nächsten Wochen einen Kopf hatte, der eher einer Schüssel mir Apfelmus als seinem Denkzentrum glich, aber ich wollte Matt doch nur vor größerem Ärger bewahren.

Halt. Ich sah noch mal dem Spiegelbild - Zombie in die Augen.

Wen wollte ich eigentlich jetzt beschützen?

Matt.

Genau.

Ja, Matt.

Wirklich?

Matt

Oder Mike?

Nein...nein nein nein.....

Nein?

Nein....vielleicht....

Vielleicht? Matt? Mike? Oder beide?

Oder einfach nur mich selbst, weil es vielleicht das einfachste für mich wäre , die Klappe zu halten?

Ja.

"Ja" hauchte ich leise mein Spiegelbild an.

Mich selbst.

"Takeru?"

Ich zuckte zusammen.

"Alles OK da drinnen?"

Matt. Ich sortierte schnell meine Gedanken.

Eine passende Lüge! Schnell!

"Ich... Also. Ich brauch ein bisschen Zeit, OK? Außerdem. :" ich versuchte ein wenig spöttisch zu klingen "rede ich nicht gerne mit Personen, die sich nicht im selben Raum befinden, vor allem nicht, wenn ich splitternackt bin."

"OK... Also, wenn du reden willst, weißt ja wo ich bin... "

Ich gab ein zustimmendes Brummen von mir und als ich hörte, dass Matt zurück ins Wohnzimmer gegangen war, atmete ich erleichtert auf.
 

~Wenn wir unglücklich sind, verletzen wir. ~ Graham Greene: Der stille Amerikaner
 

"Und?"

"Er meint er bräuchte Zeit. Aber ich glaub, das es was ernstes ist."

Yamato ließ sich neben Taichi auf das Sofa fallen.

"Er wirkt heute noch verwirrter als sonst. Da stimmt was nicht. Ich werde mich mal n bisschen drum kümmern. Er muss es ja nicht merken..."

Tai sah ihn ernst an. "Du musst deinem Bruder die Zeit geben, die er braucht. Wenn ich dich daran erinnern darf, hast du dich noch mehr vergraben, als er. Und glaub mir, das war keine sehr schöne

Zeit für mich."

"Eben deswegen muss ich doch was tun!"

Tai schüttelte den Kopf. "Takeru ist nicht der Typ, dem man den Kopf aufmeißeln muss, damit er n bisschen von seinem Inneren preisgibt. Er macht das auch von ganz alleine. Er ist nicht wie du, auch wenn du es nicht immer wahrhaben willst. Wenn du ihm jetzt nachrennst, dann kannst du vielleicht etwas kaputtmachen, was im Augenblick für ihn sehr wichtig ist."

Matt sah seinen Freund traurig an und rollte sich dann auf dem Sofa zusammen, den Kopf in Tais Schoß.

"Wahrscheinlich hast du recht....."

Tai fuhr Matt vorsichtig durch die Haare.

"Vielleicht. ist es mit dem Glück ganz anders, als ich immer dachte......" flüsterte Matt. "Ich dachte, dass das Glück nicht von selbst dableibt. Man muss es schnell packen, wenn es da ist, und dann. dann muss man sich draufsetzten oder es festbinden, damit es nicht verloren geht. Verstehst du? Man muss alles aus dem Weg räumen, was dem Glück im Weg steht. Und auch wenn es hart klingt, aber, was meinem Glück zur Zeit im Weg steht, dass ist nun mal Takeru. Ich mache mir solche Sorgen um ihn. das ich ein schlechtes Gewissen hab, wenn wir beide zusammen sind. Und das tut mir weh. Sehr sogar. Ich will....glücklich sein, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. "

"Matt... " sagte Tai leise " Du bist echt ein kleiner Dummkopf. "

"Ich weiß."

"Soll ich dir meine Theorie vom großen Glück erzählen?"

"Natürlich."

Tai strich Yamato vorsichtig über die Wange.

"Gut. Glück ist nicht etwas, was zu dir kommt. Es ist bereits da. Es steht direkt vor dir doch du kannst es noch nicht sehen. Und weißt du warum?"

"Nein."

"Weil du es gar nicht sehen willst. Du denkst, dass Glück liegt verschlossen hinter einer großen schweren Tür, und dass das Schloss für dich nicht zu knacken ist. Doch was du nicht siehst ist, dass der Schlüssel zu deinem Glück. im Türschloss steckt."

Matt hob den Kopf und sah Tai an.

"Ich hätte nie gedacht, dass ich das jemals zu dir sagen würde, aber... Ich kann dir grade nicht ganz folgen!"

"Na schön. Dann versuch ich's mal auf unsere Situation zu beziehen. Du denkst, Takeru sei die unüberwindbare schwere Tür, die dich daran hindert, unbeschwert zu leben. Doch was du dabei übersiehst, ist der Schlüssel zur Tür: du unterschätzt Takeru da sehr. Ich glaube, er schafft es alleine aus der Sackgasse, in die er hineingefahren ist. Er muss nur ein bisschen rückwärts fahren üben. Und was du jetzt versuchst, ist, ihm das Steuer aus der Hand zu reißen. Aber... wenn du das jetzt tust, lernt er es nie! Verstehst du?"

"Äh. Ich glaube .....ja.....Sag mal, Tai?"

"Hm?"

"Seid wann bist du eigentlich so philosophisch? Hast du n alten Griechen verschluckt oder so?"

Tai lachte leise auf.

"Nein. Aber bei uns beiden muss immer einer der Blödmann und einer der Philosoph sein, verstehst du? Und da du dich grade nicht sehr klug vermählst... "

"SCHON GUT!" brummte Matt.

"Bist du jetzt sauer?"

"Hn."

"Und kann ich da was gegen tun?"

Matt hob den Kopf , grinste, nickte und ehe Tai wusste wie ihm geschah, saß Yamato auf seinem Schoß.

"Ich denke schon! Versuchs doch mal!"
 

~Man kann nicht verlangen, daß einem das Glück fix und fertig ins Haus geliefert wird. ~ John Knittel: Jean Michel
 

Nach nun fast drei Wochen betrat ich wieder die Schule. Ich würde sowieso sitzen bleiben, doch hin und wieder sollte ich mich doch blicken lassen...

In den letzten Monaten hatte sich soviel verändert. Ich war zum Außenseiter geworden, hatte alle meine Hobbies aufgegeben und verdrückte mich in den Pausen in die hinterste Ecke des Schulhofs.

Die Lehrer wussten bereits Bescheid über, wie meine Eltern es so diskret nannten, "diese Sache damals".

Damals. Für sie war es Vergangenheit. Eine "Sache" die ich schon irgendwie bewältigen würde.

Doch für mich war es Gegenwart. Greifbare Gegenwart.

Mike war nicht einfach der Typ, der damals einmal kurz mein Leben aus der Umlaufbahn geschmissen hatte um dann abzutauchen und in irgendwelchen hochgelobten "Psychiatrischen Anstalten gut aufgehoben war", nein, er spielte grade Zentrum meines kleinen Alltagsuniversums und meine Gedankenwelt folgte dem Physikalischen gesetzt und eierte immer schön um das große "Mikezentrum" herum.

Ich saß also, über meinem Universum grübelnd auf der Wiese die zum Schulgelände gehörte und ließ den Rest der Welt einfach Rest der Welt sein.

"Kleiner, du siehst Scheiße aus."

Ich blinzelte.

Na toll.

Schlägertypen.

Fünf Stück, deren Hirne kleiner als Erdnüsse waren und deren Klappe so groß war, dass man Problemlos eine Wassermelone hätte hineinschieben können.

"Was soll ich deiner Ansicht nach dagegen tun?"

"Du? gar nichts. Das erledigen wir für dich. Frei Haus! Na, was sagste?"

"Tolles Angebot. Aber bin leider nicht interessiert. " brummte ich, drehte mich weg.

Fehler. Großer Fehler.

"Pech. wir aber." blökte der fette Anführer.

Und schon sah ich einen riesigen rosa Fleischberg auf mein Gesicht zurasen.

Dann tanzten einige Sternchen um meinen Kopf.

Ich fand mich mit blutender Nase und aufgeschrammten Armen bäuchlings auf dem Boden liegend wieder, etwa zwei Meter entfernt von der Stelle, an der ich zuvor gesessen hatte.

Es fühlte sich seltsam an. Mein ganzer Körper kribbelte und sagte mir deutlich, dass ich ziemlich lebendig war, und ziemlich demoliert. Und, dass es ratsam wäre, den nächsten Schlägen eventuell auszuweichen.

Doch ehe ich meine Beine dazu bewegen konnte, doch bitte nicht den Dienst zu quittieren, hatte sich einer von den unsympathischen Schlägerjungs auf meinen Rücken gesetzt und machte es sich bequem - und im gleichen Atemzug mir das Leben zur Hölle.

Ich dachte an meine letzten Prügeleien zurück und kam zu dem Entschluss, dass ich noch nie so zusammengedroschen worden war.

Zuerst versuchte ich mich zu wehren, doch als das nichts brachte, viel ich in einen recht gleichgültigen Zustand zurück und ließ die Prügellawine über mich herrollen.

Langsam aber sicher verlor ich die Fähigkeit klar zu denken sondern fühlte nur noch, wie ich immer wieder geschlagen und getreten wurde, und das amüsierte Grölen der Jungen.

Bis es abrupt verstummte.

Dann war es still und auch niemand schlug mehr.

Und es saß niemand mehr auf meinem Rücken.

Ich wagte einen Blick zur Seite und sah, wie sich einer der Typen grade auf dem Boden wälzte, dann schnell aufsprang und wegrannte. Die anderen hinterher.

Neben mir ließ sich jemand nieder.

"Hey! Takeru!" sagte eine Stimme.

Ich kannte sie. Aber woher?

Mein Kopf sackte zur Seite, und mit ihm mein Bewusstsein.
 

Ich fand mich auf der Krankenstation wieder.

Fühlte mich wie Kartoffelbrei.

"Wie....komme ich hierher?" fragte ich verwundert.

"Da war ein Junge, der hat dich vorhin hierher gebracht." sagte die Schulkrankenschwester freundlich.

"Er war sehr besorgt! Er wollte schon gehen, aber ich hab ihm gesagt, er soll auf jeden Fall warten."

"Junge?" murmelte ich, versuchte aufzustehen.

"Achje. Bleib lieber noch liegen! Ich habe mehrfach versucht deine Eltern anzurufen, aber scheinbar ist gerade niemand zu Hause! Aber alleine kann ich dich nicht nach Hause gehen lassen.

Vielleicht finde ich jemanden, der dich nach Hause bringt, warte...."

Es dauerte eine Weile, bis die Krankenschwester wieder auftauchte und verkündete, dass sich nur einer gemeldet hätte, mich nach Hause zu bringen.

Dann schob sie ein rothaariges Etwas ins Zimmer.

"Ausgeschlafen?"

"Hätt ich mir ja denken können." murmelte ich. "Soviel Pech hab auch nur ich."

Mike schwieg.

Ich warf ihm einen skeptischen Blick zu.

"Ich seh schon, die Begeisterung hält sich in Grenzen. Na was solls. Von mir aus kannst du auch allein durch die Gegend humpeln. Auch wenn ich bezweifle, dass du das schaffst."

Ich kam in eine heikle Situation: ein Teil von mir wollte zur Tür heraus stürmen und nach Hause rennen , der andere wollte sich wieder auf das Bett setzten, was zur Folge hatte, dass ich mich keinen Zentimeter bewegte und Mike anstarrte.

"Ich seh schon, das wird wohl heute nichts mehr mir dir, was? Weißte was, ich bring dich einfach nach Hause. Denk einfach nicht drüber nach." sagte er, griff mir vorsichtig unter die Arme und zog mich neben sich her, durch das Treppenhaus und schließlich ins Freie.

Ich war zu erschöpft, um mir Weltuntergangsszenarien auszudenken - es war mir eigentlich auch egal, wer mich da durch die Gegend schleifte. Mochte es Mike sein, der Weihnachtsmann oder Elvis. Hauptsache. jemand nahm mir für einen Moment das Denken ab.

Anfangs warnte mich Mike noch vor Bordsteinkanten, die ich übersah, bis wir in eine lange, ebenerdige Alle einbogen.

Wir gingen eine Weile schweigend nebeneinander die Straße entlang.

"Hältst du das für ne gute Idee? Matt bringt dich um!" nuschelte ich , als sich meine Gedanken wieder etwas beruhigt hatten.

"Tja, einer muss es schließlich tun." sagte Mike gelassen. "Ich bin so oder so viel zu gut weggekommen."

"Dann meintest du das damals ernst?"

"Das es mir leid tut? " Mike blieb kurz stehen, blickte nachdenklich in den Himmel - und sah verdammt gut dabei aus. Auch wenn ich nicht wusste., woher dieser Gedanke gekommen war.

"Hm, vielleicht." antwortete Mike langsam. "Ich weiß nicht, klar hatte ich n verdammt schlechtes Gewissen, aber ich glaube, mir ist erst im letzten Jahr klargeworden. , was für ein Trampel ich bin. Oder besser gesagt: Ich habe erst jetzt gemerkt, dass es neben meiner Welt noch eine andere gibt. Ich dachte immer, dass Realität weh tut, weil ich nur so eine kennengelernt habe, in der man entweder gegen seinen Willen unten liegt, oder jemand anderen unterdrückt. Aber, hey, ich glaub, da lag ich daneben. Ich habe nie die guten Seiten dieser Welt gesehen, immer nur die schlechten. Und ich dachte, oben liegen ist die weniger schmerzvolle Alternative, also muss sich so ungefähr Glück anfühlen... "

Er lachte auf einmal leise und spöttisch.

"Komisch, nicht? Ich versteh selbst nicht, wie ich so blöd sein konnte."

Mikes Worte bewirkten, dass ich auf Autopilot umschaltete. Ich wusste nicht, ob ich Lachen oder weinen sollte, und war ganz froh, dass mein Körper sich heute verselbstständigte.

Ich fiel ihm um den Hals, umarmte ihn und brach in Tränen aus.

Verdammte Welt. Verdammte Realität. Verdammter Kopf, warum machst du das mit mir?

"Ähm... "sagte Mike und erwiderte vorsichtig die Umarmung, als fürchtete er, ich sei aus Porzellan.

"Ich hoffe, du weißt, was du tust."

"Nein." schluchzte ich. "Ich weiß grade gar nichts mehr..."
 

OK. Tief durchatmen, und jetzt keine Panik. dachte ich und schob den verheulten Blondschopf erst mal ein Stück von der Straße weg.

Mussten ja nicht gleich alle mitbekommen.

Überhaupt. Warum verhielt er sich überhaupt so?

Ich meine, schließlich war es MEINE Schuld, dass es ihm so geht, warum klammert er sich dann ausgerechnet an mir fest?

Nicht, dass es mir was ausgemacht hätte. Im Gegenteil - von mir aus hätten wir stundenlang so dastehen können.

"Ähm. Tk? Ich glaube kaum, dass du gerade das richtige tust. Versteh mich nicht falsch, aber du könntest das irgendwann noch mal bereuen."

Er sagte nichts, sondern klammerte sich nur noch mehr an mir fest.

Eine komische Situation. ich wusste auch nicht, was ich sagen sollte.

Jedenfalls war es eine dumme Idee, JETZT mit ihm durch Tokio zu latschen.

Bis zu ihm nach Hause war es zu weit, die Schule hatte jetzt bestimmt schon zu.

Das Restaurant!

Genau, das lag hier ganz in der Nähe!

Takeru fragte nicht, weinte nur still vor sich hin.

Ich betrat das Restaurant durch den Seiteneingang und landete in dem Teil, den die Gäste nie zu sehen bekamen. Küche, Speisekammern und zwei kleine Schlafräume, die die Köche an längeren Abenden benutzen, um sich zwischendurch eine Stunde auszuruhen und die Teeküche.

Dort verfrachtete ich ihn erst mal auf einen der Mini - Stühle und brachte die Kaffeemaschine zum laufen.

Ein paar Minuten später saßen wir uns gegenüber, beide mit einer Kaffeetasse ausgerüstet.

"Wäre wohl n bisschen dreist, zu fragen, wo der Schuh drückt, ne?" sagte ich... eigentlich auch nur, um überhaupt etwas zu sagen.

Langsam beruhigte sich TK.

"Scheint dir nicht grade gut zu gehen, siehst nämlich offen gesagt ganz schön beschissen aus."

Nachdem er immer noch nichts sagte, beschloss ich ihn einfach wieder ein bisschen zuzutexten.

Könnte ja helfen.

"Sorry, wenn ich dich neulich so aus dem Konzept geworfen hab. muss ja n riesen Schreck gewesen sein. Da will man sich verdoktern lassen, und der Grund des Problems hockt im Wartezimmer...."

"Nein." murmelte er.

"Hä? Wie jetzt nein?"

"Ich will da gar nicht hin."

Scheiße aber auch! Klar, ist nicht grade toll, einer wildfremden wasweißichnicht wie eingebildeten Psychoknacks - ausbügel - Tante sein Seelenleben zu schildern, vor allem, da die ja sowieso meinen, alles besser zu wissen.

"Hm. Und warum gehst du hin?"

"Meine Eltern zwingen mich dazu."

Klar. Eltern.....

Ich wollte schon etwas abfälliges sagen, als mir einfiel, dass mich seine Eltern wohlmöglich lynchen würden, wenn ich auch nur in ihr Blickfeld käme.

"Äh... dann geh doch einfach nicht hin... oder geh in den Hungerstreik - nein. vergiss das mit dem Hungerstreik, du siehst sowieso schon aus, als müsstest du das Wort "Essen" im Wörterbuch nachschlagen. Jedenfalls... sag ihnen doch einfach das du das nicht willst."

"Schon versucht."

"Himmel die Berge!" ich wollte eigentlich weiterfluchen, aber anscheinend wollte TK endlich sagen, was los war.

"Ich bin so durcheinander. ich weiß gar nicht mehr, was ich grade tue....In meinem Kopf sind zwei Stimmen, die sich streiten, und ich weiß nicht, welcher ich folgen soll.....Damals..." er stockte und brach ab "....ich...meine....ich kannte dich nicht mal.....". Ich spürte einen stechenden Schmerz in meiner Brust, und die Bilder von "damals" tauchten wieder auf.

Er weinte wieder.

"Ich wollte mich zusammenreißen, weil meine Eltern schon soviel mitgemacht haben. aber es ging nicht. Und dann. bin ich plötzlich in einer ganz anderen Welt gelandet. Ich war früher immer so. sorglos. Ich dachte, mir könnte nichts passieren."

Und mehr war an diesem Tag nicht aus ihm herauszubekommen. Vorerst verfrachtete ich ihn wieder in eines der Hinterzimmer in ein Bett.

Er rollte sich sofort auf der Matratze zusammen und schloss die Augen.

Ich stand noch lange im Zimmer und beobachtete ihn, wie er da lag und fragte mich, wie ich damals nur so etwas hatte tun können.

Das was ich nun tat, kam dem Selbstmord schon sehr nahe.

Ich schlug das dicke Buch auf und ließ meinen Finger über die Seite gleiten. Ishida...

Es dauerte nicht lange, und ich hatte in dem dicken Telefonbuch die Nummer gefunden.

Hastig wählte ich , atmete dabei tief durch und versuchte, nicht allzu nervös zu klingen.
 

"Matt." brummte Tai verschlafen. "Das Telefon."

"Hmpf." knurrte der Angesprochene und rollte vom Sofa.

"wenn's nicht wichtig ist, bring ich den Kerl um."

"Und was machst, wenn's ne Frau ist?"

"Das gleiche." Er griff nach dem Hörer und murmelte ein verschlafenes "Yamato Ishida".

"Hallo Matt. Leg jetzt *bitte* nicht auf." hörte er eine Stimme am anderen Ende der Leitung. Hm, niemanden den er gut kannte, aber sie kam ihm sehr bekannt vor.

"Was'n los?"

"Es geht um deinen kleinen Bruder... " Mit einem mal war Yamato - Schlafmütze - Ishida hellwach.

"MIKE?"

"Ja." kam es kleinlaut vom anderen Ende der Leitung.

"Na warte, wenn ich dich in die Finger bekomme, dann bring ich dich um!" Matt brüllte wütend in den Hörer und Tai sah verunsichert vom Sofa auf.

"Hör mal.." kam es vom anderen Ende der Leitung "Es geht in erster Linie darum, dass ihn jetzt jemand abholt. Ich gebe dir die Adresse."

Matt bleib perplex im Zimmer stehen.

Abholen? Hä? Adresse?

Dann schaltete sich sein Verstand wieder ein, er griff nach einem Zettel und notierte sich die Straße und die Hausnummer.

Wenige Minuten später hatte Matt sich eine Jacke übergeworfen und rannte schon die Straße entlang.

"Matt! "

"Du bleibst hier." fuhr er Tai an.

"Nein, tue ich Nicht. ich will nicht, dass du irgendwen umbringst."

"Tai, hast du vergessen, was der Typ mit TK gemacht hat? vermutlich ist er aus'm Knast ausgebrochen und... "

"Ach, und du glaubst, er würde dich dann anrufen? So blöd ist der Kerl doch Nicht..."

Matt grummelte ein paar Schimpfwörter und zog seinen Freund dann hinter sich her.
 

TK wachte auf. Lange schien er nicht geschlafen zu haben. Vorsichtig stand er wieder auf und wankte zurück in die Teeküche.

Mike saß wieder an einem der Tische, direkt vor ihm lag ein Telefonbuch und der Hörer des schnurlosen Telefons.

"Hast du etwa bei mir zu Hause. ?"

Mike nickte.

"Dein Bruder holt dich gleich ab."

"Sag mal. SPINNST DU? Der schlägt dich doch krankenhausreif!"

"Wäre nicht das erstemal das mir so was passiert."

"Soll das etwa heißen, dir macht so was nichts aus?"

"Sagt der richtige." brummte Mike.

"Hast dich heute früh nicht grade gewehrt, als die Typen dich zu Brei schlagen wollten."

"Du warst.... dabei?"

"Klar, was meinst du, warum du noch aus einem Stück bestehst!"

Jetzt wusste Takeru nichts mehr zu sagen.
 

"Hä? Ein Restaurant? Hast du auch *wirklich* die richtige Nummer aufgeschrieben?" fragte Tai verunsichert.

Matt sagte nichts und öffnete die Tür.

"Hm..." machte er. dann spähte er in das Lokal.

Es war noch niemand dort, offiziell öffnete es erst am frühen Abend.

Am Ende des Schankraums stand eine Tür offen, ein Lichtschein fiel von dort in das Zimmer.

Yamato tapste auf die Tür zu und landete schließlich in dem kleinen Aufenthaltsraum.

Dort saß Takeru mit verheultem Gesicht und blauen Armen am Tisch und ihm gegenüber.......
 

~Vor der Tür jedes glücklichen Menschen sollte jemand mit einem Hämmerchen stehen und mir seinem Klopfen daran erinnern, daß es auch Unglückliche gibt. ~ Wladimir Tendrjakow: Die Jagd
 

Es war Abend geworden im Hause Ishida. Takeru hatte sich bereits ins Bett verkrochen und nur noch Tai und Matt waren wach.

Matt drückte das dicke Eispacket gegen seine Wange.

"Muschte dasch unbedingt schein?" maulte er.

Tai nickte. "Sorry, wenn ich n bisschen fest zugeschlagen hab, aber ich hab echt gedacht, du hättest ihn umgebracht... "

"Hätte ich auch." knurrte Matt.

"Eben. Besser so. Ich musste mir den Mund fusselig reden, damit du nicht wieder sonst wo gelandet wärst. Ich hoffe, ich muss dich nicht dran erinnern, dass du schon mal im Knast gelandet bist -"

"Aber zu unrecht!"

"Und? Ich meine, willst du denn da wieder hin?"

Matt sah betreten zu Boden.

"Natürlich nicht."

"Na also. Außerdem hätte dir auffallen müssen, dass sich Mike nicht gewehrt hat....."

"Hmpf. mir doch egal. Der Typ iß ein Arschloch. Geschieht ihm ganz recht."

"Matt? reden wir heute Abend nicht mehr darüber, 'ke? Ich bin so hundeelendig müde... "
 

~Die wahren Lebenskünstler sind bereits glücklich, wenn sie nicht unglücklich sind~ Jean Anouilh
 


 

"Wo willst du hin?" Matt versperrte seinem kleinen Bruder den Weg zur Haustür.

"Geht's dich was an?" schnauzte Takeru seinen Bruder an. Eigentlich hatte er nicht so laut werden wollen, aber zur Zeit spielte eh sein komplettes Innenleben verrückt.

"Glaubst du nicht, ich wüsste nicht, wo du hinwillst? Ich kann dir eines sagen: schlag dir den Kerl aus dem Kopf. Du müsstest selber am besten wissen, wozu er fähig ist!"

"Ist doch meine Sache. Du solltest langsam kapieren, das ich ein eigenes Leben habe und es so lebe, wie ich es Leben möchte, und nicht wie du möchtest, dass ich es Lebe."

"Was ist bloß los mit dir..." murmelte Yamato, seine Stimme klang enttäuscht, fast schon traurig.

"Das versuche ich ja eben gerade herauszufinden." sagte Takeru, nun etwas sanfter

"Und deswegen. werde ich jetzt zu Mike gehen."

"Was hat der denn damit zu tun?"

"Tja, wie soll ich sagen. Auf eine gewisse Art und Weise hat er mir die Augen geöffnet." sagte Takeru und schob Yamato zur Seite.

"Kümmere dich doch mal um dein eigenes Leben, und vernachlässige dein Schätzchen nicht. Tai scheint nämlich nicht grade sehr begeistert von deiner Aktion gestern gewesen zu sein....." er deutete auf Yamatos Veilchen.

"Jaja. schon verstanden."
 


 

Ich dachte, dass solche Kopfschmerzen durch nichts auf der Welt übertroffen werden könnten.

Aber ich wurde eines besseren belehrt:

28 lärmende Kinder schafften es, meinen Schädel fast zum explodieren zu bringen.

Kindergeburtstag .

Warum konnten die nicht zu Mc Donalds gehen sondern mussten ausgerechnet hier und heute ein Kaffetrinken veranstalten?

Zum Glück war ich heute nicht alleine und konnte öfter kleine Auszeiten einlegen.

Ich lag auf dem kleinen Bett im Hinterzimmer und versuchte den hämmernden Schmerz aus meinem Schädel zu verdrängen, so dass ich die Person, die auf der Fensterbank saß erst gar nicht wahrnahm.

"Wieso arbeitest du heute eigentlich?" fragte Takeru.

"Wieso nicht. Ist immerhin besser als Zuhause rumzusitzen und mich selbst zu bemitleiden."

"Du siehst ziemlich verbeult aus."

"Danke, du auch."

Irgendwie musste ich jetzt grinsen.

"Schon komisch. Sag mal, wer war denn der Typ, der deinen Bruder KO geschlagen hat?"

"Das? Oh... das war sein. Äh......Freund."

Freund? Moment. das war nicht nur ein "Freund -Freund" das war ein "*Freund* -Freund"

Donnerwetter. das hätte ich nicht von Yamato gedacht.

"Sind schon ziemlich lange zusammen." murmelte Takeru.

"Ich will nicht unhöflich wirken, aber was machst du hier?"

"Wollt nur mal sehen, was von dir übriggeblieben ist." Sehr direkt. Schade aber auch, ich dachte , er wollte mehr als sich über mich lustig zu machen.

"Danke. Sehr aufmerksam." sagte ich zerknirscht.

TK schlurfte auf das Bett zu und ließ sich auf der Bettkante nieder.

"Hey, wie war das doch gleich? Glaub nicht alles, was man dir sagt?"

"Hmpf. Ok. Und warum bist du nun hier?"

"Hab mir Sorgen gemacht. Wenn Matt mal zuschlägt, wächst kein Gras mehr..."

"Merks." brummte ich.

"Aber sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt."

"Gibt schlimmeres." sagte ich und drehte mich zur Wand.

"Ich weiß."

Verdammt. Wieder bei dem Thema.

Ausgerechnet heute, an dem Tag, an dem ich nicht in "Zuhör- Stimmung" war.

" Rück mal n Stück."

Hä? Na schön. Ich gab das denken für heute auf und schob meinen Hintern ein wenig zur Seite.

Takeru rollte sich neben mir auf der Matratze zusammen.

"Du hast echt ne Meise." seufzte ich.

"Ich weiß. Aber im Augenblick scheint's das richtige zu sein."

"Aha. Tut mir leid, aber ich versteh kein Wort."

"Ich auch nicht. Aber es fühlt sich halt nicht falsch an."

"Tu mir n Gefallen. Wenn du was sagen willst, wobei man Nachdenken muss, damit man's versteht....dann halt besser die Klappe. Mein Kopf fühlt sich in etwa so an wie Wackelpudding."

"Ok."
 

Es war schon ein seltsames Gefühl.

Ich lag einfach nur auf dieser Matratze neben Mike und. sah zu, wie er die Decke anstarrte.

Und es fühlte sich nicht falsch an.

Wobei ich mir gar nicht so sicher war, wer festlegte, was falsch und was richtig war.

Im Augenblick wusste ich nur eines sicher. Es gefiel mir hier.

Trotzdem. Warum war ich eigentlich hier?

Ich wälzte den Gedanken in meinem Kopf hin und her doch es schien, als würde er immer wieder gegen die Schädelwand prallen und unbearbeitet zurückrollen.

"Scheinst ja richtig hart nachzudenken... " brummte Mike nach einiger zeit.

"Hm."

"Ich sollte mich da drinnen mal wieder Blicken lassen. Kann schließlich nicht den ganzen Tag liegen bleiben." Er kletterte über mich und rollte aus dem Bett.

"Kannst liegen bleiben, wenn du magst." fügte er hinzu, als ich mich mit fragendem Blick aufgerichtet hatte.

Dann öffnete er die Tür und verließ das Zimmer.
 

"Was willst du denn wieder hier?" knurrte ich.

"Ist Takeru hier?"

"Ja."

"Wo?"

"Dahinten." ich deutete auf das Zimmer am Ende des Flures.

Matt ging mit schnellen Schritten, mich ignorierend auf die Tür zu und trat, ohne anzuklopfen (und ich dachte, ich wäre schlecht erzogen) ein.

Einen kurzen Moment später flog die Tür wieder auf und Matt zerrte Takeru hinter sich her.

Ich warf den beiden einen Fragenden Blick zu.

"Soweit ist es schon gekommen... " schimpfte Yamato. "Mein Bruder schwänzt die Schule, um sich mit einem durchgeknallten Irren zu treffen. Pah."

Dann schob er seinen Bruder auf die Straße und ließ die Tür knallen.

Hey, der kleine schwänzt für mich die Schule? Wie süß!

Und wie nichtsüß doch Yamato geworden ist.

Im nachhinein fragte ich mich, warum ich damals mal in ihn verknallt war.

Ok. Die Auswahl war nicht besonders groß, oder besser, von ihm abgesehen, nicht vorhanden gewesen.

Aber jetzt?

Oh oh. ich werd mich doch wohl nicht etwa ......in Takeru.......

Nein, verdammt, ich werde nicht an unanständige Sachen denken, während ich ein Rudel kleiner Kinder nebst Eltern und Großmütter bewirten durfte.

Könnte zu ungewollten Aktionen meiner Männlichen Ausstattung kommen und da einige von den kleinen grade in ihrer großen "Warum?" - Phase waren, könnte das mehr als nur peinlich werden.

Ich versuchte also mich voll und ganz auf etwas anderes zu konzentrieren und rief mir das Gurkensalat Rezept wieder in den Kopf.

Nein. Keine Gurken. Falsche Form. man bin ich verdorben. Nudelsalat. Genau.

Da war nichts drin, was in irgendeiner Form sexuelle Gedanken hervorrief.
 

"Ich habe langsam die Schnauze voll. Noch habe ich Mama und Papa nichts gesagt, aber das ändert sich nun. "

"Was hast du eigentlich?" fauchte ich Matt wütend an.

"Was soll ich schon haben? Hallo? Die Frage ist, WAS HAST DU! Das ist so absurd, was du da tust.

Du kannst doch nicht nem Typen Nachlaufen, der dich gegen deinen Willen durchgevögelt hat!"

"Hey, ich bin ihm doch gar nicht nachgelaufen....."

"Ach?"

"Ich hab ihn bei der Psychologin getroffen."

"Ja sicher. Und anschließend habt ihr beschlossen , ein Candle Light Dinner zu veranstalten oder was?"

"Nein...ich....." meine Stimme zitterte, ich konnte kaum mehr als "Schule" "Schlägerei" und "Krankenschwester" hervorbringen.

Ich konnte sehen, wie Matt innerlich vor Wut kochte.

"So ist das also... " sagte er kaum hörbar. " Wie gesagt. ich werde schon dafür Sorgen, dass du keinen Fehler mehr machst. "

Moment mal...

"Warum tust du das?" ich war stehengeblieben und bewegte mich keinen Schritt weiter.

"Warum tue ich was? Weil ich mir Sorgen um dich mache, deswegen."

"Du versuchst ja nicht mal mich zu verstehen!"

"Ach ja? Jetzt hör mir mal ganz genau zu! Ich habe ein ganzes verdammtes Jahr zugesehen, wie es mit dir immer mehr den Bach runtergegangen ist! Glaubst du vielleicht, das war leicht für mich? "

"Ach? Das sagt der richtige....Mister "ich vergrabe mich jetzt einfach mal für n paar Monate und spiele den Komapatient" will *mir* nen Vorwurf machen?"

"Das ist was anderes. lenk jetzt nicht vom Thema ab."

"Wer lenkt denn hier vom Thema ab?"

"TAKERU!"

Ich zuckte zusammen und fasste vorsichtig an meine gerötete Wange.

Er hatte mich geschlagen..?

Das war das erste mal....das er mich schlug und es ernst meinte.

"Komm gefälligst zur Vernunft! Ich versuche dir zu helfen! Verstehst du das nicht?"

"Ach? Glaubst du vielleicht ich saß n Jahr schmollend in der Ecke, weil ich Spaß dran hatte? Ich hab versucht den Kerl zu vergessen. Und glaub mir, das wäre mir um einiges leichter gefallen, wenn sich der Blödmann nicht bei mir entschuldigt hätte, bevor er zu Polizei gelatscht ist! Und du hast auch keine Ahnung, was er gesagt hat, kurz nachdem er......" Irgendwie hasste ich es darüber zu reden und brach ab.

Yamato starrte mich verwirrt an, während ich versuchte,

mich wieder ein bisschen zu beruhigen.

"Und du hast keine Ahnung, was Izzy über seine Vergangenheit rausgefunden hat. Und du solltest bedenken, dass *er* viel länger in diesem Knast war als *du*. Ich glaube kaum, dass du ein recht hast, ihn als durchgeknallten irren zu bezeichnen, ohne überhaupt zu wissen, warum er so ist wie er ist!"

OK. Großer Bruder verwirrt, ich sauer, Wetter scheiße. [Satz unpassend ]

Beste Gelegenheit für einen Filmreifen Abgang.

Ich drehte mich um und ging wieder zurück während ich Matt wortwörtlich im Regen stehen ließ.
 

Hätte mich Tai nicht irgendwann gefunden und von der Straße gezerrt, wäre ich wohl noch Stunden dort stehengeblieben.

Aber ich konnte gar nicht anders. Mein ganzer Körper fühlte sich an wie Blei.

War das wirklich der kleine Takeru von damals, in den ich so vernarrt gewesen war?

"Nein, er ist erwachsen geworden." sagte Tai neben mir. "Nur hast du das scheinbar nicht mitbekommen."

"Ich bekomme ja nicht mal mehr mit, ob ich spreche oder denke." seufzte ich.

"Matt? Weißt du was? Du vergisst deinen kleinen Bruder jetzt mal für zwei drei Stunden, OK? Kümmere dich mal ein bisschen um etwas, was dir Spaß macht."

"Und wie stellst du dir das vor? Sorry, aber ich glaube kaum, dass ich *jetzt* an etwas anderes denken kann....."

"Och....." Tai grinste. "Dann helfe ich nach!"
 

Als ich zurückkam, wurden grade die letzten Kinder von ihren Eltern abgeholt.

"Oh, du wieder? Mike ist nicht da. Er ist vorhin gegangen." rief mir die Küchenchefin zu.

"Oh. Äh......Sie wissen nicht zufällig wohin?"

"Nein. Aber wenn er Zuhause wäre, dann wäre er vorhin ans Telefon gegangen......Tja, bei ihm weiß man nie, ob er grade abtaucht, um n bisschen die frische Luft zu genießen, oder weil er kurz davor steht nen Nervenzusammenbruch zu bekommen...."

Einige der Gäste sahen schockiert herüber.

"Äh. ich geh dann mal..." sagte ich und rannte zurück in den Regen.

Na klasse, das Glück schien mal wieder nicht auf meiner Seite.

Ich rannte ein bisschen durchs Straßenviertel und fand Mike tatsächlich, wie er auf einer Parkbank lag und sich zuregnen ließ.

"Sag mal, spinnst du? Du holst dir noch ne Lungenentzündung!" schimpfte ich los und zerrte ihn erst mal von der nassen Bank.

Dann hielt ich plötzlich inne.

"Was ist los?"

Er schüttelte den Kopf. "Nichts. Vergiss es lieber und hör auf deinen Bruder."

"Jetzt reicht es mir aber! Habt ihr heute alle einen an der Waffel? Ich glaubs ja wohl... "

"Na schön. Dann eben anders. "sagte Mike drehte sich um und ging.

Hatte ich da was nicht mitbekommen? Warum war er denn jetzt sauer?

Aber... was hatte ich schon zu verlieren? Ich lief ihm einfach hinterher.

"Was wird denn das?" fragte er plötzlich.

"Ich laufe dir so lange hinterher, bis du meine Frage beantwortet hast."

"Aha. " Dann blieb er vor einer Haustür stehen, kramte in seiner Tasche und beförderte einen Schlüssel an die Oberfläche.

"Hoffe, du meintest das nicht allzuernst." sagte er. "Übrigens wohne ich hier."

Ich folgte ihm durch den Hausflur.

Es war eine enge Wohnung. Ein Zimmer, Küche, Bad.

Aber gemütlich und mit einem Blick auf einen kleinen Park.

Sein Zimmer selbst war nicht das größte und zu meinem Erstaunen fast leer.

Er ging an seinen Kleiderschrank und angelte sich trockene Sachen.

Ich setzte mich auf sein Bett und schwieg, während er damit begann sich umzuziehen.

Erst nach einer Weile wurde mir klar, dass ich mich wenigstens hätte umdrehen können.

Aber nein, ich starrte ihn an.

Klasse.

Beste Anzeichen für akute Verknalltheit.

Danke auch.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Furu
2004-05-11T08:34:03+00:00 11.05.2004 10:34
Höhö ich falle beim Lesen der FF von einem Extrem ins andere, besonders wenn es um meine Sympathie für Mike geht. *lach* (Er erinnert mich noch immer an wen.) In dem Kapitel mochte ich ihn wieder total gern. Eigentlich halte ich nix davon, schlechtes Verhalten mit ner schwierigen Kindheit zu rechtfertigen, aber hier mach ich ne Ausnahme. Besonders gut gefällt mir an der Geschichte, dass Takeru so eine große Rolle spielt. *vernarrt in den Jungen bin* Besonders, dass er scheinbar erwachsen wird und auch mal rebelliert find ich total gut. *smile*
Von:  Kore
2004-04-09T18:23:29+00:00 09.04.2004 20:23
Wow
Geile Fic, aber sauschwer, n passendes Kommi dazu zu schreiben <.<
Nyo, kurz und bündig: Schreib bitte so schnell wie möglich weiter/fertig! ^.^
Cu, Feli-chan
PS: Was machst du denn da mit TK? O.O


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