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Schlimmer geht's immer, aber Kuchen macht's besser

von

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Hektisch lief Daniel durch einen der ellenlangen Gänge seiner Universität. Er kam schon wieder viel zu spät zu seiner Vorlesung. Verschiedenste Blöcke, Blätter und Arbeiten hatte er fest unter seinen linken Arm geklemmt, während eine Lederne Tasche über seinem rechten Arm hing. Mist, er musste heute noch einige Arbeiten abgeben und die lagen, wie hätte es auch heute, an diesem absolut perfekten Tag, anders sein sollen, zuhause.

Zuerst hatte sein Drucker den Geist aufgegeben, dann hat er Kaffee über seiner Arbeit verschüttet und als wäre das nicht schon genug, hatte der Drucker im Printshop nur noch weiße Seiten gedruckt. Er hatte alles nochmal neu drucken müssen und dafür, dass er nicht auf die Flirtereien, des Angestellten hatte eingehen wollen, wurde ihm auch noch ein höherer Preis aufgedrückt. Seine Beschwerde war komplett im Sand verlaufen, weil es der Sohn des Besitzers war.

Also war er jetzt am Rennen um rechtzeitig in seine Vorlesung zu kommen. Plötzlich stieß Daniel im vollen Lauf mit einer anderen Person zusammen und landete kurz darauf unsanft auf seinem Hintern. Aua! Wie paralysiert sah er nach oben und blickte in strahlend grüne Augen. „Hinfallen ist erlaubt, aufstehen ist Pflicht.“

„Häh?“ Was war das denn für ein Spruch? Immer noch saß er auf den kalten Flurboden der Universität. „Hier deine Blätter.“ Daniel hatte gar nicht bemerkt, dass diese aus seinen Händen gefallen waren. „Ach ja und der Spruch ist von Bud Spencer.“ Mit einer Art Salut drehte er sich um und war verschwunden. Was war das denn gerade und wer war dieser Kerl?

Egal, er musste jetzt erst einmal in seine Vorlesung. Hoffentlich hatte keines seiner wichtigen Blätter Schaden genommen, sein es Wasserflecken oder Dreckspuren, was jetzt im Winter auch nicht verwunderlich war. Im Saal schaute er kurz einmal drüber, aber alles sah so weit gut aus. Da hatte Daniel heute doch wirklich zumindest ein bisschen Glück gehabt. Alle seine Aufsätze waren komplett frei von Schmutz, dafür waren einige seiner Notizen mit Wasserflecken übersät. Er müsste Sophie nach ihren fragen. Oh man, das bedeutete wieder mehr Arbeit für ihn.

Seufzend packte er die verschmutzten Blätter in eine extra Mappe, bevor er seine Aufsätze endlich in seiner Tasche verstauen konnte. Vorhin war er so im Stress gewesen, dass er es nicht mehr geschafft hatte. Als der Professor eintrat fing Daniel gleich an mit zu schreiben. Nebenbei schrieb er Sophie noch eine Nachricht, die ihm versprach noch am Abend die Notizen zu schicken. Wenigstens hatte sich ein Problem gelöst.

Nach der Vorlesung ging es direkt in die nächste. Glücklicherweise waren es die einzigen für heute. Dienstag war sein „fauler Tag“, wenn man vom Lernen absah. Wieder schrieb Daniel bei der zweiten Vorlesung fleißig mit. Immer wieder spürte er einen Blick im Rücken, doch irgendwie wollte er nicht nach hinten schauen und verfolgte lieber weiter den Unterricht. Als seine Vorlesung zu Ende war, brachte er seine Aufsätze und Arbeiten noch zu den passenden Professoren, wobei er seinen Professor für BWL erst noch suchen musste.

Völlig kaputt kam er dann in seiner Wohnung an. Nun ja nicht nur seine, denn er lebte mit seinem Freund und Sophie, ihrer Mitbewohnerin, zusammen. Jeder hatte sein eigenes Zimmer obwohl Mathi und er oftmals zusammen in einem Bett schliefen, wenn sie nicht gerade sehr viel Stress in der Uni hatten, was leider in letzter Zeit sehr oft vorkam. Es war schon schön so einen Freund zu haben, der das Ganze auch verstand. Seit einigen Jahren

war Daniel schon mit Mathias zusammen, um genau zu sein müssten es mittlerweile 3 Jahre sein. Um die Uhrzeit müsste er allein in der Wohnung sein.

Vielleicht konnte er sich jetzt um den blöden Drucker kümmern. Eine halbe Stunde später war Daniel vollkommen von schwarzer Tinte bedeckt und fast am Verzweifeln. Okay … er würde Thomas fragen, der kannte sich wenigstens damit aus, bevor er noch mehr versauen würde. Schnell war eine SMS geschrieben und nach der wirklich nötigen Dusche hatte er schon die Antwort auf seinem Smartphone.

Schon war der nächste Punkt auf seiner, scheinbar unendlich langen, Liste abgehackt. Erleichtert ließ er sich auf sein Bett sinken. Hm, er würde sich gerade gerne einfach hinlegen und schlafen. Als er allerdings vor sich hindösen wollte, hörte er ein scheppern. Was war das denn? Vielleicht war ja sein Schatz wieder zuhause. Neugierig zog er sich schnell wieder etwas mehr über und ging in ihren Gang.

Irgendwie waren die Laute komisch, die aus Mathias Zimmer kamen. Was war da los? Langsam wurde ihm mulmig zu mute. Vielleicht sollte er da jetzt nicht rein, ach man, er musste es wissen. Schnell öffnete er die Tür und sah genauso erschrocken aus, wie die Zwei auf dem Bett sitzenden.

Schnell zog er die Tür wieder zu und schloss sich in seinem Zimmer ein. Das was er gesehen hatte, hatte gereicht. Mathias, sein Freund, und der fremde Kerl saßen auf Mathias Bett und küssten sich! Schmerz durchfuhr seine Brust. Wieso musste das nur ihm passieren? Geschockt versuchte er seinen Atem zu beruhigen und nicht zu hyperventilieren. Sein Rücken lehnte gegen die Tür und er hatte Mühe sich auf den Beinen zu halten.

Ein Klopfen durchbrach die Stille. „Daniel?“ Er zuckte zusammen. „Geh weg!“ Langsam tropfte etwas von seinem Gesicht. Mist, er wollte doch nicht weinen. Zornig auf sich selbst, wischte er sich die Tränenspuren von seinen Wangen. „Lass uns doch reden.“ Mathias würde alles flehen und betteln nichts bringen. „Nein! Ich will dich nicht mehr sehen! Verschwinde!“ Ein Schluchzen kam aus seiner Kehle, dann hörte er ein Seufzen durch die Tür, ehe es still wurde. Kurz darauf schloss sich die Wohnungstür Lautstark.

Mit zitternden Beinen bewegte er sich auf sein Bett zu und ließ sich darauf fallen. Er zog sich ein Kissen näher und mummelte sich in seine Decke. Immer wieder kamen Tränen und irgendwann hatte er keine Kraft mehr sie zu stoppen. Als er die Augen das nächste Mal öffnete war es schon dunkel draußen und ein Blick auf den Wecker bestätigte, dass es schon 21 Uhr war. Obwohl er jetzt einige Stunden geschlafen hatte fühlte er sich unglaublich erschöpft.

Seine Augen waren müde und seine Kehle fühlte sich unglaublich trocken an. Eine Resignation hatte sich in ihm breit gemacht, die Daniel nicht definieren konnte. Er mochte sich jetzt nicht mit Mathias befassen, aber irgendwann musste er sich mal aus diesem Raum begeben. Irgendwann schleppte er sich dann doch aus seinem Bett und bewegte sich ins Badezimmer.

Als er in den Spiegel sah, erschrak er über seinen eigenen Anblick. Seine blau-grauen Augen waren vollkommen verquollen, seine kurzen dunkelbraunen Haare standen in alle Richtungen ab und er war fast so blass wie ein Stück Papier. Sich von seinem Spiegelbild abwendend, stellte er sich erst einmal unter die Dusche. Danach setzte er sich in die Küche und machte sich einen Tee. Auch wenn ihm sprichwörtlich das Herz heraus gerissen wurde, muss es irgendwie weiter gehen.

Leise seufzte er, als er eine Tür hörte. Er wollte Mathias am liebsten nicht begegnen, also verhielt er sich still, doch sein Glück wehrte nicht lange und sein Freund, nein sein Ex-Freund, trat in die Küche. Kurz erstarrte dieser, bevor er sich zu Daniel setzte. „Du weißt dass wir darüber reden müssen.“ Er nickt, aber müssen hieß nicht gleich wollen. Wieso musste er jetzt schon damit kommen, durfte er das nicht erst noch ein bisschen verdauen?

„So wie ich das sehe, gibt es nicht wirklich viel zu reden.“ Mathias seufzte. „Da hast du vielleicht Recht.“ Schweigend saßen Beide, in ihre Tasse starrend, am Küchentisch. „Ich … Hach, es funktioniert einfach nicht mehr mit uns beiden. Immer mehr entfernen wir uns voneinander und ich … ich fühl einfach nicht mehr das, was da vielleicht noch vor ein paar Monaten war.“ Mit seinem Ausbruch hatte Mathias Daniel ziemlich geschockt.

Er hatte es nicht bemerkt, dass sie sich voneinander entfernt hatten. Für ihn war es selbstverständlich gewesen, dass sie während stressigen Phasen weniger machten, damit sie sich mehr auf ihr Studium konzentrieren konnten. Wieso war ihm das nicht aufgefallen? Aber Mathias hätte doch auch etwas sagen können. „Wieso hast du denn nichts gesagt?“ Mathias zuckte nur mit den Schultern. „Irgendwie hat sich das nie ergeben und … ich weiß auch nicht. Fakt ist, das es nicht so weiter geht.“ Daniel zögerte. Ja, es konnte so nicht weitergehen, aber auch nicht mit Mathias.

„Ich denke, es wäre besser, wenn du gehst. Je nachdem, wer besser eine neuen Wohnort bekommt. Ich kann, nach dem was gestern passiert ist, dir definitiv nicht mehr vertrauen … und es verpasst mir jedes Mal einen Stich, wenn ich dich sehe.“ Zum Ende hin war Daniel immer leiser geworden. „Das ist … okay. Ich … ich werde gehen.“ Damit nahm Mathias seine Tasse, stellte sie in die Spüle und verschwand aus der Küche.

Daniel musste aufatmen. Es schmerzte, aber irgendwie war er auch erleichtert. Er konnte es einfach nicht benennen. Irgendwann setzte er sich wieder in Bewegung und verschwand in seinem Zimmer. Mittlerweile war es fast Mitternacht, aber er konnte einfach nicht schlafen. Bis in die frühen Morgenstunden saß er einfach nur auf seinem Bett, wobei er nach einiger Zeit einfach anfing irgendetwas zu lesen. Meistens half ihm das um müde zu werden, aber irgendwie wollte es heute nicht funktionieren.

Um 6 Uhr hörte er auf und machte sich seufzend daran seine heutigen Vorlesungen vorzubereiten und sich fertig zu machen. Daniel müsste erst in einigen Stunden in der Uni sein, aber er hielt es nicht mehr in der Wohnung aus, also ging er ziemlich früh schon los. Vielleicht holte er sich noch einen Kaffee oder ging in einem Café frühstücken. Daniel hatte einfach das Gefühl, dass er sich das heute gönnen könnte.

Die Frage war nur in welches Café er gehen würde. Ach, eigentlich war das auch egal. Daniel ging einfach in irgendeines, das auf seinem Weg lag, da gab es ja schließlich genügend. Ein kleines, verstecktes Café hatte es ihm angetan. Fast hätte er es übersehen, allerdings konnte er jetzt nicht mehr weg. Irgendwie zog es ihn magisch an, sodass er nun einfach hinein gehen musste.

Es war wirklich heimelig. Überall waren kleine Sitzgelegenheiten und Tische verteilt. Eigentlich war es bunt zusammen gewürfelt, aber es passte trotzdem alles zusammen. „Hallo, kann ich ihnen helfen?“ Ein junger Mann, schätzungsweise Ende 20, schaute ihn freundlich an. „Ähm, eigentlich ja. Ich würde gerne etwas frühstücken. Was haben sie denn so?“ Mit einer Handbewegung bedeutete der Kellner Daniel, ihm zu folgen. In einem kuscheligen Eck, hielten sie an und Daniel nahm Platz.

Kurz darauf hielt er eine Karte in der Hand und hatte gefühlte 50.000 Empfehlungen bekommen. Hm, er würde sich einfach einen Kaffee gönnen und ein oder zwei Stück Kuchen, oder Torte, denn die Himbeerschokoladentorte klang einfach zu lecker. Als der Kellner wieder da war, gab Daniel seine Bestellung auf und sah sich danach noch ein bisschen um.

Es war wirklich hübsch hier und ja, das musste er einfach noch einmal erwähnen. Er saß in einer Nische, auf einer zweisitzer Couch aus weichem Leder. Neben ihm stand ein Bücherregal und vor ihm war ein Tisch mit nochmal einer Couch, allerdings aus Blümchenstoff. „Oh, wir kennen uns doch.“ Erschrocken blickte er auf und sah wieder in diese unglaublich grünen Augen. „Ich bin übrigens Nico.“ In der einen Hand hatte Nico ein Tablett und die andere reichte er ihm.

„Ähm, hallo.“ Mit einem Grinsen setzte sich sein gegenüber auf die andere Couch, stellte das Tablett ab und das Stück Torte, sowie den Kaffee auf den Tisch zwischen den Couches. „Sorry nochmal, dass ich dich gestern umgerannt habe. Ich war leider etwas in Gedanken.“ Nico sah schuldig zu ihm, das sah sehr, sehr niedlich aus, obwohl der Kerl ihn locker um einen Kopf überragt und nein, Daniel war nicht klein, aber 1,73 ist auch nicht wirklich groß.

„Schon okay.“ Daniel war leicht überfordert. „Nein, ist es nicht. Weißt du was, ich lad dich ein und du bekommst dein Frühstück hier umsonst.“ Grinsend sah Nico ihn an, während ihm der Mund vor Erstaunen und Überraschung einfach nur offen stand. „Kannst du das einfach so machen?“ Er wollte definitiv nicht, dass Nico seinetwegen ärger bekam. „Klar, meinem Bruder gehört das Café. Ich helfe hier nur manchmal, so wie heute, aus. Also lass es dir schmecken.“

Nico sah ihn erwartungsvoll an. Erwartete er, dass Daniel jetzt etwas aß? Langsam nahm er die Gabel in seine Hand und nahm sich den Teller mit der Torte. Im Gegensatz zu seiner vorherigen Bewegung verschwand nun sehr schnell ein Teil der Torte in seinem Mund. Himmel, sie schmeckte unglaublich gut. Gleich nahm er sich noch einen Bissen und kurze Zeit später war das Stück komplett aufgegessen.

„Und, hat es dir geschmeckt?“ Gespannt schaute Nico zu ihm. „Nein, ich hatte nur Hunger.“ Ernst sah Daniel ihn an, woraufhin Nico in schallendes Gelächter ausbrach. „Gut, zu wissen. Soll ich dir noch ein Stück holen?“ Daniel verneinte. „Das Stück Torte hat mich wirklich sehr gesättigt.“ Grinsend sah Nico zu ihm. „Gut, dann muss ich da noch ein bisschen an der Rezeptur arbeiten.“

Rezeptur? „Hast du die Torte kreiert?“ Stolz nickte Nico. „Ja, ich mache gerade meine Lehre zum Konditor und darf hier im Café mein Kreationen ausprobieren. Wenigstens hat es ein gutes, dass mein Bruder das Café hier besitzt.“ Irgendwie war Daniel verwirrt. Wenn Nico eine Ausbildung zum Konditor machte, wieso war er dann in der Uni gewesen?

„Wieso warst du dann in der Uni?“ Nico sah ihn verwirrt an, bevor ihm ein Licht auf zu gehen schien. „Ach so. Mein anderer großer Bruder studiert dort und hatte einen Arzttermin und hat mich gebeten gehabt seinen Aufsatz ab zu geben. Ansonsten trifft man mich dort eher nicht an.“ Wieder schenkte er Daniel ein bezauberndes Lächeln und dieser war wirklich wie verzaubert.

Nico war wirklich nett und süß. „Okay, das erklärt es dann.“ Daniel musste sich zwingen einen Schluck Kaffee zu nehmen um Nico nicht weiter anzustarren. Irgendwas hatte er an sich, sodass Daniel nichts anderes machen konnte. „Bist du eigentlich zum ersten Mal hier

im Laden? Ich hab dich vorher noch nie hier gesehen, allerdings bin ich auch nicht immer da.“

Daniel verneinte, irgendwie kam der Themenwechsel doch etwas abrupt. „Ich bin heute zum ersten Mal hier. Hab das Café vorhin entdeckt, weil ich auf dem Weg zur Uni noch etwas frühstücken wollte.“ Zuhause hätte er nicht essen wollen, jedenfalls nicht nach dem Gespräch, das hatte ihm regelrecht den Appetit verschlagen. „Oh, hattet ihr nichts mehr im Kühlschrank? Wäre es dann nicht besser, wenn du etwas einkaufen gegangen wärst?“

Daniel nickte. „Wenn dies der Fall gewesen wäre, dann schon, allerdings ist das nicht der Grund, weshalb ich heute hier esse und deine Torte genieße.“ Neugierig sah Nico ihn an, bis er seufzend nachgab und ihm die ganze Geschichte erzählte. „Was ist das denn für ein Arsch? Du hast vollkommen recht in dem du ihn zum Mond schießt.“ Dankbar sah Daniel ihn an.

„Warte, hier ist meine Handynummer, falls mal wieder was ist, kannst du mich gerne anrufen, oder auch einfach nur so.“ Schnell schrieb Nico ihm seine Nummer auf einen Zettel und gab ihm diesen. „Dankeschön.“ Irgendwie rührte es Daniel wirklich sehr. Nachdem die beiden sich noch etwas unterhalten hatten, verabschiedete Daniel sich, denn er musste langsam wirklich zu seiner Vorlesung.

Zwei Wochen später

Wieso klingelte denn ausgerechnet jetzt sein Handy wie verrückt? Müde öffnete Daniel seine Augen. „Hm, schalt dein Handy aus.“ Fahrig versuchte er sein Telefon zu erreichen. „Bin ja schon dabei.“ Momentan befand er sich in der Wohnung von Nico, denn der hatte sich in den Kopf gesetzt alle Bud Spencer Filme mit Daniel zu schauen, weil dieser sie nicht kannte. Es hatte auch den schönen Nebeneffekt, dass er nicht allzu viel über Mathias nachdenken musste und bei Nico sein konnte. Und naja, irgendwann, heute Nacht oder gestern Abend, wurde es später und später und die Beiden waren auf Nicos Couch eingeschlafen.

Als Daniel sein Handy erreicht hatte, war er schon etwas wacher, wobei er etwas erschrocken war, als er die Nummer sah. Seine Schwester rief ihn doch eigentlich nie an. Schnell hob er ab. „Daniel, Gott sei Dank, dass wir dich endlich erreichen.“ Die verheulte Stimme von Marie klang irgendwie dumpf in seinem Ohr. Langsam setzte er sich auf. „Maire, was … was ist passiert?“

Nico hatte sich mittlerweile auch aufgesetzt und sah besorgt zu Daniel. „Oma, sie … sie hatte heute Morgen einen Herzinfarkt und-“ Ein Schluchzen von Marie durchbrach die Stille. „S-sie ist die Treppe r-runter gefallen und hat sich dabei d-das Genick gebrochen.“ Daniel hörte wie seine Schwester wieder zu weinen Anfing, doch irgendwie konnte er nicht darauf reagieren. Wieder fühlte sich alles taub an. Er hörte seine Schwester schluchzen, während ihm irgendwann das Handy abgenommen wurde.

Seine über alles geliebte Oma war tot, weg, nicht mehr da. Langsam sickerte es in sein Gehirn und Daniel spürte wie Tränen in seine Augen stiegen. Ein Schluchzen stieg in seiner Kehle auf und seine Hände wischten die Tränen auf die Seite, aber immer wieder kamen neue. Plötzlich spürte er, wie es komplett Warm um ihn wurde und Arme Daniel an einen anderen Körper drückten. „Hey, sh, Wein ruhig, sh, alles gut.“ Auch, wenn es dumm klang, aber es beruhigte Daniel tatsächlich und irgendwann konnte er sogar aufhören zu weinen.

„Möchtest du mir vielleicht etwas über deine Oma erzählen?“ Seicht nickte Daniel und sah danach auf Nicos Brustkorb, an dem er lehnte. „Sie … sie war einfach unglaublich. Schon als ich klein war, konnte ich immer zu ihr kommen, wenn etwas war, oder die anderen Kinder gemein zu mir waren. Ich war nämlich ziemlich klein und schmächtig und, naja egal. Auf jedenfall hat sie dann immer gesagt, dass ich gar nicht darauf hören soll und hat mich in den Arm genommen. Danach haben wir meistens noch ein Stück Kuchen gegessen, weil sie ständig welche gebacken hat.“ Tief seufzte Daniel, während Nico ihn noch näher an sich zog und seine Arme noch fester um ihn legte. „Naja, dann war ich irgendwann in der Pubertät und hab heraus gefunden, dass ich schwul bin. Als ich es irgendwann meinen Eltern erzählt habe, waren sie erst mal geschockt. Oma war dabei, sie hat gelacht, mich dann gedrückt und dann gesagt, sie hätte es schon immer gewusst. Meine Eltern haben es irgendwann dann verdaut, während meine Oma mich immer unterstützt hat.“ Daniel musste lachen. „Immer wieder hat sich mich damit genervt, wann ich ihr endlich mal meinen Freund vorstelle, aber irgendwie fand ich bisher alle nicht wirklich vor ihr vorzeigbar und … und jetzt ist sie ja nicht mehr da.“

Wieder musste er schluchzen, die Tränen liefen ihm übers Gesicht und er vergrub sich fast schon in Nicos Pullover. Dieser hielt ihn fest und strich ihm hin und wieder beruhigend über den Kopf oder den Rücken. Einige Zeit später hörte Daniel dann auf zu weinen und zitterte nur noch etwas. Besorgt entließ Nico ihn aus seiner Umarmung. „Ich hol dir mal ein bisschen was zum Trinken, okay?“ Daniel nickte nur.

Kurze Zeit später saß er mit einer Tasse warmen Tees und in Nicos Arme gekuschelt auf dem Sofa. „Trink jetzt etwas, okay.“ Langsam trank er die Tasse aus und musste wieder daran denken, wie er mit seiner Oma früher an ihrem Küchentisch saß und Tee und Kuchen verspeiste, welche irgendwie immer perfekt zusammen passten. „Hey, so wie du deine Oma beschrieben hast, hätte sie nicht gewollt, dass du weinst.“ Daniel nickte wieder, ja das hätte sie bestimmt nicht gewollt.

„Soll ich dich irgendwie ablenken?“ Fragend sah Nico ihn an und Daniel schüttelte den Kopf. „Nein, aber könntest du mich einfach noch ein bisschen im Arm halten?“ Sofort nickte Nico. „Natürlich kann ich das!“ Seine Arme schlossen sich fester um Daniel und dieser schmiegte sich wieder an Nico.

3 Wochen später

Mittlerweile war die Beerdigung seiner Oma schon von statten gegangen und er hatte sich wieder etwas aufgerappelt, auch wenn Daniel sicher noch etwas brauchen wird, bis er ihren Tod komplett verarbeiten konnte. Allerdings half ihm Nico auch sehr dabei und verbrachte fast jeden Tag mit ihm. Irgendwie kamen sich die beiden auch immer näher und Daniel war wirklich sehr verliebt in Nico. Heute saß er allerdings alleine in seiner WG. Sein Ex war bei seinem Neuen eingezogen und eigentlich interessierte es ihn nicht mehr. Er war über ihn hinweg.

Über seine Notizen und Bücher gebeugt lernte er jetzt schon seit einigen Stunden. Müde strich er sich seine Haare aus dem Gesicht, als es klingelte. Eigentlich erwartete er niemanden. Schnell ging er zur Tür und öffnete dieses. „Herr Klee?“ Daniel nickte. „Ein Einschreiben für Sie.“

Schnell unterschrieb er und nahm den Brief an. Es musste etwas wichtiges sein, sonst hätte er nicht unterschreiben müssen. Gedanken verloren schloss er die Tür, während er den Brief

öffnete. Irgendwie sah das Papier schon sehr offiziell aus, als er es aus dem Umschlag nahm. Ein mulmiges Gefühl beschlich ihn, während er die ersten Zeilen las.

Dieses Gefühl verschlimmerte sich immer mehr, während Daniel das Schreiben las. Entsetzt sah er auf die Buchstaben, die er irgendwie nicht begreifen konnte. Daniel sank auf den Boden und konnte es einfach nicht begreifen. Die Worte wollten keinen Sinn ergeben. Egal wie lange er sie anstarrte.

„Hey Daniel und wie war die Uni? … Daniel?“ Er saß immer noch auf dem Boden, als Sophie heimkam. „Kleiner was ist denn los?“ Wortlos und mit zweifelnden Blick gab er ihr den Brief. „Die können dir doch nicht einfach das Stipendium kündigen! Du hast nur beste Bewertungen und bloß weil sie so dumm sich und mit ihren Finanzen nicht richtig umgehen können, wollen die dir dieses blöde Stipendium kündigen.“ Wütend stapfte sie auf. „Vor allem weil du momentan ja nicht genug scheiße am Hals hast.“

Daniel zuckte nur mit den Schultern. „Die haben doch längst die Zahlungen eingestellt. Ab nächstem Semester muss ich meine Gebühren selber zahlen und das kann ich nicht.“ Langsam sickerte die Erkenntnis durch seinen Verstand. Er würde seine Zukunftspläne nie erreichen können. Als es warm um ihn wurde, wachte er aus seinem paralysierten Zustand auf. „Komm Kleiner, ich lass dir ein Bad ein und du entspannst dich erst einmal, während ich die Leute die für diesen Mist verantwortlich sind zur Schnecke mache.“

Ein kleines Lächeln schlich sich auf Daniels Züge. „Das musst du nicht machen, aber trotzdem danke.“ Sophie zog ihn auf seine Beine und ging danach mit ihm das Bad. Kopfschüttelnd sah er dabei zu wie sie ihm ein Bad ein lies und dann mit dem Brief in der einen und ihrem Handy in der anderen Hand verschwand.

Vielleicht sollte er wirklich mal eine kleine Pause einlegen und sich etwas entspannen. Er ließ sich ins warme Wasser gleiten und schloss die Augen. Irgendwie hatte er das wirklich gebraucht. Leicht döste er ein, bis ein tropfen ihn weckte. Moment unter der Brause der Wanne saß er doch gar nicht. Er öffnete seine Augen und sah einen riesigen, nassen Fleck an der Decke.

So schnell er konnte sprang Daniel aus der Wanne und zog sich an. Er schnappte sich sein Telefon und rief bei der Hausverwaltung an, als ein Krachen ertönte. Gerade als eine Stimme am anderen Ende der Leitung erklang, sah er, was den Lärm ausgelöst hatte. Die anscheinend schon ziemlich durchweichte Decke hatte nachgegeben und war teilweise heruntergekommen.

„Hallo, ist da jemand?“ Daniel war kurz zu erschrocken um zu regieren. „Ähm, ja. Ich bin einer ihrer Mieter aus 4c und … naja die Decke im Badezimmer ist gerade runtergekommen.“ Stille war an anderen Ende der Leitung zu vernehmen. „Ich komme sofort.“

Zwei Stunden später war klar, dass die Wohnung einige Wochen nicht bewohnbar war. „Ach komm her, du kannst bestimmt bei deinem Schnuckie wohnen.“ Sophie käme bei ihrer Kollegin unter, aber Daniel wusste einfach nicht wohin. „Ja, aber wenn er nicht will.“ Wie ein kleines Kind nahm sie ihn in den Arm und kuschelte ihn. „Er wird ganz bestimmt ja sagen, bei dir kann doch sowieso keiner Wiederstehen.“

Seufzend gab Daniel nach und rief dann doch noch bei Nico an. „Hallo Daniel, wolltest du heute nicht lernen?“ Er seufzte tief erschöpft. „Ja, eigentlich schon, allerdings … ach Mist, wie sag ich das am besten.“ Doch bevor er weitersprechen konnte, wurde er auch schon

unterbrochen. „Atme erst einmal tief durch, wir schaffen das schon okay.“ Und dann erzählte Daniel ihm was bisher alles passiert war. „Oh je, da bist du mal einen Tag nicht mit mir zusammen und schon geht die Welt fast unter. Weißt du was, bis deine Wohnung wieder renoviert ist, kannst du gerne bei mir wohnen.“ Daniel fing an zu strahlen, das war eigentlich das Beste, was ihm hätte passieren können. „Warte, wie wäre es wenn du gleich dauerhaft bei mir einziehst, da wir ja so gut wie zusammen sind und ich eigentlich nicht will, dass du dann wieder gehen musst. Wärst du damit einverstanden?“

Er konnte nur nickten, bis ihm einfiel, dass Nico ihn ja nicht sehen konnte. „Ja, sehr gerne.“ Sophie saß ihm gegenüber und grinste nur. Nico sprach noch davon ihm mit dem Auto abzuholen, bevor er auflegte. „Hab ich nicht gesagt, dass es gut gehen wird?“ Ja, das hatte sie.
 

10 Jahre später
 

„Hallo Oma, es ist diesmal wirklich lange her, dass ich hier an deinem Grab stand und mit dir geredet hab und es ist so viel passiert. Ich hab dir doch immer von Nico erzählt, der Mann, dem ich eigentlich nach dieser ganzen schlimmen Phase alles zu verdanken hab und den ich so unglaublich liebe. Ich glaube, ich hab dir das alles schon ziemlich oft erzählt, also, dass er mir damals so unglaublich geholfen hat, sodass ich selbst aus meinem Loch aufstehen konnte und dann mit einer Ausbildung angefangen habe, nachdem ich bei ihm eingezogen war. Naja, es war schon eine ziemlich miese Zeit, aber mit ihm hab ich es geschafft.“ Kurz fuhr er sich durch die Haare.

„Naja, worauf ich eigentlich hinaus wollte, war, dass wir letzten Monat geheiratet haben. Es war so unglaublich schön und ich kann es teilweise immer noch nicht fassen, auch wenn ich mir dann den Ring anschaue, denke ich, es könnte ein viel zu schöner Traum sein, aus dem ich aufwachen werde. Ich hätte mir gewünscht, dass du dabei gewesen wärst, dann wäre es wahrscheinlich noch schöner gewesen, als es schon war. Ich vermiss dich immer noch, auch wenn es jetzt mittlerweile 10 Jahre her ist. Wie schnell doch die Zeit vergeht.“

Schweigend sah er noch auf den Grabstein, als sich eine warme Hand auf seine Schulter legte und ein Körper sich an Daniel schmiegte. „Du sahst gerade so verloren aus, Schatz.“ Ein Kuss wurde ihm auf die Lippen gehaucht, dann legte Nico einen Strauß Blumen auf das Grab.

„Sie hätte sich bestimmt gefreut dich kennen zu lernen.“ Traurig sah Daniel auf die Lieblingsblumen seiner Oma. „Ich hätte sie auch gerne kennen gelernt.“ Kurz sahen beide noch auf das Grab, während sich ihre Finger ineinander verwoben. Schweigend verließen sie kurz darauf den Friedhof. Bevor sie am Auto ankamen zog Daniel seinen Mann für einen kurzen Kuss an sich. „Ich liebe dich.“ Ohne irgendein zögern antwortete Nico: „Ich liebe dich auch.“



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